Kompetenzfeld Diabetes mellitus II - UK-Online
Kompetenzfeld Diabetes mellitus II - UK-Online Kompetenzfeld Diabetes mellitus II - UK-Online
Folgeerkrankungen des Diabetes Mellitus – Diabetische Nephropathie Gero v. Gersdorff
- Seite 2 und 3: Was wollen wir gemeinsam erarbeiten
- Seite 4 und 5: Leitsymptom: nephrotisches Syndrom
- Seite 6 und 7: Die Diabetische Nephropathie ist ei
- Seite 8 und 9: Diabetes Typ II, Nephropathie und k
- Seite 10 und 11: Diabetes Typ II und Risiko für Hyp
- Seite 12 und 13: Wie erkennen wir Nierenschaden? Kre
- Seite 14 und 15: Quantifizierung der Nierenfunktion
- Seite 16 und 17: Quantifizierung der Proteinurie? 1)
- Seite 18 und 19: CKD-Stadium Verlauf bei Diabetes Ty
- Seite 20 und 21: Patientin: Carla B., 28 Jahre Anamn
- Seite 22 und 23: Das Grundprinzip: 1. Blutdruck-Kont
- Seite 24 und 25: RAAS und Podozyten • Nephrin-Expr
- Seite 26 und 27: Therapieprinzip: antiproteinurische
- Seite 28 und 29: Therapieprinzip: antiproteinurische
- Seite 30 und 31: Diabetes Typ II: individualisierte
- Seite 32 und 33: Therapie bei Niereninsuffizienz: Wi
- Seite 34 und 35: Warum Nierentransplantation? Dialys
- Seite 36: Zusammenfassung • Diabetische Nep
Folgeerkrankungen<br />
des <strong>Diabetes</strong> Mellitus –<br />
Diabetische Nephropathie<br />
Gero v. Gersdorff
Was wollen wir gemeinsam<br />
erarbeiten ?<br />
• Pathophysiologie<br />
• Epidemiologie und Risikofaktoren<br />
• Diagnostik<br />
• Prävention<br />
• Therapie
Patientin: Carla M., 68 Jahre<br />
Anamnese:<br />
• Deutliche Gewichtszunahme in den letzten 2 Wochen<br />
• geschwollene Beine seit mind. 3 Wochen, v.a. abends<br />
• <strong>Diabetes</strong> <strong>mellitus</strong> (Typ <strong>II</strong>) seit vielen Jahren
Leitsymptom: nephrotisches Syndrom<br />
Patientin: Carla M., 68 Jahre<br />
Anamnese:<br />
• Deutliche Gewichtszunahme in den letzten 2 Wochen<br />
• geschwollene Beine seit mind. 3 Wochen, v.a. abends<br />
• <strong>Diabetes</strong> <strong>mellitus</strong> (Typ <strong>II</strong>) seit vielen Jahren<br />
Körperl. Untersuchung:<br />
• RR 130/75 mmHg<br />
• ausgeprägte Knöchel- und Beinödeme, seitengleich<br />
Labor:<br />
• Kreatinin 1.8 mg/dl, Albumin 3.1 g/dl, Cholesterin 236 mg/dl,<br />
• Urinstix: Eiweiß +++, Ery neg., Leuko neg.
Wie kommt Protein in den Urin?<br />
Gesunde Filtrationsbarriere<br />
Schädigung der Filtrationsbarriere<br />
Proteinurie = Schaden der Filtrationsbarriere<br />
(i.d.R. Podozyten-Erkrankung)
Die Diabetische Nephropathie ist eine<br />
Erkrankung der Podozyten<br />
Glucose<br />
Immunkomplexe<br />
Gendefekte<br />
Zirkulierende<br />
Mediatoren<br />
T-Zell Attacke,<br />
Zytokine<br />
Toxisch<br />
X<br />
Podozytenschädigung<br />
Andere Faktoren<br />
Proteinurie<br />
Salzretention<br />
Nephrotisches Syndrom
Zusammenfassung<br />
• Leitsymptom der Diabetischen Nephropathie ist<br />
die Proteinurie bis hin zum Nephrotischen<br />
Syndrom<br />
• Das Nephrotische Syndrom erklärt sich aus dem<br />
Übertritt von Protein in den Urin, nachfolgend<br />
Na + - Retention<br />
• Zielzelle für die Schädigung ist der Podozyt<br />
• Eine rationale Therapie muss Podozytenprotektiv<br />
wirken (ACE-Inhibitoren/ ARB)
<strong>Diabetes</strong> Typ <strong>II</strong>, Nephropathie<br />
und kardiovaskuläres Risiko<br />
Ab dem Stadium der<br />
Makroalbuminurie ist das<br />
Risiko zu versterben<br />
höher als das,<br />
dialysepflichtig zu<br />
werden!<br />
Adler et al. Kidney International (2003) 63, 225–232
<strong>Diabetes</strong> Typ <strong>II</strong><br />
und Risiko für Folgeerkrankungen<br />
• Ca. 25 – 40% der<br />
Diabetiker entwickeln<br />
eine Diabetische<br />
Nephropathie<br />
• Ca. 25 – 35% der<br />
Diabetiker entwickeln<br />
eine Diabetische<br />
Retinopathie<br />
• Nephropathie ohne<br />
Retinopathie ist<br />
selten
<strong>Diabetes</strong> Typ <strong>II</strong><br />
und Risiko für Hypoglykämien<br />
Risk for hypoglycemia of varying severity and expressed as an adjusted incidence rate ratio in veterans classified by presence<br />
or absence of chronic kidney disease (CKD) and diabetes<br />
Moen M F et al. CJASN 2009;4:1121-1127
Diabetische Folgeerkrankungen –<br />
Diagnostik<br />
• Blutdruck<br />
• Retinopathie?<br />
• Neuropathie/<br />
Fußsyndrom?<br />
• Herzinsuffizienz, LV-<br />
Hypertrophie, KHK<br />
• <strong>Diabetes</strong> ist eine<br />
Systemerkrankung<br />
• Multiple<br />
Organsysteme<br />
müssen gleichzeitig<br />
beobachtet und<br />
behandelt werden<br />
• Nephropathie<br />
!!
Wie erkennen wir Nierenschaden?<br />
Kreatinin<br />
(eGFR)<br />
Proteinurie<br />
Hämaturie<br />
Histologie<br />
Bildgebung<br />
tubuläre Marker<br />
Nierenschaden<br />
nephrotisch<br />
CKD Stadium 1<br />
CKD Stadium 2<br />
CKD Stadium 3<br />
…<br />
nephritisch
Kreatinin und GFR verhalten sich<br />
nicht linear zueinander<br />
Kreatinin (mg/dl)<br />
Kreatininproduktion<br />
hoch<br />
normal<br />
niedrig<br />
oberer Grenzwert<br />
“blinder” Bereich GFR (ml/min/1.73m 2 )
Quantifizierung der Nierenfunktion<br />
http://mdrd.com<br />
in jedem klinischen Labor verfügbar, validiert nur für GFR < 60ml/min
Grenzwerte und Definitionen<br />
• Mikroalbuminurie:<br />
– Männer: Albumin > 20 mg/g Kreatinin<br />
– Frauen: Albumin > 30 mg/g Kreatinin<br />
• Makroalbuminurie:<br />
– > 300 mg/g Kreatinin<br />
• Proteinurie:<br />
– < 1g/g Kreatinin bzw. > 1g/g Kreatinin<br />
• Albumin/Kreatinin Quotient im Spontanurin:<br />
!!<br />
– > 0,02/ 0,03 (Einheit für Albumin und Kreatinin in mg/dL!)
Quantifizierung der Proteinurie?<br />
1) 24 h-Sammelurin (nicht unproblematisch wegen häufiger<br />
Sammelfehler). Immer Qualitätskontrolle.<br />
2) In der Praxis weit praktikabler und vollkommen<br />
ausreichend: Eiweiß-Kreatinin-Quotient im Spot-Urin<br />
Patientin Carla M: Krea i.U. 58 mg/dl, Prot. i.U. 3.89 g/L (389 mg/dl)<br />
Eiweiß/Krea-Quotient = 6.7<br />
Proteinurie: etwa 6.7 g/24 h
Bildgebung/ Tubuläre Marker/ Histologie<br />
• Ultraschall: Nieren groß<br />
• <strong>Diabetes</strong> <strong>mellitus</strong> = „süßer<br />
Durchfluss“<br />
• Glucose (MW 180) wird frei<br />
filtriert und bis zu einem<br />
Maximum im Tubulus<br />
rückresorbiert<br />
– Glucosurie bei Überschreiten<br />
des Maximums oder bei<br />
Störungen des Tubulussystems<br />
– Das Resorptionsmaximum liegt<br />
bei etwa 200 mg/dL, ist aber<br />
sehr variabel<br />
© UpToDate
CKD-Stadium<br />
Verlauf bei <strong>Diabetes</strong> Typ I
Diabetische Folgeerkrankungen –<br />
Diagnostik<br />
• Blutdruck<br />
• Retinopathie?<br />
• Neuropathie/ Fußsyndrom?<br />
• Herzinsuffizienz, LV-Hypertrophie, KHK<br />
• Screening nach Proteinurie:<br />
– Bei Typ I – DM: Beginn nach ca. 5 Jahren<br />
– Bei Typ <strong>II</strong> – DM: ab Diagnosestellung<br />
– Quantifizierung der Proteinurie mit dem<br />
Albumin/Kreatinin Quotienten<br />
• Bestimmung von Kreatinin und der eGFR<br />
(glomeruläre Filtrationsrate)<br />
!!
Patientin: Carla B., 28 Jahre<br />
Anamnese: Abgeschlagenheit und Erkältungsgefühl seit zwei<br />
Wochen, Arthralgien, Hautausschlag an den Beinen<br />
(Schienbeine) seit zwei Tagen. Wg. <strong>Diabetes</strong> <strong>mellitus</strong> (Typ I) ist<br />
sie seit ca. 10 Jahren in Behandlung.<br />
Körperl. Untersuchung: RR 165/94 mmHg, Knöchel- und<br />
Beinödeme, seitengleich;<br />
Labor:<br />
aktuell<br />
Kreatinin 3.8 mg/dl, GFR 15 ml/min<br />
vor 2 Monaten Kreatinin 1,1 mg/dl, GFR 61 ml/min<br />
Albumin 32 g/L, Cholesterin 136 mg/dl<br />
Urinstix: Eiweiß +++, Ery ++++., Leuko neg.
Patientin: Carla B., 28 Jahre<br />
Anamnese: Abgeschlagenheit und Erkältungsgefühl seit zwei<br />
Wochen, Arthralgien, Hautausschlag an den Beinen<br />
(Schienbeine) seit zwei Tagen. Wg. <strong>Diabetes</strong> <strong>mellitus</strong> (Typ I) ist<br />
sie seit ca. 10 Jahren in Behandlung.<br />
Hat diese Patientin eine diabetische<br />
Nephropathie?<br />
Körperl. Untersuchung: RR 165/94 mmHg, Knöchel- und<br />
Beinödeme, seitengleich;<br />
Labor:<br />
aktuell<br />
Kreatinin 3.8 mg/dl, GFR 15 ml/min<br />
vor 2 Monaten Kreatinin 1,1 mg/dl, GFR 61 ml/min<br />
Albumin 32 g/L, Cholesterin 136 mg/dl<br />
Urinstix: Eiweiß +++, Ery ++++., Leuko neg.
Das Grundprinzip:<br />
1. Blutdruck-Kontrolle<br />
2. Blockade des RAAS<br />
3. Kontrolle der Proteinurie<br />
Moderne<br />
nephroprotektive<br />
Therapie bedarf<br />
eines „multi-drug<br />
approach“<br />
(ähnlich der<br />
Behandlung von<br />
Krebs, HIV etc.)
Therapieprinzip: Blutdruck-Kontrolle<br />
CKD + Proteinurie < 1g<br />
< 135 / 85 mmHg<br />
CKD + Proteinurie > 1g<br />
< 130 / 80 mmHg<br />
CAVE: Bei (möglicher) Koronarinsuffizienz RR < 120/70 vermeiden
RAAS und Podozyten<br />
• Nephrin-Expression ist bei Patienten mit<br />
diab. Nephropathie reduziert - und unter<br />
ACE-Hemmer wieder erhöht<br />
(Langham et al., Diabetologia, 2002)<br />
• Überexpression des AT1-Rezeptors<br />
induziert Glomerulosklerose<br />
(Hoffmann et al., J Am Soc Nephrol, 2004)<br />
• Podozyten besitzen ein vollständiges,<br />
funktionell aktives lokales RAAS<br />
(Liebau et al., Am J Physiol Renal Physiol, 2006)<br />
• Angiotensin <strong>II</strong> verändert das Zytoskelett von<br />
Podozyten und erhöht Albuminpermeabilität<br />
(Macconi et al., Am J Pathol, 2006)
GFR Abnahme<br />
(ml/min/Jahr/1.73m²)<br />
Therapieprinzip: antiproteinurische Therapie<br />
Warum antiproteinurische Therapie ?<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
3 4.5<br />
Baseline proteinuria g/d<br />
* Baseline GFR 38.6+/-0.4 ml/min, n=585<br />
§<br />
Baseline GFR 43.8+/-1.0ml/min, n=352<br />
MDRD*<br />
REIN §
Therapieprinzip: antiproteinurische Therapie<br />
Modalitäten:<br />
1) ACE-Hemmer und/oder AT1-Blocker<br />
unabhängig davon, ob eine Hypertonie vorliegt<br />
2) Konsequente RR-Kontrolle<br />
va. Diuretika und Betablocker.<br />
(Dihydropyridine können zur Zunahme der Proteinurie<br />
führen durch präferentielle Vasodilat. des Vas afferens)<br />
3) Kochsalzrestriktion (< 5 g NaCl/d)<br />
Hohe Salzzufuhr mindert den antiproteinurischen<br />
Effekt der ACE-Hemmer !!<br />
4) Einstellen des Nikotinkonsums wirkt antiproteinurisch !
Therapieprinzip: antiproteinurische Therapie<br />
Kontraindikationen ACE-i/ ARB:<br />
• Angioödem oder Allergie<br />
• Beidseitige NA-Stenose (bzw. Einzelniere)<br />
• S- K+ > 5,5 mmol/L<br />
• Schwangerschaft
Therapieprinzip: antiproteinurische Therapie<br />
Kontraindikationen ACE-i/ ARB:<br />
• Angioödem oder Allergie<br />
• Beidseitige NA-Stenose (bzw. Einzelniere)<br />
WICHTIG: keine Hemmung des RAS<br />
in Schwangerschaft und Stillzeit<br />
• S- K+ > 5,5 mmol/L<br />
• Schwangerschaft<br />
Kontraindikation für ACE-Hemmer, ARB und<br />
direkte Renin-Inhibitoren !!
Intensive Therapie zahlt sich aus
<strong>Diabetes</strong> Typ <strong>II</strong>: individualisierte<br />
Therapieziele je nach Begleitumständen<br />
6,0 % 7,0 % 8,0 %<br />
Psychosoziökonomische Überlegungen<br />
Hochmotiviert, adhärent,<br />
sachkundig, gute Selbstfürsorge<br />
Weniger motiviert, nonadhärent,<br />
schlechte Selbstfürsorge<br />
Hypoglykämierisiko<br />
gering moderat hoch<br />
Patientenalter, Jahre<br />
40 45 50 55 60 65 70 75<br />
Erkrankungsdauer, Jahre<br />
5 10 15 20<br />
Nephropathie<br />
Keine<br />
Geringe<br />
Schwer<br />
Manifeste vaskuläre Komplikationen<br />
Keine<br />
Kardiovaskuläre Erkrankungen<br />
Modifiziert nach: Ismail-Beigi F. et al. Ann Intern Med. 2011;154:554-559 <strong>Diabetes</strong> Care 2012 35 (Suppl.1) 27
Therapie bei Niereninsuffizienz:<br />
Wichtige Punkte<br />
• Metformin ist kontraindiziert bei GFR < 60ml/min<br />
• Langwirksame, renal-eliminierte Sulfonyl-<br />
Harnstoffe können zu Hypoglykämien führen:<br />
– Durch längere HWZ des Medikaments<br />
– Durch längere HWZ des Insulin, das renal eliminiert<br />
wird<br />
• Diabetiker sollten frühzeitig einer<br />
Nierenersatztherapie zugeleitet werden:<br />
– Präemptive Nieren-Lebendspende<br />
– Peritoneal-/Hämodialyse
Therapie bei Niereninsuffizienz:<br />
Wichtige Punkte <strong>II</strong><br />
• Diabetiker sind gegenüber einer Schädigung der<br />
Nieren im Allgemeinen empfindlicher als Nicht-<br />
Diabetiker: z.B. Hypovolämie, Kontrastmittel,<br />
NSAID
Was dringend vermieden werden soll:<br />
Notfallmäßige Dialyse-Einleitung<br />
(Hyperkaliämie, Urämie)<br />
Schwere metabolische Azidose<br />
Ausgeprägter Hyperparathyreoidismus<br />
Volumenentgleisung
Warum Nierentransplantation?<br />
Dialysepatienten versus Transplantierte<br />
Wolfe RA, NEJM 1999;341:1725-30
Wann Nierentransplantation?<br />
Organüberleben in Abhängigkeit von der Dialysedauer vor NTX<br />
Lebendspende<br />
Kadaverspende<br />
N = 21.000 bzw. 56.000 Organempfänger<br />
Meier-Kriesche, Transplantation 2002
Zusammenfassung<br />
• Diabetische Nephropathie ist eine glomeruläre<br />
Erkrankung mit Schädigung der Podozyten<br />
• Proteinurie (Albuminurie) ist ein früher Marker<br />
für Morbidität und Mortalität<br />
• ACE-i/ARB, konsequente RR-Einstellung und<br />
antiproteinurische Maßnahmen verlangsamen<br />
die Progression<br />
• Sobald eGFR unter 60ml/min fällt muss der<br />
Patient spezifisch (nephrologisch) behandelt<br />
werden