Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02
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ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 19 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Allgemeines Vertragsrecht<br />
nehmer in objektiv, angemessen legitimer Weise i.S.d. § 10<br />
Satz 1 und 3 Nr. 1 AGG. Die verlängerte Urlaubsgewährung<br />
verhilft älteren Beschäftigten bei genereller Betrachtung zur<br />
Absicherung ihrer Erwerbsfähigkeit. Die ILO-Empfehlung<br />
Nr. 162 vom 23.6.1980 nennt in Ziff. III Nr. 14 Buchst. b und c<br />
sowohl die Verkürzung der Arbeitszeit als auch die Verlängerung<br />
des bezahlten Jahresurlaub in Referenz zum zunehmenden<br />
Lebensalter als betrieblich probates Mittel zum Schutz<br />
der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 7.9.2012, 6 Sa 709/11<br />
80. Entgeltfortzahlung, fehlende Kausalität bei<br />
vermeintlich ruhendem Arbeitsverhältnis<br />
Ansprüche auf Vergütung von Feiertagen und Krankheitszeiten<br />
setzen voraus, dass die Arbeitsleistung allein wegen des<br />
Feiertags oder der Erkrankung ausfallen. Daran fehlt es, wenn<br />
die Parteien aufgrund einer zunächst gewährten, nachträglich<br />
wieder entzogenen Erwerbsminderungsrente von dem Ruhen<br />
der beiderseitigen Hauptpflichten ausgegangen sind.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 15.1.<strong>2013</strong>, 1 Sa 363/12<br />
81. Mobbing, Ausgrenzung innerhalb der Belegschaft,<br />
keine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch wahre<br />
Tatsachenbehauptung<br />
1. Der Arbeitgeber hat die Pflicht, seine Arbeitnehmer vor Belästigungen<br />
durch Vorgesetzte, Mitarbeiter oder Dritte, auf die<br />
er Einfluss hat, zu schützen und ihnen einen menschengerechten<br />
Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Zu berücksichtigen<br />
ist allerdings, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen,<br />
die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum<br />
erstrecken können, nicht geeignet sind, als rechtswidriger Eingriff<br />
in das Persönlichkeitsrecht oder als Gesundheitsverletzung<br />
zu gelten, und es daher gilt, so genanntes folgenloses<br />
oder sozial- und rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer<br />
objektiven Betrachtungsweise, d.h. ohne Rücksicht auf das<br />
subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von<br />
der rechtlichen Bewertung auszunehmen. Ein Eingriff in das<br />
Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das<br />
Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange<br />
der anderen Seite überwiegt. Wahre Tatsachenbehauptungen<br />
müssen in der Regel hingenommen werden, und zwar auch<br />
dann, wenn sie sich nachteilig auf die betroffene Person auswirken<br />
können. Nur ausnahmsweise überwiegen bei wahren<br />
Aussagen die Persönlichkeitsbelange. Im Fall von Äußerungen<br />
im Rahmen der Sozialsphäre trifft das nur auf Fälle schwerwiegender<br />
Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht zu, wenn<br />
etwa eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung<br />
zu besorgen ist. Zur Sozialsphäre zählt insbesondere<br />
das berufliche Wirken des Einzelnen.<br />
2. Die (zutreffende) Äußerung, die aus anhängigen Vergütungsklagen<br />
resultierenden wirtschaftlichen Risiken stünden<br />
Allgemeines Vertragsrecht<br />
der Gewährung von Sonderzahlungen entgegen, ist zur Stigmatisierung<br />
oder sozialen Ausgrenzung der Kläger nicht geeignet,<br />
auch wenn sie innerhalb der Belegschaft zu Anfeindungen<br />
führt.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 7.9.2012, 6 Sa 703/11<br />
82. Urlaub, Verzugslohn bei unzureichender Anordnung<br />
von Betriebsurlaub, Brückentage, keine Benachteiligung<br />
von Schwerbehinderten, die keine Mehrarbeit leisten<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
1. (…) Im vorliegenden Fall hat die Beklagte nicht dargelegt,<br />
dass sie die erforderliche Freistellungserklärung im Hinblick<br />
auf die Gewährung von Erholungsurlaub gegenüber<br />
dem Kläger abgegeben hat. Sie hat vielmehr vorgetragen,<br />
dass die Belegschaft und damit auch der Kläger darüber informiert<br />
wurde, dass der Betrieb an den Brückentagen, das heißt<br />
auch am 30.4.2012, geschlossen bleibt und die Mitarbeiter<br />
sich entscheiden können, ob sie an diesem Tag Urlaub nehmen<br />
wollen oder eine Verrechnung mit Mehrarbeit an anderen<br />
Tagen (Ausgleich über Arbeitszeitkonto) vornehmen<br />
möchten. Damit wurde keine Freistellungserklärung im oben<br />
dargestellten Sinne abgegeben. Die Beklagte hat es als Arbeitgeberin<br />
vielmehr den Arbeitnehmern überlassen, ob diese einen<br />
Antrag auf Gewährung von Erholungsurlaub für den fraglichen<br />
Tag stellen möchten oder den Ausgleich über das Arbeitszeitkonto<br />
vorziehen. Die Beklagte selbst hat im Vorfeld<br />
des 30.4.2012 keine Freistellungserklärung bezüglich der Urlaubsgewährung<br />
abgegeben, sondern nur entschieden, dass<br />
der Betrieb geschlossen bleibt, und im Übrigen den Mitarbeitern<br />
zwei verschiedene Vorgehensweisen bezüglich der<br />
Arbeitszeit angeboten.<br />
Mangels konkreter Freistellungserklärung bezüglich Urlaubsgewährung<br />
hat die Beklagte auch keinen sogenannten Betriebsurlaub<br />
bzw. Betriebsferien wirksam angeordnet. Es kann<br />
daher dahingestellt bleiben, ob eine solche Anordnung nur<br />
für einzelne „Brückentage“ rechtswirksam möglich wäre. Hieran<br />
bestehen Zweifel, weil gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 BUrlG der<br />
Urlaub zusammenhängend zu gewähren ist, es sei denn,<br />
dass dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers<br />
liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich<br />
machen (vgl. Hommerich/Boecken/DüweII-DüwelI, Arbeitsrecht,<br />
2. Aufl., § 7 BurlG, Rn 70; ErfK/Gallner, 13. Aufl., § 7<br />
BUrlG, Rn 26). Ein dringender betrieblicher Grund für die<br />
Schließung des Betriebes an einem bestimmten einzelnen Tag<br />
könnte zum Beispiel darin liegen, dass der Betrieb an diesem<br />
Tag mangels Belieferung nicht produktionsfähig ist oder andere<br />
Gründe vorliegen, die es dem Arbeitgeber unmöglich<br />
oder unzumutbar machen, den Betriebsablauf durchzuführen.<br />
Solche Umstände hat die Beklagte nicht vorgetragen. (…)<br />
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigung aufgrund<br />
Diskriminierung wegen seiner Behinderung gemäß<br />
§ 15 Abs. 2 AGG. (…) Es liegt auch keine mittelbare Benachtei-<br />
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