Die Balance halten - Orden der Barmherzigen Brüder Bayern
Die Balance halten - Orden der Barmherzigen Brüder Bayern
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misericordia<br />
Zeitschrift <strong>der</strong> <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong> in <strong>Bayern</strong> · 65. Jahrgang · Mai 2013 · Internet: www.barmherzige.de<br />
<strong>Die</strong> <strong>Balance</strong> <strong>halten</strong>
Inhalt<br />
Thema: <strong>Die</strong> <strong>Balance</strong> <strong>halten</strong><br />
Schwindel aus Sicht des Neurologen 4<br />
<strong>Balance</strong> <strong>halten</strong> in <strong>der</strong> Krankheit 6<br />
Work-Life-<strong>Balance</strong> 7<br />
Wirtschaftliche <strong>Balance</strong> im Krankenhaus 8<br />
Fachkräftemangel im Altenheim 9<br />
Bayerische <strong>Orden</strong>sprovinz<br />
Pater Johannes Erzbischöflicher Geistlicher Rat 10<br />
Regensburg: Ausbau <strong>der</strong> Altersmedizn 11<br />
Cham: Medizinisches Versorgungszentrum 12<br />
Barmherzige Brü<strong>der</strong> weltweit<br />
10. Mai: Gedenktag Johannes von Avila 14<br />
Neubauten in Indien mit Hilfe aus <strong>Bayern</strong> 15<br />
Fortunatus Thanhäuser: Seligsprechung? 17<br />
Schuhe von Benedikt XVI. im <strong>Orden</strong>smuseum 17<br />
Arbeits- und Lebenswelt Heime<br />
Internationale Studienwoche in Budapest 18<br />
För<strong>der</strong>stätten auf <strong>der</strong> Werkstättenmesse 19<br />
5. Mai: Europäischer Protesttag 20<br />
Krankenhaus und Gesundheit<br />
Serie Sport: Fußball 21<br />
Palliativmedizin im Medizinstudium 22<br />
Buchhinweis: Lebenslust und Lebensangst 23<br />
Kirche und Gesellschaft<br />
Pfingsthymnus „Komm, Schöpfer Geist“ 24<br />
Raten und Gewinnen 26<br />
Serie Städte und Orte: Königstein 28<br />
Unser Titelbild mit dem balancierenden<br />
Mädchen entstand vor einigen<br />
Jahren beim Sommerfest des<br />
St. Johannes-Kin<strong>der</strong>heims <strong>der</strong> <strong>Barmherzigen</strong><br />
Brü<strong>der</strong> in Kostenz.<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
als ich fünf Jahre alt war, habe ich<br />
mein erstes Fahrrad bekommen.<br />
War ich bisher mit dem Roller<br />
gefahren, bei dem die <strong>Balance</strong>fähigkeit<br />
nicht so gefragt war,<br />
weil ich mit einem Fuß auf den<br />
Boden gehen konnte, so war das<br />
mit dem neuen Fahrrad schwieriger.<br />
Ich konnte einfach das<br />
Gleichgewicht nicht <strong>halten</strong>. Ein<br />
Glück, dass es den Onkel Lothar gab, <strong>der</strong> ein Tüftler und<br />
Bastler war. Er fertigte mir eine Hilfskonstruktion, ein Gestell<br />
mit zwei Hilfsrä<strong>der</strong>n, die es mir ermöglichten, ohne Probleme<br />
das Fahren mit dem Rad zu erlernen.<br />
Als ich in Reichenbach in <strong>der</strong> Werkstätte für Menschen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ung arbeitete, habe ich oft an diese einfache Hilfsvorrichtung<br />
gedacht. Gerade Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung brauchen<br />
solche Hilfen, die ihnen Stolpersteine nicht aus dem Weg<br />
räumen, aber ihre Überwindung erleichtern.<br />
Damit ein Mensch in <strong>der</strong> <strong>Balance</strong> bleibt, benötigt er immer<br />
wie<strong>der</strong> Hilfsvorrichtungen. Eine Turnerin, die sich am Schwebebalken<br />
einübt, braucht die stützende Hand ihres Trainers,<br />
aber auch viel Übung, um ihren Körper ins Gleichgewicht zu<br />
bringen. Ein Hochseilartist hat vielleicht noch das Netz unter<br />
sich, das ihm ein gewisses Maß an Sicherheit gibt. In erster<br />
Linie muss er aber lernen, die Angst zu überwinden. Mein<br />
Onkel Lothar hat mir irgendwann die stützenden Rä<strong>der</strong> abgeschraubt<br />
und mir gesagt, ich müsse mich jetzt selber darum<br />
kümmern, dass ich nicht umfalle.<br />
Irgendwann werden die Eltern die Hand ihrer Kin<strong>der</strong> loslassen,<br />
um ihnen ein Gefühl dafür zu geben, wie es sich anfühlt,<br />
ohne fremde Hilfe zurechtzukommen. Beiden Seiten wird Mut<br />
abverlangt, die Ängstlichkeit zu überwinden – vom Kind, die<br />
schützende Hand loszulassen, und von den Eltern, ihren Kin<strong>der</strong>n<br />
etwas zuzutrauen. <strong>Balance</strong> ist die Fähigkeit, abzuwägen,<br />
was ich mir zutrauen kann, und einzuschätzen, wo ich mich<br />
überfor<strong>der</strong>e.<br />
Das Mädchen auf unserem Titelbild geht sicheren Schrittes<br />
über das Spielgerät, streckt aber seine Hände aus, um die <strong>Balance</strong><br />
nicht zu verlieren. Mancher Bergsteiger, <strong>der</strong> abgestürzt<br />
ist und diesen Sturz überlebt hat, berichtet davon, dass er sich<br />
zuviel zugemutet hat. Ganz gleich, in welcher Lebenssituation<br />
wir die <strong>Balance</strong> verlieren, es hängt meistens damit zusammen,<br />
dass wir einen zu großen Schritt nach vorwärts wagen und<br />
den kleinen Schritt, <strong>der</strong> uns Sicherheit gäbe, nicht tun, weil es<br />
die An<strong>der</strong>en als Feigheit auslegen könnten. Verantwortliche<br />
Eltern, die ihre Kin<strong>der</strong> auf das Hochseil im Zirkus mitnehmen,<br />
lehren ihre Kin<strong>der</strong> zuerst, wie man Gefahren richtig einschätzt.<br />
Ihr<br />
Frater Eduard Bauer
Thema: <strong>Die</strong> <strong>Balance</strong> <strong>halten</strong><br />
3<br />
Das Gleichgewicht finden<br />
„<strong>Balance</strong> <strong>halten</strong>“ lautet das Schwerpunktthema<br />
dieses Heftes: Artisten auf<br />
einem Seil im Zirkus kommen mir dabei<br />
in den Sinn, auch alte Waagen mit zwei<br />
Waagschalen. Es geht ums Ausgleichen<br />
von Kräften und Gewichten. „Gleichgewicht“<br />
steht denn auch im Duden<br />
hinter dem französischen „<strong>Balance</strong>“.<br />
„Ausgewogenheit“, „Ausgeglichenheit“,<br />
„Gleichmaß“ und „Gleichstand“<br />
treffen auch, worum es geht.<br />
Hochseilakrobaten sind wir zwar nicht<br />
und mit alten Waagen hantieren wir auch<br />
nicht mehr. Aber stehen wir nicht auch<br />
ständig vor <strong>der</strong> Aufgabe, die Gewichte<br />
richtig auszutarieren? Und laufen wir<br />
nicht auch dauernd Gefahr, auf eine Seite<br />
zu kippen – mit schlimmen Folgen für<br />
uns selbst und unsere Umgebung? Beim<br />
Gewichten von Aufmerksamkeit und<br />
Wertschätzung, Interessen und Anliegen<br />
sind wir beispielsweise immer hin- und<br />
hergerissen zwischen Ich und Du, zwischen<br />
uns und den An<strong>der</strong>en. Wenn wir<br />
die Gewichte dabei einseitig verteilen,<br />
geht das zu Lasten von uns selbst<br />
o<strong>der</strong> unseres Gegenübers.<br />
Eine Waage -<br />
Sinnbild des<br />
Ausgleichs<br />
ken und Schwächen. Es bleibt nicht<br />
folgenlos, wenn wir nur eine Seite <strong>der</strong><br />
Wirklichkeit wahrnehmen und ins Gespräch<br />
bringen.<br />
Leben unter Spannung<br />
Zum Leben gehört es, aktiv zu sein, zu<br />
arbeiten und sich zu verausgaben. Es<br />
braucht aber wesentlich auch Zeiten<br />
des Abstands davon, des Ausruhens,<br />
<strong>der</strong> Erholung, des Atemholens. Sonst<br />
geht es uns auf Dauer nicht mehr gut,<br />
und auch nicht <strong>der</strong> Arbeit, den Kollegen,<br />
dem Betrieb. Ständig haben wir uns in<br />
Spannungsverhältnissen zu bewegen:<br />
zwischen Geben und Nehmen, Loslassen<br />
und Fest<strong>halten</strong>, Tun und Lassen,<br />
Reden und Schweigen, Argwohn und<br />
Vertrauen, Anerkennung und Tadel,<br />
Bevorzugung und Benachteiligung,<br />
Bewahren und Verän<strong>der</strong>n und vielen<br />
grundsätzlichen Polen mehr, die an uns<br />
ziehen o<strong>der</strong> auf uns drücken.<br />
Zugegeben, „<strong>Balance</strong> <strong>halten</strong>“, „auf<br />
Ausgewogenheit achten“, das riecht<br />
ein wenig fad und langweilig, klingt<br />
nach Durchschnitt und Mittelmaß.<br />
„Ausgleich“ hört sich auch ein bisschen<br />
nach „unentschieden“ an, nicht nach<br />
interessantem und lustvollem Leben,<br />
nicht nach Vehemenz und nach Ecke<br />
und Kante, nicht nach<br />
Anstoß, <strong>der</strong> aufrüttelt<br />
und bewegt. Aber<br />
dem ist nicht wirklich<br />
so. Es braucht immer<br />
wie<strong>der</strong> mal Unausgewogenheit,<br />
heftige<br />
Einseitigkeit, deutliche<br />
Parteinahme<br />
für eine Seite, <strong>der</strong>en<br />
Intensivierung<br />
und<br />
Höhergewichtung.<br />
Es braucht<br />
das, um wie<strong>der</strong><br />
in <strong>Balance</strong> zu bringen, was<br />
aufgrund einer Schlagseite<br />
aus dem Gleichgewicht zu<br />
geraten droht o<strong>der</strong> bereits<br />
geraten ist. „<strong>Balance</strong> <strong>halten</strong>“<br />
Dr. Georg Betz<br />
An und in uns, unserer Familie,<br />
unserer Arbeit, dem<br />
Betrieb, <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
und <strong>der</strong> Kirche gibt’s<br />
Licht und Schatten, Stärist<br />
ein Dauerziel, um das wir unablässig<br />
ringen müssen.<br />
<strong>Balance</strong> in <strong>der</strong> Bibel<br />
Übrigens steht auch „die Religion <strong>der</strong><br />
Heilung“, wie <strong>der</strong> christliche Glaube<br />
aufgrund seiner Früchte schon früh<br />
etikettiert wurde, für <strong>Balance</strong> und für<br />
Gleichmaß. An vielen Stellen in <strong>der</strong><br />
Bibel wird das hörbar. Sie redet beispielsweise<br />
vom Gleichgewicht von<br />
Gottes- und Nächstenliebe und davon,<br />
„deinen Nächsten zu lieben wie dich<br />
selbst“ (Matthäus 22, 34-40).<br />
Jesus verordnet seinen Jüngern Ausruhen<br />
von <strong>der</strong> Arbeit, obwohl so viel los<br />
war, dass „sie nicht mal Zeit zum Essen<br />
fanden“ (Markus 6, 30-34). Und er geht<br />
mit gutem Beispiel voran, selbst dann,<br />
als „alle ihn hören und von ihren Krankheiten<br />
geheilt werden wollten“ (Lukas 5,<br />
15f). Er befürwortet eine Gottesverehrung<br />
und Glaubenspraxis, die Gott nicht<br />
nur anspricht und besingt, son<strong>der</strong>n die<br />
auch intensiv darauf hört, was er zu sagen<br />
hat, es bedenkt und danach handelt.<br />
Und er arbeitet mit aller Leidenschaft<br />
am Aufbau einer geschwisterlichen<br />
Gemeinde, <strong>der</strong> Familie Gottes, in <strong>der</strong><br />
die üblichen Abstufungen in Große und<br />
Kleine, Hoch- und Geringwertige, Angesehene<br />
und Übersehene aufgehoben<br />
sind (Matthäus 23, 1-12).<br />
Vor diesem Hintergrund erscheint es geradezu<br />
als himmlischer Ratschlag und<br />
Auftrag, auf die <strong>Balance</strong> zu achten – in<br />
allen Lebensbereichen.<br />
Dr. Georg Betz
4<br />
Thema: <strong>Die</strong> <strong>Balance</strong> <strong>halten</strong><br />
Wenn sich plötzlich alles dreht<br />
Schwindel aus <strong>der</strong> Sicht des Neurologen<br />
Einen kurzen Augenblick dreht sich<br />
alles, die Geräusche um einen sind<br />
nur noch gedämpft wahrzunehmen,<br />
das Gleichgewicht ist kaum mehr zu<br />
<strong>halten</strong> – Patienten, die unter Schwindel<br />
leiden, fällt es schwer, die <strong>Balance</strong><br />
zu finden.<br />
Je<strong>der</strong> einzelnen Schwindelform liegt eine<br />
an<strong>der</strong>e Ursache zugrunde, die einer<br />
präzisen neurologischen Untersuchung<br />
und Behandlung bedarf. <strong>Die</strong> genaue Erfragung<br />
<strong>der</strong> Beschwerden ist dabei die<br />
Basis für unsere Diagnostik.<br />
Allein durch die Angabe, ob es sich um<br />
einen Dauerschwindel o<strong>der</strong> einen Attackenschwindel<br />
handelt und wie lange<br />
die Schwindelepisoden an<strong>halten</strong>, können<br />
wir bestimmte Ursachen eingrenzen<br />
o<strong>der</strong> ausschließen. Begleitsymptome<br />
wie Ohrgeräusche, Hörmin<strong>der</strong>ung,<br />
Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen<br />
helfen die richtige Zuordnung zu<br />
treffen. Auf zwei Schwindelformen,<br />
denen wir im klinischen Alltag häufig<br />
begegnen, möchten wir im Folgenden<br />
zunächst eingehen.<br />
Gutartiger<br />
Lagerungsschwindel<br />
Welche Symptome treten auf?<br />
Der gutartige Lagerungsschwindel tritt<br />
anfallsartig als heftiger Drehschwindel<br />
auf. Kennzeichnend ist hierbei ein<br />
akut einsetzen<strong>der</strong> Schwindel in einer<br />
bestimmten Kopfposition. Durch Än<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Kopflage, zum Beispiel Seitwärtslage<br />
im Bett, kommt es mit kurzer<br />
zeitlicher Verzögerung von wenigen Sekunden<br />
zu einem heftigen Drehschwindel<br />
mit Übelkeit und häufig auch Erbrechen.<br />
<strong>Die</strong>ser Schwindel dauert in <strong>der</strong><br />
Regel nicht länger als 30 Sekunden an.<br />
Wie kann <strong>der</strong> gutartige Lagerungsschwindel<br />
diagnostiziert werden?<br />
Als Untersucher nutzen wir die Seitlagerung<br />
diagnostisch: Denn wenn wir beim<br />
Patienten das typische rhythmische Zucken<br />
<strong>der</strong> Augen in Zusammenschau mit<br />
den genannten Schwindelcharakteristika<br />
erkennen, können wir die Diagnose<br />
„gutartiger Lagerungsschwindel“ sicher<br />
stellen.<br />
Wie kann <strong>der</strong> gutartige Lagerungsschwindel<br />
behandelt werden?<br />
Verursacher des Lagerungsschwindels<br />
sind kleine Kalkkristalle, die zu einer<br />
Erregung <strong>der</strong> Sinneshärchen im Bereich<br />
<strong>der</strong> Bogengänge des Ohres führen und<br />
so einen Drehschwindelanfall auslösen.<br />
So können wir durch bestimmte Lagerungsmanöver<br />
eine rasche Heilung erreichen.<br />
Hierdurch werden nämlich die<br />
genannten Kristalle aus dem Bogengang<br />
„herausgeschleu<strong>der</strong>t“.<br />
Neuritis vestibularis<br />
Welche Symptome treten auf?<br />
Patienten mit einer Neuritis vestibularis<br />
leiden ebenfalls an einem Drehschwindel,<br />
doch tritt dieser als an<strong>halten</strong><strong>der</strong><br />
Drehschwindel in Erscheinung. Zwar<br />
kann auch hier ein akuter Beginn vorliegen<br />
und Patienten mit dieser Erkrankung<br />
berichten über eine Beschwerdezunahme<br />
bei Lagewechsel, doch sind<br />
die Patienten in <strong>der</strong> Regel auch in Ruhe<br />
nicht beschwerdefrei. Auch diese Form<br />
des Schwindels geht häufig mit Übelkeit<br />
und Erbrechen einher.<br />
Wie kommt es zur Neuritis vestibularis?<br />
Durch die Entzündung <strong>der</strong> Gleichgewichtsnerven<br />
kommt es zu einer<br />
Untererregbarkeit des gleichseitigen<br />
Gleichgewichtsorgans. Durch dieses<br />
Ungleichgewicht bei<strong>der</strong> Gleichgewichtsorgane<br />
entsteht <strong>der</strong> ausgeprägte<br />
Schwindel. Eine sichere Ursache lässt<br />
sich bisher nicht fassen, diskutiert werden<br />
Virusinfekte.<br />
Wie kann man die Neuritis vestibularis<br />
behandeln?<br />
<strong>Die</strong> Behandlung ist in diesem Falle<br />
langwieriger und besteht neben einer<br />
oralen Therapie mit Steroiden (Cortison)<br />
aus einer physiotherapeutischen<br />
Behandlung, die durch ein spezielles<br />
Schwindeltraining eine möglichst rasche<br />
sogenannte zentrale Kompensation<br />
ermöglicht. Das heißt, das Gehirn lernt<br />
„das Ungleichgewicht“ <strong>der</strong> Gleichgewichtsorgane<br />
auszugleichen.<br />
Schwindel als Leitsymptom<br />
ernsthafter neurologischer<br />
Erkrankungen<br />
Neben oben genannten Schwindelursachen,<br />
gibt es auch ernsthafte neurologische<br />
Ursachen, die keinesfalls übersehen<br />
werden dürfen.<br />
Neben Schlaganfällen des Kleinhirns<br />
o<strong>der</strong> des Hirnstamms können auch sehr<br />
viel seltenere Ursachen wie Hirntumoren<br />
o<strong>der</strong> Entzündungen bestimmter<br />
Hirnregionen mit dem Leitsymptom<br />
ausgeprägten Schwindels einhergehen.<br />
Häufig finden sich bei diesen Erkrankungen<br />
jedoch weitere Auffälligkeiten<br />
in <strong>der</strong> neurologischen Untersuchung,<br />
so dass im Regelfall Koordinationsstörungen<br />
o<strong>der</strong> über das bereits genannte<br />
Augenzucken hinaus Störungen <strong>der</strong> Augenbewegungen<br />
nachgewiesen werden<br />
können.<br />
An<strong>der</strong>e neurologische<br />
Schwindelursachen<br />
Auch die sogenannte vertebrobasiläre<br />
Migräne geht mit Schwindel, Gangunsicherheit<br />
und häufig weiteren Begleitsymptomen<br />
einher. Noch seltener ist<br />
<strong>der</strong> sogenannte epileptische Schwindel.<br />
In ganz seltenen Fällen stellt hier <strong>der</strong><br />
Schwindel das einzige Symptom einer<br />
umschriebenen epileptischen Erregung<br />
im Gehirn dar. Diagnostisch zielführend<br />
ist neben <strong>der</strong> Erfragung weiterer<br />
Anfallsformen die Ableitung einer Hirnstromkurve<br />
(Elektroencephalographie).<br />
Häufig beschreiben Patienten einen
Thema: <strong>Die</strong> <strong>Balance</strong> <strong>halten</strong><br />
5<br />
<strong>Die</strong> Ableitung <strong>der</strong> Hirnstromkurve (EEG) kann in Einzelfällen zur Ursachenklärung von Schwindel beitragen – Privatdozent Dr. Hendrik<br />
Pels mit einer jungen Patientin.<br />
Schwindel, meinen jedoch eher eine<br />
Gangunsicherheit. Nicht selten lässt<br />
sich hier als Ursache eine sehr häufige<br />
Erkrankung des peripheren Nervensystems,<br />
nämlich die so genannte Polyneuropathie<br />
als Ursache identifizieren.<br />
Neben <strong>der</strong> neurologischen Untersuchung<br />
kann die Diagnose hier durch<br />
sogenannte Nervenleitgeschwindigkeitsmessungen<br />
gesichert werden.<br />
Interdisziplinäre<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
Eine umfassende Abklärung verschiedener<br />
Schwindelformen kann nur<br />
durch ein optimales Zusammenwirken<br />
verschiedener Fachdisziplinen in optimaler<br />
Weise gewährleistet werden. So<br />
arbeiten an unserem Hause Internisten,<br />
HNO-Ärzte, Augenärzte, Orthopäden<br />
und Neurologen Hand in Hand. Nur<br />
durch die enge Zusammenarbeit mit<br />
unseren Ergotherapeuten, Physiotherapeuten<br />
und Psychologen ist letztlich<br />
eine ganzheitliche Diagnostik und erfolgreiche<br />
Therapie möglich.<br />
Privatdozent Dr. Hendrik Pels<br />
Chefarzt für Neurologie am Krankenhaus<br />
Barmherzige Brü<strong>der</strong> Regensburg
6<br />
Thema: <strong>Die</strong> <strong>Balance</strong> <strong>halten</strong><br />
<strong>Die</strong> <strong>Balance</strong> <strong>halten</strong><br />
in <strong>der</strong> Krankheit<br />
Krankheit ist ein Zustand, <strong>der</strong> den Alltag verän<strong>der</strong>t und uns zwingt, in kurzer<br />
Zeit und oft auch längerfristig neue Lösungen im Leben zu finden.<br />
Bestimmte Krankheiten verlaufen unkompliziert<br />
wie eine Grippe, die uns<br />
nur für kurze Zeit von <strong>der</strong> Teilnahme<br />
am sozialen Leben abhält. Der Körper<br />
ist ruhiggestellt und kann so die für die<br />
Genesung erfor<strong>der</strong>lichen Kräfte freimachen<br />
und das vorherige gesundheitliche<br />
Gleichgewicht wie<strong>der</strong>erlangen. Im Allgemeinen<br />
nehmen wir nach leichteren<br />
Krankheiten unser gewohntes Leben<br />
wie<strong>der</strong> auf.<br />
An<strong>der</strong>s sieht es aus, wenn eine schwere<br />
Erkrankung diagnostiziert wird, zum<br />
Beispiel Krebs, Depressionen, Bewegungseinschränkungen,<br />
Asthma, Diabetes<br />
etc. Sie dauern länger und zwingen<br />
den Menschen, ein neues Gleichgewicht<br />
– mit <strong>der</strong> Erkrankung – zu finden.<br />
Das Leben mit einer schweren Erkrankung<br />
gleicht einem emotionalen Drahtseilakt<br />
mit einem außer Kontrolle geratenen<br />
Körper. Schwer Kranke haben<br />
oft das Gefühl, von <strong>der</strong> Krankheit überwältigt<br />
zu sein. Der Mensch braucht in<br />
dieser Situation Zeit, um nach den körperlichen,<br />
beruflichen und sozialen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
aufgrund einer Krankheit<br />
wie<strong>der</strong> ein befriedigendes psychisches<br />
und körperliches Gleichgewicht zu finden<br />
und sich von Neuem im Einklang<br />
mit seiner Umwelt und vor allem auch<br />
mit sich zu fühlen.<br />
So gibt es Tage, an denen <strong>der</strong> Kranke<br />
sich gut fühlt, es gibt aber auch Tage, an<br />
denen er vielleicht noch nicht einmal aus<br />
dem Bett kommt. Es gibt Momente, in<br />
denen er Zuversicht und Mut hat, und es<br />
gibt Momente, in denen er am Verzweifeln<br />
ist, weil er fürchtet, dass die medizinischen<br />
Möglichkeiten ihm nicht helfen<br />
bzw. ihn nicht heilen können. Für solche<br />
Situationen gibt es keine Patentrezepte.<br />
Statt viel Kraft in Gefühle wie Ärger,<br />
Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit<br />
zu investieren, ist es sinnvoller, die<br />
vorhandene Energie dafür zu nutzen,<br />
Strategien für den Alltag zu entwickeln.<br />
Hier einige Möglichkeiten, wie Sie<br />
Ihre Energien gewinnbringend nutzen<br />
<strong>Die</strong> Psychotherapeutinnen Ruth Wagner (links) und Astrid Hubmann<br />
können, wenn Sie an einer schweren<br />
Erkrankung leiden:<br />
Das Leben organisieren: Planen Sie<br />
Ruhezeiten vor und nach Anstrengungen<br />
ein. Legen Sie belastende Tätigkeiten<br />
auf die Tageszeit, in <strong>der</strong> Sie sich erfahrungsgemäß<br />
am besten fühlen.<br />
Fünfe gerade sein lassen: Akzeptieren<br />
Sie ohne Ärger, wenn Sie nicht so viel<br />
erreichen, wie Sie sich gewünscht haben.<br />
Ehrlich sein zu sich und an<strong>der</strong>en:<br />
Vereinfachen Sie Ihr Leben so weit wie<br />
möglich und lernen Sie, nein zu sagen.<br />
Erklären Sie dem An<strong>der</strong>en, warum Sie<br />
etwas nicht tun können.<br />
Offen sein gegenüber Familie und<br />
Freunden: Teilen Sie an<strong>der</strong>en mit, wie<br />
sie helfen können. Erwarten Sie nicht<br />
von ihnen, dass sie Ihre Gedanken lesen<br />
können. Teilen Sie mit, was Sie fühlen.<br />
Dinge tun, die Freude bereiten: …<br />
auch wenn es manchmal Überwindung<br />
kostet, mitzumachen o<strong>der</strong> sich aufzuraffen.<br />
Unterstützung suchen: Suchen Sie<br />
Leute mit ähnlichen Problemen. Besuchen<br />
Sie eventuell Treffen von Selbsthilfegruppen.<br />
Humor bewahren: Was Ihnen zugestoßen<br />
ist, ist nicht erfreulich. Aber<br />
Positives darin zu erkennen, kann es<br />
einfacher machen, schwere Zeiten zu<br />
überstehen.<br />
Eine schwere Krankheit zu haben bedeutet<br />
also, sich an die neue Situation<br />
anpassen und sich verän<strong>der</strong>n zu müssen.<br />
Es bedeutet, Wege zu finden, das<br />
Leben mit <strong>der</strong> Krankheit zu managen.<br />
Richten Sie Ihren Blick darauf, was für<br />
Sie möglich ist. Und bedenken Sie: Das<br />
loszulassen, was man nicht mehr kann,<br />
kostet meist weniger Kraft, als es festzu<strong>halten</strong>.<br />
Astrid Hubmann,<br />
Psychologische Psychotherapeutin,<br />
Bereich Onkologie/Palliativ<br />
Ruth Wagner,<br />
Psychologische Psychotherapeutin,<br />
Bereich Schmerz/Geriatrie<br />
Krankenhaus Barmherzige Brü<strong>der</strong><br />
Regensburg
Thema: <strong>Die</strong> <strong>Balance</strong> <strong>halten</strong><br />
7<br />
Durchatmen, Kraft<br />
tanken, vital handeln<br />
Gedanken und Tipps zur sogenannten Work-Life-<strong>Balance</strong><br />
Work-Life-<strong>Balance</strong>, was heißt das eigentlich?<br />
Landläufig hat dieser Modebegriff<br />
ja irgendwie etwas mit Stress<br />
und dem innigen Wunsch zu tun, Arbeit<br />
und Privatleben unter einen Hut zu bekommen.<br />
Was soll überhaupt genau in<br />
<strong>Balance</strong> gebracht werden? Gibt es etwa<br />
einen Unterschied zwischen Arbeit und<br />
Leben? <strong>Die</strong> Antwort kann nur lauten:<br />
nein, denn Arbeit ist Teil des Lebens<br />
und Leben Teil <strong>der</strong> Arbeit. Wir sollten<br />
uns daher mit <strong>der</strong> Frage beschäftigen:<br />
Was an unserer Arbeit hält uns lebendig<br />
und was in unserem Privatleben? Klar,<br />
vielschichtiger und anspruchsvoller<br />
sind die Anfor<strong>der</strong>ungen im Beruf und<br />
im privaten Leben geworden. Da gilt es,<br />
innezu<strong>halten</strong> und sich auf die eigenen<br />
Kräfte zu besinnen, um die Lebensbereiche<br />
gut auszubalancieren und gesund<br />
zu bleiben.<br />
Vier Bereiche<br />
<strong>der</strong> Lebensqualität<br />
In vier Bereichen wird nach Nosrat<br />
Peseschkian (Positive Psychotherapie)<br />
Lebensqualität lebendig: Körper & Gesundheit,<br />
Arbeit & Leistung, Familie<br />
& soziale Kontakte, Sinn & Werte.<br />
Geraten diese Bereiche aus einer gesunden<br />
<strong>Balance</strong>, drohen leib-seelische Störungen,<br />
Versagensängste, Erschöpfung<br />
und Depressionen (Burnout). Aktuelle<br />
Forschungsergebnisse <strong>der</strong> Psychosomatik,<br />
Psychoneuroimmunologie und<br />
Psychokardiologie zu stressinduzierten<br />
Erkrankungen sprechen eine beredte<br />
Sprache. Jede Lebensphase braucht ihre<br />
eigene <strong>Balance</strong>.<br />
Das Zauberwort für Work-Life-<strong>Balance</strong><br />
heißt: Inne<strong>halten</strong>. Kurze Momente des<br />
Inne<strong>halten</strong>s und <strong>der</strong> Besinnung sorgen<br />
nicht nur für leib-seelisches Auftanken.<br />
Sie erlauben auch eine Bündelung <strong>der</strong><br />
Kräfte auf das, was wirklich wichtig ist.<br />
Denn nur wer Zugang zu seinen Bedürfnissen<br />
und Emotionen hat, kann aus<br />
seiner ganzen Kraft schöpfen und mit<br />
Stress gelassener umgehen. Das setzt<br />
voraus, das Gespür für sich selbst zu<br />
verfeinern und die Signale des Körpers<br />
und <strong>der</strong> Seele zu achten. Achtsamkeit im<br />
Augenblick ist <strong>der</strong> Schlüssel zur Selbststeuerung.<br />
Gönnen Sie sich doch eine kurze Innenzeit<br />
und probieren Sie ganz praktisch<br />
aus, wie sich die Qualitäten in den vier<br />
Lebensbereichen (siehe oben) <strong>der</strong>zeit<br />
bei Ihnen anfühlen. Nehmen Sie für jeden<br />
Bereich ein Blatt Papier, schreiben<br />
den Namen darauf und legen die Blätter<br />
am Boden aus. Stellen Sie sich jetzt<br />
nacheinan<strong>der</strong> auf die einzelnen Blätter<br />
und spüren Sie in sich hinein ... Welcher<br />
Bereich fühlt sich gut an – vertrauen Sie<br />
ruhig auf Ihr Bauchgefühl – und wo können<br />
Sie spontan zu sich sagen „Ja, das<br />
passt so“? Wo fühlt es sich nicht so gut<br />
an, wo tauchen sofort Bil<strong>der</strong> und Gefühle<br />
des Mangels auf, wo fehlt etwas<br />
o<strong>der</strong> ist aus dem Gleichgewicht geraten?<br />
Wie ist Ihre persönliche <strong>Balance</strong>-Bilanz?<br />
Welchen eigenverantwortlichen Anteil<br />
an diesem Bilanzergebnis haben Sie<br />
ganz persönlich? Fühlen Sie sich allein<br />
als Opfer <strong>der</strong> Verhältnisse o<strong>der</strong> sehen Sie<br />
sich auch als Gestalter Ihres Alltags und<br />
Ihrer Lebensplanung? Und wo liegt es<br />
am Unternehmen, für gesunde Rahmenbedingungen<br />
in <strong>der</strong> Arbeit zu sorgen?<br />
Mit dem Charisma <strong>der</strong> Hospitalität, mit<br />
<strong>der</strong> „Gelebten Gastfreundschaft“ bietet<br />
sich in den Einrichtungen <strong>der</strong> <strong>Barmherzigen</strong><br />
Brü<strong>der</strong> ein altehrwürdiger und zugleich<br />
hochmo<strong>der</strong>ner Rahmen für ein<br />
gesundes Miteinan<strong>der</strong>. In einer Untersuchung<br />
konnten wir (Eisner & Wirsing)<br />
nachweisen, dass die Führungskultur ein<br />
entscheiden<strong>der</strong> Hebel für Arbeitszufriedenheit,<br />
Gesundheit und Lebensfreude<br />
<strong>der</strong> Mitarbeiter ist. „<strong>Die</strong> Welt, in <strong>der</strong> wir<br />
leben, entsteht durch die Qualität unserer<br />
Begegnungen“, sagt Martin Buber.<br />
Gelebte Gastfreundschaft in <strong>der</strong> Begegnungsqualität<br />
mit an<strong>der</strong>en Menschen<br />
setzt gelebte Gastfreundschaft nach innen<br />
voraus: ich muss freundlich zu mir<br />
selbst sein und die eigenen Bedürfnisse<br />
in den vier Lebensbereichen achten und<br />
lebendig werden lassen.<br />
<strong>Die</strong> kleinen Dinge ...<br />
In meine psychotherapeutische Praxis<br />
kommen immer wie<strong>der</strong> Menschen, die<br />
nach einer psychosomatischen Kur einen<br />
hohen Anspruch mitbringen, sich<br />
entspannen und meditieren wollen und<br />
damit regelmäßig scheitern. Dabei sind<br />
es die großen kleinen Dinge, um die es<br />
beim <strong>Balance</strong><strong>halten</strong> im beruflichen und<br />
privaten Alltag geht. Wir haben nämlich<br />
zu je<strong>der</strong> Zeit alles, was wir brauchen,<br />
vorausgesetzt, wir nutzen es:<br />
• Das kurze Inne<strong>halten</strong> und Durchschnaufen<br />
• Das ja sagen und nein sagen zum<br />
jeweils richtigen Zeitpunkt<br />
• <strong>Die</strong> Minute <strong>der</strong> Stille und Besinnung<br />
Lassen Sie sich überraschen, wie das auf<br />
Sie und Ihre Work-Life-<strong>Balance</strong> wirkt.<br />
Und <strong>halten</strong> Sie es mit Voltaire (1694-<br />
1778): „Weil es <strong>der</strong> Gesundheit zuträglich<br />
ist, beschloss ich glücklich zu sein.“<br />
Kurt Wirsing<br />
www.fitness-fuer-die-seele.com
8<br />
Thema: <strong>Die</strong> <strong>Balance</strong> <strong>halten</strong><br />
Wichtige Funktionen wie Personalmanagement,<br />
Rechnungswesen, Prozessmanagement,<br />
Einkauf, Abrechnung,<br />
Medizincontrolling und IT müssen professionell<br />
geführt werden. Somit können<br />
Erlöse optimiert und Kosten gesenkt sowie<br />
Rationalisierungsreserven entdeckt<br />
und ausgeschöpft werden.<br />
„Leerkosten“ minimieren<br />
Ein Krankenhaus<br />
wirtschaftlich<br />
in <strong>Balance</strong> <strong>halten</strong><br />
Das deutsche Krankenhausinstitut führt<br />
jährlich eine Repräsentativbefragung in<br />
deutschen Kliniken durch. <strong>Die</strong> Ergebnisse<br />
aus dem Jahr 2012 zeigen dabei<br />
ein düsteres Bild von <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
Lage in den deutschen Krankenhäusern.<br />
2011 schrieb fast jede dritte<br />
Klinik rote Zahlen. Gegenüber dem<br />
Vorjahr stieg die Zahl <strong>der</strong> Krankenhäuser<br />
mit Verlusten um rund ein Drittel,<br />
in fast 60 Prozent <strong>der</strong> Kliniken ist das<br />
Geschäftsergebnis rückläufig gewesen,<br />
fast 40 Prozent erwarten in Zukunft eine<br />
Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen<br />
Situation. Ein ähnliches Bild zeigt <strong>der</strong><br />
aktuelle Krankenhaustrend <strong>der</strong> Bayerischen<br />
Krankenhausgesellschaft.<br />
Schere zwischen Kosten<br />
und Erlösen<br />
<strong>Die</strong> Gründe dafür sind bekannt: Seit Jahren<br />
klafft eine Schere zwischen den Kosten auf<br />
Grund von Preis- und Tarifsteigerungen<br />
sowie den Erlösen auf Grund gesetzlich<br />
vorgegebener Preisbegrenzungen und<br />
Kürzungen. Dabei ist es für ein Krankenhaus<br />
notwendig, nicht nur kos tendeckend<br />
zu arbeiten,<br />
son <strong>der</strong>n auch<br />
Überschüsse zu<br />
erwirtschaften.<br />
Nur so kann es<br />
Investitionen in<br />
die Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Versorgungsqualität,<br />
in den<br />
Ausbau und die<br />
Sicherung des<br />
Leistungsangebots<br />
und <strong>der</strong><br />
Alfons Winklmaier<br />
Prozesse sowie<br />
in die notwendigen Baumaßnahmen zur<br />
Produktivitäts- und Qualitätssteigerung<br />
tätigen.<br />
Um ein Krankenhaus wirtschaftlich in<br />
<strong>Balance</strong> zu <strong>halten</strong>, ist <strong>der</strong> Einsatz mo<strong>der</strong>ner<br />
betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente<br />
notwendig. Hier unterscheidet<br />
sich ein Krankenhaus im Grundsatz<br />
nicht von an<strong>der</strong>en Unternehmen: Planung<br />
und Analyse <strong>der</strong> Leistungen, Erlöse<br />
und Kosten sowie ein aussagefähiges<br />
Berichtswesen müssen durch ein mo<strong>der</strong>nes<br />
Controlling gewährleistet sein.<br />
Um jedoch eine dauerhafte wirtschaftliche<br />
<strong>Balance</strong> zu erreichen, ist die Minimierung<br />
<strong>der</strong> sogenannten Leerkosten,<br />
die durch die Differenz zwischen vorge<strong>halten</strong>er<br />
und tatsächlich benötigter Leistung<br />
entsteht, notwendig. Auf Grund des<br />
hohen Personalkostenanteils sowie <strong>der</strong><br />
notwendigen Strukturen in den Krankenhäusern<br />
sind Vorhaltekosten für eine<br />
Rund-um-die-Uhr-Notfallversorgung<br />
notwendig.<br />
Es gilt jedoch, die einzelnen Leistungsbereiche<br />
so zu optimieren, dass die<br />
aus Gründen <strong>der</strong> Leistungsbereitschaft<br />
vorge<strong>halten</strong>en Kapazitäten so gut wie<br />
möglich ausgelastet sind und die nicht<br />
genutzten Fixkosten minimiert werden.<br />
Wenn es zudem gelingt, bei Leistungsschwankungen<br />
vor allem in den nichtklinischen<br />
Bereichen die Fixkosten schnell<br />
anpassen zu können, ist die Grundlage<br />
für eine nachhaltige wirtschaftliche <strong>Balance</strong><br />
gegeben. Hier kommen insbeson<strong>der</strong>e<br />
die Lösungen im Krankenhausverbund<br />
zum Tragen.<br />
Wirtschaftlichkeit und Qualität<br />
Eine ausschließlich finanzorientierte<br />
Steuerung des Krankenhauses mit dem<br />
Fokus auf den kurzfristigen wirtschaftlichen<br />
Erfolg ist jedoch im jetzigen<br />
Wettbewerbssystem die falsche Strategie.<br />
Es muss zusätzlich eine <strong>Balance</strong><br />
zwischen Qualitäts- und finanziellen<br />
Zielen angestrebt werden. Studien und<br />
Erhebungen haben ergeben, dass Wirtschaftlichkeit<br />
und eine hohe Qualität <strong>der</strong><br />
Patientenversorgung in einem Krankenhaus<br />
kein Wi<strong>der</strong>spruch sind. Im Gegenteil:<br />
Kliniken mit guten Behandlungsergebnissen<br />
zeigen meist auch bessere<br />
wirtschaftliche Resultate.<br />
Alfons Winklmaier<br />
Verwaltungsdirektor, Klinikum<br />
St. Elisabeth Straubing
Thema: <strong>Die</strong> <strong>Balance</strong> <strong>halten</strong><br />
9<br />
<strong>Balance</strong> <strong>halten</strong> trotz<br />
Fachkräftemangel<br />
Nicht nur in hessischen Altenheimen<br />
fehlen Altenpflegerinnen und Altenpfleger<br />
<strong>Die</strong> Anfang <strong>der</strong> neunziger Jahre in<br />
Heimgesetz und Heimpersonalverordnung<br />
festgeschriebene sogenannte<br />
50-Prozent-Fachkraftquote ist von vielen<br />
hessischen Heimen immer schwieriger<br />
einzu<strong>halten</strong>. Mittlerweile erfüllen<br />
laut einer Veröffentlichung des für die<br />
Heimaufsicht zuständigen Regierungspräsidiums<br />
Gießen nur noch zwei Drittel<br />
aller Heime diese Vorschrift. 2010 waren<br />
noch gut drei Viertel aller beschäftigten<br />
Heimmitarbeiter vom Fach. Nur<br />
Pflegefachkräfte dürfen zum Beispiel einen<br />
Blasenkatheter legen, Wunden versorgen<br />
o<strong>der</strong> Injektionen verabreichen.<br />
Pflegen kann nicht je<strong>der</strong><br />
Infolge dieser Entwicklung werden<br />
beispielsweise in Hessen tausende<br />
examinierte Altenpfleger gesucht.<br />
Viele Heimleiter plädieren trotz dieser<br />
Schwierigkeiten weiterhin dafür, die<br />
50-Prozent-Quote aufrechtzuer<strong>halten</strong>,<br />
damit eine fachlich qualifizierte Versorgung<br />
gewährleistet ist. „Sonst kommen<br />
wir wie<strong>der</strong> an einen Punkt, wo es heißt,<br />
pflegen kann ja je<strong>der</strong>, man muss nur das<br />
Herz am richtigen Fleck haben.“<br />
In einem Positionspapier des deutschen<br />
Berufsverbandes für Pflegeberufe e.V.<br />
(DBfK) heißt es, die Einhaltung <strong>der</strong><br />
50-Prozent-Quote sei ein Element zur<br />
Sicherung von Pflegequalität. Den Vorschlag,<br />
Pflegehilfskräfte, die über viele<br />
Jahre Erfahrung gesammelt haben, als<br />
Fachkräfte anzuerkennen, lehnt <strong>der</strong><br />
DBfK ab. Trotz langjähriger Erfahrung<br />
fehle Pflegehilfskräften das fachliche<br />
Wissen, um Tätigkeiten einer Fachkraft<br />
genauso verantwortlich umsetzen<br />
zu können.<br />
<strong>Die</strong>sen Kräften müssten entsprechende<br />
Weiterbildungsmaßnahmen eröffnet und<br />
so <strong>der</strong> Zugang zur Fachkraftqualifizierung<br />
ermöglicht werden. Berufsbegleitende<br />
finanzierte Programme können<br />
hier einen großen Beitrag leisten.<br />
Hessen startete im Januar diesen Jahres<br />
ein Modellprojekt zur Anwerbung<br />
spanischer Pflegekräfte. Zunächst sollen<br />
bis zu 100 Fachkräfte in hessischen<br />
Einrichtungen eingesetzt werden. Das<br />
Projekt ist ein wichtiger Baustein gegen<br />
den steigenden Pflegefachkräftemangel.<br />
Den spanischen Pflegekräften, die unter<br />
<strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Wirtschaftskrise in ihrem<br />
Land leiden, eröffnet es ebenfalls eine<br />
neue Perspektive.<br />
Pflegekräfte aus Polen<br />
und Rumänien<br />
Auch wir im Altenheim St. Raphael<br />
<strong>der</strong> <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong> in Königstein<br />
müssen uns mit den verän<strong>der</strong>ten<br />
Bedingungen auseinan<strong>der</strong>setzen. Schon<br />
seit längerer Zeit wird vermehrt mit osteuropäischen<br />
Pflegekräften gearbeitet,<br />
die vor allem aus Polen und Rumänien<br />
kommen. Zwei Mitarbeiterinnen haben<br />
eine Fortbildung zu Praxisanleiterinnen<br />
absolviert, so dass wir selbst Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter zur Ausbildung<br />
schicken können. Des weiteren machen<br />
zwei Mitarbeiter eine Weiterbildung zu<br />
Wohnbereichsleitungen, drei Mitarbeiter<br />
zu gerontopsychiatrischen Fachkräften<br />
und zwei Mitarbeiterinnen befinden<br />
sich in <strong>der</strong> Ausbildung zur examinierten<br />
Altenpflegefachkraft.<br />
Christoph Kuhn<br />
Altenheim St. Raphael Königstein<br />
Pflegefachkraft<br />
Schwester Ansamma<br />
verabreicht <strong>der</strong><br />
Bewohnerin Maria<br />
Messerschmidt eine<br />
Injektion.
10<br />
Bayerische <strong>Orden</strong>sprovinz<br />
Pater Johannes ist<br />
Erzbischöflicher Geistlicher Rat<br />
Bei einem Empfang im Münchner Ratskeller<br />
im Anschluss an die Chrisam-<br />
Messe im Liebfrauendom am 27. März<br />
hat Kardinal Reinhard Marx vier Seelsorger<br />
zu Erzbischöflichen Geistlichen<br />
Räten ernannt. Unter ihnen ist auch<br />
Pater Johannes von Avila Neuner (70),<br />
Prior und Seelsorger am Krankenhaus<br />
Barmherzige Brü<strong>der</strong> München.<br />
In <strong>der</strong> Ernennungsurkunde heißt es: „In<br />
dankbarer Anerkennung und Würdigung<br />
seines seelsorgerlichen Wirkens in <strong>der</strong><br />
Erzdiözese München und Freising auf<br />
dem Gebiet <strong>der</strong> Krankenhausseelsorge<br />
im Krankenhaus Barmherzige Brü<strong>der</strong><br />
in München, unter an<strong>der</strong>em im Bereich<br />
<strong>der</strong> Palliativmedizin, ernenne ich Pater<br />
Johannes Avila Neuner OH zu meinem<br />
Erzbischöflichen Geistlichen Rat.“<br />
Kardinal Reinhard Marx und Pater Johannes präsentieren die Ernennungsurkunde.<br />
Bereits vor 13 Jahren, im Juni 2000, war<br />
Pater Johannes vom damaligen Regensburger<br />
Bischof Manfred Müller zum<br />
Bischöflichen Geistlichen Rat ernannt<br />
worden; er wirkte zu <strong>der</strong> Zeit als Seelsorger<br />
im Regensburger Krankenhaus<br />
Barmherzige Brü<strong>der</strong>.<br />
js<br />
Jubiläumsgala <strong>der</strong> Volksmusik in Algasing<br />
Im Mai erreichen die Festlichkeiten<br />
zu „150 Jahre Barmherzige Brü<strong>der</strong><br />
in Algasing“ ihren Höhepunkt<br />
Am 9. Mai treten die Musikakrobaten<br />
Gogol & Mäx, die auch schon einen Tag<br />
davor beim Schülertag ihre Künste zeigen<br />
werden (siehe misericordia 4/13),<br />
im Festsaal <strong>der</strong> <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong><br />
Algasing auf. Los geht es um 16 Uhr,<br />
<strong>der</strong> Eintritt kostet 12 Euro, für Kin<strong>der</strong><br />
6 Euro.<br />
Den guten Kontakten von Frater Robert<br />
Wimmer in <strong>der</strong> Volksmusikszene<br />
ist am 11. Mai das Staraufgebot auf <strong>der</strong><br />
Algasinger Festzeltbühne zu verdanken.<br />
Neben Angela Wiedl und dem neuen<br />
Traumpaar <strong>der</strong> Volksmusik, Belsy &<br />
Florian, haben die Schweizer Sängerin<br />
Géraldine Olivier, die Kultgruppe „<strong>Die</strong><br />
Schäfer“ und „Ledawix“ ihr Kommen<br />
zugesagt. Durch den Abend führen<br />
Theresia Kölbl und Herbert Suttner von<br />
Radio ISW. Der Erlös <strong>der</strong> Benefizveranstaltung<br />
kommt den Algasinger Bewohnern<br />
zugute. Einlass ist ab 17 Uhr, das<br />
Konzert beginnt um 19 Uhr. <strong>Die</strong> Karte<br />
kostet 19 Euro inklusive Vorverkaufsgebühr,<br />
20 Euro an <strong>der</strong> Abendkasse.<br />
„<strong>Die</strong> Schäfer“ und an<strong>der</strong>e Stars <strong>der</strong> Volksmusik treten am 11. Mai in Algasing auf.<br />
Karten für beide Veranstaltungen<br />
können bei den <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong>n<br />
Algasing erworben werden:<br />
Telefon 08081/934-0<br />
info@barmherzige-algasing.de<br />
www.barmherzige-algasing.de
Bayerische <strong>Orden</strong>sprovinz<br />
11<br />
Barmherzige Brü<strong>der</strong> bauen Altersmedizin aus<br />
Neu ausgerichtete Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Geriatrie in Regensburg<br />
Das Krankenhaus Barmherzige Brü<strong>der</strong><br />
Regensburg vergrößert sein Leistungsspektrum<br />
um die Altersmedizin<br />
und ist damit das einzige Krankenhaus<br />
Ostbayerns, welches ältere Patienten<br />
mit einer breit aufgestellten<br />
Geriatrie versorgen kann.<br />
<strong>Die</strong> Schwerpunkte <strong>der</strong> neuen Klinik für<br />
Allgemeine Innere Medizin und Geriatrie<br />
werden neben <strong>der</strong> Altersmedizin<br />
auch weiterhin die Angiologie (Gefäßund<br />
Lymphsystemerkrankungen), die<br />
Nephrologie (Nierenerkrankungen), die<br />
Diabetologie (Zuckererkrankungen) und<br />
die Endokrinologie (Hormonsystemerkrankungen)<br />
umfassen.<br />
Neuer Chefarzt<br />
Nach <strong>der</strong> Pensionierung von Chefarzt<br />
Professor Dr. Thomas Gain haben die<br />
<strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong> Professor Dr. Cornel<br />
Sieber (Jahrgang 1959), einen europaweit<br />
bekannten Experten für Altersmedizin,<br />
zum 1. April als neuen Chefarzt<br />
nach Regensburg geholt. Professor<br />
Sieber ist Präsident <strong>der</strong> Europäischen<br />
Akademie für Altersmedizin (EAMA),<br />
Inhaber des Lehrstuhls für Innere Medizin<br />
- Geriatrie an <strong>der</strong> Friedrich-Alexan<strong>der</strong>-Universität<br />
Erlangen-Nürnberg sowie<br />
Leiter des dortigen Forschungsinstituts<br />
für Biomedizin des Alterns (IBA), das<br />
sich auf ernährungswissenschaftliche<br />
Fragen und altersbedingten Muskelschwund<br />
spezialisiert hat.<br />
Der gebürtige Schweizer arbeitete zuletzt<br />
am Nürnberger Klinikum als Chefarzt <strong>der</strong><br />
Medizinischen Klinik 2. In seiner Freizeit<br />
wan<strong>der</strong>t er gerne in den Bergen und<br />
interessiert sich für Malerei und Musik.<br />
Der neue Chefarzt wird die Klinik für<br />
Allgemeine Innere Medizin und Geriatrie<br />
zusammen mit dem Stellvertretenden<br />
Chefarzt Professor Dr. Cornelius Bollheimer<br />
(Jahrgang 1967), einem Experten<br />
für Geriatrie, Endokrinologie und<br />
Diabetologie, leiten. Professor Bollheimer<br />
ist seit 2011 Professor für Innere<br />
Medizin und Geriatrie an <strong>der</strong> Universität<br />
in Erlangen-Nürnberg.<br />
Neben Professor Bollheimer bringt<br />
Professor Sieber noch einen weiteren<br />
Geriater, Oberarzt Dr. Steffen Schlee,<br />
ans Krankenhaus. Da mit Dr. Bernhard<br />
Stoiber und Dr. Ulrike Markert schon<br />
zwei Geriater im Haus tätig sind, verfügen<br />
die <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong> nun<br />
über fünf Experten für Altersmedizin.<br />
Ein großes fächerübergreifendes Therapeutenteam<br />
mit Physio- und Ergotherapeuten,<br />
Psychologen, Logopäden<br />
und Ernährungsberatern wird die Ärzte<br />
zusammen mit <strong>der</strong> Pflege und den Sozialarbeiten<br />
unterstützen.<br />
Innovatives Konzept<br />
„Dem Bedarf älterer Patienten kann<br />
man durch eine primär organzentrierte<br />
Behandlung nicht ausreichend gerecht<br />
werden“, erklärt Chefarzt Professor<br />
Sieber. „<strong>Die</strong> Geriatrie verfolgt als Ziel,<br />
die Selbständigkeit von Menschen im<br />
fortgeschrittenen Alter zu er<strong>halten</strong> o<strong>der</strong><br />
zu för<strong>der</strong>n und so ihre Lebensqualität<br />
zu verbessern.“<br />
<strong>Die</strong> <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong> planen, die<br />
Geriatrie sehr breit aufzustellen. Neben<br />
<strong>der</strong> bestehenden Klinik für Geriatrische<br />
Rehabilitation werden eine Akutgeriatrie,<br />
eine geriatrische Tagesklinik, eine<br />
ambulante geriatrische Rehabilitation<br />
und eine geriatrische Institutsambulanz<br />
aufgebaut. „<strong>Die</strong> Mehrfacherkrankungen<br />
unserer Patienten bedingen, dass die<br />
Geriatrie außerdem eng mit den an<strong>der</strong>en<br />
Kliniken des Krankenhauses wie<br />
beispielsweise <strong>der</strong> Unfallchirurgie und<br />
Orthopädie sowie <strong>der</strong> Neurologie verzahnt<br />
wird“, erläutert <strong>der</strong> Chefarzt. Und<br />
weiter: „Zukünftig wird auf unfallchirurgischen<br />
Stationen auch ergänzend<br />
ein Internist arbeiten … Er wird den<br />
chirurgischen Stationsarzt bei <strong>der</strong> Visite<br />
begleiten und den Angehörigen auch bei<br />
sozialmedizinischen Fragen zur Verfügung<br />
stehen. <strong>Die</strong>ses innovative Konzept<br />
wird bislang nur von wenigen Krankenhäusern<br />
Deutschlands umgesetzt.“<br />
<strong>Die</strong> <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong> wollen die<br />
Altersmedizin nicht nur in ihrem Krankenhaus<br />
weiter etablieren, son<strong>der</strong>n<br />
möchten auch als Kooperations- und<br />
Ansprechpartner für Haus- und Fachärzte,<br />
ambulante Pflegedienste sowie<br />
Alten- und Pflegeheime <strong>der</strong> Region zur<br />
Verfügung stehen.<br />
Svenja Uihlein<br />
Der neue Chefarzt Prof. Dr. Cornel Sieber<br />
(2. von links) mit – von links – dem neuen<br />
Stellvertretenden Chefarzt Prof. Dr. Cornelius<br />
Bollheimer und dem geratrischen<br />
ärztlichen Team Dr. Steffen Schlee, Dr.<br />
Bernhard Stoiber und Dr. Ulrike Markert.
12<br />
Bayerische <strong>Orden</strong>sprovinz<br />
Kompetenz in Onkologie,<br />
Strahlentherapie<br />
und Neurochirurgie<br />
<strong>Die</strong> <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong> eröffnen in Cham ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)<br />
Kernstück des neuen Gebäudes ist <strong>der</strong> rund 1,5 Millionen teure Linearbeschleuniger für<br />
die Strahlentherapie.<br />
Provinzial Frater Emerich Steigerwald,<br />
Landrat Franz Löffler und Geschäftsführer<br />
Christian Kuhl (von links) durchschnitten<br />
bei <strong>der</strong> Eröffnung des MVZ Cham am<br />
19. April das blaue Band.<br />
Am, 20. April eröffneten die <strong>Barmherzigen</strong><br />
Brü<strong>der</strong> neben dem Chamer<br />
Krankenhaus ein Medizinisches Versorgungszentrum<br />
mit einem Tag <strong>der</strong><br />
offenen Tür. <strong>Die</strong> Patienten des Landkreises<br />
Cham verfügen damit über eine<br />
zentrale Anlaufstelle für die Bereiche<br />
Onkologie, Strahlentherapie und Neurochirurgie.<br />
Rund sechs Millionen Euro<br />
investierten die <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong> in<br />
die medizinische Infrastruktur.<br />
Bei einer Feierstunde und Segnung am<br />
19. April wies Provinzial Frater Emerich<br />
Steigerwald auf die enge Verbundenheit<br />
<strong>der</strong> <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong> mit<br />
<strong>der</strong> Region hin: 1893 habe in dem kurz<br />
zuvor vom <strong>Orden</strong> erworbenen Kloster<br />
Reichenbach „ein ganz großer, ein herausragen<strong>der</strong><br />
Barmherziger Bru<strong>der</strong>“<br />
sein <strong>Orden</strong>sleben begonnen: <strong>der</strong> selige<br />
Frater Eustachius Kugler. Den Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern, den Patienten<br />
und Angehörigen des neuen Zentrums<br />
wünschte <strong>der</strong> Provinzial im Sinne des<br />
Wahlspruchs des <strong>Orden</strong>sgrün<strong>der</strong>s <strong>der</strong><br />
<strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong>, Johannes von<br />
Gott, dass im Haus „das Herz befehle“.<br />
15 Monate Bauarbeiten<br />
Knapp 15 Monate währten die Bauarbeiten<br />
in <strong>der</strong> Chamer August-Holz-Straße<br />
1a. Im neuen Medizinischen Versorgungszentrum<br />
können die Experten für<br />
Onkologie und Strahlentherapie alle ambulant<br />
durchführbaren Krebstherapien<br />
unter einem Dach anbieten. Kernstück<br />
des neuen Gebäudes ist ein rund 1,5<br />
Millionen Euro teurer Linearbeschleuniger<br />
für Strahlentherapie, <strong>der</strong> zu den<br />
mo<strong>der</strong>nsten am Markt zählt. Darüber hinaus<br />
öffnet im MVZ eine onkologische<br />
Praxis für ambulante Chemotherapien<br />
ihre Pforten.<br />
Mit einem ähnlichen Modell hat man am
Bayerische <strong>Orden</strong>sprovinz<br />
13<br />
Straubinger Klinikum St. Elisabeth exzellente<br />
Erfahrungen gemacht. „Damit<br />
kann unser neues Zentrum eine umfassende<br />
Tumortherapie auf dem neuesten<br />
Stand von Wissenschaft und Technik<br />
ermöglichen“, erklärt Dr. Michael Allgäuer,<br />
Facharzt für Strahlentherapie.<br />
Er betont weiter: „Krebspatienten, die<br />
bislang zur Therapie sehr weit fahren<br />
mussten, können nun im Chamer MVZ<br />
heimatnah auf höchstem Niveau versorgt<br />
werden.“<br />
Zusätzlich besteht auch eine enge Kooperation<br />
mit dem Krankenhaus Cham:<br />
<strong>Die</strong> onkologischen Spezialisten des<br />
MVZ betreuen ihre Patienten – wenn<br />
notwendig – auch konsiliarisch im Krankenhaus<br />
Cham weiter. „Damit garantieren<br />
die <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong> einen<br />
ganzheitlichen Blick auf die individuelle<br />
Situation jedes Patienten“, stellt Dr. Monika<br />
Lonscher, Onkologin im MVZ des<br />
Klinikums St. Elisabeth Straubing und<br />
künftige Onkologin in Cham, heraus.<br />
Tumorkonferenzen<br />
Außerdem möchten die Ärzte des MVZ<br />
sogenannte Tumorkonferenzen in Cham<br />
etablieren. „Eine Tumorkonferenz ist<br />
<strong>der</strong> Dreh- und Angelpunkt einer qualitativ<br />
hochstehenden Krebsbehandlung“,<br />
erläutert sie. „Hier wird unter Einbeziehung<br />
aller an <strong>der</strong> Therapie beteiligten<br />
Spezialisten nach <strong>der</strong> optimalen Behandlung<br />
für jeden Einzelnen gesucht.“<br />
Darüber hinaus profitieren die Patienten<br />
vom Krankenhausverbund <strong>der</strong> <strong>Barmherzigen</strong><br />
Brü<strong>der</strong> in Ostbayern: Bei komplexen<br />
Fällen können die Patienten in<br />
Cham auf die hoch spezialisierten und<br />
zertifizierten Kliniken und Krebszentren<br />
am Krankenhaus Barmherzige Brü<strong>der</strong><br />
Regensburg und am Klinikum St. Elisabeth<br />
in Straubing vertrauen.<br />
Das MVZ Cham betreut auch Patienten<br />
mit neurochirurgischen Problemen. „Zusammen<br />
mit unseren Patienten und in<br />
Kooperation mit den Hausärzten, Neurologen<br />
o<strong>der</strong> Orthopäden werde ich<br />
einen individuellen Diagnostik- und<br />
Behandlungsplan erstellen“, erklärt die<br />
neurochirurgische Spezialistin des MVZ<br />
Cham, Simone En<strong>der</strong>lein. „Sollte eine<br />
operative Therapie notwendig werden,<br />
stehen den Betroffenen im Krankenhaus<br />
Barmherzige Brü<strong>der</strong> Regensburg alle<br />
Möglichkeiten zur Verfügung.“<br />
Svenja Uihlein<br />
Großer Zuspruch für das<br />
Krankenhaus St. Barbara Schwandorf<br />
Mehr Patienten durch Investitionen in Mitarbeiter, Medizintechnik und Infrastruktur<br />
Das Engagement <strong>der</strong> <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong> zum Ausbau einer<br />
bedarfsgerechten Versorgung für die Bevölkerung im Landkreis<br />
Schwandorf trägt weiter Früchte. <strong>Die</strong> Gesamtzahl <strong>der</strong><br />
stationär behandelten Patienten erhöhte sich auch im Jahr 2012<br />
wie<strong>der</strong> deutlich auf nunmehr über 12.500. Insgesamt wurden<br />
im Jahr 2012 in <strong>der</strong> Notaufnahme, den Ambulanzen sowie<br />
im stationären Bereich mehr als 29.000 Patienten behandelt.<br />
Geschäftsführer Dr. Martin Baumann freut sich, dass die Bevölkerung<br />
die hohe Qualität <strong>der</strong> Versorgung und die großen<br />
Anstrengungen <strong>der</strong> letzten Jahre anerkennt.<br />
Neben den langjährigen Chefärzten Dr. Detlef Schoenen (Allgemein-,<br />
Viszeral- und Gefäßchirurgie), Dr. Horst Schnei<strong>der</strong><br />
(Unfallchirurgie, Orthopädie und Sportmedizin) sowie<br />
Dr. Christoph Balzer (Gastroenterologie, Hepatologie, Onkologische<br />
Gastroenterologie und Rheumatologie) sorgte<br />
auch Dr. Elisabeth Bösl (Kardiologie und Pneumologie) für<br />
einen deutlichen und nachhaltigen Anstieg bei <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong><br />
versorgten Patienten. Dr. Bösl, seit gut eineinhalb Jahren als<br />
Chefärztin am Krankenhaus St. Barbara tätig, etablierte das<br />
Linksherzkatheterlabor als feste Adresse für Herzuntersuchungen<br />
und Herzbehandlungen sowie für die Implantation<br />
von Schrittmachern im Landkreis.<br />
Zur positiven Leistungsbilanz 2012 trug aber auch <strong>der</strong> wachsende<br />
Zuspruch durch die werdenden Eltern bei. <strong>Die</strong> Belegabteilung<br />
Gynäkologie und Geburtshilfe verzeichnete ein<br />
Plus von 4,4 Prozent bei den Geburten. Vier Belegärzte und<br />
13 Beleghebammen kümmerten sich um die insgesamt 531<br />
Babys, die im vergangenen Jahr im Krankenhaus St. Barbara<br />
zur Welt kamen.<br />
Um den gestiegenen Patientenzahlen Rechnung zu tragen,<br />
hat sich das Krankenhaus St. Barbara gleich mit fünf neuen<br />
Oberärzten verstärkt. Darüber hinaus wurde auch wie<strong>der</strong> massiv<br />
in die Medizintechnik sowie in die Infrastruktur investiert.<br />
Unter an<strong>der</strong>em erhielt das hauseigene Labor ein Hightech-<br />
Gerät im Wert eines Kleinwagens, welches die Auftauzeit<br />
für Gefrierplasma von 45 auf acht Minuten reduziert. Für den<br />
Bau eines neuen Parkplatzes investierten die <strong>Barmherzigen</strong><br />
Brü<strong>der</strong> rund 530.000 Euro.<br />
Beson<strong>der</strong>s stolz ist Dr. Baumann darauf, dass sich die Bemühungen<br />
auch in dokumentierter Qualität nie<strong>der</strong>schlägt: Das<br />
För<strong>der</strong>audit zur Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001:2008<br />
und proCum Cert wurde im November 2012 mit Erfolg bestanden.<br />
Als größtes Projekt steht in diesem Jahr die Erweiterung<br />
des OP-Bereichs und <strong>der</strong> Aufwachräume an.<br />
Marion Hausmann
14<br />
Barmherzige Brü<strong>der</strong> weltweit<br />
Der Petersdom am 7. Oktober 2012: Anlässlich ihrer Proklamation zu Kirchenlehrern sind Bild-Teppiche mit dem heiligen Johannes von<br />
Avila (links) und <strong>der</strong> heiligen Hildegard von Bingen an <strong>der</strong> Fassade angebracht worden.<br />
Kirchenlehrer<br />
Johannes von Avila<br />
Gedenktag am 10. Mai<br />
Pater Johannes von Avila Neuner hat am 7. Oktober 2012 auf dem Petersplatz<br />
an <strong>der</strong> Proklamation des heiligen Johannes von Avila zum Kirchenlehrer (siehe<br />
auch misericordia 11/2012) teilgenommen – er erinnert sich an die eindrucksvolle<br />
Feier. Mit dem Ehrentitel „Kirchenlehrer“ werden einige wenige Theologen<br />
und Heilige bezeichnet, die einen prägenden Einfluss auf die Theologie<br />
<strong>der</strong> christlichen Kirche hatten.<br />
Seit seiner Heiligsprechung am 31. Mai<br />
1970 durch Papst Paul VI. wird <strong>der</strong> liturgische<br />
Gedenktag für Johannes von<br />
Avila am 10. Mai begangen. Im August<br />
2012 hat Papst Benedikt XVI.<br />
beim Weltjugendtag in Madrid die Erhebung<br />
meines Namenspatrons zum<br />
34. Kirchenlehrer angekündigt. Mit großer<br />
Erwartung reiste ich nach Rom, um die<br />
Feier am 7. Oktober 2012 mitzuerleben.<br />
Schon am Vortag begab ich mich zum<br />
Petersdom – dort war bereits das Bild<br />
des Johannes von Avila zu sehen – es<br />
zeigt ihn in spanischer Tracht, in einer<br />
Hand das Kreuz, die an<strong>der</strong>e Hand auf<br />
<strong>der</strong> Heiligen Schrift. Viele spanische Pilger<br />
mit einheitlichen Tüchern um den<br />
Hals bevölkerten bereits den Petersplatz.<br />
Zur Eucharistiefeier am Sonntag kamen<br />
dann mehrere zehntausend Gläubige<br />
und über 300 Bischöfe aus aller Welt.<br />
Mit dem Gottesdienst wurde die Weltbischofssynode<br />
eröffnet und zugleich die<br />
heilige Hildegard von Bingen und <strong>der</strong><br />
heilige Johannes von Avila zu Kirchenlehrern<br />
erklärt.<br />
In seiner Predigt sagte <strong>der</strong> Heilige Vater<br />
unter an<strong>der</strong>em: „Der heilige Johannes<br />
von Avila lebte im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t. Er<br />
verfügte über eine gründliche Kenntnis<br />
<strong>der</strong> Heiligen Schrift und war von einem<br />
brennenden missionarischen Geist erfüllt.<br />
In einzigartiger Tiefe vermochte<br />
er die Geheimnisse <strong>der</strong> von Christus für<br />
die Menschheit erwirkten Erlösung zu<br />
durchdringen. Als ein wahrer Gottesmann<br />
verband er das ständige Gebet mit<br />
<strong>der</strong> apostolischen Tätigkeit. Er widmete<br />
sich <strong>der</strong> Predigt sowie <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
sakramentalen Praxis und konzentrierte<br />
seine Bemühungen auf die Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Ausbildung <strong>der</strong> Priesteramtskandidaten,<br />
<strong>der</strong> <strong>Orden</strong>sleute und <strong>der</strong> Laien, im<br />
Hinblick auf eine fruchtbare Reform <strong>der</strong><br />
Kirche.“ (L’Osservatore Romano vom<br />
12. 10. 12) – Eine Predigt des heiligen<br />
Johannes von Avila am 20. Januar 1539<br />
in Granada hatte die Bekehrung des heiligen<br />
Johannes von Gott ausgelöst.<br />
Mit dem Angelusgebet wurde <strong>der</strong> großartige<br />
Gottesdienst abgeschlossen. Im<br />
Generalatshaus durfte ich anschließend<br />
mit den Mitbrü<strong>der</strong>n zu Mittag essen.<br />
Am Nachmittag kehrte ich nochmals<br />
auf den Petersplatz zurück und ließ die<br />
Feier nachwirken, indem ich von einem<br />
schönen Winkel aus das Bildnis meines<br />
Namenspatrons betrachtete. Voll dankbarer<br />
Freude flog ich am folgenden Tag<br />
nach München zurück.<br />
Pater Johannes von Avila Neuner
Barmherzige Brü<strong>der</strong> weltweit<br />
15<br />
Unterstützung aus <strong>Bayern</strong><br />
und Österreich für Neubauten<br />
Segnung des neuen Pflegeheims und <strong>der</strong> psychiatrischen Klinik in Kattappana/Indien<br />
Am 21. März wurden in Kattappana<br />
(Kerala, Südindien) zwei neu erbaute<br />
Einrichtungen <strong>der</strong> <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong><br />
eingeweiht: eine psychiatrische Klinik<br />
mit 50 Betten, das „Fortunatus Mental<br />
Health Centre“, und ein Heim für arme,<br />
alte, kranke und behin<strong>der</strong>te Menschen<br />
mit 250 Plätzen, das „Eustachius Kugler<br />
Pratheeksha Bhavan“.<br />
Mehr als 700 Gäste<br />
Zu dem feierlichen Anlass fanden sich<br />
mehr als 700 Gäste ein, darunter Generalprior<br />
Pater Jesús Etayo, <strong>der</strong> Bischof<br />
<strong>der</strong> Diözese Kanjirappally, Mathew<br />
Arackal, Brü<strong>der</strong> aus Polen, Frankreich,<br />
Österreich, Italien und Deutschland,<br />
Mitarbeiter des St. John’s Hospital, Studierende<br />
des Krankenpflege-Colleges<br />
und Bewohner Kattappanas.<br />
Zu Beginn <strong>der</strong> Feierlichkeiten hatte Frater<br />
Eduard Bauer, Provinzsekretär <strong>der</strong><br />
Bayerischen <strong>Orden</strong>sprovinz, die Ehre,<br />
unter <strong>der</strong> Begleitung einer traditionellen<br />
keralischen Musikgruppe, das neue Pratheeksha<br />
Bhavan zu eröffnen, das den<br />
Namen des seligen Eustachius Kugler<br />
trägt. Der Bau dieser Einrichtung wurde<br />
durch die Unterstützung <strong>der</strong> Bayerischen<br />
<strong>Orden</strong>sprovinz möglich. Das 1971 von<br />
Frater Fortunatus Thanhäuser gegründete<br />
alte „Haus <strong>der</strong> Hoffnung” konnte mit<br />
zuletzt gut 150 Plätzen <strong>der</strong> im Lauf <strong>der</strong><br />
Jahre gestiegenen Bewohnerzahl nicht<br />
mehr gerecht werden. Durch den Umzug<br />
in das neue Gebäude soll die Pflege und<br />
Versorgung <strong>der</strong> Bewohner und Bewohnerinnen<br />
verbessert werden.<br />
Bisher diente das Pratheeksha Bhavan<br />
nicht nur als Herberge für Menschen<br />
mit körperlicher o<strong>der</strong> geistiger Behin<strong>der</strong>ung,<br />
alte Menschen und chronisch<br />
Kranke, son<strong>der</strong>n auch für Menschen mit<br />
psychischer Erkrankung. Durch die von<br />
<strong>der</strong> Österreichischen <strong>Orden</strong>sprovinz finanzierte<br />
psychiatrische Klinik soll die<br />
Versorgung dieser Patienten und Patientinnen<br />
optimiert werden. Ein <strong>der</strong>artiges<br />
Krankenhaus gab es in dieser Bergregion<br />
bisher nicht. <strong>Die</strong> Ehre, das rote<br />
Fortsetzung auf Seite 16<br />
Farbenfroh wurde die Eröffnung <strong>der</strong> beiden Einrichtungen in Kattappana in Szene gesetzt<br />
– Foto links: Generalprior Pater Jesús Etayo bei <strong>der</strong> Segnung; links hinter ihm: Bischof<br />
Mathew Arackal
16<br />
Barmherzige Brü<strong>der</strong> weltweit<br />
Frater Paulus Kohler aus Österreich enthüllt eine Gedenktafel an <strong>der</strong> neuen psychiatrischen Klinik (Foto Mitte) – links neben ihm: <strong>der</strong><br />
frühere Generalrat Frater Vincent Kochamkunnel. Foto rechts: Frater Eduard Bauer nimmt aus den Händen von Frater Augustine Polaprayil<br />
ein Geschenk zur Erinnerung an die Eröffnung des „Eustachius Kugler Pratheeksha Bhavan“ entgegen.<br />
Band durchzuschneiden, war hier dem<br />
ehemaligen österreichischen Provinzial<br />
Frater Paulus Kohler vorbe<strong>halten</strong>.<br />
Lob vom Generalprior<br />
Im Anschluss fanden sich alle Gäste in<br />
einem liebevoll dekorierten Festzelt ein.<br />
Dort folgten Danksagungen und Ansprachen<br />
des indischen Provinzials Frater<br />
Antony Palamattom sowie von Leitern<br />
an<strong>der</strong>er sozialer Einrichtungen in Kerala.<br />
Auch Generalprior Pater Jesús Etayo<br />
zollte beim Festakt den Schwestern und<br />
Brü<strong>der</strong>n vor Ort Lob und Anerkennung.<br />
Bischof Mathew Arackal betonte in seiner<br />
Rede die herausragende Bedeutung<br />
des <strong>Orden</strong>s für die gesamte Region. Seit<br />
<strong>der</strong> Ankunft von Frater Fortunatus Thanhäuser<br />
1967 hat sich aus einem kleinen<br />
Bergdorf ein wichtiges kulturelles und<br />
wirtschaftliches Zentrum entwickelt.<br />
Der Direktor des Pratheeksha Bhavan,<br />
Frater Jose Mathew Thottathil lud nach<br />
seiner in Deutsch und Malayalam ge<strong>halten</strong>en<br />
Rede alle Anwesenden zu Kaffee<br />
und Kuchen ein. Zum Abschluss des<br />
sehr gelungenen Festaktes wurde von<br />
allen, darunter auch Bewohnern des Pratheeksha<br />
Bhavan, das St. John of God<br />
Lied angestimmt.<br />
Andreas Lichey und Korbinian Graf<br />
Neuer <strong>Die</strong>nst für alte Menschen<br />
mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung in Velloor<br />
Am 23. März wurde in <strong>der</strong> Einrichtung<br />
<strong>der</strong> <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong> in Velloor<br />
(Kerala/Indien) ein neuer <strong>Die</strong>nst für<br />
ältere Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
gesegnet. Er heißt „Tharavad“<br />
– dieser Name nimmt Bezug auf einen<br />
gängigen traditionellen Ausdruck in<br />
Kerala, mit dem man das Leben in <strong>der</strong><br />
Großfamilie, mit Eltern und Großeltern,<br />
bezeichnet. Gerade das Leben älterer<br />
Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung<br />
ist in Indien gefährdet, deshalb will das<br />
neue Zentrum ihnen durch familienähnliche<br />
Wohnformen Schutz und Geborgenheit<br />
bieten. Willkommen sind in <strong>der</strong><br />
Einrichtung auch Angehörige, die sich<br />
um ihre behin<strong>der</strong>ten Familienmitglie<strong>der</strong><br />
kümmern wollen. Neben den Angeboten<br />
für Kin<strong>der</strong>, Jugendliche und Erwachsene<br />
rundet diese Wohnform für alte Menschen<br />
nun die <strong>Die</strong>nste des <strong>Orden</strong>s in<br />
Velloor ab.<br />
Quelle: ohsjd.org<br />
Auch bei <strong>der</strong> Einweihung des neuen<br />
Hauses in Velloor waren zahlreiche internationale<br />
Gäste zugegen.
Barmherzige Brü<strong>der</strong> weltweit<br />
17<br />
Fortunatus<br />
Thanhäuser:<br />
Auf dem Weg<br />
zur Seligsprechung<br />
<strong>Die</strong> Brü<strong>der</strong> und Schwestern aus<br />
Indien und aus Europa, die an<br />
den Einweihungen in Kattappana<br />
und Velloor teilnahmen (siehe<br />
Seite 15/16), versammelten sich<br />
am 21. März am Grab von Frater<br />
Fortunatus auf dem Gelände des<br />
St. John of God Zentrums in Kattappana<br />
zu einem Gedenk- und Dankgottesdienst.<br />
Frater Fortunatus wird von <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
als Heiliger betrachtet.<br />
Aufgrund dieses Rufes <strong>der</strong> Heiligkeit<br />
war auch <strong>der</strong> Generalpostulator<br />
des <strong>Orden</strong>s, Frater Elia Tripaldi,<br />
nach Indien geflogen, um die Wirkungsstätte<br />
von Frater Fortunatus<br />
besser kennenzulernen und gemeinsam<br />
mit dem Diözesanbischof<br />
Mathew Arackal und den indischen<br />
Johann-von-Gott-Schwestern, <strong>der</strong>en<br />
Grün<strong>der</strong> Frater Fortunatus ist,<br />
das Verfahren zu seiner Seligsprechung,<br />
zunächst auf Diözesanebene,<br />
einzuleiten. Aus dem Anlass hatte<br />
Frater Elia verschiedene Gespräche<br />
mit dem indischen Provinzial <strong>der</strong><br />
<strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong> und <strong>der</strong> Generaloberin<br />
<strong>der</strong> Johann-von-Gott-<br />
Schwestern.<br />
Frater Fortunatus Thanhäuser aus<br />
<strong>der</strong> ehemaligen Rheinischen <strong>Orden</strong>sprovinz<br />
ging in den sechziger<br />
Jahren nach Indien, um dort den<br />
<strong>Orden</strong> <strong>der</strong> <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong><br />
heimisch zu machen. Seine Weggefährten<br />
bei diesem Unternehmen waren<br />
Frater Prakash Madappally, ein<br />
indischer Mitbru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> in Deutschland<br />
in den <strong>Orden</strong> eingetreten war,<br />
und Frater Alfons M. Höring.<br />
Brü<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vatikanapotheke<br />
bei Papst Franziskus<br />
Anlässlich eines Gottesdienstes im Domus Sanctae Marthae empfing Papst Franziskus<br />
am 5. April auch die Mitglie<strong>der</strong> des Konventes <strong>der</strong> Vatikanapotheke, die von<br />
den <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong>n geführt wird. Auf unserem Foto begrüßt <strong>der</strong> Heilige<br />
Vater Frater Binish Thomas, mit auf dem Bild ist Frater Rafael Cenizo, <strong>der</strong> Leiter<br />
<strong>der</strong> Apotheke.<br />
Rote Schuhe von Benedikt XVI.<br />
kommen ins Museum<br />
<strong>der</strong> <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong><br />
Das Museum San Juan de Dios im spanischen<br />
Granada, das sich in dem Haus<br />
befindet, in dem <strong>der</strong> heilige Johannes<br />
von Gott gestorben ist (Casa de los Pisa),<br />
will die roten Schuhe von Papst Benedikt<br />
XVI. ausstellen. Nach seinem Rücktritt<br />
hat Benedikt XVI. die handgefertigten<br />
Le<strong>der</strong>schuhe als Zeichen <strong>der</strong> Dankbarkeit<br />
dem Leiter <strong>der</strong> Vatikanapotheke,<br />
Frater Rafael Cenizo, geschenkt. <strong>Die</strong>ser<br />
habe sie dem Museum übergeben.<br />
Weitere Informationen unter<br />
www.museosanjuandedios.es<br />
Quelle: www.ohsjd.org
18<br />
Arbeits- und Lebenswelt Heime<br />
„Mensch ist Mensch“<br />
Internationale Studienwoche zur UN-Konvention in Budapest<br />
„Mensch ist Mensch“ – so lautete das<br />
treffende Fazit eines Teilnehmers nach<br />
<strong>der</strong> Internationalen Studienwoche „UN-<br />
Konvention über die Rechte von Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ung im europäischen<br />
Vergleich“ in Budapest vom 3. bis 9.<br />
März. Der junge Mann, <strong>der</strong> am Ende<br />
<strong>der</strong> Tagung selbstbewusst vor rund 50<br />
Gäste trat und seine Eindrücke in diesen<br />
prägnanten Worten zusammenfasste, ist<br />
ein Mensch mit Unterstützungsbedarf<br />
– einer <strong>der</strong> Hauptakteure in dieser beeindruckenden<br />
Woche.<br />
Menschen mit Beeinträchtigung und <strong>der</strong>en<br />
Assistenten, Schüler verschiedener<br />
Fachschulen für Heilerziehungspflege,<br />
Lehrkräfte, Mentoren und Mitarbeiter<br />
gestalteten diese Woche gemeinsam.<br />
<strong>Die</strong> Teilnehmer und Teilnehmerinnen<br />
kamen aus Ungarn, Deutschland und<br />
Österreich. <strong>Die</strong> Studienwoche fand in<br />
Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
<strong>der</strong> Ausbildungsstätten für<br />
Heilerziehungspflege in Deutschland<br />
e.V. (BAG) und <strong>der</strong> „Hand in Hand<br />
Foundation“ statt.<br />
<strong>Die</strong> Teilnahme an dieser Woche war<br />
erklärtes Ziel von acht Fachschülern<br />
und sechs Lehrkräften <strong>der</strong> Johannes-<br />
Grande-Fachschule in Straubing. Seit<br />
Beginn des Schuljahres bereiteten wir<br />
uns in regelmäßigen Treffen auf die<br />
Veranstaltung vor und befassten uns vor<br />
allem mit dem Gastgeberland Ungarn.<br />
Wir interessierten uns für Geschichte,<br />
Kultur, Sprache und Gepflogenheiten,<br />
genossen landestypische Spezialitäten<br />
und klärten Organisatorisches.<br />
Dass wir dort nicht nur als passive<br />
Teilnehmer gefragt waren, wurde uns<br />
spätestens nach unserer Ankunft in<br />
Budapest klar. Inklusion wurde nicht<br />
als Schlagwort behandelt, son<strong>der</strong>n eine<br />
Woche lang gelebt. Tagungsinhalte,<br />
morgendliche Einstimmung, Mahlzeiten,<br />
eine alternative Stadtführung, <strong>der</strong><br />
Discobesuch, künstlerisches Gestalten,<br />
Besichtigungen von Einrichtungen und<br />
auch das Abendprogramm wurden gemeinsam<br />
erlebt.<br />
Ungarische Experten in eigener Sache mit<br />
ihrer Assistentin stellen sich vor.<br />
Beson<strong>der</strong>s eindrücklich war das Auftreten<br />
<strong>der</strong> Menschen mit Unterstützungsbedarf<br />
als Experten in eigener Sache. In<br />
Form von Bil<strong>der</strong>n, Erzählungen, Filmen<br />
und Gesprächen bekamen wir Einblick<br />
in die unterschiedlichen Lebenskontexte.<br />
Wir lernten ihre jeweilige Wohnund<br />
Arbeitssituation, ihr gesellschaftliches,<br />
politisches und künstlerisches<br />
Engagement kennen und waren tief beeindruckt<br />
von dem Selbstverständnis,<br />
mit dem sie ihr Können, aber auch ihren<br />
Unterstützungsbedarf aufzeigten.<br />
Wie sehr solch eine intensive Woche<br />
zusammenschweißen kann, mussten<br />
wir beim Abschiednehmen erfahren.<br />
Am letzten Abend erlagen wir noch<br />
einmal dem Zauber Budapests: Gemeinsam<br />
aßen wir auf einem Schiff zu<br />
Abend, fuhren auf <strong>der</strong> Donau entlang<br />
und verstreuten uns anschließend in <strong>der</strong><br />
Stadt. <strong>Die</strong> Schüler verweilten noch einen<br />
Tag in Budapest, um sich dann in verschiedene<br />
Richtungen Ungarns in ihre<br />
Praktikumsstellen zu begeben. Denn bis<br />
zum 16. März durften die Fachschüler<br />
aus Straubing in drei verschiedenen<br />
Einrichtungen für Menschen mit Unterstützungsbedarf<br />
in Ungarn Erfahrungen<br />
sammeln und die Eindrücke <strong>der</strong> Fachtagung<br />
mit <strong>der</strong> praktischen Umsetzung<br />
ergänzen.<br />
Donata Sabadus und Alexan<strong>der</strong> Uhlir<br />
Fachschule für Heilerziehungspflege<br />
Barmherzige Brü<strong>der</strong> Straubing<br />
Vergnügte Straubinger Teilnehmer<br />
vor historischer Kulisse
Arbeits- und Lebenswelt Heime<br />
19<br />
Was können die Beschäftigten in den<br />
För<strong>der</strong>stätten zum Messeauftritt beitragen?<br />
<strong>Die</strong>se Frage hat das Kompetenzteam<br />
För<strong>der</strong>stätten mit <strong>der</strong> Entwicklung<br />
eines neuen, gemeinsamen<br />
Produktes beantwortet. So wurde <strong>der</strong><br />
„Granatapfeltaler“ geboren, ein Keks<br />
mit Granatapfel-Geschmack, <strong>der</strong> einen<br />
thematischen Bogen sowohl zum <strong>Orden</strong><br />
als auch zum Thema „Arbeit und<br />
Beschäftigung“ spannen sollte. 4000<br />
Kekse wurden in den För<strong>der</strong>stätten für<br />
die Messe produziert und am Stand in<br />
10er-Päckchen zum Verkauf angeboten.<br />
Alle 400 Päckchen fanden im Verlauf<br />
<strong>der</strong> vier Messetage ihre Abnehmer.<br />
Melanie E<strong>der</strong> (Mitte) und Markus Alt (rechts) präsentieren einer Besucherin <strong>der</strong> Werkstättenmesse<br />
den Granatapfeltaler.<br />
Granatapfeltaler<br />
und Gespräche zur<br />
UN-Konvention<br />
För<strong>der</strong>stätten <strong>der</strong> Barmherzige Brü<strong>der</strong> gemeinnützige Behin<strong>der</strong>tenhilfe<br />
GmbH präsentierten sich auf <strong>der</strong> Werkstättenmesse<br />
Einen inhaltlichen Impuls haben die För<strong>der</strong>stätten<br />
mit dem Papier „Anregungen<br />
zur Umsetzung <strong>der</strong> UN-Konvention in<br />
För<strong>der</strong>stätten“ gesetzt. <strong>Die</strong>se Handreichung<br />
ist unabhängig vom Messeauftritt<br />
entstanden und möchte Impulse geben,<br />
wie gerade für Menschen mit hohem<br />
Unterstützungsbedarf die For<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention<br />
umgesetzt werden können. Informationen<br />
zu dieser Broschüre gibt es in einer<br />
<strong>der</strong> nächsten Ausgaben <strong>der</strong> misericordia.<br />
Mit uns am Stand war auch das Bildungsangebot<br />
des Bereichs Arbeit in <strong>der</strong> Einrichtung<br />
in Straubing. Katharina Werner<br />
vom Fachdienst und Bereichsleiterin Anna<br />
Rieg-Pelz präsentierten ihre Angebote<br />
und Materialien zur Erwachsenenbildung<br />
für Beschäftigte <strong>der</strong> Werkstatt und <strong>der</strong><br />
För<strong>der</strong>stätte. Für dieses Angebot wurden<br />
sie von <strong>der</strong> Bundesarabeitsgemenschaft<br />
WfbM sogar zur „Bildungshaltestelle“<br />
gekürt und durften sich gemeinsam mit<br />
an<strong>der</strong>en Trägern über eine beson<strong>der</strong>e<br />
Kennzeichnung und somit Werbung für<br />
den Stand freuen.<br />
<strong>Die</strong> vier För<strong>der</strong>stätten aus den Einrichtungen<br />
für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
in Algasing, Gremsdorf, Reichenbach<br />
und Straubing hatten heuer<br />
erstmals einen gemeinsamen Auftritt<br />
auf <strong>der</strong> Werkstättenmesse in Nürnberg.<br />
<strong>Die</strong> Leistungsschau von Werkstätten für<br />
behin<strong>der</strong>te Menschen (WfbM) findet jedes<br />
Jahr statt, im Jahr 2013 kamen mehr<br />
als 20.000 Besucher zur Messe.<br />
Im Kompetenzteam För<strong>der</strong>stätten <strong>der</strong><br />
Behin<strong>der</strong>tenhilfe GmbH, dem die Leiterinnen<br />
und Leiter <strong>der</strong> vier För<strong>der</strong>stätten<br />
unter dem Vorsitz von Geschäftsführer<br />
Günter Ducke angehören, wurde seit<br />
Sommer 2012 geplant, wie man sich<br />
neben den vier WfbM-Standorten präsentieren<br />
möchte, die den Hauptteil des<br />
Auftritts <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe GmbH<br />
auf <strong>der</strong> Messe bestreiten. Einig waren<br />
sich die vier För<strong>der</strong>stättenleiter Markus<br />
Alt (Reichenbach), Beate Drückler<br />
(Gremsdorf), Melanie E<strong>der</strong> (Algasing)<br />
und Marco Schleicher (Straubing), dass<br />
<strong>der</strong> Aspekt, auch in den För<strong>der</strong>stätten<br />
Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen<br />
mit komplexen Behin<strong>der</strong>ungen zu ermöglichen,<br />
zentral sein muss.<br />
Der Auftritt bei <strong>der</strong> Werkstättenmesse<br />
hat sich unter dem Gesichtspunkt, die<br />
För<strong>der</strong>stätten grundsätzlich im Kontext<br />
<strong>der</strong> Teilhabe am Arbeitsleben zu verorten,<br />
auf jeden Fall gelohnt. Unser Träger<br />
war <strong>der</strong> einzige, <strong>der</strong> den För<strong>der</strong>stätten<br />
einen eigenen Auftritt gewidmet hat.<br />
Es herrscht aber auch Konsens darüber,<br />
dass wir beim Thema „umfassende<br />
Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen<br />
mit komplexen Behin<strong>der</strong>ungen“ noch<br />
am Anfang eines langen Weges stehen.<br />
Marco Schleicher<br />
För<strong>der</strong>stättenleiter, Barmherzige<br />
Brü<strong>der</strong> Straubing
20<br />
Arbeits- und Lebenswelt Heime<br />
Selbstbestimmt leben<br />
– in allen Bereichen<br />
5. Mai: Europäischer Protesttag von Aktion Mensch<br />
Ich bin entscheidend! <strong>Die</strong>ses Motto und<br />
das Thema Selbstbestimmt leben stellt<br />
Aktion Mensch beim diesjährigen Europäischen<br />
Protesttag zur Gleichstellung<br />
behin<strong>der</strong>ter Menschen am 5. Mai in in<br />
den Mittelpunkt.<br />
„Ein absolut zentrales und ausgesprochen<br />
wichtiges Thema“, verdeutlichen<br />
<strong>der</strong> Reichenbacher Geschäftsführer<br />
Roland Böck und <strong>der</strong> Pädagogische<br />
Leiter Erich Höcherl. Sie können sich<br />
den Argumenten von Aktion Mensch anschließen:<br />
Selbstbestimmt leben bedeutet,<br />
das eigene Leben kontrollieren und<br />
gestalten zu können und dabei die Wahl<br />
zwischen akzeptablen Alternativen zu<br />
haben, ohne in die Abhängigkeit von<br />
An<strong>der</strong>en zu geraten.<br />
Schritt für Schritt, ihre Kompetenzen<br />
zu erweitern und Eigenverantwortung<br />
zu übernehmen.“ Selber Einkaufen,<br />
Kochen und Aufräumen gehört genauso<br />
dazu, wie etwa die Regeln des Zusammenlebens<br />
einzu<strong>halten</strong>. Beide sind sich<br />
einig: „Im Mittelpunkt müssen immer<br />
die Bedürfnisse und Interessen <strong>der</strong> Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ung stehen.“ Nur so<br />
kann Gleichstellung und eine inklusive<br />
Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen<br />
erreicht werden.<br />
Michaela Matejka<br />
Mit möglichst individuellen Angeboten<br />
versuchen die <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong><br />
diesem Ansatz Rechnung zu tragen.<br />
Beispiel: Ambulant Betreutes Wohnen<br />
(ABW). „Vor über fünf Jahren haben<br />
wir mit <strong>der</strong> Unterstützung von Aktion<br />
Mensch mit diesem Projekt in <strong>der</strong> Region<br />
Cham / Regensburg / Schwandorf<br />
begonnen“, erläutert <strong>der</strong> Reichenbacher<br />
Geschäftsführer. Inzwischen werden<br />
fast 20 Menschen mit geistiger o<strong>der</strong><br />
psychischer Behin<strong>der</strong>ung begleitet, die<br />
auf diese Weise ein weitgehend selbständiges<br />
und selbstbestimmtes Leben<br />
in ihrer eigenen Wohnung führen können.<br />
„<strong>Die</strong> Betroffenen schließen mit<br />
uns einen Vertrag und wir erbringen die<br />
Fachleistungsstunden“, beschreibt Böck<br />
den Ablauf. Persönliche Assistenz heißt<br />
die Devise, die auch von Aktion Mensch<br />
gefor<strong>der</strong>t wird.<br />
„Mehr Selbständigkeit und Eigenverantwortung<br />
för<strong>der</strong>n wir aber auch<br />
ganz gezielt innerhalb <strong>der</strong> Einrichtung“,<br />
betont Erich Höcherl, zum Beispiel<br />
in Trainingsappartements und<br />
-wohngruppen. Höcherl: „Ganz individuell<br />
begleiten wir die Bewohner<br />
Selber einkaufen – für Florian Piller, <strong>der</strong> im Ambulant Betreuten Wohnen begleitet wird,<br />
ist das kein Problem.<br />
Aktionen<br />
Mittlerweile schon traditionell beteiligen sich die Einrichtungen <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe<br />
<strong>der</strong> Barmherziegen Brüdr an Aktionen im Umfeld des Europäischen<br />
Protesttages am 5. Mai. So werden etwa Heilerziehungspflegehilfe-<br />
Schülerinnen und -Schüler <strong>der</strong> <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong> Gremsdorf gemeinsam<br />
mit Werkstatträten und Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Heimbewohnervertretung – neben<br />
an<strong>der</strong>en Einrichtungen <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe – in <strong>der</strong> Forchheimer Fußgängerzone<br />
mit einem Infostand und einem Rollstuhlparcours zu finden sein.<br />
In Straubing ist die Bewohnervertretung am 4. Mai mit <strong>der</strong> Interessensgemeinschaft<br />
für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung in Straubing von 10 bis 13 Uhr<br />
auf dem Stadtplatz vertreten. Der Straubinger Werkstattrat informiert am 6.<br />
Mai in <strong>der</strong> Einrichtung über die zum Teil noch wenig bekannten Begriffe<br />
Inklusion, Empowerment, Integration und Sozialraumorientierung.
Krankenhaus und Gesundheit<br />
21<br />
Seit ihrem fünften Lebensjahr spielt die<br />
heute 21-jährige Carina Ringlstetter Fußball<br />
in Vereinen, unter an<strong>der</strong>em auch beim<br />
FC <strong>Bayern</strong> München.<br />
Fußball – warum?<br />
Oft hören wir rund um das Thema<br />
Fußball von verschiedensten<br />
Verletzungen, sei es im Bereich<br />
des Knies, <strong>der</strong> Bän<strong>der</strong> o<strong>der</strong> auch<br />
des Gesichts.<br />
Leidenschaftliche<br />
Fußballspielerin<br />
Gärtnerin Carina Ringlstetter vom Klinikum St. Elisabeth<br />
in Straubing stürmt in <strong>der</strong> <strong>Bayern</strong>liga<br />
Für Carina Ringlstetter aus Geltolfing<br />
gibt es nur eine Sportart: Fußball. Seit<br />
ihrem fünften Lebensjahr spielt die<br />
21-Jährige im Verein. „Ich bin über meinen<br />
Bru<strong>der</strong> Tobias zum Fußball gekommen.<br />
Er hat mich zum Training mitgenommen,<br />
ich war immer schon dabei“,<br />
erzählt die Gärtnerin des Klinikums St.<br />
Elisabeth in Straubing.<br />
Heute ist Frauenfußball stark im Kommen.<br />
Damals, erinnert sie sich, waren<br />
Mädchen im Fußballverein noch eine<br />
Seltenheit. Beim RSV Ittling hat Carina<br />
Ringlstetter ihre ersten Tore geschossen.<br />
Dem Verein blieb sie bis zur C-Jugend<br />
treu. Als sie mit 15 Jahren zur Ausbildung<br />
nach Regensburg zog, wechselte<br />
sie zum SC Regensburg (B-Jugend),<br />
eineinhalb Jahre später zum FC <strong>Bayern</strong><br />
München und mit 17 Jahren zum VfB<br />
Straubing, wo sie heute noch spielt.<br />
Zwei mal in <strong>der</strong> Woche geht Carina<br />
Serie Sport<br />
Ringlstetter ins Fußball-Training und<br />
jedes Wochenende steht ein Spiel im<br />
Kalen<strong>der</strong>. <strong>Die</strong> Sportlerin gehört <strong>der</strong><br />
ersten Mannschaft des VfB Straubing<br />
Frauenfußball an, die in <strong>der</strong> <strong>Bayern</strong>liga<br />
– <strong>der</strong> zweithöchsten Liga im bayerischen<br />
Fußball – kämpft. Obwohl sie<br />
auf verschiedenen Positionen das Spiel<br />
mit aufbaut, ist ihre Lieblingsposition<br />
im Sturm.<br />
Carina Ringlstetter kann sich keinen an<strong>der</strong>en<br />
Sport für sich vorstellen. „Fußball<br />
hat mir schon immer gefallen. Man ist<br />
immer an <strong>der</strong> frischen Luft und <strong>der</strong> Zusammenhalt<br />
in <strong>der</strong> Mannschaft ist sehr<br />
gut. Es macht einfach Spaß“, kommt sie<br />
ins Schwärmen.<br />
Kann man diesen Sport aus medizinischer<br />
Sicht trotzdem empfehlen?<br />
Ein klares Ja! Fußball<br />
trainiert nicht nur den Körper,<br />
son<strong>der</strong>n auch den Geist. Körperliche<br />
Fitness, also Ausdauer,<br />
Beweglichkeit, Koordination<br />
und Bewegungskontrolle, ist<br />
unabdingbar – noch wichtiger<br />
aber ist das Mannschaftsgefühl,<br />
das Wissen um die Verantwortung<br />
für den An<strong>der</strong>en und die<br />
Fähigkeit, die eigenen Interessen<br />
hinter die des Teams zu stellen.<br />
So werden Körper und Charakter<br />
geformt, wie es kaum in einer an<strong>der</strong>en<br />
Sportart möglich ist.<br />
Privatdozent Dr. Roland Schmidt<br />
Chefarzt <strong>der</strong> Inneren Medizin II<br />
- Kardiologie, Pneumologie &<br />
Notaufnahme am Krankenhaus<br />
Barmherzige Brü<strong>der</strong> München<br />
Wie es so ist, blieb sie in den 17 Jahren<br />
Fußball von Verletzungen nicht verschont.<br />
Carina wurde 2010 und 2012<br />
am linken Meniskus operiert. Ein Jahr<br />
lang musste sich die leidenschaftliche<br />
Fußballspielerin mit <strong>der</strong> Zuschauerbank<br />
begnügen. <strong>Die</strong> ersten Monate war es für<br />
sie schwer, nicht mitspielen zu dürfen.<br />
Aber sie gewöhnte sich an die neue Rolle.<br />
„Jetzt geht es wie<strong>der</strong> gut soweit“, sagt<br />
die 21-Jährige. Seit Januar ist sie wie<strong>der</strong><br />
mittendrin im Geschehen und freut sich,<br />
spielen zu dürfen. Mit <strong>der</strong> <strong>Bayern</strong>liga<br />
hat sie ihr sportliches Ziel schon jung<br />
erreicht. Dass sie ein FC <strong>Bayern</strong> München-Fan<br />
ist, versteht sich von selbst.<br />
Ursula Eisenmann
22<br />
Krankenhaus und Gesundheit<br />
Palliativmedizin<br />
im Medizinstudium<br />
Dr. Stefan Kahapka von <strong>der</strong> Palliativstation des Münchner<br />
Krankenhauses Barmherzige Brü<strong>der</strong> lehrt an <strong>der</strong> TU München<br />
Medizinstudenten und angehende Ärzte<br />
wurden lange bei ersten Erfahrungen mit<br />
Schwerstkranken und Sterbenden alleine<br />
gelassen. Der Umgang mit schlechten<br />
Prognosen, dem Überbringen schlechter<br />
Nachrichten, Therapiebegrenzung o<strong>der</strong><br />
dem Sterben war ihnen häufig nicht<br />
vertraut und wurde daher oft auch gemieden.<br />
<strong>Die</strong>s führte lange Zeit zu einer<br />
unzureichenden Versorgung von palliativen<br />
Patienten.<br />
Daher legte <strong>der</strong> Gesetzgeber im Mai<br />
2009 ein beson<strong>der</strong>es Gewicht auf die<br />
Ausbildung von Medizinern im palliativen<br />
Bereich, indem er festhält, dass<br />
„eine adäquate Versorgung Schwerstkranker<br />
und Sterben<strong>der</strong> Aufgabe aller<br />
Ärztinnen und Ärzte“ ist. Auch heißt es,<br />
dass „fehlendes Wissen vielfach unnötiges<br />
Leiden durch wohlgemeinte, aber<br />
fachlich nicht indizierte Therapien in <strong>der</strong><br />
letzten Lebensphase verursacht.“<br />
Fakultäten werden aber inzwischen auch<br />
Lehrveranstaltungen zur Palliativmedizin<br />
angeboten.<br />
Über Form und Inhalt <strong>der</strong> palliativmedizinischen<br />
Lehre besteht in den Fakultäten<br />
noch ein intensiver Diskurs. Einig<br />
ist man sich jedoch, dass die Schmerztherapie,<br />
die Symptomkontrolle sowie<br />
ethische Fragestellungen und <strong>der</strong> multiprofessionelle<br />
Ansatz ein beson<strong>der</strong>es<br />
Gewicht haben sollten.<br />
Das Krankenhaus <strong>der</strong> <strong>Barmherzigen</strong><br />
Brü<strong>der</strong> München ist Lehrkrankenhaus<br />
<strong>der</strong> Technischen Universität München.<br />
Daher sehen sich auch die ärztlichen<br />
Mitarbeiter <strong>der</strong> Palliativstation St. Johannes<br />
von Gott in <strong>der</strong> Rolle, an <strong>der</strong><br />
Ausbildung von künftigen Medizinern<br />
mitzuwirken.<br />
Wenn Medizinstudierende erstmals in<br />
Kontakt mit dem Fach Palliativmedizin<br />
kommen, ist dieser häufig von einer gewisse<br />
Scheu und Unsicherheit geprägt.<br />
Schwere unheilbare Krankheit o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Tod sind meist nicht das primäre Interesse<br />
des künftigen Arztes. Vielmehr<br />
wird <strong>der</strong> Fokus auf das Heilen gelegt<br />
und daran auch <strong>der</strong> Erfolg <strong>der</strong> ärztlichen<br />
Kunst bemessen.<br />
„Heilen selten, Lin<strong>der</strong>n meistens,<br />
Beistehen immer“<br />
Der medizinische Berufsalltag sieht<br />
allerdings bekanntermaßen an<strong>der</strong>s<br />
aus, nach wie vor gilt: „Heilen selten,<br />
Lin<strong>der</strong>n meistens, Beistehen immer.“<br />
Darüber in einen lebendigen Dialog zu<br />
kommen, setzt viel Aufklärungsarbeit<br />
und häufig ein Umdenken bei den Studierenden<br />
voraus.<br />
Meist besteht dann aber eine hohe Bereitschaft,<br />
sich auf den palliativen Kontext<br />
einzulassen. <strong>Die</strong> Medizinstudenten<br />
schätzen beson<strong>der</strong>s die praxisnahe Vermittlung<br />
von Kenntnissen, um quälende<br />
Symptome zeitnah zu behandeln. Sie<br />
erfahren dabei, welch zentrale Rolle<br />
<strong>der</strong> Lin<strong>der</strong>ung zukommt, um unnötiges<br />
Leiden zu vermeiden. Ein beson<strong>der</strong>es<br />
Augenmerk wird auch auf die Angemessenheit<br />
von diagnostischen und therapeutischen<br />
Maßnahmen gelegt. Denn:<br />
Darum soll künftig sichergestellt werden,<br />
dass angehende Ärzte fundierte<br />
Kenntnisse in <strong>der</strong> Versorgung von<br />
Schwerstkranken und Sterbenden haben,<br />
auch damit sie „sensibilisiert werden für<br />
die Angemessenheit diagnostischer und<br />
therapeutischer Maßnahmen.“<br />
Nachweis palliativmedizinischer<br />
Kenntnisse<br />
künftig Pflicht<br />
<strong>Die</strong>ser Schritt führte zu einer Än<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Approbationsordnung und bedeutet<br />
in <strong>der</strong> Praxis, dass alle Medizinstudenten,<br />
die ab Oktober 2014 ihr zweites<br />
Staatsexamen ablegen, bereits im Fach<br />
Schmerz- und Palliativmedizin Fachkenntnisse<br />
nachzuweisen haben. Den<br />
Unterricht hierzu werden langfristig<br />
eigene Lehrstühle für Palliativmedizin<br />
sichern. <strong>Die</strong>se gibt es bislang nur in Aachen,<br />
Bonn, Göttingen, Köln und München.<br />
An fast allen an<strong>der</strong>en deutschen<br />
Dr. Stefan Kahapka mit Krankenschwester Karoline-Anna Schmidt auf <strong>der</strong> Palliativstation<br />
St. Johannes von Gott am Krankenhaus Barmherzige Brü<strong>der</strong> München
Krankenhaus und Gesundheit<br />
23<br />
Viel hilft nicht unbedingt viel – insbeson<strong>der</strong>e<br />
nicht auf <strong>der</strong> Endstrecke einer<br />
schweren Erkrankung.<br />
Schließlich profitieren die Studenten<br />
von <strong>der</strong> Erarbeitung ethischer Fragestellungen<br />
und dem Training kommunikativer<br />
Fähigkeiten. Letzteres wird<br />
speziell mit eigens dafür engagierten<br />
Schauspielern durchgeführt, die im<br />
Arztgespräch den Patienten „spielen“.<br />
Am Ende des Semesters bieten wir<br />
interessierten Studenten einen Besuch<br />
auf <strong>der</strong> Palliativstation St. Johannes von<br />
Gott an. Hier können sie vor Ort das<br />
Erlernte im Praxisbetrieb erleben.<br />
Studenten messen<br />
<strong>der</strong> Palliativmedizin hohe<br />
Bedeutung zu<br />
Nach einer Umfrage <strong>der</strong> Technischen<br />
Universität München bei Medizinstudenten,<br />
die im Wintersemester 2011/12<br />
Lehrveranstaltungen im Fach Palliativmedizin<br />
besucht hatten, war die<br />
überwiegende Zahl <strong>der</strong> Meinung, dass<br />
palliativmedizinische Inhalte bislang<br />
im Studium nicht ausreichend gelehrt<br />
wurden. Fast alle Befragten haben dem<br />
neuen Pflichtfach Palliativmedizin eine<br />
beson<strong>der</strong>e Bedeutung zugemessen<br />
und angegeben, dass sie von den palliativmedizinischen<br />
Lehrveranstaltungen<br />
profitiert haben.<br />
Es bleibt zu hoffen, dass trotz <strong>der</strong> Einführung<br />
von Fallpauschalen in <strong>der</strong><br />
Palliativmedizin und <strong>der</strong> damit einhergehenden<br />
Ökonomisierung dieses sensiblen<br />
Bereiches weiterhin genügend<br />
Raum bleibt, um palliativmedizinisches<br />
Denken und Handeln in <strong>der</strong> Praxis umzusetzen.<br />
Dr. Stefan Kahapka<br />
Lehrbeauftragter <strong>der</strong> Technischen<br />
Universität München für das Fach<br />
Palliativmedizin<br />
Buchhinweis<br />
Lebenslust und Lebensangst<br />
„Sterben ist lebenswert, wenn die Lebenden<br />
satt werden dürfen an Leben ...“,<br />
schrieb Franco Rest am 11. Januar<br />
1997 in sein Buch „Leben und Sterben<br />
in Begleitung“ und überreichte es mir<br />
als Geschenk. Schon damals zählte <strong>der</strong><br />
studierte katholische Theologe, Philosoph<br />
und Kunstgeschichtler zu den<br />
„Urgesteinen“ <strong>der</strong> deutschen Hospizbewegung,<br />
die er bereits seit 25 Jahren<br />
unter an<strong>der</strong>em als Wissenschaftler<br />
(Professor für Erziehungswissenschaft<br />
und Sozialphilosophie/Sozialethik an<br />
<strong>der</strong> Fachhochschule Dortmund), Sprecher<br />
<strong>der</strong> Arbeitsgemeinschaft Hospiz in<br />
Nordrhein-Westfalen und Mitbegrün<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Organisation „OMEGA – Mit dem<br />
Sterben leben“ unterstützt.<br />
15 Jahre und ca. 200 Publikationen später<br />
veröffentlicht Rest nun in seinem 70.<br />
Lebensjahr eine Sammlung von Erzählungen<br />
und Geschichten mitten aus dem<br />
Leben <strong>der</strong> Menschen, die er und seine<br />
Frau Gisela Rest-Hartjes begleitet haben.<br />
Es sind traurige, hoffnungsvolle,<br />
verzweifelte, glückliche, ängstliche,<br />
mutige, glaubende, wütende, suchende<br />
Menschen, <strong>der</strong>en Lebens- und Sterbensweg<br />
Rest kreuzte.<br />
Immer geht es um das Leben in all seinen<br />
Farben, das Sterben als Erlösung<br />
o<strong>der</strong> Qual, Akt <strong>der</strong> Verzweiflung in <strong>der</strong><br />
Selbsttötung o<strong>der</strong> Tötung, Sterben als<br />
Politikum o<strong>der</strong> Geschäft o<strong>der</strong> gar um<br />
das Nicht-Sterben im Wachkoma o<strong>der</strong><br />
Hirntod.<br />
Verwoben sind diese Lebensfäden mit<br />
klärenden und erklärenden Texten zu den<br />
„Themenfel<strong>der</strong>n“ <strong>der</strong> einzelnen Sterbesituationen.<br />
Wie ein Glossar werden die<br />
wichtigsten Begriffe <strong>der</strong> hospizlichen<br />
Lebensbegleitung von A wie Abschied<br />
bis W wie Würde gut verständlich erörtert.<br />
<strong>Die</strong> jeweiligen „Themenfel<strong>der</strong>“<br />
werden den Geschichten hintangestellt.<br />
So kann <strong>der</strong> Leser entscheiden, ob die<br />
emotionale „poetisch-narrative“ Ebene<br />
des Lebens und <strong>der</strong> Beziehung o<strong>der</strong> die<br />
inhaltlich-wissenschaftliche Dimension<br />
<strong>der</strong> Begrifflichkeiten überwiegen soll.<br />
Welch mutige Herangehensweise an<br />
Themen wie zum Beispiel Alter, Behin<strong>der</strong>ung,<br />
Demenz, Folter, Freitod,<br />
Hirntod, Kindstod, Mord, Organhandel.<br />
Manche Geschichten ziehen mich so<br />
in ihren Bann, dass ich die angefügten<br />
Themenfel<strong>der</strong> nicht mehr lesen möchte.<br />
An<strong>der</strong>e werden gerade durch diese<br />
Ergänzung verstehbar. Vieles erinnert<br />
mich an eigene Begegnungen mit Menschen<br />
aus meinem privaten o<strong>der</strong> beruflichen<br />
Umfeld, einiges ist mir fremd und<br />
berührt doch.<br />
Nein, es ist kein Sachbuch, bleibt es<br />
auch immer bei <strong>der</strong> Sache, dem Leben<br />
bis zum Tod in allen Facetten. Es ist kein<br />
neutrales Buch, denn Rest bekennt sich<br />
bei vielen Themenfel<strong>der</strong>n zu seiner ganz<br />
eigenen Meinung, die provozieren und<br />
zum Diskutieren anregen soll, zum Beispiel<br />
„Hospizbewegung und Organspende<br />
schließen sich aus.“ Ein Buch, das<br />
jeden bereichert, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Menschen<br />
begleitet und auch erfahrenen Hospizmitarbeitern<br />
viel Stoff zum Nachdenken,<br />
Nachfühlen, Abwägen und Diskutieren<br />
liefert. Ein lesenswertes Buch.<br />
Dr. Susanne Roller<br />
Palliativmedizinerin, Krankenhaus<br />
Barmherzige Brü<strong>der</strong> München<br />
Franco Rest<br />
Lebenslust und Lebensangst. Erzählungen<br />
aus einem Leben mit Sterben<br />
und Tod, Ludwigsburg (Hospiz-Verlag)<br />
2012, 226 Seiten, 19,90 Euro
24<br />
Kirche und Gesellschaft<br />
Komm, Schöpfer Geist<br />
Der Pfingsthymnus „Veni creator spiritus“<br />
Das wohl bekannteste und beliebteste<br />
Pfingstlied „Komm, Schöpfer Geist,<br />
kehr bei uns ein“, Gotteslob Nummer<br />
245, hat seinen Ursprung in dem Hymnus<br />
„Veni, Creator Sprititus“, <strong>der</strong> einige<br />
Seiten zuvor unter <strong>der</strong> Nummer 240 zu<br />
finden ist. Entstanden ist <strong>der</strong> lateinische<br />
Text als einer <strong>der</strong> wenigen, die an die<br />
dritte göttliche Person gerichtet sind, im<br />
9. Jahrhun<strong>der</strong>t.<br />
Als Verfasser gilt <strong>der</strong> Mainzer Mönch<br />
Hrabanus Maurus, <strong>der</strong> insgesamt sieben<br />
Strophen gedichtet hat. Bei <strong>der</strong><br />
aktuellen lateinischen Fassung im Gotteslob<br />
wurde die siebte Strophe nicht<br />
übernommen. Es gibt mehrere deutsche<br />
Übersetzungen, die die Strophen 6 und 7<br />
zu einer Strophe verbinden. Auch Martin<br />
Luther hat „Veni creator spiritus“<br />
im Jahr 1524 ins Deutsche übertragen.<br />
Seine Version findet sich heute im Evangelischen<br />
Gesangbuch unter <strong>der</strong> Nr. 126.<br />
Für die Melodie hat er das Tonmaterial<br />
des ursprünglichen Chorals verwendet<br />
und leicht verän<strong>der</strong>t.<br />
Drei deutsche Fassungen<br />
im Gotteslob<br />
Im Gotteslob sind insgesamt drei deutsche<br />
Fassungen des Pfingsthymnus abgedruckt:<br />
<strong>Die</strong> erste Version (Nr. 241)<br />
Hrabanus Maurus (rechts) präsentiert sein<br />
Werk Papst Gregor IV. (Fulda, 831-840)<br />
stammt von Friedrich Dürr aus dem<br />
Jahr 1969 und steht unter <strong>der</strong> ursprünglichen<br />
Melodie des Hymnus. Unter <strong>der</strong><br />
Nummer 242 findet sich eine weitere<br />
Übersetzung von Markus Jenny, die<br />
1971 verfasst wurde und als ökumenische<br />
Interpretation gilt. Heinrich<br />
Bone schließlich lieferte den heute bekanntesten<br />
Text, <strong>der</strong> mit einer an<strong>der</strong>en<br />
Melodie vertont wurde (Nr. 245).<br />
<strong>Die</strong> ursprüngliche gregorianische Melodie<br />
lässt sich auf den ambrosianischen<br />
Osterhymnus „Hic est dies verus Dei“<br />
zurückführen. In seiner Urform taucht<br />
„Veni creator spiritus“ um das Jahr<br />
1000 in Kempten auf, und <strong>der</strong> erste<br />
schriftliche Nachweis stammt aus dem<br />
Jahr 1049 im Zusammenhang einer<br />
Kirchenversammlung in Reims. Abgefasst<br />
ist die Melodie in einer Tonart,<br />
die anhand des vorliegenden Stückes am<br />
ehesten mit B-Dur verglichen werden<br />
kann. Bei <strong>der</strong> näheren Betrachtung <strong>der</strong><br />
vierteiligen Melodie fällt sofort <strong>der</strong>en<br />
Aufwärtsbewegung ins Auge. <strong>Die</strong> Zuwendung<br />
zum Überirdischen in Form<br />
des Heiligen Geistes wird hier auch<br />
musikalisch sichtbar.<br />
<strong>Die</strong> heute populärere eingängige Tonfolge<br />
(Nr. 245) wurde von Heinrich Bone,<br />
einem Mainzer Gymnasiallehrer, <strong>der</strong> im<br />
19. Jahrhun<strong>der</strong>t lebte, in das von ihm<br />
selbst herausgegebene Gesangbuch<br />
„Cantate“ übertragen. Sie entstammt<br />
einer rund 100 Jahre zuvor im Kölner<br />
Raum entstandenen Melodie. Komponiert<br />
ist sie in G-Dur und umfasst insgesamt<br />
den Tonumfang einer Oktave.<br />
Durch den Einsatz <strong>der</strong> Achtelnoten in<br />
Kontrast zu den Viertelnoten wirkt die<br />
Melodie dynamisch und lebhaft. Unterstrichen<br />
wird dieser Charakter durch<br />
das Versmaß des Jambus (Betonung <strong>der</strong><br />
zweiten Silben im Versmaß) im Text.<br />
Bemerkenswert ist hierbei die Tatsache,<br />
dass die meisten Hymnen <strong>der</strong> ka-<br />
Erste Strophe <strong>der</strong> ursprünglichen Version von „Komm, Schöpfer Geist“ mit gregorianischer Notation
KIrche und Gesellschaft<br />
25<br />
1.<br />
Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein,<br />
besuch das Herz <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> dein:<br />
die deine Macht erschaffen hat,<br />
erfülle nun mit deiner Gnad.<br />
2.<br />
Der du <strong>der</strong> Tröster wirst genannt,<br />
vom höchsten Gott ein Gnadenpfand,<br />
du Lebensbrunn, Licht, Lieb und Glut,<br />
<strong>der</strong> Seele Salbung, höchstes Gut.<br />
3.<br />
O Schatz, <strong>der</strong> siebenfältig ziert,<br />
o Finger Gottes, <strong>der</strong> uns führt,<br />
Geschenk, vom Vater zugesagt,<br />
du, <strong>der</strong> die Zunge reden macht.<br />
tholischen Kirche trochäisch (Betonung<br />
<strong>der</strong> ersten Silben im Versmaß) abgefasst<br />
sind, und „Veni creator spiritus“ hier eine<br />
große Ausnahme bildet. Der Heilige<br />
Geist als lebhaftes, dynamisches Ereignis,<br />
als Atem Gottes, <strong>der</strong> in uns hineinströmt<br />
und damit etwas in Bewegung<br />
setzt, wird durch Text und Melodie und<br />
dem Zusammenspiel bei<strong>der</strong> Elemente<br />
deutlich.<br />
4.<br />
Zünd an in uns des Lichtes Schein,<br />
gieß Liebe in die Herzen ein,<br />
stärk unsres Leibs Gebrechlichkeit<br />
mit deiner Kraft zu je<strong>der</strong> Zeit.<br />
5.<br />
Treib weit von uns des Feinds Gewalt,<br />
in deinem Frieden uns erhalt,<br />
dass wir, geführt von deinem Licht,<br />
in Sünd und Elend fallen nicht.<br />
6.<br />
Den Vater auf dem ewgen Thron<br />
lehr uns erkennen und den Sohn;<br />
dich, bei<strong>der</strong> Geist, sei’n wir bereit<br />
zu preisen gläubig alle Zeit.<br />
(Gotteslob Nr. 245)<br />
Auch in die weltliche Kunst hat <strong>der</strong><br />
Pfingsthymnus Einzug ge<strong>halten</strong>. Johann<br />
Wolfgang von Goethe schuf<br />
im Jahr 1820 in Weimar eine eigene<br />
Übersetzung, die darauf abzielte, die<br />
himmlische mit <strong>der</strong> irdischen Welt zu<br />
verbinden. Äußerst realitätsnah und dem<br />
unruhigen Zeitgeist <strong>der</strong> Napoleonischen<br />
Kriege entsprechend schreibt er in <strong>der</strong><br />
vierten Strophe: „Den Sinnen zünde<br />
Lichter an, / Den Herzen frohe Mutigkeit,<br />
/ Dass wir, im Körper Wandelnden,<br />
/ Bereit zum Handeln sei´n, zum Kampf.“<br />
Von Gustav Mahler bearbeitet<br />
Einer zufälligen Begegnung mit einem<br />
katholischen Messbuch ist es zu verdanken,<br />
dass Gustav Mahler „Veni creator<br />
spiritus“ von 1907 bis 1908 in seiner<br />
8. Sinfonie bearbeitet hat. Der erste Teil<br />
widmet sich komplett dem Pfingsthymnus<br />
und erinnert durch die dominierenden<br />
Chor- und Sologesangspassagen<br />
eher an eine Motette als an eine Sinfonie.<br />
Im zweiten Teil wird <strong>der</strong> Hymnus<br />
in Beziehung gesetzt zur Schlussszene<br />
von Goethes Faust II, welche die Textgrundlage<br />
dieses Teiles bildet.<br />
Es gibt noch zahlreiche weitere musikalische<br />
Bearbeitungen für Chöre, Organisten<br />
und Streicher, Übersetzungen<br />
und Interpretationen des Textes. <strong>Die</strong><br />
Art <strong>der</strong> Rezeptionen und <strong>der</strong>en Häufigkeit<br />
lassen darauf schließen, dass <strong>der</strong><br />
Pfingsthymnus auch heute noch in mehr<br />
als wörtlicher Hinsicht beGEISTert.<br />
Katrin Heinz-Karg<br />
Spirituelle Bedürfnisse<br />
von Patienten ernst nehmen<br />
Der Münchner Professor für Spiritual<br />
Care, Eckhard Frick, rät Ärzten, die<br />
spirituellen Bedürfnisse ihrer Patienten<br />
ernst zu nehmen. Auch wenn Menschen<br />
nicht religiös seien, würden sie sich solche<br />
Fragen vor allem in Übergangsphasen<br />
des Lebens stellen, sagte <strong>der</strong> Jesuitenpater<br />
und Mediziner. Das treffe etwa<br />
dann zu, wenn junge Eltern vor einer<br />
schweren Geburt stünden, o<strong>der</strong> wenn<br />
Krankheiten chronisch o<strong>der</strong> lebensbedrohlich<br />
würden.<br />
Bisher sei die Spiritualität im deutschen<br />
Gesundheitswesen jedoch „unterbelichtet“,<br />
diagnostizierte Frick. Dabei<br />
habe die Weltgesundheitsorganisation<br />
die spirituelle Dimension 2005 in ihre<br />
Definition von Gesundheit aufgenommen.<br />
Bisweilen werde dies von manchen<br />
Seiten als Luxus bezeichnet. Studien<br />
zeigten aber, dass Patienten, die spirituell<br />
zufrieden seien, sogar weniger<br />
Kosten verursachten. <strong>Die</strong> Betroffenen<br />
fühlten sich nämlich besser ganzheitlich<br />
angenommen.<br />
Der Jesuit warnte jedoch davor, dem<br />
Patienten irgendetwas aufdrängen zu<br />
wollen. Ein Gutteil <strong>der</strong> Intervention<br />
bestehe darin, ihm das Recht zu lassen,<br />
selber zu sortieren, was hilfreich sei und<br />
was nicht.<br />
KNA<br />
Wir gratulieren<br />
zur Goldenen Profess am 1. Mai<br />
Pater Johannes von Avila Neuner, München<br />
Frater Malchus Schmid, Neuburg<br />
zur 40. Profess am 1. Mai<br />
Frater Eduard Bauer, München<br />
zum 65. Geburtstag am 11. Mai<br />
Frater Christoph Meißner, München
26<br />
Rätsel<br />
Pflanze des Monats gesucht<br />
Bitte schicken Sie eine Postkarte o<strong>der</strong><br />
eine E-Mail mit dem Lösungswort des<br />
unten stehenden Kreuzworträtsels und<br />
Ihrer Adresse an<br />
<strong>Die</strong> Lösung aus dem letzten Heft:<br />
Barmherzige Brü<strong>der</strong><br />
Bayerische <strong>Orden</strong>sprovinz<br />
Postfach 20 03 62<br />
80003 München<br />
bzw. an redakteur@barmherzige.de<br />
Zu gewinnen gibt es eine nette Überraschung<br />
im Wert von bis zu 25 Euro, die<br />
einen Bezug zu <strong>der</strong> gesuchten Pflanze<br />
hat. Einsendeschluss ist <strong>der</strong> 14. Mai<br />
2013.<br />
Zweite Chance: Bei <strong>der</strong> Jahresziehung<br />
wird unter allen richtigen Einsendungen<br />
des Jahrgangs 2013 ein Wochenende für<br />
zwei Personen im Kneippianum, Bad<br />
Wörishofen, mit verschiedenen Anwendungen/Angeboten<br />
ausgelost.<br />
Gewonnen hat<br />
Edeltraud Neumaier, Sankt Wolfgang<br />
Wir gratulieren!<br />
Eine Beschreibung des Löwenzahns<br />
finden Sie auf Seite 27!<br />
Stephanie Ippisch hat diesmal die Gewinnerin gezogen. <strong>Die</strong> 18-Jährige aus Neuhaus<br />
bei Nittenau macht in <strong>der</strong> Klostergärtnerei bei den <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong>n<br />
Reichenbach ihre Ausbildung zur Zierpflanzengärtnerin. Sie ist im zweiten Ausbildungsjahr<br />
und fühlt sich superwohl im Gärtnereiteam. Ihre Hobbies sind Tiere<br />
– und die mag sie alle.
Rätsel<br />
27<br />
Impressum<br />
Herausgeber und Verlagsinhaber:<br />
Barmherzige Brü<strong>der</strong><br />
Bayerische <strong>Orden</strong>sprovinz KdöR<br />
Südliches Schloßrondell 5<br />
80638 München<br />
Postfach 200362, 80003 München<br />
Telefon: 089/1793-100<br />
Telefax: 089/1793-120<br />
E-Mail: provinzial@barmherzige.de<br />
Internet: www.barmherzige.de<br />
Pflanze des Monats<br />
Der Löwenzahn<br />
Im Frühjahr zeigen sich die Wiesen<br />
in einem leuchtend gelben Farbkleid,<br />
bestehend aus unzähligen Löwenzahnpflanzen.<br />
Für den Löwenzahn gibt es<br />
zahlreiche Namen: Ackerzichorie, Bärenzahnkraut,<br />
Bettseicher, Butterblume,<br />
Kuhblume, Märzenbusch, Milchblume,<br />
Pfaffenblume, Pusteblume, Schmalzblümlein,<br />
Seicherwurzel, Sonnenwirbelkraut<br />
- um nur einige zu nennen. Im<br />
Deutschen ist vor allem die Bezeichnung<br />
„Löwenzahn“ gebräuchlich, bezugnehmend<br />
auf die gezahnten Blätter.<br />
In Frankreich wurde die Pflanze „Pis en<br />
lit“ genannt. Hier zeigt sich <strong>der</strong> Einsatz<br />
<strong>der</strong> Pflanze bei Bettnässern. Im Oberdeutschen<br />
nannte man sie ebenfalls sehr<br />
bildhaft „Bettpisser, Bettbrunzer“. <strong>Die</strong><br />
Pflanze gehört zur Familie <strong>der</strong> Korbblütler<br />
und kommt auf den Wiesen und<br />
Fel<strong>der</strong>n <strong>der</strong> gesamten nördlichen Hemisphäre<br />
vor. Blütezeit ist von April bis<br />
Oktober.<br />
Der Löwenzahn wird vor <strong>der</strong> Blüte im<br />
Frühjahr gesammelt. Man nutzt Löwenzahn<br />
als Tee o<strong>der</strong> alkoholische Lösung,<br />
zum Beispiel als Tinktur. Löwenzahnwurzel/<br />
-kraut enthält eine ganze Reihe<br />
wirksamer Inhaltsstoffe. Eingesetzt wird<br />
Löwenzahn bei Störungen des Gallenflusses,<br />
Gallenwegsbeschwerden und<br />
Lebererkrankungen. Typische Anwendungsgebiete<br />
sind auch Verdauungsbeschwerden<br />
und Appetitlosigkeit. Auch<br />
bei gallebedingten Durchfällen wird er<br />
empfohlen. Wegen des entwässernden<br />
Effekts wird Löwenzahn bei Erkrankungen<br />
genutzt, die verstärkten Ausschwemmens<br />
bedürfen, zum Beispiel<br />
bei Nierengrieß und Harnwegsinfekten.<br />
Aufgrund seines Einflusses auf das<br />
Bindegewebe und seiner stoffwechselanregenden<br />
Wirkung stellt Löwenzahn<br />
in <strong>der</strong> Volksheilkunde eines <strong>der</strong> besten<br />
Mittel bei chronisch-rheumatischen Leiden<br />
dar. Zudem liegt ein ausgeprägter<br />
Einfluss auf chronisch-degenerative<br />
Gelenkserkrankungen wie die Arthrose<br />
vor. In <strong>der</strong> Volksheilkunde findet die<br />
Pflanze zudem bei Gicht, Hämorrhoiden<br />
und Stauungen im Pforta<strong>der</strong>system<br />
Anwendung. Aufgrund des hohen Inulingehalts<br />
(pflanzlicher Reservestoff aus<br />
Kohlehydraten ohne Belastung des Blutzuckerspiegels)<br />
wird die Droge zudem<br />
bei Diabetes herangezogen.<br />
Siegfried Bäumler<br />
Oberarzt im Kneippianum<br />
Bad Wörishofen<br />
Redaktion:<br />
Frater Eduard Bauer (verantwortlich)<br />
koordinator@barmherzige.de<br />
Johann Singhartinger<br />
redakteur@barmherzige.de<br />
Kerstin Laumer<br />
kerstin.laumer@barmherzige.de<br />
Anschrift wie Herausgeber<br />
Redaktion <strong>der</strong> Hauszeitschriften: <strong>Die</strong><br />
Mise ricordia erscheint zum Teil mit den<br />
Hauszeitschriften unserer Einrichtungen,<br />
die für <strong>der</strong>en Inhalt selbst verantwortlich<br />
sind.<br />
Grund-Layout: Astrid Riege - grafica<br />
Fotos: altrofoto.de (2, 12 rechts), Barmherzige<br />
Brü<strong>der</strong>/Indische Provinz (15-16),<br />
Barmherzige Brü<strong>der</strong> Kostenz (Titel),<br />
Bil<strong>der</strong>box.com (8, 27), Fachschule HEP<br />
Straubing (18), Fotocomp (8 unten), Fotolia<br />
(3 unten, 7), Robert Ki<strong>der</strong>le (10 oben),<br />
Carolin Knabbe (5), KNA-Bild (14),<br />
Monika Koller (3 oben), Christoph Kuhn<br />
(9, 28), Michaela Matejka (26), Matthias<br />
Meyer (21), Johann Singhartinger (22),<br />
Thomas Theise (20), Svenja Uihlein (11,<br />
12 links), Katharina Werner (19), Wikimedia<br />
commons (24), Franziska Zilch (6).<br />
Verlag: Johann von Gott Verlag<br />
Anschrift wie Herausgeber<br />
Bayerische Hypo- und Vereinsbank<br />
Konto Nr. 3 960 071 831<br />
Bankleitzahl 700 202 70<br />
Druck: Marquardt<br />
Prinzenweg 11 a, 93047 Regensburg<br />
Erscheint zehn Mal jährlich.<br />
Jahresabonnement: 15,00 Euro
28<br />
· Arbeits- und Lebenswelt Heime<br />
Serie Städte und Orte<br />
Das Wahrzeichen Königsteins: die Burg<br />
Königstein im Taunus<br />
– heilklimatischer Kurort<br />
Ende 2010 zog das Altenheim St. Raphael<br />
<strong>der</strong> <strong>Barmherzigen</strong> Brü<strong>der</strong> vom<br />
Ortsteil Falkenstein in den zentraler<br />
gelegenen Forellenweg in Königstein.<br />
Königstein mit seinen Stadtteilen<br />
Schneidhain, Mammolshain und Falkenstein<br />
liegt im Hochtaunuskreis und<br />
hat 16.122 Einwohner. Königstein und<br />
die angrenzenden Städte Kronberg,<br />
Oberursel und Bad Homburg sind für<br />
ihre teuren und bevorzugten Wohnlagen<br />
bekannt. Viele Pendler aus dem<br />
nahen Frankfurt am Main haben sich<br />
dort nie<strong>der</strong>gelassen. 2013 hat die Stadt<br />
ein großes Jubiläum, sie feiert „700<br />
Jahre Stadtrechte“, die ihr 1313 vom<br />
Geschlecht <strong>der</strong> Falkensteiner verliehen<br />
wurden.<br />
In Königstein gibt es ein vielfältiges Gesundheitsangebot.<br />
Neben dem Kurbad<br />
sind hier das St. Josef-Krankenhaus, die<br />
Migräne- und Kopfschmerzklinik, die<br />
Klinik Königstein <strong>der</strong> KVB (Krankenversorgung<br />
<strong>der</strong> Bundesbahnbeamten),<br />
eine Spezialklinik für psychosomatische<br />
Erkrankungen und eine Neurologische<br />
Klinik ansässig. Der Kurpark mit seinem<br />
Kurhaus lockt beson<strong>der</strong>s in den<br />
Sommermonaten viele Besucher mit<br />
seinem reichhaltigen Kulturangebot an.<br />
Über das Jahr gibt es verschiedene Feste<br />
und Veranstaltungen auf <strong>der</strong> Burg. Unter<br />
an<strong>der</strong>em das größte Volksfest Königsteins,<br />
das Burgfest. Immer zu Pfingsten<br />
richtet <strong>der</strong> Verein Historische Eisenbahn<br />
Frankfurt sein Bahnhofsfest in Königstein<br />
aus. Dabei werden Son<strong>der</strong>fahrten<br />
mit historischen Dampflokomotiven<br />
angeboten.<br />
Bekannt ist Königstein auch durch das<br />
internationale Hilfswerk Kirche in Not/<br />
Ostpriesterhilfe, gegründet von Pater<br />
Werenfried van Straaten. Heimatvertriebene<br />
wurden in <strong>der</strong> westdeutschen<br />
Diaspora geistlich, anfangs auch materiell<br />
versorgt. Heute werden verfolgte,<br />
bedrängte und notleidende Christen<br />
weltweit unterstützt.<br />
Christoph Kuhn<br />
Königstein und das Kurbad<br />
Blick in die Fußgängerzone mit dem alten<br />
Rathaus