28.02.2014 Aufrufe

04. Geliebter Feind - unirep - Humboldt-Universität zu Berlin

04. Geliebter Feind - unirep - Humboldt-Universität zu Berlin

04. Geliebter Feind - unirep - Humboldt-Universität zu Berlin

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong><br />

BGH, Urteil vom 22. Januar 1953, BGHSt 4, 88 – <strong>Geliebter</strong> <strong>Feind</strong><br />

Sachverhalt: Zwischen Anton und Detlev besteht schon seit längerem<br />

ein gespanntes Verhältnis. Als Anton wieder einmal von Detlev bedroht<br />

wird und daraufhin flüchtet, erklärt er seinem Begleiter, wenn er<br />

Detlev sehe, würde er ihm das Messer in den Bauch jagen. Als Detlev<br />

von dieser Äußerung erfährt, sagt er, wenn er Anton treffe, werde er<br />

ihn totschlagen. Am nächsten Tag trinkt Detlev nachmittags drei Flaschen<br />

Bier und sucht sodann den Anton <strong>zu</strong> Hause auf. Von der Straße<br />

aus ruft Detlev dem Anton <strong>zu</strong>: „Wenn Du dich schlagen willst, dann<br />

zieh die Jacke aus und komm herunter!“ Anton verhält sich <strong>zu</strong>nächst<br />

ablehnend und erklärt, Detlev sei heute ja betrunken, er solle morgen<br />

wiederkommen. Detlev wirft daraufhin dem Anton vor, ein „feiger<br />

Hund“ <strong>zu</strong> sein. Daraufhin begibt sich Anton auf die Straße, zieht seine<br />

Jacke aus und versetzt dem Detlev, der mit herabhängenden Armen<br />

vor einer Wand steht und Anton entgegensieht, einen Fausthieb in die<br />

Schläfengegend, ohne dabei jedoch dessen Leben gefährden <strong>zu</strong> wollen.<br />

Der Fausthieb trifft Detlev aber so heftig, dass dieser niedersinkt<br />

und nach kurzer Zeit an einer durch den Schlag ausgelösten Gehirnblutung<br />

verstirbt. Strafbarkeit Antons?<br />

Thema: Einwilligung<br />

Materialien: –<br />

<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong> / Strafrecht / Prof. Heinrich


<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong><br />

Lösungsübersicht:<br />

A. Strafbarkeit Antons wegen Totschlags gemäß § 212 StGB<br />

Anton handelte ohne Tötungsvorsatz (–)<br />

B. Strafbarkeit Antons wegen Körperverlet<strong>zu</strong>ng mit Todesfolge gemäß<br />

§§ 223 I, 224 I Nr. 5, 227 StGB<br />

I. Tatbestand<br />

1. Grundtatbestand des § 223 I StGB (+)<br />

2. Qualifikation des § 224 I Nr. 5 StGB (+)<br />

3. Vorsatz bezüglich §§ 223 I, 224 I Nr. 5 StGB (+)<br />

4. Erfolgsqualifikation des § 227 StGB : Tod (+)<br />

5. Kausalität und objektive Zurechnung (+)<br />

6. Spezifischer Gefahren<strong>zu</strong>sammenhang zwischen<br />

Handlung und Todesfolge (+)<br />

7. Objektive Sorgfaltspflichtverlet<strong>zu</strong>ng und Vorhersehbarkeit<br />

der Todesfolge gemäß § 18 StGB (+)<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

hier: Einwilligung in die Körperverlet<strong>zu</strong>ng<br />

1. Einwilligungsbefugnis / disponibles Rechtsgut (+)<br />

(vgl. aber unten 6.)<br />

2. Einwilligungsfähigkeit des Berechtigten: alkoholbedingte<br />

Beeinträchtigung des Detlev lag nicht vor (+)<br />

3. Erklärung vor der Tat und nach außen erkennbar (+)<br />

4. Keine Willensmängel des Einwilligenden (+)<br />

5. Handlung von der Einwilligung gedeckt (+)<br />

6. Kein Ausschluss der Einwilligung: Detlevs Einwilligung<br />

war gemäß § 228 StGB sittenwidrig (–)<br />

III. Schuld: subjektive Sorgfaltspflichtverlet<strong>zu</strong>ng und Vorhersehbarkeit<br />

der Todesfolge gemäß § 18 StGB (+)<br />

<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong> / Strafrecht / Prof. Heinrich


<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong><br />

Lösungsvorschlag:<br />

A. Strafbarkeit Antons wegen Totschlags gemäß § 212 StGB<br />

In Betracht kommt <strong>zu</strong>nächst eine Strafbarkeit Antons gemäß § 212<br />

StGB wegen der Tötung Detlevs. Der objektive Tatbestand liegt diesbezüglich<br />

unstreitig vor. Jedoch scheitert eine Strafbarkeit wegen Totschlags<br />

am fehlenden Tötungsvorsatz Antons. Dieser wollte Detlev<br />

zwar einen heftigen Schlag versetzten, jedoch nahm er dessen Tod<br />

nicht billigend in Kauf. In diesem Zusammenhang sind auch keine<br />

Anzeichen dafür ersichtlich, dass Anton die von der Rechtsprechung<br />

auf Tötungsdelikte angewendete erhöhte subjektive Hemmschwelle<br />

(sog. „Hemmschwellen-Theorie“ des BGH) überschritten hat. Dass<br />

Anton irgendwann <strong>zu</strong>vor äußerte, er wolle Detlev ein Messer in den<br />

Bauch jagen, reicht für die Annahme eines konkreten, über der<br />

Hemmschwelle liegenden Tötungsvorsatz nicht aus. Mangels Tötungsvorsatz<br />

hat sich Anton damit nicht wegen Totschlags gemäß §<br />

212 StGB strafbar gemacht.<br />

B. Strafbarkeit Antons wegen Körperverlet<strong>zu</strong>ng mit Todesfolge<br />

gemäß §§ 223 I, 224 I Nr. 5, 227 StGB<br />

Anton könnte sich wegen einer Körperverlet<strong>zu</strong>ng mit Todesfolge gemäß<br />

§§ 223 I, 224 I Nr. 5, 227 StGB strafbar gemacht haben, indem er<br />

Detlev einen todesursächlichen Fausthieb versetzte.<br />

I. Tatbestand<br />

1. Grundtatbestand des § 223 I StGB<br />

Eine körperliche Misshandlung ist in jeder üblen und unangemessenen<br />

Behandlung <strong>zu</strong> sehen, durch die das Opfer in seinem körperlichen<br />

Wohlbefinden nicht bloß unerheblich beeinträchtigt wird.<br />

Als Gesundheitsschädigung gilt jedes Herbeiführen, Aufrechterhalten<br />

oder Steigern eines <strong>zu</strong>mindest vorübergehenden pathologischen Zustands.<br />

<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong> / Strafrecht / Prof. Heinrich


<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong><br />

Der Fausthieb gegen die Schläfe erfüllt hier unproblematisch sowohl<br />

die Vorausset<strong>zu</strong>ngen einer körperlichen Misshandlung, als auch die<br />

einer Gesundheitsschädigung, so dass der objektive Tatbestand des §<br />

223 I StGB vorliegt.<br />

2. Qualifikation des § 224 I Nr. 5 StGB<br />

Unzweifelhaft liegt auch die Qualifikation des § 224 I Nr. 5 StGB vor.<br />

Der gegen Detlev geführte Fausthieb hat sich als eine konkret lebensgefährdende<br />

Behandlung erwiesen, denn die dadurch bedingte Gehirnblutung<br />

führte <strong>zu</strong> Detlevs Tod.<br />

3. Vorsatz bezüglich §§ 223 I, 224 I Nr. 5 StGB<br />

Es bestehen weiterhin auch keine Zweifel daran, dass Anton den Detlev<br />

vorsätzlich verletzte. Fraglich kann lediglich sein, ob sich Anton<br />

der Lebensgefährlichkeit seines Tuns bewusst war. Dies kann aber bei<br />

einem Faustschlag gegen die Schläfe regelmäßig angenommen werden.<br />

4. Erfolgsqualifikation des § 227 StGB<br />

§ 227 StGB ist neben § 226 StGB eine weitere Erfolgsqualifikation <strong>zu</strong><br />

§ 223 StGB, welche für den kausal durch die Körperverlet<strong>zu</strong>ng bedingten<br />

Tod des Opfers einen erhöhten Strafrahmen vorsieht.<br />

Vorliegend kam Detlev <strong>zu</strong> Tode, nachdem Anton ihm den Fausthieb<br />

versetzte, so dass eine besonders schwere Folge gemäß § 227 StGB<br />

fest<strong>zu</strong>stellen ist.<br />

5. Kausalität und objektive Zurechnung<br />

Weiterhin liegt die Kausalität des Fausthiebes für die Verlet<strong>zu</strong>ng und<br />

den Tod Detlevs vor.<br />

Da Anton mit dem Fausthieb auch ein rechtlich <strong>zu</strong> missbilligendes<br />

Risiko für Detlevs Leib und Leben geschaffen hatte und selbiges sich<br />

<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong> / Strafrecht / Prof. Heinrich


<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong><br />

im tatsächlichen Erfolg realisierte, ist ihm die Verwirklichung des tödlichen<br />

Erfolges auch objektiv <strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen.<br />

6. Spezifischer Gefahren<strong>zu</strong>sammenhang zwischen Handlung und<br />

Todesfolge<br />

In diesem Prüfungspunkt findet die Legitimation des hohen Strafrahmens<br />

des § 227 StGB, welcher nahe an dem des § 212 StGB liegt,<br />

Ausdruck. Würde auf diesen spezifischen Gefahr<strong>zu</strong>sammenhang verzichtet,<br />

bestünde kein Unterschied <strong>zu</strong> einer Strafbarkeit aus §§ 223,<br />

222, 52 (Idealkonkurrenz) StGB. § 227 StGB zieht seine Berechtigung<br />

also aus der besonderen Gefährlichkeit der Körperverlet<strong>zu</strong>ng für das<br />

Leben des Opfers. Der spezifische Gefahr<strong>zu</strong>sammenhang liegt vor,<br />

wenn der lebensgefährdende Körperverlet<strong>zu</strong>ngserfolg gerade auf der<br />

spezifischen Gefährlichkeit der Körperverlet<strong>zu</strong>ng beruhte.<br />

Der erforderliche spezifische Gefahr<strong>zu</strong>sammenhang zwischen der<br />

Körperverlet<strong>zu</strong>ngshandlung und dem Todeserfolg lag hier vor. Die<br />

durch einen Fausthieb gegen die Schläfe herbeigeführte Körperverlet<strong>zu</strong>ng,<br />

hier in Form einer Gehirnblutung, birgt in sich die Gefahr eines<br />

tödlichen Verlaufs, welche sich in Detlevs Tod auch tatsächlich realisiert<br />

hat.<br />

7. Objektive Sorgfaltspflichtverlet<strong>zu</strong>ng und Vorhersehbarkeit der<br />

Todesfolge gemäß § 18 StGB<br />

Eine vorsätzliche Körperverlet<strong>zu</strong>ng beinhaltet per se eine objektive<br />

Sorgfaltspflichtverlet<strong>zu</strong>ng, da man ein solches strafbares Handeln<br />

grundsätzlich <strong>zu</strong> unterlassen hat.<br />

Ein ungerechtfertigter Fausthieb, der geeignet ist, die Gesundheit eines<br />

Menschen erheblich <strong>zu</strong> beeinträchtigen, ist eine Körperverlet<strong>zu</strong>ng<br />

i.S.v. § 223 I StGB und stellt daher unproblematisch eine objektive<br />

Sorgfaltspflichtverlet<strong>zu</strong>ng dar.<br />

Während sich die objektive Sorgfaltspflichtverlet<strong>zu</strong>ng auf die Handlung<br />

beziehen muss, ist die objektive Vorhersehbarkeit auf den Erfolg,<br />

hier die Todesfolge gemäß § 227 StGB, gerichtet.<br />

<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong> / Strafrecht / Prof. Heinrich


<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong><br />

Hier war die Möglichkeit eines tödlichen Ausgangs objektiv vorhersehbar,<br />

denn es gilt als allseits bekannt, dass ein heftiger Schlag gegen<br />

den Kopf, noch da<strong>zu</strong> gegen die besonders empfindlichen Schläfen,<br />

durchaus <strong>zu</strong>m Tod führen kann. Hiernach ist auch der Pflichtwidrigkeits<strong>zu</strong>sammenhang<br />

<strong>zu</strong> bejahen.<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

Antons Handlung könnte durch eine Einwilligung Detlevs gerechtfertigt<br />

sein. Solch eine Einwilligung könnte darin <strong>zu</strong> sehen sein, dass<br />

Detlev sich mit einer körperlichen Auseinanderset<strong>zu</strong>ng einverstanden<br />

erklärte.<br />

1. Einwilligungsbefugnis / disponibles Rechtsgut<br />

Der Verzicht des Betreffenden auf den Strafrechtsschutz muss überhaupt<br />

<strong>zu</strong>lässig sein.<br />

Über das individuelle Rechtsgut der körperlichen Integrität konnte<br />

Detlev verfügen. Kategorisch ausgeschlossen von der Verfügbarkeit<br />

ist das Rechtsgut des Lebens, obwohl auch dies ein Individualrechtsgut<br />

ist.<br />

Ausreichend ist aber eine Einwilligung in die riskante Handlung als<br />

solche, hier also in die Körperverlet<strong>zu</strong>ng nach § 223 I StGB. Nicht <strong>zu</strong><br />

fordern ist hingegen eine Einwilligung in § 227 StGB, da der Tod lediglich<br />

eine Folge des eigentlichen Unrechtstatbestandes ist.<br />

2. Einwilligungsfähigkeit des Berechtigten<br />

Der Rechtsgutsträger muss die Tragweite und die Auswirkungen des<br />

seine Interessen beeinträchtigenden Eingriffs voll erfassen, um wirksam<br />

einwilligen <strong>zu</strong> können.<br />

Hier könnte eine alkoholbedingte Beeinträchtigung Detlevs vorliegen.<br />

Allerdings wird der Genuss von drei Flaschen Bier im Normalfall<br />

nicht ausreichen, um bei einem Mann mit normaler körperlicher Konstitution<br />

eine relevante Einschränkung der Einsichts- und Urteilsfä-<br />

<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong> / Strafrecht / Prof. Heinrich


<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong><br />

higkeit annehmen <strong>zu</strong> können. Die Einwilligungsfähigkeit Detlevs war<br />

somit gegeben.<br />

3. Erklärung vor der Tat und nach außen erkennbar<br />

Detlev hatte seine Bereitschaft <strong>zu</strong> einer körperlichen Auseinanderset<strong>zu</strong>ng<br />

in den Äußerungen gegenüber Anton ausdrücklich und unmissverständlich<br />

bekundet.<br />

4. Keine Willensmängel des Einwilligenden<br />

Detlev unterlag auch keinem durch Täuschung, Drohung oder Irrtum<br />

bedingten Willensmangel bei der Abgabe seiner Einwilligung.<br />

5. Handlung von der Einwilligung gedeckt<br />

Problematisch könnte hier allenfalls sein, ob Anton sich mit seinem<br />

Verhalten auch im Rahmen der erteilten Einwilligung hielt, denn Anton<br />

begann seinen Angriff möglicherweise für Detlev überraschend,<br />

da dieser laut Sachverhalt mit herabhängenden Armen, also noch nicht<br />

kampfbereit, dastand. Andererseits war das spontane Ausziehen der<br />

Jacke durch Anton ein eindeutiges Zeichen für seinen Kampfeswillen,<br />

was gegen einen Überraschungsangriff spricht.<br />

6. Kein Ausschluss der Einwilligung<br />

Bei den Körperverlet<strong>zu</strong>ngsdelikten ist der besondere Ausschlussgrund<br />

des § 228 StGB <strong>zu</strong> beachten. Hiernach ist die Einwilligung in sittenwidrige<br />

Körperverlet<strong>zu</strong>ngen unwirksam. Demnach dürfte Antons Tat<br />

keinen Verstoß gegen die „guten Sitten“, also das Anstandsgefühl aller<br />

billig und gerecht Denkenden, darstellen.<br />

Aufgrund des ungenauen Tatbestandsmerkmals der „guten Sitten“ ist<br />

jedoch umstritten, wann eine Körperverlet<strong>zu</strong>ng als sittenwidrig an<strong>zu</strong>sehen<br />

ist. Von manchen wird vorgeschlagen, für die Beurteilung auf<br />

das Gewicht des Rechtsgutseingriffs (Erfolgsumfang, Gefahrengrad,<br />

Vorsatz oder Fahrlässigkeit) ab<strong>zu</strong>stellen. Obwohl dies eher einer früheren<br />

Ansicht entspricht, ist es grundsätzlich auch nicht falsch, das<br />

<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong> / Strafrecht / Prof. Heinrich


<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong><br />

Motiv der Körperverlet<strong>zu</strong>ng ein<strong>zu</strong>beziehen. Die heutige Rechtsprechung<br />

hingegen geht davon aus, dass der Grad der Lebensgefährlichkeit<br />

für die Sittenwidrigkeit entscheidende Bedeutung besitzt.<br />

Eine körperliche Auseinanderset<strong>zu</strong>ng in feindseliger Gesinnung, die<br />

ohne Schutzvorkehrungen mit schwerwiegenden Gefahren für Leib<br />

und Leben verbunden sind, lassen sich mit der sittlichen Ordnung<br />

nicht vereinbaren. Der von Anton geführte Fausthieb verstieß daher<br />

gegen die guten Sitten und war nicht durch die Einwilligung des Detlevs<br />

gerechtfertigt.<br />

III. Schuld<br />

Anton handelte schuldhaft. Eine subjektive Sorgfaltspflichtverlet<strong>zu</strong>ng<br />

lag vor, da hier nichts dafür spricht, dass Anton den Detlev aus irgendeinem<br />

Grunde schlagen durfte. Zudem handelte Anton auch voll<br />

verantwortlich, so dass der mögliche Tod Detlevs für ihn auch vorhersehbar<br />

war.<br />

IV. Ergebnis<br />

Anton hat sich wegen einer Körperverlet<strong>zu</strong>ng mit Todesfolge gemäß<br />

§§ 223 I, 227 StGB strafbar gemacht.<br />

C. Gesamtergebnis / Konkurrenzen<br />

Anton hat sich durch den Fausthieb gegen Detlev im Ergebnis wegen<br />

einer gefährlichen Körperverlet<strong>zu</strong>ng mit Todesfolge gemäß §§ 223 I,<br />

224 I Nr. 5, 227 StGB strafbar gemacht. Die ebenfalls verwirklichte<br />

fahrlässige Tötung gemäß § 222 StGB tritt dahinter <strong>zu</strong>rück.<br />

<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong> / Strafrecht / Prof. Heinrich

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!