Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02
Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02
Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 9 von 42,<br />
Aufsätze/Beiträge<br />
traulichen Charakter haben. 27 Die verschiedenen Möglichkeiten<br />
der Kommunikation in sozialen Netzwerken erfordern jedoch<br />
regelmäßig eine Prüfung, ob die Äußerung als vertraulich<br />
und damit nicht kündigungsrelevant zu qualifizieren ist. 28<br />
8. Beweisverwertung<br />
Im Fall der Kündigung wegen grob beleidigender oder ehrverletzender<br />
Äußerungen in sozialen Netzwerken können sich<br />
im Kündigungsschutzprozess Beweisverwertungsfragen stellen.<br />
29<br />
Ein Beweisverwertungs- oder Sachvortragsverbot existiert<br />
grundsätzlich weder im allgemeinen Zivil- noch im Arbeitsgerichtsprozess.<br />
30 Lediglich im Ausnahmefall, wenn ein Beweismittel<br />
unter erheblichem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht<br />
gewonnen wird, kann ein Beweisverwertungsverbot in Frage<br />
kommen. 31 Ob bereits bei einem unter Verstoß gegen § 32<br />
BDSG erlangten Beweismittel eine erhebliche Verletzung des<br />
Persönlichkeitsrechts vorliegt, ist umstritten. 32 Mit Blick auf<br />
das von der Rechtsprechung nur ausnahmsweise anerkannte<br />
Beweisverwertungsverbot wird nicht jeder Verstoß gegen das<br />
Datenschutzrecht ein Beweisverwertungsverbot nach sich<br />
ziehen. 33<br />
VI. Fazit<br />
Soziale Netzwerke sind längst im (Arbeits-)Alltag angelangt.<br />
Arbeitgeber kommen nicht umhin, sich Gedanken über den<br />
Umgang mit sozialen Netzwerken zu machen. Empfehlenswert<br />
ist eine klare Unternehmensstrategie zum aktiven Einsatz<br />
sozialer Netzwerke und Web 2.0-Anwendungen einerseits<br />
und der erlaubten privaten Nutzung sozialer Netzwerke<br />
andererseits. Die mit einer (erlaubten) Nutzung einhergehenden<br />
arbeitsrechtlichen Risiken können durch Verhaltensrichtlinien<br />
und arbeitsvertragliche Regelungen weitgehend minimiert<br />
werden.<br />
27 ArbG Dessau-Roßlau v. 21.3.2012, ZD 2012, 344; ArbG<br />
Duisburg v 26.09.2012, NZA-RR <strong>2013</strong>, 18; LAG Hamm<br />
v. 10.10.2012, ZD <strong>2013</strong>, 93.<br />
28 Bauer/Günther, NZA <strong>2013</strong>, 67, 68.<br />
29 Kort, NZA 2012, 1321, 1324.<br />
30 Göpfert/Wilke, ArbRAktuell 2011, 159; Kort, NZA 2012,<br />
1321, 1325.<br />
31 BAG 21.06.2012, NZA 2012, 1<strong>02</strong>5.<br />
32 Bejahend ArbG Düsseldorf v. 3.5.2011, ZD 2011, 85;<br />
a.A. LAG Hamm v. 10.7.2012, ZD <strong>2013</strong>, 135; offen gelassen<br />
BAG v. 13.12.2008, NZA 2008, 1008.<br />
33 Kort, NZA 2012, 1321, 1325; a.A. Göpfert/Wilke, ArbRAktuell<br />
2011, 159.<br />
Achtung Haftungsfalle: Ahnen muss der Anwalt, nicht wissen!<br />
Dr. Hans-Georg Meier, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin<br />
Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Beschluss nach<br />
§ 91a ZPO vom 21.11.2012, 2 U 16/12, ausführlich einen Haftungsanspruch<br />
gegen einen arbeitsrechtlich tätigen Rechtsanwalt<br />
festgestellt. Dieser hatte im Auftrag eines Mandanten<br />
eine Kündigungsschutzklage erhoben (jedoch ohne Schleppnetzantrag),<br />
nicht aber gegen eine weitere Kündigung des Arbeitgebers,<br />
von der der Anwalt gar nichts wusste. Diese Zweitkündigung,<br />
so meinte das Oberlandesgericht, hätte der Anwalt<br />
ahnen und die dagegen gebotenen Schritte einleiten<br />
müssen.<br />
Im Einzelnen:<br />
Zunächst ist hervorzuheben, dass das OLG die Nichterhebung<br />
der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO, die auf<br />
Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses gerichtet<br />
ist (Schleppnetzantrag), nicht für haftungsrelevant hielt.<br />
Dazu bedürfe es konkreter Anzeichen dafür, dass der Arbeitgeber<br />
weitere Kündigungen nachschicken würde. Da in dem<br />
zugrunde liegenden Kündigungsschutzverfahren Grund der<br />
Kündigung ein einmaliger Vorfall war und keine Anhaltspunkte<br />
dafür existierten, dass weitere Vorfälle und damit weitere<br />
Kündigungen zu erwarten waren, wäre ein solcher An-<br />
trag – zunächst – unzulässig gewesen. Es hätte an dem für<br />
den Erfolg einer entsprechenden Feststellungsklage erforderlichen<br />
Feststellungsinteresse gefehlt. Dabei ist nicht ausreichend<br />
allein der Umstand, dass eine bestimmte Kündigung<br />
ausgesprochen worden und wegen dieser Kündigung ein<br />
Kündigungsrechtsstreit anhängig ist. Der klagende Arbeitnehmer<br />
hat vielmehr durch Tatsachenvortrag weitere streitige Beendigungsgründe<br />
in den Prozess einzuführen oder wenigstens<br />
deren Möglichkeit glaubhaft zu machen und damit zu<br />
belegen, warum an der Feststellung ein rechtliches Interesse<br />
bestehen soll.<br />
Der unter dem Kündigungsschutz des Schwerbehindertengesetzes<br />
stehende Kläger war zunächst gekündigt worden, ohne<br />
dass der Arbeitgeber zuvor die Zustimmung des Integrationsamtes<br />
eingeholt hatte. Der Kläger beauftragte die später in<br />
Regress genommene Rechtsanwältin mit der Erhebung einer<br />
Kündigungsschutzklage. Während des daraufhin eingeleiteten<br />
Kündigungsschutzverfahrens erhielt der Arbeitgeber<br />
Kenntnis von der Anerkennung des Klägers als Schwerbehinderter<br />
und leitete daraufhin ein Zustimmungsverfahren ein.<br />
Auch in diesem Zustimmungsverfahren war die Prozessanwäl-<br />
2/<strong>2013</strong> 43