Ausgabe - a3kultur
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POSITIONEN<br />
Deutsche Städte bauen spektakuläre Theater ab<br />
21 Mill. Euro. In Augsburg plant man mit dem<br />
Fünffachen einen Umbau, der so wohl gar nicht<br />
kommen wird. Stattdessen wird die kulturelle<br />
Entwicklung der Region auf Jahre gelähmt. Die<br />
Lösung heißt: Das Theater kommt an den Lech!<br />
Das Theater Augsburg ist gut in die neue Spielzeit<br />
gestartet. Das Schauspiel zeigt, dass es von der<br />
Punkrevue über Bildungsbürgerklassik bis zum<br />
Volkstheater in allen Genres trittfest ist. Mit Luigi<br />
Nonos »Intolleranza« konnte das Haus einen echten<br />
Triumph feiern. Die künstlerische Handschrift<br />
der Intendantin Juliane Votteler prägt das Haus<br />
positiv. Diese Energie strahlt von dort auf Stadt<br />
und Region aus. So ist das eben mit der Kunst.<br />
Fasst sie erst Fuß, zeigt sie auch Wirkung.<br />
Die Trennung von Schauspieldirektor Markus Trabusch<br />
zur kommenden Spielzeit ist schade, aber<br />
Stadttheater am Lech<br />
Neuer Standort für Kulturzentrum birgt mehr Chancen als Risiken<br />
nach sieben Jahren auch nicht ungewöhnlich.<br />
Seine besonnene Art, in zweiter Reihe Visionen<br />
zum Erfolg zu führen, wird fehlen. Ebenso sein<br />
Anspruch, am Theater der Zukunft zu bauen. Seinen<br />
Abgang nimmt die Chefin zum Anlass, nach<br />
künstlerischen Reformen auch Reformen in den<br />
Hierarchie des Hauses einzuläuten. Trabuschs<br />
Stelle z.B. wird nicht neu besetzt. Zunächst einmal<br />
wandern Kompetenzen vom Schauspiel an Votteler.<br />
Wie die Entscheidungsebenen letztendlich<br />
eingeebnet werden, kann als Langzeitprojekt für<br />
den Beobachter ebenso spannend werden wie<br />
Arnarssons Premieren.<br />
Zum großen Finale zu blasen, ist verfrüht. Noch<br />
fehlt der stabile Rahmen. Der Umbau des alten<br />
Hauses am Kennedyplatz wird mit 100 Mill. Euro<br />
veranschlagt. Falls tatsächlich einmal mit den<br />
Arbeiten begonnen wird, könnte die Abschlussrechnung<br />
auch doppelt so hoch ausfallen. Kulturpolitiker<br />
rechnen sich die Situation schön und<br />
verweisen 45-prozentige Kostenübernahme durch<br />
den Staat. In Wahrheit wagt sich derzeit keiner an<br />
das heiße Eisen. Erst kürzlich wurde der Baubeginn<br />
auf 2016 verschoben. So gerät das Gerede<br />
vom Umbau mehr zur bösen Ahnung als zum<br />
Weckruf.<br />
4. bis 17. November 2013<br />
02<br />
So gesehen ist jetzt die beste Zeit, zu fragen,<br />
warum das alte Haus eigentlich zu diesem horrenden<br />
Preis renoviert werden muss. Andere Städte<br />
bauten spektakulär neu zu einem Bruchteil der<br />
hier diskutierten Summen (in Euro): Erfurt 89<br />
Mill., Potsdam 26,5 Mill., Hof ca. 44 Mill., Gütersloh<br />
22 Mill. Als neuer Standort empfiehlt sich ein<br />
Platz am Lech. Auf Höhe der Schlachthöfe, in<br />
direkter Nachbarschaft zu tim und Glaspalast<br />
könnten wir den Fluss einladen, endlich in unserer<br />
Stadt präsent zu sein. Augsburg wächst, vielleicht<br />
schafft es die Politik ja auch, geistig die Stadtgrenzen<br />
von 1700 zu überspringen.<br />
Und das alte Stadttheater, was soll damit geschehen?<br />
Ganz einfach, es wird z.B. an die Patrizia AG<br />
verkauft. Mit dem Erlös wird der Neubau am Lech<br />
weitgehend finanziert. Vorplatz, Brechtbühne,<br />
Eingangsbereich und Foyers des alten Hauses bleiben<br />
natürlich den Bürgern der Stadt als Kulturzentrum<br />
erhalten. (Jürgen Kannler)<br />
K A R S T E N K A I E<br />
Einmalige Chance<br />
Die europäische Fachtagung »Kreativquartiere und kulturelle Stadtentwicklung«<br />
im Gaswerk – Industriebrachen als kreative Produktionsstätten der Zukunft<br />
8. - 10. / 16. 11. 2013 Spectrum Club<br />
Tickets: Tel. 0821 - 25 72 828,<br />
an den VVK-Stellen und unter www.spectrum-club.de.<br />
Caveman Karsten Kaie geht auf Kreuzfahrt.<br />
Der Kabarettist in seiner neuen Show!<br />
Der Kulturpark West in Kooperation mit der<br />
Stadt Augsburg lud ein zu einer zweitägigen<br />
europäischen Fachtagung am 10. und 11. Oktober<br />
auf das Gaswerkareal zum Thema »Kreativquartiere<br />
und kulturelle Stadtentwicklung – Chancen,<br />
Probleme, Modelle«. Die Tagung mit rund 80<br />
Teilnehmern fand statt im industriekulturellen<br />
Ambiente des Apparatehauses und bot neben<br />
einer von Prof. Karl Ganser moderierten Podiumsdiskussion<br />
zahlreiche Vorträge und Präsentationen<br />
aus Wissenschaft und Praxis. Im Zentrum<br />
immer die Frage nach der Rolle und dem Stellenwert<br />
von Kreativquartieren im Prozess der Stadtentwicklung,<br />
die Integration von Stadtplanung,<br />
Kulturförderung und Kreativwirtschaftsansiedlung<br />
sowie die Perspektiven und Impulse für eine<br />
mögliche kreative Umnutzung des Industriedenkmals<br />
»Gaswerk«.<br />
Die von Karl Ganser gewohnt provokant moderierte<br />
Diskussion verlangte allen Teilnehmern<br />
und Teilnehmerinnen auf dem Podium klar formulierte<br />
Statements ab und stellte in den Mittelpunkt<br />
die Machbarkeit eines kreativen,<br />
künstlerisch wie planerisch als Diskurs und Prozess<br />
angelegten Umnutzungsszenarios für das<br />
Gaswerk. Ein Diskurs, der stadtgesellschaftlich<br />
ausstrahlen soll, die Machbarkeit eines Kreativquartiers<br />
durch Kulturakteure praktisch zeigt,<br />
die Rolle eines »Quartiers« neu denkt und damit<br />
das »gute Alte« der Soziokultur mit dem »schwer<br />
fassbaren Neuen« der Creative City in Einklang<br />
bringt. Und das Podium war sich einig – die<br />
Zukunft des Gaswerkareals, seine Formgebung<br />
und Ausgestaltung ist eine einmalige Chance, die<br />
man beim Schopfe packen muss, ganz gleich, ob<br />
Künstlerin, Kulturakteur oder Stadtplaner!<br />
Eine Botschaft, die ankam und zu Beginn des<br />
zweiten Tages im Vortrag von Dr. Rene Kooyman<br />
vom CURE-Projekt/Utrecht aufgegriffen wurde.<br />
In Konsequenz der Diskussion änderte er sein<br />
Referat ab und richtete die Debatte um den Kulturpark<br />
West und seine Perspektiven im Gaswerkareal<br />
auf europäische Koordinaten aus, zog<br />
interessante Vergleiche zu ähnlichen Prozessen<br />
in europäischen Mittelstädten von Lille bis Hagen<br />
und machte den Augsburger Akteuren Mut auf<br />
dem Weg zu einem zukunftsfähigen Kreativquartier.<br />
Ins gleiche Horn stieß Prof. Hans Mommaas<br />
von der Uni Tilburg. Der Spezialist für nachhaltige<br />
Entwicklung zeigte sich sehr beeindruckt<br />
vom Industriedenkmal Gaswerk und der aktuellen<br />
Diskussion um den Prozess einer partizipativen<br />
Quartiersentwicklung. Er zog Parallelen zu<br />
den Umnutzungsprojekten in Amsterdam und<br />
Brügge und ordnete die Augsburger Standortvision<br />
auf der europäischen Kreativquartiersskala<br />
sehr weit oben ein.<br />
Eingerahmt wurden diese wissenschaftlichen<br />
Statements von Best-Practice-Präsentationen aus<br />
den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und<br />
Deutschland. Ob NDSM-Werft in Amsterdam,<br />
ehemalige Tabakfabrik in Linz, altes AEG-Gelände<br />
in Nürnberg, Alter Schlachthof in Karlsruhe,<br />
Oberhafenareal in Hamburg oder die Kunst-<br />
WohnWerke in München – immer ging es um<br />
aktuelle kreative Hotspots als Selfmade-Locations<br />
mit Hunderten von Künstlern. Der gemeinsame<br />
Nenner: Konversion, Vernetzung, kostengünstige<br />
Räume, branchengerechte Betreuung und damit<br />
der kreative Nährboden für Gründer, Einsteiger<br />
in die Kreativ- und Kulturwirtschaft und Förderung<br />
künstlerischer Existenz. (Peter Bommas)<br />
Peter Bommas ist einer der Geschäftsführer der<br />
Kulturpark West gGmbH und war Mitveranstalter<br />
der Tagung. Die Dokumentation zum Thema<br />
finden Sie auf www.kulturparkwest.de.<br />
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