Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02
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ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 21 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Allgemeines Vertragsrecht<br />
eingesetzt werden, für die keine Stammarbeitnehmer vorhanden<br />
sind.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 9.1.<strong>2013</strong>, 15 Sa 1635/12<br />
88. Arbeitnehmerüberlassung, nicht nur<br />
vorübergehende Überlassung, Begründung eines<br />
Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher (II)<br />
1. Verfügt der Verleiher über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung<br />
nach§1AÜGwirdauch bei einer nicht nur vorübergehenden<br />
Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis<br />
nicht mit dem Entleiher begründet. Auch wenn in diesen Fällen<br />
Arbeitsvermittlung zu vermuten wäre, fehlt es nach Wegfall<br />
von § 13 AÜG sowie der Vermutungswirkung in § 1 Abs. 2<br />
2. Alt. an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage (vgl.<br />
BAG v. 28.6.2000 – 7 AZR 100/99; BAG v. 2.6.2010 – 7 AZR 946/<br />
08).<br />
2. Ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher kann auch nicht im<br />
Wege einer richtlinienkonformen Auslegung von §§ 1 Abs. 2,<br />
10 Abs. 1, 9 Nr. 1 AÜG begründet werden. Im Hinblick auf die<br />
langjährige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, in der<br />
eine solche Sanktion verneint wurde, ist davon auszugehen,<br />
dass sich der Gesetzgeber bei der letzten Änderung des AÜG<br />
aufgrund der Richtlinie bewusst gegen eine entsprechende<br />
Sanktion entschieden hat.<br />
3. Jedenfalls für Verträge, die vor Änderung von § 1 Abs. 1 Satz<br />
2 AÜG abgeschlossen wurden, kann auch kein nach § 242 BGB<br />
rechtsmissbräuchliches Schein- oder Strohmanngeschäft angenommen<br />
werden.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 16.10.2012, 7 Sa 1182/12<br />
89. Arbeitnehmerüberlassung, Scheinwerkvertrag im<br />
Fleischereigewerbe<br />
1. Richten sich die vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen<br />
nach dem Bedarf des Auftraggebers, so spricht dies<br />
ganz erheblich gegen das Vorliegen eines Werk- oder Dienstvertrages<br />
und für eine Eingliederung der Arbeitnehmer in den<br />
Betrieb des Auftraggebers.<br />
2. Insofern fehlt es an einer abgrenzbaren, dem Auftragnehmer<br />
als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen<br />
Werkes. Dies deutet auf Arbeitnehmerüberlassung hin, wenn<br />
der Auftraggeber durch seine Anweisungen den Gegenstand<br />
der von dem Arbeitnehmer zu erbringenden Leistungen<br />
überhaupt erst bestimmt und damit Arbeit und Einsatz bindend<br />
organisiert. Gleiches gilt für die Abgrenzung zu einem<br />
Dienstvertrag.<br />
3. Gegen die Einordnung als Arbeitnehmerüberlassung<br />
spricht nicht entscheidend, dass in einem Leistungsverzeichnis<br />
zum Werkvertrag die Vergütung der Arbeiten der Fleischund<br />
Wurstproduktion nach kg oder Stück berechnet wird.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 12.12.2012, 15 Sa 1217/12<br />
Allgemeines Vertragsrecht<br />
90. Arbeitnehmerüberlassung, Equal-Pay, unzulässige<br />
Tarifwechselklausel<br />
1. Die einzelvertragliche Ermächtigung des Arbeitgebers, einseitig<br />
den im Arbeitsverhältnis maßgeblichen Tarifvertrag zu<br />
ändern, stellt eine unzulässige Benachteiligung des Arbeitnehmers<br />
dar und ist gem. § 308 Nr. 4 BGB unwirksam.<br />
2. Die richtlinienkonforme Auslegung von § 10 Abs. 4 S. 1 AÜG<br />
ergibt, dass dann, wenn der Entleiherbetrieb im Aufgabengebiet<br />
des Leiharbeiters keine eigenen Stammkräfte, sondern<br />
ausschließlich Leiharbeitnehmer einsetzt, der Leiharbeitnehmer<br />
die Vergütung beanspruchen kann, die für ihn gelten<br />
würde, wenn er beim Entleiher für die gleiche Aufgabe eingestellt<br />
worden wäre.<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen<br />
vom 25.1.<strong>2013</strong>, 6 Sa 737/12<br />
91. Arbeitnehmerüberlassung, Ausschlussfrist,<br />
Intransparenz<br />
Eine vertragliche Regelung, die einerseits vorsieht, dass die<br />
Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen<br />
des Arbeitsvertrages vorgehen sollen, wenn<br />
nicht die arbeitsvertraglichen Bestimmungen eine für den<br />
Mitarbeiter günstigere Regelung ergeben, andererseits aber<br />
auch bestimmt, dass die vertragliche Ausschlussfrist nicht gelten<br />
soll, soweit die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge<br />
eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung über<br />
den Ausschluss oder den Verfall von Ansprüchen enthalten,<br />
ist intransparent und Verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.<br />
Bei einer derartigen Wechselwirkung ist für den Arbeitnehmer<br />
nicht hinreichend deutlich, welche Ausschlussfrist für ihn nun<br />
mehr maßgeblich ist.<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen<br />
vom 15.11.2012, 7 Sa 1787/11<br />
92. Betriebsübergang, Unterrichtungsschreiben,<br />
Information über die Möglichkeit des Widerspruchs und<br />
dessen Folgen<br />
1. Die Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB wird<br />
nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung nach § 613a<br />
Abs. 5 BGB in Lauf gesetzt.<br />
2. Auch über das Recht zum Widerspruch gegen den Übergang<br />
des Arbeitsverhältnisses ist als rechtliche Folge nach<br />
§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB zu informieren (vgl. BAG v. 13.7.2006 –<br />
8 AZR 305/05). Der Sinn der Unterrichtungspflicht besteht darin,<br />
den betroffenen Arbeitnehmern eine ausreichende Wissensgrundlage<br />
für die Ausübung oder Nichtausübung ihres<br />
Widerspruchsrechts zu verschaffen (vgl. BAG v. 20.3.2008 – 8<br />
AZR 1016/06).<br />
3. Diesen Anforderungen genügt das Schreiben vom<br />
27.6.2011 nicht. Es wäre zumindest auch auf die nicht ganz<br />
fern liegende Möglichkeit eines Ausscheidens mit einer Prämie<br />
nach der VV-Prämie im Falle des Widerspruchs hinzuweisen<br />
gewesen.<br />
2/<strong>2013</strong> 55