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Schwerpunkt<br />

Viele Störungen lassen sich auch<br />

in der Tagesklinik behandeln<br />

Im Gespräch: Dr. Tobias Hülsey, Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie Lübben<br />

Die kinder- und jugendpsychiatrische<br />

Klinik des Asklepios Fachklinikums Lübben<br />

bereitet derzeit neben ihrer Tagesklinik<br />

in Königs Wusterhausen ein zweites teilstationäres<br />

Angebot in Cottbus vor. Die<br />

Einrichtung mit 16 Plätzen wird im Laufe<br />

dieses Jahres in Betrieb gehen (wir informieren<br />

gesondert). Chefarzt Dr. Tobias Hülsey<br />

spricht im Interview u. a. über Anzeichen<br />

für eine seelische Erkrankung bei Kindern<br />

und Jugendlichen und die Möglichkeiten<br />

tagesklinischer Behandlung.<br />

Herr Dr. Hülsey, welche kinderund<br />

jugendpsychiatrischen Erkrankungen<br />

lassen sich tagesklinisch gut<br />

behandeln?<br />

Abgesehen von psychiatrischen Krisensituationen<br />

wie akuter Suizidalität,<br />

lebensgefährdenden Zuständen bei<br />

Essstörung, psychischen und Verhaltensstörungen<br />

durch akuten Substanzgebrauch,<br />

akuten psychotischen Erkrankungen<br />

und Situationen, in denen eine<br />

Trennung vom Elternhaus oder vom<br />

sonstigen sozialen Umfeld indiziert ist,<br />

z. B. bei Missbrauchs- und Misshandlungsgefahr,<br />

lassen sich viele Störungsbilder<br />

in der Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

auch im tagesklinischen Setting<br />

behandeln. Hyperkinetische Störungen,<br />

Störungen des Sozialverhaltens sowie<br />

affektive und emotionale Störungen<br />

haben einen hohen Anteil an der Klientel<br />

einer kinder- und jugendpsychiatrischen<br />

Tagesklinik. Darüber hinaus<br />

erstreckt sich die Indikation auch auf<br />

entwicklungsgestörte Patienten mit<br />

psychiatrischer Komorbidität, Angststörungen,<br />

Zwangsstörungen, Essstörungen,<br />

Ausscheidungsstörungen,<br />

somatoformen Störungen, Tic-Erkrankungen<br />

sowie alle weiteren Verhaltensauffälligkeiten<br />

und beginnenden Störungen<br />

der Persönlichkeitsentwicklung<br />

im Kindes- und Jugendalter.<br />

Dr. Tobias Hülsey ist Chefarzt der<br />

Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie,<br />

-psychotherapie und -psychosomatik<br />

des Asklepios Fachklinikums<br />

Lübben.<br />

Kontakt: Tel. (03546) 29-292<br />

t.huelsey@asklepios.com<br />

Wie finden Sie heraus, ob tagesklinische<br />

Behandlung der beste Weg ist?<br />

Das ist für jeden Menschen individuell<br />

abzuwägen und hängt wesentlich<br />

vom Schweregrad der Erkrankung und<br />

den psychosozialen Umständen ab. Für<br />

den einen kann die enge Einbindung<br />

des Elternhauses therapeutisch hilfreich<br />

sein, für den anderen zunächst die<br />

Herstellung von Distanz, weil er aktuell<br />

einen Raum braucht, um zur Ruhe zu<br />

kommen. Die Vordiagnostik in unseren<br />

psychiatrischen Institutsambulanzen in<br />

Lübben, Königs Wusterhausen und im<br />

Laufe dieses Jahres dann auch in Cottbus<br />

ist sehr umfangreich. Die Patienten<br />

werden von einem Arzt, einem Psychologen<br />

und unter Umständen noch von<br />

einem Psychotherapeuten gesehen, so<br />

dass man den Fall tatsächlich kennt<br />

und gut einschätzen kann. Gemeinsam<br />

mit den Eltern und dem Kind bzw.<br />

Jugendlichen wird anschließend die<br />

bestdurchführbare Behandlungsoption<br />

besprochen. Bei vielen Störungen begünstigen<br />

die Nähe zur alltäglichen Lebenswelt<br />

und der regelmäßige Kontakt<br />

zur Familie den Behandlungserfolg.<br />

Die enge Einbindung der verantwortlichen<br />

Bezugspersonen (Eltern, Lehrer,<br />

Erzieher) in den therapeutischen Prozess<br />

ist im tagesklinischen Setting oft<br />

viel besser möglich als bei einer vollstationären<br />

Therapie. Als psychiatrisches<br />

Fachkrankenhaus sind wir aber auch in<br />

der glücklichen Lage, individuelle Therapiekonzepte<br />

in allen Sektoren anbieten<br />

zu können: ambulant, teilstationär,<br />

vollstationär.<br />

Welche Anzeichen können dafür<br />

sprechen, dass ein Kind oder Jugendlicher<br />

psychiatrische Hilfe benötigt?<br />

Es lohnt sich immer dann, das abklären<br />

zu lassen, wenn man feststellt, das<br />

Kind bzw. der Jugendliche hat einen<br />

hohen Leidensdruck, ist sozial nicht<br />

gut integriert, gerät immer wieder in<br />

Konflikte, die schulische Entwicklung<br />

ist beeinträchtigt, Anforderungen, die<br />

gestellt werden, können nicht erfüllt<br />

werden, der oder die Betroffene ist emotional<br />

angeschlagen und in der Lebensqualität<br />

beeinträchtigt. An eine kinderund<br />

jugendpsychiatrische Diagnostik<br />

sollte auch möglichst schon gedacht<br />

werden, lange bevor die Betroffenen Suizidabsichten<br />

äußern. Uns fällt auf, dass<br />

die älteren Jugendlichen etwa um 16, 17<br />

Jahre häufig erst zu uns kommen, wenn<br />

der Leidensdruck bereits so groß ist,<br />

dass eine vollstationäre Behandlung erforderlich<br />

ist. Das wäre bei rechtzeitiger<br />

Diagnostik vermeidbar. Es geht darum,<br />

ein Gespür dafür zu entwickeln, ob die<br />

Betroffenen unglücklich oder sehr unzufrieden<br />

sind, dann ist es immer sinnvoll,<br />

entsprechende Hilfe zu holen.<br />

Könnte im Jugendalter hinter Unzufriedenheit<br />

oder unglücklicher Stimmung<br />

nicht einfach auch die Pubertät<br />

stecken? Muss man damit ins Krankenhaus?<br />

Natürlich kann es sich auch um eine<br />

„ganz normale“ pubertäre Entwicklungskrise<br />

handeln, und nicht jeder, der<br />

sich bei uns vorstellt, muss voll- oder<br />

teilstationär aufgenommen werden.<br />

4<br />

<strong>konsil</strong> 1/2013

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