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Pressetext - Albertina

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Inhalt der Pressemappe<br />

Ausstellungsdaten<br />

<strong>Pressetext</strong><br />

Saaltexte<br />

Kunstvermittlungsprogramm


Ausstellungsdaten<br />

Pressekonferenz<br />

Eröffnung<br />

19. September 2013, 10 Uhr<br />

19. September 2013, 18.30 Uhr<br />

Dauer 20. September 2013 – 12. Jänner 2014<br />

Ausstellungsort<br />

Kurator<br />

Propter Homines Halle<br />

Heinz Widauer, Wien<br />

Claudine Grammont, Paris<br />

Werke 160<br />

Katalog<br />

Kontakt<br />

Öffnungszeiten<br />

Kuratorenführung<br />

Vorträge<br />

Öffentliche Führungen<br />

Matisse und die Fauves<br />

Hrsg. von Heinz Widauer und Claudine Grammont<br />

Der Katalog erscheint im Wienand Verlag in einer deutschen und englischen<br />

Ausgabe und ist im Shop der <strong>Albertina</strong> sowie unter www.albertina.at um 29 Euro<br />

(Deutsch) bzw. 32 Euro (Englisch) erhältlich.<br />

<strong>Albertina</strong>platz 1, 1010 Wien<br />

T +43 (01) 534 83 – 0<br />

info@albertina.at<br />

www.albertina.at<br />

Täglich 10 - 18 Uhr, Mittwoch 10 - 21 Uhr<br />

Mittwoch, 2. Oktober 2013, 17 Uhr<br />

3. Oktober 2013, 18 Uhr: Serge Lemoine - Matisse et les fauves: révolution ou<br />

évolution? Vortrag in französischer Sprache<br />

3. November 2013, 11 Uhr: Anita Hopmans - Van Dongen: A Dutch Fauve in the<br />

French Arena. Vortrag in englischer Sprache<br />

Mittwoch 18.30 Uhr/ Samstag, Sonntag, Feiertag: 15.30 Uhr<br />

21. September/ 25. September/ 28. September<br />

6. Oktober/ 12. Oktober/ 20. Oktober/ 26. Oktober/ 30. Oktober<br />

1. November/ 3. November/ 6. November/ 9. November/ 17. November/<br />

20. November/ 23. November/ 30. November<br />

4. Dezember/ 15. Dezember/ 18. Dezember/ 25. Dezember/ 26. Dezember<br />

1. Jänner/ 6. Jänner/ 12. Jänner<br />

Tickets an der Kassa erhältlich (am Tag der Führung) EUR 4,- zzgl. Eintritt<br />

Begrenzte Teilnehmerzahl<br />

Frühstück mit Matisse<br />

Presse<br />

jeweils Samstag und Sonntag ab 10 Uhr: Französisches Frühstück im Do&Co<br />

Restaurant mit anschließender Führung durch die Ausstellung um 28 Euro<br />

Mag. Verena Dahlitz (Leitung)<br />

T +43 (01) 534 83 - 510 , M +43 (0)699.10981746, v.dahlitz@albertina.at<br />

Mag. Barbara Prikoszovits<br />

T +43 (01) 534 83 - 512 , M +43 (0)699.109 81743, b.prikoszovits@albertina.at<br />

Sarah Wulbrandt<br />

T +43 (01) 534 83 - 511 , M +43 (0)699.121 78 720, s.wulbrandt@albertina.at<br />

Presented by Partner der <strong>Albertina</strong> Sponsoren Medienpartner


Matisse<br />

und die Fauves<br />

20.9.2013 – 12.1.2014<br />

Der Fauvismus ist die erste und zugleich kürzeste Avantgardebewegung des<br />

20. Jahrhunderts. Er dauerte kaum drei Jahre an – von 1905 bis 1907/08. Der Begriff leitet<br />

sich von der Beschreibung seiner Werke in einer Kunstkritik über den legendären Pariser<br />

Herbstsalon 1905 ab. Henri Matisse, der innerhalb der Gruppe tonangebend war, und seine<br />

Freunde André Derain, Maurice de Vlaminck und Henri Manguin wurden dort als „Fauves“ –<br />

wilde Tiere bzw. Bestien – diffamiert. Tatsächlich haben Matisse und seine Freunde aber die<br />

Vorstellung von Kunst revolutioniert. Sie befreiten damals die Malerei vom Diktat der<br />

Nachahmung der Natur. Mit willkürlich gewählten und intensiv leuchtenden Farben,<br />

skizzenhaften Pinselstrichen und unmodellierten Farbflächen hielten die Maler ihre Motive<br />

fest. Wichtige Impulse empfingen sie von Van Gogh und seinem pastosen Pinselstrich, von<br />

Cézanne und dessen unvollendeten Leinwänden und von den wissenschaftlichen<br />

Farbtheorien Paul Signacs. Bestärkt wurden sie in ihrer neuen Ästhetik durch die Skulpturen<br />

Afrikas und Ozeaniens.<br />

Die <strong>Albertina</strong> gibt in sieben Stationen Einblick in diese beeindruckenden Jahre der<br />

beginnenden Avantgarde: Am Anfang der Ausstellung taucht der Besucher in die<br />

Vorgeschichte des Fauvismus, in die Jahre 1900–1905 ein, als Matisse, Marquet und<br />

Manguin einen Platz in der zeitgenössischen Avantgarde suchten.<br />

Es folgt eine Auswahl hochkarätiger Werke, die Matisse und Derain im Sommer 1905 im<br />

südfranzösischen Collioure malten und im darauffolgenden Oktober im Herbstsalon<br />

ausstellten. Höhepunkte dieses Abschnitts und der Ausstellung überhaupt sind das Offene<br />

Fenster von Henri Matisse, Ansichten von Collioure von Matisse und Derain und Porträts,<br />

die die beiden Künstler jeweils voneinander malten.<br />

Gleichzeitig gelangte Maurice de Vlaminck im Norden Frankreichs zu vergleichbaren<br />

Ergebnissen, wenn er in der Umgebung von Paris ursprüngliche und versteckte<br />

Landschaften malt. Mit Raoul Dufy, Emile-Othon Friesz und Georges Braque kommt in der<br />

Ausstellung auch eine jüngere Generation zu Wort, die aus Le Havre stammt und erst einige<br />

Monate nach dem legendären Herbstsalon von 1905 zu den Fauves stoßen wird.


Darüber hinaus widmet die Ausstellung ein eigenes Kapitel den Zeichnungen und<br />

Aquarellen der Fauves: Anhand von 60 großformatigen Beispielen wird die herausragende<br />

Bedeutung der Papierarbeiten für den Fauvismus nachempfunden. Skizzenhaftigkeit,<br />

weißer Papiergrund, der in die Darstellung mit einbezogen wird, und heftiger Farbauftrag<br />

nehmen die Freiheiten in der Malerei auf der Leinwand vorweg.<br />

Schließlich behandelt ein weiteres Kapitel den Einfluss afrikanischer Skulpturen auf die<br />

Fauves. Matisse, Derain und Vlaminck waren die ersten Künstler, die neben Picasso<br />

außereuropäische Artefakte sammelten. Zukunftsweisend war die Begegnung mit<br />

afrikanischer Kunst, die Derain zum Beispiel anlässlich seines Aufenthaltes in London und<br />

eines Besuchs im British Museum erfuhr. Die Ausstellung vereinigt einige rare Beispiele<br />

afrikanischer Skulpturen aus den Nachlässen von Matisse, Vlaminck und Derain.<br />

In der englischen Hauptstadt entstand darüber hinaus die wichtigste Serie an<br />

Landschaftsbildern des Fauvismus. Die <strong>Albertina</strong> zeigt acht Hauptwerke Derains, die er als<br />

Antwort auf Monets impressionistische Deutung diffusen Lichts in London malte.<br />

Das vorletzte Kapitel wendet sich der für den Fauvismus so wichtigen Bronzeskulptur zu.<br />

Die <strong>Albertina</strong> zeigt einen wichtigen Querschnitt von Bronzen, die Matisse zwischen 1901<br />

und 1909 schuf und mit denen er sich von der traditionellen Bildhauerei und vom<br />

impressionistischen Vorbild löste.<br />

Schließlich werden noch die beiden Einzelgänger des Fauvismus, Georges Rouault und Kees<br />

van Dongen, mit eindrucksvollen Bildern präsentiert. Beide Künstler haben mit<br />

individuellen Lösungen den Fauvismus auf sehr autonome Weise mitgeprägt.<br />

Die Ausstellung der <strong>Albertina</strong> ist mit 160 Werken von über 50 Leihgebern aus aller Welt die<br />

erste umfassende Schau in Österreich, die diese wichtige Avantgardebewegung umfassend<br />

würdigt. Sie wurde von Heinz Widauer, Wien und Claudine Grammont, Paris kuratiert; ein<br />

umfangreicher Katalog fasst zum ersten Mal in deutscher Sprache die wesentlichen Aspekte<br />

des Fauvismus zusammen.


SAALTEXTE<br />

Matisse und die Fauves<br />

Was Matisse und seine Freunde 1905 im Pariser Herbstsalon zeigen ist die erste<br />

Avantgardekunst der Moderne. Der radikale Bruch mit dem Realismus stellt eine völlig neue<br />

Wendung in der Kunstgeschichte dar.<br />

Der Fauvismus greift zwar auf die Neuerungen des 19. Jahrhunderts zurück, geht aber<br />

entscheidend darüber hinaus. Die Impressionisten erkennen immer noch die seit<br />

Jahrhunderten gültige Idee von Kunst als Imitation der Wirklichkeit an. Henri Matisse,<br />

André Derain, Maurice de Vlaminck, Kees van Dongen, Albert Marquet, Henri Manguin und<br />

Othon Friesz emanzipieren ihre Malerei radikal vom Prinzip der Naturnachahmung. Sie<br />

verzichten auf Raumkonstruktion und anatomische Richtigkeit, auf Farbperspektive und<br />

Lokalkolorit. Dafür gewinnen sie eine noch nie da gewesene Farbsättigung und Leuchtkraft.<br />

Zeichnung, Farbe, Raum und Licht werden gleichwertig behandelt. Der Verzicht auf Hell-<br />

Dunkel-Modellierung verstärkt die neue ästhetische Einheit der Farbräume.<br />

Den Spottnamen erhält die Bewegung der »Fauves« vom Kunstkritiker Louis Vauxcelles<br />

gleich bei ihrem ersten Auftritt im Pariser Herbstsalon. Auf den Leinwänden dieser »wilden<br />

Tiere« scheint die Anarchie ausgebrochen zu sein.<br />

Matisse ist das Sprachrohr der Gruppe und kraft seines Alters ihr Anführer. Von Van Gogh<br />

übernehmen die Künstler den pastosen Farbauftrag, von Gauguin die radikale Flächigkeit<br />

und willkürliche Farbgebung, von Cézanne die Freiheit, oft große Teile der Leinwand nicht<br />

zu bemalen. Die von den Impressionisten angeregte flüchtige Maltechnik erweckt den<br />

Eindruck des Unfertigen.<br />

Collioure, das kleine Fischerdorf in Südfrankreich, ist der Geburtsort des Fauvismus. Hier<br />

vollziehen Matisse und Derain im Sommer 1905 den Übergang vom Pointillismus zu jener<br />

neuen Malerei, die der Kunstskandal des Herbstes und die Geburtsstunde der Moderne<br />

werden sollte. Matisse setzt strahlende Kontraste von Rot-Grün und Blau-Orange<br />

teppichartig nebeneinander: So entsteht der vom Maler angestrebte intensive Farbraum<br />

reiner Harmonie.<br />

Bestärkt werden die Fauves in ihrer neuen Ästhetik auch durch die Skulpturen Afrikas. In<br />

diesen »primitiven« Meisterwerken begegnen sie einer überraschenden Subjektivität. Die<br />

Fauves verdanken den afrikanischen Kunstwerken, die sie seit 1906 selbst sammeln, die<br />

Lizenz zu willkürlichen Proportionen und zur Deformierung der Körper.


Der Fauvismus dauerte kaum drei Jahre. Seine Wirkung ist jedoch nicht zu überschätzen.<br />

Erstmals in der Geschichte der Malerei steht die Farbe, die nun als individuelles<br />

Ausdrucksmittel gilt, im Mittelpunkt. Kunst muss nicht mehr das Sichtbare wiedergeben,<br />

sondern ist Spiegel der Befindlichkeit des Malers.<br />

Die Vorgeschichte des Fauvismus: Henri Matisse, Henri Manguin und Albert Marquet<br />

Zwischen 1900 und 1905 experimentieren Matisse, Manguin und Marquet mit Form und<br />

Farbe und widmen sich dabei besonders der Aktmalerei. Bei Matisse tritt der Akt<br />

schemenhaft aus dem düsteren Umraum hervor; bei Marquet hebt er sich deutlich vor<br />

einem Hintergrund locker und unregelmäßig gestreuter Pinselannotationen ab. Als<br />

Bildhauer bearbeitet Matisse den Gips mit dem Spachtelmesser und gibt seiner Skulptur<br />

Der Sklave eine zerklüftete, raue und flimmernde Oberfläche; der Körper ist gedrungen und<br />

– nachdem ihm Matisse die Arme mit den zu Fäusten geballten Händen abgeschlagen hat –<br />

zum Torso fragmentiert.<br />

An der Küste von Saint-Tropez systematisieren die Künstler ihre Farbgebung. Manguin malt<br />

mit kurzen Strichen und sorgfältig nebeneinander gesetzten hellen, zarten Farben subtile<br />

Gegenlichteffekte. Seine Frau Jeanne ist ihm Modell für eine im Sonnenlicht badende<br />

Nymphe und Metapher für individuelle Mythologien, die ihm Gelegenheit zu reichem,<br />

farbigem Ornament von intensiver Leuchtkraft geben.<br />

Sommer 1905: Matisse und Derain in Collioure<br />

1905 ist das Geburtsjahr des Fauvismus. Geburtsort ist Collioure, das Fischerdorf an den<br />

nordöstlichen Ausläufern der Pyrenäen.<br />

Nachdem Matisse im Jahr zuvor das Gemälde Golf von Saint-Tropez noch im Sinn des<br />

Divisionismus aus kleinen Punkten und kurzen Strichen konstruiert hat, deren Farben sich<br />

erst im Auge des Betrachters mischen, setzt er nun die Farbpunkte weit auseinander und<br />

lässt den Bildgrund durchscheinen, um das irritierende pointillistische Flimmern zu<br />

verhindern.<br />

Matisse fängt an, mit dem Pinsel zu zeichnen. Er lässt die Leinwand mitsprechen, verstößt<br />

gegen die akademischen Regeln der Luft-, Linear- und Farbperspektive. Die Materialität der<br />

pastos aufgetragenen Farbe unterbindet zusätzlich die Raumillusion. Matisse emanzipiert<br />

die Kunst endgültig vom Prinzip der Naturnachahmung.<br />

André Derain, der Autodidakt aus Chatou, folgt seinem Freund nach Collioure. Für beide ist<br />

die pittoreske Topografie des Ortes zweitrangig. Es geht ihnen um eine harmonisch-


dekorative Verteilung der Farben, deren Intensität die Aufmerksamkeit stärker auf sich<br />

zieht als die dargestellten Motive. Matisse liebt das Komplementärfarbenpaar Rot-Grün.<br />

Mit der strahlenden Leuchtkraft der Farben verleiht er seinen Empfindungen Ausdruck.<br />

In zwei kleinen Portraits, die Matisse und Derain im Sommer voneinander malen, zeigen sie,<br />

was sie verbindet, was sie trennt: Der stürmische Derain erscheint Matisse als Freibeuter,<br />

Matisse dem Jüngeren als väterliche Gestalt, die ruhig und unbeirrt ihren Weg geht.<br />

Maurice de Vlaminck<br />

Maurice de Vlaminck stammt wie André Derain aus Chatou, einem Vorort von Paris. Er ist<br />

Autodidakt, verdingt sich als Geiger in Nachtlokalen und ist stolz darauf, gegen jegliches<br />

Regelwerk der Malerei zu verstoßen.<br />

Die Vereinfachung der Komposition, die Verwendung reiner Farben und der sichtbare,<br />

energische Pinselstrich folgen dem Vorbild Van Goghs. Die malerischen Mittel stellt<br />

Vlaminck in den Dienst einer Schnelligkeit in der Ausführung, die er mit dem Motiv<br />

emotional verschmelzen lässt. Aus den drei Grundfarben Rot, Gelb und Blau in Verbindung<br />

mit der Sekundärfarbe Grün baut er die wilden Wälder, Wiesen und Felder um die Seine-<br />

Schleifen nordwestlich von Paris.<br />

Vlaminck malt im Norden Frankreichs mit derselben glühenden Palette, die Matisse und<br />

Derain an der Côte d’Azur und in Collioure entwickeln. Auch George Braque gerät in Le<br />

Havre und während seines Aufenthalts in Antwerpen für kurze Zeit in den Bann von<br />

Matisse.<br />

Während sich aber Derain, Braque, Dufy und andere Fauves schon nach drei Jahren von der<br />

intensiven Farbigkeit und den harmonischen Farbräumen verabschieden und Picasso<br />

folgen, bleibt Vlaminck zeitlebens „Fauve“.<br />

Fauvismus in der Normandie: Raoul Dufy und Albert Marquet<br />

Der aus Bordeaux stammende Marquet ist ein Fauve der ersten Stunde. Er freundet sich mit<br />

Raoul Dufy an, der wie Braque und Friesz aus Le Havre kommt und erst ab 1906 mit den<br />

Fauves gemeinsam ausstellt. Dufy und Marquet malen in den Erholungsorten der<br />

Normandie. Mit Signalfarben, die sie auf schrillen Werbeflächen sowie auf Fahnen und<br />

Flaggen vorfinden, tragen sie zur fauvistischen Ästhetik bei. Auf ihren Bildern einer<br />

Plakatwand in Trouville stechen helle, intensive Farben ins Auge; die Aufschriften auf den<br />

Plakaten sind nebensächlich. Große Flächen von strahlendem Hellblau und grellem Gelb<br />

kontrastieren mit den bunten Mustern der Affichen. Dufy hält mit skizzenhaften<br />

Pinselstrichen Segelwettkämpfe und mit zarten Farben schimmernde Strandszenen an der


Küste von Sainte-Adresse fest. Schiffe und Boote kreuzen den Horizont; der Sand, das Meer<br />

und der Himmel schillern in lichthaltigem, transparentem Zartrosa, Grün, Türkis und Blau.<br />

André Derain: Die monumentalen Aquarelle<br />

Die monumentalen Aquarelle von André Derain zählen zu den Höhepunkten fauvistischer<br />

Kunst. Ihre radikale Flächigkeit, die dekorative Bildauffassung, das leuchtende Kolorit und<br />

die „kunstlose“ Malerei mit dem Aquarellpinsel machen aus diesen Werken autonome<br />

Bilder: Sie sind weder Studien noch vorbereitende Skizzen. In ihrem bewussten<br />

Primitivismus oszillieren sie zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion. Die thematische<br />

Spannbreite entfaltet sich zwischen dem fernen Paradies eines Goldenen Zeitalters und der<br />

urbanen Gegenwart verruchter Nachtlokale.<br />

Die intensiven Farbharmonien und die dekorative Flachheit der Aquarelle inspirieren<br />

Derain, auch Vasen und Teller in der ursprünglichen Form der Unterglasur-Malerei zu<br />

bemalen: Der Ausflug der autonomen Kunst in die angewandten Künste ist ein beispielloser<br />

Akt der Avantgarde, der erst nach dem Zweiten Weltkrieg von Picasso, Chagall und Miró<br />

aufgegriffen werden wird.<br />

Henri Matisse: Zeichnungen und Skulpturen<br />

Nach dem Sommer 1905 in Collioure beschäftigt sich Matisse in Zeichnungen und<br />

Skulpturen intensiv mit dem weiblichen Akt. Die Zeichnung bringt für ihn mehr als alles<br />

andere intime Gefühle und Bewusstseinszustände unmittelbar zum Ausdruck. Das<br />

klassische Thema der liegenden Venus unterwirft er in der Bronzeskulptur eines liegenden<br />

Aktes ebenso wie in den harten Holzschnitten der formalen Logik afrikanischer Skulpturen.<br />

Die scheinbare Regellosigkeit dieser Werke verdankt sich nicht einem Willen zur<br />

Zerstörung, sondern dem Wunsch nach einer grundlegenden Erneuerung des<br />

künstlerischen Ausdrucks.<br />

Der von Matisse bewunderte Cézanne stattet den Künstler mit einer Enzyklopädie an<br />

klassischen Posen und Haltungen aus. Der liegende Akt der Aurora mit seiner geradezu<br />

michelangesken Physis und dem dramatischen Ausdruck der harten, an Deformation<br />

heranreichenden Addition von Körperteilen ist eine der disharmonischsten Skulpturen von<br />

Matisse. Die anatomischen Verzerrungen und abrupten Richtungswechsel lassen Matisse´<br />

Faszination für afrikanische Skulptur erkennen.<br />

Auch in der Raumlosigkeit der Zeichnungen, der fehlenden Verortung der Figuren, der<br />

Deformation des Körpers und der radikalen Flächigkeit bricht sich ein antinaturalistischer<br />

und antiklassischer Ausdruckswille Bahn. In diesen Meisterwerken verbindet Matisse seine


Vorstellung vom großen Dekorativen und der arabesken Linienkunst mit einer Ästhetik des<br />

Hässlichen und Nicht-Idealen.<br />

Die Entdeckung der afrikanischen Skulptur<br />

Im Jahr 1906 entdecken Vlaminck und Derain die Exotik der afrikanischen Skulptur. Matisse<br />

lässt sich von ihrer Begeisterung anstecken. Durch ihn wird auch Picasso auf die<br />

»Negerplastik« aufmerksam.<br />

Nichts relativiert für Matisse und Derain die Maßstäbe dessen, wie Kunst zu sein hat, mehr<br />

als die Konfrontation mit afrikanischen Statuen und Masken. Ausdruck tritt an die Stelle<br />

von nach anatomischen Regeln gestalteten Proportionen. Die rhythmische Gliederung der<br />

Fang-Masken und Vili-Statuen – die vertikale Ausrichtung mit harten horizontalen<br />

Unterteilungen – zerstört die anatomische Integrität der Figuren. Sie ermutigen Derain, in<br />

seinen eigenen Skulpturen und Reliefs eine radikale Neuerfindung des menschlichen<br />

Körpers vorzunehmen.<br />

Auf dem Bett, das Derain für seinen Kunsthändler Ambroise Vollard schnitzt, entwickelt er<br />

Gauguins primitivistischen Reliefstil weiter. Tanzende Mänaden am Betthaupt evozieren<br />

das Goldene Zeitalter; die Schlange am Bettende verkörpert die Versuchung im Paradies.<br />

Wie Matisse ist Derain fasziniert von der Möglichkeit des unmittelbaren Arbeitens im Holz.<br />

In seinen Holzschnitten, Steinskulpturen und Reliefs schafft er ein Figurenideal, das sich<br />

unter dem Eindruck der afrikanischen Skulptur zwischen dekorativem Zusammenhalt,<br />

abrupten Übergängen, räumlichen Dislozierungen und willkürlichen Proportionen bewegt.<br />

1906/07: André Derain malt London<br />

Im Auftrag des Pariser Kunsthändlers Ambroise Vollard malt Derain dreißig London-Bilder.<br />

Er tritt damit in Wettbewerb mit Claude Monet und dem Impressionismus. Doch Derain<br />

führt die meisten Bilder nicht en plein air – nicht vor dem Motiv –, sondern in seinem<br />

Pariser Atelier aus. Motivischer Ausgangspunkt sind ihm während seiner drei London-<br />

Aufenthalte angefertigte Skizzen, mit denen Derain nun frei und unabhängig von der<br />

Wirklichkeit mit Atmosphäre und Licht umgeht. Beeindruckt vom Neoimpressionismus und<br />

Van Gogh setzt er intensiv leuchtende Farben, schafft größtmögliche Kontraste und<br />

komponiert plakativ-flächig, indem er mit extremen Sturzperspektiven, die mehrere<br />

Fluchtpunkte haben, einen erweiterten Bildausschnitt wiedergibt. Er malt die aggressive<br />

Sachlichkeit der Großstadt, den schrillen Kommerz des damals größten Hafens der Welt,<br />

integriert Werbetypografien und zeigt den durch Brücken, Kräne oder Masten verstellten<br />

Blick auf das Hafenbecken.


Henri Matisse: : Drei Hauptwerke fauvistischer Skulptur<br />

Die von Matisse in Ton modellierten und in Bronze gegossenen sitzenden und stehenden<br />

Frauenakte sind dreidimensional, aber nicht rundansichtig. Sie sind von der Fläche her<br />

gedacht: wie ein Relief. Ermutigt vom Vorbild der afrikanischen Skulptur scheut Matisse<br />

auch vor extremen Verformungen nicht zurück. Er löst sich völlig von der Erwartung einer<br />

anatomisch richtigen Darstellung. In den stehenden und sich aufstützenden Frauenakten<br />

überwindet Matisse die Statuarik zugunsten der dekorativen Eigenmächtigkeit des linearen<br />

Umrisses. Die Arabeske des Umrisses, ihre kurvilineare Schönheit, bestimmt Ausdruck und<br />

Gehalt. Hohl- und Zwischenräume werden zu ästhetisch wirksamen Formgestalten<br />

aktiviert.<br />

Während die Skulptur von der Antike bis zu Rodin und Maillol den Körper in Massen denkt<br />

und das Problem zwischen Stand- und Spielbein, zwischen Lasten und Tragen, thematisiert,<br />

konzipiert Matisse seine Skulptur von der lyrischen Arabeske her, dem Linienschwung und<br />

der mit ihm einhergehenden rhythmischen Destabilisierung.<br />

Die Ausdünnung und der lineare Schwung der Serpentine erinnert an den Anspruch von<br />

Matisse, den Ton wie ein Maler zu modellieren und zu Malen wie ein Zeichner.<br />

Georges Rouault: Die düstere Seite des Fauvismus<br />

Georges Rouault trifft in seinen Bildern moralische Aussagen, ohne religiöse Historien zu<br />

bemühen. Gleichnishaft stellt er das Elend von Dirnen, Clowns, Ganoven und Gauklern und<br />

ihre oft verzweifelten Existenzen dar. Mit schwarzem, skizzenhaftem Pinsel hält der<br />

Künstler hässliche Körper und verzerrte Gesichter vor blau schimmerndem, aquarelliertem<br />

Hintergrund und bei düsterem Licht fest. Er erinnert daran, dass persönliches Glück und<br />

Unglück oder Recht und Unrecht oft eng nebeneinander liegen. Auf dem Ölbild Der<br />

Angeklagte sind die Gesichter von Richtern und Beschuldigtem auswechselbar. Eine Dirne<br />

bietet ihren Körper nicht nur provozierend und schamlos feil, sondern ist auch verwundbar<br />

und einsam. In Kopf eines Clowns sieht sich Rouault als einer, der sich dem Publikum<br />

preisgibt, sein ganzes Unvermögen vor ihm ausbreitet und dafür Spott und Hohn erwarten<br />

muss, will er seiner Rolle gerecht werden.<br />

Kees van Dongen: Der holländische Fauve<br />

Der aus Holland stammende Kees van Dongen trägt mit Zirkusszenen, großformatigen<br />

Aktbildern der Demimonde und melancholischen Frauenporträts zum Fauvismus bei.<br />

Begeistert besucht er Jahrmärkte und arbeitet mitunter als Komparse beim fahrenden<br />

Zirkus. Aus extremen Blickwinkeln und mit neoimpressionistischer Pinselführung hält er


das moderne Leben fest. Er wird wegen der Darstellung des elektrischen Lichts und der<br />

bildnerischen Bewältigung von Geschwindigkeit gefeiert. Allerdings schenkt man ihm beim<br />

Herbstsalon 1905 kaum Beachtung. Erst eine Gruppenausstellung mit den »wilden Tieren«<br />

in der Galerie Berthe Weills am Montmartre macht ihn zu einem der Fauves. Exotische<br />

Tänzerinnen, die er in Revuetheatern bewundert, erobern ab 1907 seine Bildwelt. Seine<br />

Pinselführung ist heftig und grob, die Farbgebung intensiv, dekorativ und effektvoll, mit<br />

gewagten Kontrasten. Max Pechstein und die Brücke-Maler werden auf ihn aufmerksam<br />

und küren ihn 1909 zu ihrem Mitglied.<br />

Der Ausklang an der Côte d’Azur: Georges Braque, Othon Friesz, André Derain<br />

Im Winter 1906/07 zieht es Braque, Friesz und Derain nach Südfrankreich. Braque hat noch<br />

die lila, gelben und grünen Farben von seinen Exkursionen in den Dünen bei Antwerpen im<br />

Koffer, wo ihm im Sommer gemeinsam mit Friesz der Durchbruch zum Fauvismus gelungen<br />

ist. In der Umgebung von Marseille und in den Calanques, kleinen Buchten mit steilen<br />

Felsen zwischen L’Estaque und Cassis, begeben sich Braque und Friesz auf die Spuren Paul<br />

Cézannes. Braque verleiht seinen Kompositionen durch deutlich unterscheidbare Pläne und<br />

rahmende Motive Halt und nimmt die Farbigkeit etwas zurück. Friesz gibt den Bec d’Aigle,<br />

der sich mit seiner schnabelförmigen Spitze über den Calanques erhebt, mit<br />

arabeskenhaften, flammenförmigen Farbformen wieder. Derain hingegen behält die stark<br />

leuchtende Farbigkeit seiner London-Serie bei, verzichtet aber zunehmend auf extreme<br />

Perspektivwechsel und bindet seine Motive wie das Muster eines Wandteppichs an die<br />

Bildfläche.<br />

Matisse und die Wendung zum Dekorativen: 1906 bis 1908<br />

Matisse sammelt mit Leidenschaft Stoffe und Tücher, die er wegen ihrer Farbenpracht und<br />

exotischen Ornamente schätzt. Das Dekorative fließt in seine Malerei ein und ist eng mit<br />

seiner Auffassung von Ausdruck verbunden. Ausdruck ist ihm nicht eine leidenschaftliche<br />

Regung oder heftige Bewegung, sondern erfasst die ganze Bildfläche. Die Art, wie sich die<br />

Farben zueinander verhalten, gibt über die Empfindungen des Malers Auskunft. Auf dem<br />

Bild Die Zigeunerin gehen Figur und Landschaft ansatzlos ineinander über und bilden ein<br />

dekoratives Farbgewebe. Der Körper ist gleichzeitig in Auf- und Untersicht gegeben. Die<br />

dekorative Bildordnung geht bei Matisse auch über die Ränder hinaus. In seinen Teppich-<br />

Stillleben sind die Teppiche an den Rändern angeschnitten, stoßen schräg in den Bildraum<br />

vor und werden gleichzeitig durch dominante Farben und bildparallele Gegenstände an die<br />

plane Bildfläche gebunden.


Das Ende der Avantgarde – Der Anfang der Avantgarden<br />

1907/08 endet nach nur drei Jahren der Befreiungsschlag des Fauvismus.<br />

Georges Braque, André Derain und Raoul Dufy suchen nach einer neuen Ordnung im<br />

Kubismus.<br />

Henri Manguin und Albert Marquet kehren zu einer spätimpressionistischen<br />

Tonmalerei zurück.<br />

Maurice de Vlaminck düstert seine gleißenden Farben ein.<br />

Kees van Dongen wird ein erfolgreicher Gesellschaftsmaler.<br />

Georges Rouault erneuert die religiöse Kunst.<br />

Henri Matisse bleibt ein Einzelgänger, der die Kunst der Harmonie bis an sein<br />

Lebensende verteidigen wird.<br />

Doch jede Ausdruckskunst, jeder Expressionismus, verdankt sich ab nun jenen<br />

Errungenschaften, die 1905 den Pariser Herbstsalon erschüttert haben.


Kunstvermittlungsprogramm zur Ausstellung<br />

Malen wie die Wilden! Workshop für Kinder<br />

Vor über 100 Jahren schockierten die Bilder von Matisse und seinen Freunden. Die Maler<br />

verwendeten grelle, bunte Farben, grobe Pinselstriche und bildeten nicht die Wirklichkeit<br />

ab - das erfüllte nicht die Vorstellung der damaligen Betrachter. So kam es zum Namen für<br />

die Künstler: sie wurden "Fauves", also "Wilde" genannt.
Im Workshop malst du ein<br />

Acrylbild nach den Prinzipien der Fauves. Entdecke die Kraft der Farben und probiere wilde<br />

Bildideen!<br />

Termine:<br />

Sonntag, 29. September 2013, 10.30 - 13.30 Uhr
<br />

Samstag, 26. Oktober 2013, 14.00 - 17.00 Uhr
<br />

Samstag, 16. November 2013, 14.00 - 17.00 Uhr<br />

Juniorführung für Kinder von 6 -12 Jahren<br />

Termine:<br />

Sonntag, 22. September 2013, 15.00 Uhr
<br />

Sonntag, 13. Oktober 2013, 15.00 Uhr
<br />

Sonntag, 27. Oktober 2013, 15.00 Uhr
<br />

Sonntag, 24. November 2013, 15.00 Uhr 
<br />

Sonntag, 12. Jänner 2014, 14.00 Uhr<br />

Alberteena Guided – Führung für Jugendliche von 12 – 18 Jahren<br />

Termine:<br />

Samstag, 12. Oktober, 16.00 Uhr<br />

Samstag, 9. November, 16.00 Uhr<br />

<strong>Albertina</strong> Family: Matisse und die Fauves – Malen wie die Wilden<br />

Jeweils sonntags von 15.30 Uhr bis 18 Uhr<br />

6. Oktober 2013/ 3. November 2013/ 1. Dezember 2013/ 5. Jänner 2014<br />

Vor über 100 Jahren stellte der französische Maler Henri Matisse gemeinsam mit<br />

Künstlerkollegen seine Bilder der Öffentlichkeit vor. Das Publikum war schockiert von den<br />

knalligen, bunten Farben und den groben Pinselstrichen: so zu malen war doch keine Kunst!<br />

Matisse und seine Freunde wurden als "Wilde" (franz. "Fauves") beschimpft.<br />

Und wie wirken die Werke heute auf uns? Sie zaubern fröhliche Sommerlaune in unseren<br />

grauen Herbst/Winter! Tauch´ ein in die Gute-Laune-Farbenwelt der Fauves und mal im<br />

Atelier wie ein/e "Wilde/r".

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