5 disput - Die Linke
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Von Klaus Stuttmann<br />
für Finanzhilfen verpfl ichten sich die<br />
nationalen Regierungen zu sogenannten<br />
Strukturanpassungsprogrammen.<br />
Dahinter steckt nichts anderes als das<br />
Schleifen der Sozialsysteme und der<br />
Arbeitnehmerrechte. Deutlich wird das<br />
nicht nur an den Maßnahmen in Griechenland,<br />
Irland und Portugal, die bereits<br />
Hilfen des Rettungsschirms in Anspruch<br />
genommen haben. Auch viele<br />
andere Länder und potenzielle Kandidaten<br />
des Rettungsschirms planen im<br />
vorauseilendem Gehorsam tiefgreifende<br />
Einschnitte.<br />
So wurde in Spanien noch unter<br />
dem sozialistischen Ministerpräsidenten<br />
Zapatero kurz vor seiner Abwahl die<br />
schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters<br />
auf 67 Jahre beschlossen.<br />
<strong>Die</strong> Anhebung wird zwei Jahre früher<br />
erreicht sein als in Deutschland. Das<br />
im vergangenen Dezember in Italien<br />
verabschiedete »Reformpaket« sieht<br />
ebenfalls die Anhebung des Renteneintrittsalters<br />
von 65 auf 67 Jahre bis<br />
2022 vor und damit sogar sieben Jahre<br />
früher als beim Musterschüler Deutschland.<br />
In Griechenland soll ab 2020 ein<br />
automatischer Anpassungsmechanis-<br />
15 DISPUT Februar 2012<br />
mus dafür sorgen, dass alle drei Jahre<br />
entsprechend der Lebenserwartung<br />
das gesetzliche Mindestrentenalter erhöht<br />
wird. Gerade diese Regelung entspricht<br />
einem Vorschlag des Sachverständigenrates<br />
zur Begutachtung der<br />
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung<br />
der sogenannten fünf Weisen. Zufall<br />
oder nicht? <strong>Die</strong> Empfehlung des Sachverständigenrates,<br />
das Renteneintrittsalter<br />
an die durchschnittliche Lebenserwartung<br />
zu koppeln, wurde am Tag<br />
nach Merkels Verbalattacke gegenüber<br />
den südeuropäischen Krisenstaaten<br />
veröffentlicht.<br />
Für Deutschland würde diese Regelung<br />
bedeuten, dass voraussichtlich<br />
das Renteneintrittsalter von 68<br />
Jahren im Jahr 2045 und auf 69 Jahre<br />
im Jahr 2060 steigen würde. Während<br />
der FDP-Parteivorsitzende Philipp Rösler<br />
den Vorstoß lobte, folgte vom Bundesarbeitsministerium<br />
das Dementi<br />
auf dem Fuße: <strong>Die</strong> Rente mit 69 stehe<br />
derzeit nicht auf der Tagesordnung.<br />
Derzeit? Fakt ist: <strong>Die</strong> Debatte über eine<br />
weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters<br />
wurde längst begonnen.<br />
DIE LINKE hat zusammen mit Ge-<br />
GEDANKENSTRICH<br />
werkschaften und Sozialverbänden<br />
vor allem im Jahr 2007 eine breite Protestbewegung<br />
organisiert. Zugleich hat<br />
sie mit unzähligen parlamentarischen<br />
Initiativen im Deutschen Bundestag<br />
auf die sozialen Folgen der Rente erst<br />
ab 67 aufmerksam gemacht. Völlig zu<br />
Recht empfi nden deshalb 77 Prozent<br />
der Menschen die Rente erst ab 67 als<br />
eine verdeckte Rentenkürzung. Und eine<br />
klare Mehrheit lehnt die Rente erst<br />
ab 67 generell ab. In der Ablehnung<br />
unterscheidet sich Deutschland damit<br />
nicht von anderen Staaten in der Europäischen<br />
Union. Denn überall in Europa<br />
erleben wir eine Politik gegen die Interessen<br />
der Mehrheit der Menschen.<br />
Wollen wir eine völlige Zerstörung<br />
des europäischen Sozialmodells verhindern,<br />
muss DIE LINKE als eine der<br />
größten europäischen Linksparteien<br />
der Motor für eine Politik gegen Sozialabbau<br />
und die Herrschaft des Finanzcasinos<br />
sein. Wenn es uns gelingt,<br />
die Konkurrenz zwischen den europäischen<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern<br />
zu überwinden, werden den<br />
Menschen in Europa weitere deutsche<br />
»Exportschlager« erspart bleiben.