Script Flexion - UK-Online
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<strong>Flexion</strong><br />
<strong>Flexion</strong> (Beugung) bezeichnet die Bildung eines syntaktischen Wortes (Wortform) aus einem Stamm<br />
und einem <strong>Flexion</strong>smorphem (<strong>Flexion</strong>saffix, Flexiv). Die Menge aller Wortformen eines Lexems<br />
nennt man sein <strong>Flexion</strong>sparadigma.<br />
Bsp.: <strong>Flexion</strong>sparadigma des Demonstrativpronomens:<br />
Maskulinum Neutrum Femininum Plural<br />
Nominativ dies-er dies-es dies-e dies-e<br />
Akkusativ dies-en dies-es dies-e dies-e<br />
Dativ dies-em dies-em dies-er dies-en<br />
Genitiv dies-es dies-es dies-er dies-er<br />
• Nicht alle Wortarten können flektieren (siehe <strong>Script</strong> Grundlagen Syntax): Präpositionen,<br />
(auf, neben), Konjunktionen (und, dass), Adverbien (sehr, heute), Partikeln (halt, nur) und<br />
Interjektionen (Psst, Huch) sind unflektierbar.<br />
• Es gibt zwei Arten der <strong>Flexion</strong>: Deklination und Konjugation (s. u.)<br />
• Die Anzahl der Zellen im <strong>Flexion</strong>sparadigma variiert: Nomina bspw. haben im Vergleich zu<br />
der Tabelle oben nur 8 Zellen, da sie nicht nach Genus flektieren (festes/inhärentes Genus).<br />
• Häufig sind verschiedene Zellen eines Paradigmas mit identischen (homophonen) Formen<br />
besetzt. Das nennt man (Formen-)Synkretismus.<br />
• <strong>Flexion</strong>smorpheme sind immer produktiv (grammatische statt lexembildender Funktion) und<br />
im engeren Sinne nicht paraphrasierbar.<br />
• Bei manchen (vor allem hochfrequenten) Wörtern werden <strong>Flexion</strong>sformen nicht (nur) über die<br />
Verkettung eines Stamms mit <strong>Flexion</strong>saffixen gebildet, sondern über unterschiedliche Stämme<br />
(Stammallomorphie). Dieses Phänomen (Bsp. bin, ist, sind, war etc.) nennt man Suppletion.<br />
• Manche Stämme haben nur unvollständige (defektive) <strong>Flexion</strong>sparadigmen z. B.<br />
Pluraliatantum wie Leute oder Ferien, Singulariatantum wie Gehopse oder unflektierbare Adjektive<br />
wie egal, hip oder top.<br />
Flexive sind gebundene Morpheme zur Kennzeichnung von <strong>Flexion</strong>smerkmalen, z. B. Kasus,<br />
Tempus, Modus usw. (morphosyntaktische Merkmale/Kategorien). Sie können ggf. in<br />
verschiedenen phonologischen Formen auftreten (Alloflexive).<br />
Morphosyntaktische Kategorien<br />
Klassen<br />
Genus<br />
Verbi<br />
Tempus Modus Person Numerus Genus Kasus<br />
Komparation<br />
Merkmale<br />
Aktiv<br />
Passiv<br />
Medium<br />
Präsens<br />
Präteritum<br />
Perfekt<br />
...<br />
Indikativ<br />
Konjunktiv<br />
Imperativ<br />
1. Person<br />
2. Person<br />
3. Person<br />
Singular<br />
Plural<br />
Maskulinum<br />
Neutrum<br />
Femininum<br />
Nominativ<br />
Akkusativ<br />
Dativ<br />
Genitiv<br />
Positiv<br />
Komparativ<br />
Superlativ<br />
Konjugation<br />
Deklination<br />
S. Bank Einführung in die Sprachwissenschaft des Deutschen 1/3
Konjugation (Verbalflexion)<br />
Konjugation ist die <strong>Flexion</strong> von Verben nach Person, Numerus, Modus, Tempus und Genus Verbi.<br />
• Verben, die nach Person und Numerus flektiert sind, nennt man finit. Sind Person und<br />
Numerus unbestimmt, nennt man sie infinit (Infinitive: sehen, Partizip I: sehend und Partizip II:<br />
gesehen).<br />
• Perfekt, Plusquamperfekt, Futur I, Futur II und Passiv werden im Deutschen analytisch<br />
gebildet; sie bestehen aus zwei verbalen Elementen, von denen nur eins (das Auxiliar<br />
[Hilfsverb]) finit ist. Von den Tempora werden im Deutschen nur Präsens und Präteritum<br />
synthetisch (also durch direkte <strong>Flexion</strong> des Stammes ohne Auxiliar) gebildet.<br />
starke (‚unregelmäßige‘) Verben<br />
bilden den Präteritalstamm aus eigener Kraft durch Veränderung des Wurzelvokals:<br />
• Ablaut (singen, sang, gesungen)<br />
• Hebung (helfen, hilfst, half, geholfen)<br />
• Umlaut (fahren, fährst, fuhr, gefahren)<br />
schwache (‚regelmäßige‘) Verben<br />
bilden den Präteritalstamm nur mithilfe des Dentalsuffixes -(e)t:<br />
• keine Stammveränderung (fragen, fragt-, gefragt; arbeiten, arbeitet-, gearbeitet)<br />
Beachte: Darüber hinaus gibt es noch einige gemischt flektierende Verben wie bspw. sog.<br />
rückumlautende Verben wie bringen, bracht, gebracht.<br />
Deklination (Nominalflexion)<br />
Deklination ist die <strong>Flexion</strong> von Nomen und anderer nominaler Kategorien (Pronomen, Artikel,<br />
Adjektiv etc.) nach Kasus und Numerus und ggf. Genus und Komparation.<br />
• Nomen haben ein festes Genus (grammatisches Geschlecht), welches bei<br />
Personenbezeichnungen oft aus dem Sexus (biologisches Geschlecht) des Referenten ableitbar<br />
ist. Davon abgesehen ist Genus über weite Strecken arbiträr [willkürlich], allerdings gibt es auch<br />
phonologische und semantische Regelmäßigkeiten.<br />
• Nach den <strong>Flexion</strong>sendungen unterscheidet man bei den Nomina vier (Haupt-)<strong>Flexion</strong>stypen,<br />
die z. T. mit Genus korrelieren (s. Tabelle unten). Die meisten Maskulina (ca. 90%) und Neutra<br />
(ca. 70%) deklinieren nach Typ 1.<br />
• Die Paradigmen von Pronomina und Artikeln sind sehr reich an Formen (s. oben) und einander<br />
sehr ähnlich, weshalb man sie zur starken bzw. pronominalen <strong>Flexion</strong> zusammenfasst.<br />
• Adjektive haben zwei <strong>Flexion</strong>sreihen, deren Auftreten syntaktisch determiniert ist:<br />
Normalerweise flektieren sie schwach (der gut-e Wein), wenn ihnen jedoch kein stark flektiertes<br />
Element (Pronomen, Artikel) vorausgeht, übernehmen sie selbst die starke <strong>Flexion</strong> (der gut-e<br />
Wein vs. gut-er Wein).<br />
Deklinationstypen von Nomina<br />
Typ 1 (‚stark‘) Maskulina und Neutra, mit Genitiv-(e)s Tisch, Kind<br />
Typ 2 (‚schwach‘) Maskulina, enden in allen Fällen außer Nominativ-Singular auf -(e)n Mensch, Löwe<br />
Typ 3 (‚gemischt‘) Maskulina und Neutra, im Singular wie Typ 1, im Plural wie Typ 2<br />
Staat, Ende<br />
S. Bank Einführung in die Sprachwissenschaft des Deutschen 2/3
Typ 4 Feminina, flektieren nur im Plural Burg, Wand<br />
Beachte: „stark, schwach und gemischt“ bezeichnen bei Verben, Adjektiven und Nomen (trotz des<br />
gleichen Namens) jeweils unterschiedliche Einteilungen.<br />
Komparation (Steigerung)<br />
Komparation ist die Bildung von Komparativ- und Superlativformen bei Adjektiven.<br />
• Komparation ist normalerweise ausschließlich bei (ggf. syntaktisch nominalisierten)<br />
Adjektiven möglich. Sporadische Ausnahmen bilden komparierbare Adverbien wie gern oder<br />
oft.<br />
• Bildung durch die Flexive -er und -st oder verschiedene Stämme (z. B. gut-, besser-, best-)<br />
• Komparation ist semantisch restringiert (vgl. unkomparierbare Adjektive wie möglich oder<br />
heutig), weshalb man sie auch als Grenzfall zwischen <strong>Flexion</strong> und Wortbildung ansehen kann.<br />
S. Bank Einführung in die Sprachwissenschaft des Deutschen 3/3