Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02
Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02
Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 1 von 42,<br />
Editorial<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
liebe Leserinnen und Leser,<br />
während sich nach einem allzu langen Winter nun, immerhin kurz vor<br />
Beginn des meteorologischen Sommers, die ersten Sonnenstrahlen<br />
zeigen, kann von einer Aufhellung am Himmel der Leiharbeitsbranche<br />
keine Rede sein. Nach der Flut von Equal-Pay-Klagen stehen nun<br />
neue Fragen zur Beantwortung an, die von der Instanzrechtsprechung,<br />
die Sie in diesem Heft finden, recht unterschiedlich beantwortet<br />
werden: Muss die Überlassung zwingend mit einer zeitlichen Begrenzung<br />
versehen sein und darf der Betriebsrat die Zustimmung zu<br />
der Einstellung eines nicht nur vorübergehend überlassenen Arbeitnehmers<br />
verweigern? Falls die dauerhafte Überlassung unwirksam ist,<br />
begründet dies ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher? Welche Anforderungen<br />
sind an die Transparenz einer Verweisungsklausel zu<br />
stellen und ist der Verweis auf einen unwirksamen CGZP-Tarifvertrag<br />
überhaupt wirksam? Einige dieser Fragen harren ihrer abschließenden<br />
Beantwortung durch das BAG, das seinerseits mit mehreren Urteilen<br />
vom 13.3.<strong>2013</strong> zu anderen Punkten Klarheit geschaffen hat: Das<br />
Vertrauen in die Wirksamkeit der CGZP-Tarifverträge ist nicht geschützt<br />
und steht dem Equal-Pay-Anspruch nicht entgegen. Auch die<br />
in neueren Verträgen enthaltene Verweisung auf den mehrgliedrigen<br />
Tarifvertrag der CGZP ist mangels ausreichender Transparenz unwirksam.<br />
Zudem zählen regelmäßig beschäftigte Leiharbeitnehmer entgegen<br />
der bislang gefestigten Rechtsprechung nun doch mit bei der<br />
Zahl der Betriebsratsmitglieder gem. § 9 BetrVG. Allein die Frage des<br />
Verfalls von Equal-Pay-Ansprüchen durch (wirksame) vertragliche<br />
Ausschlussfristen ist zugunsten der Verleihunternehmen entschieden<br />
worden, indem das BAG bestätigt hat, dass die Ausschlussfristen bereits<br />
mit Fälligkeit des Zahlungsanspruchs, nicht erst mit der Kenntnis<br />
von der Unwirksamkeit der CGZP-Tarifverträge zu laufen begonnen<br />
haben.<br />
Diese Tendenz der Rechtsprechung, die Arbeitnehmerüberlassung<br />
einzuschränken, zieht alternative Vertragsgestaltungen nach sich. Immer<br />
häufiger werden in der betrieblichen Praxis an Stelle von Überlassungsverträgen<br />
Dienst- oder Werkverträge geschlossen, deren Abgrenzung<br />
zur verdeckten Arbeitnehmerüberlassung ebenfalls<br />
Schwierigkeiten begegnet. Dem soll nun der Gesetzgeber abhelfen:<br />
Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vom 19.2.<strong>2013</strong> (BT-Drucks 17/<br />
12378), der in seiner Konzeption an die wenig geglückten Vermutungstatbestände<br />
zur Feststellung von Scheinselbständigkeit in § 7<br />
Abs. 4 SGB IV in der bis zum 31.12.20<strong>02</strong> geltenden Fassung erinnert,<br />
soll verdeckte Arbeitnehmerüberlassung aufdecken und die Beteiligungsrechte<br />
der Betriebsverfassung erheblich ausweiten. Mit einer<br />
Umsetzung dieses Gesetzentwurfs in der laufenden Legislaturperiode<br />
ist zwar nicht zu rechnen, doch bleibt die Diskussion über Fluch oder<br />
Segen der Arbeitnehmerüberlassung nicht zuletzt aufgrund der immer<br />
wieder auftretenden Missbrauchsfälle, die in der Öffentlichkeit<br />
medienwirksam angeprangert werden, lebendig. Die Arbeitsgemeinschaft<br />
Arbeitsrecht ist bestrebt, diese Entwicklung aktiv zu begleiten<br />
2/<strong>2013</strong> 35
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 2 von 42,<br />
Editorial<br />
und wird auf dem 1. Deutschen Arbeitsrechtstag am 23./24.<br />
Januar 2014 in Berlin einen besonderen Schwerpunkt auf den Umgang<br />
mit diesen Arbeitsformen legen. Auf Ihre rege Teilnahme an dieser<br />
spannenden Diskussion freuen wir uns bereits heute.<br />
Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer und eine anregende Lektüre.<br />
Möge sie Ihnen Nutzen bringen.<br />
Ihre<br />
Nathalie Oberthür<br />
36<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 3 von 42,<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Seite<br />
Aufsätze/Beiträge 39<br />
Andreas Hützen, Facebook & die Folgen,<br />
<strong>Arbeitsrechtliche</strong> Probleme bei der Nutzung sozialer Netzwerke 39<br />
Dr. Hans-Georg Meier, Achtung Haftungsfalle 43<br />
Martin Schafhausen, Kein Urteil, keine Anmerkung 44<br />
Volker Thiele, Kostenfallen bei Vergleichsschluss vermeiden 46<br />
PM Dr. Johannes Fiala/Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Hanseatisches Oberverwaltungsgericht:<br />
Auch rückgedeckte Unterstützungskasse ist nicht insolvenzsicher<br />
– Warum rückgedeckte Unterstüzungskassen zur Arbeitgeberhaftung führen 47<br />
Nachruf: Paul-Werner Beckmann 49<br />
Hinweis auf Vortrag von Dr. Stefan Röhrborn und Heike Krüger: Wenn aus Vertragspartnern Gegner werden 49<br />
Inhaltsverzeichnis der <strong>Entscheidungen</strong> 50<br />
<strong>Entscheidungen</strong> 52<br />
Rezensionen 72<br />
Busmann, Johanna, Chefsache Mandantenakquisition, Erfolgreiche Akquisition für Anwälte 72<br />
Röller, Jürgen (Hrsg.), Küttner – Personalhandbuch <strong>2013</strong> 72<br />
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.), Übersicht über das Arbeitsrecht/Arbeitsschutzrecht <strong>2013</strong>/2014 73<br />
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.), Übersicht über das Sozialrecht <strong>2013</strong>/2014 73<br />
Stichwortverzeichnis 74<br />
Impressum 76<br />
2/<strong>2013</strong> 37
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 4 von 42,<br />
Liste der AE-Einsender<br />
Liste der AE-Einsender<br />
AE kann ihr Informationsziel nur erreichen, wenn möglichst viele <strong>Entscheidungen</strong> aus der Mitgliedschaft der Arbeitsgemeinschaft<br />
Arbeitsrecht im DAV kommen. Wir nennen daher hier regelmäßig mit Dank und Lob diejenigen, die sich um die AE<br />
besonders verdient gemacht haben.<br />
Einsender mit mehr als 40 <strong>Entscheidungen</strong><br />
Bauer Bertram Ansbach<br />
Berrisch Hansjörg Gießen<br />
Graumann Ingo Iserlohn<br />
Höser, Dr. Jürgen Frechen<br />
Mansholt Werner Darmstadt<br />
Puhr-Westerheide Christian Duisburg<br />
Schrader, Dr. Peter Hannover<br />
Einsender mit mehr als 20 <strong>Entscheidungen</strong><br />
Brötzmann, Dr. Ulrich Mainz<br />
Franzen Klaus-Dieter Bremen<br />
Gussen, Dr. Heinrich Rheda-Wiedenbrück<br />
Hilligus Kurt-Jörg Neustadt i.Holst.<br />
Kelber, Dr. Markus Berlin<br />
Koch, Dr. Friedemann Berlin<br />
Link Jochen Villingen<br />
Lodzik Michael Darmstadt<br />
Müller Steffen Iserlohn<br />
Neef, Prof. Dr. Klaus Hannover<br />
Rütte Klemens Hamm<br />
Schmitt Jürgen Stuttgart<br />
Seidemann, Dr. Gisbert Berlin<br />
Tschöpe, Dr. Ulrich Gütersloh<br />
Weberling, Prof. Dr. Johannes Berlin<br />
Zeißig, Dr. Rolf Berlin<br />
Einsender mit mehr als 10 <strong>Entscheidungen</strong><br />
Banse, Dr. Thomas Düren<br />
Bauer Dietmar Wiehl<br />
Behrens Walter Hamburg<br />
Chaudry Ijaz Frankfurt/M.<br />
Clausen Dirk Nürnberg<br />
Clemenz, Dr. Susanne Gütersloh<br />
Cornelius Astrid Darmstadt<br />
Dribusch Bernhard Detmold<br />
Faecks Friedhelm Marburg<br />
Geus Franz Schweinfurt<br />
Gosda Ralf Ahlen<br />
Gravenhorst, Dr. Wulf Düsseldorf<br />
Heinemann Bernd St. Augustin<br />
Hertwig, Dr. Volker Bremen<br />
Hesse, Dr. Walter Berlin<br />
Jung Nikolaus Oberursel<br />
Krügermeyer-<br />
Kalthoff Rolf Köln<br />
Krutzki Gottfried Frankfurt a.M.<br />
Lampe, Dr. Christian Berlin<br />
Matyssek Rüdiger Ratingen<br />
Müller-Knapp Klaus Hamburg<br />
Müller-Wiechards Wolfram Lübeck<br />
Pauly, Dr. Stephan Bonn<br />
Peter Michael Bad Honnef<br />
Schäder, Dr. Gerhard München<br />
Schaefer Rolf Hannover<br />
Schmalenberg, Dr. Werner Bremen<br />
Schramm Joachim Lübbecke<br />
Schulz, Dr. Georg R. München<br />
Sparla Franz Aachen<br />
Straub, Dr. Dieter München<br />
Thiele Volker Düren<br />
Weber Axel Frankfurt/M.<br />
Zahn Thomas Berlin<br />
Einsender mit 5–9<strong>Entscheidungen</strong><br />
Beckmann Paul-Werner Herford<br />
Böse Rainer Essen<br />
Brammertz, Dr. Dieter Aachen<br />
Crämer Eckart Dortmund<br />
Daniels Wolfgang Berlin<br />
Eckert, Dr. Helmut Offenbach<br />
Fischer Ulrich Frankfurt/Main<br />
Fromlowitz Horst Essen<br />
Gehrmann Dietrich Aachen<br />
Goergens Dorothea Hamburg<br />
Greinert, Jaqueline Kassel<br />
Grimm, Dr. Detlev Köln<br />
Heimann Marco Cham<br />
Herbert, Dr. Ulrich Coburg<br />
Hjort Jens Hamburg<br />
Karle Gerd Balingen<br />
Keller Thomas München<br />
Kern Jan H. Hamburg<br />
Kistner Heinz Hannover<br />
Krafft Alexander Öhringen<br />
Kühn Stefan Karlsruhe<br />
Kunzmann, Dr. Walter Euskirchen<br />
Matissek Reinhard Kaiserslautern<br />
Pouyadou, Dr. Richard M. Augsburg<br />
Preßer Wolfgang Neunkirchen<br />
Pütter, Dr. Albrecht Flensburg<br />
Richter Klaus Bremen<br />
Richter, Dr. Hanns-Uwe Heidelberg<br />
Schäfer Dieter Essen<br />
Schipp, Dr. Johannes Gütersloh<br />
Schneider-Bodien Marcus Düsseldorf<br />
Striegel Bernhard Kassel<br />
Struckhoff Michael H. München<br />
Sturm Joachim Bottrop<br />
Theissen-<br />
Graf Schweinitz Ingo Hagen<br />
Thieme Hans Frankfurt/M.<br />
Thon Horst Offenbach<br />
Vrana-Zentgraf Silke Darmstadt<br />
Zirnbauer Ulrich Nürnberg<br />
38<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 5 von 42,<br />
Aufsätze/Beiträge<br />
Facebook & die Folgen – <strong>Arbeitsrechtliche</strong> Probleme bei der<br />
Nutzung sozialer Netzwerke *<br />
Rechtsanwalt Andreas Hützen, Düsseldorf<br />
I. Einleitung<br />
Die Vernetzung der Welt begann am 6.8.1991. An diesem Tag<br />
stellte Tim Berner Lee das für die europäische Forschungseinrichtung<br />
CERN entwickelte WorldWideWeb online. 1 Seitdem<br />
hat sich das ursprünglich für den Informationsaustausch zwischen<br />
Wissenschaftlern konzipierte elektronische Netz explosionsartig<br />
über die gesamte Welt verteilt. Inzwischen ist die<br />
online-Weltbevölkerung auf über 2,2 Milliarden Menschen angewachsen.<br />
Knapp die Hälfte davon, gut 1 Milliarde Nutzer,<br />
vereint das soziale Netzwerk Facebook nach eigenen Angaben<br />
inzwischen auf seiner Seite. 2 Gemessen an den Nutzerzahlen<br />
wäre Facebook damit nach China und Indien das drittgrößte<br />
Land der Welt. Das ist umso erstaunlicher, wenn man<br />
bedenkt, dass das Unternehmen Facebook bzw. die Website<br />
gerade einmal neun Jahre alt ist. Gegründet im Februar 2004<br />
hat das soziale Netzwerk einen rasanten Aufstieg genommen.<br />
Benötigte der Hörfunk noch 38 Jahre um die Schwelle von 50<br />
Millionen Nutzern zu überschreiten, gelang dies dem Fernsehen<br />
nach 13 Jahren. Facebook wiederum erreichte die<br />
Schwelle von 100 Millionen Nutzern bereits nach gut vier Jahren<br />
3 .<br />
Facebook ist damit längst zum Synonym für die Vielzahl sozialer<br />
Netzwerke geworden. 4 Von den über 53 Millionen Internetnutzern<br />
in Deutschland nutzen ca. 76% (38 Millionen) ein soziales<br />
Netzwerk. Etwa 9 Millionen Menschen nutzen ihre sozialen<br />
Netzwerke auch während ihrer Arbeitszeit – zu privaten<br />
Zwecken.<br />
Angesichts dieser Zahlen, der weiten Verbreitung und der<br />
weiterhin steigenden Nutzung sozialer Netzwerke ist es kein<br />
Wunder, dass soziale Netzwerke auch und gerade für das Arbeitsleben<br />
stetig größere Bedeutung erlangen.<br />
Welche arbeitsrechtlichen Auswirkungen sich daraus ergeben,<br />
wird nachstehend im Überblick und begrenzt auf drei<br />
wesentliche Themenfelder aufgezeigt:<br />
II. Social Media Monitoring<br />
Soziale Netzwerke finden nicht nur bei Arbeitnehmern Anklang.<br />
Auch die Arbeitgeber haben längst die Möglichkeiten<br />
sozialer Netzwerke erkannt. Knapp die Hälfte der deutschen<br />
Unternehmen nutzen nach einer Umfrage des Branchendienstes<br />
BITKOM mittlerweile soziale Medien. 5 Zum einen präsentieren<br />
sich Unternehmen in sozialen Netzwerken und rekrutieren<br />
neue Mitarbeiter über soziale Netzwerke. Zum anderen<br />
recherchieren Unternehmen aber auch in sozialen Netzwerken<br />
und allgemeiner im Internet über ihre Bewerber und<br />
Arbeitnehmer. Die Zulässigkeit einer Bewerber-/Mitarbeiterrecherche<br />
im Internet bzw. in sozialen Netzwerken („Mitarbeitergoogeln“)<br />
ist jedoch fraglich.<br />
III. Bewerberrecherche<br />
Informationen, die ein zukünftiger Arbeitgeber über einen Bewerber<br />
im Internet recherchiert, sind denknotwendig personenbezogen.<br />
Das Bewerber- oder Mitarbeitergoogeln stellt<br />
mithin eine Datenerhebung im Sinne des § 3 Abs. 3 BDSG dar.<br />
Gemäß § 3 Abs. 11 Nr. 7 BDSG zählen auch Bewerber als Beschäftigte.<br />
Nach §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 4 Abs. 1 BDSG bedarf es somit einer<br />
Einwilligung des Bewerbers oder aber eines durch Gesetz<br />
oder eine andere Rechtsvorschrift eingeräumten Erlaubnistatbestandes,<br />
um Daten des Bewerbers im Internet bzw. in sozialen<br />
Netzwerken erheben zu können.<br />
1. Einwilligung<br />
Als Legitimation für die Beschaffung personenbezogener Angaben<br />
aus dem Netz kommt gemäß § 4 Abs. 1 Alt. 2 BDSG zunächst<br />
eine Einwilligung des Bewerbers in Betracht. In der Praxis<br />
wird es hieran regelmäßig fehlen. Die Einwilligung bedarf<br />
nach § 4a Abs. 1 S. 3 BDSG der Schriftform und muss sich, soweit<br />
besondere personenbezogene Daten nach §3Abs.9<br />
BDSG erhoben werden sollen, ausdrücklich auf diese Daten<br />
beziehen, § 4a Abs. 3 BDSG. Ohnehin ist die Einwilligung als<br />
Erlaubnistatbestand für eine Datenerhebung, -verarbeitung<br />
oder -nutzung personenbezogener Daten fragwürdig, da die<br />
* Der Beitrag basiert auf dem auf der 65. Tagung der Arbeitsgemeinschaft<br />
Arbeitsrecht im DAV durchgeführten<br />
Workshop „Facebook & die Folgen“. Die Vortragsform<br />
wurde beibehalten und um Fußnoten ergänzt. Auf einen<br />
umfassenden Fußnotenapparat wurde indes verzichtet.<br />
1 Die erste Webadresse lautete: http://info.cern.ch.<br />
2 Quelle: http://newsroom.fb.com/Key-Facts (Stand Dezember<br />
2012).<br />
3 https://blog.facebook.com/blog.php?post=28111272130.<br />
4 Eine Übersicht aktiv genutzter sozialer Netzwerke ist unter<br />
http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_social_networking_websites<br />
abrufbar.<br />
5 Presseinformation des BITKOM e.V. vom 17.05.2012, abrufbar<br />
unter http://www.bitkom.org/files/documents/BIT-<br />
KOM_Presseinfo_Hintergrund_Soziale_Medien_17_05_<br />
2012.pdf<br />
2/<strong>2013</strong> 39
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 6 von 42,<br />
Aufsätze/Beiträge<br />
gemäß § 4a Abs. 1 S. 1 BDSG erforderliche Freiwilligkeit einer<br />
solchen Erklärung zweifelhaft ist. 6<br />
2. § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG<br />
Als Erlaubnistatbestand bleibt somit nur eine Rechtsvorschrift<br />
übrig. Der Blick fällt damit auf die für Beschäftigungsverhältnisse<br />
geschaffene Norm des § 32 BDSG. Nach § 32 BDSG dürfen<br />
personenbezogene Daten jedoch nur erhoben, verarbeitet<br />
oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über<br />
die Begründung des Arbeitsverhältnisses oder für dessen<br />
Durchführung erforderlich ist. Zur Begründung des Arbeitsverhältnisses<br />
erforderlich wird eine online-Datenrecherche<br />
über den Bewerber jedoch in den seltensten Fällen sein.<br />
Schließlich besteht gerade im Bewerbungsverfahren die Möglichkeit<br />
des Bewerbungsgesprächs und nur dies entspricht<br />
auch dem in § 4 Abs. 2 S. 1 BDSG aufgestellten Grundsatz der<br />
Direkterhebung. § 32 BDSG scheidet daher als Erlaubnistatbestand<br />
aus.<br />
3. § 28 Abs. 1 S. 3 BDSG<br />
Ob § 32 BDSG als spezielle, für den Beschäftigtendatenschutz<br />
2009 ins Gesetz eingefügte Norm sämtliche anderen in Frage<br />
kommenden Erlaubnistatbestände des BDSG verdrängt, ist<br />
seit Inkrafttreten der Vorschrift umstritten. Die h.M. bejaht jedoch<br />
die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG neben<br />
§ 32 BDSG. 7<br />
§ 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG erlaubt die Erhebung personenbezogener<br />
Daten, wenn die Daten allgemein zugänglich sind.<br />
Als allgemein zugänglich gelten Daten des Bewerbers, die<br />
mittels Suchmaschinen (Bing, Google, Yahoo etc.) im Internet<br />
gefunden werden können.<br />
Über die allgemeine Zugänglichkeit der Daten hinaus verlangt<br />
§ 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG eine Interessenabwägung.<br />
Überwiegt das schutzwürdige Interesse des Betroffenen (des<br />
Bewerbers) an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung<br />
offensichtlich das berechtigte Interesse der verantwortlichen<br />
Stelle (des Arbeitgebers), bleibt eine Datenerhebung unzulässig.<br />
Das wiederum führt dazu, dass eine Relevanz der recherchierten<br />
Daten für die arbeitsvertragliche Beziehung vorliegen<br />
muss. Hier liegt eine Parallele zum Fragerecht des Arbeitgebers<br />
vor. Nach der Rechtsprechung des BAG steht dem<br />
Arbeitgeber im Einstellungsverfahren ein Fragerecht jedoch<br />
nur insoweit zu, als ein berechtigtes, billigenswertes und<br />
schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage<br />
für das Arbeitsverhältnis besteht. 8 Danach dürften nur solche<br />
Daten recherchiert und verwendet werden, die einen unmittelbaren<br />
Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Bewerbers haben.<br />
Alle übrigen Informationen dürften weder recherchiert<br />
noch genutzt werden. Eine solche Filterung im Vorfeld einer<br />
Datenrecherche im Internet dürfte praktisch kaum möglich<br />
sein. Hinzu kommt, dass wer persönliche Informationen frei<br />
zugänglich ins Internet stellt, zumindest mit der Kenntnisnahme<br />
dieser Informationen durch Dritte im Allgemeinen und<br />
potentielle Arbeitgeber im Besonderen rechnen muss. Wer<br />
eine nicht gewünschte Informationsbeschaffung verhindern<br />
will, hat eigenverantwortlich dafür Sorge zu tragen, wem gegenüber<br />
er seine Daten und Informationen über sich offenlegen<br />
will. Die Anbieter sozialer Netzwerke sehen in den Privatsphäreeinstellungen<br />
regelmäßig verschiedene Freigabestufen<br />
vor. 9 Gegen eine Informationsbeschaffung aus frei zugänglichen<br />
Quellen ist daher nichts einzuwenden.<br />
Anders sieht dies hingegen bei nicht der Öffentlichkeit zugänglichen<br />
Daten aus. Sind die Daten eines Bewerbers etwa<br />
nur innerhalb eines sozialen Netzwerkes oder nur für den dortigen<br />
Freundeskreis sichtbar, taugt § 28 Abs. 1 Nr. 3 in der Regel<br />
nicht als Erlaubnistatbestand, da es sich hier um keine allgemein<br />
zugänglichen Daten handelt. Außerdem schließen die<br />
AGB der Netzwerkbetreiber oftmals eine geschäftliche Nutzung<br />
aus. Erst recht nicht möglich ist eine „Erschleichung von<br />
Informationen unter Täuschung des Bewerbers oder Arbeitnehmers<br />
möglich à la „Ich bin Britney Spears und möchte alles<br />
über Dich wissen“. 10<br />
IV. Mitarbeiterrecherche<br />
Für die Online-Recherche über Informationen von Arbeitnehmern<br />
im laufenden Arbeitsverhältnis gelten grundsätzlich die<br />
gleichen arbeits- und datenschutzrechtlichen Voraussetzungen<br />
wie für die Recherche von Informationen über Bewerber.<br />
11 Insoweit kann auf vorstehende Ausführungen verwiesen<br />
werden.<br />
V. Social Media Nutzung<br />
Im laufenden Arbeitsverhältnis stehen insbesondere Fragen<br />
im Zusammenhang mit der Nutzung sozialer Netzwerke im<br />
Vordergrund. Zu welchen Nutzungsvorgaben und Einschränkungen<br />
ist der Arbeitgeber berechtigt?<br />
Unterteilen lassen sich zunächst die dienstlichen und außerdienstlichen<br />
Aktivitäten:<br />
1. Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeit<br />
Eindeutig ist das Ergebnis für den Freizeitbereich. Dieser Bereich<br />
gehört zur Privatsphäre des Mitarbeiters und ist einer<br />
6 Kania/Sansone, NZA 2012, 360, 364; Kort, DuD 2012,<br />
722, 723 m.w.N.<br />
7 Kania/Sansone, NZA 2012, 360, 363 m.w.N.<br />
8 BAG v. 20.2.1986, NZA 1986, 739.<br />
9 Facebook beispielsweise unterscheidet zwischen öffentlich<br />
zugänglichen Informationen, Informationen die Freunden<br />
oder auch Freunden von Freunden oder nur einem vorher<br />
festgelegten, „benutzerdefinierten“ Personenkreis zugänglich<br />
sind.<br />
10 Ernst, NJOZ 2011, 953, 956.<br />
11 Ernst, NJOZ 2011, 953, 957.<br />
40<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 7 von 42,<br />
Aufsätze/Beiträge<br />
Regelung durch den Arbeitgeber entzogen. Aufforderungen<br />
des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer, sich in ihrer Freizeit<br />
in ihren sozialen Netzwerken positiv über den Arbeitgeber zu<br />
äußern oder den „Gefällt mir“-Button zu drücken, sind daher<br />
ebenso wenig möglich, wie Aufforderungen des Arbeitgebers,<br />
für ihn in der Freizeit Werbung zu machen oder gar geschäftliche<br />
Aktivitäten in Netzwerken zu entwickeln. Unzulässig ist<br />
auch eine Untersagung des Arbeitgebers, soziale Netzwerke<br />
in der Freizeit zu nutzen, etwa um sich vor Abwerbungen oder<br />
kritischen Äußerungen zu schützen. 12<br />
Allerdings dürften je nach Aufgabengebiet, Verantwortungsbereich<br />
und Stellung des Arbeitnehmers Rücksichtsnahmepflichten<br />
für den Arbeitnehmer bestehen. Von dem Pressesprecher<br />
eines Unternehmens wird man beispielsweise erwarten<br />
dürfen, an der Unternehmenspolitik in privat genutzten<br />
sozialen Netzwerken, wenn überhaupt, nur sehr zurückhaltend<br />
Kritik zu üben. 13<br />
2. Aktivitäten während der Arbeitszeit<br />
a) Private Nutzung<br />
Auch die Reglementierung der privaten Nutzung während<br />
der Arbeitszeit verursacht keine größeren Probleme. Hier gelten<br />
die bereits für die private Internet- und E-Mail-Nutzung<br />
entwickelten Grundsätze. Der Arbeitgeber kann über die Verwendung<br />
der Betriebsmittel entscheiden und demgemäß<br />
eine private Nutzung des Internets im Allgemeinen sowie die<br />
private Nutzung sozialer Netzwerke im Besonderen während<br />
der Arbeitszeit reglementieren. 14 Das heißt, der Arbeitgeber<br />
kann die Nutzung vollständig untersagen oder sie erlauben.<br />
Er kann Vorgaben hinsichtlich der Zeit und der Dauer der Nutzung<br />
machen oder den Zugang auf bestimmte Webseiten<br />
bzw. Netzwerke beschränken.<br />
Eine inhaltliche Zensur, wie der Arbeitnehmer soziale Netzwerke<br />
nutzen darf, etwa welche Beiträge erlaubt oder verboten<br />
sind, wird indes nicht möglich sein. Soweit der Arbeitgeber<br />
eine private Nutzung erlaubt, ist die Art und Weise der<br />
Nutzung mit Blick auf die grundrechtlich geschützte allgemeine<br />
Handlungsfreiheit und das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers<br />
dem Direktionsrecht des Arbeitgebers entzogen.<br />
Ebenso sind keine erhöhten Rücksichtsnahmepflichten anzuerkennen,<br />
nur weil der Arbeitnehmer von dem Computer seines<br />
Arbeitgebers aus agiert. Ist die private Nutzung erlaubt,<br />
liegt gerade keine dienstliche Nutzung vor, die dem Arbeitgeber<br />
Weisungen gestatten könnte. Insoweit können einschränkende,<br />
über die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften hinausgehende<br />
Verhaltensregeln nicht aufgestellt werden.<br />
b) Dienstliche Nutzung<br />
Vorgaben zur privaten Nutzung sozialer Netzwerke stellen,<br />
wie vorstehend erörtert, einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht<br />
der Arbeitnehmer dar und sind dem Arbeitgeber daher<br />
verwehrt. Ein vollständiges Nutzungsverbot ist deshalb unzulässig.<br />
15 Demgegenüber möglich und vom Direktionsrecht ge-<br />
deckt ist jedoch die Anweisung, bei Ausübung der geschuldeten<br />
Arbeitsleistung auf die Nutzung sozialer Netzwerke zurückzugreifen.<br />
Entscheidet sich ein Arbeitgeber gegen die<br />
Nutzung sozialer Netzwerke, so wird diese Vorgabe von den<br />
Arbeitnehmern zu beachten sein. Weder der Personalbereich<br />
noch das Marketing werden in diesem Fall soziale Netzwerke<br />
zum Zweck der Rekrutierung neuer Mitarbeiter bzw. zur Werbung<br />
für die Produkte des Arbeitgebers nutzen dürfen.<br />
Problematischer ist dagegen der umgekehrte Fall der Verpflichtung<br />
zur dienstlichen Nutzung sozialer Netzwerke. Bei<br />
einer dienstlichen Nutzung wird der Arbeitnehmer nicht umhin<br />
kommen seine personenbezogenen Daten – meist auch<br />
eine Fotografie – online zu stellen und damit einem unbekannten<br />
Personenkreis offenzulegen. Dies greift in sein allgemeines<br />
Persönlichkeitsrecht in der Ausformung des Rechts<br />
auf informationelle Selbstbestimmung ein. In der Regel wird<br />
das Interesse des Arbeitnehmers an einer Vermeidung solcher<br />
Beeinträchtigung das Interesse des Arbeitgebers an einer Nutzung<br />
des sozialen Netzwerkes überwiegen. 16<br />
Andererseits gibt es im Berufsleben kein Recht auf Anonymität.<br />
Ein Schauspieler wird nicht hinter dem Vorhang spielen<br />
können. Gehört die Nutzung sozialer Netzwerke zum Unternehmenszweck<br />
und zur geschuldeten Arbeitsleistung, wird<br />
das Arbeitgeberinteresse (Art. 12 GG) das Arbeitnehmerinteresse<br />
überwiegen. Beispielsweise wird ein Personalberater,<br />
der für ein auf Social-Media-Recruiting spezialisiertes Unternehmen<br />
tätig ist, die Nutzung sozialer Netzwerke jedenfalls<br />
dann, wenn sie vornehmlich Geschäftszwecken dienen (etwa<br />
XING oder LinkedIn), anweisen dürfen.<br />
3. „Herausgabe“ von Social-Media-Accounts<br />
Ist die Nutzung sozialer Netzwerke vorgeschrieben oder zumindest<br />
erwünscht, stellt sich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />
die Frage, was mit dem Account, dem Konto oder<br />
dem Profil des Arbeitnehmers in dem sozialen Netzwerk und<br />
den dort – auf den Servern des Anbieters – gespeicherten Daten<br />
geschieht.<br />
Der Arbeitgeber wird ein Interesse daran haben, bestehende<br />
Geschäftskontakte und Kunden- oder Lieferantenverbindungen<br />
auch nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers weiter<br />
zu nutzen. Soweit ersichtlich, gibt es zu dieser Thematik noch<br />
keine höchstrichterliche Entscheidung. Einen Anspruch des<br />
Arbeitgebers auf „Herausgabe“ der Daten wird man auf § 667<br />
BGB analog stützen können, wonach der Arbeitnehmer verpflichtet<br />
ist, alle Vorteile herauszugeben, die er aufgrund eines<br />
inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erlangt<br />
hat. Bei einem für seinen Arbeitgeber betreuten und als<br />
12 Melot de Beauregard, DB 2012, 2044, 2045.<br />
13 Zu den Grenzen von Meinungsäußerungen in sozialen<br />
Netzwerken s.u. unter 7.<br />
14 Bissels/Lützeler/Wisskirchen, BB 2010, 2433.<br />
15 Frings/Wahlers, BB 2011, 3126, 3129.<br />
16 Göpfert/Wilke, NZA 2010, 1329, 1333.<br />
2/<strong>2013</strong> 41
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 8 von 42,<br />
Aufsätze/Beiträge<br />
Teil seiner Arbeitsleistung geführten Konto in einem sozialen<br />
Netzwerk wird der Herausgabeanspruch daher zu bejahen<br />
sein.<br />
Wie aber, wenn der Mitarbeiter sein Konto mitgebracht hat<br />
oder auf einem auf Veranlassung des Arbeitgebers eröffnetem<br />
Konto in einem sozialen Netzwerk auch private Daten gelangt<br />
sind? Diese Sachverhaltskonstellationen dürften nur über eine<br />
arbeitsvertragliche Regelung bei Eingehung des Beschäftigungsverhältnisses<br />
zu lösen sein.<br />
4. Kündigung wegen der Nutzung sozialer Netzwerke<br />
Als kündigungsrelevante Pflichtverletzungen kommen, neben<br />
der Kündigung wegen Meinungsäußerungen in sozialen<br />
Netzwerken, die verbotswidrige Nutzung, die exzessive private<br />
Nutzung sozialer Netzwerke sowie der Verrat von Betriebs-<br />
und Geschäftsgeheimnissen.<br />
5. Verbotswidrige/exzessive private Nutzung sozialer<br />
Netzwerke<br />
Bei der verbotswidrigen und bei der exzessiven privaten Nutzung<br />
sozialer Netzwerke kann auf die Rechtsprechung des<br />
BAG zur Kündigung wegen verbotswidriger/exzessiver Internetnutzung<br />
verwiesen werden. Nach der Rechtsprechung des<br />
BAG können sowohl eine verbotswidrige als auch eine exzessive<br />
private Nutzung des Internets, unter Umständen auch<br />
ohne vorherige Abmahnung, zur fristlosen Kündigung berechtigen.<br />
17 Ob und in welchen Fällen eine verbotswidrige<br />
Nutzung den Arbeitgeber zur Kündigung berechtigt ist, jedoch<br />
ebenso eine Frage des Einzelfalls wie die Frage, wann<br />
eine exzessive Nutzung vorliegt.<br />
6. Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen<br />
Der in der Literatur 18 häufig genannte Kündigungsgrund des<br />
Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen bei der Nutzung<br />
sozialer Netzwerke spielt in der Praxis keine größere<br />
Rolle. Soweit ersichtlich, haben sich die Arbeitsgerichte bislang<br />
nicht mit der Frage beschäftigt, ob und unter welchen<br />
Voraussetzungen eine Kündigung wegen einer Verletzung der<br />
Verschwiegenheitspflicht durch Äußerungen über Betriebsund<br />
Geschäftsinterna in sozialen Netzwerken gerechtfertigt<br />
sein kann. Dem Grunde nach wird ein Geheimnisverrat des Arbeitnehmers<br />
je nach Schwere des Verstoßes jedoch eine ordentliche<br />
oder sogar eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen<br />
können. 19<br />
7. Kündigung wegen Meinungsäußerungen in sozialen<br />
Netzwerken<br />
Soziale Netzwerke verleiten offenbar dazu, Meinungen über<br />
den Arbeitgeber, die Kunden und Kollegen oftmals vorschnell<br />
und mit drastischen Worten kundzutun. Die den bisher veröffentlichten<br />
<strong>Entscheidungen</strong> zu Kündigungen wegen Meinungsäußerungen<br />
in sozialen Netzwerken zugrunde liegenden<br />
Sachverhalte 20 zeugen jedenfalls von wenig Zurückhal-<br />
tung und sind an Deutlichkeit und Deftigkeit zum Teil kaum<br />
noch zu überbieten.<br />
Mögen Art und Tonfall auch nicht gefallen, ist grundsätzlich<br />
nichts gegen öffentliche Kritik einzuwenden. Schließlich gewährt<br />
Art. 5 Abs. 1 GG das Recht auf freie Meinungsäußerung.<br />
Auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik ist noch von<br />
dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Formalbeleidigungen,<br />
Schmähungen oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen<br />
sind hingegen von Art. 5 Abs. 1 GG nicht geschützt.<br />
21 Die allgemeinen Gesetze, die gesetzlichen Bestimmungen<br />
zum Schutze der Jugend und das Recht der persönlichen<br />
Ehre beschränken das Recht auf Meinungsfreiheit, Art. 5<br />
Abs. 2 GG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes<br />
können grobe Beleidigungen des Arbeitgebers<br />
und seiner Vertreter und Repräsentanten einerseits oder von<br />
Arbeitskollegen andererseits einen Verstoß des Arbeitnehmers<br />
gegen seine vertragliche Pflicht zur Rücksichtsnahme<br />
(§ 241 Abs. 2 BGB) darstellen und eine Kündigung aus verhaltensbedingten<br />
Gründen gemäß § 1 Abs. 2 KSchG rechtfertigen.<br />
22 Die Beleidigung oder Schmähung muss allerdings nach<br />
Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den bzw.<br />
die Betroffenen bedeuten. 23<br />
Im Rahmen der Interessenabwägung ist des Weiteren stets<br />
auch zu berücksichtigen, ob die Äußerungen im privaten Bereich<br />
(vertraulich) oder öffentlich getätigt wurden. Als Ausdruck<br />
der Persönlichkeit ist eine vertrauliche Kommunikation<br />
in der Privatsphäre geschützt. 24 Erfolgte die beleidigende<br />
oder ehrverletzende Äußerung etwa im vertraulichen Gespräch<br />
unter Arbeitskollegen, ist eine deshalb ausgesprochene<br />
Kündigung im Regelfall unwirksam. 25<br />
Ob und inwieweit Äußerungen in sozialen Netzwerken (noch)<br />
als vertraulich einzustufen sind, ist umstritten und hängt insbesondere<br />
davon ab, welcher zur Verfügung stehende Kommunikationsweg<br />
des sozialen Netzwerks (Öffentlich, Gruppe,<br />
Privat, Chat, Nachricht, Chronik etc.) verwendet wurde. 26 Die<br />
Rechtsprechung geht bislang regelmäßig davon aus, dass Äußerungen<br />
in sozialen Netzwerken grundsätzlich keinen ver-<br />
17 BAG v. 12.01.2006, NZA 2006, 980; BAG v.<br />
27.04.2006, NZA 2006, 977; BAG v. 31.05.2007, NZA<br />
2007, 922.<br />
18 Bissels/Lützeler/Wisskirchen, BB 2010, 2433, 2435;<br />
Oberwetter, NJW 2011, 417, 420.<br />
19 Bissels/Lützeler/Wisskirchen, BB 2019, 2433, 2435.<br />
20 Einen Überblick über die veröffentlichten <strong>Entscheidungen</strong><br />
geben Bauer/Günther, NZA <strong>2013</strong>, 67.<br />
21 BAG v. 10.10.20<strong>02</strong>, NZA 2003, 1295.<br />
22 BAG v. 12.1.2006, NZA 2006, 917.<br />
23 BAG v. 12.1.2006, NZA 2006, 917; v. 10.10.20<strong>02</strong>, NZA<br />
2003, 1295.<br />
24 BVerfG v. 24.6.1996 , NJW 1997, 185; BAG<br />
25 Bauer/Günther, NZA <strong>2013</strong>, 67, 68.<br />
26 Bauer/Günther, NZA <strong>2013</strong>, 67, 68.<br />
42<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 9 von 42,<br />
Aufsätze/Beiträge<br />
traulichen Charakter haben. 27 Die verschiedenen Möglichkeiten<br />
der Kommunikation in sozialen Netzwerken erfordern jedoch<br />
regelmäßig eine Prüfung, ob die Äußerung als vertraulich<br />
und damit nicht kündigungsrelevant zu qualifizieren ist. 28<br />
8. Beweisverwertung<br />
Im Fall der Kündigung wegen grob beleidigender oder ehrverletzender<br />
Äußerungen in sozialen Netzwerken können sich<br />
im Kündigungsschutzprozess Beweisverwertungsfragen stellen.<br />
29<br />
Ein Beweisverwertungs- oder Sachvortragsverbot existiert<br />
grundsätzlich weder im allgemeinen Zivil- noch im Arbeitsgerichtsprozess.<br />
30 Lediglich im Ausnahmefall, wenn ein Beweismittel<br />
unter erheblichem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht<br />
gewonnen wird, kann ein Beweisverwertungsverbot in Frage<br />
kommen. 31 Ob bereits bei einem unter Verstoß gegen § 32<br />
BDSG erlangten Beweismittel eine erhebliche Verletzung des<br />
Persönlichkeitsrechts vorliegt, ist umstritten. 32 Mit Blick auf<br />
das von der Rechtsprechung nur ausnahmsweise anerkannte<br />
Beweisverwertungsverbot wird nicht jeder Verstoß gegen das<br />
Datenschutzrecht ein Beweisverwertungsverbot nach sich<br />
ziehen. 33<br />
VI. Fazit<br />
Soziale Netzwerke sind längst im (Arbeits-)Alltag angelangt.<br />
Arbeitgeber kommen nicht umhin, sich Gedanken über den<br />
Umgang mit sozialen Netzwerken zu machen. Empfehlenswert<br />
ist eine klare Unternehmensstrategie zum aktiven Einsatz<br />
sozialer Netzwerke und Web 2.0-Anwendungen einerseits<br />
und der erlaubten privaten Nutzung sozialer Netzwerke<br />
andererseits. Die mit einer (erlaubten) Nutzung einhergehenden<br />
arbeitsrechtlichen Risiken können durch Verhaltensrichtlinien<br />
und arbeitsvertragliche Regelungen weitgehend minimiert<br />
werden.<br />
27 ArbG Dessau-Roßlau v. 21.3.2012, ZD 2012, 344; ArbG<br />
Duisburg v 26.09.2012, NZA-RR <strong>2013</strong>, 18; LAG Hamm<br />
v. 10.10.2012, ZD <strong>2013</strong>, 93.<br />
28 Bauer/Günther, NZA <strong>2013</strong>, 67, 68.<br />
29 Kort, NZA 2012, 1321, 1324.<br />
30 Göpfert/Wilke, ArbRAktuell 2011, 159; Kort, NZA 2012,<br />
1321, 1325.<br />
31 BAG 21.06.2012, NZA 2012, 1<strong>02</strong>5.<br />
32 Bejahend ArbG Düsseldorf v. 3.5.2011, ZD 2011, 85;<br />
a.A. LAG Hamm v. 10.7.2012, ZD <strong>2013</strong>, 135; offen gelassen<br />
BAG v. 13.12.2008, NZA 2008, 1008.<br />
33 Kort, NZA 2012, 1321, 1325; a.A. Göpfert/Wilke, ArbRAktuell<br />
2011, 159.<br />
Achtung Haftungsfalle: Ahnen muss der Anwalt, nicht wissen!<br />
Dr. Hans-Georg Meier, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin<br />
Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Beschluss nach<br />
§ 91a ZPO vom 21.11.2012, 2 U 16/12, ausführlich einen Haftungsanspruch<br />
gegen einen arbeitsrechtlich tätigen Rechtsanwalt<br />
festgestellt. Dieser hatte im Auftrag eines Mandanten<br />
eine Kündigungsschutzklage erhoben (jedoch ohne Schleppnetzantrag),<br />
nicht aber gegen eine weitere Kündigung des Arbeitgebers,<br />
von der der Anwalt gar nichts wusste. Diese Zweitkündigung,<br />
so meinte das Oberlandesgericht, hätte der Anwalt<br />
ahnen und die dagegen gebotenen Schritte einleiten<br />
müssen.<br />
Im Einzelnen:<br />
Zunächst ist hervorzuheben, dass das OLG die Nichterhebung<br />
der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO, die auf<br />
Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses gerichtet<br />
ist (Schleppnetzantrag), nicht für haftungsrelevant hielt.<br />
Dazu bedürfe es konkreter Anzeichen dafür, dass der Arbeitgeber<br />
weitere Kündigungen nachschicken würde. Da in dem<br />
zugrunde liegenden Kündigungsschutzverfahren Grund der<br />
Kündigung ein einmaliger Vorfall war und keine Anhaltspunkte<br />
dafür existierten, dass weitere Vorfälle und damit weitere<br />
Kündigungen zu erwarten waren, wäre ein solcher An-<br />
trag – zunächst – unzulässig gewesen. Es hätte an dem für<br />
den Erfolg einer entsprechenden Feststellungsklage erforderlichen<br />
Feststellungsinteresse gefehlt. Dabei ist nicht ausreichend<br />
allein der Umstand, dass eine bestimmte Kündigung<br />
ausgesprochen worden und wegen dieser Kündigung ein<br />
Kündigungsrechtsstreit anhängig ist. Der klagende Arbeitnehmer<br />
hat vielmehr durch Tatsachenvortrag weitere streitige Beendigungsgründe<br />
in den Prozess einzuführen oder wenigstens<br />
deren Möglichkeit glaubhaft zu machen und damit zu<br />
belegen, warum an der Feststellung ein rechtliches Interesse<br />
bestehen soll.<br />
Der unter dem Kündigungsschutz des Schwerbehindertengesetzes<br />
stehende Kläger war zunächst gekündigt worden, ohne<br />
dass der Arbeitgeber zuvor die Zustimmung des Integrationsamtes<br />
eingeholt hatte. Der Kläger beauftragte die später in<br />
Regress genommene Rechtsanwältin mit der Erhebung einer<br />
Kündigungsschutzklage. Während des daraufhin eingeleiteten<br />
Kündigungsschutzverfahrens erhielt der Arbeitgeber<br />
Kenntnis von der Anerkennung des Klägers als Schwerbehinderter<br />
und leitete daraufhin ein Zustimmungsverfahren ein.<br />
Auch in diesem Zustimmungsverfahren war die Prozessanwäl-<br />
2/<strong>2013</strong> 43
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 10 von 42,<br />
Aufsätze/Beiträge<br />
tin für den Arbeitnehmer und späteren Haftungskläger tätig.<br />
Deshalb ging ihr auch der Bescheid des Integrationsamtes<br />
über die Zustimmung zu der von der Arbeitgeberin beabsichtigten<br />
Kündigung zu. Für die Haftungsfrage besonders relevant<br />
hielt das OLG den Hinweis in dem Zustimmungsbescheid<br />
über den Eintritt der Fiktion gemäß § 91 SGB XI, wonach die<br />
Kündigung unverzüglich auszusprechen sei, anderenfalls sich<br />
die Arbeitgeberseite nicht mehr auf die Zustimmung berufen<br />
könne.<br />
Der Arbeitgeber kündigte den Arbeitnehmer dann auch fristgerecht<br />
in der Folge des Zustimmungsbescheides. Von dem<br />
Zugang dieser Kündigung unterrichtete der Arbeitnehmer<br />
seine Prozessbevollmächtigte jedoch nicht, die demgemäß<br />
auch nicht rechtzeitig die Kündigungsschutzklage erweiterte.<br />
Einer solchen Kenntnis der Prozessbevollmächtigten von der<br />
weiteren Kündigung bedurfte es nach Auffassung des OLG für<br />
einen haftungsbegründenden Tatbestand aber auch nicht.<br />
Vielmehr habe es für die Prozessbevollmächtigte aufgrund<br />
des Zustimmungsbescheides feststehen müssen, dass der Arbeitgeber<br />
dem Kläger ordnungsgemäß kündigen werde. Es<br />
entlaste sie nicht, dass sie von ihrem Auftraggeber nichts<br />
mehr hörte. Vielmehr hätte sie vorsorglich eine entsprechende<br />
Anfrage an den Kläger stellen und in jedem Falle ohne<br />
eine Reaktion des Klägers vorsorglich eine Kündigungsschutzklage<br />
erheben müssen. Denn, wenn die erste Kündigung<br />
schon mangels Zustimmung des Integrationsamtes unwirksam<br />
war, stand zu erwarten, dass der Arbeitgeber nunmehr<br />
erneut kündigen würde, so das OLG. Die Pflicht, alle Nachteile<br />
für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar<br />
und vermeidbar sind, hätte die Prozessbevollmächtigte<br />
nur eingehalten, wenn sie die erste Kündigungsschutzklage<br />
entweder vorsorglich um einen Schleppnetzantrag erweitert<br />
oder zumindest ihren Mandanten auf die Möglichkeit einer<br />
erneuten Kündigung mit dem Hinweis informiert hätte, dass<br />
dieser sich ggfs. sofort bei ihr melden müsse, damit die not-<br />
wendigen Schritte eingeleitet werden könnten. Weder das<br />
Eine noch das Andere hatte sie jedoch getan.<br />
Die Konsequenzen aus dieser Entscheidung sind nicht neu<br />
aber weiterhin unbefriedigend. Geht der Anwalt auf „Nummer<br />
Sicher“, erhebt er in jedem Falle den allgemeinen Feststellungsantrag<br />
und übt damit eine gebührenpflichtige Tätigkeit<br />
aus, die sich in der Regel jedoch auf einen unzulässigen Antrag<br />
richtet, der im schlimmsten Fall auch noch Gerichtskosten<br />
auslöst, für den er aber jedenfalls – da unzulässig – wiederum<br />
in der Regel nicht liquidieren kann. Will er diesen ärgerlichen<br />
Umstand unbezahlter Tätigkeit vermeiden, muss er<br />
den Mandanten darüber schriftlich belehren, zugleich darüber,<br />
dass die Rechtsschutzversicherung den Antrag nicht decken<br />
wird, er von dem Auftraggeber aber die Bezahlung fordert.<br />
Das wird das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und<br />
Mandant nicht gerade fördern. Nur wenige Mandanten werden<br />
die Einsicht haben zu erkennen, dass die Maßnahme ihrem<br />
Schutz dient und nicht nur der anwaltlichen Gebührenerhöhung,<br />
denn nochmals: In der Regel wird sich der Antrag als<br />
unzulässig erweisen.<br />
Wartet der Anwalt dagegen, bis er Anlass zu der Vermutung<br />
hat, eine neue Kündigung sei ausgesprochen worden und erhebt<br />
er dann ohne Kontakt mit dem Mandanten die allgemeine<br />
Feststellungsklage, setzt er sich dem Argument aus, er<br />
habe ohne Auftrag gehandelt, dieser Kündigung habe der<br />
Auftraggeber gar nicht entgegentreten wollen. Auch in diesem<br />
Fall hat er ohne Lohn gearbeitet.<br />
Begnügt er sich schließlich damit, lediglich den Arbeitnehmer<br />
zu informieren, droht ihm der Streit um die Frage, ob seine Information<br />
dem Auftraggeber überhaupt zugegangen sei und<br />
ob er nicht im Falle einer ausbleibenden Reaktion damit habe<br />
rechnen müssen, dass seine Information den Auftraggeber<br />
nicht erreicht hatte, was ihn ebenfalls zur auftragslosen Klageerhebung<br />
zwingen würde. Es mag sich jeder heraussuchen,<br />
welchen Weg er gehen will, um seine Haftung zu beschränken.<br />
Angenehm ist weder der eine oder der andere.<br />
Kein Urteil, keine Anmerkung<br />
Rechtsanwalt Martin Schafhausen, Frankfurt/M.<br />
Wieder einmal soll aus einem kurzen Hinweis in einem Terminbericht<br />
des Bundessozialgerichts (Nr. 64/12 vom<br />
6.12.2012) „Kaffeesatz gelesen werden“. Dem Bericht ist zu<br />
entnehmen, dass sich die Beteiligten in dem Revisionsverfahren<br />
gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts<br />
vom 2.9.2011 – L 9 AL 107/09, ASR 2011, 241–250, auf einen<br />
Vergleich verständigt haben.<br />
Was war geschehen? Die Arbeitgeberin der Klägerin des dortigen<br />
Verfahrens hatte, nachdem sie einen Reinigungsauftrag<br />
verloren hatte, der Klägerin wiederholt ordentlich und außerordentlich<br />
gekündigt. Das Landesarbeitsgericht hatte die Unwirksamkeit<br />
der ersten Kündigungen festgestellt, im zweiten<br />
Kündigungsschutzverfahren hatten sich die Beteiligten auf<br />
eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />
verständigt. Parallel dazu waren Entgeltansprüche in Leistungsklagen<br />
geltend gemacht und aus den entsprechenden<br />
<strong>Entscheidungen</strong> die Zwangsvollstreckung betrieben worden.<br />
Die Klägerin hatte das Arbeitslosengeld „gleichwohl“ erhalten<br />
44<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 11 von 42,<br />
Aufsätze/Beiträge<br />
und die Bundesagentur für Arbeit gegenüber der Arbeitgeberin<br />
den gesetzlichen Forderungsübergang angezeigt. Für einen<br />
ersten Zeitraum hatte die Bundesagentur den auf sie<br />
übergegangenen Vergütungsbestandteil realisieren können.<br />
Einige Zeit bevor vor dem Arbeitsgericht über den Vergütungsanspruch<br />
für den Folgezeitraum verhandelt wurde,<br />
hatte der damalige Bevollmächtigte der Klägerin die Bundesagentur<br />
darauf aufmerksam gemacht, dass er die Klage wegen<br />
fehlender Aktivlegitimation der Klägerin, soweit der Anspruch<br />
auf die Bundesagentur übergegangen wäre, zurücknehmen<br />
müsse, wenn die Klägerin von der Bundesagentur<br />
nicht zur Geltendmachung ermächtigt würde. An den Kosten<br />
könne sich die Bundesagentur dann anteilig beteiligen. Die<br />
Bundesagentur antwortete auf dieses Schreiben nicht. Die<br />
Klägerin musste daraufhin die Klage insoweit zurücknehmen.<br />
Obwohl auch in der Folgezeit noch einmal darauf hingewiesen<br />
wurde, dass die Bundesagentur wegen tariflicher Ausschlussfristen,<br />
die allgemeinverbindlich waren, ihrer Ansprüche<br />
verlustig gehen könne, veranlasste die Bundesagentur zunächst<br />
nichts und sah sich später dem Einwand ausgesetzt,<br />
die auf sie übergegangenen Vergütungsansprüche seien verfallen.<br />
Die Klägerin beantragte bei der Bundesagentur nach Ablauf<br />
der Förderungshöchstdauer, ihr weiter Arbeitslosengeld zu<br />
gewähren; an ihr habe es nicht gelegen, dass die Bundesagentur<br />
die ihr zustehenden Forderungen nicht realisieren<br />
konnte. Den Antrag lehnte die Bundesagentur ab, der hiergegen<br />
eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Das Sozialgericht<br />
Darmstadt gab der Klage, mit der die Klägerin diesen Anspruch<br />
weiterverfolgte, mit Urt. v. 5.3.2009–S11AL259/08 –<br />
statt und stützte dies auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.<br />
Die hiergegen von der Bundesagentur eingelegte<br />
Berufung blieb erfolglos. Das Hessische Landessozialgericht<br />
begründete sein Urt. v. 2.9.2011 –L9AL107/09, ASR 2011,<br />
241–250, nur hilfsweise über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch,<br />
machte stattdessen darauf aufmerksam, dass<br />
die von der Rechtsprechung gebilligte Verwaltungspraxis,<br />
dass Zeiten, in denen Arbeitslosengeld gleichwohl gewährt<br />
wurde, dann „gutzuschreiben“ sind, wenn die Bundesagentur<br />
den auf sie übergegangenen Vergütungsanspruch realisiert,<br />
auf Billigkeitsgesichtspunkten beruht, die im vorliegenden<br />
Fall, in dem die Klägerin alles in ihrer Macht stehende veranlasst<br />
hatte, die Bundesagentur zur Geltendmachung der auf<br />
sie übergegangenen Vergütungsansprüche zu veranlassen,<br />
ebenfalls zu einer „Gutschrift“ führen müssten. Es sei unbillig,<br />
der Klägerin nicht auch den Zeitraum, in der sie das Arbeitslosengeld<br />
gleichwohl erhalten habe, gutzuschreiben. Die von<br />
dem Hessischen Landessozialgericht zugelassene und von der<br />
Bundesagentur eingelegte Revision führte dann in der mündlichen<br />
Verhandlung zu einem Vergleich.<br />
Hintergrund des von dem Senat vorgeschlagenen Vergleichs<br />
war dabei die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, auf<br />
die zunächst aufmerksam gemacht werden soll, dass auch aus<br />
einem während des Bezuges von Arbeitslosengeld im Wege<br />
der Gleichwohlgewährung (§ 157 Abs. 3 SGB III; § 143 Abs. 3<br />
SGB III a.F., § 117 Abs. 4 AFG) fortbestehenden Arbeitsverhältnisses<br />
eine neue Anwartschaft auf Arbeitslosengeld entstehen<br />
kann (BSG, Urt. v. 11.6.1987 – 7 RAr 16/86; Urt. v.<br />
3.6.2004 – B 11 AL 70/03 R; Urt. v. 4.7.2012 – B 11 AL 16/11 R).<br />
In der Praxis bedeutet dies, dass in solchen „Gleichwohlgewährungsfällen“,<br />
in denen der auf die Bundesagentur übergegangene<br />
Vergütungsanspruch realisiert werden, der Mandant<br />
zu veranlassen ist, gegebenenfalls einen neuen Bewilligungsantrag<br />
zu stellen.<br />
Kein Urteil, keine Anmerkung … eines so begründeten Vergleichs<br />
hätte es nicht bedurft, wenn die von den Vordergerichten<br />
vertretene Rechtsauffassung – in dieser besonderen<br />
Fallgestaltung entspräche die „Gutschrift“ der Billigkeit, obwohl<br />
der Vergütungsanspruch nicht realisiert werden konnte<br />
oder die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs<br />
griffen – auch vor dem Bundessozialgericht Bestand<br />
gehabt hätte. Daher ist der Schluss, die Bundesagentur hätte<br />
mit ihrer Revision Erfolg haben können, mehr als naheliegend.<br />
Man muss wohl annehmen, dass die Bundesagentur zumindest<br />
nicht zur Ermächtigung der Klägerin zur Geltendmachung<br />
der übergegangenen Vergütungsansprüche gegen<br />
eine Kostenbeteiligung verpflichtet gewesen ist.<br />
Eine solche Schlussfolgerung lässt den arbeitsrechtlichen Berater<br />
durchaus ratlos zurück. Die arbeitsrechtliche Rechtsprechung<br />
verneint – zu Recht – die Aktivlegitimation der Arbeitnehmerin<br />
in solchen Fallgestaltungen. Es liegt eine cessio legis<br />
vor, die dazu führt, dass nicht mehr die Arbeitnehmerin,<br />
wohl aber die Bundesagentur für Arbeit aktivlegitimiert ist.<br />
Die sozialgerichtliche Rechtsprechung verneint eine Verpflichtung<br />
der Bundesagentur für Arbeit, die hiervon betroffenen<br />
Arbeitslosen zur Ermächtigung der Geltendmachung der Vergütungsansprüche<br />
gegen eine Kostenbeteiligung zu veranlassen.<br />
Ein Kostenersatz für die gerichtliche Geltendmachung<br />
ist wegen der arbeitsgerichtlichen Besonderheiten erstinstanzlich<br />
nicht zu erreichen. Das Kostenrisiko trägt also allein<br />
der Arbeitslose, nicht nur in den Fällen, in denen eine Rechtsschutzversicherung<br />
Deckungsschutz gewährt, ein Problem. Es<br />
kommt hinzu, dass die Praxis zeigt, dass es durchaus schwierig<br />
ist, insbesondere bei nahendem Verfall der Ansprüche, von<br />
der Bundesagentur überhaupt eine (positive) Reaktion auf<br />
solche Anfragen, ob man denn zur Geltendmachung ermächtigt<br />
werde, zu erhalten. Die Bundesagentur täte gut daran,<br />
ihre diesbezügliche Verwaltungspraxis zu überprüfen und<br />
eine Weisungslage zu schaffen, die den Arbeitsagenturen vor<br />
Ort ein verbindliches Vorgehen vorschreibt. Auf solche Weisungen<br />
könnte man sich in der anwaltlichen Praxis gegenüber<br />
„zögerlichen“ Arbeitsagenturen durchaus berufen. In<br />
den nicht so seltenen Verfahren, in denen nicht nur Kündigungen<br />
angegriffen werden, sondern auch Vergütungsansprüche<br />
geltend zu machen sind, um sie vor dem Verfall bei<br />
(zweistufigen) Ausschlussfristen zu schützen, sind die Mandanten<br />
über die arbeitsförderungsrechtlichen Auswirkungen<br />
2/<strong>2013</strong> 45
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 12 von 42,<br />
Aufsätze/Beiträge<br />
und Notwendigkeiten umfassend zu unterrichten und zu belehren.<br />
Kein Urteil, keine Anmerkung – die Angelegenheit zeigt, dass<br />
auch solche „Nichtentscheidungen“ in der anwaltlichen Praxis<br />
zu beachten sind.<br />
Kostenfallen beim Vergleichsschluss vermeiden<br />
Volker Thiele, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Düren<br />
Schließen die Parteien einen Vergleich, der das gesamte Verfahren<br />
erledigt, entfällt die gerichtliche Verfahrensgebühr gemäß<br />
Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz Nr. 8210<br />
Abs. 2. Wird jedoch über Teile des anhängigen Verfahrens anderweitig<br />
entschieden, sind die Voraussetzungen der Norm<br />
nicht erfüllt und die Verfahrensgebühr muss bezahlt werden.<br />
Dieser Sachverhalt sollte weitgehend bekannt sein.<br />
Es gibt allerdings Sachverhalte, die so versteckt zur Aufrechterhaltung<br />
der Verfahrensgebühr führen, dass sie selbst das Arbeitsgericht<br />
Köln zu folgender Bemerkung veranlasst haben:<br />
„Die Kammer möchte jedoch keinen Hehl daraus machen,<br />
dass die Regelungen in Teil 8 des Kostenverzeichnisses wenig<br />
praxisnah sind und teilweise – sowohl zu Lasten der Kostenschuldner<br />
als auch zu Lasten der Staatskasse – zu ungerechten<br />
Ergebnissen führen können. Die Kammer ist aber an die<br />
gesetzlichen Vorgaben gebunden und es steht ihr nicht zu,<br />
die gesetzgeberischen <strong>Entscheidungen</strong> durch eigene Wertungen<br />
zu ersetzen.“ (Beschl. v. 12.4.<strong>2013</strong>, 2 Ca 9003/12).<br />
Hintergrund dieses Beschlusses war ein Verfahren, in dem der<br />
Kläger sich gegen eine Kündigung wehrte und zugleich die<br />
Zahlung diverser Lohnbestandteile einforderte. Unmittelbar<br />
vor dem Gütetermin erfüllte der Arbeitgeber einige der Zahlungsforderungen,<br />
was die Parteien übereinstimmend im Termin<br />
erklärten. Das nahm der Vorsitzende Richter zum Anlass,<br />
in das Protokoll aufzunehmen, dass die Parteien die hierauf<br />
bezogenen Anträge übereinstimmend für erledigt erklären<br />
würden. Im unmittelbaren Anschluss daran schlossen die Parteien<br />
über die Kündigung und die verbleibenden Zahlungsanträge<br />
einen abschließenden Vergleich. Am Schluss des Gütetermins<br />
war das Verfahren also umfassend beendet. Die Parteivertreter<br />
gingen von einem Wegfall der Verfahrensgebühr<br />
aus.<br />
Das war jedoch ein Irrtum, denn alsbald danach erhielt der<br />
Kläger von der Gerichtskasse eine Kostenrechnung über eine<br />
Verfahrensgebühr. Als er sich dagegen unter Hinweis darauf,<br />
dass der Vergleich mit Rücksicht auf das vorangegangene Geschehen<br />
doch abschließenden Charakter hatte, zur Wehr<br />
setzte, wurde er belehrt, dass ja durch den Vergleich nicht das<br />
gesamte Verfahren erledigt worden sei. Ein Teil wäre ja schon<br />
zuvor durch schlichte Erledigungserklärung beendet worden,<br />
also nur der restliche Teil durch den Vergleich. Über die Kos-<br />
ten des für erledigt erklärten Teils sei daher von Amts wegen<br />
gesondert entschieden worden. Die Beendigung des Verfahrens<br />
insgesamt beruhe also z.T. auf einem Vergleich, zum Teil<br />
auf einer gerichtlichen Entscheidung. Deshalb entfalle die<br />
Verfahrensgebühr eben nicht. Dem schloss sich das Gericht in<br />
dem bereits wiedergegebenen Beschluss an.<br />
Was hätte geschehen müssen, um diese doch etwas kuriose<br />
Kostenfolge zu vermeiden?<br />
Die Parteien hätten vor Abgabe jeglicher prozessbeendender<br />
Erklärung den gesamten Streitstoff erörtern und auf eine Einigungsmöglichkeit<br />
überprüfen müssen. In diesem Fall hätten<br />
sie in einem Gesamtvergleich nur noch geregelt, was bezüglich<br />
der Kündigung zu geschehen habe und welche der eingeklagten<br />
Forderungen noch zu erfüllen seien, wobei die bereits<br />
erfüllten nicht mehr erwähnt worden wären. Das hätte zur<br />
umfassenden Erledigung des Rechtsstreits genügt. Eine Ausgleichsklausel<br />
hätte das zwar noch deutlicher machen können,<br />
wäre aber nicht erforderlich gewesen.<br />
Was manchmal aus verhandlungstaktischen Gründen sinnvoll<br />
ist, nämlich einen umfangreichen Streitgegenstand Stück für<br />
Stück abzuarbeiten, kann also zur Kostenfalle werden. Als angenehmer<br />
Nebeneffekt eines umfassenden Vergleichs wäre<br />
der Streitwert für die Einigungsgebühr gestiegen. Aber auch<br />
das kann man vermeiden. Es hätte genügt, wenn die Parteien<br />
im Zusammenhang mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung<br />
von Zahlungsanträgen auch ihre Einigung darüber<br />
zu Protokoll gegeben hätten, wer die Gerichtskosten des erledigten<br />
Teils zu tragen habe. Sie hätten das aber auch noch im<br />
Rahmen des abschließenden Vergleichs nachholen können.<br />
Eine solche Regelung kann bei sachlicher Betrachtung keinen<br />
materiellen Streit unter den Parteien auslösen, denn die Folge<br />
der Regelung der Kostenpflicht wäre ja mit Rücksicht auf die<br />
einleitend dargestellte Bestimmung des Kostenverzeichnisses<br />
der Wegfall der Gerichtskosten gewesen, über deren Tragungspflicht<br />
man sich gerade geeinigt hat. Übrig bleiben allein<br />
Zustellungskosten, die zumeist wegen Geringfügigkeit<br />
nicht erhoben werden.<br />
Diese Vermeidungsstrategien können aber an der Richtigkeit<br />
des Zitats aus dem Beschluss des Arbeitsgerichts Köln nichts<br />
ändern. DAV und BRAK sind aufgerufen, auf eine Änderung<br />
der Bestimmung zum Gerichtskostengesetz hinzuwirken.<br />
46<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 13 von 42,<br />
Aufsätze/Beiträge<br />
Hanseatisches Oberverwaltungsgericht:<br />
Auch rückgedeckte Unterstützungskasse ist nicht insolvenzsicher<br />
– Warum rückgedeckte Unterstützungskassen zur Arbeitgeberhaftung führen –<br />
PM Dr. Johannes Fiala / Dipl.-Math. Peter A. Schramm, München<br />
Das Hamburger OVG stellt in seinem Urt. v. 14.1.2010 (Az. 4 Bf<br />
22/08) klar, dass auch bei rückgedeckten Unterstützungskassen<br />
(UK) ein im Vergleich zu Pensionsfonds und Direktversicherungen<br />
erhöhtes Insolvenzrisiko für Arbeitnehmer besteht.<br />
Denn die Rückdeckungsversicherungen einer UK bieten<br />
keinerlei Insolvenzschutz, sondern stellen lediglich ein Finanzierungsinstrument<br />
dar.<br />
1. Folgen einer Insolvenz des Arbeitgebers für<br />
die UK<br />
Wenn der Arbeitgeber in der Insolvenz seine Prämienzahlungen<br />
an die UK einstellt, wird die UK regelmäßig gezwungen<br />
sein, seine Leistung sogar unter die zugesagten Versorgungsleistungen<br />
zu reduzieren. Dann haftet der Arbeitgeber für die<br />
Differenz alleine, und bei seiner Insolvenz muss der Pensionssicherungsverein<br />
einspringen. Der beklagte PSVaG weist auch<br />
auf die Möglichkeit hin, dass der Arbeitgeber sogar den Rückkauf<br />
der Rückdeckungsversicherungen über die Gremien der<br />
UK erreichen könnte, so dass dieses Deckungskapital der UK<br />
für die Arbeitnehmer verloren geht und die nun ausschließlich<br />
gegen den Arbeitgeber gerichteten Ansprüche bei dessen<br />
Insolvenz vom PSVaG getragen werden müssen.<br />
Auch der Insolvenzverwalter kann von der UK die Herausgabe<br />
der Rückdeckungsversicherungen verlangen, sofern etwa die<br />
Versorgungszusagen gegenüber den Arbeitnehmern widerrufen<br />
werden, wenn eine Sanierung geplant ist (BAG, Urt. v.<br />
29.9.2010, Az. 3 AZR 107/08).<br />
2. Zillmerung belastet die Versorgungszusagen<br />
des Arbeitgebers<br />
Wenn der Arbeitgeber überraschend insolvent wird, oder Mitarbeiter<br />
nach einigen Jahren beim Arbeitgeber ausscheiden,<br />
stellen die Arbeitnehmer regelmäßig fest, dass nur ein kleiner<br />
Bruchteil der in die UK einbezahlten Beiträge noch als Kapital<br />
zur Altersversorgung vorhanden ist. Das ist an sich nicht<br />
schlimm, denn die Versorgungsansprüche richten sich nach<br />
der Versorgungszusage und nicht nach dem, was in einem Finanzierungsinstrument<br />
der Unterstützungskasse – der Rückdeckungsversicherung<br />
– tatsächlich vorhanden ist. Für den<br />
Rest haftet der Arbeitgeber und nur im Insolvenzfall des Arbeitgebers<br />
der PSVaG, eben aus dem Grunde der stets vorhandenen<br />
Arbeitgeberhaftung.<br />
3. 80 %, 90 % oder mehr für Abschluss- und<br />
Verwaltungskosten<br />
Die Rückdeckungsverträge der Versicherer sind meist so gestaltet,<br />
dass in den ersten 12 bis 24 Monaten gar kein Deckungskapital<br />
für die UK gebildet wird, und der Rückkaufswert<br />
„null“ ist oder bei weniger als der Hälfte der eingezahlten<br />
Beiträge liegt. Von diesen Beiträgen ernähren sich Versicherer<br />
und Vermittler. Dennoch haftet der Arbeitgeber für die zugesagten<br />
Versorgungsleistungen. Problematisch aus Haftungssicht<br />
des Arbeitgebers ist insbesondere auch eine Entgeltumwandlung<br />
über die UK, weil das Gesetz hier die Wertgleichheit<br />
mit dem umgewandelten Entgelt verlangt.<br />
4. Keine Kongruenz zwischen Deckungskapital<br />
und Versorgungszusage<br />
Dass das bei der UK gebildete Vermögen so gut wie nie ausreichen<br />
wird, die zusagten Versorgungen vollständig zu finanzieren,<br />
wird Arbeitnehmern und Arbeitgebern regelmäßig<br />
verschwiegen. Denn die Versorgungszusagen sind so auf die<br />
Rückdeckungsversicherung abgestimmt, dass sie einen ungestörten<br />
Verlauf bis zum Pensionsbeginn voraussetzen, der jedoch<br />
in der Praxis eine seltene Ausnahme darstellt. Die vom<br />
Vermittler gebotenen hübschen Beispielsrechnungen zur Illustration,<br />
mit Renditen und Wertsteigerungen der Rückdeckungsversicherung<br />
gehen allenfalls nur mit planmäßiger Beitragszahlung<br />
bis zum Ablauf auf – bei näherer Prüfung müssen<br />
sie aber allenfalls als Phantasiegebilde nach dem Prinzip<br />
Hoffnung gesehen werden, weil oft mit allzu optimistischen<br />
Prognosen gerechnet wird.<br />
5. Insolvenz der UK ist nicht vom Schutz durch<br />
den PSVaG erfasst<br />
Das OVG Hamburg stellt klar, dass die Insolvenz bzw. Zahlungsunfähigkeit<br />
der UK oder anderer Versorgungsträger in<br />
der BAV gerade nicht vom Betriebsrentengesetz erfasst wird.<br />
In allen diesen Fällen haftet nämlich der Arbeitgeber für seine<br />
Zusage. Wird hingegen der Arbeitgeber insolvent, ist der Anspruch<br />
des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber wirtschaftlich<br />
wertlos, und die UK kann die lediglich ohne Rechtsanspruch<br />
zugesagten Leistungen jederzeit einstellen – etwa,<br />
wenn das infolge ausbleibender weiterer Beiträge viel zu geringe<br />
Deckungskapital aufgebraucht ist. Die UK hat dem Ein-<br />
2/<strong>2013</strong> 47
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 14 von 42,<br />
Aufsätze/Beiträge<br />
wand des fehlenden Rechtsanspruchs auch nicht mehr entgegenzusetzen,<br />
als dass dieser keine praktische Bedeutung<br />
hätte, da ja eine rechtsverbindliche Zusage des Arbeitgebers<br />
bestehe.<br />
6. Kaum Schutz für geschäftsführende<br />
Gesellschafter (GGF) und Top-Manager<br />
Der PSVaG schützt nur die Versorgung echter Arbeitnehmer,<br />
so dass der GGF im Zweifel im Insolvenzfall buchstäblich „mit<br />
dem Ofenrohr ins Gebirge schaut“, also leer ausgeht. Handelt<br />
es sich um Top-Manager, als echte Arbeitnehmer, wird über<br />
den PSVaG meist nur ein relativ geringer Anteil der Altersrente<br />
im Insolvenzfall bezahlt werden, denn der PSVaG leistet nicht<br />
in beliebiger Höhe.<br />
7. UK als Finanzierungsinstrument mit<br />
aufgeschobener Insolvenz des Arbeitgebers<br />
In der Vertriebspraxis werden Arbeitnehmern und Arbeitgebern<br />
zahlreiche Vorteile, insbesondere bei den Abgaben angepriesen.<br />
Dass jedoch Versorgungszusagen dann leider etwa<br />
in 25 Jahren auch einzulösen sein werden, wird in der Gegenwart<br />
oft als nebensächliches Problem angesehen. Für die<br />
Masse des Mittelstandes kommt das böse Erwachen erst spät,<br />
weil es keine Pflicht für Steuerberater gibt, die real bereits aufgetürmten<br />
Schulden aus Versorgungszusagen in der Steuerbilanz<br />
(mit) auszuweisen.<br />
8. Haftungsmaximierung für Arbeitgeber durch<br />
Kostenmaximierung bei der UK<br />
Den Betreibern von UK kommt es auf die Erzielung hoher<br />
Courtagen an, weshalb vielfach auch noch ein Makler in den<br />
Vertrieb eingebunden ist. Dessen hohe Courtagen zu Lasten<br />
der Versorgung der Arbeitnehmer und bei Entgeltumwandlung<br />
von diesen finanziert, relativieren sich allerdings, wenn<br />
man die Erkenntnis mehrere Staatanwaltschaften berücksich-<br />
tigt, dass oft auch Betriebsräte oder Geschäftsführer davon zu<br />
bestechen sind. Dabei könnte die UK z.B. auf die Idee kommen,<br />
dass die ursprünglichen Rückdeckungsversicherungen<br />
nicht mehr optimal sind, sie kündigen und neue mit neuer<br />
Provision abschließen. Die Mehrheit der Arbeitgeber, selbst<br />
DAX-Konzerne, haben selten irgendwelche Vorkehrungen getroffen,<br />
damit die UK nicht durch unnötige Abschluss- und<br />
Verwaltungskosten die Arbeitgeberhaftung laufend maximiert.<br />
Doch zeichnet sich hier eine Notbremse ab, da manches<br />
kostenlose Vertragsmuster von der Stange aus dem Versicherungsvertrieb,<br />
gestaltet von Betriebswirten unter Verstoß<br />
gegen beispielsweise das Rechtsberatungsgesetz, zum<br />
praktikablen Ansatz für die vollständige Rückabwicklung<br />
wird, sobald der Arbeitgeber seine bisher wenig beachtete<br />
Haftungsvielfalt erkennt.<br />
9. Keine Aufklärungspflicht der UK zu Kosten<br />
der Rückdeckungsversicherung<br />
Den Arbeitnehmern wie auch dem Arbeitgeber wird erklärt,<br />
dass die Beiträge zu 100 % der UK zugute kommen und von<br />
dieser zu 100 % in die Rückdeckungsversicherungen eingezahlt<br />
werden. Dass diese dann an den vermittelnden Makler<br />
einen Großteil der ersten 5 Jahresprämien jeder einzelnen<br />
Entgeltumwandlung als Courtage zahlt, zulasten des angesammelten<br />
Versorgungsvermögens, wird hingegen verschwiegen.<br />
Dies völlig zu Recht, denn es liegt bei der Vermittlung<br />
einer UK-Versorgung keinerlei regulierte Versicherungsvermittlung<br />
gegenüber dem Arbeitgeber und erst recht nicht<br />
in Bezug auf den Arbeitnehmer vor. Damit entfallen alle<br />
Pflichten des Maklers wie auch des Versicherers zur Aufklärung<br />
über die enthaltenen Kostenverrechnungen. Selbst über<br />
den laufenden Rückkaufswert jeder Versicherung muss der<br />
Versicherer nur die UK informieren – was diese dann dem Arbeitgeber<br />
berichtet, bleibt ihr selbst überlassen. Erst versicherungsmathematische<br />
Gutachten haben hier schon oft zu gesteigerter<br />
Transparenz und dazu geführt, dass Arbeitnehmer<br />
wie Arbeitgeber sich ihres Irrtums über die tatsächlichen Verhältnisse<br />
bewusst wurden.<br />
48<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 15 von 42,<br />
Aufsätze/Beiträge<br />
Nachruf: Paul-Werner Beckmann †<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
ich habe die traurige Pflicht, Ihnen berichten zu müssen, dass<br />
unser Kollege Paul-Werner Beckmann nach kurzer Krankheit<br />
am 1. Mai <strong>2013</strong> verstorben ist.<br />
Paul-Werner Beckmann gehörte zu den Kollegen, die im Frühjahr<br />
1981 die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht in Dortmund<br />
aus der Taufe gehoben und seitdem praktisch immer dabei<br />
waren. Wir alle kennen Paul-Werner Beckmann von unzähligen<br />
Tagungen, auf denen er mit beachtenswerten Beiträgen<br />
mitgewirkt hat. Neben dem Engagement in unserem Kreis<br />
war Paul-Werner Beckmann langjähriges Vorstandsmitglied<br />
im Deutschen Anwaltverein und kraft dieses Amtes von 2001<br />
bis 2011 entsandtes Mitglied in unserem Geschäftsführenden<br />
Ausschuss und bis 2010 auch im Arbeitsrechtsausschuss des<br />
DAV. Im Jahre 2011 wurde ihm für seine besonderen Verdienste<br />
das Ehrenzeichen der Deutschen Anwaltschaft verliehen.<br />
Seine zweite juristische „Liebe“ galt bekanntermaßen dem<br />
Sportrecht. Er gehörte zu den Mitbegründern der Arbeitsge-<br />
meinschaft Sportrecht und war insbesondere<br />
an den Kontaktstellen zum Arbeitsrecht<br />
sehr interessiert.<br />
Wir haben Paul-Werner Beckmann als<br />
fairen und gradlinigen Vertreter des<br />
DAV wahrgenommen. Er hat sich gleichermaßen<br />
stets mit großem Erfolg<br />
und Geschick beim DAV für die Belange<br />
der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht<br />
eingesetzt. Seine menschliche und sympathische Art haben<br />
wir immer geschätzt. Ihm gebührt deshalb unser besonderer<br />
Dank und unsere Anerkennung, auch über seinen Tod hinaus.<br />
Wir werden ihn stets in angenehmer Erinnerung behalten.<br />
Wer Paul-Werner Beckmann auf unserer letzten Tagung im<br />
März in München gesehen hat, wusste, dass er gesundheitlich<br />
sehr angegriffen war. Ich habe bei der Abendveranstaltung<br />
mit ihm an einem Tisch gesessen, er war voller Pläne, noch für<br />
den Juni war er als Referent auf dem Deutschen Anwaltstag<br />
fest eingeplant. Uns hat deshalb sein Tod überrascht und sehr<br />
betroffen gemacht.<br />
Dr. Johannes Schipp<br />
Vorsitzender des Geschäftsführenden Ausschusses<br />
der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV<br />
Wenn aus Vertragspartnern Gegner werden<br />
Das komplexe Verhältnis von Unternehmern, Führungskräften und D&O-Versicherern<br />
im Haftpflicht/Schadenprozess<br />
Dr. Stephan Röhrborn, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Düsseldorf,<br />
hat unter dem genannten Titel zusammen mit der Juristin<br />
und führenden Mitarbeiterin der Allianz Sondergesellschaft<br />
für D&O Versicherungen, Heike Krüger, einen sehr informativen<br />
Vortrag gehalten, für den es zwar keinen druckreifen<br />
Fließtext gibt, aber zahlreiche übersichtliche und dennoch<br />
textreiche Präsentationen, die Sie als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft<br />
unter folgendem Link abrufen können:<br />
http://www.rbj.de/files/pdf/RBJ-SR-Workshop-DO-13-03.pdf<br />
2/<strong>2013</strong> 49
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 16 von 42,<br />
Inhalt: <strong>Entscheidungen</strong><br />
Inhaltsverzeichnis der <strong>Entscheidungen</strong><br />
Allgemeines Vertragsrecht<br />
Seite<br />
76. Bewerbungsverfahren, Bestenauswahl im öffentlichen<br />
Dienst, befristete Stellenbesetzung 52<br />
77. AGG, Bewerbungsverfahren, fehlender Zugangsnachweis<br />
bei Bewerbung per E-mail 52<br />
78. AGG, Bewerbungsverfahren, Eignungsbeurteilung<br />
nur anhand objektiver Kriterien 52<br />
79. AGG, Benachteiligung, Mehrurlaub für ältere Arbeitnehmer<br />
52<br />
80. Entgeltfortzahlung, fehlende Kausalität bei vermeintlich<br />
ruhendem Arbeitsverhältnis 53<br />
81. Mobbing, Ausgrenzung innerhalb der Belegschaft,<br />
keine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch<br />
wahre Tatsachenbehauptung 53<br />
82. Urlaub, Verzugslohn bei unzureichender Anordnung<br />
von Betriebsurlaub, Brückentage, keine Benachteiligung<br />
von Schwerbehinderten, die keine<br />
Mehrarbeit leisten 53<br />
83. Ausschlussfrist, Wahrung der Frist durch Beschäftigungsklage<br />
54<br />
84. Ausschlussfrist, Verweisung auf unwirksamen Tarifvertrag<br />
54<br />
85. Zeugnis, kein Verzicht auf Ehrlichkeitsvermerk<br />
nach unberechtigter Verdachtskündigung 54<br />
86. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Karenzentschädigung,<br />
Ermessensentscheidung 54<br />
87. Arbeitnehmerüberlassung, Rechtsmissbrauch bei<br />
konzerninterner Überlassungsgesellschaft, nicht<br />
nur vorübergehende Überlassung, Begründung<br />
eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher (I) 54<br />
88. Arbeitnehmerüberlassung, nicht nur vorübergehende<br />
Überlassung, Begründung eines Arbeitsverhältnisses<br />
mit dem Entleiher (II) 55<br />
89. Arbeitnehmerüberlassung, Scheinwerkvertrag im<br />
Fleischereigewerbe 55<br />
90. Arbeitnehmerüberlassung, Equal-Pay, unzulässige<br />
Tarifwechselklausel 55<br />
91. Arbeitnehmerüberlassung, Ausschlussfrist, Intransparenz<br />
55<br />
92. Betriebsübergang, Unterrichtungsschreiben, Information<br />
über die Möglichkeit des Widerspruchs<br />
und dessen Folgen 55<br />
Seite<br />
93. Betriebliche Altersversorgung, Gesamtzusage<br />
durch Errichtung einer Versorgungseinrichtung 56<br />
94. Betriebliche Altersversorgung, Auslegung, Berücksichtigung<br />
von Nachtzulagen 56<br />
95. Betriebliche Altersversorgung, Auslegung einer<br />
Anpassungsregelung 56<br />
Bestandsschutz<br />
96. Abmahnung, Entfernung aus der Personalakte 56<br />
97. Kleinbetrieb, Zusammenrechnung mehrerer Betriebsteile<br />
56<br />
98. Kleinbetrieb, Treuwidrige Kündigung nach mutterschutzrechtlichem<br />
Beschäftigungsverbot; zusätzlicher<br />
Entschädigungsanspruch nach AGG 56<br />
99. Betriebsbedingte Kündigung, Vorbereitung eines<br />
Betriebsübergangs 58<br />
100. Verhaltensbedingte Kündigung, Silvesterknaller<br />
im Dixie-Klo 59<br />
101. Verhaltensbedingte Kündigung, vorsätzlich fehlerhafte<br />
Arbeitszeiterfassung 59<br />
1<strong>02</strong>. Verhaltensbedingte Kündigung, Manipulation der<br />
Zeiterfassung zugunsten eines Kollegen 59<br />
103. Verhaltensbedingte Kündigung, Verdacht schwerwiegender<br />
Pflichtverletzung 60<br />
104. Änderungskündigung, keine soziale Rechtfertigung<br />
durch Bedürfnis nach Tarifeinheit 60<br />
105. Auflösungsantrag, keine Auflösung bei auch maßregelnder<br />
Kündigung 60<br />
106. Befristung, Sachgrund, nachträgliche Vereinbarung<br />
einer Befristung auf einen Zeitpunkt nach Erreichen<br />
des Rentenalters 60<br />
107. Befristung, Sachgrund, mittelbare Vertretung, Darlegungslast<br />
des Arbeitgebers zur Vertretungskette 60<br />
108. Befristung, Erweiterung der sachgrundlosen Befristung<br />
durch Tarifvertrag mit Öffnungsklausel,<br />
wirksame Bildung paritätischer Ausschüsse 61<br />
Betriebsverfassungsrecht / Personalvertretungsrecht<br />
109. Status, Leitender Angestellter, Personalkompetenz 61<br />
110. Betriebsrat, Kostenerstattung, Erforderlichkeit des<br />
Rechtsmittelzuges 62<br />
50<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 17 von 42,<br />
Inhalt: <strong>Entscheidungen</strong><br />
Seite<br />
111. Betriebsrat, Kostenerstattung, Begünstigungsverbot,<br />
pauschale Kostenerstattung und Mehrarbeitsvergütung<br />
62<br />
112. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Arbeitszeit,<br />
kein Unterlassungsanspruch gegen vorläufigen<br />
Dienstplan 62<br />
113. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Vergütungssystem<br />
62<br />
114. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung<br />
von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen<br />
(I) 63<br />
115. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung<br />
von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen<br />
(II) 63<br />
116. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung<br />
von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen<br />
(III) 63<br />
117. Betriebsratsmitglied, Zustimmung zur außerordentlichen<br />
Kündigung, Unwirksamkeit der Beschlussfassung<br />
bei Verhinderung beteiligter Betriebsratsmitglieder<br />
63<br />
118. Einigungsstelle, gerichtliche Einsetzung gem. § 98<br />
ArbGG, „offensichtliche Unzuständigkeit“ bei älterer<br />
Rechtsprechung 63<br />
119. Personalvertretungsrecht, keine Versetzung bei<br />
bloß personalvertretungsrechtlicher Zuordnung 63<br />
Tarifvertragsrecht<br />
120. Tarifrecht, CGZP-Tarifverträge, kein Vertrauensschutz<br />
in die Tariffähigkeit einer Vereinigung, Ablehnung<br />
des „faktischen Tarifvertrages“ jedenfalls<br />
bei fehlender Rückabwicklung 64<br />
121. Tarifvertrag, Arbeitnehmerüberlassung, Verweisung<br />
auf unwirksamen Tarifvertrag 64<br />
122. AVR-Caritas, Stichtagsregelung bei kinderbezogener<br />
Entgeltzulage 64<br />
Prozessuales<br />
123. Gerichtsbarkeit, Beschäftigung durch ausländischen<br />
Staat mit hoheitlichen Aufgaben 64<br />
124. Rechtsweg, Streitigkeit über Beitragszuschuss<br />
zum Versorgungswerk bei angestelltem Rechtsanwalt<br />
65<br />
Seite<br />
125. Kündigungsschutzklage, nachträgliche Zulassung<br />
nach Fristversäumnis, Zurechnung des Anwaltsverschuldens<br />
66<br />
126. Prozessfähigkeit, Anfechtung eines Vergleichs wegen<br />
Geschäftsunfähigkeit 66<br />
127. Einstweilige Verfügung, Beschäftigungsanspruch,<br />
Verfügungsgrund bei Erteilung eines Hausverbots 66<br />
128. Berufung, Zulässigkeit, unzureichende Auseinandersetzung<br />
mit der Urteilsbegründung (Equal-<br />
Pay-Vergütung) 66<br />
129. Errichtung einer Einigungsstelle, kein Erfordernis<br />
außergerichtlichen Einigungsversuchs 68<br />
130. Errichtung des Wirtschaftsausschusses, Klärung im<br />
Beschlussverfahren 68<br />
131. Nichtzulassungsbeschwerde, Aktenwidrige Feststellungen,<br />
Anspruch auf AGG-Entschädigung 68<br />
132. Kostenerstattung, Übersetzung der Verfahrensunterlagen<br />
für ausländische Partei 69<br />
Sonstiges<br />
133. Schwerbehinderung, Integrationsamt, keine Zustimmung<br />
zur Kündigung ohne Prüfung der Namensliste,<br />
„Schlecker-Kündigung“ 69<br />
134. Schadenersatz, Verhängung einer Sperrzeit wegen<br />
vereinbarungswidriger Angabe des Kündigungsgrundes<br />
69<br />
135. PKH, Verwertung von Immobilienbesitz 69<br />
136. PKH, „steckengebliebener“ Antrag bei Tod der Partei<br />
69<br />
137. PKH, Vergleichsmehrwert, rechtzeitige Antragstellung,<br />
kein konkludenter Antrag auf zukünftige<br />
Streitgegenstände 70<br />
Streitwert und Gebühren<br />
138. Streitwert, Abmahnung, keine pauschale Bewertung<br />
mit einem Monatsgehalt, sondern nach der<br />
Gefährdung des Arbeitsverhältnisses 70<br />
139. Streitwert, Versetzung 71<br />
140. Streitwert, gespaltener Kündigungsschutzantrag,<br />
Freistellung 71<br />
141. Streitwert, Beschlussverfahren, Anfechtung der<br />
Betriebsratswahl 71<br />
142. RVG, keine Terminsgebühr für Telefonat über<br />
Rechtsmittelrücknahme 71<br />
2/<strong>2013</strong> 51
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 18 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Allgemeines Vertragsrecht<br />
Allgemeines Vertragsrecht<br />
76. Bewerbungsverfahren, Bestenauswahl im<br />
öffentlichen Dienst, befristete Stellenbesetzung<br />
1. Ein öffentlicher Arbeitgeber kann aus sachlich vertretbaren<br />
Gründen festlegen, dass eine Stelle nur befristet besetzt werden<br />
soll.<br />
2. Wird ein Bewerber nicht berücksichtigt, der in seiner Person<br />
nicht die Möglichkeit bietet, mit ihm einen wirksamen befristeten<br />
Vertrag abzuschließen, verstößt dies nicht gegen Art. 33<br />
Abs. 2 GG.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 16.1.<strong>2013</strong>, 15 SaGa 1738/12<br />
77. AGG, Bewerbungsverfahren, fehlender<br />
Zugangsnachweis bei Bewerbung per E-mail<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Jedenfalls hat der Antragsteller nicht ausreichend dargelegt,<br />
dass er zum Kreis der Bewerber gehört. Insofern fehlt der<br />
Nachweis, dass seine als E-Mail abgeschickte Bewerbung vom<br />
20.11.2011 bei dem Antragsgegner zugegangen ist.<br />
Eine Willenserklärung geht unter Abwesenden zu, wenn sie so<br />
in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter<br />
normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der<br />
Erklärung Kenntnis zu nehmen (Palandt/Ellenberger, § 130<br />
BGB Rn 5). Eine E-Mail geht insofern zu, wenn sie in der Mailbox<br />
des Empfängers oder der des Providers abrufbar gespeichert<br />
wird. Die Beweislast kommt demjenigen zu, der sich auf<br />
den Zugang beruft (OLG Düsseldorf v. 26.3.2009 –7U28/08).<br />
Für den Zugang einer E-Mail kann möglicherweise eine Eingangs-<br />
oder Lesebestätigung einen Nachweis erbringen. Ein<br />
Ausdruck der E-Mail ohne Eingangs- oder Lesebestätigung<br />
reicht für einen Anscheinsbeweis nicht aus (AG Bremen v.<br />
15.4.2009 – 23 C 494/06). Ein Beweis des ersten Anscheins für<br />
den Eingang in die Mailbox des Empfängers ergibt sich auch<br />
nicht bereits dann, wenn der Erklärende die Absendung der<br />
E-Mail beweisen kann (OLG Köln v. 5.12.2006 –3U167/05).<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 27.11.2012, 15 Ta 2066/12<br />
78. AGG, Bewerbungsverfahren, Eignungsbeurteilung<br />
nur anhand objektiver Kriterien<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Der Kläger hätte gemäß § 62 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch<br />
eingeladen werden müssen, weil ihm nach<br />
§ 82 Satz 3 SGB IX die fachliche Eignung für die angestrebte<br />
Stelle auf der Grundlage eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil<br />
der Stelle – unter besonderer Berücksichtigung<br />
der konstitutiven Elemente – und seinem Leistungsprofil<br />
nicht offensichtlich fehlte. Als „konstitutiv“ einzustufen sind<br />
diejenigen Merkmale des Anforderungsprofils, die zwingend<br />
vorgegeben und anhand objektiv überprüfbarer Kriterien,<br />
also insbesondere ohne Rücksichtnahme auf Wertungsspiel-<br />
räume des Dienstherrn, als tatsächlich gegeben letztlich eindeutig<br />
und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber<br />
kennzeichnet das „beschreibende“, nicht konstitutive Anforderungsprofil<br />
solche Qualifikationsmerkmale, die entweder<br />
ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen oder die<br />
schon von ihrer Art her nicht allein anhand objektiv überprüfbarer<br />
Fakten – bejahend oder verneinend – festgestellt werden<br />
können. Bei Letzteren geht es um Merkmale, die sich erst<br />
auf der Grundlage eines persönlichkeitsbedingten, das betreffende<br />
Element des Eignungs- und Befähigungsprofils näher in<br />
den Blick nehmenden Werturteils erschließen (VGH Baden-<br />
Württemberg v. 7.12.2010 – 4 S 2057/10). Die Beklagte hat<br />
eine Stelle als Rechnungsamtsleiter ausgeschrieben. In der<br />
Stellenausschreibung wurde lediglich angegeben, die Stelle<br />
sei besonders für Absolventen der Fachhochschule für Öffentliche<br />
Verwaltung und Finanzen geeignet. Eine besondere Ausbildung<br />
oder ein Examensergebnis mit einer Mindestpunktzahl<br />
wurde nicht verlangt. Darüber hinausgehende, besondere<br />
Fachkenntnisse im Sinne einer einzelnen Fachrichtung<br />
oder einer einzelnen Befähigung wurden in der Ausschreibung<br />
nicht zwingend vorausgesetzt; ebenso wenig Berufsoder<br />
gar Leitungserfahrung. Die Ausschreibung stellt damit<br />
keine Anforderungen, welche nicht durch die vom Kläger absolvierte<br />
Ausbildung an einer staatlichen Hochschule für Verwaltung<br />
als erfüllt angesehen werden können. Daher ergibt<br />
sich aus den Bewerbungsunterlagen nicht, dass der Kläger offensichtlich<br />
für die ausgeschriebene Stelle fachlich ungeeignet<br />
ist. (…)<br />
Die Beklagte macht geltend, der Kläger sei persönlich nicht<br />
geeignet für die ausgeschriebene Stelle. Damit bezieht sich<br />
die Beklagte ausdrücklich nicht auf Merkmale, die die fachliche<br />
Eignung des Klägers berühren; die bessere Eignung von<br />
Mitbewerbern schließt eine Benachteiligung auch nicht aus,<br />
wie sich aus § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG ergibt (BVerwG v.<br />
3.3.2011 – 5 C 16.10). Es kann dahinstehen, ob die Beklagte<br />
Gründe, die die persönliche Eignung betreffen, für den Nachweis,<br />
dass für die Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch<br />
ausschließlich andere Gründen als die Behinderung erheblich<br />
waren, heranziehen kann (so VGH Baden-Württemberg, Urt. v.<br />
21.8.2012 – 4 S 530/12) Jedenfalls hat die Beklagte – selbst unter<br />
Zugrundelegung dieser Möglichkeit – nicht den vollen Beweis<br />
darüber erbracht, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen<br />
zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.<br />
■ Verwaltungsgericht Karlsruhe<br />
vom 8.2.<strong>2013</strong>, 8 K 1153/12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Jochen Link<br />
Niedere Straße 63, 78050 Villingen-Schwenningen<br />
Tel.: 07721/33166, Fax: 07721/33197<br />
info@anwaltskanzlei-vs.de; www.anwaltskanzlei-vs.de<br />
79. AGG, Benachteiligung, Mehrurlaub für ältere<br />
Arbeitnehmer<br />
Ein zweitägiger Mehrurlaub für über 58-Jährige dient der Sicherstellung<br />
des Schutzes der Beschäftigung älterer Arbeit-<br />
52<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 19 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Allgemeines Vertragsrecht<br />
nehmer in objektiv, angemessen legitimer Weise i.S.d. § 10<br />
Satz 1 und 3 Nr. 1 AGG. Die verlängerte Urlaubsgewährung<br />
verhilft älteren Beschäftigten bei genereller Betrachtung zur<br />
Absicherung ihrer Erwerbsfähigkeit. Die ILO-Empfehlung<br />
Nr. 162 vom 23.6.1980 nennt in Ziff. III Nr. 14 Buchst. b und c<br />
sowohl die Verkürzung der Arbeitszeit als auch die Verlängerung<br />
des bezahlten Jahresurlaub in Referenz zum zunehmenden<br />
Lebensalter als betrieblich probates Mittel zum Schutz<br />
der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 7.9.2012, 6 Sa 709/11<br />
80. Entgeltfortzahlung, fehlende Kausalität bei<br />
vermeintlich ruhendem Arbeitsverhältnis<br />
Ansprüche auf Vergütung von Feiertagen und Krankheitszeiten<br />
setzen voraus, dass die Arbeitsleistung allein wegen des<br />
Feiertags oder der Erkrankung ausfallen. Daran fehlt es, wenn<br />
die Parteien aufgrund einer zunächst gewährten, nachträglich<br />
wieder entzogenen Erwerbsminderungsrente von dem Ruhen<br />
der beiderseitigen Hauptpflichten ausgegangen sind.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 15.1.<strong>2013</strong>, 1 Sa 363/12<br />
81. Mobbing, Ausgrenzung innerhalb der Belegschaft,<br />
keine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch wahre<br />
Tatsachenbehauptung<br />
1. Der Arbeitgeber hat die Pflicht, seine Arbeitnehmer vor Belästigungen<br />
durch Vorgesetzte, Mitarbeiter oder Dritte, auf die<br />
er Einfluss hat, zu schützen und ihnen einen menschengerechten<br />
Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Zu berücksichtigen<br />
ist allerdings, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen,<br />
die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum<br />
erstrecken können, nicht geeignet sind, als rechtswidriger Eingriff<br />
in das Persönlichkeitsrecht oder als Gesundheitsverletzung<br />
zu gelten, und es daher gilt, so genanntes folgenloses<br />
oder sozial- und rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer<br />
objektiven Betrachtungsweise, d.h. ohne Rücksicht auf das<br />
subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von<br />
der rechtlichen Bewertung auszunehmen. Ein Eingriff in das<br />
Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das<br />
Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange<br />
der anderen Seite überwiegt. Wahre Tatsachenbehauptungen<br />
müssen in der Regel hingenommen werden, und zwar auch<br />
dann, wenn sie sich nachteilig auf die betroffene Person auswirken<br />
können. Nur ausnahmsweise überwiegen bei wahren<br />
Aussagen die Persönlichkeitsbelange. Im Fall von Äußerungen<br />
im Rahmen der Sozialsphäre trifft das nur auf Fälle schwerwiegender<br />
Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht zu, wenn<br />
etwa eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung<br />
zu besorgen ist. Zur Sozialsphäre zählt insbesondere<br />
das berufliche Wirken des Einzelnen.<br />
2. Die (zutreffende) Äußerung, die aus anhängigen Vergütungsklagen<br />
resultierenden wirtschaftlichen Risiken stünden<br />
Allgemeines Vertragsrecht<br />
der Gewährung von Sonderzahlungen entgegen, ist zur Stigmatisierung<br />
oder sozialen Ausgrenzung der Kläger nicht geeignet,<br />
auch wenn sie innerhalb der Belegschaft zu Anfeindungen<br />
führt.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 7.9.2012, 6 Sa 703/11<br />
82. Urlaub, Verzugslohn bei unzureichender Anordnung<br />
von Betriebsurlaub, Brückentage, keine Benachteiligung<br />
von Schwerbehinderten, die keine Mehrarbeit leisten<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
1. (…) Im vorliegenden Fall hat die Beklagte nicht dargelegt,<br />
dass sie die erforderliche Freistellungserklärung im Hinblick<br />
auf die Gewährung von Erholungsurlaub gegenüber<br />
dem Kläger abgegeben hat. Sie hat vielmehr vorgetragen,<br />
dass die Belegschaft und damit auch der Kläger darüber informiert<br />
wurde, dass der Betrieb an den Brückentagen, das heißt<br />
auch am 30.4.2012, geschlossen bleibt und die Mitarbeiter<br />
sich entscheiden können, ob sie an diesem Tag Urlaub nehmen<br />
wollen oder eine Verrechnung mit Mehrarbeit an anderen<br />
Tagen (Ausgleich über Arbeitszeitkonto) vornehmen<br />
möchten. Damit wurde keine Freistellungserklärung im oben<br />
dargestellten Sinne abgegeben. Die Beklagte hat es als Arbeitgeberin<br />
vielmehr den Arbeitnehmern überlassen, ob diese einen<br />
Antrag auf Gewährung von Erholungsurlaub für den fraglichen<br />
Tag stellen möchten oder den Ausgleich über das Arbeitszeitkonto<br />
vorziehen. Die Beklagte selbst hat im Vorfeld<br />
des 30.4.2012 keine Freistellungserklärung bezüglich der Urlaubsgewährung<br />
abgegeben, sondern nur entschieden, dass<br />
der Betrieb geschlossen bleibt, und im Übrigen den Mitarbeitern<br />
zwei verschiedene Vorgehensweisen bezüglich der<br />
Arbeitszeit angeboten.<br />
Mangels konkreter Freistellungserklärung bezüglich Urlaubsgewährung<br />
hat die Beklagte auch keinen sogenannten Betriebsurlaub<br />
bzw. Betriebsferien wirksam angeordnet. Es kann<br />
daher dahingestellt bleiben, ob eine solche Anordnung nur<br />
für einzelne „Brückentage“ rechtswirksam möglich wäre. Hieran<br />
bestehen Zweifel, weil gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 BUrlG der<br />
Urlaub zusammenhängend zu gewähren ist, es sei denn,<br />
dass dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers<br />
liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich<br />
machen (vgl. Hommerich/Boecken/DüweII-DüwelI, Arbeitsrecht,<br />
2. Aufl., § 7 BurlG, Rn 70; ErfK/Gallner, 13. Aufl., § 7<br />
BUrlG, Rn 26). Ein dringender betrieblicher Grund für die<br />
Schließung des Betriebes an einem bestimmten einzelnen Tag<br />
könnte zum Beispiel darin liegen, dass der Betrieb an diesem<br />
Tag mangels Belieferung nicht produktionsfähig ist oder andere<br />
Gründe vorliegen, die es dem Arbeitgeber unmöglich<br />
oder unzumutbar machen, den Betriebsablauf durchzuführen.<br />
Solche Umstände hat die Beklagte nicht vorgetragen. (…)<br />
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigung aufgrund<br />
Diskriminierung wegen seiner Behinderung gemäß<br />
§ 15 Abs. 2 AGG. (…) Es liegt auch keine mittelbare Benachtei-<br />
2/<strong>2013</strong> 53
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 20 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Allgemeines Vertragsrecht<br />
ligung gemäß § 3 Abs. 2 AGG vor. Die Beklagte stellte allen<br />
Arbeitnehmern, das heißt sowohl schwerbehinderten als auch<br />
nicht schwerbehinderten Mitarbeitern, die Wahlmöglichkeit<br />
zur Verfügung, ob sie an den Brückentagen Erholungsurlaub<br />
oder einen Ausgleich über ein Arbeitszeitkonto in Anspruch<br />
nehmen wollen. Auch schwerbehinderte Menschen können<br />
somit den Arbeitsausfall an den Brückentagen durch Mehrarbeit<br />
an anderen Tagen zum Ausgleich bringen. Diese Ausgleichsmöglichkeit<br />
besteht dann nicht, wenn sie gemäß § 124<br />
SGB IX die Freistellung von Mehrarbeit verlangen und somit<br />
keinen Zeitausgleich durchführen können. Schwerbehinderte<br />
sind gemäß § 124 SGB IX berechtigt, Mehrarbeit abzulehnen.<br />
Der Kläger hat von diesem Recht Gebrauch gemacht und<br />
konnte somit einen Ausgleich bzgl. der an den Brückentagen<br />
entfallenen Arbeitszeit nicht über Mehrarbeit an anderen Tagen<br />
herbeiführen. Dieser Umstand bewirkt aber keine mittelbare<br />
Benachteiligung gemäß § 3 Abs. 2 AGG durch die Beklagte.<br />
Der Kläger wird durch die Vorgehensweise der Beklagten<br />
nicht als Schwerbehinderter benachteiligt. Der Unterschied<br />
zu den Nichtbehinderten ergibt sich allein daraus, dass<br />
der Kläger von einer gesetzlichen Schutzvorschrift zu seinen<br />
Gunsten Gebrauch macht. Die Beklagte hat das Verlangen<br />
des Klägers gemäß § 124 SGB IX respektiert. Der eine gesetzliche<br />
Schutzvorschrift anwendende Arbeitgeber nimmt<br />
keine mittelbare Benachteiligung des geschützten Arbeitnehmers<br />
vor, wenn gerade die Anwendung der Schutzvorschrift<br />
eine unterschiedliche Behandlung im Verhältnis zu anderen<br />
(nicht geschützten) Arbeitnehmern bewirkt.<br />
■ Arbeitsgericht Nürnberg<br />
vom 7.1.<strong>2013</strong>, 3 Ca 5563/12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Bertram Bauer<br />
Martin-Luther-Platz 6-8, 91522 Ansbach<br />
Tel.: 0981/9712700, Fax: 0981/97127030<br />
info@rae-pbw.de; www.rae-pbw.de<br />
83. Ausschlussfrist, Wahrung der Frist durch<br />
Beschäftigungsklage<br />
Die Frist sowohl zur außergerichtlichen als auch zur gerichtlichen<br />
Geltendmachung von Annahmeverzugsansprüchen des<br />
Arbeitnehmers i.S.v. § 15 BRTV-Bau wird durch die Klage des<br />
Arbeitnehmers gerichtet auf tatsächliche Beschäftigung gewahrt.<br />
■ Landesarbeitsgericht Hannover<br />
vom 30.11.2012, 6 Sa 513/12<br />
84. Ausschlussfrist, Verweisung auf unwirksamen<br />
Tarifvertrag<br />
Die in einem unwirksamen Tarifvertrag enthaltene Ausschlussfrist<br />
wird auch durch arbeitsvertragliche Bezugnahme<br />
auf diesen Tarifvertrag nicht Gegenstand des Arbeitsvertrages.<br />
Die Arbeitsvertragsparteien wollen einen Tarifvertrag re-<br />
gelmäßig nur so in Bezug nehmen, wie er auch tarifrechtlich<br />
gilt (entgegen LAG Düsseldorf vom 8.12.2011 – 11 Sa 852/11).<br />
■ Landesarbeitsgericht Hannover<br />
vom 28.11.2012, 2 Sa 76/12<br />
85. Zeugnis, kein Verzicht auf Ehrlichkeitsvermerk nach<br />
unberechtigter Verdachtskündigung<br />
Ist der Arbeitgeber im Kündigungsrechtsstreit mit einer Verdachtskündigung<br />
unterlegen, weil ein triftiger Tatverdacht<br />
nicht feststellbar war, so kann er dem Arbeitnehmer, dem er<br />
wegen dessen Umgangs mit Geld und/oder Sachwerten (hier:<br />
„Abteilungsaufsicht“ im Einzelhandel) nach allgemeinen<br />
zeugnisrechtlichen Grundsätzen den sogenannten „Ehrlichkeitsvermerk“<br />
schuldet, die Bescheinigung besagter Ehrlichkeit<br />
nicht deshalb verweigern, weil er seine subjektiven Zweifel<br />
daran nicht ausgeräumt sieht.<br />
■ Arbeitsgericht Berlin<br />
vom 14.12.2012, 28 Ca 16143/12<br />
86. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot,<br />
Karenzentschädigung, Ermessensentscheidung<br />
Die Wettbewerbsabrede, die die Höhe der Karenzentschädigung<br />
in das Ermessen des Arbeitgebers stellt, ist nicht nichtig.<br />
Bei der gerichtlichen Bestimmung der Höhe der Karenzentschädigung<br />
gemäß § 315 Abs. 3 BGB ist die Regelung des § 74<br />
Abs. 2 HGB zu berücksichtigen.<br />
■ Landesarbeitsgericht Hannover<br />
vom 9.1.<strong>2013</strong>, 16 Sa 563/12<br />
87. Arbeitnehmerüberlassung, Rechtsmissbrauch bei<br />
konzerninterner Überlassungsgesellschaft, nicht nur<br />
vorübergehende Überlassung, Begründung eines<br />
Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher (I)<br />
1. Im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung stellt es einen institutionellen<br />
Rechtsmissbrauch dar, wenn das verleihende<br />
Konzernunternehmen nur an einen oder mehrere Konzernunternehmen<br />
Arbeitnehmer verleiht, nicht am Markt werbend<br />
tätig ist und die Einschaltung dieses verleihenden Unternehmens<br />
nur dazu dient, Lohnkosten zu senken oder kündigungsschutzrechtliche<br />
Wertungen ins Leere laufen zu lassen.<br />
Dies hat zur Folge, dass dem Scheinentleiher die Arbeitgeberstellung<br />
zukommt.<br />
2. Für die Zeit ab dem 1.12.2011 ist eine schon erteilte Erlaubnisnach§1AÜGaufdievorübergehende<br />
Überlassung von<br />
Arbeitnehmern beschränkt. Die Überlassung auf Dauer ist<br />
nicht (mehr) erlaubnisfähig. Erfolgt die Überlassung eines Arbeitnehmers<br />
an den Entleiher nicht nur vorübergehend,<br />
kommt nach §§ 10 Abs. 1 S. 1 2. Alt, 9 Nr. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis<br />
mit dem Entleiher zu Stande.<br />
3. Eine Überlassung von Arbeitnehmern, die auf Dauer angelegt<br />
ist, erfolgt nicht mehr vorübergehend. Dies ist der Fall,<br />
wenn die verliehenen Arbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen<br />
54<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 21 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Allgemeines Vertragsrecht<br />
eingesetzt werden, für die keine Stammarbeitnehmer vorhanden<br />
sind.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 9.1.<strong>2013</strong>, 15 Sa 1635/12<br />
88. Arbeitnehmerüberlassung, nicht nur<br />
vorübergehende Überlassung, Begründung eines<br />
Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher (II)<br />
1. Verfügt der Verleiher über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung<br />
nach§1AÜGwirdauch bei einer nicht nur vorübergehenden<br />
Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis<br />
nicht mit dem Entleiher begründet. Auch wenn in diesen Fällen<br />
Arbeitsvermittlung zu vermuten wäre, fehlt es nach Wegfall<br />
von § 13 AÜG sowie der Vermutungswirkung in § 1 Abs. 2<br />
2. Alt. an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage (vgl.<br />
BAG v. 28.6.2000 – 7 AZR 100/99; BAG v. 2.6.2010 – 7 AZR 946/<br />
08).<br />
2. Ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher kann auch nicht im<br />
Wege einer richtlinienkonformen Auslegung von §§ 1 Abs. 2,<br />
10 Abs. 1, 9 Nr. 1 AÜG begründet werden. Im Hinblick auf die<br />
langjährige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, in der<br />
eine solche Sanktion verneint wurde, ist davon auszugehen,<br />
dass sich der Gesetzgeber bei der letzten Änderung des AÜG<br />
aufgrund der Richtlinie bewusst gegen eine entsprechende<br />
Sanktion entschieden hat.<br />
3. Jedenfalls für Verträge, die vor Änderung von § 1 Abs. 1 Satz<br />
2 AÜG abgeschlossen wurden, kann auch kein nach § 242 BGB<br />
rechtsmissbräuchliches Schein- oder Strohmanngeschäft angenommen<br />
werden.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 16.10.2012, 7 Sa 1182/12<br />
89. Arbeitnehmerüberlassung, Scheinwerkvertrag im<br />
Fleischereigewerbe<br />
1. Richten sich die vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen<br />
nach dem Bedarf des Auftraggebers, so spricht dies<br />
ganz erheblich gegen das Vorliegen eines Werk- oder Dienstvertrages<br />
und für eine Eingliederung der Arbeitnehmer in den<br />
Betrieb des Auftraggebers.<br />
2. Insofern fehlt es an einer abgrenzbaren, dem Auftragnehmer<br />
als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen<br />
Werkes. Dies deutet auf Arbeitnehmerüberlassung hin, wenn<br />
der Auftraggeber durch seine Anweisungen den Gegenstand<br />
der von dem Arbeitnehmer zu erbringenden Leistungen<br />
überhaupt erst bestimmt und damit Arbeit und Einsatz bindend<br />
organisiert. Gleiches gilt für die Abgrenzung zu einem<br />
Dienstvertrag.<br />
3. Gegen die Einordnung als Arbeitnehmerüberlassung<br />
spricht nicht entscheidend, dass in einem Leistungsverzeichnis<br />
zum Werkvertrag die Vergütung der Arbeiten der Fleischund<br />
Wurstproduktion nach kg oder Stück berechnet wird.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 12.12.2012, 15 Sa 1217/12<br />
Allgemeines Vertragsrecht<br />
90. Arbeitnehmerüberlassung, Equal-Pay, unzulässige<br />
Tarifwechselklausel<br />
1. Die einzelvertragliche Ermächtigung des Arbeitgebers, einseitig<br />
den im Arbeitsverhältnis maßgeblichen Tarifvertrag zu<br />
ändern, stellt eine unzulässige Benachteiligung des Arbeitnehmers<br />
dar und ist gem. § 308 Nr. 4 BGB unwirksam.<br />
2. Die richtlinienkonforme Auslegung von § 10 Abs. 4 S. 1 AÜG<br />
ergibt, dass dann, wenn der Entleiherbetrieb im Aufgabengebiet<br />
des Leiharbeiters keine eigenen Stammkräfte, sondern<br />
ausschließlich Leiharbeitnehmer einsetzt, der Leiharbeitnehmer<br />
die Vergütung beanspruchen kann, die für ihn gelten<br />
würde, wenn er beim Entleiher für die gleiche Aufgabe eingestellt<br />
worden wäre.<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen<br />
vom 25.1.<strong>2013</strong>, 6 Sa 737/12<br />
91. Arbeitnehmerüberlassung, Ausschlussfrist,<br />
Intransparenz<br />
Eine vertragliche Regelung, die einerseits vorsieht, dass die<br />
Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen<br />
des Arbeitsvertrages vorgehen sollen, wenn<br />
nicht die arbeitsvertraglichen Bestimmungen eine für den<br />
Mitarbeiter günstigere Regelung ergeben, andererseits aber<br />
auch bestimmt, dass die vertragliche Ausschlussfrist nicht gelten<br />
soll, soweit die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge<br />
eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung über<br />
den Ausschluss oder den Verfall von Ansprüchen enthalten,<br />
ist intransparent und Verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.<br />
Bei einer derartigen Wechselwirkung ist für den Arbeitnehmer<br />
nicht hinreichend deutlich, welche Ausschlussfrist für ihn nun<br />
mehr maßgeblich ist.<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen<br />
vom 15.11.2012, 7 Sa 1787/11<br />
92. Betriebsübergang, Unterrichtungsschreiben,<br />
Information über die Möglichkeit des Widerspruchs und<br />
dessen Folgen<br />
1. Die Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB wird<br />
nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung nach § 613a<br />
Abs. 5 BGB in Lauf gesetzt.<br />
2. Auch über das Recht zum Widerspruch gegen den Übergang<br />
des Arbeitsverhältnisses ist als rechtliche Folge nach<br />
§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB zu informieren (vgl. BAG v. 13.7.2006 –<br />
8 AZR 305/05). Der Sinn der Unterrichtungspflicht besteht darin,<br />
den betroffenen Arbeitnehmern eine ausreichende Wissensgrundlage<br />
für die Ausübung oder Nichtausübung ihres<br />
Widerspruchsrechts zu verschaffen (vgl. BAG v. 20.3.2008 – 8<br />
AZR 1016/06).<br />
3. Diesen Anforderungen genügt das Schreiben vom<br />
27.6.2011 nicht. Es wäre zumindest auch auf die nicht ganz<br />
fern liegende Möglichkeit eines Ausscheidens mit einer Prämie<br />
nach der VV-Prämie im Falle des Widerspruchs hinzuweisen<br />
gewesen.<br />
2/<strong>2013</strong> 55
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 22 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Bestandsschutz<br />
4. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes kam es hier<br />
nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Mitteilung entsprechende<br />
Prämienzahlungen bereits in Aussicht genommen<br />
worden waren. Die Hinweispflicht ergibt sich hier bereits aus<br />
§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB, nicht erst aus § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB,<br />
der nach der Rechtsprechung des BAG ein gewisses Planungsstadium<br />
voraussetzt.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 14.6.2012, 26 Sa 658/12<br />
93. Betriebliche Altersversorgung, Gesamtzusage durch<br />
Errichtung einer Versorgungseinrichtung<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Gründet ein Arbeitgeber eine rechtlich selbstständige Einrichtung<br />
zum Zweck der Altersversorgung seiner Mitarbeiter,<br />
liegt darin regelmäßig die Zusage an die Arbeitnehmer ihnen<br />
durch diese Einrichtung betriebliche Altersversorgung<br />
nach deren Satzung oder Richtlinien zu gewähren. Dies gilt jedenfalls<br />
dann, wenn das Bestehen der Einrichtung bei den Arbeitnehmern<br />
bekannt ist. Hat der Arbeitgeber eine solche Einrichtung<br />
gegründet, ist es seine Sache darzulegen und gegebenenfalls<br />
zu beweisen, dass ausnahmsweise die Einrichtung<br />
und deren Zweck den Arbeitnehmern nicht bekannt gemacht<br />
wurden. Der erste Anschein spricht dafür, dass die Gründung<br />
und der Bestand einer solchen Einrichtung im Betrieb bekannt<br />
gemacht worden ist. Das entspricht dem regelmäßigen<br />
Geschehensablauf (Hessisches LAG v. 14.12.2011 – 8 Sa 777/<br />
11).<br />
■ Arbeitsgericht Köln<br />
vom 23.1.<strong>2013</strong>, 2 Ca 7629/11<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Jürgen Höser<br />
Kölner Straße 2, 5<strong>02</strong>26 Frechen<br />
Tel.: <strong>02</strong>234/1820-0, Fax: <strong>02</strong>234/1820-10<br />
office@hdup.de; www.hdup.de<br />
94. Betriebliche Altersversorgung, Auslegung,<br />
Berücksichtigung von Nachtzulagen<br />
Eine tarifliche Nachtzulage, die für regelmäßig im Schichtwechsel<br />
geleistete Nachtarbeit gezahlt wird, gehört nicht zum<br />
versorgungsberechtigten Einkommen einer Betriebsrentenzusage,<br />
wenn dies in der Zusage als das „tariflich vereinbarte<br />
Bruttomonatsentgelt“ definiert ist.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 18.10.2012, 2 Sa 216/12<br />
95. Betriebliche Altersversorgung, Auslegung einer<br />
Anpassungsregelung<br />
Die Regelung in einer betrieblichen Vorruhestandsregelung:<br />
„Das zum Zeitpunkt Ihres Ausscheidens aus unserem Unternehmen<br />
gültige ruhegeldfähige Diensteinkommen gemäß<br />
§ 5 Ihrer Ruhegeldzusage wird entsprechend der in dieser Zeit<br />
erfolgten Vergütungsentwicklung für aktive Mitarbeiter (prozentuale<br />
Veränderung der Vergütungstabelle für Arbeitneh-<br />
mer der Mitglieder des Arbeitgeberverbandes von Gas-, Wasser-<br />
und Elektrizitätsunternehmungen e.V.) angepasst.“ ist<br />
gem. §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass die Vergütungsentwicklung<br />
aller aktiven Tarifmitarbeiter zugrunde zu legen<br />
ist, nicht lediglich die Vergütungsentwicklung derjenigen Mitarbeitergruppe,<br />
der der Arbeitnehmer zuzuordnen ist.<br />
■ Arbeitsgericht Köln<br />
vom 29.1.<strong>2013</strong>, 6 Ca 9047/12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Jürgen Höser<br />
Kölner Straße 2, 5<strong>02</strong>26 Frechen<br />
Tel.: <strong>02</strong>234/1820-0, Fax: <strong>02</strong>234/1820-10<br />
office@hdup.de; www.hdup.de<br />
Bestandsschutz<br />
96. Abmahnung, Entfernung aus der Personalakte<br />
Der Arbeitnehmer kann die Entfernung einer unzutreffenden<br />
Abmahnung aus den Personalakten verlangen. Die Darlegungs-<br />
und Beweislast für die Berechtigung der erhobenen<br />
Vorwürfe trägt der Arbeitgeber.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 21.12.2012, 9 Sa 447/12<br />
97. Kleinbetrieb, Zusammenrechnung mehrerer<br />
Betriebsteile<br />
Auch ein Hauptbetrieb und eine räumliche weit entfernte Betriebsstätte<br />
i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG können einen<br />
Betrieb i.S.d. § 23 KSchG bilden, so dass auf die Gesamtzahl<br />
der Arbeitnehmer abzustellen ist.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 8.11.2012, 10 Sa 224/12<br />
98. Kleinbetrieb, Treuwidrige Kündigung nach<br />
mutterschutzrechtlichem Beschäftigungsverbot;<br />
zusätzlicher Entschädigungsanspruch nach AGG<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
1. Auch in einem sogenannten „Kleinbetrieb“ ist der Arbeitnehmer<br />
jedoch vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung<br />
des Kündigungsrechts des Arbeitgebers geschützt (…).<br />
a) Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen derjenigen<br />
Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit ergibt, liegt<br />
beim Arbeitnehmer. Dabei ist durch eine abgestufte Darlegungs-<br />
und Beweislast dem verfassungsrechtlich gebotenen<br />
Schutz des Arbeitnehmers Rechnung zu tragen. In einem ersten<br />
Schritt muss der Arbeitnehmer, soweit er die Überlegungen<br />
des Arbeitgebers, die zu seiner Kündigung geführt haben,<br />
nicht kennt, lediglich einen Sachverhalt vortragen, der<br />
die Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242 BGB indiziert.<br />
Sodann muss sich der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO im<br />
Einzelnen auf diesen Vortrag einlassen, um ihn zu entkräften.<br />
Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, so gilt der schlüssige<br />
Sachvortrag des Arbeitnehmers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als<br />
56<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 23 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Bestandsschutz<br />
zugestanden (vgl. BAG v. 28.6.2007 – 6 AZR 750/06, und v.<br />
23.4.2009 – 6 AZR 533/08, jeweils m.w.N.).<br />
b) Nach dem Vorbringen der Parteien ist davon auszugehen,<br />
dass die Beklagte nur die Klägerin gekündigt hat. Die Beklagte<br />
ist der entsprechenden Behauptung der Klägerin zunächst<br />
mit der bloßen Behauptung entgegengetreten, die Klägerin<br />
sei nicht als Einzige gekündigt worden. Auf das Vorbringen<br />
der Klägerin, dass ihr nur ein Aufhebungsvertrag auf Wunsch<br />
des Arbeitnehmers bekannt sei, hat die Beklagte dann ausgeführt,<br />
die Klägerin habe damit bestätigt, dass noch ein weiteres<br />
Arbeitsverhältnis beendet worden sei. Vor diesem Hintergrund<br />
ist bereits nicht mehr zu erkennen, ob die Beklagte<br />
noch weiter behaupten will, dass eine weitere Kündigung ausgesprochen<br />
worden ist. Jedenfalls ist ihr Bestreiten unsubstantiiert<br />
und damit nach § 138 ZPO unbeachtlich. Die Beklagte<br />
trägt weder vor, wer gekündigt worden ist, noch wann<br />
und aus welchem Grund. (…)<br />
c) Zu Recht ist das Arbeitsgericht des Weiteren zu dem Ergebnis<br />
gelangt, es stehe nach § 138 Abs. 3 ZPO fest, dass der Geschäftsführer<br />
auf das Beschäftigungsverbot verärgert reagiert<br />
und die Klägerin gedrängt habe, weiter zu arbeiten. Aus den<br />
Schriftsätzen und Protokollen erster Instanz ergibt sich nicht,<br />
dass die Beklagte den entsprechenden Sachvortrag überhaupt<br />
bestritten hat. Jedenfalls hat die Beklagte die Feststellung<br />
des Arbeitsgerichts, sie habe den Sachvortrag der Klägerin<br />
nicht substantiiert bestritten, im Berufungsverfahren nicht<br />
angegriffen.<br />
d) Unter Berücksichtigung des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs<br />
zwischen dem Entfall des Mutterschutzes und<br />
dem Ausspruch der Kündigung ergibt sich aus den vorstehenden<br />
Umständen ein hinreichendes Indiz für die Annahme,<br />
dass die Kündigung eine Reaktion der Beklagten auf das Beschäftigungsverbot<br />
und die Weigerung der Klägerin, während<br />
diesem zu arbeiten, gewesen ist.<br />
e) Die Beklagte hat die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen<br />
nicht entkräftet. Sie ist dem Vorbringen der Klägerin<br />
nicht ausreichend entgegengetreten. Trotz des gerichtlichen<br />
Hinweises erschöpft sich der Vortrag der Beklagten zur Rechtfertigung<br />
der Kündigung darin, zu behaupten, sie habe eine<br />
betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen; der Arbeitsanfall<br />
im Bereich Vertrieb habe sich in einem Umfang verringert,<br />
dass dort eine Mitarbeiterstelle habe gestrichen werden müssen.<br />
Dies ist selbst unter Berücksichtigung dessen, dass dem<br />
Kleinunternehmer nicht die im Kündigungsschutzgesetz vorgesehenen<br />
Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt werden<br />
dürfen, völlig unzureichend. Um dem Gericht die Möglichkeit<br />
zu geben, festzustellen, dass die Kündigung nicht auf willkürlichen<br />
oder auf sachfremden Motiven beruht, muss der Arbeitgeber<br />
wenigstens konkrete Tatsachen vortragen, die einen irgendwie<br />
einleuchtenden Grund für die Kündigung plausibel<br />
und nachvollziehbar machen. Bloße pauschale Behauptungen<br />
und Allgemeinplätze genügen insoweit nicht. Es hätte daher<br />
der Beklagten oblegen, Tatsachen vorzutragen, aus denen<br />
sich die von ihr behauptete Verringerung des Arbeitsanfalls<br />
Bestandsschutz<br />
im Bereich Vertrieb nachvollziehbar ergab. Dies gilt insbesondere<br />
auch deshalb, weil nur zehn Tage vor der Kündigung offenbar<br />
noch soviel Bedarf an der Arbeitsleistung der Klägerin<br />
bestand, dass der Geschäftsführer der Beklagten sie auffordern<br />
musste, trotz des bestehenden Beschäftigungsverbots<br />
zu arbeiten. Warum die Beklagte dann in der Folge gleichwohl<br />
glaubte, auf die Klägerin verzichten zu können, obwohl unstreitig<br />
ein weiterer Mitarbeiter durch Aufhebungsvertrag<br />
ausgeschieden war, ist nicht ansatzweise erkennbar.<br />
2. Der Antrag (auf Entschädigung) ist auch begründet. Die Klägerin<br />
hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer<br />
Entschädigung in Höhe von EUR 3.000,00 gemäß § 15<br />
Abs. 2 Satz 1 AGG.<br />
a) Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann der oder die Beschäftigte<br />
wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine<br />
angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Der Entschädigungsanspruch<br />
setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot<br />
gemäß § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG voraus.<br />
Dies stellt zwar § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG nicht ausdrücklich klar,<br />
es ergibt sich aber aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen<br />
in § 15 AGG (vgl. BAG v. 22.10.2009 – 8 AZR 642/<br />
08 m.w.N.). Liegt eine ungerechtfertigte Benachteiligung aus<br />
einem in § 1 AGG genannten Grund vor, sind damit automatisch<br />
eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts<br />
und damit ein immaterieller Schaden verknüpft (vgl. KR/Treber,<br />
9. Aufl., § 15 AGG Rn 26/27, m.w.N.).<br />
b) Die Beklagte hat die Klägerin durch die Kündigung unmittelbar<br />
wegen ihres Geschlechts benachteiligt. Eine unmittelbare<br />
Benachteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt<br />
vor, wenn eine Person wegen eines in§1AGGgenannten verpönten<br />
Merkmals eine weniger günstige Behandlung erleidet<br />
als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt,<br />
erfahren hat oder erfahren würde. Es ist erforderlich,<br />
dass die betreffende Person einer weniger günstigen Behandlung<br />
ausgesetzt ist als eine in einer vergleichbaren Situation<br />
befindliche Person, bei der das Merkmal nicht vorliegt (vgl.<br />
BAG v. 22.10.2009 – 8 AZR 642/08 m.w.N.). Die Klägerin beruft<br />
sich auf eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts. Eine<br />
unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt<br />
gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis<br />
4 AGG auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer<br />
Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor. Da für einen<br />
Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG die Benachteiligung<br />
wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt<br />
sein muss, ist ein Kausalzusammenhang erforderlich.<br />
Dieser ist dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen<br />
oder mehrere der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpft<br />
oder dadurch motiviert ist. Ausreichend ist, dass ein in § 1<br />
AGG genannter Grund Bestandteil eines Motivbündels ist, das<br />
die Entscheidung beeinflusst hat. Nach der gesetzlichen Beweisregelung<br />
gemäß § 22 AGG genügt es, dass der Anspruchsteller<br />
im Streitfalle Indizien beweist, die eine Benachteiligung<br />
wegen eines in§1AGGgenannten Grundes vermuten<br />
lassen. Sodann trägt die andere Partei die Beweislast da-<br />
2/<strong>2013</strong> 57
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 24 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Bestandsschutz<br />
für, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz<br />
vor Benachteiligung vorgelegen hat (vgl. BAG v 22.10.2009 –<br />
8 AZR 642/08 m.w.N.). Der Anspruchsteller genügt seiner Darlegungslast,<br />
wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver<br />
Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen<br />
lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals<br />
erfolgt ist. Es genügt, Indizien vorzutragen, die zwar nicht<br />
zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber die<br />
Annahme rechtfertigen, dass sie gegeben ist. Dabei ist kein zu<br />
strenger Maßstab an die Vermutungswirkung der Hilfstatsachen<br />
anzulegen. Werden vom Arbeitnehmer Tatsachen vorgetragen,<br />
die je für sich genommen nicht zur Begründung der<br />
Kausalität ausreichen, ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen.<br />
Zu prüfen ist, ob die Hilfstatsachen, werden sie im Zusammenhang<br />
gesehen, geeignet sind, die Vermutungswirkung<br />
zu begründen (vgl. BAG, Urt. v. 7.7.2011 – 2 AZR 396/10<br />
m.w.N.).<br />
Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen hat die Klägerin<br />
ausreichende Tatsachen vorgetragen, die aus objektiver<br />
Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen<br />
lassen, dass sie durch die Beklagte eine Benachteiligung wegen<br />
ihrer (vormaligen) Schwangerschaft und damit unmittelbar<br />
wegen ihres Geschlechts erfahren hat. (…)<br />
c) Als Ausgleich für die durch die ungerechtfertigte Benachteiligung<br />
eingetretene Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts<br />
und damit für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden<br />
ist, erscheint die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von<br />
EUR 3.000,00 als angemessen. Bei der Festsetzung der angemessenen<br />
Entschädigung durch das Tatgericht sind alle Umstände<br />
des Einzelfalls zu berücksichtigen, wie etwa die Art<br />
und Schwere der Benachteiligung, die Folgen für den Kläger<br />
hinsichtlich seines Persönlichkeitsrechts, der Grad der Verantwortlichkeit<br />
der Beklagten, der Anlass und Beweggrund des<br />
Handelns der Beklagten, der Sanktionszweck und die damit<br />
verbundene abschreckende Wirkung (vgl. BAG, Urt. v.<br />
17.8.2010 – 9 AZR 839/08 m.w.N.).<br />
Ausgehend hiervon bedurfte es vorliegend der Festsetzung<br />
einer Entschädigung in Höhe des von der Klägerin genannten<br />
Mindestbetrages von EUR 3.000,00. Die Benachteiligung der<br />
Klägerin durch die Kündigung ist schwerwiegend. Sie ist aus<br />
Sicht des Gerichtes die völlig unangemessene Reaktion der<br />
Beklagten auf die Weigerung der Klägerin, während des Beschäftigungsverbotes<br />
zu arbeiten. Berücksichtigt man des<br />
Weiteren den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung und<br />
die Tatsache, dass die Beklagte die Klägerin bewusst und gewollt<br />
benachteiligt hat, so kann man das Verhalten der Beklagten<br />
getrost als auf moralisch unterster Stufe stehend bezeichnen.<br />
Um der Sanktionswirkung des § 15 Abs. 2 AGG<br />
Rechnung zu tragen und um die Beklagte in Zukunft von einem<br />
vergleichbaren Fehlverhalten abzuschrecken, bedarf es<br />
der Festsetzung eines erheblichen und für die Beklagte fühlbaren<br />
Entschädigungsbetrages. Vor dem Hintergrund der geringen<br />
Betriebsgröße der Beklagten erscheint insoweit ein Be-<br />
trag in Höhe von EUR 3.000,00 als angemessen aber auch ausreichend.<br />
d) Der Entschädigungsanspruch der Klägerin ist entgegen der<br />
Ansicht der Beklagten und des Arbeitsgerichts nicht durch § 2<br />
Abs. 4 AGG ausgeschlossen. Gemäß § 2 Abs. 4 AGG gelten für<br />
Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen<br />
und besonderem Kündigungsschutz. Hieraus wird –<br />
jedenfalls in Fällen, in denen wie hier die Unwirksamkeit der<br />
Kündigung im Rahmen einer Kündigungsschutzklage festgestellt<br />
worden ist – gefolgert, dass es daneben nach dem Gesetz<br />
keinen Raum für einen Entschädigungsanspruch nach<br />
§ 15 Abs. 2 AGG gibt (vgl. ErfK/Schlachter, 11. Aufl., § 2 AGG<br />
Rn 17 und Sagan, NZA 2006, 1257, 1260).<br />
Dem kann nicht gefolgt werden. Eine Anwendung des § 15<br />
Abs. 2 AGG in solchen Fällen ist nicht systemwidrig. Auch bisher<br />
waren etwa auf § 823 Abs. 1 BGB gestützte Entschädigungen<br />
für erlittene immaterielle Schäden bei der Geltendmachung<br />
einer Persönlichkeitsrechtsverletzung im Zusammenhang<br />
mit dem Ausspruch einer unwirksamen Kündigung<br />
nicht ausgeschlossen! (vgl. BAG v. 22.10.2009 – 8 AZR 642/08,<br />
und KR/Treber, 9. Aufl., § 2 Rn 27 m.w.N.). Des Weiteren deutet<br />
die gesetzliche Formulierung darauf hin, dass lediglich die<br />
Wirksamkeit von Kündigungen nicht unmittelbar an den Vorschriften<br />
des AGG gemessen werden soll, sondern das hierfür<br />
die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz<br />
heranzuziehen sind. Schließlich gibt es keinen<br />
sachlichen Grund dafür, etwa bei einer benachteiligenden<br />
Versetzung über § 106 Satz 1 GewO i.V.m. § 7 Abs. 3 AGG zum<br />
einen zur Unwirksamkeit der Versetzung zu gelangen und<br />
zum anderen über § 15 Abs. 2 AGG auch zu einer Entschädigung,<br />
dem Arbeitnehmer bei einer benachteiligenden Kündigung<br />
neben der Feststellung deren Unwirksamkeit aber eine<br />
Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu versagen.<br />
■ Sächsisches Landesarbeitsgericht<br />
vom 27.7.2012, 3 Sa 129/12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Dirk Noack<br />
Leipziger Straße 28, 08393 Meerane<br />
Tel.: 03764/49497, Fax: 03764/2761<br />
www.noack-wagner.de; n@noack-wagner.de<br />
99. Betriebsbedingte Kündigung, Vorbereitung eines<br />
Betriebsübergangs<br />
Eine Kündigung im zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsübergang<br />
verstößt nicht gegen das Kündigungsverbot<br />
in § 613a Abs. 4 BGB, wenn die Kündigung das Ziel hat, den<br />
Betrieb „verkaufsfähig“ zu machen. Sie ist auch dann zulässig,<br />
wenn der bisherige Arbeitgeber sie mit dem Ziel ausspricht,<br />
sich selbst auf diese Weise eine Beschäftigungsmöglichkeit<br />
bei dem neuen Arbeitgeber zu sichern.<br />
■ Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern<br />
vom 9.1.<strong>2013</strong>, 2 Sa 166/12<br />
58<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 25 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Bestandsschutz<br />
100. Verhaltensbedingte Kündigung, Silvesterknaller im<br />
Dixie-Klo<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Die Verletzung eines Arbeitskollegen durch einen explodierenden<br />
Feuerwerkskörper kann die fristlose Kündigung des<br />
Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, ohne dass es einer vorhergehenden<br />
Abmahnung bedarf. Das gilt selbst dann, wenn die<br />
Verletzung des Kollegen nicht beabsichtigt, sondern Folge eines<br />
fehlgeschlagenen Scherzes war. Hierbei kann es dahinstehen,<br />
ob der Kläger den Feuerwerkskörper in die Kabine geworfen<br />
hat, wie die Beklagte behauptet, oder ob sie diesen an<br />
der Tür der Kabine befestigt hat, wie der Kläger den Sachverhalt<br />
darstellt. Denn auch nach der Darstellung des Klägers war<br />
sein Verhalten gefährlich: Wenn der Zeuge D. den Feuerwerkskörper<br />
unter dem Toilettenhäuschen zur Explosion bringen<br />
sollte, dann hätte damit gerechnet werden müssen, dass der<br />
Zeuge S. die Tür des Toilettenhäuschen öffnen würde, um „die<br />
Flucht zu ergreifen“. In diesem Fall wäre ihm der an der Tür<br />
angebrachte Feuerwerkskörper entgegengeflogen. Auch<br />
nach diesem Geschehensablauf hätte mit erheblichen Verletzungen<br />
des Zeugen S. gerechnet werden müssen.<br />
■ Arbeitsgericht Krefeld<br />
vom 21.12.2012, 2 Ca 2010/12<br />
101. Verhaltensbedingte Kündigung, vorsätzlich<br />
fehlerhafte Arbeitszeiterfassung<br />
Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine<br />
Verpflichtung, die Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an<br />
sich geeignet, auch ohne vorherige Abmahnung einen wichtigen<br />
Grund zur außerordentlichen Kündigung i.S.v. § 626<br />
Abs. 1 BGB darzustellen. Wenn der Arbeitgeber das Erfassen<br />
der Arbeitszeiten den Arbeitnehmern in eigener Zuständigkeit<br />
überlässt, bringt er ihnen einen Vertrauensvorschuss entgegen.<br />
Es gehört dann – selbstverständlich – zu den arbeitsvertraglichen<br />
Pflichten, die Eintragungen korrekt vorzunehmen.<br />
Dies setzt voraus, dass die Eintragungen zeitnah erfolgen,<br />
weil mit zunehmendem Zeitablauf das menschliche Erinnerungsvermögen<br />
abnimmt. Das versteht sich von selbst, so<br />
dass es einer entsprechenden Anweisung nicht bedurfte. Bei<br />
einer verspäteten Eintragung nimmt der Arbeitnehmer stets<br />
billigend in Kauf, falsche Angaben hinsichtlich seiner Arbeitszeit<br />
zu machen. Auch für die zivilrechtliche Verantwortlichkeit<br />
genügt als Vorsatz der bedingte Vorsatz. Dabei kommt es<br />
nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern<br />
auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren<br />
Vertrauensbruch.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 15.11.2012, 10 Sa 270/12<br />
Bestandsschutz<br />
1<strong>02</strong>. Verhaltensbedingte Kündigung, Manipulation der<br />
Zeiterfassung zugunsten eines Kollegen<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Das zwischen den Parteien unstreitige Verhalten des Klägers<br />
in Bezug auf die Ausstempelung des Mitarbeiters Mi rechtfertigt<br />
die außerordentliche Kündigung nicht.<br />
Der Kläger hat im Verlauf der Nachtschicht vom Mitarbeiter Mi<br />
dessen Stempelkarte bekommen und sich diesem gegenüber<br />
bereit erklärt, für ihn auszustempeln. Die Ausstempelung erfolgte<br />
allerdings nicht sofort zum Zeitpunkt des Arbeitsendes<br />
des Mitarbeiters Mi, sondern erst zum Zeitpunkt des Arbeitsendes<br />
des Klägers. Hierin liegt ein arbeitsvertraglicher<br />
Pflichtenverstoß. Der Kläger hätte die Chipkarte des Mitarbeiters<br />
Mi sofort nach dessen Weggang aus dem Betrieb der Beklagten<br />
zum Zeiterfassungsgerät bringen müssen. Dies hat er<br />
unterlassen. Fraglich ist des Weiteren, ob die Bedienung des<br />
Zeiterfassungsgerätes nicht eine höchstpersönliche Pflicht im<br />
Rahmen des Arbeitsvertrages darstellt, sodass der Kläger gegenüber<br />
Herrn Mi die Übernahme dieser Verpflichtung hätte<br />
verweigern müssen.<br />
Der Kläger rechtfertigt sein Verhalten damit, dass der Mitarbeiter<br />
Mi ihm gesagt habe, dass er krank sei und schnellstmöglich<br />
den Betrieb verlassen müsse. Daher habe er den Kläger<br />
gebeten, für ihn auszustempeln. Der Kläger erklärte weiter,<br />
dass er aufgrund der Arbeitsbelastung in der Nachtschicht<br />
nicht sofort zum Zeiterfassungsgerät gegangen sei. Er habe<br />
dies vergessen und erst, als er selbst am Schichtende ausgestempelt<br />
habe, wieder daran gedacht. Er habe aber dem Mitarbeiter<br />
Mi bereits während der Nachtschicht gesagt, dieser<br />
solle sich doch bitte noch beim Schichtleiter melden und von<br />
seinem vorzeitigen Weggang aus dem Betrieb informieren.<br />
Aufgrund dieser vom Kläger vorgebrachten und von der erkennenden<br />
Kammer nachvollziehbaren Rechtfertigungs-/Entschuldigungsgründe,<br />
die der Beklagten vom Kläger bereits im<br />
Gespräch am Nachmittag des 21.11.2011 mitgeteilt wurden,<br />
liegt kein die außerordentliche Kündigung tragender wichtiger<br />
Grund vor. Die Beklagte hätte im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht<br />
den vorgetragenen Rechtfertigungsgründen nachgehen<br />
und diese gegebenenfalls widerlegen müssen. Dies<br />
hat die Beklagte nicht getan. Insoweit sich die Beklagte in der<br />
Kammerverhandlung auf den Standpunkt gestellt hat, dass<br />
zumindest die Ausstempelung des Mitarbeiters Mi durch den<br />
Kläger, als dieser sich selbst ausstempelte, einen arbeitsvertraglichen<br />
Pflichtverstoß darstellt, der von den vorgetragenen<br />
Rechtfertigungsgründen nicht mehr gedeckt sei, spaltet die<br />
Beklagte einen insgesamt einheitlich zu betrachtenden Lebenssachverhalt<br />
in unzulässiger Weise in Teileinheiten auf. Im<br />
Rahmen der Gesamtbetrachtung des Geschehens in der<br />
Nachtschicht vom 21.11.2011 ist zu berücksichtigen, dass der<br />
Rechtfertigungsgrund des Klägers, der Mitarbeiter Mi habe<br />
ihm gesagt, er sei krank, sich zunächst darauf bezieht, dass<br />
der Kläger überhaupt das Zeiterfassungsgerät für den Mitarbeiter<br />
Mi bedient hat. Der Kläger trägt des Weiteren vor, dass<br />
2/<strong>2013</strong> 59
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 26 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Bestandsschutz<br />
er es zunächst vergessen habe, sofort das Zeiterfassungsgerät<br />
für den Mitarbeiter Mi zu bedienen. Die erkennende Kammer<br />
kann insoweit nachvollziehen, dass der Kläger als Maschinenführer<br />
in der Nachtschicht nicht sofort Gelegenheit gehabt<br />
haben mag, sich von seiner Maschine zu entfernen, um ein<br />
Zeiterfassungsgerät zu bedienen. Insbesondere ist aber auch<br />
zu berücksichtigen, dass der Kläger unbestritten vorträgt,<br />
dass er Herrn Mi darauf hingewiesen habe, dieser solle sich<br />
noch bei dem Schichtleiter melden und diesen von seinem<br />
Weggehen unterrichten. Dem Kläger ist zuzugestehen, dass er<br />
davon ausgehen durfte, dass der Mitarbeiter Mi diesem Ansinnen<br />
nachgekommen ist und er deswegen am Morgen des<br />
21.11.2011 bei dem Ausstempelvorgang nicht gesondert darauf<br />
hingewiesen hat, dass Herr Mi das Betriebsgelände bereits<br />
vorher verlassen hatte. Das Verhalten des Klägers ist daher<br />
als Gesamtvorgang zu betrachten, welcher von mehreren<br />
Annahmen ausgehend getragen war. Die vorgebrachten<br />
Rechtfertigungs-/Entschuldigungsgründe beziehen sich auf<br />
dieses Gesamtgeschehen und lassen den wichtigen Grund für<br />
eine Kündigung entfallen.<br />
■ Arbeitsgericht Osnabrück<br />
vom 17.10.2012, 15 Sa 1109/12<br />
Anmerkung:<br />
Das Berufungsgericht hat demgegenüber einen wichtigen<br />
Kündigungsgrund angenommen, hielt aber nach Durchführung<br />
einer Interessenabwägung aufgrund des einmaligen<br />
Verstoßes lediglich eine ordentliche Kündigung für gerechtfertigt.<br />
Die Parteien haben sich entsprechend geeinigt.<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Joachim Schramm<br />
Lange Straße 2, 32312 Lübecke<br />
Tel.: 05741/1018, Fax: 05741/4331<br />
103. Verhaltensbedingte Kündigung, Verdacht<br />
schwerwiegender Pflichtverletzung<br />
Ist der Arbeitnehmer als Maschinenführer damit betraut, den<br />
ordnungsgemäßen Produktionsablauf zu überwachen und<br />
ggf. bemerkbare oder voraussehbare Schäden oder Gefahren<br />
selbst abzuwenden bzw. seinem Vorgesetzten unverzüglich<br />
anzuzeigen, kann auch der dringende Verdacht einer erheblichen<br />
Verletzung der ihm obliegenden Schadensabwendungsbzw.<br />
Schadensminderungspflicht durch Verschweigen eines<br />
vorangegangenen Fehlverhaltens (hier: Vorwurf der weisungswidrigen<br />
Verwendung eines Hammers bei der Vornahme<br />
von (Reinigungs-)Arbeiten, der dabei in die Knetmaschine<br />
gefallen sei und einen Maschinenschaden mit Reparaturkosten<br />
von ca. 200.000,– EUR verursacht habe) eine außerordentliche<br />
Kündigung auch ohne Abmahnung rechtfertigen.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 4.12.2012, 3 Sa 316/11<br />
104. Änderungskündigung, keine soziale Rechtfertigung<br />
durch Bedürfnis nach Tarifeinheit<br />
Das Interesse des Arbeitgebers an der Vereinheitlichung der<br />
Arbeitsbedingungen in seinem Betrieb (einheitliches Tarifrecht)<br />
begründet kein dringendes betriebliches Erfordernis<br />
für eine Änderungskündigung im Sinne von §2KSchG.<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen<br />
vom 21.9.2012, 6 Sa 113/12<br />
105. Auflösungsantrag, keine Auflösung bei auch<br />
maßregelnder Kündigung<br />
Verweigert der Arbeitnehmer die Zustimmung zu einem angebotenen<br />
Altersteilzeitvertrag und spricht der Arbeitgeber<br />
sodann eine Beendigungskündigung aus, obwohl wegen einer<br />
unstreitig vorhandenen freien Stelle allenfalls eine Änderungskündigung<br />
in Betracht gekommen wäre, stellt dies eine<br />
unzulässige Maßregelung nach § 612a BGB dar.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 17.10.2012, 15 Sa 1109/12<br />
106. Befristung, Sachgrund, nachträgliche Vereinbarung<br />
einer Befristung auf einen Zeitpunkt nach Erreichen des<br />
Rentenalters<br />
1. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien die nachträgliche<br />
Befristung eines zuvor langjährig unbefristet bestehenden Arbeitsverhältnisses,<br />
nachdem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze<br />
erreicht und Anspruch auf gesetzliche Altersrente<br />
hat, so ist die Befristung aus in der Person des Arbeitnehmers<br />
liegenden Gründen gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 6 TzBfG gerechtfertigt.<br />
2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Parteien das Erreichen<br />
der Regelaltersgrenze zum Anlass für die Befristungsvereinbarung<br />
nehmen und den nach § 41 Satz 2 SGB VI möglichen Beendigungstermin<br />
hinausschieben. Die Gründe für die Zulässigkeit<br />
der Vereinbarung von Altersgrenzen bezogen auf das<br />
Erreichen der Regelaltersgrenze gelten in einem solchen Falle<br />
gleichermaßen.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 20.11.2012, 12 Sa 1303/12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Friedemann Koch<br />
Marburger Straße 16, 10789 Berlin<br />
Tel.: 030/21248990, Fax: 030/212489920<br />
kanzlei@friedemann-koch.de; www.friedemann-koch.de<br />
107. Befristung, Sachgrund, mittelbare Vertretung,<br />
Darlegungslast des Arbeitgebers zur Vertretungskette<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
2. Die vereinbarte Befristung ist nicht durch einen sachlichen<br />
Grund i.S.v. § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt, der Sachgrund<br />
der Vertretung liegt nicht vor.<br />
a. Der Sachgrund der Vertretung ist nur gegeben, wenn ein<br />
Kausalzusammenhang zwischen einem zeitweiligen Ausfall<br />
60<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 27 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Personalvertretungsrecht<br />
des Vertretenen und der Einstellung des Vertreters besteht.<br />
Der Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers darf<br />
nur wegen des Arbeitskräftebedarfs vorgenommen werden,<br />
der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu Vertretenden<br />
entsteht, hierdurch soll gewährleistet werden, dass der<br />
geltend gemachte Sachgrund der Vertretung nicht nur vorgeschoben<br />
wird (BAG v. 18.4.2007 – 7 AZR 255/06).<br />
Allerdings setzt der Sachgrund der Vertretung nicht voraus,<br />
dass der befristet zur Vertretung eingestellte Arbeitnehmer<br />
die vorübergehend ausgefallene Stammkraft unmittelbar vertritt,<br />
also die von ihr bisher ausgeübten Tätigkeiten verrichtet.<br />
Der Vertreter kann auch mit anderen Aufgaben betraut werden,<br />
es muss aber sicher gestellt sein, dass die Beschäftigung<br />
des befristet eingestellten Mitarbeiters wegen des Arbeitskräftebedarfs<br />
erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit<br />
des zu vertretenden Arbeitnehmers entsteht. Wenn<br />
dem befristet eingestellten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen<br />
werden, die der vertretene Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt<br />
ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang<br />
nur, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich<br />
in der Lage wäre, dem Vertretenen die Aufgaben des Vertreters<br />
zuzuweisen (BAG v. 25.3.2009 – 7 AZR 34/08).<br />
Wenn – wie vorliegend – der zu vertretende Mitarbeiter Aufgaben<br />
erfüllt, die nicht bis zu seiner Rückkehr unverrichtet liegen<br />
gelassen werden können, sondern tagtäglich verrichtet<br />
werden müssen, bedarf es zur Darlegung der tatsächlichen<br />
Möglichkeit der Zuweisung der Aufgaben des befristet eingestellten<br />
Mitarbeiters an den Vertretenen der Darlegung der<br />
Vertreterkette bzw. der Neuverteilung der Aufgaben im Einzelnen.<br />
Allein durch die Benennung des abwesenden Mitarbeiters<br />
im Arbeitsvertrag lässt sich der notwendige Bezug zur<br />
befristeten Einstellung des mittelbaren Vertreters nicht nachvollziehen.<br />
Gerade bei Großunternehmen, in denen sich die<br />
Mitarbeiter nicht persönlich kennen, besteht die Gefahr, dass<br />
der geltend gemachte Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben<br />
wird, wenn die Zuordnung der Aufgaben des befristet<br />
eingestellten Arbeitnehmers zu dem als zu vertretenden<br />
benannten Arbeitnehmer nicht durch Erläuterung der Vertreterkette<br />
oder der Neuverteilung der Aufgaben nachgewiesen<br />
wird.<br />
b. Zum Nachweis des Kausalzusammenhangs muss der Arbeitgeber<br />
grundsätzlich die Vertreterkette darlegen. Verteilt<br />
der Arbeitgeber anlässlich des Ausfalls eines Mitarbeiters die<br />
Aufgaben in diesem Bereich neu, so hat er zunächst die dem<br />
vertretenen Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben darzustellen.<br />
Sodann ist die Neuverteilung dieser Aufgaben auf einen<br />
oder mehrere Mitarbeiter schlüssig vorzutragen, so dass sich<br />
die dem Vertreter zugewiesenen Tätigkeiten aus der geänderten<br />
Aufgabenverteilung ergeben (LAG Rheinland-Pfalz v.<br />
19.5.2011 – 11 Sa 59/11).<br />
Daran mangelt es vorliegend. Die Beklagte hat trotz eines entsprechenden<br />
Hinweises im Kammertermin nicht dargelegt,<br />
welche Vertreterkette zwischen Herrn L und dem Kläger besteht<br />
oder ggf. wie sie die Aufgaben des Herrn L neu verteilt<br />
Personalvertretungsrecht<br />
hat und wie sich die dem Kläger zugewiesenen Tätigkeiten<br />
aus der Neuverteilung der Aufgaben ergeben. Zwar mag es<br />
(…) durchaus sein, dass Herrn L die Tätigkeit des Klägers in<br />
rechtlicher Hinsicht übertragen werden konnte; ob die Beklagte<br />
aber tatsächlich in der Lage gewesen wäre, Herrn L mit<br />
den Aufgaben des Klägers zu betrauen, ist vor dem Hintergrund,<br />
dass die ursprünglichen Aufgaben von Herrn L weiterhin<br />
verrichtet werden mussten, nicht nachvollziehbar.<br />
■ Arbeitsgericht Berlin<br />
vom 15.1.<strong>2013</strong>, 25 Ca 7618/12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Friedemann Koch<br />
Marburger Straße 16, 10789 Berlin<br />
Tel.: 030/21248990, Fax: 030/212489920<br />
kanzlei@friedemann-koch.de; www.friedemann-koch.de<br />
108. Befristung, Erweiterung der sachgrundlosen<br />
Befristung durch Tarifvertrag mit Öffnungsklausel,<br />
wirksame Bildung paritätischer Ausschüsse<br />
Haben die Tarifvertragsparteien die Nutzung des durch Tarifvertrag<br />
erweiterten Rahmens zur Vereinbarung einer sachgrundlosen<br />
Befristung (§ 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG) von der Zustimmung<br />
des Betriebsrats abhängig gemacht, bedarf die<br />
Übertragung dieses Zustimmungsrechts des Betriebsrats auf<br />
eine paritätisch besetzte Kommission der Schriftform (§§ 28<br />
Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und 27 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). Kann der Betriebsvereinbarung,<br />
auf deren Grundlage die Kommission gebildet<br />
worden ist, auch im Wege der Auslegung eine Übertragung<br />
des Zustimmungsrechts nicht hinreichend deutlich entnommen<br />
werden, kann die Kommission mangels schriftlichen<br />
Übertragungsbeschlusses die erforderliche Zustimmung zur<br />
Vereinbarung einer sachgrundlosen Befristung nicht wirksam<br />
erteilen.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 27.11.2012, 3 Sa 294/12<br />
Betriebsverfassungsrecht /<br />
Personalvertretungsrecht<br />
109. Status, Leitender Angestellter, Personalkompetenz<br />
Erstreckt sich die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis auf<br />
einen erheblichen Teil der Arbeitnehmerschaft, ist es für die<br />
Statusbeurteilung als Leitender Angestellter i.S.d. § 5 Abs. 3<br />
BetrVG unerheblich, dass die Einstellungen und Entlassungen<br />
von Mitarbeitern auf der Managementebene nur in Absprache<br />
mit dem General Manager vorgenommen werden dürfen.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 18.10.2012, 10 TaBV 18/12<br />
2/<strong>2013</strong> 61
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 28 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Betriebsverfassungsrecht<br />
110. Betriebsrat, Kostenerstattung, Erforderlichkeit des<br />
Rechtsmittelzuges<br />
1. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erfordert einen ordnungsgemäßen<br />
Beschluss des Betriebsrats, und zwar für jede<br />
Instanz.<br />
2. Der Betriebsrat kann die Frage, ob das Verfahren in der<br />
zweiten Instanz fortgesetzt werden soll, erst dann pflichtgemäß<br />
überprüfen und unter Berücksichtigung aller Umstände<br />
verständig abwägen, wenn er die Gründe der Entscheidung<br />
der ersten Instanz zur Kenntnis genommen und beraten hat.<br />
3. Liegt eine erstinstanzliche gerichtliche Entscheidung vor,<br />
die ein Recht des Betriebsrats verneint, ist es die Pflicht jedes<br />
verständigen Betriebsrats, über die Fortführung des Verfahrens<br />
erneut zu beraten und einen Beschluss unter Berücksichtigung<br />
der Entscheidungsgründe zu treffen. Die Entscheidung<br />
trifft allein der Betriebsrat, der diese Entscheidung gemessen<br />
an dem Grundsatz der Erforderlichkeit durch Beschlussfassung<br />
auch zu verantworten hat.<br />
■ Landesarbeitsgericht Düsseldorf<br />
vom 16.1.<strong>2013</strong>, 7 TaBV 31/12 (Rechtsbeschwerde eingelegt:<br />
7 ABR 4/13)<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Ulrich Brötzmann<br />
Bonifaziusplatz 1b, 55118 Mainz<br />
Tel.: 06131/618156, Fax: 06131/618157<br />
post@kanzlei-broetzmann.de; www.kanzlei-broetzmann.de<br />
111. Betriebsrat, Kostenerstattung,<br />
Begünstigungsverbot, pauschale Kostenerstattung und<br />
Mehrarbeitsvergütung<br />
1. Die Gewährung von Pauschalen an Betriebsräte durch den<br />
Arbeitgeber darf keine versteckte Lohnerhöhung darstellen.<br />
Pauschalierungen sind demnach nur als hinreichend realitätsgerechte<br />
Typisierungen zulässig und dies auch nur dann,<br />
wenn aufgrund der praktischen Unmöglichkeit von Einzelabrechnungen<br />
oder ihrer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit die<br />
Festlegung einer Pauschale erforderlich ist.<br />
2. Wehrt sich ein Betriebsrat gegen die Streichung oder Kürzung<br />
einer lediglich den Betriebsräten gewährten Pauschale,<br />
so muss er die Zulässigkeit der Pauschale nach diesen Kriterien<br />
darlegen und beweisen. Dies folgt bereits aus dem Umstand,<br />
dass wegen der überragenden Bedeutung des Ehrenamtsprinzips<br />
und der damit korrespondierenden einzig zulässigen<br />
realitätsgerechten Typisierung es sich bei einer Pauschalierung<br />
immer um einen Ausnahmefall handeln muss, der<br />
gesonderter Begründung im Einzelfall bedarf.<br />
3. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG ist nur der Ersatz real entstandener<br />
Aufwendungen zulässig. Ein Pauschalaufwendungsersatz<br />
muss folglich an die typischen und erwartbaren tatsächlichen<br />
Auslagen anknüpfen.<br />
4. Wird eine Pauschale über Jahrzehnte in unveränderter<br />
Höhe gewährt, so spricht dies gegen die Orientierung an den<br />
tatsächlichen, typisierten Verhältnissen. Dies gilt umso mehr,<br />
wenn der Umfang der Pauschale gleich bleibt, sich der Zweck<br />
ihrer Gewährung jedoch im Laufe der Jahre verändert.<br />
5. Eine Generalpauschale für alle Betriebsratsmitglieder in<br />
gleicher Höhe ist in aller Regel unzulässig. Dies gilt sowohl<br />
hinsichtlich der Vergütung von Mehrarbeit als auch hinsichtlich<br />
der Gewährung von Aufwendungsersatz. Denn die Annahme,<br />
jedes Betriebsratsmitglied habe die gleichen Aufwendungen<br />
oder leiste unabhängig von Funktion und Stellung innerhalb<br />
des Gremiums in gleichem Umfang Mehrarbeit, widerspricht<br />
aller Erfahrung.<br />
6. Wegen des Vorrangs des Freizeitausgleichs gegenüber der<br />
Vergütung von Mehrarbeit gemäß § 37 Abs. 3 BetrVG ist eine<br />
Mehrarbeitspauschale, die gänzlich unabhängig von der betrieblichen<br />
Notwendigkeit der Erbringung von Betriebsratsarbeit<br />
außerhalb der Arbeitszeit und zudem unabhängig von<br />
betriebsbedingten bzw. betriebsratsbedingten Gründen Vergütungs-<br />
statt Freizeitausgleichsansprüche festlegt, unzulässig.<br />
■ Arbeitsgericht Stuttgart<br />
vom 13.12.2012, 24 Ca 5430/12<br />
112. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Arbeitszeit, kein<br />
Unterlassungsanspruch gegen vorläufigen Dienstplan<br />
Der Aushang des Entwurfs eines Dienstplans unter Hinweis<br />
auf die noch erforderliche Zustimmung des Betriebsrats verstößt<br />
nicht gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats<br />
aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 7.12.2012, 5 TaBV 880/12<br />
113. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht,<br />
Vergütungssystem<br />
1. Die Einordnung eines konkreten Arbeitsplatzes (hier: Assistent<br />
der Theaterleitung eines Kinos) in eine betriebliche Vergütungsstruktur<br />
unterliegt dem Mitbestimmungsrecht des<br />
Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG.<br />
2. Da dem Betriebsrat dabei auch ein Initiativrecht zusteht,<br />
kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber die entsprechende<br />
Position bisher nur nach individuellen Vereinbarungen<br />
ohne erkennbares System vergütet. Das Beteiligungsrecht<br />
aus § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG umfasst die inhaltliche<br />
Ausgestaltung der Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien<br />
einschließlich der abstrakten Festsetzung der Wertunterschiede<br />
nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen (vgl.<br />
BAG v. 18.10.2011, 1 ABR 25/10).<br />
3. Bei der vergütungstechnischen Einordnung eines nach abstrakt-generellen<br />
Kriterien beschreibbaren Arbeitsplatzes, handelt<br />
es sich um eine Angelegenheit mit kollektivem Bezug,<br />
selbst wenn die Position aktuell im Betrieb nur mit einem Arbeitnehmer<br />
besetzt ist.<br />
■ Landesarbeitsgericht Hannover<br />
vom 7.12.2012, 12 TaBV 67/12<br />
62<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 29 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Personalvertretungsrecht<br />
114. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung von<br />
Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen (I)<br />
1. Eine Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt<br />
nicht vorübergehend i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG, wenn durch die<br />
Arbeitnehmerüberlassung ein reiner Dauerbeschäftigungsbedarf<br />
abgedeckt wird. Dies ergibt eine unionsrechtskonforme<br />
Auslegung des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG unter Berücksichtigung der<br />
RL 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates<br />
vom 19.11.2008 über Leiharbeit.<br />
2. Wird ein Dauerarbeitsplatz mit Leiharbeitnehmern besetzt,<br />
so ist unerheblich, für welchen Zeitraum der konkrete Leiharbeitnehmer<br />
eingesetzt wird. Das Merkmal „vorübergehend“<br />
ist insoweit arbeitsplatz-, nicht personenbezogen. Eine vorübergehende<br />
Überlassung wird nicht dadurch in Frage gestellt,<br />
dass die konkrete Person des Leiharbeitnehmers wechselt, soweit<br />
der Arbeitgeber den Arbeitskräftebedarf auf einem Dauerarbeitsplatz<br />
ausschließlich mit Leiharbeitnehmern deckt.<br />
3. Durch das Verbot, Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen<br />
einzusetzen, wird nicht die durch die RL 2008/104/EG bezweckte<br />
Flexibilität der Arbeitgeber durch Leiharbeit eingeschränkt.<br />
Entsprechend können Leiharbeitnehmer dann auf<br />
Dauerarbeitsplätzen beschäftigt werden, wenn dies z.B. aufgrund<br />
eines konkreten Vertretungsbedarfs für den auf dem<br />
Dauerarbeitsplatz beschäftigten Arbeitnehmer erforderlich<br />
ist. Ebenso wenig ist für die Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers<br />
stets ein sachlicher Grund i.S.d. § 14 Abs. 1 TzBfG zu<br />
fordern; vielmehr reicht die normale Unsicherheit über Auftragsschwankungen<br />
aus, ohne dass ein konkreter vorübergehender<br />
Bedarf i.S.d. § 14 Abs. 1 Ziff. 1 TzBfG dargelegt werden<br />
müsste.<br />
4. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG ist eine Verbotsnorm im Sinne des § 99<br />
Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 19.12.2012, 4 TaBV 1163/12<br />
115. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung von<br />
Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen (II)<br />
1. Der Dauerverleih von Arbeitnehmern im Rahmen einer<br />
wirtschaftlichen Tätigkeit ist seit der Neufassung des AÜG<br />
vom 20.12.2011 (BGBl I. S. 2854), mit dem die Richtlinie 2008/<br />
104/EG (EGRL 104/2008) umgesetzt wurde, unzulässig.<br />
2. Beabsichtigt der Arbeitgeber die unbefristete Einstellung<br />
einer Arbeitnehmerin auf einem sog. Dauerarbeitsplatz, kann<br />
der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung gemäß § 14<br />
Abs. 3 S. 1 AÜG, § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG wegen Gesetzesverstoßes<br />
verweigern.<br />
3. Stellt der Arbeitgeber grundsätzlich nur noch Leiharbeitnehmer<br />
ein, um eine Senkung der Personalkosten zu erreichen,<br />
so kann dies unter Berücksichtigung aller Umstände des<br />
Einzelfalls als institutioneller Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB)<br />
ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach<br />
§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG begründen. In einem solchen Fall<br />
kann nicht festgestellt werden, dass die Maßnahme aus sach-<br />
Personalvertretungsrecht<br />
lichen Gründen dringend erforderlich war (§ 100 Abs. 2 S 3<br />
BetrVG).<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen<br />
vom 19.9.2012, 17 TaBV 124/11<br />
116. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung von<br />
Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen (III)<br />
1. Zweifel des Betriebsrats, ob die Einstellung eines Leiharbeitnehmers<br />
tatsächlich nur „vorübergehend“ im Sinne von § 1<br />
Abs. 1 Satz 2 AÜG erfolgt, begründen kein Zustimmungsverweigerungsrecht<br />
im Sinne von § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG.<br />
2. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG regelt weder eine Höchstdauer der<br />
zulässigen Arbeitnehmerüberlassung noch eine Rechtsfolge<br />
die eintritt, wenn die Überlassung dauerhaft erfolgen sollte.<br />
Es handelt sich daher bei dieser Vorschrift nicht um ein Verbotsgesetz<br />
im Sinne von § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG.<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen<br />
vom 14.11.2012, 12 TaBV 62/12<br />
117. Betriebsratsmitglied, Zustimmung zur<br />
außerordentlichen Kündigung, Unwirksamkeit der<br />
Beschlussfassung bei Verhinderung beteiligter<br />
Betriebsratsmitglieder<br />
Ist ein Mitglied des Betriebsrates bei der Beratung und Beschlussfassung<br />
über seine Kündigung (§ 103 Abs. 1 BetrVG)<br />
wegen Interessenkollision als „zeitlich verhindert“ (§ 25 Abs. 1<br />
Satz 2 BetrVG) anzusehen (so etwa BAG v. 3.8.1999 – 1 ABR 30/<br />
98; BAG v. 19.3.2003 – 7 ABR 15/<strong>02</strong>), so gilt dasselbe spiegelbildlich<br />
für ein Betriebsratsmitglied, das als Vorgesetzte(r) eines<br />
anderen Mitgliedes dessen Kündigung betreibt: Auch für<br />
dieses ist zur Beratung und Beschlussfassung ein Ersatzmitglied<br />
zu befassen. Verstößt das Gremium gegen dieses Verfahrensgebot,<br />
so ist die Kündigung des betreffenden Mitgliedes<br />
schon deshalb unwirksam.<br />
■ Arbeitsgericht Berlin<br />
vom 1.2.<strong>2013</strong>, 28 Ca 18456/12<br />
118. Einigungsstelle, gerichtliche Einsetzung gem. § 98<br />
ArbGG, „offensichtliche Unzuständigkeit“ bei älterer<br />
Rechtsprechung<br />
Ist unter Berücksichtigung zwar älterer, aber wiederholt bestätigter<br />
höchstrichterlicher Rechtsprechung von einer offensichtlichen<br />
Unzuständigkeit der Einigungsstelle auszugehen,<br />
wird diese Beurteilung nicht dadurch geändert, dass vereinzelte<br />
instanzgerichtliche <strong>Entscheidungen</strong> der höchstrichterlichen<br />
Rechtsprechung nicht folgen.<br />
■ Landesarbeitsgericht Hannover<br />
vom 19.12.2012, 1 TaBV 112/12<br />
119. Personalvertretungsrecht, keine Versetzung bei<br />
bloß personalvertretungsrechtlicher Zuordnung<br />
1. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Versetzung vorliegt,<br />
ist die organisatorische Betrachtungsweise entscheidend. Die<br />
2/<strong>2013</strong> 63
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 30 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Prozessuales<br />
auf bloßen Zweckmäßigkeitsüberlegungen im Zusammenhang<br />
mit der Bildung von Personalvertretungen beruhenden<br />
Dienststellenfestlegungen schlagen auf die Abgrenzung der<br />
Mitbestimmungstatbestände der Versetzung, Abordnung<br />
oder Umsetzung nicht durch.<br />
2. Bloße Zusammenführungen oder Eingliederungen von<br />
Dienststellen, die ohne Ausgliederung von Beschäftigten aus<br />
ihrer bisherigen und Neueingliederung in eine andere Dienststelle<br />
vonstatten gehen, lassen sich nicht als Versetzungen<br />
i.S.d. § 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG auffassen. Nur bei einer Ausgliederung<br />
aus der bisherigen und einer Eingliederung in eine<br />
neue Dienststelle treten nämlich typischerweise die mit einer<br />
Versetzung verbundenen erheblichen Veränderungen des beruflichen<br />
Umfeldes auf, die etwa in der Unterstellung unter<br />
eine andere Dienststellenleitung oder in der Zusammenarbeit<br />
mit anderen Mitarbeitern liegen.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 12.10.2012, 6 TaBV 2/12<br />
Tarifvertragsrecht<br />
120. Tarifrecht, CGZP-Tarifverträge, kein<br />
Vertrauensschutz in die Tariffähigkeit einer Vereinigung,<br />
Ablehnung des „faktischen Tarifvertrages“ jedenfalls bei<br />
fehlender Rückabwicklung<br />
1. Der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung<br />
wird nicht geschützt (im Anschluss an BAG v. 15.11.2006 – 10<br />
AZR 665/05). Die fehlende Tariffähigkeit einer Koalition führt<br />
deswegen grundsätzlich zu einer anfänglichen Unwirksamkeit<br />
des von der nicht tariffähigen Koalition abgeschlossenen Tarifvertrags.<br />
2. Es kann offen bleiben, ob im Hinblick auf Rückabwicklungsschwierigkeiten<br />
entsprechend der zu fehlerhaften Gesellschaft<br />
und dem fehlerhaften Arbeitsverhältnis entwickelten<br />
Grundsätzen auch eine ex nunc Wirkung bei Feststellung der<br />
Unwirksamkeit eines Tarifvertrags in Betracht kommt. Zumindest<br />
dann, wenn Abwicklungsschwierigkeiten ersichtlich ausscheiden,<br />
ist die Annahme einer ex-nunc Wirkung trotz bereits<br />
fehlenden wirksamen Zustandekommens eines Tarifvertrags<br />
nicht begründbar.<br />
3. Ist ein Entgelttarifvertrag wegen fehlender Tariffähigkeit<br />
der tarifvertragsschließenden Koalition nicht wirksam zustande<br />
gekommen und fehlt es deswegen an einer „abweichenden<br />
Vereinbarung“ i.S.d. § 9 Ziff. 2 AÜG, kommen Abwicklungsschwierigkeiten<br />
regelmäßig nicht in Betracht. In diesem<br />
Fall findet gar keine Rückgewährung erbrachter Leistungen<br />
nach §§ 812 ff. BGB statt. Vielmehr hat der Arbeitgeber lediglich<br />
den offenen Anspruch des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag<br />
i.V.m. § 10 Abs. 4 AÜG zu erfüllen.<br />
4. Der Auslegung des § 2 Abs. 3 TVG i.S.d. der Entscheidung<br />
des BAG vom 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10) mit der daraus resultierenden<br />
Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP zu<br />
den vom LAG Berlin Brandenburg in seiner Entscheidung vom<br />
9.1.2012 (Az. 24 TaBV 1285/11) benannten in der Vergangenheit<br />
liegenden Zeiträumen steht auch nicht das Verbot der<br />
echten Rückwirkung von Rechtsfolgen auf einen bereits abgeschlossenen<br />
Sachverhalt bzw. das rechtsstaatliche Gebot des<br />
Vertrauensschutzes entgegen. Ein entsprechender Vertrauensschutz<br />
besteht weder für die CGZP selbst noch für die an<br />
die von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge (vermeintlich)<br />
gebundenen Arbeitgeber.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 22.8.2012, 4 Sa 960/12<br />
121. Tarifvertrag, Arbeitnehmerüberlassung, Verweisung<br />
auf unwirksamen Tarifvertrag<br />
1. Ist ein ausdrücklich in Bezug genommener Tarifvertrag<br />
mangels Tariffähigkeit einer Vertragspartei unwirksam, berührt<br />
dies nicht die Wirkungen der Verweisung. Nur wenn die<br />
Unwirksamkeit des Tarifvertrags aus einem Verstoß gegen höherrangiges<br />
Recht oder allgemeine Rechtsprinzipien folgt,<br />
geht die Bezugnahme ins Leere.<br />
2. Die Verweisung auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag in<br />
vom Arbeitgeber vorformulierten Vertragsbedingungen ist<br />
nicht intransparent und damit unangemessen.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 29.11.2012, 2 Sa 166/12<br />
122. AVR-Caritas, Stichtagsregelung bei<br />
kinderbezogener Entgeltzulage<br />
Die kinderbezogene Entgeltzulage nach Abschnitt 5 der Anlage<br />
1 zu dem AVR-Caritas setzt voraus, dass der Arbeitnehmer<br />
für das Kind Kindergeld bezieht. Bei der Bemessung der<br />
Besitzstandszulage anlässlich der Umstellung des Entlohnungssystems<br />
zum 1.4.2011 gemäß dem Anhang zur Anlage<br />
31 zu den AVR ist die Entgeltzulage nur zu berücksichtigen,<br />
wenn das Kindergeld im Umstellungszeitpunkt gezahlt<br />
wurde.<br />
■ Hessisches Landesarbeitsgericht<br />
vom 13.2.<strong>2013</strong>, 18 Sa 1106/12<br />
eingereicht von Rechtsanwältin Jacqueline Greinert<br />
Querallee 38, 34119 Kassel<br />
Tel.: 0561/6<strong>02</strong>8580, Fax: 0561/6<strong>02</strong>85818<br />
info@jgreinert.de; www.jgreinert.de<br />
Prozessuales<br />
123. Gerichtsbarkeit, Beschäftigung durch ausländischen<br />
Staat mit hoheitlichen Aufgaben<br />
Betreibt ein ausländischer Staat in Deutschland (hier: in Bayern)<br />
eine als Ersatzschule anerkannte Privatschule, wird er<br />
nicht im eigenen Aufgabenkreis hoheitlich tätig, sondern, soweit<br />
er hoheitliche Funktionen ausübt, allenfalls als Beliehener<br />
für den Freistaat Bayern. Daher unterliegen Rechtsstreitig-<br />
64<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 31 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Prozessuales<br />
keiten, mit denen in der Privatschule beschäftigte Arbeitnehmer<br />
des ausländischen Staates gegen diesen Ansprüche aus<br />
dem Arbeitsverhältnis geltend machen, der deutschen Gerichtsbarkeit.<br />
■ Landesarbeitsgericht Nürnberg<br />
vom 6.11.2012, 7 Sa 251/12<br />
124. Rechtsweg, Streitigkeit über Beitragszuschuss zum<br />
Versorgungswerk bei angestelltem Rechtsanwalt<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das SG den<br />
Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und<br />
den Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht (§ 46 Abs. 2<br />
S. 1 ArbGG i.V.m. §§ 12, 13, 17 Abs. 1 ZPO) verwiesen. Es handelt<br />
sich nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten<br />
der gesetzlichen Rentenversicherung, § 40<br />
Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz VWGO i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 SGG, sondern<br />
um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer<br />
und Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis, §2Nr.3<br />
lit. a ArbGG.<br />
a. Die für die Entscheidung wesentliche Abgrenzung zwischen<br />
öffentlich-rechtlicher und bürgerlicher Streitigkeit erfolgt<br />
nach der wahren Natur des anzuwendenden Rechts und<br />
dem sich daraus ergebenden Rechtsverhältnis zwischen den<br />
Beteiligten des Rechtsstreits. Maßgeblich ist der vom Kläger<br />
unterbreitete Streitgegenstand. Danach geht es um die Zahlung<br />
eines (hälftigen) Arbeitgeberbeitrags zur berufsständischen<br />
Altersversorgung des Klägers beim Versorgungswerk<br />
der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein Westfalen nach<br />
§ 172 Abs. 2 SGB VI in der vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2011<br />
geltenden Fassung. Der Kläger leitet aus der Pflicht der Beklagten,<br />
diesen Beitrag zu tragen, einen Anspruch auf Zahlung<br />
unmittelbar an sich her.<br />
b. Unter Zugrundelegung dieses Streitgegenstandes handelt<br />
es sich nicht um eine öffentlich-rechtliche, sondern um eine<br />
bürgerliche Rechtsstreitigkeit. § 172 Abs. 2 SGB VI a.F., der als<br />
Anspruchsgrundlage einzig in Betracht kommt, ist materiell<br />
eine Norm des (bürgerlichen) Arbeitsrechts, die systemfremd<br />
im SGB VI enthalten ist. Das zeigen Entstehungsgeschichte,<br />
Systematik und Sinn und Zweck der Regelung.<br />
Die Entstehungsgeschichte des § 172 Abs. 2 SGB VI a.F.<br />
macht deutlich, dass es sich materiell um eine Norm des bürgerlichen<br />
(Arbeits-) Rechts handelt. Denn die darin geregelte<br />
Arbeitgeberverpflichtung war zuvor (d.h. vor dem 1.1.1992) in<br />
Tarifverträgen oder Einzelarbeitsverträgen geregelt (vgl. dazu<br />
im Einzelnen Boecker, in: Schulin, Handbuch der Sozialversicherung,<br />
Band 3, Rentenversicherungsrecht, § 14 Rn 26<br />
m.w.N.), unterfiel also dem materiellen Arbeitsrecht. Eine gesetzliche<br />
Regelung wurde (nur) für erforderlich gehalten, weil<br />
im Beitrittsgebiet entsprechende tarifliche Regelungen fehlten<br />
(BT-Drucks 12/405, S. 119).<br />
§ 172 Abs. 2 SGB VI a.F. ist nach der Gesetzessystematik eine<br />
Norm, die zu § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI korrespondierend eine<br />
Prozessuales<br />
mit der Versicherungsfreiheit einhergehende Verpflichtung<br />
des Arbeitgebers im Verhältnis zum Beschäftigten begründet.<br />
Diese Korrespondenz und die Tatsache, dass es um die Tragung<br />
von Beiträgen geht, vermitteln eine gewisse äußerliche<br />
Berechtigung, die Verpflichtung im sozialrechtlichen Normgefüge<br />
des SGB VI anzusiedeln. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift<br />
handelt es sich aber nicht um eine sozialversicherungsrechtliche<br />
Vorschrift. Sie befindet sich zwar im Vierten Kapitel<br />
des SGB VI „Finanzierung“, regelt aber tatsächlich nicht die Finanzierung<br />
der Gesetzlichen Rentenversicherung, sondern<br />
ausschließlich Folgen der Versicherungsfreiheit im Verhältnis<br />
von Beschäftigtem und Arbeitgeber. Deshalb handelt es sich<br />
materiell um eine Vorschrift, die Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis<br />
begründet (so auch: Finke, in: Hauck/Haines,<br />
SGB VI, Kommentar, Stand Oktober 2012, § 172 Rn 17; Neidert,<br />
in: GK-SGB VI, § 172 Rn 20; KassKomm/Wehrhahn, Sozialversicherungsrecht,<br />
SGB VI, Stand 2012, § 172 Rn 10; a.A. unter Bezugnahme<br />
auf in anderem Zusammenhang ergangene<br />
höchstrichterliche Rechtsprechung: Segebrecht, in: jurisPK-<br />
SGB VI. 1. Aufl. Stand 3.4.2012, § 172 Rn 60 ff.). Mit dieser Einordnung<br />
geht konform, dass es sich ersichtlich weder um die<br />
Anwendung öffentlichen Rechts im allgemeinen oder besonderen<br />
Gewaltverhältnis (Subordinationsverhältnis) noch um<br />
öffentliches Sonderrecht handelt. Denn am Rechtsverhältnis<br />
ist ein für Sozialleistungen (insbesondere der Gesetzlichen<br />
Rentenversicherung) zuständiger Leistungsträger nicht (auch<br />
nicht indirekt) beteiligt, §§ 12 S. 1, 23 Abs. 2 SGB I. Es handelt<br />
sich deshalb auch nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit<br />
nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO, die an die allgemeinen Verwaltungsgerichte<br />
zu verweisen ist. (…)<br />
Die Richtigkeit dieser Bewertung des Streitgegenstands wird<br />
durch die seit dem 1.1.2012 anstelle von § 172 Abs. 2 SGB VI<br />
a.F. geltenden Vorschrift des § 172a SGB VI bestätigt (eingeführt<br />
durch Art. 4 Nr. 10 des Vierten Gesetzes zur Änderung<br />
des SGB IV und anderer Gesetze v. 22.12.2011, BGBl I, S. 3057<br />
ff.). Danach zahlen Arbeitgeber für von der Versicherungspflicht<br />
nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI befreite Beschäftigte<br />
einen Zuschuss. Diese Neuregelung soll klarstellen, dass [...]<br />
der Arbeitgeber dem Mitglied den Arbeitgeberbeitrag als Zuschuss<br />
schuldet (BTDrucks 17/6764).<br />
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der (früheren) Rechtsprechung<br />
zu § 257 SGB V bzw. zu der zuvor maßgeblichen Regelung<br />
des § 405 der Reichsversicherungsordnung (BAG v.<br />
1.6.1999 – 5 AZB 34/98; BAG v. 19.8.2008 – 5 AZB 75/08; offen<br />
gelassen in BAGE 121, 36 ff. und BAG AP Nr. 2 zu § 172 SGB VI).<br />
Ungeachtet der Kritik an dieser Rechtsprechung zu § 257<br />
SGB V (vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 257 SGB V juris-Rn 9) hat § 172<br />
Abs. 2 SGB VI a.F. einen anderen Regelungsgegenstand. Kann<br />
in den Konstellationen nach § 257 SGB V die sozialversicherungsrechtliche<br />
Vorfrage nach einem Beschäftigungsverhältnis<br />
(i.S.v. § 7 SGB IV) streitig sein, ist diese in Fällen des § 172<br />
Abs. 2 SGB VI a.F. regelmäßig geklärt. Das verdeutlicht der vorliegende<br />
Fall, in dem die Beklagte nicht ihre Verpflichtung aus<br />
§ 172 SGB VI bestreitet, sondern dieser die rechtsvernichten-<br />
2/<strong>2013</strong> 65
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 32 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Prozessuales<br />
den Einwendungen der Erfüllung und der Verwirkung (alternativ)<br />
entgegenhält.<br />
■ Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen<br />
vom 29.1.<strong>2013</strong>, L 18 R 773/12 B<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Bernhard Dribusch<br />
Moltkestraße 4, 32756 Detmold<br />
Tel.: 05231/7608-0; Fax: 05231/7608-76<br />
info@kdanwalt.de<br />
125. Kündigungsschutzklage, nachträgliche Zulassung<br />
nach Fristversäumnis, Zurechnung des<br />
Anwaltsverschuldens<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die<br />
Kammer folgt, ist das Verschulden eines (Prozess-) Bevollmächtigten<br />
an der Versäumung der gesetzlichen Klagefrist<br />
nach § 4 S. 1 KSchG bei einer Kündigungsschutzklage dem<br />
klagenden Arbeitnehmer gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen<br />
(BAG v. 11.12.2008, 2 AZR 472/08; BAG v. 24.11.2011, 2<br />
AZR 614/10; BAG v. 22.3.2012, 2 AZR 224/11). Entsprechend<br />
seinem durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemachten<br />
und unstreitigen Vorbringen hat der Kläger nach Zugang<br />
der Kündigung Rechtsanwalt M mit der Wahrnehmung<br />
seiner Interessen beauftragt und ihn gebeten, etwas gegen<br />
die Kündigung zu unternehmen. Rechtsanwalt M hätte daher<br />
innerhalb von drei Wochen ab Zugang gemäß § 4 S. 1 KSchG<br />
Kündigungsschutzklage erheben müssen. Er hat es jedoch<br />
versäumt, in der Folgezeit fristgerecht Klage zu erheben. Dieses<br />
Versäumnis ist verschuldet. Hiervon muss das Gericht jedenfalls<br />
ausgehen, da keine Anhaltspunkte für ein fehlendes<br />
Verschulden von Rechtsanwalt M vorgetragen oder sonst ersichtlich<br />
sind. Dieses Verschulden muss der Kläger sich gemäß<br />
§ 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Da der Kläger Rechtsanwalt<br />
M beauftragt hatte, „etwas gegen die Kündigung zu unternehmen“,<br />
liegt keine bloße Rechtsberatung eines gekündigten<br />
Arbeitnehmers durch einen Rechtsanwalt vor, bei der eine<br />
Zurechnung des Anwaltsverschuldens nach § 85 Abs. 2 ZPO<br />
nicht stattfindet. § 85 Abs. 2 ZPO ist auch nicht etwa erst nach<br />
Erhebung der Kündigungsschutzklage, sondern – wie vorliegend<br />
– bereits im Vorfeld einer Klageerhebung anwendbar.<br />
Die Anwendbarkeit des § 85 Abs. 2 ZPO verlangt noch kein<br />
bestehendes Prozessrechtsverhältnis oder eine Prozessvollmacht<br />
im „strengen“ Sinn. Vielmehr ist das Bestehen eines<br />
wirksamen Mandats im Innenverhältnis ausreichend (BAG v.<br />
11.12.2008, 2 AZR 472/08).<br />
■ Arbeitsgericht Köln<br />
vom 24.1.<strong>2013</strong>, 17 Ca 7481/12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Jürgen Höser<br />
Kölner Straße 2, 5<strong>02</strong>26 Frechen<br />
Tel.: <strong>02</strong>234/1820-0, Fax: <strong>02</strong>234/1820-10<br />
office@hdup.de; www.hdup.de<br />
126. Prozessfähigkeit, Anfechtung eines Vergleichs<br />
wegen Geschäftsunfähigkeit<br />
1. Im Streit über ihre Prozessfähigkeit ist die betroffene Partei<br />
als prozessfähig anzusehen. Behauptet sie, ein gerichtlicher<br />
Vergleich sei wegen ihrer fehlenden Geschäftsfähigkeit unwirksam,<br />
ist ein die Verfahrensfortsetzung ablehnender Beschluss<br />
mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, obwohl<br />
durch Urteil hätte entschieden werden müssen (Meistbegünstigung).<br />
2. Dem Prozessunfähigen kann rechtliches Gehör wirksam nur<br />
durch Anhörung eines gesetzlichen Vertreters gewährt werden.<br />
Für seine ordnungsgemäße Vertretung hat der Prozessunfähige<br />
selbst zu sorgen, indem er nach § 1896 BGB eine<br />
Betreuerbestellung durch das Vormundschaftsgericht herbeiführt.<br />
■ Oberlandesgericht Koblenz<br />
vom 2.5.2012, 5 W 218/12<br />
127. Einstweilige Verfügung, Beschäftigungsanspruch,<br />
Verfügungsgrund bei Erteilung eines Hausverbots<br />
1. Wird eine Arbeitnehmerin bei dem Versuch, ihre Arbeit<br />
nach Beendigung der Elternzeit wieder aufzunehmen (hier:<br />
Tätigkeit als Abteilungsleiterin/Warenwirtschaft in der Verkaufsfiliale<br />
einer Kaufhauskette) unter Erteilung eines „Hausverbots“<br />
vom angestammten Arbeitsplatz verwiesen, was der<br />
Arbeitgeber im Betrieb anschließend in der Belegschaft bekannt<br />
macht, so kann das gesteigerte Beschäftigungsinteresse,<br />
das Teile der Gerichte für Arbeitssachen zur Durchsetzung<br />
des Beschäftigungsanspruchs im ungekündigten Arbeitsverhältnis<br />
per einstweiliger Verfügung als „Verfügungsgrund“<br />
für erforderlich halten, bereits in den rehabilitativen<br />
Effekten der Zurückgewinnung ihrer betrieblichen Präsenz<br />
durch die so gebrandmarkte Arbeitsperson zu erblicken sein.<br />
2. Es verbleibt allerdings dabei, dass ein derartiges gesteigertes<br />
Beschäftigungsinteresse neben der Anspruchsvereitelung<br />
im Zeitablauf nicht erforderlich ist (wie LAG Hamm v.<br />
12.12.2001 – 10 Sa 1741/01 – NZA-RR 2003, 311; LAG Berlin v.<br />
16.9.2004 – 10 Sa 1763/04 – LAGE § 1<strong>02</strong> BetrVG 2001 Beschäftigungspflicht<br />
Nr. 3; LAG Berlin-Brandenburg v. 27.1.2010 – 15<br />
SaGa 2395/09 – n.v.; LAG Berlin-Brandenburg v. 25.3.2010 – 2<br />
Ta 387/10 – ArbR 2010, 349).<br />
■ Arbeitsgericht Berlin<br />
vom 25.1.<strong>2013</strong>, 28 Ga 178/13<br />
128. Berufung, Zulässigkeit, unzureichende<br />
Auseinandersetzung mit der Urteilsbegründung (Equal-<br />
Pay-Vergütung)<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
2. Mit der Berufungsbegründungsschrift ist die erstinstanzliche<br />
Entscheidung nicht ausreichend i.S.v. § 520 Abs. 3 Satz 2<br />
Mr. 2 ZPO, § 64 Abs. 6 ArbGG angegriffen worden. Es fehlt an<br />
einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den tragenden<br />
Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils.<br />
66<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 33 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Prozessuales<br />
a) Im Rahmen des § 520 Abs. 3 ZPO ist in der Berufungsbegründung<br />
eine argumentative Auseinandersetzung mit<br />
den Urteilsgründen geboten (BAG v. 16.5.1990 T 4 AZR 145/<br />
90; HK/Pfefffen, ArbGG, § 66 Rn 31). Eine Berufungsbegründung<br />
genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2<br />
bis. Nr. 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen<br />
Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene<br />
Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf<br />
welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Gemäß<br />
§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung<br />
die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung<br />
durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit<br />
für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung<br />
muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden<br />
Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen<br />
Argumenten des angefochtenen Urteils befassen,<br />
wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung<br />
mit den Urteilsgründen der angefochtenen<br />
Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche<br />
Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften<br />
Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche<br />
Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (ständige<br />
Rechtsprechung des BAG, z.B. v. 16.5.2012 – 4 AZR 245/<br />
10; v. 18.5.2011 – 4 AZR 552/09).<br />
b) Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung<br />
der Beklagten gegen das ausführlich begründete Urteil des<br />
Arbeitsgerichts nicht. Das. Arbeitsgericht hat unter Verweis<br />
auf die hierzu ergangenen <strong>Entscheidungen</strong> (BAG v.<br />
19.9.2007 – AZR 656/06; LAG Düsseldorf v. 21.6.2012 – 13 Sa<br />
319/12) ausgeführt, die dem Kläger erteilte Entleiherauskunft<br />
nach § 13 AUG enthalte auch eine Aussage über die<br />
Vergleichbarkeit der eigenen Tätigkeit mit derjenigen der<br />
verglichenen Stammarbeitnehmer. Deshalb reiche es für die<br />
Schlüssigkeit einer Klage auf Equal-Pay-Vergütung aus, wenn<br />
der Arbeitnehmer den Inhalt dieser Auskunft mitteile und sich<br />
zur Begründung seines Zahlungsanspruchs auf die Differenz<br />
seiner vom Verleiher gezahlten Vergütung berufe. Es sei dann<br />
Sache des Arbeitgebers, gegebenenfalls für die fehlende Vergleichbarkeit<br />
der Tätigkeit substantiierten Vortrag zu erbringen.<br />
Hierauf sei die Beklagte schon durch den Aussetzungsbeschluss<br />
vom 2.2.2012 ausdrücklich hingewiesen worden.<br />
Dem diesbezüglichen Vortrag des Klägers sei diese jedoch<br />
nicht ausreichend entgegengetreten. Das einfache Bestreiten<br />
bzw. die pauschale Behauptung, der Kläger sei als Helfer in die<br />
Entgeltgruppe 01 einzugruppieren gewesen, sei insofern unbeachtlich,<br />
§ 138 Abs. 2, Abs. 3 ZPO. Dabei träfen die Beklagte<br />
Erkundigungs- und Informationsobliegenheiten aus § 12<br />
Abs. 1 S. 3 AUG, da die fraglichen Informationen bereits in den<br />
Verträgen zwischen der Beklagten und dem Entleiher hätten<br />
enthalten sein müssten. Jedenfalls habe sich die Beklagte darum<br />
bemühen müssen, entsprechende Auskünfte des Entleiherbetriebs<br />
einzuholen.<br />
Hiergegen wendet die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung<br />
lediglich pauschal ein, bei der Berechnung des ausgeur-<br />
Prozessuales<br />
teilten Betrages sei „ohne weiteres* davon ausgegangen worden,<br />
dass der Kläger im Entleihbetrieb nach der Entgeltstufe<br />
4 einzustufen gewesen sei. Da nach den vorgelegten Unterlagen<br />
der Kläger aber nur einfachste Arbeiten ausgeführt habe,<br />
sei „nicht nachvollziehbar“, warum dieser nicht in die Entgeltgruppen<br />
1, 2 oder 3 einzustufen gewesen sei. Ihr Bestreiten<br />
sei im Hinblick auf diese Umstände ausreichend. Im Übrigen<br />
sei ein Beweisanerbieten durch Sachverständigengutachten<br />
erfolgt.<br />
Dieser Berufungsbegründung ist eine argumentative Auseinandersetzung<br />
mit den Erwägungen des Arbeitsgerichts<br />
und der in Bezug genommene Rechtsprechung nicht zu entnehmen.<br />
Sie setzt sich nicht mit der rechtlichen Wirkung der<br />
Auskunft nach § 13 AUG und den Folgen auf den arbeitsgerichtlichen<br />
Prozess, nicht mit den Tatbestandsmerkmalen der<br />
in Bezug genommenen tarifvertraglichen Regelungen und<br />
auch nicht mit der Frage auseinander, inwieweit der Entleiherbetrieb<br />
überhaupt die Entgeltgruppen 1, 2 oder 3 des Tarifvertrages<br />
anwendet. Auch setzt sie sich nicht mit der Frage auseinander,<br />
warum bei einem solch pauschalen Bestreiten ein angebotener<br />
Beweis erhoben werden soll. (…)<br />
bb) Weiter trägt die Beklagte in der Berufungsbegründung<br />
vor, das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger<br />
einsatzbezogene Zulagen erhalten habe. Nach der<br />
Rechtsprechung der anderen Kammern des Arbeitsgerichts<br />
Heilbronn und des Arbeitsgerichts Freiburg seien stündlich<br />
gezahlte Zulagen beim Vergleichsentgelt zu berücksichtigen.<br />
Hierzu ist auszuführen, dass sich aus diesem Vortrag der Beklagten<br />
nicht ergibt, welche konkreten Zulagen in welcher<br />
Höhe sie meint. Sollte sich der Vortrag auf dem Kläger gewährte<br />
Auslösungen beziehen, wie es der Kläger vermutet,<br />
wird dies im arbeitsgerichtlichen Urteil auf Seiten 7 f. berücksichtigt.<br />
Auch hiermit setzt sich die Berufungsbegründung inhaltlich<br />
nicht auseinander.<br />
cc) Das Arbeitsgericht hat sich in seinem Urteil umfänglich mit<br />
der Frage beschäftigt, ob Ausschluss-, oder Verwirkungstatbestände<br />
tariflicher oder arbeitsgerichtlicher Art greifen können<br />
und dies mit ausführlicher Begründung verneint. Hierzu<br />
trägt die Beklagte in der Berufungsbegründung lediglich vor,<br />
das Arbeitsgericht habe außer Acht gelassen, dass „zwischenzeitlich<br />
die zweiten Instanzen in Deutschland mehrheitlich<br />
von Verwirkungstatbeständen ausgingen, sie habe ein Urteil<br />
des Landesarbeitsgerichts Nürnberg überreicht, wonach –<br />
auch bei der vorliegenden Fallgestattung – sämtliche Ansprüche<br />
verwirkt gewesen seien, da die dreimonatliche erste Stufe<br />
zur Geltendmachung bei Klageerhebung versäumt worden<br />
sei, zudem überreiche sie das Urteil des LAG Rheinland-Pfalz<br />
vom 1.6.2012 (AZ. 9 Sa 24/12}, wonach Equal-Pay-Ansprüche<br />
bei arbeitsvertraglicher Einbeziehung des AMP TV in seiner jeweilig<br />
gültigen Fassung verwirkt seien, wenn diese nicht innerhalb<br />
von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend<br />
gemacht würden. Dieser Vortrag enthält keinerlei, inhaltliche<br />
Auseinandersetzung mit den arbeitsgerichtlichen Erwägungen.<br />
Er macht auch nicht deutlich, warum die zitierten Ent-<br />
2/<strong>2013</strong> 67
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 34 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Prozessuales<br />
scheidungen vorliegend erheblich sein sollen. (…) Damit ist<br />
der Vortrag der Beklagten auch diesbezüglich völlig pauschal.<br />
dd) Schlussendlich setzt sich das arbeitsgerichtliche Urteil<br />
umfassend mit der Frage der Verjährung auseinander und<br />
verneint mit ausführlicher Begründung den Verjährungseintritt.<br />
Mit dieser Argumentation setzt sich die Beklagte in der<br />
Berufungsbegründung überhaupt nicht auseinander, sondern<br />
erhebt „vorsorglich die Einrede der Verjährung“ und verweist<br />
auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg<br />
vom 26.10.2012 (8 Sa 977/12), was allerdings voraussetzt, dass<br />
die Berufung zulässig wäre.<br />
■ Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg<br />
vom 6.11.2012, 6 Sa 127/12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Bertram Bauer<br />
Martin-Luther-Platz 6-8, 91522 Ansbach<br />
Tel.: 0981/9712700, Fax: 0981/97127030<br />
info@rae-pbw.de; www.rae-pbw.de<br />
129. Errichtung einer Einigungsstelle, kein Erfordernis<br />
außergerichtlichen Einigungsversuchs<br />
Für die Anrufung der Einigungsstelle und deren gerichtliche<br />
Einsetzung gibt es keine Verfahrensvoraussetzung dergestalt,<br />
dass zuvor ergebnislos ein Einigungsversuch außerhalb der Einigungsstelle<br />
unternommen oder eine Verhandlung geführt<br />
wurde. Es reicht aus, wenn ein Regelungsgegenstand nach<br />
der subjektiven Einschätzung einer Seite ohne Hilfe der Einigungsstelle<br />
keiner Lösung zugeführt werden kann.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 2.11.2012, 9 TaBV 34/12<br />
130. Errichtung des Wirtschaftsausschusses, Klärung im<br />
Beschlussverfahren<br />
Die Frage, ob ein Wirtschaftsausschuss für den gemeinsamen<br />
Betrieb zweier Unternehmen zu bestellen ist oder bereits<br />
wirksam in der Vergangenheit bestellt worden ist, kann nicht<br />
im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens nach § 109<br />
BetrVG i.V.m. § 98 ArbGG geklärt werden. Der Streit über die<br />
Errichtung des Wirtschaftsausschusses bleibt dem arbeitsgerichtlichen<br />
Beschlussverfahren nach § 2a ArbGG vorbehalten.<br />
■ Landesarbeitsgericht Hannover<br />
vom 19.2.<strong>2013</strong>, 1 TaBV 155/12<br />
131. Nichtzulassungsbeschwerde, Aktenwidrige<br />
Feststellungen, Anspruch auf AGG-Entschädigung<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
1. Ohne Erfolg rügt die Beschwerde als verfahrensfehlerhaft,<br />
die Würdigung des Berufungsgerichts, der Entschädigungsanspruch<br />
sei nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben<br />
unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs wegen<br />
mangelnder Ernsthaftigkeit der Bewerbung ausgeschlossen,<br />
beruhe auf aktenwidrigen Feststellungen (§ 108 Abs. 1 Satz 1<br />
VwGO).<br />
Mit der Rüge einer fehlerhaften Verwertung des dem Gericht<br />
vorliegenden Tatsachenmaterials wird zunächst nur ein – angeblicher<br />
– Fehler in der Sachverhaltswürdigung angesprochen.<br />
Ein solcher Fehler ist revisionsrechtlich regelmäßig nicht<br />
dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen<br />
und kann deshalb einen Verfahrensmangel im Sinne<br />
von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht begründen<br />
(vgl. BVerwG v. 2.11.1995 –9B710.94; BVerwG v. 3.12.2008 –<br />
4 BN 26.08). Eine Ausnahme hiervon kommt unter anderem<br />
bei einer aktenwidrigen Sachverhaltsfeststellung in Betracht<br />
(stRspr, vgl. BVerwG v. 28.3.2012 –8B76.11 m.w.N,).<br />
Tatsächliche Feststellungen sind aktenwidrig, wenn zwischen<br />
den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen Annahmen<br />
und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt ein Widerspruch<br />
besteht. Dieser Widerspruch muss offensichtlich<br />
sein, so dass es einer weiteren Beweiserhebung zur Klärung<br />
des richtigen Sachverhalts nicht bedarf. Die Aktenteile, die das<br />
Tatsachengericht nach Ansicht der Beschwerde nicht oder<br />
fehlerhaft berücksichtigt haben soll, sind genau zu bezeichnen.<br />
Darüber hinaus ist darzulegen, welche Schlussfolgerung<br />
sich dem Tatsachengericht, ausgehend von dessen materiellrechtlicher<br />
Auffassung, aufgrund dieser Tatsachen hätte aufdrängen<br />
müssen. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung<br />
nicht.<br />
Die Beschwerde legt nicht schlüssig dar, dass die Annahme<br />
des Berufungsgerichts, der Kläger habe sich „grundsätzlich<br />
bemüht (...), jedes ihm angetragene Vorstellungsgespräch<br />
wahrzunehmen oder sich – sofern ihm dies etwa wegen<br />
gleichzeitig stattfindender anderer Vorstellungsgespräche<br />
oder wegen Krankheit nicht möglich war – um einen Ersatztermin<br />
nachzusuchen“, in offensichtlichem Widerspruch zum<br />
Inhalt der Akten stehe. Dass die Würdigung des Berufungsgerichts<br />
erkennbar an durch E-Mail-Verkehr zumindest teilweise<br />
belegte Ausführungen des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren<br />
anknüpft, bleibt außer Betracht.<br />
Ein offensichtlicher Widerspruch zu dem Inhalt der Akten wird<br />
auch nicht insoweit substanziiert dargetan, als die Beschwerde<br />
im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers, „er<br />
habe immer eine Beamtenstelle und nicht nur ein Angestellten-Verhältnis<br />
angestrebt und bevorzuge räumlich eindeutig<br />
eine Beschäftigung in Baden-Württemberg“, die Frage aufwirft,<br />
„welchen plausiblen Vortrag“ des Klägers der Verwaltungsgerichtshof<br />
in Bezug [nehme]“. Hierbei bleibt das diesbezügliche<br />
Vorbringen in der Klageschrift vom 2.6.2010 unberücksichtigt.<br />
Dass die Beklagte dieses für unglaubhaft hält,<br />
vermag eine Aktenwidrigkeit der Sachverhaltswürdigung des<br />
Berufungsgerichts nicht zu begründen.<br />
Die Aktenwidrigkeit der Feststellungen wird auch nicht dadurch<br />
schlüssig dargetan, dass die Beschwerde dem Berufungsgericht<br />
vorhält, es hätte bei einer kritischen Prüfung der<br />
Einlassungen des Klägers nicht unterstellen dürfen, dieser<br />
habe nachvollziehbar dargelegt, warum er die Vorstellungsgespräche<br />
abgesagt habe, es hätte sich dem Gericht vielmehr<br />
aufdrängen müssen, dass sich bei dem Kläger innerhalb von<br />
68<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 35 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Sonstiges<br />
sechs Tagen kein genereller Sinneswandel habe einstellen<br />
können. Allein der Umstand, dass die Beschwerde das Bestehen<br />
der ernstlichen Möglichkeit eines anders gestalteten Geschehens<br />
beziehungsweise einer zu weiteren Fragen Anlass<br />
gebenden Sachverhaltskonstellation bezeichnet, zeigt noch<br />
keinen offensichtlichen, „zweifelsfreien“ Widerspruch zwischen<br />
den Annahmen des Tatsachengerichts und der Aktenlage<br />
auf. Dies gilt umso mehr, als der unstreitige Akteninhalt,<br />
dem zufolge sich der Kläger am 31.12.2009 bei der Beklagten<br />
beworben hat und am 5.1.2010 ein Vorstellungsgespräch bei<br />
einem baden-württembergischen Landkreis im Hinblick auf<br />
die bevorstehende Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses<br />
bei einer bayerischen Gemeinde abgesagt hat, zwar die<br />
Folgerung rechtfertigt, dass die Bewerbung bei der Beklagten<br />
in Wahrheit auf die Schaffung der Voraussetzungen für eine<br />
Entschädigungsleistung abzielte, dieser Schluss indes nicht<br />
zwingend ist.<br />
■ Bundesverwaltungsgericht<br />
vom 10.9.2012, 5 B 32.12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Jochen Link<br />
Niedere Straße 63, 78050 Villingen-Schwenningen<br />
Tel.: 07721/33166, Fax: 07721/33197<br />
info@anwaltskanzlei-vs.de; www.anwaltskanzlei-vs.de<br />
132. Kostenerstattung, Übersetzung der<br />
Verfahrensunterlagen für ausländische Partei<br />
Eine ausländische, der deutschen Sprache nicht mächtige Prozesspartei<br />
ist grundsätzlich berechtigt, alle für den Prozess<br />
wesentlichen Schriftstücke übersetzen zu lassen. Die Übersetzungskosten<br />
sind als Kosten des Verfahrens erstattungsfähig.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 21.1.<strong>2013</strong>, 9 TaBV 246/12<br />
Sonstiges<br />
133. Schwerbehinderung, Integrationsamt, keine<br />
Zustimmung zur Kündigung ohne Prüfung der<br />
Namensliste, „Schlecker-Kündigung“<br />
Bei einer betriebsbedingten Kündigung wegen Stilllegung<br />
von Unternehmensteilen darf sich das Integrationsamt im<br />
Rahmen einer Zustimmungsentscheidung nach § 85 SGB IX<br />
nicht mit der Feststellung begnügen, dass der Name des<br />
schwerbehinderten Menschen in einer Liste zum Interessenausgleich<br />
(vgl. §1VKSchG) enthalten ist, sondern es muss<br />
weitergehend ermitteln, dass die Belange der schwerbehinderten<br />
Menschen und ggf. nach welchen Kriterien bei der Sozialauswahl<br />
überhaupt berücksichtigt worden sind.<br />
■ Verwaltungsgericht Stuttgart<br />
vom 4.3.<strong>2013</strong>, 11 K 3968/12<br />
Sonstiges<br />
134. Schadenersatz, Verhängung einer Sperrzeit wegen<br />
vereinbarungswidriger Angabe des Kündigungsgrundes<br />
Vereinbarungswidrige Auskünfte des Arbeitgebers über den<br />
Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Arbeitsbescheinigung<br />
gemäß § 312 SGB III rechtfertigen keinen<br />
Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem<br />
Arbeitgeber, wenn die Agentur für Arbeit in der Sache zu<br />
recht eine Sperrfrist verhängt.<br />
Der Verlust oder die Vorenthaltung einer tatsächlichen oder<br />
rechtlichen Position, auf die nach der Rechtsordnung kein Anspruch<br />
besteht, stellt nämlich keinen ersatzfähigen Nachteil<br />
dar (BGH v. 6.7.2006, – IX ZR 88/<strong>02</strong>; BGH v. 11.11.1993, – IX ZR<br />
35/93; BGH v. 26.1.1989, – IX ZR 81/88; BGH v. 26.3.1985, – VI<br />
ZR 245/83; LAG Niedersachsen v. 24.3.2003, – 16 Sa 19/03;<br />
Hessisches LAG v. 7.3.2012, – 6 Sa 1525/10). Niemand kann im<br />
Wege des Schadensersatzes mehr erhalten als das, was er<br />
nach der materiellen Rechtslage verlangen kann.<br />
■ Hessisches Landesarbeitsgericht<br />
vom 17.7.2012, 13 Sa 1053/11<br />
135. PKH, Verwertung von Immobilienbesitz<br />
Grund- oder Wohnungseigentum, das dem Hilfesuchenden<br />
nicht als eigene Wohnstatt, sondern als bloße Kapitalanlage<br />
dient, ist im Rahmen der §§ 114, 115 ZPO als verwertbares<br />
Vermögen in Ansatz zu bringen, indem die Partei als gehalten<br />
anzusehen ist, im Rahmen des Zumutbaren zu beleihen oder<br />
notfalls zu veräußern, um die Kosten eines Rechtsstreits zu bestreiten.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 14.1.<strong>2013</strong>, 6 Ta 226/12<br />
136. PKH, „steckengebliebener“ Antrag bei Tod der<br />
Partei<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe<br />
zu Unrecht abgelehnt.<br />
a) Zwar war der Kläger im Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung<br />
des Arbeitsgerichts bereits verstorben, wozu<br />
grundsätzlich festzustellen ist, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe<br />
nach dem Tod der beantragenden Partei auszuscheiden<br />
hat, weil die Prozesskostenhilfe eine Form der<br />
höchstpersönlichen Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege<br />
ist (vgl. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,<br />
ZPO, Übersicht § 114 Rn 1, m.w.N.). Da die Prozesskostenhilfe<br />
an eine die spezielle Situation des Begünstigten geknüpfte<br />
höchst persönliche Berechtigung ist, endet sie mit<br />
dem Tod des hilfsbedürftigen Beteiligten. Nach dem Tod des<br />
Hilfsbedürftigen kann ihm deshalb im Regelfall nicht mehr<br />
Prozesskostenhilfe bewilligt werden (vgl. BSG v. 2.12.1987 – 1<br />
RA 25/87; Thüringer LSG v. 21.9.2004–L6RJ964/<strong>02</strong>; LSG NRW<br />
v. 29.2.2008 –L20B9/08 SO).<br />
Eine Ausnahme hiervon im Sinne einer rückwirkenden Bewilligung<br />
der personengebundenen und nicht vererblichen<br />
2/<strong>2013</strong> 69
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 36 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Streitwert und und Gebühren<br />
Prozesskostenhilfe an die verstorbene Partei ist allerdings<br />
dann vorzunehmen, wenn im Sinne des Antrags der verstorbenen<br />
Partei das Gericht bei ordnungsgemäßer und unverzüglicher<br />
Bearbeitung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe<br />
noch zu Lebzeiten hätte entschieden werden<br />
müssen. Bei einem solchen „steckengebliebenen“ Prozesskostenhilfeantrag<br />
kann nachträglich und rückwirkend die<br />
Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn bis zur Beendigung<br />
der Instanz oder des Verfahrens die Rechtsverfolgung<br />
oder Rechtsverteidigung tatsächlich hinreichende Aussicht<br />
auf Erfolg bot und ein formgerechter Antrag mit den erforderlichen<br />
Belegen eingereicht war (LAG Hamm v. 25.11.20<strong>02</strong> – 4<br />
Ta 180/<strong>02</strong>). So lagen die Voraussetzungen im Streitfall; zur Bewilligung<br />
von Prozesskostenhilfe hätte noch zu Lebzeiten der<br />
klagenden Partei entschieden werden können und müssen.<br />
■ Landesarbeitsgericht Köln<br />
vom 7.1.<strong>2013</strong>, 8 Ta 107/12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Thomas Banse<br />
Tivolistraße 4, 52349 Düren<br />
Tel.: <strong>02</strong>421/407680, Fax: <strong>02</strong>421/4076825<br />
info@kanzlei-banse.de; www.kanzlei-banse.de<br />
137. PKH, Vergleichsmehrwert, rechtzeitige<br />
Antragstellung, kein konkludenter Antrag auf zukünftige<br />
Streitgegenstände<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Die erkennende Beschwerdekammer teilt die Auffassung des<br />
Arbeitsgerichts, dass eine Erstreckung der bereits bewilligten<br />
Prozesskostenhilfe auch auf den Mehrwert eines nach diesem<br />
Zeitpunkt abgeschlossenen Vergleichs nicht möglich ist,<br />
wenn nicht rechtzeitig vor Schluss der mündlichen Verhandlung<br />
ein entsprechender Antrag gestellt wird. Denn mit dem<br />
Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts vom<br />
15.11.2011 ist der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe<br />
abschließend und umfassend beschieden<br />
worden. Zu diesem Zeitpunkt war nicht absehbar und nicht<br />
erkennbar, dass das Begehren des Klägers sich auch auf andere<br />
Streitgegenstände erstrecken sollte. Insbesondere lagen<br />
objektiv keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich dieser Antrag<br />
auch auf andere Streitgegenstände als den bisher geltend<br />
gemachten erstrecken sollte.<br />
Nach § 114 S. 1 ZPO wird Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte<br />
Rechtsverfolgung gewährt. Diese beabsichtigte Rechtsverfolgung<br />
wird konkretisiert durch die in dem Verfahren gestellten<br />
Anträge. Der ursprünglich gestellte Prozesskostenhilfeantrag<br />
kann nicht als konkludenter Antrag für den Abschluss<br />
eines zukünftigen Vergleichs mit beliebigem Inhalt interpretiert<br />
werden, da nicht erkennbar ist, um welche konkreten<br />
Streitgegenstände es sich hierbei handeln kann.<br />
Erfolgt nach vollständiger Bescheidung des Prozesskostenhilfeantrags<br />
eine Klageerweiterung und/oder ein Vergleichsabschluss<br />
der Parteien mit einem Mehrwert, ist ein neuer – ggfs.<br />
auch konkludenter – Antrag im noch laufenden und noch<br />
nicht abgeschlossenen Verfahren notwendig, um Prozesskostenhilfe<br />
auch für den Streitgegenstand des Mehrwertes des<br />
Vergleiches erhalten zu können (LAG Sachsen-Anhalt v.<br />
5.1.2011, 2 Ta 191/10). Nach Abschluss der Instanz ist die Bewilligung<br />
von Prozesskostenhilfe dagegen nicht mehr möglich<br />
(BAG v. 16.2.2012, 3 AZB 34/11). Ein entsprechender Antrag<br />
ist vorliegend vor Beendigung des Verfahrens nicht gestellt<br />
worden.<br />
Entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung ist die<br />
vorliegende Entscheidung auch mit dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts<br />
vom 16.2.2012 vereinbar. Zwar hat das<br />
Bundesarbeitsgericht offen gelassen, ob trotz der über den<br />
ursprünglichen Prozesskostenhilfeantrag bereits getroffenen<br />
Entscheidung noch ein konkludenter Prozesskostenhilfeantrag<br />
im Raum stand, der sich auf mögliche Erweiterung der<br />
Prozesskostenhilfe hinsichtlich eines Vergleichsmehrwerts bezog.<br />
Es hat jedoch zugleich ausgeführt, dass hiergegen „allerdings<br />
Vieles spricht“ (BAG v. 16.2.2012, 3 AZB 34/11, Rn 12).<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen<br />
vom 3.1.<strong>2013</strong>, 7 Ta 204/12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Rolf Schaefer<br />
Ludwig-Barnay-Straße 1, 30175 Hannover<br />
Tel.: 0511/220686-0, Fax: 0511/220686-11<br />
Streitwert und Gebühren<br />
138. Streitwert, Abmahnung, keine pauschale Bewertung<br />
mit einem Monatsgehalt, sondern nach der Gefährdung<br />
des Arbeitsverhältnisses<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Die Beschwerde ist auch begründet. Eine allgemeine Auffassung,<br />
wonach eine Klage auf Entfernung von Abmahnungsschreiben<br />
aus der Personalakte pro Abmahnung mit einem<br />
Monatsentgelt zu bewerten sei, besteht nicht (vgl. nur BAG v.<br />
16.5.2007 – 2 AZB 53/06).<br />
Der Streit über die Entfernung von schriftlichen Abmahnungserklärungen<br />
aus der Personalakte ist nach der ständigen<br />
Rechtsprechung der erkennenden Kammer unabhängig von<br />
der Anzahl der Abmahnungserklärungen, der auf Entfernung<br />
oder gar auf „Widerruf gerichteten Anträge und der einer<br />
oder mehreren Abmahnungen zugrunde liegenden Sachverhalte<br />
regelmäßig höchstens mit 1/3 des Vierteljahresverdienstes<br />
zu bewerten (LAG Hamm Beschl. v. 6.9.2006 – 6<br />
Ta 422/06; vgl. krit. zur pauschalen Bewertung mit je einem<br />
Monatsentgelt BAG v. 16.5.2007 – 2 AZB 53/06). Die Beeinträchtigung<br />
durch eine Abmahnung liegt primär darin, dass<br />
der Bestand des Arbeitsverhältnisses wegen der angedrohten<br />
kündigungsrechtlichen Folgen gefährdet sein kann. Daneben<br />
kann eine unberechtigte Abmahnung die Grundlage für eine<br />
falsche Beurteilung des Arbeitnehmers sein, wodurch sein berufliches<br />
Fortkommen behindert wird oder sich andere ar-<br />
70<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 37 von 42,<br />
Rechtsprechung<br />
Streitwert und Gebühren<br />
beitsrechtliche Nachteile für ihn ergeben können (BAG v.<br />
3.2.1993 – 5 AZR 283/92).<br />
Der Streitwert für Klagen auf Entfernung, Vernichtung oder<br />
Widerruf dieser Erklärungen ist zunächst in Relation zum<br />
Wert einer Bestandsschutzklage zu bestimmen. Da die wirtschaftliche<br />
Bedeutung eines Streits über den Fortbestand eines<br />
Arbeitsverhältnisses erheblich schwerer wiegt als ein Verfahren<br />
gegen dessen bloße Gefährdung, wird ein Ansatz<br />
von – höchstens – einem Drittel des Regelwerts einer Bestandsschutzklage<br />
nach § 42 Abs. 4 GKG als angemessen angesehen.<br />
Für die Bewertung ist nicht die Anzahl der Abmahnungserklärungen<br />
oder der ihnen jeweils zugrunde liegenden<br />
Sachverhalte von Bedeutung, sondern der Grad der Gefährdung<br />
des Arbeitsverhältnisses durch die streitbefangenen<br />
Erklärungen. Der Grad der Gefährdung wird bestimmt durch<br />
die Qualität der Warnfunktion der Abmahnung. Es ist anerkannt,<br />
dass die Warnfunktion einer Abmahnung erheblich dadurch<br />
abgeschwächt werden kann, dass der Arbeitgeber bei<br />
ständig neuen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers stets<br />
nur mit einer Kündigung droht, ohne jemals arbeitsrechtliche<br />
Konsequenzen folgen zu lassen (BAG v. 15.11.2001 – 2 AZR<br />
609/00; BAG v. 16.9.2004 – 2 AZR 406/03). Eine Abmahnung<br />
kann nur dann die Funktion erfüllen, den Arbeitnehmer zu<br />
warnen, dass ihm bei der nächsten gleichartigen Pflichtverletzung<br />
die Kündigung droht, wenn der Arbeitnehmer diese<br />
Drohung ernst nehmen muss. Dies kann je nach den Umständen<br />
nicht mehr der Fall sein, wenn jahrelang die Kündigung<br />
stets nur angedroht wird. Es handelt sich dann um eine „leere“<br />
Drohung. Der so gefundene Streitwert kann leicht erhöht<br />
werden, soweit auch das berufliche Fortkommen der klagenden<br />
Partei durch die Abmahnungserklärungen konkret<br />
gefährdet wird.<br />
Bei der Bewertung des Streitwerts ist schließlich zu berücksichtigen,<br />
dass eine Klage auf Entfernung, Vernichtung oder<br />
Widerruf von Abmahnungserklärungen regelmäßig nicht<br />
geeignet ist, die Gefährdung des Arbeitsverhältnisses und<br />
die Erschwerung des beruflichen Fortkommens wirklich zu<br />
beseitigen (BAG v. 21.5.1992 – 2 AZR 551/91).<br />
Im Streitfall ist über drei Abmahnungen gestritten worden.<br />
Der Ansatz von zwei Monatsentgelten ist angemessen.<br />
■ Landesarbeitsgericht Hamm<br />
vom 11.12.2012, 6 Ta 504/12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Stephan Osnabrügge<br />
Kurt-Schumacher-Straße 16, 53113 Bonn<br />
Tel.: <strong>02</strong>28/6209010, Fax: <strong>02</strong>28/6209091<br />
pauly@paulypartner.de; www.paulypartner.de<br />
139. Streitwert, Versetzung<br />
Streitwert und Gebühren<br />
Der Gegenstandswert für die Klage gegen eine Versetzung ist<br />
im Regelfall ohne weitere werterhöhende Umstände mit einem<br />
Monatsgehalt angemessen bewertet.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 4.12.2012, 1 Ta 223/12<br />
140. Streitwert, gespaltener Kündigungsschutzantrag,<br />
Freistellung<br />
1. Die formale Aufspaltung eines Kündigungsschutzantrages<br />
in zwei Anträge, von denen sich einer gegen die Kündigung<br />
insgesamt, einer hilfsweise nur gegen die Nichteinhaltung der<br />
Kündigungsfrist richtet, ändert nichts daran, dass der Gegenstandswert<br />
einheitlich mit maximal drei Monatsverdiensten<br />
zu bewerten ist.<br />
2. Die Freistellung ist mit 25 % eines Monatsgehalts zu bewerten.<br />
Zur Bewertung ist nicht der Wert der Vergütung für den<br />
Freistellungszeitraum, sondern das Titulierungsinteresse maßgeblich.<br />
Nur wenn die Parteien durch eine Freistellungsvereinbarung<br />
eine Regelung getroffen haben, die ggf. einem Weiterbeschäftigungsbegehren<br />
Rechnung tragen sollte, kann dies<br />
ggf. höher bewertet werden.<br />
■ Landesarbeitsgericht Düsseldorf<br />
vom 17.12.2012, 2 Ta 492/12<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Wulf Gravenhorst<br />
Wildenbruchstraße 82, 40545 Düsseldorf<br />
Tel.: <strong>02</strong>21/569423-0, Fax: <strong>02</strong>21/569423-11<br />
info@kanzlei-gravenhorst.de; www.kanzlei-gravenhorst.de<br />
141. Streitwert, Beschlussverfahren, Anfechtung der<br />
Betriebsratswahl<br />
1. Die Kammer schließt sich der Rechtsprechung des BAG an,<br />
wonach bei der Anfechtung einer Betriebsratswahl zunächst<br />
vom Zweifachen des Hilfswertes von EUR 4.000,– auszugehen<br />
ist, der sich mit jeder Stufe der Staffel des § 9 BetrVG um den<br />
halben Hilfswert steigert.<br />
2. Dies gilt auch, wenn die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren<br />
nach § 14a Abs. 1 BetrVG stattgefunden hat.<br />
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />
vom 25.1.<strong>2013</strong>, 10 Ta 1/13<br />
142. RVG, keine Terminsgebühr für Telefonat über<br />
Rechtsmittelrücknahme<br />
Eine Terminsgebühr entsteht nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3<br />
RVG-VV nicht, wenn in einem Telefongespräch der Prozessbevollmächtigten<br />
die Entscheidung zur Rücknahme des Rechtsstreits<br />
mitgeteilt hat und erläutert sowie nachgefragt wird, ob<br />
auf eine Erstattung der Rechtsanwaltskosten verzichtet<br />
werde. Es handelt sich nicht um eine Besprechung zur Erledigung<br />
des Verfahrens.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg<br />
vom 26.11.2012, 17 Ta (Kost) 6112/12<br />
2/<strong>2013</strong> 71
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 38 von 42,<br />
Rezensionen<br />
Rezensionen<br />
Johanna Busmann<br />
Chefsache Mandantenakquisition<br />
Erfolgreiche Akquisestrategien für Anwälte<br />
Verlag De Gruyter, 1. Aufl. <strong>2013</strong>, 530 Seiten, gebunden,<br />
69,95 EUR, ISBN 978-3-11-<strong>02</strong>9362-3<br />
Anwälte werden in Deutschland und Österreich nicht zu Unternehmern<br />
ausgebildet. Für den Rechtsberater ist somit Akquise<br />
häufig von Glück, Zufall oder Tagesform abhängig, für<br />
den Unternehmer jedoch von einer Marktstrategie. Eine solche<br />
durchdachte Akquise-Strategie ist „Chefsache“ und führt<br />
zu einer langfristigen Positionierung am Markt.<br />
Bereits in der Einleitung fordert die Autorin zum modulhaften<br />
Lesen auf. Durch die Alphabet-Struktur ist dieses Buch ein<br />
praktisches Nachschlagewerk; der Leser kann einfach und<br />
schnell das für ihn interessanteste Thema finden. Über Fußnoten<br />
wird der Leser zum nächsten für ihn relevanten Thema geleitet.<br />
Für jeden Buchstaben des Alphabets gibt es wertvolle<br />
Ratschläge, von A wie Assistentin über H wie Honorarinformation<br />
und S wie Smalltalk bis hin zu Z wie Zielführung. Voraussetzungen<br />
und Wirkungen zahlreicher Akquisetipps für Kanzleien<br />
jeder Größe und Anwälte aller Rechtsgebiete werden erläutert.<br />
Mehr als 30 namentlich genannte Anwälte beschreiben ihre<br />
Erfahrungen mit diesen Tipps und belegen somit deren Praxistauglichkeit.<br />
Einige dieser Tipps sind sofort umsetzbar, andere<br />
erfordern mittelfristig einige strukturelle Maßnahmen<br />
und wieder andere betreffen langfristige Aktionen im Kanzleimanagement.<br />
Fragetechniken, Sprachstruktur, Behandlung von Einwänden,<br />
Smalltalk, Leistungspräsentation, Moderation in einer Teampräsentation,<br />
Empathiebeweise sowie auch non-verbale Kommunikationstechniken<br />
werden detailliert erläutert und in den<br />
einzelnen Situationen beschrieben. Der Anwalt muss sich jeweils<br />
das heraussuchen, was zu ihm, seiner Kanzlei und seinen<br />
Zielen passt. Hierbei ist wichtig, dass die jeweilige Akquise-<br />
Maßnahme zur Persönlichkeit des Anwalts passen muss. Wer<br />
sich „verbiegt“, wirkt nicht authentisch.<br />
Das Buch behandelt kein Rechtsgebiet gesondert, bringt aber<br />
konkrete, detailreiche Beispiele in unterschiedlichen Bereichen.<br />
Sehr hilfreich erscheinen die wörtlichen Formulierungen,<br />
mit denen Akquise bereits erfolgreich war. So wird beispielsweise<br />
ein kompletter Akquisevorgang vom ersten Anruf<br />
des Mandanten bis zur Vertragsunterzeichnung dargestellt.<br />
Auch wenn sich dieser Fall im Kapitel „Wie ein Interessent zum<br />
Mandanten wird“ im Insolvenzrecht abspielt, sind die Bestandteile<br />
ohne weiteres auf das Arbeitsrecht übertragbar.<br />
Insbesondere beim Thema „Cross-Selling“, der Ausweitung<br />
der bestehenden Mandate, fällt der Autorin auf, wie Anwälte<br />
das Thema Akquise vernachlässigen. Cross-Selling ist die einfachste<br />
aller Akquisemethoden, denn das Vertrauensverhältnis<br />
zum Mandanten besteht bereits und muss nicht erst noch<br />
aufgebaut werden. Die Autorin beschreibt sehr anschaulich,<br />
wie „Cross-Selling“ in Kanzleien jeder Größe gut funktionieren<br />
kann.<br />
Insgesamt ist der Autorin ein verständliches, praxisnahes und<br />
an den täglichen Herausforderungen orientiertes Nachschlagewerk<br />
gelungen, in dem jeder Anwalt die für sich passenden<br />
Akquisemaßnahmen finden kann.<br />
Peter Staudacher<br />
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, München<br />
Jürgen Röller (Hrsg.)<br />
Küttner – Personalbuch <strong>2013</strong><br />
Verlag C.H Beck, 20. vollständig neubearbeitete Auflage<br />
<strong>2013</strong>, Buch inkl. Online-Nutzung, 2877 S., in Leinen,<br />
125,00 EUR, ISBN 978-3-406-63713-1<br />
Der „Küttner“ des Jahres <strong>2013</strong>, inzwischen die 20. Auflage, befasst<br />
sich unter rd. 400 Stichworten mit den wichtigsten Fragen<br />
des Arbeitsrechts, des Lohnsteuerrechts und des Sozialversicherungsrechts<br />
in einer einmaligen Kombination. Will<br />
man gerade mit dieser Kombination aber up to date sein,<br />
muss man das Werk auch wirklich jährlich erwerben, was in<br />
Ansehung des Preises schon eine kleine Zumutung ist. Möglicherweise<br />
deshalb bietet der (bayerische) Verlag als Schmankerl<br />
ab der <strong>Ausgabe</strong> <strong>2013</strong> an Stelle der bisher beigefügten CD-<br />
ROM einen Online-Zugang an, über den dreimal im Jahr eine<br />
Aktualisierung erfolgt. Vor allem aber bietet die Online-Version<br />
unabhängig von dem gedruckten Buch über das Internet<br />
jederzeit einen orts- und zeitunabhängigen Zugriff auf den<br />
kompletten Datenbestand des Personalbuch <strong>2013</strong> sowie den<br />
Zugriff auf den Volltext sämtlicher zitierten Gesetze, Verordnungen<br />
und Verwaltungsanweisungen. Auch die Musterformulare<br />
zum Personalrecht wie Arbeitsverträge, Abfindungsvereinbarungen,<br />
Sozialplan u.a. sind (nur) in der Online-Version<br />
verfügbar.<br />
Ganz so „lecker“ ist dieses Schmankerl allerdings nicht. Während<br />
Sie die früher mitgereichte CD-ROM mit den Musterformularen<br />
zeitlich unbegrenzt nutzen konnten, endet die Zugriffsmöglichkeit<br />
durch den mitgelieferten Freischaltcode mit<br />
dem Datum des Erscheinens der nächstjährigen Auflage. Das<br />
Personalbuch <strong>2013</strong> ist damit ab dem 31. Mai 2014 nicht nur<br />
nicht mehr aktuell sondern in wichtigen Teilen gar nicht mehr<br />
verfügbar. Auf diese Weise zwingt einen der Verlag, stets up<br />
to date zu sein und damit Fehler zu vermeiden, doch liegt der<br />
Verdacht nicht fern, dass das nicht nur im Interesse des Lesers<br />
erfolgt.<br />
Wer sich über diese kleinlichen finanziellen Bedenken hinwegsetzt,<br />
der ist mit dem Küttner weiterhin aktuell umfassend<br />
und doch praktisch informiert.<br />
Dr. Hans-Georg Meier<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin<br />
72<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 39 von 42,<br />
Rezensionen<br />
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.)<br />
Übersicht über das Arbeitsrecht/Arbeitsschutzrecht –<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>2013</strong>/2014<br />
BW Bildung und Wissen Verlag und Software GmbH,<br />
7. überarbeitete Aufl., 910 S. + CD ROM, Hardcover,<br />
36,00 EUR, ISBN: 978-3-8214-7286-7<br />
Die Empfehlung für dieses Buch ergibt sich aus dem zweiten<br />
angesprochenen Themenbereich, dem Arbeitsschutzrecht. In<br />
Anbetracht des Preises spielt es keine Rolle, wenn man ein<br />
Buch nur wegen eines, wenn auch erheblichen, Teils erwirbt.<br />
Wiederum leicht verständlich, mit einem intensiv aufgegliederten<br />
Inhaltsverzeichnis, einer englischen Zusammenfassung<br />
und insgesamt dem Text auf der beigefügten CD-ROM<br />
lassen sich nachschlagen die Grundlagen des deutschen und<br />
europäischen sowie internationalen Arbeitsschutzsystems,<br />
die Regelung zu Betriebsärzten und Sicherheitsingenieuren,<br />
eine Darstellung von Arbeitsschutzmanagementsystemen, diverse<br />
Verordnungen aus dem Sicherheitsbereich, z.B. die Arbeitsstättenverordnung,<br />
Betriebssicherheitsverordnung, der<br />
Lärm- und Vibrationsschutz, die Lastenhandhabungsverordnung,<br />
die Baustellenverordnung und das Gentechnikgesetz,<br />
um nur einige der angesprochenen Regeln aufzuzeigen.<br />
Mit diesem Buch erlangen Sie Sicherheit auch in den Randbereichen<br />
des Arbeitsrechts und können ohne weitere Recherche<br />
wichtige Texte in Schriftsätze kopieren, u.a. auch hier die<br />
englische Zusammenfassung.<br />
Dr. Hans-Georg Meier<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.)<br />
Übersicht über das Sozialrecht – <strong>Ausgabe</strong> <strong>2013</strong>/2014<br />
BW Bildung und Wissen Verlag und Software GmbH,<br />
10. überarbeitete Aufl., 1.228 S. + CD ROM, Hardcover,<br />
36,00 EUR, ISBN: 978-3-8214-7249-2<br />
Sozialrecht ist nicht gerade das, womit sich der Arbeitsrechtler<br />
freudig befasst. Gern schiebt er entsprechende Fragen intern<br />
(wo möglich) oder extern ab. Das wird in der Regel mit dem<br />
hier vorgestellten Werk nicht mehr erforderlich sein, denn die<br />
meisten Fragen, die an den Arbeitsrechtler und nicht gleich<br />
an den hoch spezialisierten Sozialrechtler gestellt werden,<br />
dürften sich nach einem Blick in dieses umfassende, wenn<br />
auch nicht tiefschürfende, dafür leicht verständliche Werk<br />
schnell beantworten lassen. Alle elf Bücher des Sozialgesetzbuches<br />
sind dargestellt, darüber hinaus die Organisation und<br />
Selbstverwaltung der Sozialsysteme, die soziale Sicherung der<br />
freien Berufe, d.h. der selbständigen Künstler und Publizisten,<br />
der berufsständischen Versorgungswerke und die Übergangsregelung<br />
für die neuen Bundesländer einschließlich der Zusatzversorgung<br />
für Bezirksschornsteinfeger und der Sonderversorgungssysteme<br />
der ehemaligen DDR. Auch die soziale Sicherung<br />
der Beamten ist dargestellt, die Zusatzversorgung im<br />
öffentlichen Dienst, die Riester-Rente und die Altersversicherung<br />
der Landwirte. Der Familienleistungsausgleich wird erläutert,<br />
das Elterngeld, Bildungskredite, Wohngeld, soziale<br />
Leistungen an Ausländer, ja sogar der Lastenausgleich. Noch<br />
viele weitere besondere soziale Sicherungssysteme werden<br />
präsentiert. Es folgt ein knapper aber ausreichender Abriss<br />
der Sozialgerichtsbarkeit und eine Darstellung der Sozialbudgets,<br />
ihrer Funktion und Abhängigkeiten.<br />
Am Ende gibt es eine Kurzfassung des Ganzen auf 21 Seiten in<br />
Englisch! Mitgeschrieben haben an diesem Werk nahezu alle<br />
Hierarchien aus verschiedenen Ministerien, vom Tarifbeschäftigten<br />
über den Oberamtsrat bis zum Ministerialdirektor. Als<br />
sachkundiger „Ausreißer“ und Fachmann für die Sozialgerichtsbarkeit<br />
ist Prof. Dr. Peter Richter vom Bundessozialgericht<br />
Mitautor.<br />
Überlassen Sie die wirklichen Spezialfragen den Fachanwälten<br />
für Sozialrecht, aber verlieren Sie die Furcht vor dem Alltagsgeschäft<br />
im Sozialrecht. Mit diesem umfassenden aber inhaltlich<br />
handlichen und überaus preiswerten Werk sind Sie für Alltagsfragen<br />
bestens ausgestattet und können das deutsche<br />
Sozialrecht wohl formuliert auch Ausländern erläutern.<br />
Da der gesamte Inhalt des Buches auch auf einer beiliegenden<br />
CD-ROM gespeichert ist, steht er auch zur Verarbeitung<br />
in eigenen Schriftsätzen unproblematisch zur Verfügung.<br />
Dr. Hans-Georg Meier<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin<br />
2/<strong>2013</strong> 73
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 40 von 42,<br />
Stichwortverzeichnis<br />
Stichwortverzeichnis<br />
(Zahlenangaben sind lfd. Nummern der <strong>Entscheidungen</strong>)<br />
Abmahnung<br />
Entfernungsanspruch – 96<br />
AGB-Kontrolle<br />
Altersdiskriminierung – 79<br />
Schwerbehinderung – 78<br />
Tarifwechselklausel – 90<br />
Transparenzgebot – 91, 121<br />
unangemessene Benachteiligung – 90<br />
Urlaubsdauer – 79<br />
AGG<br />
Entschädigungsanspruch – 98<br />
Geschlechtsdiskriminierung – 98<br />
Schwerbehinderung – 82<br />
Änderungskündigung<br />
Gleichbehandlung – 104<br />
Anfechtung<br />
Prozessvergleich – 126<br />
Anwaltsverschulden<br />
Kündigungsschutzklage – 124<br />
Zurechnung – 124<br />
Arbeitnehmerüberlassung<br />
dauerhafte Überlassung – 87, 88<br />
equal pay – 90<br />
Konzern – 87<br />
Scheinvertrag – 89<br />
Vertragsbegründung – 87, 88<br />
Auflösungsantrag<br />
Arbeitgeber – 105<br />
Ausländische Partei<br />
Übersetzungskosten – 132<br />
Auslegung<br />
Anpassungsklausel – 95<br />
Ausschlussfrist<br />
Auslegung – 96<br />
Geltendmachung – 83<br />
Vereinbarung, tarifliche – 84, 93<br />
Außerordentliche Kündigung<br />
Arbeitszeitbetrug – 101, 1<strong>02</strong><br />
Körperverletzung – 100<br />
AVR-Caritas<br />
Entgeltzulage – 122<br />
Befristung<br />
des Arbeitsverhältnisses – siehe dort<br />
Befristung des Arbeitsverhältnisses<br />
Altersbefristung – 106<br />
Darlegungs- und Beweislast – 107<br />
nachträgliche Vereinbarung – 106<br />
öffentlicher Dienst – 76<br />
Sachgrund – 76, 106, 107<br />
tarifliche Öffnung – 108<br />
Vertretung, mittelbar – 107<br />
Begünstigung von BR-Mitgliedern<br />
Pauschalzahlungen – 111<br />
Berufungsbegründung<br />
Anforderung an den Inhalt – 128<br />
Beschäftigungsanspruch<br />
Arbeitsverhältnis, bestehend – 127<br />
einstweilige Verfügung – 127<br />
Bestenauslese<br />
öffentlicher Dienst – 76<br />
Betriebliche Altersversorgung<br />
Anpassung von Betriebsrenten – 95<br />
Berechnung – 94<br />
Gesamtzusage – 93<br />
Betriebsrat<br />
Beschlussfassung – 117<br />
Betriebsratskosten – siehe dort<br />
Initiativrecht – 113<br />
Unterlassungsanspruch – 112<br />
Betriebsratskosten<br />
Begünstigungsverbot – 111<br />
gerichtliche Anwaltskosten – 110<br />
Pauschalen – 111<br />
Betriebsratsmitglied<br />
außerordentliche Kündigung – 117<br />
Interessenkollision – 117<br />
Verhinderung – 117<br />
Betriebsübergang<br />
Unterrichtung – 92<br />
vorbereitende Kündigung – 99<br />
Betriebsurlaub<br />
Anordnung – 82<br />
Bewerbungsgespräch<br />
Anspruch auf – 78<br />
Darlegungs- und Beweislast<br />
Treuwidrigkeit – 98<br />
74<br />
2/<strong>2013</strong>
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 41 von 42,<br />
Stichwortverzeichnis<br />
Einigungsstelle<br />
offensichtliche Unzuständigkeit – 118, 130<br />
Scheitern der Verhandlungen – 129<br />
Wirtschaftsausschuss – 130<br />
Einstweilige Verfügung<br />
Beschäftigungsanspruch – 127<br />
E-Mail<br />
Zugang – 77<br />
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall<br />
Kausalität – 80<br />
Gerichtsbarkeit, deutsche<br />
ausländischer Staat des Arbeitgebers – 122<br />
Geschäftsfähigkeit<br />
Prozessfähigkeit – 126<br />
Gewerkschaft<br />
EGZP – 120<br />
Tariffähigkeit – 120<br />
Karenzentschädigung<br />
unwirksame Vertragsklausel – 86<br />
Kostenerstattung im Arbeitsgerichtsverfahren<br />
Übersetzungskosten – 132<br />
Kündigung<br />
siehe auch betriebsbedingte-, krankheitsbedingte-, verhaltensbedingte-,<br />
außerordentliche und personenbedingte –<br />
Kündigungsschutz, allgemein<br />
Betriebsübergang – 99<br />
Darlegungs- und Beweislast – 98<br />
Treu und Glauben – 98<br />
Kündigungsschutzgesetz<br />
Kleinbetriebsklausel – 97<br />
Kündigungsschutzklage<br />
Betriebsübergang – 99<br />
nachträgliche Zulassung – 125<br />
Leitender Angestellter<br />
Einstellungsbefugnis – 109<br />
Mitbestimmung des Betriebsrates in personellen<br />
Angelegenheiten<br />
Leiharbeitnehmer – 114, 116<br />
leitende Angestellte – 109<br />
tarifliche Öffnungsklausel – 108<br />
Mitbestimmung des Betriebsrates in sozialen<br />
Angelegenheiten<br />
Vergütungssystem – 113<br />
Mobbing<br />
Persönlichkeitsrecht – 81<br />
Nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage<br />
– siehe auch Kündigungsschutzklage<br />
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot<br />
Karenzentschädigung – siehe dort<br />
Nichtzulassungsbeschwerde<br />
aktenwidrige Sachverhaltsfeststellung – 131<br />
Objektive Bewertungskriterien<br />
öffentlicher Dienst – 78<br />
Öffentlicher Dienst<br />
Einstellungsanspruch – 76, 78<br />
Personalrat<br />
Mitbestimmung bei Versetzung – 119<br />
Prozessfähigkeit<br />
Geschäftsfähigkeit – 126<br />
Prozessvergleich – 126<br />
Prozesskostenhilfe<br />
Immobilienbesitz – 135<br />
konkludente Antragstellung – 137<br />
Tod der Partei – 136<br />
Vergleichsmehrwert – 137<br />
zumutbarer Vermögenseinsatz – 135<br />
Prozessvergleich<br />
Anfechtung – 196<br />
Prozesskostenhilfe – 137<br />
Rechtsanwalt<br />
Versorgungswerk – 124<br />
Rechtsweg<br />
Versorgungswerk für Rechtsanwälte – 124<br />
Ruhendes Arbeitsverhältnis<br />
Irrtum–80<br />
Schadenersatz<br />
schadensrechtlich relevanter – 134<br />
Schwerbehinderte<br />
Bewerbung öffentlicher Dienst – 78<br />
Zustimmungsverfahren Integrationsamt – 133<br />
Sperrzeit<br />
Schadenersatz – 134<br />
Streitwert<br />
Abmahnung – 138<br />
Freistellung – 140<br />
Kündigungsschutzverfahren – siehe dort<br />
Versetzung – 139<br />
Streitwert im Beschlussverfahren<br />
Betriebsratswahl – 141<br />
Streitwerte im Kündigungsschutzverfahren<br />
Freistellungsvereinbarung – 140<br />
mehrere Anträge – 140<br />
Tarifvertrag<br />
Bezugnahmeklausel – 121<br />
2/<strong>2013</strong> 75
ae.<strong>2013</strong>.h00<strong>02</strong>.cic.xml (AE.fmt), Seite 42 von 42,<br />
Impressum<br />
CGZP- 120<br />
faktischer – 120<br />
unwirksamer – 120<br />
Vertrauensschutz – 120<br />
Terminsgebühr<br />
Rechtsmittelrücknahme – 142<br />
Unterlassungsanspruch<br />
Diskriminierung – 79<br />
Verhaltensbedingte Kündigung<br />
Arbeitszeitbetrug – 101, 1<strong>02</strong><br />
Körperverletzung – 100<br />
Sachbeschädigung – 103<br />
Schutzbehauptung – 103<br />
Vertrauensverlust – 103<br />
Versorgungswerk<br />
Rechtsweg – 124<br />
Wettbewerbsverbot<br />
Karenzentschädigung – siehe dort<br />
nachvertragliches – siehe dort<br />
Willenserklärung<br />
Zugang – 77<br />
Wirtschaftsausschuss<br />
Errichtung – 130<br />
Zeugnis<br />
Berichtigungsanspruch – 85<br />
Ehrlichkeitsvermerk – 85<br />
Impressum<br />
AE-<strong>Arbeitsrechtliche</strong> <strong>Entscheidungen</strong><br />
Herausgeber, Chefredaktion- und Anschrift:<br />
Rechtsanwalt Dr. Hans-Georg Meier<br />
Tauentzienstraße 11<br />
10789 Berlin<br />
Telefon (030) 25 45 91 55<br />
Telefax (030) 25 45 91 66<br />
E-Mail: m.bendel@advocati.de<br />
Redaktion:<br />
Rechtsanwalt Roland Gross<br />
Kanzlei gross::rechtsanwälte<br />
Neumarkt 16-18<br />
04109 Leipzig<br />
Telefon (0341) 984 62-0<br />
Fax (0341) 984 62-24<br />
E-Mail: leipzig@advo-gross.de;<br />
www.advo-gross.de<br />
Rechtsanwältin Dr. Nathalie Oberthür<br />
Kanzlei RPO Rechtsanwälte<br />
Im Mediapark 6<br />
50670 Köln<br />
Telefon (<strong>02</strong>21) 355051-50<br />
Fax (<strong>02</strong>21) 355051-35<br />
E-Mail: oberthuer@rpo-rechtsanwaelte.de<br />
www.rpo-rechtsanwaelte.de<br />
für die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DeutschenAnwaltverein<br />
(Adresse s. unten)<br />
Geschäftsführender Ausschuss:<br />
Dr. Jobst-Hubertus Bauer (Vors.)<br />
Geschäftsstelle:<br />
c/o Dr. Johannes Schipp<br />
Münsterstraße 21<br />
33330 Gütersloh<br />
Telefon (0 52 41) 90 33-0<br />
Telefax (0 52 41) 1 48 59<br />
Deutscher AnwaltVerein<br />
Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht<br />
Geschäftsstelle<br />
Thomas Marx<br />
Littenstraße 11<br />
10179 Berlin<br />
Telefon (030) 72 61 52-0, Sekr. 171<br />
Telefax (030) 72 61 52-195<br />
Verlag:<br />
Deutscher AnwaltVerlag<br />
Wachsbleiche 7<br />
53111 Bonn<br />
Telefon: (<strong>02</strong>28) 9 19 11-0<br />
Telefax: (<strong>02</strong>28) 9 19 11-23<br />
E-Mail: kontakt@anwaltverlag.de<br />
Anzeigen<br />
sales friendly Verlagsdienstleistungen<br />
Bettina Roos<br />
Siegburger Str. 123<br />
53229 Bonn<br />
Telefon: (<strong>02</strong>28) 9 78 98-0<br />
Telefax: (<strong>02</strong>28) 9 78 98-20<br />
E-Mail: roos@sales-friendly.de<br />
Gültig ist die Preisliste Nr. 4 vom 1.1.2007<br />
Lektorat<br />
Anne Krauss<br />
Satz<br />
Cicero Computer GmbH, 53225 Bonn<br />
Druck<br />
Hans Soldan Druck GmbH, 45356 Essen<br />
Erscheinungsweise<br />
Die AE erscheint vierteljährlich<br />
Bezugspreise <strong>2013</strong><br />
Inland € 104,– (zzgl. Versand)<br />
Einzelheft € 32,50 (zzgl. Versand)<br />
Alle Preise verstehen sich inkl. Mehrwertsteuer. Der Abonnementpreis<br />
wird im Voraus in Rechnung gestellt.<br />
Das Abonnement verlängert sich zu den jeweils gültigen Bedingungen<br />
um ein Jahr, wenn es nicht 6 Wochen vor Ablauf des Bezugsjahres<br />
gekündigt wird.<br />
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitsrecht erhalten die<br />
AE im Rahmen ihrer Mitgliedschaft.<br />
Urheber- und Verlagsrecht<br />
Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge – auch die bearbeiteten<br />
Gerichtsentscheidungen und Leitsätze – sind urheberrechtlich geschützt.<br />
Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen<br />
Einrichtungen. Kein Teil dieser Zeitschrift darf außerhalb der<br />
Grenzen des Urhebergesetzes ohne schriftliche Genehmigung des Verlages<br />
in irgendeiner Form - durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere<br />
Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere<br />
von Datenverarbeitungsanlagen verwendbare Sprache, übertragen<br />
werden. Namentlich gezeichnete Artikel müssen nicht die Meinung<br />
der Redaktion wiedergeben. Manuskripte und Einsendungen sind<br />
bitte an die Redaktionsanschrift zu senden.<br />
Manuskripte<br />
Die AE beinhaltet aktuelle arbeitsrechtliche <strong>Entscheidungen</strong> sowie Beiträge<br />
für die Anwaltspraxis. Manuskripte sind an die Redaktionsanschrift<br />
zu richten. Unverlangt eingesandte Manuskripte - für die keine<br />
Haftung übernommen wird - gelten als Veröffentlichungsvorschlag zu<br />
den Bedingungen des Verlages. Es werden nur unveröffentlichte Originalarbeiten<br />
übernommen. Die Verfasser erklären sich mit einer nicht<br />
sinnentstellenden redaktionellen Bearbeitung durch den Herausgeber<br />
einverstanden. Mit der Annahme eines Manuskriptes erwirbt der Verlag<br />
vom Verfasser das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung und<br />
Verwertung. Eingeschlossen ist insbesondere auch das Recht zur Einspeicherung<br />
in Datenbanken sowie das Recht zur weiteren Vervielfältigung<br />
zu gewerblichen Zwecken im Wege eines fotomechanischen<br />
oder eines anderen Verfahrens.<br />
76<br />
2/<strong>2013</strong>