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Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02

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ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 25 von 42,<br />

Rechtsprechung<br />

Bestandsschutz<br />

100. Verhaltensbedingte Kündigung, Silvesterknaller im<br />

Dixie-Klo<br />

Aus den Entscheidungsgründen:<br />

Die Verletzung eines Arbeitskollegen durch einen explodierenden<br />

Feuerwerkskörper kann die fristlose Kündigung des<br />

Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, ohne dass es einer vorhergehenden<br />

Abmahnung bedarf. Das gilt selbst dann, wenn die<br />

Verletzung des Kollegen nicht beabsichtigt, sondern Folge eines<br />

fehlgeschlagenen Scherzes war. Hierbei kann es dahinstehen,<br />

ob der Kläger den Feuerwerkskörper in die Kabine geworfen<br />

hat, wie die Beklagte behauptet, oder ob sie diesen an<br />

der Tür der Kabine befestigt hat, wie der Kläger den Sachverhalt<br />

darstellt. Denn auch nach der Darstellung des Klägers war<br />

sein Verhalten gefährlich: Wenn der Zeuge D. den Feuerwerkskörper<br />

unter dem Toilettenhäuschen zur Explosion bringen<br />

sollte, dann hätte damit gerechnet werden müssen, dass der<br />

Zeuge S. die Tür des Toilettenhäuschen öffnen würde, um „die<br />

Flucht zu ergreifen“. In diesem Fall wäre ihm der an der Tür<br />

angebrachte Feuerwerkskörper entgegengeflogen. Auch<br />

nach diesem Geschehensablauf hätte mit erheblichen Verletzungen<br />

des Zeugen S. gerechnet werden müssen.<br />

■ Arbeitsgericht Krefeld<br />

vom 21.12.2012, 2 Ca 2010/12<br />

101. Verhaltensbedingte Kündigung, vorsätzlich<br />

fehlerhafte Arbeitszeiterfassung<br />

Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine<br />

Verpflichtung, die Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an<br />

sich geeignet, auch ohne vorherige Abmahnung einen wichtigen<br />

Grund zur außerordentlichen Kündigung i.S.v. § 626<br />

Abs. 1 BGB darzustellen. Wenn der Arbeitgeber das Erfassen<br />

der Arbeitszeiten den Arbeitnehmern in eigener Zuständigkeit<br />

überlässt, bringt er ihnen einen Vertrauensvorschuss entgegen.<br />

Es gehört dann – selbstverständlich – zu den arbeitsvertraglichen<br />

Pflichten, die Eintragungen korrekt vorzunehmen.<br />

Dies setzt voraus, dass die Eintragungen zeitnah erfolgen,<br />

weil mit zunehmendem Zeitablauf das menschliche Erinnerungsvermögen<br />

abnimmt. Das versteht sich von selbst, so<br />

dass es einer entsprechenden Anweisung nicht bedurfte. Bei<br />

einer verspäteten Eintragung nimmt der Arbeitnehmer stets<br />

billigend in Kauf, falsche Angaben hinsichtlich seiner Arbeitszeit<br />

zu machen. Auch für die zivilrechtliche Verantwortlichkeit<br />

genügt als Vorsatz der bedingte Vorsatz. Dabei kommt es<br />

nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern<br />

auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren<br />

Vertrauensbruch.<br />

■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />

vom 15.11.2012, 10 Sa 270/12<br />

Bestandsschutz<br />

1<strong>02</strong>. Verhaltensbedingte Kündigung, Manipulation der<br />

Zeiterfassung zugunsten eines Kollegen<br />

Aus den Entscheidungsgründen:<br />

Das zwischen den Parteien unstreitige Verhalten des Klägers<br />

in Bezug auf die Ausstempelung des Mitarbeiters Mi rechtfertigt<br />

die außerordentliche Kündigung nicht.<br />

Der Kläger hat im Verlauf der Nachtschicht vom Mitarbeiter Mi<br />

dessen Stempelkarte bekommen und sich diesem gegenüber<br />

bereit erklärt, für ihn auszustempeln. Die Ausstempelung erfolgte<br />

allerdings nicht sofort zum Zeitpunkt des Arbeitsendes<br />

des Mitarbeiters Mi, sondern erst zum Zeitpunkt des Arbeitsendes<br />

des Klägers. Hierin liegt ein arbeitsvertraglicher<br />

Pflichtenverstoß. Der Kläger hätte die Chipkarte des Mitarbeiters<br />

Mi sofort nach dessen Weggang aus dem Betrieb der Beklagten<br />

zum Zeiterfassungsgerät bringen müssen. Dies hat er<br />

unterlassen. Fraglich ist des Weiteren, ob die Bedienung des<br />

Zeiterfassungsgerätes nicht eine höchstpersönliche Pflicht im<br />

Rahmen des Arbeitsvertrages darstellt, sodass der Kläger gegenüber<br />

Herrn Mi die Übernahme dieser Verpflichtung hätte<br />

verweigern müssen.<br />

Der Kläger rechtfertigt sein Verhalten damit, dass der Mitarbeiter<br />

Mi ihm gesagt habe, dass er krank sei und schnellstmöglich<br />

den Betrieb verlassen müsse. Daher habe er den Kläger<br />

gebeten, für ihn auszustempeln. Der Kläger erklärte weiter,<br />

dass er aufgrund der Arbeitsbelastung in der Nachtschicht<br />

nicht sofort zum Zeiterfassungsgerät gegangen sei. Er habe<br />

dies vergessen und erst, als er selbst am Schichtende ausgestempelt<br />

habe, wieder daran gedacht. Er habe aber dem Mitarbeiter<br />

Mi bereits während der Nachtschicht gesagt, dieser<br />

solle sich doch bitte noch beim Schichtleiter melden und von<br />

seinem vorzeitigen Weggang aus dem Betrieb informieren.<br />

Aufgrund dieser vom Kläger vorgebrachten und von der erkennenden<br />

Kammer nachvollziehbaren Rechtfertigungs-/Entschuldigungsgründe,<br />

die der Beklagten vom Kläger bereits im<br />

Gespräch am Nachmittag des 21.11.2011 mitgeteilt wurden,<br />

liegt kein die außerordentliche Kündigung tragender wichtiger<br />

Grund vor. Die Beklagte hätte im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht<br />

den vorgetragenen Rechtfertigungsgründen nachgehen<br />

und diese gegebenenfalls widerlegen müssen. Dies<br />

hat die Beklagte nicht getan. Insoweit sich die Beklagte in der<br />

Kammerverhandlung auf den Standpunkt gestellt hat, dass<br />

zumindest die Ausstempelung des Mitarbeiters Mi durch den<br />

Kläger, als dieser sich selbst ausstempelte, einen arbeitsvertraglichen<br />

Pflichtverstoß darstellt, der von den vorgetragenen<br />

Rechtfertigungsgründen nicht mehr gedeckt sei, spaltet die<br />

Beklagte einen insgesamt einheitlich zu betrachtenden Lebenssachverhalt<br />

in unzulässiger Weise in Teileinheiten auf. Im<br />

Rahmen der Gesamtbetrachtung des Geschehens in der<br />

Nachtschicht vom 21.11.2011 ist zu berücksichtigen, dass der<br />

Rechtfertigungsgrund des Klägers, der Mitarbeiter Mi habe<br />

ihm gesagt, er sei krank, sich zunächst darauf bezieht, dass<br />

der Kläger überhaupt das Zeiterfassungsgerät für den Mitarbeiter<br />

Mi bedient hat. Der Kläger trägt des Weiteren vor, dass<br />

2/<strong>2013</strong> 59

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