Folge dem - Stadt Aachen
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Die Lage der abgerissenen Gelben Kaserne und des Kennedyparks im heutigen<br />
<strong>Stadt</strong>grundriss<br />
4<br />
Vor 1914: Vor <strong>dem</strong> Hauptportal der Gelbe Kaserne am Elsassplatz fährt die Linie 18<br />
der <strong>Aachen</strong>er Kleinbahngesellschaft nach Eilendorf, Foto: Archiv R. Bimmermann<br />
Nach <strong>dem</strong> 2. Weltkrieg: Die Gelbe Kaserne ist größteils nur gering zerstört,<br />
Luftbild: Archiv Wilma Emmerich, Erzählcafé<br />
1962-64: Der Abriss der Gelben Kaserne und die Errichtung der sternförmigen<br />
Hochhäuser erfolgten zeitgleich<br />
1966: Der Kennedypark kurz nach seiner Fertigstellung<br />
1|2<br />
3<br />
1|2<br />
1|2<br />
<strong>Folge</strong> <strong>dem</strong><br />
Gelben Backsteinweg!<br />
Die Gelbe Kaserne und<br />
der Kennedypark –<br />
Geschichte und Gegenwart<br />
eines städtischen Ortes<br />
Das Ostviertel<br />
ist unter den <strong>Aachen</strong>er <strong>Stadt</strong>vierteln eines der urbansten Quartiere. Dies liegt nicht<br />
allein an seiner hohen Bevölkerungsdichte und seiner baulichen und räumlichen<br />
Kompaktheit, sondern besonders an der großen Vielfalt von gewachsenen und<br />
„dazugekommenen“ Kulturen, die zusammenwirken, sich gegenseitig beeinflussen,<br />
parallel nebeneinander bestehen und sich manchmal aneinander reiben.<br />
Die stadträumliche Wirklichkeit des Ostviertels wird vom „Geometrischen Städtebau“<br />
geprägt – einer klassischen <strong>Stadt</strong>erweiterung des 19. Jahrhunderts: Gerade<br />
Straßenzüge, die in Sichtachsen auf markante Monumente zulaufen, bieten eine<br />
effektive Erschließung. Die Straßenkanten werden von kleinteiligen, klar aneinandergereihten<br />
Baukörpern gefasst. In den Hinterhöfen der Baublöcke befinden<br />
sich kleinere Wohneinheiten und größere Gewerbegebäude. Die größten und dominantesten<br />
Bauten im städtischen Raum waren früher – außer der Josefskirche –<br />
zwei Kasernen: die Rote und die Gelbe Kaserne.<br />
<strong>Aachen</strong> Ost war nicht nur ein wichtiger Güterumschlagsplatz und Industriestandort,<br />
sondern auch der Schwerpunkt der preußischen Garnisonsstadt <strong>Aachen</strong>. Heute<br />
weiß man kaum noch etwas von jener alten Bedeutung … und vielleicht verdrängen<br />
wir unbewusst diesen militärischen Teil der städtischen Vergangenheit.<br />
Besonders die Gelbe Kaserne prägte das <strong>Stadt</strong>bild – sowohl wegen Ihrer Sichtbarkeit<br />
und räumlichen Inszenierung, als auch aufgrund ihrer Größe und ihrer wirtschaftlichen<br />
Bedeutung. Hier arbeiteten viele Menschen, die wohnen mussten, einkaufen<br />
gingen, Geld ausgaben und deren Kinder die Schulen besuchten.<br />
Das Verschwinden der Gelben Kaserne<br />
Das preußische/deutsche Militär hat in der europäischen Geschichte eine aggressive<br />
Rolle gespielt und großes Leid verursacht - die Gelbe Kaserne war ein gebautes<br />
Zeugnis dieser Militärgeschichte.<br />
Nach <strong>dem</strong> Ersten Weltkrieg war <strong>Aachen</strong> französisch und belgisch besetzt. Die Kasernen<br />
waren bekannt als als Caserne Rouge | Roode Kazerne und Caserne Jaune |<br />
Geele Kazerne. Während die französischen Truppen bereits Anfang der zwanziger<br />
Jahre abzogen, blieben die belgischen Truppen bis zum Ende des Jahrzehnts.<br />
Nach <strong>dem</strong> Zweiten Weltkrieg hatte die Gelbe Kaserne jedoch eine durchweg zivile<br />
Rolle eingenommen: Da in <strong>Aachen</strong> viele Wohnungen zerstört waren, wurden in der<br />
weitgehend intakten Gelben Kaserne provisorische Wohnungen eingerichtet. Ihre<br />
Gebäude wurden zu vielfältigen Nutzungen herangezogen: Ein Jugendzentrum,<br />
eine Polizeistation, Geschäfte, Räume zur Begegnung und zum Feiern … im großen<br />
Hof fand das Pfarrfest von Sankt Fronleichnam seinen feierlichen Abschluss.<br />
Nicht allein die Notwendigkeit einer grünen Mitte in einem zu dicht besiedelten<br />
<strong>Stadt</strong>quartier, sondern auch das Bedürfnis nach der „Entmilitarisierung des <strong>Stadt</strong>bildes“<br />
dürfte den Ausschlag dafür gegeben haben, dass die <strong>Stadt</strong> <strong>Aachen</strong> die<br />
Gelbe Kaserne erwarb, um sie Anfang der 1960er Jahre bis auf die Eingangssäulen<br />
vollständig abzureißen. Die städtebaulichen Leitbilder der 50er und 60er<br />
Jahre wurden vom Bedürfnis nach Licht, Luft und Freiraum geprägt. Diesen<br />
Leitbildern folgend, wurden an Stelle der Gelben Kaserne ein großzügiger<br />
Park und zwei Hochhäuser mit sternförmigem Grundriss angelegt – gleichsam als<br />
Gegenbild zur kompakten <strong>Stadt</strong> des 19. Jahrhunderts und als Ausgleich für die<br />
Wohnungsnot und die Knappheit an öffentlichen Freizeit- und Grünräumen.<br />
Elsassplatz<br />
Schleswigstraße<br />
1|2<br />
19. Jh.: Geometrischer Städtebau im Ostviertel, gerade Straßenzüge laufen in Sichtachsen<br />
auf markante Gebäudeteile der Gelben Kaserne zu, Simulation: archigraphus<br />
1 Bahnhof Rothe Erde<br />
2 Rote Kaserne<br />
3 Gelbe Kaserne<br />
2<br />
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1928: <strong>Stadt</strong>karte mit der Lage der Roten<br />
und Gelben Kaserne, überarbeitet<br />
17.09.1966: Eröffnung des Kennedyparks<br />
1<br />
Gelbe Kaserne<br />
3<br />
Elsassstraße<br />
Alsenstraße<br />
Adalbertsteinweg<br />
3<br />
frühes 20. Jahrhundert: Postkarte Rote<br />
Kaserne, Kronprinzenstraße<br />
1<br />
Die gelben Backsteine der Fassade<br />
Die Namensgebung der Roten und der Gelben Kaserne geht unmittelbar auf die<br />
Materialien ihrer Fassaden zurück: Sie bestanden aus roten und gelben Backsteinen.<br />
Zur Zeit ihrer Errichtung – die Gelbe Kaserne wurde 1882 bezogen – baute man mit<br />
Backsteinen im „Alten Reichsformat“. Ihre Abmessungen unterscheiden sich von<br />
denen heutiger Ziegelsteine im „Normalformat“.<br />
Der Gelbe Backsteinweg ist mit gelben Ziegelsteinen im alten Reichsformat markiert:<br />
Die Backsteine sind in den Gehweg eingearbeitet und weisen auf einen Rundweg<br />
hin, der über sechs Stationen durch das Ostviertel führt.<br />
Gelber<br />
Backstein [Kopf] im „Alten Reichsformat“<br />
Der Mythos der Yellow Brick Road<br />
Gelber Backstein [Läufer] im „Alten Reichsformat“<br />
Der Park wurde im Frühjahr1966 als Kennedypark eröffnet. Der Name des Parks<br />
erinnert an den amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy, der 1963 einem Attentat<br />
zum Opfer gefallen war. Diese Namenswidmung ist durchaus als Verbeugung<br />
vor einem Amerikaner zu verstehen, der sich für den Frieden und die gegenseitige<br />
Akzeptanz unterschiedlicher Kulturen und Völker eingesetzt hat.<br />
Die „Inszenierung“ des Gelben Backsteinwegs spielt mit einem Mythos der amerikanischen<br />
Kultur, der dieses Thema der gegenseitigen Akzeptanz beschreibt: „Der<br />
wunderbare Zauberer von Oz“, eine Geschichte, die 1900 von L. Frank Baum veröffentlicht<br />
wurde.<br />
Ein Mädchen – Dorothy – begegnet in einer Traumwelt mehreren fremdartigen<br />
Wesen, die es als Freunde gewinnt. Gemeinsam mit diesen Freunden folgt es der<br />
„Yellow Brick Road“ – der gelben Backsteinstraße – um am Ziel zu erkennen, dass<br />
sie gemeinsam mit ihren ungewöhnlichen Freunden zu wahren Heldentaten fähig ist.<br />
1900: Der Gelbe Backsteinweg in„Der wunderbare<br />
Zauberer von Oz“, Illustration: W. W. Denslow<br />
2<br />
2012: Gelber Backstein / gelbe<br />
Stele am Bahnhof Rothe Erde<br />
Gelbe Vertikalen und eine „falsche Ruine“ im Kennedypark<br />
2012: Die Ecken der abgebrochenen Gelben Kaserne werden durch vier hohe<br />
Masten markiert, sie geben Eindruck von der Größe des Gebäudes<br />
2<br />
Das Ostviertel hat im Kennedypark seine grüne Mitte. Bei gutem Wetter treffen<br />
sich hier Junge und Alte, Zugezogene und Ur-Öcher, hier entsteht jedes Mal aufs<br />
Neue eine multikulturelle Mischung, die charakteristisch ist für <strong>Aachen</strong>-Ost. Viele<br />
alteingesessene Bewohner bedauern aber, dass die Gelbe Kaserne abgerissen<br />
wurde. Da sie nach <strong>dem</strong> Krieg eine Lebensmitte des <strong>Stadt</strong>viertels war, verbinden<br />
sich mit ihr viele schöne Erinnerungen – auch diese Erinnerungen sollen durch die<br />
„falsche Ruine“, vor der Sie sich gerade befinden, und durch den Gelben Backsteinweg<br />
festgehalten werden.<br />
2012:Durch die Gucklöcher in den Steinen dieser „falschen Ruine“ werden die<br />
gelben Maste an den Ecken der ehemaligen Gelben Kaserne sichtbar<br />
2<br />
In den Landschaftsgärten des 18. Und 19. Jahrhundert wurden oftmals verrückte<br />
Gebäude „inszeniert“, die zu nichts Weiterem als zur Erinnerung, zum Vergnügen<br />
und zur Anregung des Denkens dienen sollten. Häufig waren es künstliche Ruinen<br />
– in jener Tradition steht diese „falsche Ruine“ im Kennedypark.<br />
Um die riesigen Ausmaße der Gelben Kaserne erkennbar zu machen, wurden vier<br />
gelbe Maste im Park aufgestellt. Wenn man durch die mit Pfeilen markierten Gucklöcher<br />
in den gelben Steinen der „Ruine“ schaut, kann man jeweils einen solchen<br />
Mast anpeilen und sich vergegenwärtigen, dass die Kaserne und der Kasernenhof<br />
fast die gesamte Fläche des Parks einnahmen.<br />
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Planüberlagerung: Lage der Gelben Kaserne bis 1964, Plan alter Kennedypark seit<br />
1966, Neuplanung Kennedypark seit 2007, Platzierung der Gelben Stelen 2012<br />
Weitere Abbildungen befinden sich auf der Rückseite.<br />
<strong>Folge</strong> <strong>dem</strong> Gelben Backsteinweg!<br />
<strong>Folge</strong> <strong>dem</strong> Gelben Backsteinweg!<br />
2<br />
Konzept | 2012<br />
Mit freundlicher Unterstützung von<br />
Bildnachweis<br />
archigraphus<br />
architektur|raumkonzepte|architecture|conceptions d'espaces<br />
1_<strong>Stadt</strong> <strong>Aachen</strong><br />
2_archigraphus<br />
3_Archiv Wilma Emmerich, Erzählcafé<br />
4_Archiv Reiner Bimmermann
1 Gelbe Kaserne<br />
am Elsassplatz<br />
2 Adalbertsteinweg<br />
3 Kaiserplatz<br />
4 Dom<br />
<strong>Folge</strong> <strong>dem</strong><br />
Gelben Backsteinweg!<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
Die Gelbe Kaserne und der Kennedypark –<br />
Geschichte und Gegenwart eines<br />
städtischen Ortes<br />
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Bebaungsplan von 1879, <strong>Stadt</strong>baumeister Joseph Stübben plante den Adalbertsteinweg<br />
als Straßenachse zwischen Gelber Kaserne und Kaiserplatz, ausgerichtet auf den Dom<br />
2<br />
Postkarte, Anfang 20. Jh., im Torbogen der Einfahrt kann man die Säulen erkennen,<br />
die noch heute am Eingang des Kennedyparks stehen<br />
2<br />
Postkarte, Anfang 20. Jh., eine niedrige Mauer und Gitter fassten die „Vorgärten“ der<br />
Gelben Kaserne, ein Teil dieser Mauer existiert noch heute entlang der Elsassstraße<br />
Im 2. Weltkrieg wurden die Turmhelme<br />
des Portals am Elsassplatz zerstört<br />
3<br />
3 3<br />
1913: Festschrift zum Jubiläum des hier Soldaten des Infanterieregiments „von Lützow“ im „Kriegsjahr 1914“<br />
stationierten Regiments „von Lützow“ ... Viele verloren in diesem Krieg ihr Leben<br />
Aufstellung auf <strong>dem</strong> Exerzierplatz der Gelben Kaserne<br />
3<br />
Nach <strong>dem</strong> zweiten Weltkrieg endete die Fronleichnams-Prozession im<br />
Kasernenhof<br />
3<br />
3<br />
1946/47: Freunde aus der englischen <strong>Stadt</strong> Halifax halfen bei der Instandsetzung der<br />
Kaserne, die Umbaupläne zum Jugendtreff mit Schwimmbad wurden nicht realisiert<br />
1962-64: Abriss der Gelben Kaserne<br />
3<br />
2 3<br />
3<br />
Zur Ausbesserung des Bahnhofs Rothe 1962-64: Abriss der Gelben Kaserne, 1962-64: Abriss der Gelben Kaserne, Neubau der sternförmigen Hochhäuser<br />
Erde wurden die Abrisssteine verwendet Neubau der sternförmigen Hochhäuser<br />
1962-64: Abriss der Gelben Kaserne, Neubau der sternförmigen Hochhäuser<br />
1<br />
1966: Der Abriss der Gelben Kaserne ermöglichte den Bau der sternenförmigen<br />
Hochhäuser und die Anlage des Kennedyparks<br />
1<br />
1966: Feierliche Eröffnung des Kennedyparks<br />
3<br />
Anfang der 1970er Jahre: Elsaastraße, vor den Hochhäusern stehen noch Bäume<br />
aus <strong>dem</strong> Vorgarten der Gelben Kaserne<br />
3<br />
1966: Plan des alten Kennedyparks<br />
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2007: Neuplanung, Büro 3+ FREIRAUMPLANER<br />
1<br />
2 2<br />
Das „Bienenhaus“, Ecke Düppel-/Alsenstraße,<br />
Kennedybüste am Eingang des Parks,<br />
früheres Unteroffizierswohnheim Bildhauer: Hubert Löneke,<br />
1966<br />
2012: Die Ecken der abgebrochenen Gelben Kaserne werden durch vier hohe<br />
Masten markiert, sie geben Eindruck von der Größe des Gebäudes<br />
2<br />
2<br />
Skizze dieser „falschen Ruine“, die Farbfelder entsprechen <strong>dem</strong> Format der Backsteine<br />
Ein ausführlicher Text befindet sich auf<br />
der Vorderseite.<br />
<strong>Folge</strong> <strong>dem</strong> Gelben Backsteinweg!<br />
Bildnachweis:<br />
1_<strong>Stadt</strong> <strong>Aachen</strong><br />
2_archigraphus<br />
3_Archiv Wilma Emmerich, Erzählcafé