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5 disput - Die Linke

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© Jörg Landberg (2)<br />

deutet, nicht mehr mit den Freunden in<br />

die Kneipe gehen zu können, weil drei<br />

oder vier Euro für ein Glas Wein viel zu<br />

viel sind. Es bedeutet, nichts zu erzählen<br />

zu haben, wenn andere berichten,<br />

was sie den ganzen Tag über getan haben.<br />

Keine Arbeit zu haben bedeutet,<br />

kein Recht auf Vergnügen zu haben.<br />

»Wozu brauchst du denn neue Schuhe,<br />

Mama?«, fragt die Tochter die arbeitslose<br />

Mutter.<br />

<strong>Die</strong> Texte werden im Chor oder von<br />

Solisten gesprochen, darunter nur<br />

sechs professionelle Schauspieler; die<br />

machen in eigenen Szenen deutlich,<br />

dass Arbeitslosigkeit auch sie jederzeit<br />

treffen kann. Das endgültige Manuskript<br />

lag erst vier Tage vor der Premiere<br />

vor. Sie haben alle zusammen an<br />

den Texten gearbeitet, und es dauerte<br />

lange, bis sie zufrieden waren.<br />

Wunderbar parodiert wird immer<br />

wieder Ursula von der Leyen. In sinnlose<br />

Maßnahmen stopft sie die entmündigten<br />

ALG-Empfänger, bis sie selbst<br />

oder die Mitarbeiter der Jobcenter zu<br />

einem Fall werden, der irgendwie bearbeitet<br />

werden muss. Da kommt dann<br />

auch dem oft gut situierten Theaterbesucher<br />

das Elend ganz nahe, und er begreift,<br />

dass Arbeitslosigkeit etwas ist,<br />

was es auch in seinem Leben einmal<br />

geben könnte.<br />

35 DISPUT Februar 2012<br />

Was im Märchen das Räuberhaus<br />

ist, ist bei Lösch ein Büro mit sehr jungen,<br />

sehr hippen Jugendlichen in dunklen<br />

Anzügen. Sie haben den Alten den<br />

Job weggenommen. An dieser Stelle<br />

macht Lösch es sich zu einfach. Es<br />

sind nicht die Jungen, die den Alten die<br />

Jobs wegnehmen, es ist das System.<br />

Man denke nur an all die jugendlichen<br />

Erwerbslosen, die ohne Perspektive<br />

auf der Straße rumhängen. Der Protest<br />

sollte sich also nicht gegen sie richten,<br />

sondern gegen die, die es ermöglichen,<br />

dass Jung gegen Alt getauscht wird.<br />

Theater stellt Fragen<br />

Volker Lösch will zwar mit dem Stück<br />

nicht gleich zum Widerstand aufrufen,<br />

das sei nicht Aufgabe des Theaters,<br />

meint er. Aber »Theater stellt die Fragen«,<br />

erklärt er weiter und will mit dem<br />

Stück zur Auseinandersetzung mit dem<br />

Thema anregen. Er stellt fest, dass bis<br />

vor Kurzem noch verpönte Worte wie<br />

Kommunismus wieder auftauchen, und<br />

fügt hinzu, dass der Begriff der Arbeit<br />

zu überdenken sei. Eine neue Defi nition<br />

des Begriffs gibt er nicht, und er sagt<br />

auch nicht, was er denn mit dem Wort<br />

Kommunismus anfängt.<br />

Er betont, dass es ihm viel gäbe, mit<br />

Menschen aus den verschiedenen ge-<br />

sellschaftlichen Gruppen zusammenzuarbeiten.<br />

Ist das der bourgeoise,<br />

vielleicht auch etwas voyeuristische<br />

Blick auf eine Gesellschaftsschicht, zu<br />

der man zum Glück nicht gehört? Er habe<br />

die Montagsdemo besucht, sagt er,<br />

und er sei sehr aktiv bei Stuttgart 21.<br />

<strong>Die</strong> Schauspieler jedenfalls sind begeistert<br />

von ihm. Sowohl die 53-jährige<br />

Anke Meyer als auch der 61-jährige<br />

Herbert Lessing, beide Mitglieder<br />

der LINKEN, erleben Lösch als sehr engagiert.<br />

<strong>Die</strong> Industriekauffrau und der<br />

Sozialpädagoge sind seit Jahren ohne<br />

sichere Beschäftigung, haben Ein-Euro-Jobs,<br />

Fortbildungen und Qualifi zierungsmaßnahmen<br />

hinter sich. Auf der<br />

Bühne fühlen sie sich wohl, sehen aber<br />

auch hier keine dauerhafte Perspektive<br />

für sich. »Da ich seit Jahren theaterinteressiert<br />

bin, hatte ich schon vorher<br />

sehr großen Respekt vor der Arbeit von<br />

Schauspielern, doch nun weiß ich, wie<br />

anstrengend das wirklich ist«, meint<br />

Herbert Lessing. Und Anke Meyer fügt<br />

hinzu, dass sie zwar sehr viele Erfahrungen<br />

bei der Theaterarbeit sammeln<br />

konnte, allerdings nie damit gerechnet<br />

hätte, dermaßen viel auswendig lernen<br />

zu müssen. Was nach der Spielzeit aus<br />

den beiden wird, ist jedoch ziemlich<br />

klar: Sie werden wohl zurück in die Erwerbslosigkeit<br />

gehen.

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