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Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02

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ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 23 von 42,<br />

Rechtsprechung<br />

Bestandsschutz<br />

zugestanden (vgl. BAG v. 28.6.2007 – 6 AZR 750/06, und v.<br />

23.4.2009 – 6 AZR 533/08, jeweils m.w.N.).<br />

b) Nach dem Vorbringen der Parteien ist davon auszugehen,<br />

dass die Beklagte nur die Klägerin gekündigt hat. Die Beklagte<br />

ist der entsprechenden Behauptung der Klägerin zunächst<br />

mit der bloßen Behauptung entgegengetreten, die Klägerin<br />

sei nicht als Einzige gekündigt worden. Auf das Vorbringen<br />

der Klägerin, dass ihr nur ein Aufhebungsvertrag auf Wunsch<br />

des Arbeitnehmers bekannt sei, hat die Beklagte dann ausgeführt,<br />

die Klägerin habe damit bestätigt, dass noch ein weiteres<br />

Arbeitsverhältnis beendet worden sei. Vor diesem Hintergrund<br />

ist bereits nicht mehr zu erkennen, ob die Beklagte<br />

noch weiter behaupten will, dass eine weitere Kündigung ausgesprochen<br />

worden ist. Jedenfalls ist ihr Bestreiten unsubstantiiert<br />

und damit nach § 138 ZPO unbeachtlich. Die Beklagte<br />

trägt weder vor, wer gekündigt worden ist, noch wann<br />

und aus welchem Grund. (…)<br />

c) Zu Recht ist das Arbeitsgericht des Weiteren zu dem Ergebnis<br />

gelangt, es stehe nach § 138 Abs. 3 ZPO fest, dass der Geschäftsführer<br />

auf das Beschäftigungsverbot verärgert reagiert<br />

und die Klägerin gedrängt habe, weiter zu arbeiten. Aus den<br />

Schriftsätzen und Protokollen erster Instanz ergibt sich nicht,<br />

dass die Beklagte den entsprechenden Sachvortrag überhaupt<br />

bestritten hat. Jedenfalls hat die Beklagte die Feststellung<br />

des Arbeitsgerichts, sie habe den Sachvortrag der Klägerin<br />

nicht substantiiert bestritten, im Berufungsverfahren nicht<br />

angegriffen.<br />

d) Unter Berücksichtigung des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs<br />

zwischen dem Entfall des Mutterschutzes und<br />

dem Ausspruch der Kündigung ergibt sich aus den vorstehenden<br />

Umständen ein hinreichendes Indiz für die Annahme,<br />

dass die Kündigung eine Reaktion der Beklagten auf das Beschäftigungsverbot<br />

und die Weigerung der Klägerin, während<br />

diesem zu arbeiten, gewesen ist.<br />

e) Die Beklagte hat die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen<br />

nicht entkräftet. Sie ist dem Vorbringen der Klägerin<br />

nicht ausreichend entgegengetreten. Trotz des gerichtlichen<br />

Hinweises erschöpft sich der Vortrag der Beklagten zur Rechtfertigung<br />

der Kündigung darin, zu behaupten, sie habe eine<br />

betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen; der Arbeitsanfall<br />

im Bereich Vertrieb habe sich in einem Umfang verringert,<br />

dass dort eine Mitarbeiterstelle habe gestrichen werden müssen.<br />

Dies ist selbst unter Berücksichtigung dessen, dass dem<br />

Kleinunternehmer nicht die im Kündigungsschutzgesetz vorgesehenen<br />

Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt werden<br />

dürfen, völlig unzureichend. Um dem Gericht die Möglichkeit<br />

zu geben, festzustellen, dass die Kündigung nicht auf willkürlichen<br />

oder auf sachfremden Motiven beruht, muss der Arbeitgeber<br />

wenigstens konkrete Tatsachen vortragen, die einen irgendwie<br />

einleuchtenden Grund für die Kündigung plausibel<br />

und nachvollziehbar machen. Bloße pauschale Behauptungen<br />

und Allgemeinplätze genügen insoweit nicht. Es hätte daher<br />

der Beklagten oblegen, Tatsachen vorzutragen, aus denen<br />

sich die von ihr behauptete Verringerung des Arbeitsanfalls<br />

Bestandsschutz<br />

im Bereich Vertrieb nachvollziehbar ergab. Dies gilt insbesondere<br />

auch deshalb, weil nur zehn Tage vor der Kündigung offenbar<br />

noch soviel Bedarf an der Arbeitsleistung der Klägerin<br />

bestand, dass der Geschäftsführer der Beklagten sie auffordern<br />

musste, trotz des bestehenden Beschäftigungsverbots<br />

zu arbeiten. Warum die Beklagte dann in der Folge gleichwohl<br />

glaubte, auf die Klägerin verzichten zu können, obwohl unstreitig<br />

ein weiterer Mitarbeiter durch Aufhebungsvertrag<br />

ausgeschieden war, ist nicht ansatzweise erkennbar.<br />

2. Der Antrag (auf Entschädigung) ist auch begründet. Die Klägerin<br />

hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer<br />

Entschädigung in Höhe von EUR 3.000,00 gemäß § 15<br />

Abs. 2 Satz 1 AGG.<br />

a) Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann der oder die Beschäftigte<br />

wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine<br />

angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Der Entschädigungsanspruch<br />

setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot<br />

gemäß § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG voraus.<br />

Dies stellt zwar § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG nicht ausdrücklich klar,<br />

es ergibt sich aber aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen<br />

in § 15 AGG (vgl. BAG v. 22.10.2009 – 8 AZR 642/<br />

08 m.w.N.). Liegt eine ungerechtfertigte Benachteiligung aus<br />

einem in § 1 AGG genannten Grund vor, sind damit automatisch<br />

eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts<br />

und damit ein immaterieller Schaden verknüpft (vgl. KR/Treber,<br />

9. Aufl., § 15 AGG Rn 26/27, m.w.N.).<br />

b) Die Beklagte hat die Klägerin durch die Kündigung unmittelbar<br />

wegen ihres Geschlechts benachteiligt. Eine unmittelbare<br />

Benachteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt<br />

vor, wenn eine Person wegen eines in§1AGGgenannten verpönten<br />

Merkmals eine weniger günstige Behandlung erleidet<br />

als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt,<br />

erfahren hat oder erfahren würde. Es ist erforderlich,<br />

dass die betreffende Person einer weniger günstigen Behandlung<br />

ausgesetzt ist als eine in einer vergleichbaren Situation<br />

befindliche Person, bei der das Merkmal nicht vorliegt (vgl.<br />

BAG v. 22.10.2009 – 8 AZR 642/08 m.w.N.). Die Klägerin beruft<br />

sich auf eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts. Eine<br />

unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt<br />

gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis<br />

4 AGG auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer<br />

Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor. Da für einen<br />

Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG die Benachteiligung<br />

wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt<br />

sein muss, ist ein Kausalzusammenhang erforderlich.<br />

Dieser ist dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen<br />

oder mehrere der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpft<br />

oder dadurch motiviert ist. Ausreichend ist, dass ein in § 1<br />

AGG genannter Grund Bestandteil eines Motivbündels ist, das<br />

die Entscheidung beeinflusst hat. Nach der gesetzlichen Beweisregelung<br />

gemäß § 22 AGG genügt es, dass der Anspruchsteller<br />

im Streitfalle Indizien beweist, die eine Benachteiligung<br />

wegen eines in§1AGGgenannten Grundes vermuten<br />

lassen. Sodann trägt die andere Partei die Beweislast da-<br />

2/<strong>2013</strong> 57

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