Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02
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ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 20 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Allgemeines Vertragsrecht<br />
ligung gemäß § 3 Abs. 2 AGG vor. Die Beklagte stellte allen<br />
Arbeitnehmern, das heißt sowohl schwerbehinderten als auch<br />
nicht schwerbehinderten Mitarbeitern, die Wahlmöglichkeit<br />
zur Verfügung, ob sie an den Brückentagen Erholungsurlaub<br />
oder einen Ausgleich über ein Arbeitszeitkonto in Anspruch<br />
nehmen wollen. Auch schwerbehinderte Menschen können<br />
somit den Arbeitsausfall an den Brückentagen durch Mehrarbeit<br />
an anderen Tagen zum Ausgleich bringen. Diese Ausgleichsmöglichkeit<br />
besteht dann nicht, wenn sie gemäß § 124<br />
SGB IX die Freistellung von Mehrarbeit verlangen und somit<br />
keinen Zeitausgleich durchführen können. Schwerbehinderte<br />
sind gemäß § 124 SGB IX berechtigt, Mehrarbeit abzulehnen.<br />
Der Kläger hat von diesem Recht Gebrauch gemacht und<br />
konnte somit einen Ausgleich bzgl. der an den Brückentagen<br />
entfallenen Arbeitszeit nicht über Mehrarbeit an anderen Tagen<br />
herbeiführen. Dieser Umstand bewirkt aber keine mittelbare<br />
Benachteiligung gemäß § 3 Abs. 2 AGG durch die Beklagte.<br />
Der Kläger wird durch die Vorgehensweise der Beklagten<br />
nicht als Schwerbehinderter benachteiligt. Der Unterschied<br />
zu den Nichtbehinderten ergibt sich allein daraus, dass<br />
der Kläger von einer gesetzlichen Schutzvorschrift zu seinen<br />
Gunsten Gebrauch macht. Die Beklagte hat das Verlangen<br />
des Klägers gemäß § 124 SGB IX respektiert. Der eine gesetzliche<br />
Schutzvorschrift anwendende Arbeitgeber nimmt<br />
keine mittelbare Benachteiligung des geschützten Arbeitnehmers<br />
vor, wenn gerade die Anwendung der Schutzvorschrift<br />
eine unterschiedliche Behandlung im Verhältnis zu anderen<br />
(nicht geschützten) Arbeitnehmern bewirkt.<br />
■ Arbeitsgericht Nürnberg<br />
vom 7.1.<strong>2013</strong>, 3 Ca 5563/12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Bertram Bauer<br />
Martin-Luther-Platz 6-8, 91522 Ansbach<br />
Tel.: 0981/9712700, Fax: 0981/97127030<br />
info@rae-pbw.de; www.rae-pbw.de<br />
83. Ausschlussfrist, Wahrung der Frist durch<br />
Beschäftigungsklage<br />
Die Frist sowohl zur außergerichtlichen als auch zur gerichtlichen<br />
Geltendmachung von Annahmeverzugsansprüchen des<br />
Arbeitnehmers i.S.v. § 15 BRTV-Bau wird durch die Klage des<br />
Arbeitnehmers gerichtet auf tatsächliche Beschäftigung gewahrt.<br />
■ Landesarbeitsgericht Hannover<br />
vom 30.11.2012, 6 Sa 513/12<br />
84. Ausschlussfrist, Verweisung auf unwirksamen<br />
Tarifvertrag<br />
Die in einem unwirksamen Tarifvertrag enthaltene Ausschlussfrist<br />
wird auch durch arbeitsvertragliche Bezugnahme<br />
auf diesen Tarifvertrag nicht Gegenstand des Arbeitsvertrages.<br />
Die Arbeitsvertragsparteien wollen einen Tarifvertrag re-<br />
gelmäßig nur so in Bezug nehmen, wie er auch tarifrechtlich<br />
gilt (entgegen LAG Düsseldorf vom 8.12.2011 – 11 Sa 852/11).<br />
■ Landesarbeitsgericht Hannover<br />
vom 28.11.2012, 2 Sa 76/12<br />
85. Zeugnis, kein Verzicht auf Ehrlichkeitsvermerk nach<br />
unberechtigter Verdachtskündigung<br />
Ist der Arbeitgeber im Kündigungsrechtsstreit mit einer Verdachtskündigung<br />
unterlegen, weil ein triftiger Tatverdacht<br />
nicht feststellbar war, so kann er dem Arbeitnehmer, dem er<br />
wegen dessen Umgangs mit Geld und/oder Sachwerten (hier:<br />
„Abteilungsaufsicht“ im Einzelhandel) nach allgemeinen<br />
zeugnisrechtlichen Grundsätzen den sogenannten „Ehrlichkeitsvermerk“<br />
schuldet, die Bescheinigung besagter Ehrlichkeit<br />
nicht deshalb verweigern, weil er seine subjektiven Zweifel<br />
daran nicht ausgeräumt sieht.<br />
■ Arbeitsgericht Berlin<br />
vom 14.12.2012, 28 Ca 16143/12<br />
86. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot,<br />
Karenzentschädigung, Ermessensentscheidung<br />
Die Wettbewerbsabrede, die die Höhe der Karenzentschädigung<br />
in das Ermessen des Arbeitgebers stellt, ist nicht nichtig.<br />
Bei der gerichtlichen Bestimmung der Höhe der Karenzentschädigung<br />
gemäß § 315 Abs. 3 BGB ist die Regelung des § 74<br />
Abs. 2 HGB zu berücksichtigen.<br />
■ Landesarbeitsgericht Hannover<br />
vom 9.1.<strong>2013</strong>, 16 Sa 563/12<br />
87. Arbeitnehmerüberlassung, Rechtsmissbrauch bei<br />
konzerninterner Überlassungsgesellschaft, nicht nur<br />
vorübergehende Überlassung, Begründung eines<br />
Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher (I)<br />
1. Im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung stellt es einen institutionellen<br />
Rechtsmissbrauch dar, wenn das verleihende<br />
Konzernunternehmen nur an einen oder mehrere Konzernunternehmen<br />
Arbeitnehmer verleiht, nicht am Markt werbend<br />
tätig ist und die Einschaltung dieses verleihenden Unternehmens<br />
nur dazu dient, Lohnkosten zu senken oder kündigungsschutzrechtliche<br />
Wertungen ins Leere laufen zu lassen.<br />
Dies hat zur Folge, dass dem Scheinentleiher die Arbeitgeberstellung<br />
zukommt.<br />
2. Für die Zeit ab dem 1.12.2011 ist eine schon erteilte Erlaubnisnach§1AÜGaufdievorübergehende<br />
Überlassung von<br />
Arbeitnehmern beschränkt. Die Überlassung auf Dauer ist<br />
nicht (mehr) erlaubnisfähig. Erfolgt die Überlassung eines Arbeitnehmers<br />
an den Entleiher nicht nur vorübergehend,<br />
kommt nach §§ 10 Abs. 1 S. 1 2. Alt, 9 Nr. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis<br />
mit dem Entleiher zu Stande.<br />
3. Eine Überlassung von Arbeitnehmern, die auf Dauer angelegt<br />
ist, erfolgt nicht mehr vorübergehend. Dies ist der Fall,<br />
wenn die verliehenen Arbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen<br />
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2/<strong>2013</strong>