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Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02

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ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 11 von 42,<br />

Aufsätze/Beiträge<br />

und die Bundesagentur für Arbeit gegenüber der Arbeitgeberin<br />

den gesetzlichen Forderungsübergang angezeigt. Für einen<br />

ersten Zeitraum hatte die Bundesagentur den auf sie<br />

übergegangenen Vergütungsbestandteil realisieren können.<br />

Einige Zeit bevor vor dem Arbeitsgericht über den Vergütungsanspruch<br />

für den Folgezeitraum verhandelt wurde,<br />

hatte der damalige Bevollmächtigte der Klägerin die Bundesagentur<br />

darauf aufmerksam gemacht, dass er die Klage wegen<br />

fehlender Aktivlegitimation der Klägerin, soweit der Anspruch<br />

auf die Bundesagentur übergegangen wäre, zurücknehmen<br />

müsse, wenn die Klägerin von der Bundesagentur<br />

nicht zur Geltendmachung ermächtigt würde. An den Kosten<br />

könne sich die Bundesagentur dann anteilig beteiligen. Die<br />

Bundesagentur antwortete auf dieses Schreiben nicht. Die<br />

Klägerin musste daraufhin die Klage insoweit zurücknehmen.<br />

Obwohl auch in der Folgezeit noch einmal darauf hingewiesen<br />

wurde, dass die Bundesagentur wegen tariflicher Ausschlussfristen,<br />

die allgemeinverbindlich waren, ihrer Ansprüche<br />

verlustig gehen könne, veranlasste die Bundesagentur zunächst<br />

nichts und sah sich später dem Einwand ausgesetzt,<br />

die auf sie übergegangenen Vergütungsansprüche seien verfallen.<br />

Die Klägerin beantragte bei der Bundesagentur nach Ablauf<br />

der Förderungshöchstdauer, ihr weiter Arbeitslosengeld zu<br />

gewähren; an ihr habe es nicht gelegen, dass die Bundesagentur<br />

die ihr zustehenden Forderungen nicht realisieren<br />

konnte. Den Antrag lehnte die Bundesagentur ab, der hiergegen<br />

eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Das Sozialgericht<br />

Darmstadt gab der Klage, mit der die Klägerin diesen Anspruch<br />

weiterverfolgte, mit Urt. v. 5.3.2009–S11AL259/08 –<br />

statt und stützte dies auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.<br />

Die hiergegen von der Bundesagentur eingelegte<br />

Berufung blieb erfolglos. Das Hessische Landessozialgericht<br />

begründete sein Urt. v. 2.9.2011 –L9AL107/09, ASR 2011,<br />

241–250, nur hilfsweise über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch,<br />

machte stattdessen darauf aufmerksam, dass<br />

die von der Rechtsprechung gebilligte Verwaltungspraxis,<br />

dass Zeiten, in denen Arbeitslosengeld gleichwohl gewährt<br />

wurde, dann „gutzuschreiben“ sind, wenn die Bundesagentur<br />

den auf sie übergegangenen Vergütungsanspruch realisiert,<br />

auf Billigkeitsgesichtspunkten beruht, die im vorliegenden<br />

Fall, in dem die Klägerin alles in ihrer Macht stehende veranlasst<br />

hatte, die Bundesagentur zur Geltendmachung der auf<br />

sie übergegangenen Vergütungsansprüche zu veranlassen,<br />

ebenfalls zu einer „Gutschrift“ führen müssten. Es sei unbillig,<br />

der Klägerin nicht auch den Zeitraum, in der sie das Arbeitslosengeld<br />

gleichwohl erhalten habe, gutzuschreiben. Die von<br />

dem Hessischen Landessozialgericht zugelassene und von der<br />

Bundesagentur eingelegte Revision führte dann in der mündlichen<br />

Verhandlung zu einem Vergleich.<br />

Hintergrund des von dem Senat vorgeschlagenen Vergleichs<br />

war dabei die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, auf<br />

die zunächst aufmerksam gemacht werden soll, dass auch aus<br />

einem während des Bezuges von Arbeitslosengeld im Wege<br />

der Gleichwohlgewährung (§ 157 Abs. 3 SGB III; § 143 Abs. 3<br />

SGB III a.F., § 117 Abs. 4 AFG) fortbestehenden Arbeitsverhältnisses<br />

eine neue Anwartschaft auf Arbeitslosengeld entstehen<br />

kann (BSG, Urt. v. 11.6.1987 – 7 RAr 16/86; Urt. v.<br />

3.6.2004 – B 11 AL 70/03 R; Urt. v. 4.7.2012 – B 11 AL 16/11 R).<br />

In der Praxis bedeutet dies, dass in solchen „Gleichwohlgewährungsfällen“,<br />

in denen der auf die Bundesagentur übergegangene<br />

Vergütungsanspruch realisiert werden, der Mandant<br />

zu veranlassen ist, gegebenenfalls einen neuen Bewilligungsantrag<br />

zu stellen.<br />

Kein Urteil, keine Anmerkung … eines so begründeten Vergleichs<br />

hätte es nicht bedurft, wenn die von den Vordergerichten<br />

vertretene Rechtsauffassung – in dieser besonderen<br />

Fallgestaltung entspräche die „Gutschrift“ der Billigkeit, obwohl<br />

der Vergütungsanspruch nicht realisiert werden konnte<br />

oder die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs<br />

griffen – auch vor dem Bundessozialgericht Bestand<br />

gehabt hätte. Daher ist der Schluss, die Bundesagentur hätte<br />

mit ihrer Revision Erfolg haben können, mehr als naheliegend.<br />

Man muss wohl annehmen, dass die Bundesagentur zumindest<br />

nicht zur Ermächtigung der Klägerin zur Geltendmachung<br />

der übergegangenen Vergütungsansprüche gegen<br />

eine Kostenbeteiligung verpflichtet gewesen ist.<br />

Eine solche Schlussfolgerung lässt den arbeitsrechtlichen Berater<br />

durchaus ratlos zurück. Die arbeitsrechtliche Rechtsprechung<br />

verneint – zu Recht – die Aktivlegitimation der Arbeitnehmerin<br />

in solchen Fallgestaltungen. Es liegt eine cessio legis<br />

vor, die dazu führt, dass nicht mehr die Arbeitnehmerin,<br />

wohl aber die Bundesagentur für Arbeit aktivlegitimiert ist.<br />

Die sozialgerichtliche Rechtsprechung verneint eine Verpflichtung<br />

der Bundesagentur für Arbeit, die hiervon betroffenen<br />

Arbeitslosen zur Ermächtigung der Geltendmachung der Vergütungsansprüche<br />

gegen eine Kostenbeteiligung zu veranlassen.<br />

Ein Kostenersatz für die gerichtliche Geltendmachung<br />

ist wegen der arbeitsgerichtlichen Besonderheiten erstinstanzlich<br />

nicht zu erreichen. Das Kostenrisiko trägt also allein<br />

der Arbeitslose, nicht nur in den Fällen, in denen eine Rechtsschutzversicherung<br />

Deckungsschutz gewährt, ein Problem. Es<br />

kommt hinzu, dass die Praxis zeigt, dass es durchaus schwierig<br />

ist, insbesondere bei nahendem Verfall der Ansprüche, von<br />

der Bundesagentur überhaupt eine (positive) Reaktion auf<br />

solche Anfragen, ob man denn zur Geltendmachung ermächtigt<br />

werde, zu erhalten. Die Bundesagentur täte gut daran,<br />

ihre diesbezügliche Verwaltungspraxis zu überprüfen und<br />

eine Weisungslage zu schaffen, die den Arbeitsagenturen vor<br />

Ort ein verbindliches Vorgehen vorschreibt. Auf solche Weisungen<br />

könnte man sich in der anwaltlichen Praxis gegenüber<br />

„zögerlichen“ Arbeitsagenturen durchaus berufen. In<br />

den nicht so seltenen Verfahren, in denen nicht nur Kündigungen<br />

angegriffen werden, sondern auch Vergütungsansprüche<br />

geltend zu machen sind, um sie vor dem Verfall bei<br />

(zweistufigen) Ausschlussfristen zu schützen, sind die Mandanten<br />

über die arbeitsförderungsrechtlichen Auswirkungen<br />

2/<strong>2013</strong> 45

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