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Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02

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ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 7 von 42,<br />

Aufsätze/Beiträge<br />

Regelung durch den Arbeitgeber entzogen. Aufforderungen<br />

des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer, sich in ihrer Freizeit<br />

in ihren sozialen Netzwerken positiv über den Arbeitgeber zu<br />

äußern oder den „Gefällt mir“-Button zu drücken, sind daher<br />

ebenso wenig möglich, wie Aufforderungen des Arbeitgebers,<br />

für ihn in der Freizeit Werbung zu machen oder gar geschäftliche<br />

Aktivitäten in Netzwerken zu entwickeln. Unzulässig ist<br />

auch eine Untersagung des Arbeitgebers, soziale Netzwerke<br />

in der Freizeit zu nutzen, etwa um sich vor Abwerbungen oder<br />

kritischen Äußerungen zu schützen. 12<br />

Allerdings dürften je nach Aufgabengebiet, Verantwortungsbereich<br />

und Stellung des Arbeitnehmers Rücksichtsnahmepflichten<br />

für den Arbeitnehmer bestehen. Von dem Pressesprecher<br />

eines Unternehmens wird man beispielsweise erwarten<br />

dürfen, an der Unternehmenspolitik in privat genutzten<br />

sozialen Netzwerken, wenn überhaupt, nur sehr zurückhaltend<br />

Kritik zu üben. 13<br />

2. Aktivitäten während der Arbeitszeit<br />

a) Private Nutzung<br />

Auch die Reglementierung der privaten Nutzung während<br />

der Arbeitszeit verursacht keine größeren Probleme. Hier gelten<br />

die bereits für die private Internet- und E-Mail-Nutzung<br />

entwickelten Grundsätze. Der Arbeitgeber kann über die Verwendung<br />

der Betriebsmittel entscheiden und demgemäß<br />

eine private Nutzung des Internets im Allgemeinen sowie die<br />

private Nutzung sozialer Netzwerke im Besonderen während<br />

der Arbeitszeit reglementieren. 14 Das heißt, der Arbeitgeber<br />

kann die Nutzung vollständig untersagen oder sie erlauben.<br />

Er kann Vorgaben hinsichtlich der Zeit und der Dauer der Nutzung<br />

machen oder den Zugang auf bestimmte Webseiten<br />

bzw. Netzwerke beschränken.<br />

Eine inhaltliche Zensur, wie der Arbeitnehmer soziale Netzwerke<br />

nutzen darf, etwa welche Beiträge erlaubt oder verboten<br />

sind, wird indes nicht möglich sein. Soweit der Arbeitgeber<br />

eine private Nutzung erlaubt, ist die Art und Weise der<br />

Nutzung mit Blick auf die grundrechtlich geschützte allgemeine<br />

Handlungsfreiheit und das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers<br />

dem Direktionsrecht des Arbeitgebers entzogen.<br />

Ebenso sind keine erhöhten Rücksichtsnahmepflichten anzuerkennen,<br />

nur weil der Arbeitnehmer von dem Computer seines<br />

Arbeitgebers aus agiert. Ist die private Nutzung erlaubt,<br />

liegt gerade keine dienstliche Nutzung vor, die dem Arbeitgeber<br />

Weisungen gestatten könnte. Insoweit können einschränkende,<br />

über die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften hinausgehende<br />

Verhaltensregeln nicht aufgestellt werden.<br />

b) Dienstliche Nutzung<br />

Vorgaben zur privaten Nutzung sozialer Netzwerke stellen,<br />

wie vorstehend erörtert, einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht<br />

der Arbeitnehmer dar und sind dem Arbeitgeber daher<br />

verwehrt. Ein vollständiges Nutzungsverbot ist deshalb unzulässig.<br />

15 Demgegenüber möglich und vom Direktionsrecht ge-<br />

deckt ist jedoch die Anweisung, bei Ausübung der geschuldeten<br />

Arbeitsleistung auf die Nutzung sozialer Netzwerke zurückzugreifen.<br />

Entscheidet sich ein Arbeitgeber gegen die<br />

Nutzung sozialer Netzwerke, so wird diese Vorgabe von den<br />

Arbeitnehmern zu beachten sein. Weder der Personalbereich<br />

noch das Marketing werden in diesem Fall soziale Netzwerke<br />

zum Zweck der Rekrutierung neuer Mitarbeiter bzw. zur Werbung<br />

für die Produkte des Arbeitgebers nutzen dürfen.<br />

Problematischer ist dagegen der umgekehrte Fall der Verpflichtung<br />

zur dienstlichen Nutzung sozialer Netzwerke. Bei<br />

einer dienstlichen Nutzung wird der Arbeitnehmer nicht umhin<br />

kommen seine personenbezogenen Daten – meist auch<br />

eine Fotografie – online zu stellen und damit einem unbekannten<br />

Personenkreis offenzulegen. Dies greift in sein allgemeines<br />

Persönlichkeitsrecht in der Ausformung des Rechts<br />

auf informationelle Selbstbestimmung ein. In der Regel wird<br />

das Interesse des Arbeitnehmers an einer Vermeidung solcher<br />

Beeinträchtigung das Interesse des Arbeitgebers an einer Nutzung<br />

des sozialen Netzwerkes überwiegen. 16<br />

Andererseits gibt es im Berufsleben kein Recht auf Anonymität.<br />

Ein Schauspieler wird nicht hinter dem Vorhang spielen<br />

können. Gehört die Nutzung sozialer Netzwerke zum Unternehmenszweck<br />

und zur geschuldeten Arbeitsleistung, wird<br />

das Arbeitgeberinteresse (Art. 12 GG) das Arbeitnehmerinteresse<br />

überwiegen. Beispielsweise wird ein Personalberater,<br />

der für ein auf Social-Media-Recruiting spezialisiertes Unternehmen<br />

tätig ist, die Nutzung sozialer Netzwerke jedenfalls<br />

dann, wenn sie vornehmlich Geschäftszwecken dienen (etwa<br />

XING oder LinkedIn), anweisen dürfen.<br />

3. „Herausgabe“ von Social-Media-Accounts<br />

Ist die Nutzung sozialer Netzwerke vorgeschrieben oder zumindest<br />

erwünscht, stellt sich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />

die Frage, was mit dem Account, dem Konto oder<br />

dem Profil des Arbeitnehmers in dem sozialen Netzwerk und<br />

den dort – auf den Servern des Anbieters – gespeicherten Daten<br />

geschieht.<br />

Der Arbeitgeber wird ein Interesse daran haben, bestehende<br />

Geschäftskontakte und Kunden- oder Lieferantenverbindungen<br />

auch nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers weiter<br />

zu nutzen. Soweit ersichtlich, gibt es zu dieser Thematik noch<br />

keine höchstrichterliche Entscheidung. Einen Anspruch des<br />

Arbeitgebers auf „Herausgabe“ der Daten wird man auf § 667<br />

BGB analog stützen können, wonach der Arbeitnehmer verpflichtet<br />

ist, alle Vorteile herauszugeben, die er aufgrund eines<br />

inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erlangt<br />

hat. Bei einem für seinen Arbeitgeber betreuten und als<br />

12 Melot de Beauregard, DB 2012, 2044, 2045.<br />

13 Zu den Grenzen von Meinungsäußerungen in sozialen<br />

Netzwerken s.u. unter 7.<br />

14 Bissels/Lützeler/Wisskirchen, BB 2010, 2433.<br />

15 Frings/Wahlers, BB 2011, 3126, 3129.<br />

16 Göpfert/Wilke, NZA 2010, 1329, 1333.<br />

2/<strong>2013</strong> 41

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