28.02.2014 Aufrufe

konsil - SciVal

konsil - SciVal

konsil - SciVal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Neurologie<br />

Neuigkeiten aus der Epileptologie<br />

Neue Medikamente und nichtmedikamentöse Therapien, veränderte Klassifi kationen<br />

In den vergangenen Jahren gab es eine<br />

Reihe von Neuigkeiten im Bereich der<br />

Epileptologie. Dr. Marina Entscheva,<br />

Oberärztin in der Klinik für Neurologie des<br />

Asklepios Fachklinikums Lübben mit dem<br />

Spezialgebiet Epilepsie, gibt im Folgenden<br />

einen Überblick.<br />

Dr. Marina Entscheva ist Oberärztin<br />

der Klinik für Neurologie und<br />

Neurophysiologie des Asklepios<br />

Fachklinikums Lübben.<br />

Kontakt: Tel. (03546) 29-277<br />

m.entscheva@asklepios.com<br />

Foto: A. Staindl<br />

2010 hat die ILAE (internationale<br />

Liga gegen Epilepsie) einen neuen Vorschlag<br />

zur revidierten Terminologie<br />

und Klassifikation publiziert, zudem<br />

wurde die pharmakoresistente Epilepsie<br />

neu definiert.<br />

Neben vielen neuen Antikonvulsiva<br />

und dem Konzept der rationalen Polytherapie,<br />

wurde die tiefe Hirnstimulation<br />

im anterioren Thalamus als neue<br />

nichtmedikamentöse Therapie zugelassen.<br />

Auch im Bereich der Genforschung<br />

wurden durch die Weiterentwicklung<br />

neuer Sequenziermethoden<br />

neue Möglichkeiten auch bei komplexen<br />

genetischen Syndromen in Aussicht<br />

gestellt.<br />

An der Definition der Erkrankung<br />

Epilepsie als Störung des Gehirns mit<br />

einer dauerhaften Neigung zur Entwicklung<br />

epileptischer Anfälle hat sich<br />

nichts geändert. Auch 2005 durfte man<br />

bereits nach dem ersten (nicht provozierten)<br />

Anfall von einer Epilepsie<br />

sprechen, wenn im MRT oder EEG eine<br />

dauerhafte Veränderung nachgewiesen<br />

wurde, welche die Wahrscheinlichkeit<br />

zukünftiger Anfälle erhöht.<br />

Neu ist die „Umbenennung“ der<br />

äthiologischen Trichotomie: idiopathisch,<br />

symptomatisch und kryptogen.<br />

Nach dem neuen Vorschlag soll von genetischen<br />

Epilepsien, von strukturell/<br />

metabolischen Epilepsien und von Epilepsien<br />

unbekannter Ursache gesprochen<br />

werden. Die Konzepte fokal und<br />

generalisiert beziehen sich nicht auf<br />

elektroklinische Syndrome. Das Bemühen,<br />

möglichst deskriptiv Symptome<br />

zu benennen, wird v.a. in der Klassifikation<br />

fokaler Anfälle deutlich. Es<br />

wird nicht mehr zwischen einfach und<br />

komplex fokalen Anfällen unterschieden,<br />

sondern versucht, die Anfallssemiologie<br />

deskriptiv wiederzugeben, z.<br />

B. fokal-motorisch, dyskognitiv u.s.w.<br />

Einige neue Entitäten wie Lidschlussmyoklonien<br />

und der epileptische Spasmus<br />

wurden eingeführt (1).<br />

Die Klassifikation ist bemüht, die<br />

Einteilung auf der Grundlage einer<br />

mehrdimensionalen Gliederung vorzunehmen;<br />

elektroklinische Merkmale,<br />

klinisch-läsionelle Konstellationen und<br />

strukturell/metabolische Zustände<br />

werden flexibler hierarchisch angeordnet.<br />

Dieser Vorschlag hat Vor- und Nachteile.<br />

Manches findet bereits Anwendung<br />

auch in Epikrisen, z. B. der Begriff<br />

des dyskognitiven Anfalls; wiederum<br />

andere neue Formulierungen sind kritisch<br />

zu sehen. Beispielsweise ist die<br />

Diagnose einer genetischen Epilepsie<br />

für den Patienten mit einer größeren<br />

Verunsicherung als die idiopatische<br />

Epilepsie verbunden und bedarf einer<br />

ausführlichen ärztlichen Beratung und<br />

Aufklärung.<br />

Die neue Definition der Pharmakoresistenz<br />

ist durch eine Task force der<br />

ILAE-Kommission so festgelegt worden,<br />

dass eine pharmakoresistente Epilepsie<br />

bereits nach Versagen von zwei<br />

geeigneten Behandlungsversuchen mit<br />

vertragenen sowie angemessen ausgewählten<br />

und eingesetzten Antiepileptika<br />

vorliegt (2). Daraus ergibt sich<br />

eine klinisch relevante Konsequenz für<br />

die Behandlung der Patienten. Eine<br />

frühzeitige prächirurgische Diagnostik<br />

kann für den Patienten eine Chance für<br />

eine kurative Behandlung bedeuten.<br />

An der Stelle seien auch neue bildgebende<br />

Methoden erwähnt, mit denen<br />

sich die Möglichkeiten zur Detektion<br />

der epileptogenen Zone erhöhen. Dabei<br />

sei darauf hingewiesen, dass eine Anfallsfreiheit<br />

zwei bis drei Mal häufiger<br />

erreicht wird, wenn der epileptogene<br />

Focus bildmorphologisch detektiert<br />

wurde und nicht nur im invasiven EEG<br />

erfasst wurde. Nicht nur die 3 (7) Tesla<br />

MRT Geräte verbessern die Diagnostik,<br />

sondern auch kombinierte fMRT und<br />

EEG Methoden, (Quellenlokalisation<br />

epileptogener Foci).<br />

Nach der Zulassung von Lacosamid,<br />

welcher im Unterschied zu den klassischen<br />

Natriumkanal-Blockern, die<br />

spannungsabhängige Natriumkanäle<br />

binden, seine Wirkung durch Blockade<br />

von Natriumkanälen durch eine selektive<br />

Verstärkung der langsamen Inaktivierung<br />

entfaltet, sind erstmals mit<br />

der Substanz Retigabin ein Kaliumkanalaktivator<br />

und zuletzt auch der erste<br />

selektive AMPA-Rezeptor-Antagonist<br />

(Perampanel) auf dem Markt.<br />

Das Konzept der rationalen Polytherapie<br />

beruht auf Überlegungen zur<br />

Kombination von Substanzen mit unterschiedlichen<br />

Wirkprinzipien, woraus<br />

sich eine bessere Wirksamkeit und<br />

Verträglichkeit ergibt. Am besten belegt<br />

ist die synergistische Wirkung der<br />

Kombination Valproat und Lamotrigin.<br />

Für pharmakoresistente Epilepsieformen,<br />

bei denen jedoch keine Möglichkeit<br />

eines resektiven chirurgischen<br />

Eingriffs besteht (aufgrund einer multifokalen<br />

Epilepsie oder Läsionen in eloquenten<br />

Hirnarealen) steht seit längerer<br />

Zeit die Option einer Vagusnervstimulation,<br />

welche in etwa die Wirkung<br />

2<br />

<strong>konsil</strong> 1/2013

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!