Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02
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ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 32 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Prozessuales<br />
den Einwendungen der Erfüllung und der Verwirkung (alternativ)<br />
entgegenhält.<br />
■ Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen<br />
vom 29.1.<strong>2013</strong>, L 18 R 773/12 B<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Bernhard Dribusch<br />
Moltkestraße 4, 32756 Detmold<br />
Tel.: 05231/7608-0; Fax: 05231/7608-76<br />
info@kdanwalt.de<br />
125. Kündigungsschutzklage, nachträgliche Zulassung<br />
nach Fristversäumnis, Zurechnung des<br />
Anwaltsverschuldens<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die<br />
Kammer folgt, ist das Verschulden eines (Prozess-) Bevollmächtigten<br />
an der Versäumung der gesetzlichen Klagefrist<br />
nach § 4 S. 1 KSchG bei einer Kündigungsschutzklage dem<br />
klagenden Arbeitnehmer gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen<br />
(BAG v. 11.12.2008, 2 AZR 472/08; BAG v. 24.11.2011, 2<br />
AZR 614/10; BAG v. 22.3.2012, 2 AZR 224/11). Entsprechend<br />
seinem durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemachten<br />
und unstreitigen Vorbringen hat der Kläger nach Zugang<br />
der Kündigung Rechtsanwalt M mit der Wahrnehmung<br />
seiner Interessen beauftragt und ihn gebeten, etwas gegen<br />
die Kündigung zu unternehmen. Rechtsanwalt M hätte daher<br />
innerhalb von drei Wochen ab Zugang gemäß § 4 S. 1 KSchG<br />
Kündigungsschutzklage erheben müssen. Er hat es jedoch<br />
versäumt, in der Folgezeit fristgerecht Klage zu erheben. Dieses<br />
Versäumnis ist verschuldet. Hiervon muss das Gericht jedenfalls<br />
ausgehen, da keine Anhaltspunkte für ein fehlendes<br />
Verschulden von Rechtsanwalt M vorgetragen oder sonst ersichtlich<br />
sind. Dieses Verschulden muss der Kläger sich gemäß<br />
§ 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Da der Kläger Rechtsanwalt<br />
M beauftragt hatte, „etwas gegen die Kündigung zu unternehmen“,<br />
liegt keine bloße Rechtsberatung eines gekündigten<br />
Arbeitnehmers durch einen Rechtsanwalt vor, bei der eine<br />
Zurechnung des Anwaltsverschuldens nach § 85 Abs. 2 ZPO<br />
nicht stattfindet. § 85 Abs. 2 ZPO ist auch nicht etwa erst nach<br />
Erhebung der Kündigungsschutzklage, sondern – wie vorliegend<br />
– bereits im Vorfeld einer Klageerhebung anwendbar.<br />
Die Anwendbarkeit des § 85 Abs. 2 ZPO verlangt noch kein<br />
bestehendes Prozessrechtsverhältnis oder eine Prozessvollmacht<br />
im „strengen“ Sinn. Vielmehr ist das Bestehen eines<br />
wirksamen Mandats im Innenverhältnis ausreichend (BAG v.<br />
11.12.2008, 2 AZR 472/08).<br />
■ Arbeitsgericht Köln<br />
vom 24.1.<strong>2013</strong>, 17 Ca 7481/12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Jürgen Höser<br />
Kölner Straße 2, 5<strong>02</strong>26 Frechen<br />
Tel.: <strong>02</strong>234/1820-0, Fax: <strong>02</strong>234/1820-10<br />
office@hdup.de; www.hdup.de<br />
126. Prozessfähigkeit, Anfechtung eines Vergleichs<br />
wegen Geschäftsunfähigkeit<br />
1. Im Streit über ihre Prozessfähigkeit ist die betroffene Partei<br />
als prozessfähig anzusehen. Behauptet sie, ein gerichtlicher<br />
Vergleich sei wegen ihrer fehlenden Geschäftsfähigkeit unwirksam,<br />
ist ein die Verfahrensfortsetzung ablehnender Beschluss<br />
mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, obwohl<br />
durch Urteil hätte entschieden werden müssen (Meistbegünstigung).<br />
2. Dem Prozessunfähigen kann rechtliches Gehör wirksam nur<br />
durch Anhörung eines gesetzlichen Vertreters gewährt werden.<br />
Für seine ordnungsgemäße Vertretung hat der Prozessunfähige<br />
selbst zu sorgen, indem er nach § 1896 BGB eine<br />
Betreuerbestellung durch das Vormundschaftsgericht herbeiführt.<br />
■ Oberlandesgericht Koblenz<br />
vom 2.5.2012, 5 W 218/12<br />
127. Einstweilige Verfügung, Beschäftigungsanspruch,<br />
Verfügungsgrund bei Erteilung eines Hausverbots<br />
1. Wird eine Arbeitnehmerin bei dem Versuch, ihre Arbeit<br />
nach Beendigung der Elternzeit wieder aufzunehmen (hier:<br />
Tätigkeit als Abteilungsleiterin/Warenwirtschaft in der Verkaufsfiliale<br />
einer Kaufhauskette) unter Erteilung eines „Hausverbots“<br />
vom angestammten Arbeitsplatz verwiesen, was der<br />
Arbeitgeber im Betrieb anschließend in der Belegschaft bekannt<br />
macht, so kann das gesteigerte Beschäftigungsinteresse,<br />
das Teile der Gerichte für Arbeitssachen zur Durchsetzung<br />
des Beschäftigungsanspruchs im ungekündigten Arbeitsverhältnis<br />
per einstweiliger Verfügung als „Verfügungsgrund“<br />
für erforderlich halten, bereits in den rehabilitativen<br />
Effekten der Zurückgewinnung ihrer betrieblichen Präsenz<br />
durch die so gebrandmarkte Arbeitsperson zu erblicken sein.<br />
2. Es verbleibt allerdings dabei, dass ein derartiges gesteigertes<br />
Beschäftigungsinteresse neben der Anspruchsvereitelung<br />
im Zeitablauf nicht erforderlich ist (wie LAG Hamm v.<br />
12.12.2001 – 10 Sa 1741/01 – NZA-RR 2003, 311; LAG Berlin v.<br />
16.9.2004 – 10 Sa 1763/04 – LAGE § 1<strong>02</strong> BetrVG 2001 Beschäftigungspflicht<br />
Nr. 3; LAG Berlin-Brandenburg v. 27.1.2010 – 15<br />
SaGa 2395/09 – n.v.; LAG Berlin-Brandenburg v. 25.3.2010 – 2<br />
Ta 387/10 – ArbR 2010, 349).<br />
■ Arbeitsgericht Berlin<br />
vom 25.1.<strong>2013</strong>, 28 Ga 178/13<br />
128. Berufung, Zulässigkeit, unzureichende<br />
Auseinandersetzung mit der Urteilsbegründung (Equal-<br />
Pay-Vergütung)<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
2. Mit der Berufungsbegründungsschrift ist die erstinstanzliche<br />
Entscheidung nicht ausreichend i.S.v. § 520 Abs. 3 Satz 2<br />
Mr. 2 ZPO, § 64 Abs. 6 ArbGG angegriffen worden. Es fehlt an<br />
einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den tragenden<br />
Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils.<br />
66<br />
2/<strong>2013</strong>