Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02
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ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 12 von 42,<br />
Aufsätze/Beiträge<br />
und Notwendigkeiten umfassend zu unterrichten und zu belehren.<br />
Kein Urteil, keine Anmerkung – die Angelegenheit zeigt, dass<br />
auch solche „Nichtentscheidungen“ in der anwaltlichen Praxis<br />
zu beachten sind.<br />
Kostenfallen beim Vergleichsschluss vermeiden<br />
Volker Thiele, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Düren<br />
Schließen die Parteien einen Vergleich, der das gesamte Verfahren<br />
erledigt, entfällt die gerichtliche Verfahrensgebühr gemäß<br />
Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz Nr. 8210<br />
Abs. 2. Wird jedoch über Teile des anhängigen Verfahrens anderweitig<br />
entschieden, sind die Voraussetzungen der Norm<br />
nicht erfüllt und die Verfahrensgebühr muss bezahlt werden.<br />
Dieser Sachverhalt sollte weitgehend bekannt sein.<br />
Es gibt allerdings Sachverhalte, die so versteckt zur Aufrechterhaltung<br />
der Verfahrensgebühr führen, dass sie selbst das Arbeitsgericht<br />
Köln zu folgender Bemerkung veranlasst haben:<br />
„Die Kammer möchte jedoch keinen Hehl daraus machen,<br />
dass die Regelungen in Teil 8 des Kostenverzeichnisses wenig<br />
praxisnah sind und teilweise – sowohl zu Lasten der Kostenschuldner<br />
als auch zu Lasten der Staatskasse – zu ungerechten<br />
Ergebnissen führen können. Die Kammer ist aber an die<br />
gesetzlichen Vorgaben gebunden und es steht ihr nicht zu,<br />
die gesetzgeberischen <strong>Entscheidungen</strong> durch eigene Wertungen<br />
zu ersetzen.“ (Beschl. v. 12.4.<strong>2013</strong>, 2 Ca 9003/12).<br />
Hintergrund dieses Beschlusses war ein Verfahren, in dem der<br />
Kläger sich gegen eine Kündigung wehrte und zugleich die<br />
Zahlung diverser Lohnbestandteile einforderte. Unmittelbar<br />
vor dem Gütetermin erfüllte der Arbeitgeber einige der Zahlungsforderungen,<br />
was die Parteien übereinstimmend im Termin<br />
erklärten. Das nahm der Vorsitzende Richter zum Anlass,<br />
in das Protokoll aufzunehmen, dass die Parteien die hierauf<br />
bezogenen Anträge übereinstimmend für erledigt erklären<br />
würden. Im unmittelbaren Anschluss daran schlossen die Parteien<br />
über die Kündigung und die verbleibenden Zahlungsanträge<br />
einen abschließenden Vergleich. Am Schluss des Gütetermins<br />
war das Verfahren also umfassend beendet. Die Parteivertreter<br />
gingen von einem Wegfall der Verfahrensgebühr<br />
aus.<br />
Das war jedoch ein Irrtum, denn alsbald danach erhielt der<br />
Kläger von der Gerichtskasse eine Kostenrechnung über eine<br />
Verfahrensgebühr. Als er sich dagegen unter Hinweis darauf,<br />
dass der Vergleich mit Rücksicht auf das vorangegangene Geschehen<br />
doch abschließenden Charakter hatte, zur Wehr<br />
setzte, wurde er belehrt, dass ja durch den Vergleich nicht das<br />
gesamte Verfahren erledigt worden sei. Ein Teil wäre ja schon<br />
zuvor durch schlichte Erledigungserklärung beendet worden,<br />
also nur der restliche Teil durch den Vergleich. Über die Kos-<br />
ten des für erledigt erklärten Teils sei daher von Amts wegen<br />
gesondert entschieden worden. Die Beendigung des Verfahrens<br />
insgesamt beruhe also z.T. auf einem Vergleich, zum Teil<br />
auf einer gerichtlichen Entscheidung. Deshalb entfalle die<br />
Verfahrensgebühr eben nicht. Dem schloss sich das Gericht in<br />
dem bereits wiedergegebenen Beschluss an.<br />
Was hätte geschehen müssen, um diese doch etwas kuriose<br />
Kostenfolge zu vermeiden?<br />
Die Parteien hätten vor Abgabe jeglicher prozessbeendender<br />
Erklärung den gesamten Streitstoff erörtern und auf eine Einigungsmöglichkeit<br />
überprüfen müssen. In diesem Fall hätten<br />
sie in einem Gesamtvergleich nur noch geregelt, was bezüglich<br />
der Kündigung zu geschehen habe und welche der eingeklagten<br />
Forderungen noch zu erfüllen seien, wobei die bereits<br />
erfüllten nicht mehr erwähnt worden wären. Das hätte zur<br />
umfassenden Erledigung des Rechtsstreits genügt. Eine Ausgleichsklausel<br />
hätte das zwar noch deutlicher machen können,<br />
wäre aber nicht erforderlich gewesen.<br />
Was manchmal aus verhandlungstaktischen Gründen sinnvoll<br />
ist, nämlich einen umfangreichen Streitgegenstand Stück für<br />
Stück abzuarbeiten, kann also zur Kostenfalle werden. Als angenehmer<br />
Nebeneffekt eines umfassenden Vergleichs wäre<br />
der Streitwert für die Einigungsgebühr gestiegen. Aber auch<br />
das kann man vermeiden. Es hätte genügt, wenn die Parteien<br />
im Zusammenhang mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung<br />
von Zahlungsanträgen auch ihre Einigung darüber<br />
zu Protokoll gegeben hätten, wer die Gerichtskosten des erledigten<br />
Teils zu tragen habe. Sie hätten das aber auch noch im<br />
Rahmen des abschließenden Vergleichs nachholen können.<br />
Eine solche Regelung kann bei sachlicher Betrachtung keinen<br />
materiellen Streit unter den Parteien auslösen, denn die Folge<br />
der Regelung der Kostenpflicht wäre ja mit Rücksicht auf die<br />
einleitend dargestellte Bestimmung des Kostenverzeichnisses<br />
der Wegfall der Gerichtskosten gewesen, über deren Tragungspflicht<br />
man sich gerade geeinigt hat. Übrig bleiben allein<br />
Zustellungskosten, die zumeist wegen Geringfügigkeit<br />
nicht erhoben werden.<br />
Diese Vermeidungsstrategien können aber an der Richtigkeit<br />
des Zitats aus dem Beschluss des Arbeitsgerichts Köln nichts<br />
ändern. DAV und BRAK sind aufgerufen, auf eine Änderung<br />
der Bestimmung zum Gerichtskostengesetz hinzuwirken.<br />
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2/<strong>2013</strong>