Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02
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ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 26 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Bestandsschutz<br />
er es zunächst vergessen habe, sofort das Zeiterfassungsgerät<br />
für den Mitarbeiter Mi zu bedienen. Die erkennende Kammer<br />
kann insoweit nachvollziehen, dass der Kläger als Maschinenführer<br />
in der Nachtschicht nicht sofort Gelegenheit gehabt<br />
haben mag, sich von seiner Maschine zu entfernen, um ein<br />
Zeiterfassungsgerät zu bedienen. Insbesondere ist aber auch<br />
zu berücksichtigen, dass der Kläger unbestritten vorträgt,<br />
dass er Herrn Mi darauf hingewiesen habe, dieser solle sich<br />
noch bei dem Schichtleiter melden und diesen von seinem<br />
Weggehen unterrichten. Dem Kläger ist zuzugestehen, dass er<br />
davon ausgehen durfte, dass der Mitarbeiter Mi diesem Ansinnen<br />
nachgekommen ist und er deswegen am Morgen des<br />
21.11.2011 bei dem Ausstempelvorgang nicht gesondert darauf<br />
hingewiesen hat, dass Herr Mi das Betriebsgelände bereits<br />
vorher verlassen hatte. Das Verhalten des Klägers ist daher<br />
als Gesamtvorgang zu betrachten, welcher von mehreren<br />
Annahmen ausgehend getragen war. Die vorgebrachten<br />
Rechtfertigungs-/Entschuldigungsgründe beziehen sich auf<br />
dieses Gesamtgeschehen und lassen den wichtigen Grund für<br />
eine Kündigung entfallen.<br />
■ Arbeitsgericht Osnabrück<br />
vom 17.10.2012, 15 Sa 1109/12<br />
Anmerkung:<br />
Das Berufungsgericht hat demgegenüber einen wichtigen<br />
Kündigungsgrund angenommen, hielt aber nach Durchführung<br />
einer Interessenabwägung aufgrund des einmaligen<br />
Verstoßes lediglich eine ordentliche Kündigung für gerechtfertigt.<br />
Die Parteien haben sich entsprechend geeinigt.<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Joachim Schramm<br />
Lange Straße 2, 32312 Lübecke<br />
Tel.: 05741/1018, Fax: 05741/4331<br />
103. Verhaltensbedingte Kündigung, Verdacht<br />
schwerwiegender Pflichtverletzung<br />
Ist der Arbeitnehmer als Maschinenführer damit betraut, den<br />
ordnungsgemäßen Produktionsablauf zu überwachen und<br />
ggf. bemerkbare oder voraussehbare Schäden oder Gefahren<br />
selbst abzuwenden bzw. seinem Vorgesetzten unverzüglich<br />
anzuzeigen, kann auch der dringende Verdacht einer erheblichen<br />
Verletzung der ihm obliegenden Schadensabwendungsbzw.<br />
Schadensminderungspflicht durch Verschweigen eines<br />
vorangegangenen Fehlverhaltens (hier: Vorwurf der weisungswidrigen<br />
Verwendung eines Hammers bei der Vornahme<br />
von (Reinigungs-)Arbeiten, der dabei in die Knetmaschine<br />
gefallen sei und einen Maschinenschaden mit Reparaturkosten<br />
von ca. 200.000,– EUR verursacht habe) eine außerordentliche<br />
Kündigung auch ohne Abmahnung rechtfertigen.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 4.12.2012, 3 Sa 316/11<br />
104. Änderungskündigung, keine soziale Rechtfertigung<br />
durch Bedürfnis nach Tarifeinheit<br />
Das Interesse des Arbeitgebers an der Vereinheitlichung der<br />
Arbeitsbedingungen in seinem Betrieb (einheitliches Tarifrecht)<br />
begründet kein dringendes betriebliches Erfordernis<br />
für eine Änderungskündigung im Sinne von §2KSchG.<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen<br />
vom 21.9.2012, 6 Sa 113/12<br />
105. Auflösungsantrag, keine Auflösung bei auch<br />
maßregelnder Kündigung<br />
Verweigert der Arbeitnehmer die Zustimmung zu einem angebotenen<br />
Altersteilzeitvertrag und spricht der Arbeitgeber<br />
sodann eine Beendigungskündigung aus, obwohl wegen einer<br />
unstreitig vorhandenen freien Stelle allenfalls eine Änderungskündigung<br />
in Betracht gekommen wäre, stellt dies eine<br />
unzulässige Maßregelung nach § 612a BGB dar.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 17.10.2012, 15 Sa 1109/12<br />
106. Befristung, Sachgrund, nachträgliche Vereinbarung<br />
einer Befristung auf einen Zeitpunkt nach Erreichen des<br />
Rentenalters<br />
1. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien die nachträgliche<br />
Befristung eines zuvor langjährig unbefristet bestehenden Arbeitsverhältnisses,<br />
nachdem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze<br />
erreicht und Anspruch auf gesetzliche Altersrente<br />
hat, so ist die Befristung aus in der Person des Arbeitnehmers<br />
liegenden Gründen gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 6 TzBfG gerechtfertigt.<br />
2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Parteien das Erreichen<br />
der Regelaltersgrenze zum Anlass für die Befristungsvereinbarung<br />
nehmen und den nach § 41 Satz 2 SGB VI möglichen Beendigungstermin<br />
hinausschieben. Die Gründe für die Zulässigkeit<br />
der Vereinbarung von Altersgrenzen bezogen auf das<br />
Erreichen der Regelaltersgrenze gelten in einem solchen Falle<br />
gleichermaßen.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 20.11.2012, 12 Sa 1303/12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Friedemann Koch<br />
Marburger Straße 16, 10789 Berlin<br />
Tel.: 030/21248990, Fax: 030/212489920<br />
kanzlei@friedemann-koch.de; www.friedemann-koch.de<br />
107. Befristung, Sachgrund, mittelbare Vertretung,<br />
Darlegungslast des Arbeitgebers zur Vertretungskette<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
2. Die vereinbarte Befristung ist nicht durch einen sachlichen<br />
Grund i.S.v. § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt, der Sachgrund<br />
der Vertretung liegt nicht vor.<br />
a. Der Sachgrund der Vertretung ist nur gegeben, wenn ein<br />
Kausalzusammenhang zwischen einem zeitweiligen Ausfall<br />
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2/<strong>2013</strong>