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5 disput - Die Linke

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Kopf und Herzblut<br />

Martin und Ramona Krötz bringen in Cochem-Zell, dem kleinsten Kreisverband von<br />

Rheinland-Pfalz, DIE LINKE groß raus Von Harald W. Jürgensonn<br />

Privat und Politik gehören immer zusammen<br />

bei ihnen, irgendwie. Der Erfurter<br />

Programmparteitag zum Beispiel führte<br />

Ramona und Martin Krötz haarscharf an<br />

einer Ehekrise vorbei. »An diesem Wochenende<br />

wollten wir unseren ›70.‹ feiern<br />

– Martin wurde 40, ich 30 Jahre alt«,<br />

erzählt Ramona. Festzelt, Büffet, eine<br />

Band und viele Gäste waren geplant und<br />

bestellt, als Martin erfuhr, dass er als Ersatzdelegierter<br />

nach Erfurt fahren sollte.<br />

»<strong>Die</strong> ganze Fete wollte er abblasen dafür«,<br />

knurrt seine Frau noch heute. Aber<br />

dann brauchte er doch nicht einzuspringen<br />

– und es wurde eine Super-Party.<br />

Oder die Landtagswahl 2011. »Wir<br />

hatten gerade ein Haus gekauft und<br />

während der Renovierung fl ächendeckend<br />

Wahlkampf gemacht. Am 26.<br />

März haben wir tagsüber Tapeten runtergerissen,<br />

in der Nacht dann letzte<br />

Flyer im ganzen Kreis in die Briefkästen<br />

gesteckt. Und am nächsten Tag bis zur<br />

Schließung der Wahllokale tapeziert.<br />

Ach ja, und Urlaub hatten wir auch keinen<br />

– geht alles!« Und wie! Mit 2,9 Prozent<br />

nur 0,1 Prozent weniger als das Landesergebnis<br />

– und das in einem Kreis,<br />

in dem die CDU selbst im Kohlenkeller<br />

noch Schatten wirft und mit zum Teil<br />

über 50 Prozent Platzhirsch ist.<br />

Martin und Ramona mischen die<br />

Kreispolitik auf, indem sie sich auch ohne<br />

Mandat einmischen. <strong>Die</strong> Mitgliederzahl<br />

der LINKEN in Cochem-Zell (65.000<br />

Einwohner) ist mit rund 16 konstant, es<br />

ist der kleinste Kreisverband im Land.<br />

Und einer der rührigsten. Martin, Ramona<br />

und ihre Genossinnen und Genossen<br />

machen durch Kreativität und Sachkunde<br />

wett, was an Mitgliederstärke fehlt.<br />

<strong>Die</strong> Politiker der anderen Parteien respektieren<br />

sie, sie sind fester Bestandteil<br />

fast aller politischen Veranstaltungen<br />

rund um das malerische Städtchen<br />

Cochem an der Mosel.<br />

Martin Krötz: Jugendsozialarbeiter<br />

in Kaisersesch, abgeschlossenes Studium<br />

der Politik (mit schriftlicher Prüfung<br />

bei Armutsforscher und Politikwissenschaftler<br />

Christoph Butterwegge), kam<br />

von den Jusos zur PDS, organisierte die<br />

PDS-AG Koblenz, war bis 2001 AStA-Referent<br />

für Antifaschismus und politische<br />

Bildung in der dortigen Uni.<br />

Ramona Krötz: Altenpfl egerin, jetzt<br />

Rezeptionistin in einem großen Ferienpark,<br />

baut gerade einen Betriebsrat<br />

MITGLIED<br />

© Jörg Ostermeier (3)<br />

auf, wird im März für die Gewerkschaft<br />

Nahrung-Genuss-Gaststätten die Rechte<br />

ihrer Kolleginnen und Kollegen vertreten.<br />

»Ich will die Menschen für die sozial<br />

gerechte Politik der LINKEN begeistern,<br />

ihnen Mut machen, für ihre Rechte<br />

aufzustehen.« <strong>Die</strong> Basis ist, worauf<br />

sie aufbaut: »Wir müssen immer wieder<br />

fragen, warum die Solidarität der<br />

Menschen kaputtgemacht wird. Vor der<br />

Haustür, in Europa, weltweit.«<br />

Blick von außen ist wichtig<br />

Zur LINKEN kam Ramona erst 2009.<br />

»<strong>Die</strong> Zustände in der Altenpfl ege waren<br />

unerträglich. Das kann man doch<br />

nicht einfach so hinnehmen«, sagt sie.<br />

Heute ist sie Schriftführerin, ihr Mann<br />

Vorsitzender in dem Kreisverband, den<br />

sie beide gegründet hatten. »Wir beobachten<br />

alle politischen Prozesse im<br />

Kreis, gehen überall hin, reden mit.<br />

Mittlerweile kennt man uns.« Was sie<br />

aufregt, ist die Oberfl ächlichkeit: »Da<br />

kommt der SPD-Abgeordnete zur Einweihung<br />

eines neuen Feuerwehrfahrzeugs,<br />

fährt die Karre aus der Garage<br />

auf den Vorplatz und hält eine launige<br />

Rede. Kein Wort darüber, dass die rotgrüne<br />

Landesregierung den Feuerwehren<br />

künftig viele Millionen Euro kürzen<br />

will. Das hat doch nichts mit Bürgernähe<br />

zu tun.« Das ist aber auch schon al-<br />

les, was sie über andere Parteien und<br />

Politiker sagen: »Während die anderen<br />

immer nur darüber reden, was die jeweils<br />

konkurrierende Partei mal wieder<br />

falsch gemacht hat, wollen wir mit eigenen<br />

Inhalten punkten. Damit ziehen wir<br />

neue Leute in die Politik der LINKEN,<br />

manchmal sogar in die Partei.«<br />

Parteiarbeit endet für die beiden<br />

nicht bei Mitgliederversammlung und<br />

Parteitag. »Schon bei der PDS habe<br />

ich eng mit anderen Organisationen<br />

wie IG-Metall-Jugend, Antifa und der<br />

Ökologischen <strong>Linke</strong>n zusammengearbeitet«,<br />

berichtet Martin, der ebenso<br />

wie Ramona Wert darauf legt, dass alle<br />

Versammlungen der LINKEN in Cochem-Zell<br />

öffentlich sind: »Der Blick<br />

von außen ist wichtig für die Entwicklung<br />

unseres Programms. Und jede Veranstaltung<br />

ist wie ein Katalysator: Ankündigung<br />

in den Medien, Teilnahme<br />

der Medien, zuletzt eine Pressemitteilung<br />

– mit den Wochenblättern und der<br />

›Rhein-Zeitung‹ arbeiten wir sehr gut<br />

zusammen.«<br />

<strong>Linke</strong> Politik draußen auf der Straße<br />

vertreten: für Ramona schon eine<br />

Selbstverständlichkeit, lange bevor<br />

sie Mitglied der LINKEN wurde: »Ich<br />

bin gegen Rassismus aufgetreten, gegen<br />

Faschismus, gegen Atomkraft. Wir<br />

müssen Gesicht zeigen – das wirkt.«<br />

Mittendrin statt nur dabei – so arbei-<br />

DISPUT Februar 2012 22

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