05_Hauptteil.pdf
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1<br />
1 Einleitung<br />
Epilepsien stellen mit einer Prävalenz von 0,15 bis 4,9 % (Meinardi 1993) eine der<br />
häufigsten neurologischen Erkrankungen dar. Werden afebrile Gelegenheitsanfälle und<br />
Fieberanfälle hinzugezählt, so erleiden etwa 5 % der Bevölkerung mindestens einmal im<br />
Leben einen epileptischen Anfall (Janz 1979).<br />
Allen epileptischen Anfällen gemeinsam ist die klinische Manifestation von exzessiven,<br />
hypersynchronen Entladungen der Neuronen des zerebralen Kortex (Baumgartner 1998).<br />
Die Symptome der Anfälle richten sich nach der Funktion der jeweils betroffenen<br />
Neuronen-Verbände. Sie können Störungen höherer Hirnfunktionen, Einschränkungen<br />
des Bewusstseins, abnorme sensorische oder psychische Empfindungen, motorische<br />
Entäußerungen und schließlich Krämpfe umfassen (Baumgartner 1998 1 ).<br />
Epilepsien sind definiert als chronische Krankheiten und Syndrome mit sich<br />
wiederholenden, unprovozierten epileptischen Anfällen. Demgegenüber ist das<br />
Auftreten epileptischer Anfälle im Rahmen der sogenannten Gelegenheitsanfälle an<br />
auslösende Ursachen oder Umstände (z. B. Fieber, Intoxikationen, Schlafentzug,<br />
Alkoholentzug bei Alkoholikern) gebunden (Rabending 1994).<br />
1 S. 1<br />
Entsprechend den Empfehlungen der Internationalen Liga gegen Epilepsie von 1989<br />
(Commission on Classification and Terminology of the International League Against<br />
Epilepsy 1989) erfolgt die Klassifikation der Epilepsien und epileptischen Syndrome<br />
nach dem Anfallstyp und unter ätiologischen Kriterien.<br />
Der Anfallstyp trennt fokale von generalisierten Epilepsien. Bei fokalen Epilepsien und<br />
Syndromen weisen die Anfallssemiologie sowie die Untersuchungsbefunde auf den<br />
fokalen Beginn der Anfälle an umschriebener Stelle hin (epileptogener Fokus). Bei<br />
generalisierten Epilepsien und Syndromen sind primär beide Hemisphären beteiligt,<br />
worauf auch die ersten klinischen Symptome und die initialen bilateralen iktualen<br />
Veränderungen im Elektroenzephalogramm (EEG) beruhen (Egli 1994).
2<br />
Unter ätiologischen Gesichtspunkten werden idiopathische Epilepsien, die keine<br />
somatisch nachweisbare Ursache haben und genetisch verankert sind, von<br />
symptomatischen Epilepsien unterschieden, die auf organische Hirnschädigungen<br />
zurückzuführen sind (z. B. Ischämie, Blutung, Tumor, Entzündung, Schädel-Hirn-<br />
Trauma). Anfallsleiden mit unbekannter Ätiologie werden als kryptogen bezeichnet<br />
(Commission on Classification and Terminology of the International League Against<br />
Epilepsy 1989). Meist liegen auch diesen Erkrankungen zerebrale Läsionen zugrunde,<br />
die aber mit den bisher verfügbaren diagnostischen Methoden noch nicht nachweisbar<br />
sind. Die Genese der Epilepsien scheint multifaktoriell – zum Ausbruch der Erkrankung<br />
ist das Zusammentreffen mehrerer Realisationsfaktoren (genetische Faktoren und<br />
hirnorganische Schädigungen oder andere exogene pathogene Faktoren) erforderlich<br />
(Doose 1978).<br />
Nach Literaturangaben leiden etwa 15 bis 30 % der Epilepsiekranken an einer<br />
idiopathischen generalisierten Epilepsie (IGE) (Jallon et al. 2001, Jallon/Latour 20<strong>05</strong>,<br />
Mohanraj/Brodie 2007, Asadi-Pooya et al. 2012). Familiäre Häufungen der IGE sind in<br />
zahlreichen Untersuchungen nachgewiesen. In Zwillingsstudien deutet eine signifikant<br />
höhere Konkordanzrate unter monozygoten Zwillingen gegenüber dizygoten<br />
Zwillingspaaren auf die genetische Disposition bei IGE hin (Lennox/Lennox 1960,<br />
Berkovic et al. 1998). Lennox und Lennox (1960) fanden für Absencen bei 20<br />
monozygoten Zwillingen eine Konkordanz von 75 %, wogegen 14 dizygote Paare in<br />
keinem der untersuchten Fälle konkordant waren. Allgemein wird die Erkrankungsrate<br />
für Geschwister von Patienten mit IGE mit 4 bis 13 % angegeben (Doose et al. 1973,<br />
Annegers et al. 1982, Briellmann et al. 2001).<br />
Nach bisherigen Erkenntnissen ist für IGE ein polygener Erbgang anzunehmen. Die<br />
Ergebnisse der Familienstudien lassen auf eine multifaktorielle Genese schließen, wobei<br />
mehrere, voneinander unabhängige, sich gegenseitig in ihrer Wirkung addierende und<br />
inhibierende genetische Faktoren beteiligt sein müssen (Doose et al. 1973).<br />
Das gelegentliche Vorkommen verschiedener Formen der IGE bei demselben Patienten<br />
und innerhalb von Familien (Marini et al. 2004, Benbadis 20<strong>05</strong>) widerspiegelt die<br />
Beteiligung und das komplexe Zusammenspiel verschiedener Gene mit altersabhängiger<br />
Penetranz in der Epileptogenese (Steinlein 1999). Mehrere Untersuchungen sprechen für
3<br />
verschiedene Genloci unter anderem auf den Chromosomen 3 (Sander et al. 2000), 6<br />
(Greenberg et al. 1988, Durner et al. 2001), 8 (Durner et al. 2001) und 18 (Durner et al.<br />
2001). In einer neueren Arbeit wurden Mikrodeletionen auf den Chromosomen 15 und<br />
16 als Prädisposition für IGE identifiziert (Kovel et al. 2010).<br />
Aufgrund der fehlenden zerebralen Läsionen weisen Patienten mit IGE neurologisch<br />
und psychisch unauffällige Befunde auf (Adie 1924, Paal 1957, Commission on<br />
Classification and Terminology of the International League Against Epilepsy 1989,<br />
Shian/Chi 1994 b/1994 c/1994 d, Niedermeyer 1996). Die Anfälle der IGE<br />
manifestieren sich als Absencen, myoklonische Anfälle und Grand mal allein oder in<br />
Kombinationen (Niedermeyer 1996, Duncan 1997, Benbadis 20<strong>05</strong>).<br />
Die Behandlungsprognose der IGE gilt als besonders günstig, zwischen 60 und 90 %<br />
der Patienten werden mit adäquater antiepileptischer Therapie anfallsfrei (Annegers et<br />
al. 1979, Shinnar et al. 1999, Berg et al. 2001, Sillanpää/Schmidt 2006,<br />
Mohanraj/Brodie 2007, Koutroumanidis et al. 2008). Für Patienten mit Absencen wird<br />
unter medikamentöser Behandlung bei etwa 65 bis 90 % Anfallsfreiheit verzeichnet<br />
(Groh 1975, Okuma/Kumashiro 1981, Janz et al. 1983, Kawai et al. 1986, Berg et al.<br />
2001, Geerts et al. 2010). Grand mal können durch strikte Meidung anfallsauslösender<br />
Faktoren (wie z. B. Schlafmangel, Alkohol) sistieren (Stefan 1998). Unter der<br />
Antiepileptikatherapie haben 65 bis 85 % der Patienten keine Grand mal mehr (Groh<br />
1975, Annegers et al. 1979, Okuma/Kumashiro 1981, Janz et al. 1983, Kawai et al.<br />
1986, Unterberger et al. 2001). Beim kombinierten Auftreten von Absencen und Grand<br />
mal werden ca. 50 bis 80 % der behandelten Patienten anfallsfrei (Okuma/Kumashiro<br />
1981, Janz et al. 1983, Dieterich et al. 1985).<br />
In zahlreichen Studien wurden Faktoren ermittelt, die mit einem günstigen oder<br />
ungünstigen Verlauf von IGE korrelieren. Nach Untersuchungen von Sato et al. (1976)<br />
galten bei den Absencenepilepsien als signifikante prognostisch günstige Faktoren eine<br />
normale oder hohe Intelligenz und eine normale Hintergrundaktivität im EEG. Für alle<br />
Anfallstypen beschrieben sie als prognostisch vorteilhaft das Ausbleiben von<br />
generalisierten tonisch-klonischen Anfällen, eine normale oder hohe Intelligenz und<br />
eine negative Familienanamnese für Anfallsleiden. Fast 90 % der Patienten, bei denen
4<br />
alle diese Faktoren zutrafen, hatten später keine Anfälle mehr (Sato et al. 1976).<br />
Wu et al. (1985) fanden als prognostisch ungünstige Faktoren für primär generalisierte<br />
Epilepsien:<br />
das Auftreten generalisierter tonisch-klonischer Anfälle vor dem Ausbruch kleiner<br />
Anfälle und ihre Persistenz nach dem Rückgang der kleinen Anfälle,<br />
nur geringe epileptische EEG-Auffälligkeiten trotz sporadisch auftretender<br />
generalisierter tonisch-klonischer Anfälle,<br />
generalisierte tonisch-klonische Anfälle, die mit verschiedenen anfallsauslösenden<br />
Faktoren assoziiert waren.<br />
Über die Remission bei IGE sowie über die Rezidivquote von Anfällen nach dem<br />
Absetzen der Antiepileptika bestehen in der Literatur sehr unterschiedliche Angaben.<br />
Annegers et al. (1979) berichteten für Patienten mit idiopathischen Epilepsien über eine<br />
Remissionsrate 20 Jahre nach Krankheitsbeginn von 85 % bei generalisierten tonischklonischen<br />
Anfällen und von 80 % bei Absencenepilepsien (mit oder ohne tonischklonische<br />
Anfälle). Die Wahrscheinlichkeit einer Remission ohne Medikation 20 Jahre<br />
nach Diagnosestellung wurde für IGE mit über 50 % angegeben (Annegers et al. 1979).<br />
Wirrell et al. (1996) registrierten bei Absencenepilepsien des Kindesalters nach einer<br />
mittleren Erkrankungsdauer von 14 Jahren Anfallsfreiheit bei 65 % der Patienten, die<br />
nicht mehr antiepileptisch behandelt wurden. Mit niedrigeren Remissionsraten<br />
verbunden waren kognitive Schwierigkeiten bei Krankheitsbeginn, Absencenstatus vor<br />
oder während der antiepileptischen Behandlung, das Auftreten von generalisierten<br />
tonisch-klonischen oder myoklonischen Anfällen unter der Antiepileptika-Therapie,<br />
eine pathologische Hintergrundaktivität im initialen EEG und eine Familienanamnese<br />
mit generalisierten Anfällen bei erstgradig Verwandten (Wirrell et al. 1996).<br />
In einer Arbeit von Hauser et al. (1982) hatten 26 % der Patienten nach einem ersten<br />
unprovozierten idiopathischen Anfall innerhalb der nächsten 36 Monate ein<br />
Anfallsrezidiv. Als prognostisch ungünstig erwiesen sich dabei generalisierte Spike and<br />
slow wave-Komplexe im EEG (Rezidive bei 50 % in 18 Monaten) und Geschwister mit<br />
Anfällen (Rezidivrate 29 % nach 3 Monaten) (Hauser et al. 1982).<br />
Für Patienten mit Absencen, die unter Antiepileptika anfallsfrei waren, werden<br />
Rückfälle bei 12 bis 25 % nach dem Absetzen der Behandlung mitgeteilt (Förster/
5<br />
Schmidberger 1982, Holowach Thurston et al. 1982, Janz et al. 1983). Bei Grand mal<br />
werden Rezidive in ca. 15 % (Holowach Thurston et al. 1982, Unterberger et al. 2001)<br />
bis 58 % (Janz et al. 1983) der Fälle nach Beendigung der Therapie ermittelt. Treten<br />
beide Anfallsformen auf, steigen die Rückfallraten auf bis zu 65 % (Janz et al. 1983).<br />
Für die juvenile myoklonische Epilepsie ist eine lebenslang bestehende<br />
Anfallsbereitschaft bekannt. Nach dem Absetzen der Antiepileptika kommt es bei 90 bis<br />
100 % der Patienten zu Rezidiven der myoklonischen Anfälle (Janz et al. 1983, Shian/<br />
Chi 1994 d, Baumgartner 1998 2 ).<br />
Für das Wiederauftreten von Anfällen nach Beendigung der antiepileptischen<br />
Behandlung beschrieben Shinnar et al. (1994) bei idiopathischen Epilepsien als<br />
prognostisch signifikante Faktoren ein Alter von über 12 Jahren beim Krankheitsbeginn,<br />
eine positive Familienanamnese für Anfallsleiden, Verlangsamungen im EEG vor dem<br />
Absetzen der Antiepileptika und atypische Fieberanfälle in der Anamnese. Nach einer<br />
durchschnittlichen anfallsfreien Zeit von 2,9 Jahren unter der Pharmakotherapie fanden<br />
sie 2 Jahre nach dem Behandlungsende bei Kindern mit idiopathischen Epilepsien ohne<br />
die genannten Risikofaktoren eine Rückfallrate von nur 12 %. Spezifische epileptische<br />
Syndrome wie die juvenile myoklonische Epilepsie oder die benigne Rolando-Epilepsie<br />
wurden ebenfalls als wichtige Prädiktoren für den Ausgang der Erkrankung genannt<br />
(Shinnar et al. 1994).<br />
Arts et al. (1988) stellten dagegen nach Beendigung der Medikation (bei mindestens 2-<br />
jähriger Anfallsfreiheit und EEG-Normalisierung) für primär generalisierte Epilepsien<br />
bei Kindern fest, dass kein Faktor die Wahrscheinlichkeit eines Anfallsrezidivs<br />
signifikant beeinflusst. Die Rückfallquote wurde mit 32 % nach einer mittleren<br />
Nachbeobachtungszeit von 4 Jahren und 4 Monaten angegeben (Arts et al. 1988).<br />
2 S. 36<br />
Das Ausbleiben von Rückfällen nach Beendigung der antiepileptischen Behandlung bei<br />
einem Teil der Patienten lässt auf eine zwischenzeitliche Ausheilung der Epilepsie<br />
schließen. Der Einfluss der Antiepileptika auf den spontanen Verlauf ist bislang<br />
ungeklärt. Reynolds (1987) vermutete, dass die medikamenteninduzierte Remission die<br />
Wahrscheinlichkeit einer spontanen Remission steigern kann. Blumenfeld et al. (2008)
6<br />
fanden bei der Studie eines Tiermodells für die Absencenepilepsie unter der frühzeitigen<br />
Behandlung mit Ethosuximid vor Manifestation der Anfälle eine anhaltende<br />
Anfallshemmung auch nach Beendigung der Therapie. Sie nahmen an, dass eine<br />
vorzeitige antikonvulsive Behandlung während der Entwicklung präventiv wirksam sein<br />
könnte bei anfälligen Personen.<br />
In einer Untersuchung von Gudmundsson (1966) an Epilepsiekranken in Island waren<br />
32,3 % nie therapiert worden, wobei unbehandelte Patienten deutlich länger anfallsfrei<br />
waren als jene mit antiepileptischer Behandlung. Hauser (1978) schlussfolgerte aus den<br />
häufig günstigen Verläufen unbehandelter Epilepsien, dass die antikonvulsive Therapie<br />
kein bedeutender Faktor für die Epilepsieprognose sein muss. Kwan und Sander (2004)<br />
hielten – unabhängig von der Behandlung – eine spontane Ausheilung des zugrunde<br />
liegenden epileptogenen Prozesses unter den Patienten für möglich, die nach dem<br />
Absetzen der Antiepileptika anfallsfrei bleiben. Auch Geerts et al. (2010) schätzten ein,<br />
dass die antikonvulsive Behandlung keinen großen Einfluss auf den Ausgang der<br />
Erkrankung hat, sondern dass diese vom Typ und der Ätiologie der Epilepsie bestimmt<br />
wird.<br />
Trotz einer zunehmenden Aufklärung der Bevölkerung über Epilepsien, modernster<br />
Untersuchungsverfahren und sehr guter Therapiemöglichkeiten gibt es bei den<br />
genannten Prävalenzraten eine Dunkelziffer an Erkrankten, die nie diagnostiziert und<br />
entsprechend therapiert werden. Goodridge und Shorvon (1983) stellten in einer<br />
Allgemeinarztpraxis in Tonbridge/England fest, dass ca. 10 % der Patienten mit<br />
Epilepsien nie behandelt worden waren. Zum Untersuchungszeitpunkt waren über 40 %<br />
der Patienten mit aktiver Epilepsie ohne Antiepileptikatherapie (Goodridge/Shorvon<br />
1983). In einer Feldstudie von Haerer et al. (1986) im US-Bundesstaat Mississippi<br />
hatten 14 % der identifizierten Personen mit Epilepsien niemals eine antiepileptische<br />
Behandlung, etwa die Hälfte von ihnen war noch nie bezüglich des Anfallsleidens<br />
medizinisch untersucht worden. Zielinski (1974) fand bei einer repräsentativen Gruppe<br />
der epilepsiekranken Bevölkerung Warschaus zwei Drittel der Patienten ohne Therapie<br />
vor, ein Drittel war niemals zuvor behandelt worden. Die Beendigung der<br />
Antiepileptikatherapie erfolgte bei über der Hälfte der Patienten aus eigenem Ermessen<br />
(Zielinski 1974).
7<br />
Zu den Problemen in der Erfassung und Diagnostik der Patienten kommt eine nicht<br />
geringe Zahl an Betroffenen, die im Verlauf ihrer Erkrankung die verordneten<br />
Antiepileptika nur sehr unregelmäßig einnehmen oder die Behandlung ganz abbrechen.<br />
Allgemein muss von einer Patienten-Compliance von durchschnittlich nur 44 % für<br />
Langzeittherapien und bei chronisch Kranken von 33 % und weniger ausgegangen<br />
werden (Samo 1983). Für Epilepsiekranke wird eine Non-Compliance bei einem Drittel<br />
bis zur Hälfte der Patienten angegeben (Zielinski 1974, Gerstle de Pasquet et al. 1981,<br />
Leppik 1988, Runge et al. 1996). Da sich unbehandelte Patienten meist nicht in<br />
medizinischer Betreuung befinden, bleibt ihr Epilepsieverlauf unbekannt.<br />
Seit der Einführung wirksamer Antiepileptika in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts sind<br />
nur wenige Studien zum natürlichen Verlauf unbehandelter Epilepsien veröffentlicht<br />
worden. Untersuchungen dazu finden sich überwiegend aus der vortherapeutischen Ära<br />
und aktuell aus Entwicklungsländern. So schlussfolgerte Gowers vor über 100 Jahren,<br />
dass die spontane Ausheilung der Epilepsie ein zu seltenes Ereignis sei, als dass es in<br />
einem gegebenen Fall erwartet werden könnte (Gowers 1902).<br />
Bei Untersuchungen in Entwicklungsländern lagen für alle unbehandelten<br />
Epilepsiekranken die Remissionsraten bei 37 % in Südindien (Mani et al. 1993), 44 %<br />
in Bolivien (Nicoletti et al. 2009) und 46 % in Ecuador (Placencia et al. 1994).<br />
Janz (1969 3 ) beschrieb für die Spontanprognose von Pyknolepsien 10 bis 14 Jahre nach<br />
Beginn der Erkrankung ohne Medikation bei 16 % der Patienten Anfallsfreiheit und bei<br />
31 % ein Persistieren der Pyknolepsie. Bei 48 % waren große Anfälle dazugekommen,<br />
5 % der Patienten waren verstorben (Janz 1969). Für Grand mal-Epilepsien gab Janz<br />
(1969 4 ) eine spontane Ausheilungsrate von 10 bis 30 % an. In neueren Untersuchungen<br />
wurde für alle unbehandelten Epilepsien eine spontane Remission bei einem Drittel<br />
(Zielinski 1974, Placencia et al. 1994) bis zur Hälfte der Patienten (Keränen/Riekkinen<br />
1993) ermittelt.<br />
In der Literatur gibt es gegenwärtig nur wenige Angaben zum Spontanverlauf von<br />
idiopathischen generalisierten Epilepsien, sodass dieser Frage anhand des eigenen<br />
Krankenguts nachgegangen wurde.<br />
3 S. 93 – 94<br />
4 S. 452
8<br />
2 Aufgabenstellung<br />
Ziel der Arbeit war es, den Spontanverlauf idiopathischer generalisierter Epilepsien<br />
anhand von Krankenblattstudien und aktuellen Nachuntersuchungen von Patienten<br />
darzustellen, die unbehandelt blieben oder ihre Antiepileptikatherapie frühzeitig selbst<br />
abgebrochen hatten.<br />
Durch die Erfassung von Prädiktoren könnte künftig der individuelle Krankheitsverlauf<br />
mit den Aussichten auf eine Ausheilung und dem Risiko von Anfallsrezidiven nach dem<br />
Absetzen der Antiepileptika besser abgeschätzt werden. Dabei sollten neben klinischen<br />
Aspekten und EEG-Befunden auch soziale sowie psychische Faktoren untersucht<br />
werden. Die Kenntnis von Kriterien, die mit einem günstigen oder ungünstigen<br />
Epilepsieverlauf korrelieren, könnte bei der Patientenbetreuung und für die Einleitung<br />
von Präventivmaßnahmen hilfreich sein. Durch eine umfassendere Aufklärung und<br />
Motivation der Erkrankten wäre schließlich auch eine bessere Compliance zu erzielen.
9<br />
3 Methodik<br />
3.1 Zusammenstellung der Untersuchungspopulation, Einschlusskriterien<br />
Das Patientengut der Epilepsieambulanz der Klinik für Neurologie der<br />
Universitätsmedizin Greifswald war Grundlage für die Auswahl geeigneter Patienten.<br />
Am 31.12.1999 (Stichtag) waren in der Epilepsiedatenbank Greifswald insgesamt 437<br />
Patienten mit einer IGE – entsprechend den Richtlinien der ILAE (Commission on<br />
Classification and Terminology of the International League Against Epilepsy 1989) –<br />
registriert.<br />
Nach Durchsicht aller Krankenblätter fanden sich 73 Patienten, die nie wirksam mit<br />
Antiepileptika behandelt worden waren bzw. im Anschluss an eine initiale<br />
antiepileptische Einstellung die Behandlung selbst abgebrochen hatten und auch bei<br />
keinem niedergelassenen Arzt der Region aufgrund ihrer Epilepsie betreut wurden.<br />
Der Therapieabbruch durch die Patienten war anhand eigen- oder fremdanamnestischer<br />
Angaben und/oder durch Serumspiegelbestimmungen der Antiepileptika dokumentiert.<br />
Es gelang zu 35 dieser Patienten eine telefonische Kontaktaufnahme. Der Aufforderung<br />
zur Nachuntersuchung folgten 15 Patienten. 9 Patienten lehnten eine Nachuntersuchung<br />
ab, weitere 7 Patienten konnten aus organisatorischen Gründen der Einladung nicht<br />
nachkommen (weite Anfahrtswege nach Wohnortwechsel, Montagearbeit etc.).<br />
4 Patienten waren in der Zwischenzeit verstorben.<br />
Die Nachuntersuchung umfasste neben einer ausführlichen Anamneseerhebung mit ggf.<br />
Fremdanamnese eine klinisch-neurologische Untersuchung, 4 psychologische<br />
Testverfahren sowie die Ableitung eines Elektroenzephalogramms.
10<br />
3.2 Datenerfassung und statistische Auswertung<br />
Im ersten Teil der Untersuchung erfolgte retrospektiv die Datenerfassung und<br />
Auswertung anhand der vorliegenden Krankenblätter aller 73 Patienten, die die<br />
Einschlusskriterien erfüllten. Folgende klinische Daten und Fragestellungen wurden<br />
untersucht (Stichtag 31.12.1999):<br />
Alter<br />
Geschlecht<br />
Epilepsiedauer<br />
Manifestationsalter<br />
Beobachtungszeitraum<br />
Familienanamnese<br />
Fieberanfälle<br />
Anfallsformen<br />
Anfallsauslöser bei Grand mal<br />
Anzahl der Grand mal<br />
Fotoparoxysmale Reaktionen bei Diagnosestellung<br />
Schulabschluss<br />
Berufsausbildung<br />
EEG-Befunde bei Diagnosestellung:<br />
1. epileptiforme und Anfallsmuster spontan,<br />
2. epileptiforme und Anfallsmuster unter Hyperventilation, Fotostimulation und nach<br />
Schlafentzug,<br />
3. Grundaktivität und Allgemeinveränderungen, Herdbefunde.
11<br />
In statistischen Tests (s. u.) wurden alle retrospektiv erhobenen Daten der 15<br />
nachuntersuchten Patienten mit denen der 58 nicht nachuntersuchten Patienten<br />
verglichen. Für alle angegebenen Merkmale waren keine signifikanten Unterschiede (p<br />
> 0,<strong>05</strong>) zwischen beiden Patientengruppen nachweisbar (Tab. 1 und Tab. 2 im Anhang).<br />
Im Folgenden wurden die 15 nachuntersuchten Patienten stellvertretend für alle<br />
Patienten mit den Kriterien des Spontanverlaufs der IGE betrachtet.<br />
Im zweiten, prospektiven Teil wurden die Nachuntersuchungen von 15 Patienten<br />
durchgeführt und ausgewertet. Dazu wurden folgende klinische Daten und<br />
Fragestellungen erfasst (Stichtag 31.12.1999):<br />
Anfallsfreiheit – Ausheilung<br />
Dauer der Anfallsfreiheit<br />
aktuelle Erwerbstätigkeit<br />
Gründe für den Behandlungsabbruch<br />
neurologische Untersuchungsbefunde<br />
psychische Untersuchungsbefunde<br />
Mehrfachwahl-Wortschatztest<br />
Leistungs-Prüf-System, Untertest 3<br />
Beck-Depressions-Inventar<br />
Self-Rating Anxiety Scale<br />
EEG-Befunde der Nachuntersuchung:<br />
1. epileptiforme und Anfallsmuster spontan,<br />
2. epileptiforme und Anfallsmuster unter Hyperventilation und Fotostimulation,<br />
3. Grundaktivität und Allgemeinveränderungen, Herdbefunde.
12<br />
Die statistische Auswertung erfolgte mit dem Computerprogramm SPSS („Statistical<br />
Package for the Social Sciences“) Version 12.0.<br />
In der deskriptiven statistischen Aufarbeitung der Daten wurden Mittelwerte (MW) und<br />
Standardabweichungen (SD) für quantitative Merkmale bestimmt.<br />
Vor dem Einsatz der jeweiligen Signifikanztests wurde das Vorhandensein der<br />
notwendigen Voraussetzungen geprüft. Zur Anwendung kamen der Chi-Quadrat-Test<br />
bzw. exakter Fisher-Test (bei kleineren Stichproben) sowie der U-Test von Mann-<br />
Whitney. Letzterer wurde als parameterfreies Prüfverfahren genutzt, da bei den<br />
Datenvergleichen nicht von der Annahme einer Normalverteilung ausgegangen werden<br />
konnte und die Merkmalsgruppen nur einen geringen Stichprobenumfang aufwiesen.<br />
Zur Signifikanzprüfung wurde als Irrtumswahrscheinlichkeit (Alpha) 0,<strong>05</strong> gewählt.<br />
3.3 Definitionen und Erläuterungen<br />
3.3.1 Ausheilung<br />
Die IGE galt bei einem Patienten dann als ausgeheilt, wenn glaubhaft (d. h.<br />
eigenanamnestisch und nach Möglichkeit auch fremdanamnestisch) mindestens seit<br />
2 Jahren Anfallsfreiheit bestand und sich im EEG keine Anfallsmuster fanden.<br />
Epileptiforme Muster bis 4 Sekunden Dauer gelten als asymptomatisch (subklinisch)<br />
und deuten auf eine Anfallsbereitschaft hin, beweisen jedoch keine klinische<br />
Manifestation (Pache 1951, Paal 1957, Dumermuth 1994).<br />
3.3.2 Fotoparoxysmale Reaktion<br />
Bei der fotoparoxysmalen Reaktion handelt es sich im EEG um Ausbrüche von Spikes,<br />
Spike and slow wave-Komplexen oder Polyspike and slow wave-Komplexen unter<br />
Fotostimulation. Sie treten fokal, bilateral oder generalisiert auf. Die fotoparoxysmale<br />
Reaktion kann auf die Dauer der Lichtreizung begrenzt sein, während der Stimulation<br />
enden oder diese überdauern und mit klinischen Symptomen einhergehen. Generalisierte<br />
Spike and slow wave-Komplexe und Polyspike and slow wave-Komplexe unter<br />
Fotostimulation sind gehäuft bei Patienten mit IGE und deren Geschwistern<br />
nachweisbar (Waltz et al. 1992).
13<br />
3.3.3 Elektroenzephalographie<br />
Die EEG-Ableitungen erfolgten an entspannten Patienten bei geschlossenen Augen mit<br />
Oberflächenelektroden. Es wurden 16 Kanäle EEG und das EKG mit Hilfe des Gerätes<br />
ED 24 digital der Firma Schwarzer-Picker registriert. Die Zeitkonstante betrug 0,3 Sek.,<br />
die obere Grenzfrequenz 70 Hz und der Papiervorschub 30 mm/Sek. Die Ableitungen<br />
wurden nach konstanten uni- und bipolaren Schemata über mindestens 20 Minuten<br />
durchgeführt und auf Papier aufgezeichnet. Routinemäßig wurden zur Provokation über<br />
jeweils 3 Minuten Hyperventilation und Fotostimulation eingesetzt.<br />
Im Rahmen der Diagnostik wurde bei den Patienten während eines stationären<br />
Aufenthaltes zusätzlich eine Provokation mittels Schlafentzug vorgenommen, wenn<br />
nicht zuvor bereits Routine-EEG-Ableitungen mit o. g. Provokationsmethoden<br />
Aufschluss über die Erkrankung gaben.<br />
Die EEG-Aufzeichnungen wurden nach einem standardisierten Schema ausgewertet,<br />
das die Grundaktivität, Wellenparoxysmen, Wellenfoci, epileptiforme und<br />
Anfallsmuster sowie Reaktionen auf die Provokationsverfahren umfasste.<br />
Typisches EEG-Muster bei IGE sind generalisierte Spike and slow wave-Komplexe<br />
(Sw) und Polyspike and slow wave-Komplexe (Psw).<br />
3.3.4 Pathologischer neurologischer Befund<br />
Ein pathologischer neurologischer Befund umfasste mindestens eine Abweichung in den<br />
Bereichen:<br />
Hirnnerven,<br />
Motorik,<br />
Reflexstatus,<br />
Sensibilität,<br />
Vegetativum,<br />
Koordination,<br />
Nervendehnungszeichen.
14<br />
3.3.5 Auffälliger psychischer Befund<br />
Ein auffälliger psychischer Befund wurde definiert als Störung im Bereich von Vigilanz,<br />
Orientierung, Gedächtnis, Intelligenz, Konzentrationsfähigkeit, Grundstimmung,<br />
Antrieb und/oder Affekt.<br />
3.4 Psychologische Testverfahren<br />
Zur Einschätzung von psychischen Störungen wurden 4 psychologische Tests<br />
durchgeführt, die neben der Beurteilung des allgemeinen Intelligenzniveaus auch die<br />
Ausprägung von Depressivität und Angstsymptomen aufdecken sollten.<br />
3.4.1 Mehrfachwahl-Wortschatztest (MWT-B)<br />
Der MWT-B (Lehrl 1977) erfasst das Wortschatzwissen und bestimmt damit das<br />
allgemeine Intelligenzniveau bzw. die verbale (bildungsabhängige) Intelligenz<br />
(Wolfram et al. 1989). Aufgrund relativ hoher Korrelationen mit differenzierteren<br />
Intelligenztests wird der MWT als zeitsparendes Verfahren zur Grobklassifizierung des<br />
Intelligenzniveaus eingesetzt (Wolfram et al. 1989).<br />
Er enthält 37 Einzelaufgaben, wobei sich in jeder Zeile zwischen 4 sinnlosen, ähnlich<br />
klingenden Buchstabenfolgen ein umgangs- oder wissenschaftssprachlich bekanntes<br />
Wort befindet, welches vom Patienten zu identifizieren ist. Ein Zeitlimit besteht nicht.<br />
In die Auswertung gingen Rohwerte und IQ-Normen ein. Die Summe richtiger<br />
Lösungen entspricht der Gesamtpunktzahl. Mit dieser wird der Intelligenzquotient (IQ)<br />
aus der MWT-B-Normentabelle (Lehrl 5 1977) entnommen und die Intelligenzstufe<br />
ermittelt (Tab. 3).<br />
5 S. 33
15<br />
Tabelle 3: MWT-B-Normen und Intelligenzstufen (aus: Lehrl 6 1977)<br />
Gesamtpunktzahl Intelligenzstufe IQ<br />
0 – 5 sehr niedrige Intelligenz ≤ 72<br />
6 – 20 niedrige Intelligenz 73 – 90<br />
21 – 30 durchschnittliche Intelligenz 91 – 109<br />
31 – 33 hohe Intelligenz 110 – 127<br />
34 – 37 sehr hohe Intelligenz ≥ 128<br />
3.4.2 Leistungs-Prüf-System, Untertest 3 (LPS-3)<br />
Beim LPS-3 (Horn 1983) handelt es sich um einen Kurzintelligenztest zur Erfassung der<br />
nonverbalen, bildungsunabhängigen Intelligenz. Er berücksichtigt die logische<br />
Denkfähigkeit und somit zentrale Aspekte der Intelligenz (Wolfram et al. 1989). Der<br />
LPS-3 ist gekennzeichnet durch eine einfache und schnelle Durchführbarkeit und hohe<br />
Korrelationen mit anderen Intelligenztests. Der LPS-3 in Kombination mit dem MWT<br />
dient als geeignetes Verfahren zur Grobschätzung des aktuellen intellektuellen Niveaus<br />
bei Patienten mit zerebralen Erkrankungen (Wolfram et al. 1989).<br />
Er beinhaltet 40 Einzelaufgaben, die nach steigender Schwierigkeit angeordnet sind. Zur<br />
Lösung stehen dem Patienten 5 Minuten zur Verfügung. In jeder Einzelaufgabe<br />
befinden sich 8 Elemente mit bestimmter formaler oder logischer Anordnung. Ein nicht<br />
in diese logische Abfolge passendes Element soll vom Patienten herausgefunden und<br />
durchgestrichen werden (Wolfram et al. 1989).<br />
In die Auswertung gingen die Rohwerte (Anzahl richtiger Lösungen) ein. Die IQ-Werte<br />
wurden der altersdifferenzierten Tabelle „IQ-Normwerte für den Intelligenzkurztest<br />
LPS-Untertest 3“ entnommen (Wolfram et al. 1989, S. 66).<br />
6 S. 30
16<br />
3.4.3 Beck-Depressions-Inventar (BDI)<br />
Beim Beck-Depressions-Inventar handelt es sich um ein Selbstbeurteilungsinstrument<br />
zur Erfassung der Schwere depressiver Symptomatik (Hautzinger et al. 1995).<br />
Erfragt werden 21 typische depressive Symptome, zu denen je 4 einfache<br />
Selbstaussagen formuliert sind. Diese enthalten in aufsteigender Reihenfolge eine<br />
zunehmend höhere Ausprägung des jeweiligen Symptoms (4-stufige Skala von 0 = nicht<br />
vorhanden bis 3 = starke Ausprägung). Die am meisten zutreffende Aussage soll vom<br />
Patienten angekreuzt werden. Zur Auswertung wird ein Summenscore gebildet. Je höher<br />
dieser Wert ausfällt, um so ausgeprägter ist die depressive Symptomatik. Werte unter 11<br />
Punkten liegen im unauffälligen, normalen Bereich. Summenwerte von 11 bis 17<br />
Punkten weisen auf eine milde bis mäßige depressive Symptomatik hin, als klinisch<br />
relevant gilt ein Punktwert von 18 und höher (Hautzinger et al. 1995).<br />
Beim BDI ist die Falschinterpretation von neurologisch bedingten Symptomen (z. B.<br />
leichte Ermüdbarkeit, kognitive Einschränkungen) als Depressivität geringer als bei<br />
anderen Depressions-Fragebögen (Cramon et al. 1993).<br />
In die statistische Bearbeitung wurden die Rohwerte (Summenwerte) einbezogen.<br />
3.4.4 Self-Rating Anxiety Scale (SAS)<br />
Die aktuelle Ausprägung von Angstsymptomen wurde mit Hilfe der deutschsprachigen<br />
Version der Self-Rating Anxiety Scale (SAS) beurteilt. Hierbei handelt es sich um eine<br />
Selbstbeurteilungsskala zur Erfassung klinisch relevanter Angstsymptome (Collegium<br />
Internationale Psychiatriae Scalarum 1996). Sie enthält 20 Angstkriterien, von denen 5<br />
auf die affektive und 15 auf die somatische Symptomatik zielen. Mit einer 4-stufigen<br />
Skala von ablehnend bis zustimmend (1 = „nie oder selten“ bis 4 = „meistens oder<br />
immer“) sollen die Patienten ihr Befinden der letzten Woche einschätzen. Durch<br />
neurologische Symptome könnte der Angstwert erhöht werden. Die Patienten wurden<br />
deshalb instruiert, die erfragten Beschwerden nicht auf die Anfälle zu beziehen.<br />
Die Summe der Itemwerte ergibt den Gesamtwert – je höher dieser ist, desto<br />
ausgeprägter ist die Angstsymptomatik. Bei einem Wert ab 36 wird von klinisch<br />
relevanter Angst ausgegangen (Collegium Internationale Psychiatriae Scalarum 1996).<br />
In die statistische Auswertung gingen die Rohwerte (Summenscore) ein.
17<br />
4 Ergebnisse<br />
4.1 Überblick über das Patientengut<br />
An insgesamt 73 Patienten mit einer IGE, die die Einschlusskriterien erfüllten, konnte<br />
der Verlauf der Erkrankung retrospektiv untersucht werden.<br />
Es handelte sich um 41 Frauen (56,2 %) und 32 Männer (43,8 %) im Alter zwischen 15<br />
und 60 Jahren. Das Durchschnittsalter betrug 33,8 ± 9,3 Jahre.<br />
Bei 42 Patienten traten Absencen, bei 7 Patienten myoklonische Anfälle und bei 54<br />
Patienten Grand mal in folgenden Kombinationen auf:<br />
17 Patienten mit Absencen (23,3 %),<br />
25 Patienten mit Grand mal (34,2 %),<br />
1 Patient mit myoklonischen Anfällen (1,4 %),<br />
24 Patienten mit Absencen und Grand mal (32,9 %),<br />
5 Patienten mit myoklonischen und Grand mal-Anfällen (6,8 %),<br />
1 Patient mit Absencen und myoklonischen Anfällen (1,4 %).<br />
Im Gruppenvergleich zwischen den 15 nachuntersuchten und den 58 nicht<br />
nachuntersuchten Patienten anhand der retrospektiv erhobenen Daten (Tab. 1 und Tab. 2<br />
im Anhang) ergaben sich keine signifikanten Unterschiede (p > 0,<strong>05</strong>).<br />
Die 15 nachuntersuchten Patienten sollen im Weiteren stellvertretend für alle 73<br />
Patienten mit einem Spontanverlauf der IGE betrachtet werden.
18<br />
4.2 Überblick über die nachuntersuchten Patienten<br />
Zum Untersuchungszeitpunkt betrug das Durchschnittsalter der nachuntersuchten<br />
Patienten 34,2 ± 10,9 Jahre, die Altersgrenzen lagen bei 18 und 50 Jahren. Es handelte<br />
sich um 6 männliche (40 %) und 9 weibliche Patienten (60 %)<br />
(Abb. 1, Tab. 4 im Anhang).<br />
4<br />
Alters- und Geschlechtsverteilung<br />
Anzahl der Patienten<br />
3<br />
2<br />
1<br />
männlich<br />
weiblich<br />
0<br />
bis 20 21 - 30 31 - 40 41 - 50<br />
Alter in Jahren<br />
Abb. 1: Alters- und Geschlechtsverteilung der nachuntersuchten Patienten
19<br />
Die Epilepsiedauer, d. h. der Zeitraum zwischen Erkrankungsbeginn und<br />
Untersuchungszeitpunkt, unabhängig von einer Ausheilung oder dem Fortbestehen der<br />
Anfälle, reichte von 7 bis 29 Jahre. Im Durchschnitt waren die Patienten vor 18,3 ± 6,8<br />
Jahren erkrankt (Abb. 2, Tab. 5 im Anhang).<br />
5<br />
Epilepsiedauer<br />
4<br />
Anzahl der Patienten<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
5 - 9 10 - 14 15 - 19 20 - 24 25 - 29<br />
Jahre<br />
Abb. 2: Epilepsiedauer bei den nachuntersuchten Patienten
20<br />
4.3 Ergebnisse im Gruppenvergleich<br />
4.3.1 Anfallsfreiheit<br />
Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung war bei 8 Patienten (53 %) die Epilepsie<br />
ausgeheilt, bei den anderen 7 Patienten (47 %) traten weiterhin Anfälle auf (Abb. 3).<br />
Von den 8 ausgeheilten Patienten wiesen in der Nachuntersuchung 5 Patienten (62,5 %)<br />
einen unauffälligen EEG-Befund auf. Die übrigen 3 Patienten (37,5 %) zeigten im EEG<br />
spontan oder unter Provokation generalisierte epileptiforme Muster bis 3 Sek. Dauer.<br />
Bei den 7 nicht ausgeheilten Patienten hatten 4 Patienten (57,1 %) in der EEG-<br />
Ableitung der Nachuntersuchung spontan oder unter Provokation generalisierte<br />
epileptiforme Muster. Die EEG-Befunde der anderen 3 Patienten (42,9 %) waren<br />
unauffällig (Abb. 3).<br />
70<br />
Anfallsfreiheit und EEG-Befund<br />
60<br />
Patientenzahl in %<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
unauffälliges EEG<br />
generalisierte epileptiforme<br />
EEG-Muster<br />
10<br />
0<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
Abb. 3: Anfallsfreiheit und EEG-Befunde bei der Nachuntersuchung<br />
Die ausgeheilten Patienten waren im Durchschnitt seit 13,1 ± 5,6 (4 – 24) Jahren<br />
anfallsfrei (Tab. 6 im Anhang). 7 der 8 anfallsfreien Patienten hatten seit 11 bis 24<br />
Jahren keine Anfälle mehr, bei einem Patienten bestand Anfallsfreiheit seit 4 Jahren.
21<br />
4.3.2 Alters- und Geschlechtsverteilung<br />
Die ausgeheilten Patienten waren zwischen 18 und 50 Jahre alt, ihr Durchschnittsalter<br />
betrug 33,2 ± 12,1 Jahre. Die anfallskranken Patienten waren 20 bis 48 Jahre alt, der<br />
Mittelwert lag bei 35,3 ± 10,1 Jahren (Abb. 4, Tab. 7 im Anhang).<br />
Zwischen ausgeheilten und anfallskranken Patienten bestand kein signifikanter<br />
Unterschied in der Altersverteilung (p = 0,779).<br />
50<br />
Altersverteilung<br />
40<br />
Patientenzahl in %<br />
30<br />
20<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke<br />
Patienten<br />
10<br />
0<br />
bis 20 21 - 30 31 - 40 41 - 50<br />
Alter in Jahren<br />
Abb. 4: Altersverteilung bei ausgeheilten und anfallskranken Patienten
22<br />
Bei den ausgeheilten Patienten handelte es sich um 5 männliche (62,5 %) und 3<br />
weibliche Patienten (37,5 %). Unter den noch anfallskranken Patienten waren ein Mann<br />
(14,3 %) und 6 Frauen (85,7 %) (Abb. 5).<br />
Ein Persistieren des Anfallsleidens war signifikant häufiger bei Frauen als bei Männern<br />
nachweisbar (p = 0,049).<br />
90<br />
Geschlechtsverteilung<br />
Patientenzahl in %<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
männlich<br />
weiblich<br />
0<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
Abb. 5: Geschlechtsverteilung bei ausgeheilten und anfallskranken Patienten
23<br />
4.3.3 Manifestationsalter<br />
Das Manifestationsalter der Epilepsie lag zwischen 6 und 36 Jahren, im Durchschnitt<br />
waren die nachuntersuchten Patienten beim Krankheitsbeginn 15,9 ± 9,8 Jahre alt (Tab.<br />
1 im Anhang).<br />
Unter den ausgeheilten Patienten manifestierte sich die Epilepsie im Alter zwischen 6<br />
und 36 Jahren (Mittelwert 16,5 ± 12,2 Jahre) und bei den noch anfallskranken Patienten<br />
zwischen 6 und 24 Jahren (Mittelwert 15,3 ± 7,0 Jahre).<br />
In beiden Gruppen begann die Erkrankung überwiegend in der 1. und 2. Lebensdekade.<br />
Ein signifikanter Unterschied war zwischen ausgeheilten und anfallskranken Patienten<br />
nicht festzustellen (p = 0,955) (Abb. 6, Tab. 8 im Anhang).<br />
60<br />
Manifestationsalter<br />
50<br />
Patientenzahl in %<br />
40<br />
30<br />
20<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
10<br />
0<br />
bis 10 11 - 20 21 - 30 > 30<br />
Jahre<br />
Abb. 6: Manifestationsalter bei ausgeheilten und anfallskranken Patienten
24<br />
4.3.4 Beobachtungszeitraum<br />
Der Beobachtungszeitraum, gemessen ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Vorstellung<br />
nach dem Erkrankungsbeginn bis zur Nachuntersuchung (Stichtag), erstreckte sich über<br />
7 bis 27 Jahre (Mittelwert 15,3 ± 6,2 Jahre) (Tab. 1 im Anhang).<br />
Die ausgeheilten Patienten wurden im Mittel 14,2 ± 5,6 (9 – 27) Jahre und die<br />
anfallskranken Patienten wurden durchschnittlich 16,4 ± 7,2 (7 – 25) Jahre beobachtet.<br />
Es bestand kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen (p = 0,613) (Abb.<br />
7, Tab. 9 im Anhang).<br />
80<br />
Beobachtungszeitraum<br />
70<br />
Patientenzahl in %<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
10<br />
0<br />
7 - 10 11 - 20 21 - 30<br />
Jahre<br />
Abb. 7: Beobachtungszeitraum bei ausgeheilten und anfallskranken Patienten
25<br />
4.3.5 Familienanamnese<br />
Bei 4 nachuntersuchten Patienten (26,7 %) konnten epileptische Anfälle bei Verwandten<br />
ersten Grades eruiert werden:<br />
3-mal waren Geschwister der Patienten erkrankt,<br />
1-mal war beim Vater einer Patientin eine Epilepsie bekannt.<br />
Für alle betroffenen Verwandten konnten generalisierte Anfälle ermittelt werden.<br />
Es handelte sich bei den Patienten mit positiver Familienanamnese jeweils um einen<br />
Patienten mit einer Absencen- und einer Grand mal-Epilepsie sowie um 2 Patienten mit<br />
beiden Anfallsformen. Der Patient mit der Grand mal-Epilepsie war ausgeheilt, die<br />
übrigen 3 Patienten waren noch anfallskrank.<br />
Zwischen ausgeheilten und anfallskranken Patienten konnten hinsichtlich der<br />
Familienanamnese keine signifikanten Unterschiede gesichert werden (p = 0,179).<br />
4.3.6 Fieberanfälle<br />
Bei 2 Patienten (13,3 %) waren der Epilepsie im frühen Kindesalter Fieberanfälle<br />
vorausgegangen. Beide Patienten (ein Mann und eine Frau) waren an einer<br />
Absencenepilepsie ohne Grand mal erkrankt und sind inzwischen ausgeheilt.<br />
Statistisch ließ sich kein signifikanter Unterschied zwischen ausgeheilten und<br />
anfallskranken Patienten für das Auftreten von Fieberanfällen sichern (p = 0,095).
26<br />
4.3.7 Anfallsformen<br />
Unter den nachuntersuchten Patienten waren 5 an einer Absencenepilepsie erkrankt, bei<br />
5 Patienten traten nur Grand mal auf und 5 Patienten hatten sowohl Absencen als auch<br />
Grand mal-Anfälle. Myoklonische Anfälle konnten bei keinem der nachuntersuchten<br />
Patienten eruiert werden.<br />
Die Patienten mit Absencen waren in 4 Fällen ausgeheilt (80 %), ein Patient (20 %)<br />
erlitt weiterhin Anfälle. Bei den Patienten mit Grand mal waren 3 (60 %) inzwischen<br />
anfallsfrei und bei 2 Patienten (40 %) persistierten die Anfälle. Unter den Patienten mit<br />
beiden Anfallsformen war ein Patient (20 %) ausgeheilt, 4 Patienten (80 %) waren noch<br />
anfallskrank. Bei 3 dieser Patienten traten noch Absencen auf, ein Patient hatte<br />
ausschließlich Grand mal.<br />
Signifikante Unterschiede in der Ausheilung waren für die verschiedenen Anfallsformen<br />
im Gruppenvergleich nicht nachweisbar (p = 0,136) (Abb. 8).<br />
80<br />
Ausheilung der Anfallsformen<br />
70<br />
Patientenzahl in %<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
10<br />
0<br />
Absencen Grand mal Abs.+Gm.<br />
Anfallsformen<br />
Abb. 8: Ausheilungsraten der Anfallsformen<br />
Insgesamt hatte die Hälfte der 8 ausgeheilten Patienten zuvor eine Absencenepilepsie,<br />
bei 37,5 % (3 Patienten) waren Grand mal-Anfälle aufgetreten und ein ausgeheilter<br />
Patient (12,5 %) hatte Absencen und Grand mal.
27<br />
Bei den Patienten mit Absencen waren 3 männlich (60 %) und 2 weiblich (40 %). Unter<br />
den Erkrankten mit ausschließlich Grand mal-Anfällen fanden sich ebenfalls 3<br />
männlichen (60 %) und 2 weiblichen Geschlechts (40 %). Bei allen 5 Patienten mit<br />
beiden Anfallsformen handelte es sich um Frauen (100 %).<br />
Frauen waren signifikant häufiger an beiden Anfallsformen erkrankt als Männer (p =<br />
0,035) (Abb. 9).<br />
100<br />
Anfallsformen und Geschlecht<br />
Patientenzahl in %<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
männlich<br />
weiblich<br />
0<br />
Absencen Grand mal Abs. + Gm<br />
Anfallsformen<br />
Abb. 9: Anfallsformen und Geschlechtsverteilung
28<br />
Beim Manifestationsalter der verschiedenen Anfallsformen konnte festgestellt werden,<br />
dass der Krankheitsbeginn aller Patienten mit einer reinen Absencenepilepsie in den<br />
ersten 10 Lebensjahren lag. Im Mittel waren sie 6,6 ± 0,9 (6 – 8) Jahre alt.<br />
Die Verlaufsform mit Absencen und Grand mal manifestierte sich überwiegend im Alter<br />
zwischen 11 und 20 Jahren. Das Durchschnittsalter betrug 14,0 ± 5,2 (6 – 20) Jahre.<br />
Die Patienten mit ausschließlich Grand mal erkrankten erst im Alter ab 20 Jahre.<br />
Durchschnittlich waren die Patienten bei Manifestation der Epilepsie 27,2 ± 6,1 (20 –<br />
36) Jahre alt. (Abb. 10, Tab. 10 im Anhang).<br />
Es fanden sich signifikante Unterschiede hinsichtlich des Manifestationsalters im<br />
Vergleich zwischen den Patienten mit ausschließlich Absencen oder Grand mal (p =<br />
0,008) sowie auch in der Gegenüberstellung der Gruppen mit Grand mal und beiden<br />
Anfallsformen (p = 0,008).<br />
Für die Patienten mit Absencen und mit beiden Anfallsformen war kein signifikanter<br />
Unterschied im Manifestationsalter nachweisbar (p = 0,<strong>05</strong>6).<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
Anfallsformen und Manifestationsalter<br />
Patientenzahl in %<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Absencen<br />
Abs. + Gm<br />
Grand mal<br />
0<br />
0 - 10 11 - 20 21 - 30 > 30<br />
Manifestationsalter in Jahren<br />
Abb. 10: Anfallsformen und Manifestationsalter
29<br />
Entsprechend dem Manifestationsalter und dem Beobachtungszeitraum stellte sich in<br />
der Nachuntersuchung die Altersverteilung bei den verschiedenen Anfallsformen dar.<br />
Patienten mit Absencen allein oder mit beiden Anfallsformen befanden sich in den<br />
jüngeren Altersgruppen bis 40 Jahre. Patienten mit ausschließlich Grand mal-Anfällen<br />
waren dagegen zwischen 39 und 50 Jahre alt (Abb. 11, Tab. 11 im Anhang).<br />
Der Altersunterschied war im Vergleich zwischen Patienten mit Absencen und Grand<br />
mal (p = 0,008) sowie auch zwischen Patienten mit beiden Anfallsformen und Grand<br />
mal-Anfällen signifikant (p = 0,008).<br />
Die Altersverteilung der Patienten mit Absencen und mit beiden Anfallsformen<br />
unterschied sich nicht signifikant voneinander (p = 0,690).<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
Anfallsformen und Alter<br />
Patientenzahl in %<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Absencen<br />
Abs. + Gm<br />
Grand mal<br />
0<br />
11 - 20 21 - 30 31 - 40 41 - 50<br />
Alter in Jahren<br />
Abb. 11: Anfallsformen und Altersverteilung
30<br />
4.3.8 Anfallsauslöser bei Grand mal<br />
Bei 10 Patienten kamen Grand mal-Anfälle allein oder in Kombination mit Absencen<br />
vor. Davon beobachteten 7 Patienten neben spontan auftretenden Anfällen bestimmte<br />
Anfallsauslöser bzw. -situationen, die häufig mit Grand mal verbunden waren. 6 dieser<br />
Patienten gaben 2 Auslöser an.<br />
In der Gruppe der ausgeheilten Patienten teilten 3 der 4 Patienten mit, dass bei den<br />
früher aufgetretenen Grand mal Anfallsauslöser vorhanden waren. Unter den<br />
anfallskranken Patienten konnten 4 der 6 Patienten mit Grand mal anfallsprovozierende<br />
Faktoren anführen (Abb. 12, Tab. 12 im Anhang).<br />
Unter Berücksichtigung des jeweils erstgenannten Anfallsauslösers zeigten sich im<br />
Gruppenvergleich keine signifikanten Unterschiede zwischen ausgeheilten und<br />
anfallskranken Patienten (p = 0,189).<br />
Anfallsauslöser bei Grand mal<br />
Alkohol<br />
Anfallsauslöser<br />
Schlafentzug<br />
Aufwachphase<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
Stress<br />
0 1 2<br />
Anzahl Nennung<br />
Abb. 12: Anfallsauslöser bei Grand mal
31<br />
4.3.9 Anzahl der Grand mal<br />
Bei 10 nachuntersuchten Patienten traten Grand mal-Anfälle allein (5/10) oder in<br />
Kombination mit Absencen (5/10) auf. Die übrigen 5 Patienten hatten ausschließlich<br />
Absencen.<br />
Die Untersuchung der Anzahl der aufgetretenen Grand mal ergab, dass diese im<br />
Krankheitsverlauf bei den ausgeheilten Patienten gar nicht oder weniger häufig (0 – 3)<br />
vorkamen als bei den anfallskranken Patienten (0 – 50) (Abb. 13, Tab. 13 im Anhang).<br />
Dieser Unterschied war signifikant (p = 0,029).<br />
50<br />
Anzahl der Grand mal<br />
40<br />
Patientenzahl in %<br />
30<br />
20<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
10<br />
0<br />
keine 1 - 3 4 - 5 30 - 50<br />
Grand mal-Anzahl<br />
Abb. 13: Anzahl der Grand mal
32<br />
4.3.10 Fotoparoxysmale Reaktionen bei Diagnosestellung<br />
Im Rahmen der Diagnostik wiesen 20 % der nachuntersuchten Patienten (3/15)<br />
fotoparoxysmale Reaktionen auf. Es handelte sich um einen männlichen und 2<br />
weibliche Patienten. Bei 2 dieser Patienten traten Grand mal auf, ein Patient hatte<br />
sowohl Grand mal-Anfälle als auch Absencen. Alle 3 Patienten waren in der<br />
Nachuntersuchung noch anfallskrank. Keiner der ausgeheilten Patienten zeigte unter<br />
Fotostimulation eine fotoparoxysmale Reaktion (Abb. 14).<br />
Für noch anfallskranke Patienten ließen sich mit 42,9 % der Fälle (3/7) fotoparoxysmale<br />
Reaktionen signifikant häufiger sichern als für ausgeheilte Patienten (0/8) (p = 0,020).<br />
8<br />
Fotoparoxysmale Reaktionen bei Diagnosestellung<br />
7<br />
6<br />
Anzahl der Patienten<br />
5<br />
4<br />
3<br />
8<br />
4<br />
EEG-Normalbefund unter<br />
Fotostimulation<br />
Fotoparoxysmale<br />
Reaktionen<br />
2<br />
3<br />
1<br />
0<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
Abb. 14: Fotoparoxysmale Reaktionen bei Diagnosestellung<br />
Bezüglich der Geschlechtsverteilung (p = 0,790) und der Anfallsformen (p = 0,194)<br />
waren keine signifikanten Unterschiede zwischen Patienten mit fotoparoxysmalen<br />
Reaktionen und denen mit einem EEG-Normalbefund unter Fotostimulation bei<br />
Diagnosestellung nachweisbar.
33<br />
4.3.11 Schulabschluss und Berufsausbildung<br />
Von den nachuntersuchten Patienten besuchten 5 (33,3 %) eine Sonderschule, 9<br />
Patienten (60 %) erwarben die mittlere Reife und ein Patient (6,7 %) erreichte das<br />
Abitur.<br />
Unter den ausgeheilten Patienten<br />
ging 1 Patient (12,5 %) zur Sonderschule,<br />
6 Patienten (75 %) verfügten über die mittlere Reife,<br />
1 Patient (12,5 %) erwarb das Abitur.<br />
Bei den anfallskranken Patienten<br />
besuchten 4 Patienten (57,1 %) die Sonderschule,<br />
3 Patienten erreichten (42,9 %) die mittlere Reife.<br />
Ein signifikanter Unterschied im erzielten Schulabschluss konnte nicht gesichert werden<br />
(p = 0,118) (Abb. 15).<br />
Schulabschluss<br />
100<br />
90<br />
12,5<br />
80<br />
42,9<br />
70<br />
Patientenzahl in %<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
75<br />
57,1<br />
Abitur<br />
Mittlere Reife<br />
Sonderschule<br />
20<br />
10<br />
0<br />
12,5<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
Abb. 15: Schulabschluss bei ausgeheilten und anfallskranken Patienten
34<br />
In der beruflichen Ausbildung erreichten unter den ausgeheilten Patienten<br />
1 Patient (12,5 %) einen Teilfacharbeiterabschluss,<br />
5 Patienten (62,5 %) einen Facharbeiterabschluss,<br />
2 Patienten (25,0 %) hatten ein Fachschulstudium absolviert.<br />
In der Gruppe der anfallskranken Patienten<br />
übte 1 Patient (14,3 %) eine ungelernte Tätigkeit aus,<br />
4 Patienten (57,1 %) waren Teilfacharbeiter,<br />
2 (28,6 %) hatten eine Facharbeiterausbildung abgeschlossen.<br />
Zwischen ausgeheilten und anfallskranken Patienten war in der Berufsausbildung<br />
statistisch kein signifikanter Unterschied nachweisbar (p = 0,062) (Abb. 16).<br />
100<br />
Berufsausbildung<br />
90<br />
80<br />
25<br />
28,6<br />
70<br />
Patientenzahl in %<br />
60<br />
50<br />
40<br />
62,5<br />
57,1<br />
Fachschulabschluss<br />
Facharbeiter<br />
Teilfacharbeiter<br />
ungelernte Tätigkeit<br />
30<br />
20<br />
10<br />
12,5<br />
14,3<br />
0<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
Abb. 16: Berufsausbildung bei ausgeheilten und anfallskranken Patienten
35<br />
Alle 3 Patienten mit fotoparoxysmalen Reaktionen bei Diagnosestellung wiesen<br />
signifikant geringere berufliche Qualifikationen auf als die übrigen Patienten (p =<br />
0,041) (Abb. 17, Tab. 14 im Anhang).<br />
100<br />
Berufsausbildung und fotoparoxysmale Reaktion<br />
90<br />
16,7<br />
80<br />
Patientenzahl in %<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
66,7<br />
58,3<br />
Fachschulabschluss<br />
Facharbeiter<br />
Teilfacharbeiter<br />
ungelernte Tätigkeit<br />
30<br />
20<br />
10<br />
33,3<br />
25<br />
0<br />
Fotoparoxysmale Reaktionen<br />
EEG-Normalbefund unter<br />
Fotostimulation<br />
Abb. 17: Berufsausbildung und fotoparoxysmale Reaktion
36<br />
4.3.12 Aktuelle Erwerbstätigkeit<br />
Für die Erwerbstätigkeit konnte zwischen ausgeheilten und anfallskranken Patienten<br />
kein signifikanter Unterschied gesichert werden (p = 0,097) (Tab. 15).<br />
Tabelle 15: Aktuelle Erwerbstätigkeiten<br />
Erwerbstätigkeit<br />
Ausgeheilte<br />
Patienten<br />
Anfallskranke<br />
Patienten<br />
Gesamt<br />
n % n % N %<br />
Ausbildung 2 25,0 0 0 2 13,3<br />
Berufstätigkeit 5 62,5 3 42,8 8 53,3<br />
Arbeitslosigkeit 1 12,5 2 28,6 3 20,0<br />
Rente (EU) 0 0 2 28,6 2 13,3<br />
Gesamt 8 100,0 7 100,0 15 100,0
37<br />
4.3.13 Gründe für den Behandlungsabbruch<br />
Insgesamt wurden 18 Gründe für den Therapieabbruch von den 13 initial behandelten<br />
Patienten (86,7 %) genannt, wobei 5 Patienten 2 Gründe angaben (Abb. 18).<br />
Bei 2 Patienten (13,3 %) war keine antikonvulsive Therapieeinstellung erfolgt. Es<br />
handelte sich um einen ausgeheilten und einen noch anfallskranken Patienten.<br />
Als Gründe für den Therapieabbruch wurden von den 13 anfänglich behandelten<br />
Patienten angeführt:<br />
6-mal initial aufgetretene Nebenwirkungen unter der antiepileptischen Behandlung<br />
(6/13, 46,2 %),<br />
6-mal nach Therapiebeginn erzielte Anfallsfreiheit (46,2 %),<br />
2-mal auf Anraten eines auswärtigen Neurologen (15,4 %),<br />
2-mal Desinteresse/Gleichgültigkeit gegenüber einer weiterer Therapie (15,4 %),<br />
2-mal eine Schwangerschaft (15,4 %).<br />
Bei den erstgenannten Gründen für den Behandlungsabbruch unterschieden sich<br />
ausgeheilte und anfallskranke Patienten nicht signifikant voneinander (p = 0,232).<br />
Gründe für den Behandlungsabbruch<br />
Nebenwirkungen der Antiepileptika<br />
Anfallsfreiheit<br />
Ärztliches Anraten/auswärtiger<br />
Neurologe<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
Desinteresse<br />
Schwangerschaft<br />
0 1 2 3 4 5<br />
Anzahl Nennung<br />
Abb. 18: Gründe für den Behandlungsabbruch
38<br />
4.3.14 Neurologische und psychische Untersuchungsbefunde<br />
In der Nachuntersuchung fanden sich folgende Ergebnisse:<br />
Unter den ausgeheilten Patienten hatte ein Patient (1/8, 12,5 %) mit einer Lese-<br />
Rechtschreib-Störung einen auffälligen psychischen Befund.<br />
Aus der Gruppe der anfallskranken Patienten wies eine Patientin (1/7, 14,3 %) in der<br />
neurologischen Untersuchung diskrete Koordinationsstörungen und einen<br />
feinschlägigen Tremor der Hände auf, psychisch bestand eine depressive<br />
Stimmungslage. Bei dieser Patientin war seit mehreren Jahren ein Alkoholabusus<br />
bekannt.<br />
Der neurologische und psychische Untersuchungsstatus aller anderen Patienten fiel<br />
unauffällig aus.<br />
Zwischen ausgeheilten und anfallskranken Patienten waren bei den neurologischen (p =<br />
0,2<strong>05</strong>) und psychischen Befunden (p = 0,249) keine signifikanten Unterschiede<br />
nachweisbar.
39<br />
4.3.15 Ergebnisse der psychologischen Testverfahren<br />
4.3.15.1 Mehrfachwahl-Wortschatztest (MWT-B)<br />
Das Ergebnis in diesem Test konnte von einem ausgeheilten Patienten aufgrund einer<br />
Lese-Rechtschreib-Störung nicht berücksichtigt werden.<br />
Die erzielten IQ-Werte lagen im Mittel bei 93,6 ± 8,6 (81 – 112). Bei den ausgeheilten<br />
Patienten betrug der ermittelte IQ durchschnittlich 96,0 ± 9,8 (86 – 112) und bei den<br />
anfallskranken Patienten 91,3 ± 7,2 (81 – 101) (Abb. 19, Tab. 16 im Anhang).<br />
Ein signifikanter Unterschied war zwischen ausgeheilten und anfallskranken Patienten<br />
nicht festzustellen (p = 0,535).<br />
4<br />
Mehrfachwahl-Wortschatztest<br />
Anzahl der Patienten<br />
3<br />
2<br />
1<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
0<br />
73 - 90 91 - 109 110 - 127<br />
IQ<br />
Abb. 19: Mehrfachwahl-Wortschatztest
40<br />
4.3.15.2 Leistungs-Prüf-System, Untertest 3 (LPS-3)<br />
Im LPS-3 war der mittlere IQ 92,9 ± 13,1 (77 – 113). Für die ausgeheilten Patienten<br />
wurde ein durchschnittlicher IQ von 99,1 ± 11,2 (82 – 113) ermittelt. Bei den<br />
anfallskranken Patienten fielen die IQ-Werte niedriger aus, der Mittelwert betrug 85,7 ±<br />
12,3 (77 – 111). Dieser Unterschied war signifikant (p = 0,035) (Abb. 20, Tab. 17 im<br />
Anhang).<br />
100<br />
Leistungs-Prüf-System, Untertest 3<br />
Patientenzahl in %<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
0<br />
/= 110<br />
IQ<br />
Abb. 20: Leistungs-Prüf-System, Untertest 3
41<br />
Im Leistungs-Prüf-System, Untertest 3, lagen die IQ-Werte für die Patienten mit einem<br />
Manifestationsalter bis zu 10 Jahren signifikant höher als in der Patientengruppe mit<br />
einem Erkrankungsalter zwischen 11 und 20 Jahren (durchschnittlicher IQ 100,0 ± 11,6<br />
vs. 82,0 ± 6,9; p = 0,013) (Abb. 21, Tab. 18 im Anhang).<br />
LPS-3 und Manifestationsalter<br />
Patientenzahl in %<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Manifestationsalter in Jahren<br />
0 - 10<br />
11 - 20<br />
21 - 30<br />
> 30<br />
0<br />
/= 110<br />
IQ<br />
Abb. 21: Leistungs-Prüf-System, Untertest 3, und Manifestationsalter
42<br />
Alle 3 Patienten mit fotoparoxysmalen Reaktionen bei Diagnosestellung erzielten im<br />
LPS-3 IQ-Werte unter 90, im Mittel 80,3 ± 2,3 (77 – 82). Für die anderen Patienten fand<br />
sich ein mittlerer IQ von 96,0 ± 12,6 (Abb. 22, Tab. 19 im Anhang).<br />
Dieser Unterschied war signifikant (p = 0,034).<br />
100<br />
LPS-3 und fotoparoxysmale Reaktion<br />
Patientenzahl in %<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Fotoparoxysmale Reaktion<br />
EEG-Normalbefund unter<br />
Fotostimulation<br />
0<br />
/= 110<br />
IQ<br />
Abb. 22: Leistungs-Prüf-System, Untertest 3, und fotoparoxysmale Reaktion bei<br />
Diagnosestellung
43<br />
4.3.15.3 Beck-Depressions-Inventar (BDI)<br />
In diesem Testverfahren wurden Werte zwischen 0 und 27 ermittelt, der<br />
durchschnittliche Summenwert betrug 5,6 ± 8,5.<br />
Bei den ausgeheilten Patienten war der mittlere Summenwert 1,9 ± 4,9 (0 – 14). Für die<br />
anfallskranken Patienten wurde ein Durchschnittswert von 9,9 ± 10,0 (0 – 27) bestimmt.<br />
Anfallskranke Patienten neigten damit signifikant häufiger zur Depressivität als<br />
ausgeheilte Patienten (p = 0,015) (Abb. 23, Tab. 20 im Anhang).<br />
Insgesamt fanden sich bei 27 % der nachuntersuchten Patienten (4/15) Hinweise auf<br />
Depressionen.<br />
100<br />
Beck-Depressions-Inventar<br />
Patientenzahl in %<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
0<br />
< 11 11 - 17 > 17<br />
BDI-Summenwert<br />
Abb. 23: Beck-Depressions-Inventar
44<br />
Patienten mit fotoparoxysmalen Reaktionen bei Diagnosestellung wiesen höhere BDI-<br />
Summenwerte auf, im Mittel 16,0 ± 11,8 (4 – 27). Für die Patienten mit einem EEG-<br />
Normalbefund unter Fotostimulation bei Diagnosestellung war ein mittlerer BDI-Wert<br />
von 3,0 ± 6,3 (0 – 15) nachweisbar.<br />
Bei Patienten mit fotoparoxysmalen Reaktionen waren im BDI depressive Symptome<br />
signifikant häufiger festzustellen als bei den übrigen Patienten (p = 0,018) (Abb. 24,<br />
Tab. 21 im Anhang).<br />
90<br />
BDI und fotoparoxysmale Reaktion<br />
Patientenzahl in %<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Fotoparoxysmale Reaktion<br />
EEG-Normalbefund unter<br />
Fotostimulation<br />
0<br />
< 11 11 - 17 > 17<br />
BDI-Summenwert<br />
Abb. 24: BDI und fotoparoxysmale Reaktion bei Diagnosestellung
45<br />
4.3.15.4 Self-Rating Anxiety Scale (SAS)<br />
In diesem Test wurde ein Mittelwert von 31,9 ± 6,8 (24 – 47) bestimmt.<br />
In der Gruppe der ausgeheilten Patienten lagen die Gesamtwerte zwischen 24 und 36,<br />
der Durchschnittswert betrug 28,1 ± 4,7.<br />
Unter den anfallskranken Patienten wurde ein mittlerer Wert von 36,3 ± 6,3 (30 – 47)<br />
erzielt. Patienten dieser Gruppe hatten ein signifikant höheres Angstniveau als<br />
ausgeheilte Patienten (p = 0,013) (Abb. 25, Tab. 22 im Anhang).<br />
Es ergaben sich bei insgesamt einem Drittel aller Patienten (5/15) Hinweise auf eine<br />
klinisch relevante Angstsymptomatik.<br />
Self-Rating Anxiety Scale<br />
90<br />
80<br />
70<br />
Patientenzahl in %<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
0<br />
< 36 =/> 36<br />
Gesamtwert<br />
Abb. 25: Self-Rating Anxiety Scale
46<br />
Alle Patienten mit fotoparoxysmalen Reaktionen bei Diagnosestellung wiesen im SAS<br />
mit Gesamtwerten zwischen 36 und 47 (Mittelwert 41,3 ± 6,2) eine ausgeprägte<br />
Angstsymptomatik auf. Patienten mit einem EEG-Normalbefund unter Fotostimulation<br />
bei Diagnosestellung erreichten Werte von 24 bis 38, im Durchschnitt von 29,6 ± 6,7.<br />
Dieser Unterschied war signifikant (p = 0,009) (Abb. 26, Tab. 23 im Anhang).<br />
100<br />
SAS und fotoparoxysmale Reaktion<br />
Patientenzahl in %<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Fotoparoxysmale Reaktion<br />
EEG-Normalbefund unter<br />
Fotostimulation<br />
0<br />
< 36 =/> 36<br />
Gesamtwert<br />
Abb. 26: SAS und fotoparoxysmale Reaktion bei Diagnosestellung<br />
Es ergaben sich unter den nachuntersuchten Patienten für 4 Patienten (27 %) Hinweise<br />
auf Depressivität und für 5 Patienten (33,3 %) auf eine klinisch relevante<br />
Angstsymptomatik.<br />
Bei 2 Patienten (13,3 %) ließ sich eine Komorbidität für Depression und Angst eruieren.<br />
Beide Patienten hatten bei Diagnosestellung fotoparoxysmale Reaktionen und waren in<br />
der Nachuntersuchung noch anfallskrank.<br />
Im statistischen Vergleich unterschieden sich die Ergebnisse vom BDI und SAS<br />
signifikant (p = 0,001).
47<br />
4.3.16 EEG-Befunde bei Diagnosestellung<br />
4.3.16.1 Spontanes Auftreten generalisierter epileptiformer und Anfallsmuster<br />
Spontane generalisierte epileptiforme/Anfallsmuster bei Diagnosestellung<br />
80<br />
70<br />
60<br />
Patientenzahl in %<br />
50<br />
40<br />
30<br />
EEG-Normalbefund<br />
Im Rahmen der Diagnostik fanden sich bei 9 (60,0 %) der 15 nachuntersuchten<br />
Patienten spontan generalisierte epileptiforme und Anfallsmuster im abgeleiteten EEG:<br />
bei 75 % aus der Gruppe der ausgeheilten Patienten (6/8) sowie<br />
bei 42,9 % der anfallskranken Patienten (3/7).<br />
Die übrigen 6 nachuntersuchten Patienten (40,0 %) wiesen einen unauffälligen EEG-<br />
Befund auf.<br />
Ein signifikanter Unterschied ergab sich zwischen ausgeheilten und anfallskranken<br />
Patienten nicht (p = 0,201) (Abb. 27).<br />
Epileptiforme/Anfallsmuster<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
Abb. 27: Spontanes Auftreten generalisierter epileptiformer und Anfallsmuster bei<br />
Diagnosestellung
48<br />
In 7 Fällen handelte es sich um generalisierte epileptiforme Muster, bei 2 Patienten<br />
fanden sich während der EEG-Ableitung spontan Anfallsmuster mit klinischer<br />
Manifestation als Absencen. Beide Patienten mit Anfallsmustern waren an einer<br />
Absencenepilepsie erkrankt, hatten im Kindesalter Fieberanfälle und waren in der<br />
Nachuntersuchung ausgeheilt. Die Erkrankung manifestierte sich für beide Patienten in<br />
den ersten 10 Lebensjahren. Ein signifikanter Unterschied bezüglich des Vorkommens<br />
von Anfallsmustern im EEG bei Diagnosestellung konnte zwischen ausgeheilten und<br />
anfallskranken Patienten nicht gesichert werden (p = 0,095).<br />
Bei allen Patienten mit einem Erkrankungsbeginn im Alter bis zu 10 Jahren traten<br />
bereits spontan generalisierte epileptiforme und Anfallsmuster auf. Dagegen fanden sich<br />
nur bei 20 % (1/5) der Patienten mit einem Manifestationsalter zwischen 11 und 20<br />
Jahren spontan epileptiforme Muster (Abb. 28, Tab. 24 im Anhang). Dieser Unterschied<br />
war signifikant (p = 0,010).<br />
Spontane generalisierte epileptiforme/Anfallsmuster und Manifestationsalter<br />
6<br />
5<br />
Anzahl der Patienten<br />
4<br />
3<br />
2<br />
Epileptiforme/Anfallsmuster<br />
Normalbefund<br />
1<br />
0<br />
0 - 10 11 - 20 21 - 30 > 30<br />
Manifestationsalter in Jahren<br />
Abb. 28: Spontanes Auftreten generalisierter epileptiformer/Anfallsmuster und<br />
Manifestationsalter
49<br />
4.3.16.2 Provokation mit Hyperventilation, Fotostimulation und Schlafentzug<br />
Unter Provokation mit Hyperventilation wurden bei 2 Patienten (13,3 %) generalisierte<br />
epileptiforme Muster aufgezeichnet, die zuvor spontan in der EEG-Ableitung nicht<br />
nachweisbar waren. Es handelte sich dabei jeweils um einen in der Nachuntersuchung<br />
ausgeheilten und um einen anfallskranken Patienten. Zwischen beiden Patientengruppen<br />
bestand kein signifikanter Unterschied (p = 0,424).<br />
Unter Fotostimulation fanden sich bei 3 Patienten (20 %) Sw, deren EEG-Ableitungen<br />
spontan und unter Hyperventilation unauffällig gewesen waren. Bei einem dieser<br />
Patienten kam es während der Fotostimulation zum Ausbruch einer Absence. Alle 3<br />
Patienten mit fotoparoxysmalen Reaktionen waren in der Nachuntersuchung noch<br />
anfallskrank. Anfallskranke Patienten wiesen unter Fotostimulation signifikant häufiger<br />
generalisierte epileptiforme und Anfallsmuster auf als ausgeheilte Patienten (p = 0,020).
50<br />
Bei 9 Patienten (60 %) konnten bereits spontan im EEG generalisierte epileptiforme und<br />
Anfallsmuster aufgezeichnet werden. Für 2 Patienten (13,3 %) gelang die<br />
Diagnosesicherung durch den Nachweis von Sw und Psw unter Hyperventilation, bei 3<br />
Patienten (20 %) fanden sich generalisierte epileptiforme und Anfallsmuster unter<br />
Provokation mit Fotostimulation.<br />
Bei einem inzwischen ausgeheilten Patienten (6,7 %) konnten Sw erst im EEG nach<br />
Schlafentzug registriert werden (Abb. 29, Tab. 25 im Anhang).<br />
EEG-Diagnose<br />
Patientenzahl in %<br />
6,7<br />
20<br />
spontan<br />
Hyperventilation<br />
Fotostimulation<br />
Schlafentzug<br />
60<br />
13,3<br />
Abb. 29: Aufzeichnung epileptiformer und Anfallsmuster bei der Diagnostik
51<br />
4.3.16.3 Grundaktivität, Allgemeinveränderungen und Herdbefunde<br />
In den EEG-Ableitungen bei Diagnosestellung wurde in 8 Fällen (53,3 %) eine Alpha-<br />
Grundaktivität dokumentiert, bei einem Patienten (6,7 %) wurde ein EEG vom Alpha-<br />
Beta-Mischtyp aufgezeichnet und bei 6 Patienten (40 %) fand sich eine Kombination<br />
aus Alpha- und Theta-Aktivität (Tab. 26 im Anhang).<br />
Ein Patient hatte bei Manifestation der Epilepsie mit 30 Jahren sowie aktuell in der<br />
Nachuntersuchung ein EEG vom Alpha-Beta-Mischtyp.<br />
Unter den 6 Patienten mit einer Alpha-Theta-Aktivität in der ersten EEG-Ableitung<br />
begann in allen Fällen das Anfallsleiden im Alter zwischen 6 und 14 Jahren, so dass die<br />
beschriebene Grundaktivität altersphysiologisch war.<br />
In der statistischen Bewertung zeigte sich zwischen ausgeheilten und anfallskranken<br />
Patienten kein signifikanter Unterschied in der Grundaktivität der EEG-Ableitungen (p<br />
= 0,517).<br />
Allgemeinveränderungen oder Herdbefunde waren bei keinem Patienten in der EEG-<br />
Ableitung bei Diagnosestellung nachweisbar.
52<br />
4.3.17 EEG-Befunde der Nachuntersuchung<br />
4.3.17.1 Spontanes Auftreten generalisierter epileptiformer und Anfallsmuster<br />
In den aktuellen EEG-Ableitungen fanden sich bei 4 Patienten (26,7 %) spontan<br />
epileptiforme Muster.<br />
Unter den ausgeheilten Patienten hatten 6 (75 %) ein unauffälliges EEG, 2 Patienten<br />
(25 %) wiesen generalisierte epileptiforme Muster auf.<br />
Die Auswertung der EEG-Aufzeichnungen ergab in der Gruppe der anfallskranken<br />
Patienten in 5 Fällen (71,4 %) einen unauffälligen Befund, bei 2 Patienten (28,6 %)<br />
wurden spontan Sw dokumentiert.<br />
Ein signifikanter Unterschied war zwischen beiden Patientengruppen nicht festzustellen<br />
(p = 0,417) (Abb. 30).<br />
Anfallsmuster traten bei keinem Patienten in der Nachuntersuchung auf.<br />
80<br />
Spontane generalisierte epileptiforme Muster in der Nachuntersuchung<br />
70<br />
60<br />
Patientenzahl in %<br />
50<br />
40<br />
30<br />
EEG-Normalbefund<br />
Epileptiforme Muster<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
Abb. 30: Spontanes Auftreten epileptiformer Muster in der Nachuntersuchung
53<br />
4.3.17.2 Provokation mit Hyperventilation und Fotostimulation<br />
Bei Hyperventilation hatten 2 Patienten (13,3 %) zusätzlich generalisierte epileptiforme<br />
Muster. Es handelte sich jeweils um einen ausgeheilten und einen anfallskranken<br />
Patienten (Abb. 31, Tab. 27 im Anhang). Zwischen beiden Gruppen bestand dabei kein<br />
signifikanter Unterschied (p = 0,517).<br />
Unter Fotostimulation wurden bei einer Patientin (6,7 %) Sw und Psw aufgezeichnet.<br />
Diese Patientin wies bei Diagnosestellung bereits eine fotoparoxysmale Reaktion auf<br />
und war in der Nachuntersuchung noch anfallskrank. Die beiden anderen Patienten mit<br />
fotoparoxysmalen Reaktionen zum Krankheitsbeginn hatten in der Nachuntersuchung<br />
spontan und unter Provokation keine EEG-Veränderungen. Signifikante Unterschiede<br />
waren zwischen beiden Patientengruppen für die EEG-Befunde unter Fotostimulation<br />
nicht zu ermitteln (p = 0,2<strong>05</strong>) (Abb. 31, Tab. 27 im Anhang).<br />
In der Nachuntersuchung hatten 62,5 % (5/8) der ausgeheilten Patienten einen<br />
unauffälligen EEG-Befund, 37,5 % (3/8) hatten spontan oder unter Provokation<br />
generalisierte epileptiforme Muster. Unter den anfallskranken Patienten zeigten 42,8 %<br />
(3/7) einen Normalbefund und 57,2 % (4/7) einen pathologischen Befund. Ein<br />
signifikanter Unterschied war hierbei nicht festzustellen (p = 0,331).<br />
70<br />
EEG-Befunde der Nachuntersuchung<br />
60<br />
Patientenzahl in %<br />
50<br />
40<br />
30<br />
Ausgeheilte Patienten<br />
Anfallskranke Patienten<br />
20<br />
10<br />
0<br />
keine spontan Hyperventilation Fotostimulation<br />
Epileptiforme Muster<br />
Abb. 31: Auftreten generalisierter epileptiformer Muster bei der Nachuntersuchung
54<br />
4.3.17.3 Grundaktivität, Allgemeinveränderungen und Herdbefunde<br />
In den aktuellen Ableitungen wurde bei 13 Patienten (86,6 %) ein EEG vom Alpha-Typ<br />
aufgezeichnet, bei einem Patienten vom Beta-Typ (6,7 %) und bei einem Patienten vom<br />
Alpha-Beta-Mischtyp (6,7 %) (Abb. 32).<br />
Unter den ausgeheilten Patienten fand sich<br />
in einem Fall eine Beta-Aktivität (12,5 %),<br />
bei einem Patienten eine Alpha-Beta-Aktivität (12,5 %),<br />
die übrigen 6 Patienten wiesen eine Alpha-Grundaktivität auf (75 %).<br />
Bei den anfallskranken Patienten war ausschließlich ein Alpha-Rhythmus dokumentiert.<br />
Statistisch signifikante Unterschiede ergaben sich zwischen ausgeheilten und<br />
anfallskranken Patienten nicht (p = 0,249).<br />
In keiner der aktuellen EEG-Ableitungen konnten Allgemeinveränderungen oder<br />
Herdbefunde nachgewiesen werden.<br />
EEG-Grundaktivität in der Nachuntersuchung<br />
Patientenzahl in %<br />
6,7<br />
6,7<br />
Alpha<br />
Beta<br />
Alpha/Beta<br />
86,6<br />
Abb. 32: Grundaktivität in den EEG-Ableitungen der Nachuntersuchung
55<br />
4.4 Fallschilderungen<br />
Die folgenden 3 Fallschilderungen sollen typische Krankheitsverläufe der<br />
nachuntersuchten Patienten zeigen. Die Non-Compliance der Patienten mit den Gründen<br />
für den Behandlungsabbruch sowie soziale Konsequenzen werden dargestellt.<br />
Fall 1, (D. K.), 23 Jahre, weiblich<br />
Diagnose:<br />
Idiopathische generalisierte Epilepsie mit Grand mal und Absencen.<br />
Anfälle:<br />
Die Erkrankung begann mit einem Grand mal im 13. Lebensjahr am Abend, bis zur<br />
Nachuntersuchung traten keine weiteren Grand mal auf. In mehreren EEG-Ableitungen<br />
aufgezeichnete und beim stationären Aufenthalt beobachtete Absencen wurden von der<br />
Patientin und ihren Familienangehörigen nie wahrgenommen.<br />
Anamnese:<br />
Die Geburt und frühkindliche Entwicklung waren ohne Besonderheiten. Fieberanfälle<br />
waren nicht aufgetreten, die Familienanamnese war unauffällig. Nach dem Abitur<br />
absolvierte die Patientin eine Ausbildung zur Ergotherapeutin.<br />
Klinische Befunde:<br />
Die neurologischen und psychischen Befunde waren ohne Auffälligkeiten.<br />
Psychologische Beurteilung:<br />
Bei einer früheren psychologischen Einschätzung und in der Nachuntersuchung wurde<br />
eine durchschnittliche bis gering unterdurchschnittliche intellektuelle Befähigung<br />
nachgewiesen (IQ im MWT: 93, IQ beim LPS 3: 85). Es bestanden keine Hinweise auf<br />
eine depressive oder Angstsymptomatik.<br />
EEG bei Diagnosestellung:<br />
10 Hz Alpharhythmus. Spontane epileptiforme und Anfallsmuster (Sw, Psw), Zunahme<br />
unter Hyperventilation mit bis zu 9 Sek. Dauer.<br />
EEG-Verlaufskontrollen:<br />
10 Hz Alpharhythmus. Spontan und unter Hyperventilation epileptiforme Muster (Sw,<br />
Psw) bis 3 Sek. Dauer, mehrere EEG-Ableitungen ohne pathologischen Befund.
56<br />
EEG in der Nachuntersuchung:<br />
12 Hz Alpharhythmus. Unter Hyperventilation generalisierte epileptiforme Muster (Sw,<br />
Psw) von 3 Sek. Dauer. Keine Hinweise auf Allgemeinveränderungen oder<br />
Herdbefunde.<br />
Behandlung und Verlauf:<br />
Nach Manifestation der Erkrankung und unmittelbar eingeleiteter Diagnostik sowie<br />
Therapiebeginn mit Valproat wurden keine weiteren Anfälle mehr bemerkt. Das<br />
Auftreten von Absencen wurde von der Patientin negiert. Die mehrfach bestimmten<br />
Serumspiegel des Valproats lagen weit unterhalb des therapeutischen Bereichs. Die<br />
Patientin klagte über Nebenwirkungen unter der antikonvulsiven Behandlung,<br />
insbesondere über Müdigkeit und Konzentrationsstörungen. Aufgrund der damit<br />
verbundenen Beeinträchtigungen beim Lernen in der Schule setzte sie das<br />
Antikonvulsivum nach wenigen Monaten unregelmäßiger Einnahme schließlich ganz<br />
ab. Bei eher unterdurchschnittlichen intellektuellen Fähigkeiten erzielte die Patientin<br />
mit übermäßigem Fleiß und Ehrgeiz das Abitur und absolvierte ein Fachschulstudium<br />
zur Ergotherapeutin. Dazu fuhr sie täglich ca. 90 km mit einem PKW zum<br />
Ausbildungsort. Eine medikamentöse Behandlung lehnte sie wiederum ab.<br />
Fall 2, (J. S.), 20 Jahre, weiblich<br />
Diagnose:<br />
Idiopathische generalisierte Epilepsie mit Grand mal und Absencen.<br />
Anfälle:<br />
Im Alter von 6 Jahren ereigneten sich jeweils im Abstand von einer Woche insgesamt 3<br />
Grand mal-Anfälle. Unter initialer Therapieeinstellung auf Valproinsäure kam es<br />
innerhalb der nächsten 3 Monate zu 4 weiteren Grand mal. Alle Anfälle traten mittags<br />
oder in den frühen Nachmittagsstunden auf, als Auslöser wurden Schlafmangel und<br />
Stress-Situationen angegeben. In der Kindheit wurden Absencen von der Patientin und<br />
ihrer Familie nicht bemerkt. Auf Nachfragen berichteten die Patientin und ihr Ehemann<br />
bei der Nachuntersuchung über mögliche Abwesenheitszustände von wenigen<br />
Sekunden, die etwa einmal wöchentlich auftreten.
57<br />
Anamnese:<br />
Die Geburt und frühkindliche Entwicklung waren unauffällig. In der Familienanamnese<br />
gab es keine Anfallserkrankungen, Fieberanfälle waren bei der Patientin nicht<br />
vorgekommen. Nach dem Besuch der Sonderschule schloss sie eine<br />
Teilfacharbeiterausbildung zur Bäckerin ab.<br />
Klinische Befunde:<br />
Neurologisch und psychisch waren keine pathologischen Befunde festzustellen.<br />
Psychologische Beurteilung:<br />
Beim stationären Aufenthalt zur Diagnostik und in einer Kontrolluntersuchung wurde<br />
eine altersnormale intellektuelle Entwicklung beschrieben (IQ 97). Aktuell konnte im<br />
LPS-3-Kurzintelligenztest mit einem IQ-Wert von 111 eine hohe Intelligenz bestätigt<br />
werden. Im MWT-B wurde bei einem IQ von 97 ein durchschnittliches<br />
bildungsabhängiges Intelligenzniveau nachgewiesen. Es fand sich kein Anhalt für<br />
Depressivität oder eine Angstsymptomatik.<br />
EEG bei Diagnosestellung:<br />
Alpha-Theta-Aktivität. Spontane epileptiforme und Anfallsmuster (Sw), unter<br />
Provokation mit Schlafentzug bis 8 Sek. Dauer.<br />
EEG-Verlaufskontrollen:<br />
9 bis 10 Hz Alpharhythmus. Spontane epileptiforme Muster (Sw) bis 2 Sek. Dauer,<br />
mehrere EEG-Ableitungen ohne pathologischen Befund.<br />
EEG in der Nachuntersuchung:<br />
10 Hz Alpharhythmus. Spontan intermittierend Sw bis 2 Sek. Dauer, keine Hinweise auf<br />
allgemeine zerebrale Funktionsstörungen oder Herdbefunde.<br />
Behandlung und Verlauf:<br />
Aufgrund mangelnder Compliance der Eltern erfolgte die Valproat-Einnahme nur<br />
unregelmäßig über wenige Monate. Unter der antikonvulsiven Therapie hatten sie bei<br />
der Patientin Unruhe und motorische Hyperaktivität beobachtet. Die Patientin erinnerte<br />
sich in der Nachuntersuchung insbesondere an Müdigkeit und Konzentrationsstörungen<br />
beim Lernen in der Schule während der Behandlungszeit. Wegen Schulschwierigkeiten<br />
wurde sie auf Drängen der Eltern in der 3. Klasse in eine Sonderschule versetzt. Das<br />
erfolgte entgegen der Empfehlung der Kinderpsychologin, die im Rahmen der
58<br />
epileptologischen Betreuung mehrfach eine altersnormale intellektuelle Entwicklung<br />
nachgewiesen hatte. Nach guten und sehr guten Leistungen an der Sonderschule ist die<br />
Patientin nach einer Ausbildung zur Bäckerin ausschließlich in Nachtschichten tätig.<br />
Bei einer zwischenzeitlichen Konsultation eines auswärtigen Neurologen wurde keine<br />
Medikation empfohlen, da die Patientin eigenanamnestisch seit mehr als 5 Jahren<br />
anfallsfrei gewesen sei. In der Nachuntersuchung lehnte die Patientin wegen derzeitigem<br />
Kinderwunsch eine antikonvulsive Therapie ab. Bei noch auftretenden Absencen war<br />
sie jedoch mit einer weiteren regelmäßigen epileptologischen Betreuung und eventuell<br />
späteren medikamentösen Therapie einverstanden.<br />
Fall 3, (U. K.), 39 Jahre, männlich<br />
Diagnose:<br />
Idiopathische generalisierte Epilepsie mit Grand mal.<br />
Anfälle:<br />
Im Alter von 26 Jahren trat nach einer Feier mit Alkoholeinfluss und Schlafdefizit ein<br />
Grand mal um die Mittagszeit während des Autofahrens auf. Durch Einwirkung des<br />
Beifahrers konnte ein Personenschaden verhindert werden. Anamnestisch kam es zu<br />
keinen weiteren Grand mal, Absencen oder Myoklonien wurden nicht bemerkt.<br />
Anamnese:<br />
Die Geburt und frühkindliche Entwicklung waren ohne Auffälligkeiten. In der<br />
Familienanamnese gab es keine Besonderheiten, Fieberanfälle waren nicht aufgetreten.<br />
Der mittleren Reife folgte eine Ausbildung zum Vollmatrosen.<br />
Klinische Befunde:<br />
Der Patient war neurologisch und psychisch unauffällig.<br />
Psychologische Beurteilung:<br />
Bei der Nachuntersuchung konnte im MWT-B mit einem IQ von 95 ein<br />
durchschnittliches Intelligenzniveau nachgewiesen werden. Im nonverbalen<br />
Intelligenzkurztest LPS-3 erreichte er mit einem IQ-Wert von 113 eine hohe Intelligenz.<br />
Hinweise auf depressive oder Angstsymptome fanden sich nicht.
59<br />
EEG bei Diagnosestellung:<br />
10 Hz Alpharhythmus. Spontan und unter Hyperventilation epileptiforme und<br />
Anfallsmuster (Sw, Psw), bei Hyperventilation bis 6 Sek. Dauer.<br />
EEG-Verlaufskontrollen:<br />
9 bis 10 Hz Alpharhythmus. Spontan und unter Hyperventilation epileptiforme Muster<br />
(Sw, Psw) bis 3 Sek. Dauer, eine EEG-Ableitung ohne pathologischen Befund.<br />
EEG in der Nachuntersuchung:<br />
9 Hz Alpharhythmus. Spontan und unter Hyperventilation epileptiforme Muster (Sw,<br />
Psw) bis 3 Sek. Dauer, keine Herdbefunde, keine Allgemeinveränderungen.<br />
Behandlung und Verlauf:<br />
Nach stationärer Diagnostik und Einstellung auf Valproinsäure traten keine weiteren<br />
Grand mal auf. In der ambulanten Nachbetreuung lagen die kontrollierten Serumspiegel<br />
des Valproats weit unterhalb des therapeutischen Bereichs. Der Patient bestätigte eine<br />
unregelmäßige bzw. pausierte Tabletteneinnahme und berichtete nach 3 Jahren, schon<br />
seit längerem die Medikation ganz abgesetzt zu haben. In der Nachuntersuchung gab er<br />
an, bereits 3 Tage nach Krankenhausentlassung die Antiepileptika-Therapie wegen<br />
abdomineller Beschwerden und Tremor der Hände beendet zu haben. Lediglich vor den<br />
Kontrollterminen in der Epilepsieambulanz habe er für einige Tage Valproat<br />
eingenommen.<br />
Bei der Tätigkeit als Vollmatrose in der Hochseefischerei folgten der Diagnosestellung<br />
berufliche Einschränkungen. Nach einjähriger Anfallsfreiheit wurde in einer ärztlichen<br />
Stellungnahme der Beschäftigung als Fischer nur in Begleitung zugestimmt. 3 Jahre<br />
später machte sich der Patient als Fischer selbstständig. Dabei ist er ausschließlich allein<br />
als Bootsführer und Fischer auf See tätig. Bei den regelmäßigen<br />
Seetauglichkeitsuntersuchungen verschwieg er sein Anfallsleiden. Aus beruflichen<br />
Gründen fährt er außerdem täglich selbst mit dem PKW und Kleinlaster bis zu mehrere<br />
Hundert Kilometer. Eine weitere epileptologische Betreuung lehnte er ab.<br />
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit sind zusammengefasst in Tabelle 28 bis 30 im<br />
Anhang dargestellt.
60<br />
5 Diskussion<br />
In der vorliegenden Arbeit wurde der Langzeitverlauf unbehandelter idiopathischer<br />
generalisierter Epilepsien betrachtet. Neben einer retrospektiven Datenerhebung anhand<br />
von Krankenblattstudien erfolgte eine Nachuntersuchung an 15 Patienten, die nie<br />
wirksam behandelt worden waren oder im Anschluss an eine initiale antiepileptische<br />
Therapieeinstellung die Behandlung selbst abgebrochen hatten.<br />
Die nachuntersuchten Patienten befanden sich im Alter zwischen 18 und 50 Jahren,<br />
durchschnittlich waren sie 34,2 ± 10,9 Jahre alt. Die Altersverteilung glich der in<br />
anderen Untersuchungen (Hart/Shorvon 1995, Pfäfflin et al. 1997, Koutroumanidis et al.<br />
2008). Das Fehlen von Patienten höheren Lebensalters gründete sich auf die zumeist<br />
frühe Manifestation der Erkrankung und den Nachbeobachtungszeitraum. Gänshirt und<br />
Haack (1983) erklärten eine Abnahme der Patientenzahlen im mittleren und höheren<br />
Lebensalter bei IGE mit Spontanheilungen oder wesentlicher Besserung der<br />
Erkrankung, Entdifferenzierungen im Sinne von Übergängen in andere Epilepsieformen<br />
mit dem Alter sowie auch mit der natürlichen Sterberate.<br />
Bei den 15 nachuntersuchten Patienten waren 40 % männlichen und 60 % weiblichen<br />
Geschlechts. Das entsprach der in der Literatur vertretenen Ansicht von einem<br />
Überwiegen des weiblichen Geschlechts bei pyknoleptischen Absencen, während die<br />
anderen Verlaufsformen der IGE eine Gleichverteilung beider Geschlechter aufweisen<br />
(Janz 1969 7 , Rabending 1985, Hauser et al. 1991, Shian/Chi 1994 a). Im Unterschied<br />
zur vorliegenden Studie stellten Keränen und Riekkinen (1993) in ihrer Untersuchung<br />
an unbehandelten Epilepsiekranken fest, dass mit einem Anteil von 76 % besonders<br />
Männer dazu neigen, eine antiepileptische Therapie abzulehnen.<br />
Die mittlere Epilepsiedauer lag zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung bei 18,3 ± 6,8<br />
Jahren und war vergleichbar mit der erfassten Erkrankungsdauer in den meisten Studien<br />
zum Langzeitverlauf (Annegers et al. 1979, Gerstle de Pasquet et al. 1981, Pfäfflin et al.<br />
7 S. 91 – 92, S. 132, S. 148
61<br />
1997). So wurde für Pyknolepsien eine Erkrankungsphase von mindestens 3 bis 10<br />
(Adie 1924, Rosenthal 1935, Wirrell et al. 1996) und maximal 17 Jahren (Paal 1957)<br />
angegeben, bis eine Ausheilung oder Grand mal auftreten.<br />
Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung waren in der vorliegenden Studie 8 Patienten<br />
(53 %) ausgeheilt, während bei den anderen 7 Patienten (47 %) die Anfälle persistierten.<br />
Im Durchschnitt bestand unter den ausgeheilten Patienten Anfallsfreiheit seit 13,1 ± 5,6<br />
(4 – 24) Jahren.<br />
Pyknolepsien waren Gegenstand zahlreicher Untersuchungen, als wirksame<br />
Antiepileptika noch nicht zur Verfügung standen. Dabei beobachteten mehrere Autoren<br />
bei etwa einem Drittel eine Heilung, bei einem weiteren Drittel das Fortbestehen der<br />
Absencen und bei dem übrigen Drittel das Auftreten von Grand mal (Rosenthal 1935,<br />
Pache 1951, Paal 1957, Kuhlo 1965). Wie in der vorliegenden Arbeit berücksichtigte<br />
Janz (1969) bei der Untersuchung der Spontanprognose von Pyknolepsien auch<br />
Patienten, die zu Beginn der Erhebung Grand mal hatten. Er berichtete, dass 10 bis 14<br />
Jahre nach Erkrankungsbeginn ohne Medikation 16 % der Patienten anfallsfrei<br />
geworden waren. Für Grand mal-Epilepsien allgemein beschrieb Janz (1969 8 ) spontan<br />
ausheilende Verläufe bei 10 bis 30 %.<br />
Die vergleichsweise ungünstigeren Ergebnisse älterer Studien könnten auf eine<br />
ungenauere Abgrenzung von symptomatischen und kryptogenen Epilepsien<br />
zurückzuführen sein, bedingt durch die in jener Zeit geringeren verfügbaren<br />
diagnostischen Verfahren. Hinzu kommt in diesen Untersuchungen häufig eine<br />
überwiegende Berücksichtigung von chronischen und Anstaltspatienten mit<br />
unvorteilhafter Prognose (Reynolds 1987). In der vorliegenden Arbeit muss dagegen<br />
eine „Positivauslese“ angenommen werden. Auch Zielinski (1974) sowie Keränen und<br />
Riekkinen (1993) stellten fest, dass vor allem Patienten mit mildem Epilepsieverlauf<br />
dazu tendieren, eine antiepileptische Therapie abzulehnen.<br />
Die Altersverteilung von ausgeheilten und anfallskranken Patienten war in der<br />
vorliegenden Studie annähernd gleich. Frauen waren in der Nachuntersuchung<br />
8 S. 93, S. 452
62<br />
signifikant häufiger anfallskrank als Männer. Einige Autoren aus der vortherapeutischen<br />
Ära beschrieben dagegen bei Pyknolepsien günstigere Krankheitsverläufe beim<br />
weiblichen Geschlecht (Rosenthal 1935, Pache 1951, Paal 1957, Kuhlo 1965). Andere<br />
Arbeiten zu IGE fanden jedoch keinen Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und<br />
dem Verlauf der Epilepsie (Dieterich et al. 1985, Runge et al. 1996, Mohanraj/Brodie<br />
2007).<br />
Das durchschnittliche Manifestationsalter der Epilepsie betrug 15,9 ± 9,8 (6 – 36) Jahre<br />
und hatte beim untersuchten Patientengut, übereinstimmend mit anderen Autoren<br />
(Dieterich et al. 1985, Wu et al. 1985, Runge et al. 1996, Mohanraj/Brodie 2007), keine<br />
Bedeutung für die Prognose der IGE. In einigen Studien wurde ein günstiger Einfluss<br />
auf den Krankheitsverlauf bei einem Erkrankungsbeginn unter 10 (Annegers et al. 1979)<br />
bzw. 12 Jahren (Shinnar et al. 1994) oder erst im Erwachsenenalter beobachtet<br />
(Gänshirt/Haack 1983, Cutting et al. 2001).<br />
Zur Nachuntersuchung umfasste der Beobachtungszeitraum im Mittel 15,3 ± 6,2 Jahre<br />
ohne signifikanten Unterschied zwischen ausgeheilten und anfallskranken Patienten. In<br />
der Literatur werden zur Beurteilung der Langzeitprognose von Epilepsien<br />
vergleichbare Nachbetreuungszeiten von 9 bis 23 Jahren angegeben (Suzuki et al. 1976,<br />
Fukushima 1977, Holowach Thurston et al. 1982, Wirrell et al. 1996, Cockerell et al.<br />
1997, Geerts et al. 2010). Bei IGE wird für die Einschätzung des Langzeitverlaufs eine<br />
Beobachtungsdauer bis zu einem Alter von über 18 Jahren (Dieterich et al. 1985) oder<br />
über eine Zeitspanne von mindestens 10 Jahren gefordert (Rosenthal 1935).<br />
Für 4 Patienten (26,7 %) fand sich eine positive Familienanamnese. Vergleichbar mit<br />
dem eigenen Ergebnis werden in der Literatur bei etwa 20 bis 40 % der Patienten mit<br />
IGE Familienangehörige mit Anfallsleiden angegeben (Doose et al. 1973, Sato et al.<br />
1976, Gänshirt/Haack 1983, Dieterich et al. 1985, Wu et al. 1985, Gastaut et al. 1986,<br />
Kawai et al. 1986, Osservatorio Regionale per L’Epilessia 1996, Briellmann et al. 2001,<br />
Unterberger et al. 2001, Koutroumanidis et al. 2008).
63<br />
Von den 4 Patienten mit positiver Familienanamnese war einer ausgeheilt, bei 3<br />
Patienten persistierte das Anfallsleiden. Ein signifikanter Unterschied konnte nicht<br />
gesichert werden. In anderen Arbeiten war ebenfalls eine positive Familienanamnese bei<br />
Patienten mit IGE unbedeutend für den Epilepsieverlauf (Paal 1957, Wu et al. 1985,<br />
Mohanraj/Brodie 2007). Einige Autoren wiesen jedoch für idiopathische Epilepsien<br />
nach, dass eine familiäre Belastung prognostisch ungünstig war (Sato et al. 1976,<br />
Hauser et al. 1982, Shinnar et al. 1994, Wirrell et al. 1996).<br />
Fieberanfälle im Kindesalter waren bei 2 der 15 nachuntersuchten Patienten (13,3 %)<br />
aufgetreten. Inzwischen waren beide Patienten ausgeheilt. Statistisch konnte kein<br />
signifikanter Zusammenhang zwischen Ausheilung und durchgemachten Fieberanfällen<br />
festgestellt werden. Vergleichbar mit dem eigenen Ergebnis werden in der Literatur bei<br />
13 bis 28 % der Patienten mit IGE Fieberanfälle im Kindesalter beschrieben (Paal 1957,<br />
Dieterich et al. 1985, Wu et al. 1985, Rocca et al. 1987, Wirrell et al. 1996). Mohanraj<br />
und Brodie (2007) fanden, dass Fieberanfälle in der Anamnese als einziger Faktor mit<br />
einer signifikant niedrigeren Remissionsrate bei IGE verbunden waren. In anderen<br />
Studien hatten Fieberanfälle keinen Einfluss auf den Verlauf von IGE (Wu et al. 1985,<br />
Wirrell et al. 1996).<br />
In der Aufteilung der Anfallsformen fanden sich bei jeweils einem Drittel der<br />
nachuntersuchten Patienten Absencen, Grand mal oder ein kombiniertes Auftreten von<br />
Absencen und Grand mal. Die Patienten mit Absencen waren in 80 % und die mit<br />
Grand mal-Anfällen waren in 60 % der Fälle ausgeheilt. Unter den an beiden<br />
Anfallsformen Erkrankten war nur eine Patientin (20 %) inzwischen anfallsfrei. Für die<br />
Ausheilungsraten waren zwischen den verschiedenen Anfallsformen keine signifikanten<br />
Unterschiede nachweisbar.<br />
Im Schrifttum fallen die Angaben zur spontanen Heilungsrate ungünstiger aus. Anfang<br />
bis Mitte des 20. Jahrhunderts ermittelten mehrere Autoren bei Pyknolepsien in 28 bis<br />
40 % der Fälle eine Ausheilung, bei ca. 24 bis 32 % fortbestehende Absencen und bei<br />
etwa 32 bis 44 % Grand mal (Rosenthal 1935, Pache 1951, Paal 1957, Kuhlo 1965).
64<br />
Für Grand mal-Epilepsien gab Janz (1969 9 ) eine Spontanheilung bei 10 bis 30 % der<br />
Patienten an, wobei jedoch keine sichere Abgrenzung von symptomatischen Epilepsien<br />
erfolgte. In einer Studie zum natürlichen Epilepsieverlauf in Dänemark stellten Juul-<br />
Jensen und Foldspang (1983) für Grand mal bei 47 % und für Absencen bei 52 % der<br />
Patienten Anfallsfreiheit fest.<br />
Nach Angaben verschiedener Autoren haben zwischen 32 % (Shian/Chi 1994 c),<br />
43,6 % (Sato et al. 1976), 66,5 % (Janz 1969 10 ) bis 80 % (Baumgartner 1998 11 ) der<br />
Patienten mit Absencen auch Grand mal. In der vorliegenden Untersuchung kamen bei<br />
der Hälfte der Patienten mit Absencen ebenfalls Grand mal-Anfälle vor. Ähnlich der<br />
Tendenz in der vorliegenden Studie wurde in vielen Arbeiten die Prognose beim<br />
kombinierten Auftreten beider Anfallsformen als am ungünstigsten eingeschätzt (Sato et<br />
al. 1976, Okuma/Kumashiro 1981, Wu et al. 1985, Shian/Chi 1994 c, Seneviratne et al.<br />
2012). So korrigierte Janz (1969 12 ) die o. g. Aussagen zur unbehandelten Pyknolepsie<br />
durch Einbeziehung von Patienten, bei denen zu Beobachtungsbeginn auch Grand mal<br />
vorkamen. Nach 10 bis 14 Krankheitsjahren fand er bei 16 % eine spontane Heilung.<br />
Bei 31 % waren weiterhin Absencen und bei 48 % waren Grand mal (allein oder in<br />
Kombination mit Absencen) aufgetreten, 5 % der Patienten waren verstorben (Janz<br />
1969).<br />
Beim kombinierten Auftreten von Absencen mit Grand mal fand sich ein signifikantes<br />
Überwiegen des weiblichen Geschlechts, während bei den Patienten mit ausschließlich<br />
Absencen oder Grand mal keine Unterschiede in der Geschlechtsverteilung festzustellen<br />
waren. In der Literatur wird übereinstimmend von einem gehäuften Vorkommen der<br />
pyknoleptischen Absencen von 56 bis 72 % beim weiblichen Geschlecht berichtet<br />
(Rosenthal 1935, Janz 1969 13 , Higashi et al. 1979, Shian/Chi 1994 c, Wirrell et al.<br />
1996). Für die anderen Verlaufsformen der IGE wird von einigen Autoren ebenfalls<br />
keine Geschlechtsbevorzugung angegeben (Janz 1969 14 , Rabending 1985, Shian/Chi<br />
1994 a).<br />
9 S. 452<br />
10 S. 95 – 96<br />
11 S. 34<br />
12 S. 93 – 94<br />
13 S. 91 – 92<br />
14 S. 132; S. 148
65<br />
Zwischen den Anfallsformen fielen signifikante Unterschiede im Manifestationsalter<br />
auf. In allen Fällen mit alleinigen Absencen begann die Epilepsie vor dem 10.<br />
Lebensjahr. Bei Patienten mit Absencen und Grand mal war ein Erkrankungsalter<br />
vorwiegend zwischen 11 und 20 Jahren zu verzeichnen. Für die Grand mal-Epilepsien<br />
wurde eine Manifestation im Alter zwischen 20 und 36 Jahren registriert. Diese<br />
Ergebnisse entsprechen den Aussagen der meisten Autoren. Danach beginnen<br />
pyknoleptische Absencen überwiegend im Alter von 4 bis 12 Jahren (Adie 1924, Janz<br />
1969 15 , Rabending 1985, Kawai et al. 1986, Shian/Chi 1994 c, Baumgartner 1998 16 ). Sie<br />
sind nur in 30 bis 40 % mit Grand mal vergesellschaftet (Shian/Chi 1994 c,<br />
Baumgartner 1998). Im Unterschied dazu treten bei juvenilen Absencen in ca. 80 % der<br />
Fälle auch Grand mal auf (Janz 1969 17 , Baumgartner 1998). Ihr Erkrankungsbeginn liegt<br />
meist im Alter zwischen 10 und 17 Jahren (Janz 1969 18 , Rabending 1985, Kawai et al.<br />
1986, Baumgartner 1998, Asadi-Pooya et al. 2012). Auch Shian und Chi (1994 c)<br />
fanden bei Patienten mit Absencen und Grand mal eine spätere Manifestation als beim<br />
alleinigen Auftreten von Absencen. Die Mitteilungen über das Manifestationsalter bei<br />
den Grand mal-Epilepsien reichen von 4 bis 42 Jahre (Unterberger et al. 2001) mit<br />
Bevorzugung der 2. Lebensdekade (Gänshirt/Haack 1983, Kawai et al. 1986, Shian/Chi<br />
1994 b, Reutens/Berkovic 1995, Baumgartner 1998, Unterberger et al. 2001,<br />
Koutroumanidis et al. 2008). In der vorliegenden Untersuchung waren die Patienten mit<br />
ausschließlich Grand mal zu Beginn ihrer Erkrankung etwas älter mit durchschnittlich<br />
27,2 ± 6,1 Jahren.<br />
Anfallsauslöser wurden von 70 % der nachuntersuchten Patienten mit Grand mal<br />
angegeben. Sie wirkten sich nicht auf den Epilepsieverlauf aus. Wie in der vorliegenden<br />
Studie werden in der Literatur als anfallsprovozierende Faktoren für Grand mal vor<br />
allem Alkoholeinfluss, Schlafentzug, Stress-Situationen und die Aufwachphase im<br />
Sinne typischer Aufwach-Grand mal genannt und finden sich bei 32 bis 85 % der<br />
Patienten mit IGE (Janz 1955, Dieterich et al. 1985, Wu et al. 1985, Kawai et al. 1986,<br />
15 S. 92<br />
16 S. 32 – 37<br />
17 S. 132<br />
18 S. 132
66<br />
Reutens/Berkovic 1995, Bauer et al. 2000, Cutting et al. 2001, Unterberger et al. 2001,<br />
Wheless/Kim 2002, Marini et al. 2003, Koutroumanidis et al. 2008). Auch Einflüssen<br />
wie gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus, Müdigkeit, Hyperventilation, ungewöhnliche<br />
körperliche und seelische Belastungen, Medikamenten-Non-Compliance und<br />
Fotostimulation werden anfallsprovozierende Wirkungen zugeschrieben (Janz 1955, Wu<br />
et al. 1985, Kruse 1988, Shian/Chi 1994 a, Bauer et al. 2000).<br />
Bauer et al. (2000) beobachteten bei idiopathischen Grand mal-Epilepsien mit<br />
bekannten Anfallsauslösern ein besonders gutes Ansprechen auf eine antiepileptische<br />
Therapie. Wu et al. (1985) sahen ungünstigere Krankheitsverläufe bei Grand mal, die<br />
mit verschiedenen anfallsauslösenden Faktoren verbunden waren.<br />
Das Vermeiden der Anfallsauslöser ist eine wichtige Präventivmaßnahme und kann<br />
Anfallsrezidive einschränken (Stefan 1998). Die Anpassung der Lebensgewohnheiten<br />
(z. B. Vermeiden von Schlafmangel, Alkoholabusus oder bestimmten Lichtreizen) ist<br />
neben der Medikamenteneinnahme wesentlicher Bestandteil der Patienten-Compliance<br />
(Leppik 1988).<br />
Ausgeheilte Patienten hatten keine oder nur wenige Grand mal. Alle Patienten mit mehr<br />
als 3 Grand mal in der Anamnese waren zum Nachuntersuchungszeitpunkt nicht<br />
ausgeheilt. Übereinstimmend mit diesem signifikanten Resultat finden die meisten<br />
Autoren mit steigender Anfallszahl niedrigere Remissionsraten bzw. höhere<br />
Rezidivquoten (Oller-Daurella/Marquez 1972, Emerson et al. 1981, Okuma/Kumashiro<br />
1981, Todt 1981, Janz et al. 1983, Reynolds 1987, Beghi/Tognoni 1988). Holowach<br />
Thurston et al. (1982) beobachteten dagegen keinen Zusammenhang zwischen der<br />
Anzahl der durchgemachten Anfälle vor der Anfallskontrolle und dem Rückfallrisiko<br />
bei Kindern mit Epilepsie, deren antikonvulsive Therapie beendet worden war.<br />
Der häufig benigne Charakter von Grand mal-Epilepsien ist gekennzeichnet durch eine<br />
niedrige Anfallsfrequenz, insbesondere der Verlauf im Erwachsenenalter und bei<br />
Provokation durch Anfallsauslöser (Janz 1969 19 , Gänshirt/Haack 1983,<br />
Reutens/Berkovic 1995, Marini et al. 2003).<br />
19 S. 451 – 454
67<br />
Bei 20 % der nachuntersuchten Patienten fanden sich zum Erkrankungsbeginn<br />
fotoparoxysmale Reaktionen. Sie waren signifikant mit einem ungünstigen<br />
Epilepsieverlauf verbunden.<br />
Vergleichbar mit dem eigenen Ergebnis geben andere Autoren bei ca. 20 bis 30 % der<br />
Patienten mit IGE fotoparoxysmale Reaktionen an (Sato et al. 1976, Wirrell et al. 1996,<br />
Duncan 1997, Sadleir et al. 2009). Andere Autoren beobachteten ebenfalls ungünstigere<br />
Krankheitsverläufe bei Patienten mit fotoparoxysmalen Reaktionen (Mastropaolo et al.<br />
1992, Baykan et al. 20<strong>05</strong>). Wirrell et al. (1996) konnten dagegen bei Patienten mit<br />
Absencenepilepsien keine Korrelation zwischen dem Auftreten fotoparoxysmaler<br />
Reaktionen und der Epilepsieprognose feststellen.<br />
Beim Schulabschluss war zwischen ausgeheilten und anfallskranken Patienten kein<br />
wesentlicher Unterschied nachweisbar. Zwei Drittel der Patienten verfügten mit der<br />
mittleren Reife bzw. dem Abitur über eine gute Schulbildung, ein Drittel besuchte eine<br />
Sonderschule. Etwas höher lagen die Mitteilungen in der Literatur über eine mittlere<br />
und höhere Schulbildung bei Epilepsiepatienten von 74 bis 83 % (Groh 1975, Suzuki et<br />
al. 1976, Higashi et al. 1979, Todt 1981). Sonderschulbesuche bei Epilepsiekranken<br />
wurden in verschiedenen Arbeiten mit 7 % (Pfäfflin et al. 1997), 10 % (Higashi et<br />
al.1979), 16 % (Todt 1981), 19 % (Bailet/Turk 2000) bis 25 % (Groh 1975, Dieterich et<br />
al. 1985) angegeben. Der höhere Anteil von 33 % im eigenen Patientengut könnte auf<br />
frühzeitige Fördermaßnahmen mit entsprechenden Umschulungen auch infolge der<br />
neuropsychologischen Mitbetreuung in der Epilepsieambulanz zurückgeführt werden.<br />
Insgesamt wiesen 60 % der nachuntersuchten Patienten mit Facharbeiterzeugnissen und<br />
Fachschulabschlüssen gute berufliche Qualifikationen auf, während 40 % nicht oder nur<br />
als Teilfacharbeiter ausgebildet waren. Signifikante Unterschiede konnten dabei nicht<br />
gesichert werden. Tendenziell verfügten die ausgeheilten Patienten überwiegend über<br />
eine gute schulische Ausbildung und Facharbeiter- oder Fachschulabschlüsse. Die<br />
anfallskranken Patienten hatten häufiger die Sonderschule besucht und waren meist nur<br />
als Teilfacharbeiter ausgebildet.<br />
Patienten mit fotoparoxysmalen Reaktionen bei Diagnosestellung waren signifikant<br />
weniger beruflich qualifiziert als Patienten ohne fotoparoxysmale Reaktionen.
68<br />
Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung waren sie in allen Fällen noch anfallskrank.<br />
Mehrere Autoren stellten bei Epilepsiepatienten unabhängig von erzielter Anfallsfreiheit<br />
fest, dass sie sich in der Schul- und Berufsausbildung nicht von der Normalbevölkerung<br />
unterschieden (Beran et al. 1983, Forsgren/Nyström 1990). In einigen Arbeiten wurde<br />
dagegen ein Zusammenhang zwischen persistierenden Anfällen und geringerer<br />
beruflicher Qualifikation ermittelt (Groh 1975, Dieterich et al. 1985,<br />
Olsson/Campenhausen 1993). Groh (1975) beobachtete zwischen anfallsfreien Patienten<br />
und der gleichaltrigen Bevölkerung keine wesentlichen Abweichungen im<br />
Berufsniveau. Sillanpää et al. (1998) fanden im Gegensatz dazu negative<br />
Langzeitauswirkungen der Anfälle bei ausgeheilten Patienten, bei denen eine<br />
idiopathische Epilepsie in der Kindheit begann. Trotz günstiger Krankheitsverläufe mit<br />
Remissionen ohne Medikation hatten sie häufiger keine berufliche Ausbildung als eine<br />
Vergleichsgruppe (Sillanpää et al. 1998).<br />
In der aktuellen Erwerbstätigkeit waren keine Unterschiede zwischen ausgeheilten und<br />
anfallskranken Patienten nachweisbar. Zwei Drittel der Patienten waren berufstätig oder<br />
befanden sich in einer Ausbildung, ein Drittel waren arbeitslos oder wegen<br />
Erwerbsunfähigkeit berentet. Ähnliche Angaben fanden sich in der Literatur zum<br />
Beschäftigtenanteil unter Epilepsiepatienten mit 57 bis 88 % – einschließlich der<br />
Patienten in Ausbildung, Studenten und Hausfrauen (Janz 1972, Hart/Shorvon 1995,<br />
Jacoby et al. 1996, Cutting et al. 2001, May/Pfäfflin 2002, Sillanpää/Schmidt 2010,<br />
Chin et al. 2011). Pfäfflin et al. (1997) beschrieben in einer Querschnittstudie einen<br />
geringeren Anteil an Erwerbstätigen unter den Epilepsiekranken mit 43,2 % als in der<br />
Allgemeinbevölkerung mit 67,7 % (ohne Patienten in Ausbildung und Hausfrauen).<br />
Forsgren und Nyström (1990) stellten trotz ähnlicher beruflicher Qualifikationen höhere<br />
Arbeitslosigkeitsraten unter Epilepsiepatienten als in einer Vergleichsgruppe fest.<br />
Im Unterschied zur vorliegenden Untersuchung beobachteten einige Autoren<br />
Zusammenhänge zwischen den Beschäftigungsraten und einer Ausheilung bzw. der<br />
Frequenz der epileptischen Anfälle (Hart/Shorvon 1995, Jacoby et al. 1996, Pfäfflin et<br />
al. 1997, Sillanpää/Schmidt 2010).
69<br />
Als Gründe für den Behandlungsabbruch wurden hauptsächlich die Nebenwirkungen<br />
der antiepileptischen Therapie (46,2 %) und erzielte Anfallsfreiheit unter der initialen<br />
medikamentösen Behandlung (46,2 %) genannt. Weiterhin angegeben wurden<br />
Desinteresse gegenüber einer fortgesetzten Therapie (15,4 %), die Empfehlung<br />
auswärtiger Neurologen zur Beendigung der Medikation (15,4 %) und<br />
Schwangerschaften (15,4 %). Ausgeheilte und anfallskranke Patienten unterschieden<br />
sich nicht in den angeführten Gründen des Therapieabbruchs.<br />
Runge et al. (1996) fanden bei über 40 % der Patienten mit IGE eine schlechte<br />
Compliance. In einer Untersuchung von Zielinski (1974) hatten etwa ein Drittel der<br />
Epilepsiekranken die Medikation selbst abgesetzt. Wie in der vorliegenden Arbeit gab<br />
er ebenso die Nebenwirkungen der Pharmakotherapie als ein wesentliches Motiv für die<br />
Non-Compliance an (Zielinski 1974). In einer bundesweiten Querschnittstudie<br />
berichteten mehr als die Hälfte der Epilepsiepatienten über Nebenwirkungen der<br />
antiepileptischen Behandlung, wobei 2,5 % kaum erträgliche und 16,8 % noch<br />
erträgliche Nebenwirkungen hatten (Pfäfflin et al. 1997). Darüber hinaus sind teratogene<br />
Wirkungen der Antiepileptikatherapie bekannt (Bruni/Willmore 1979, Olafsson et al.<br />
1998). In der vorliegenden Arbeit hatten 2 der 7 Patientinnen mit Kindern (28 %) die<br />
Antiepileptika wegen einer Schwangerschaft abgesetzt. Vergleichbar damit<br />
beobachteten Schmidt et al. (1983) bei 25 % der von ihnen untersuchten schwangeren<br />
Epilepsiepatientinnen eine Non-Compliance bezüglich der Medikamenteneinahme.<br />
Die neurologischen und psychischen Untersuchungsbefunde fielen für 13 Patienten<br />
(86,7 %) regelrecht aus. Bei 2 Patienten (13,3 %) fanden sich neurologisch bzw.<br />
psychisch Auffälligkeiten, die jedoch nicht im Zusammenhang mit der Epilepsie<br />
standen und keine prognostische Bedeutung hatten. Übereinstimmend mit der<br />
vorliegenden Studie weisen Patienten mit IGE unter ätiologischen Gesichtspunkten<br />
einen unauffälligen klinischen Status auf (Commission on Classification and<br />
Terminology of the International League Against Epilepsy 1989). Dem entsprechen<br />
auch die Ergebnisse anderer Arbeiten (Adie 1924, Paal 1957, Shian/Chi 1994 b/1994<br />
c/1994 d). Einige Autoren beschreiben pathologische neurologische oder psychische<br />
Befunde bei 4,4 (Osservatorio Regionale per L’Epilessia 1996) bis 26 % (Dieterich et
70<br />
al. 1985) der Patienten mit IGE. Diese könnten als Realisationsfaktoren beim Ausbruch<br />
der Erkrankung oder als Folgen der Epilepsie gewertet werden, im Zusammenhang mit<br />
einer antikonvulsiven Therapie stehen oder wie in der vorliegenden Studie auch<br />
unabhängig von der Anfallserkrankung auftreten. Neurologische Störungen (Annegers<br />
et al. 1986) oder kognitive Schwierigkeiten (Wirrell et al. 1996) bei Patienten mit<br />
idiopathischen Anfällen ziehen in den Arbeiten einiger Untersucher einen<br />
vergleichsweise ungünstigeren Epilepsieverlauf nach sich als bei unauffälligen<br />
Patienten.<br />
Die Bestimmung des allgemeinen Intelligenzniveaus im Mehrfachwahl-Wortschatztest<br />
ergab für 50 % der nachuntersuchten Patienten eine durchschnittliche Intelligenz, bei<br />
42,9 % eine niedrige Intelligenz und bei einem Patienten (7,1 %) eine hohe Intelligenz.<br />
Statistische Unterschiede zwischen ausgeheilten und anfallskranken Patienten bestanden<br />
nicht. Die Erfassung der nonverbalen, bildungsunabhängigen Intelligenz mit Hilfe des<br />
Leistungs-Prüf-Systems, Untertest 3, wies für nur 26,7 % der Patienten eine<br />
durchschnittliche, für 53,3 % eine niedrige und für 20 % eine hohe Intelligenz auf.<br />
Während die Resultate beider Testverfahren für ausgeheilte Patienten ähnlich ausfielen,<br />
war im LPS-3 bei den anfallskranken Patienten eine signifikante Verschiebung der<br />
Ergebnisse zum niedrigeren Intelligenzniveau zu verzeichnen. Somit korrelierte eine<br />
geringere nonverbale Intelligenz mit einem ungünstigen Epilepsieverlauf.<br />
Im Schrifttum wird eine durchschnittliche bis hohe Intelligenz für Patienten mit IGE bei<br />
48 % (Sato et al. 1976), 78 % (Cutting et al. 2001), 86 % (Berg et al. 2008) bis 89 %<br />
(Higashi et al. 1979) beschrieben. Die Angaben zur niedrigeren Intelligenz reichen von<br />
10 % (Higashi et al. 1979) bis 52 % (Sato et al. 1976). Die Ergebnisse der vorliegenden<br />
Studie lagen im Bereich der Literaturangaben, wobei wie bei Sato et al. (1976) mehr<br />
Patienten mit geringerer Intelligenz erfasst wurden. Auch Caplan et al. (2008)<br />
beobachteten im Vergleich zu gesunden Kindern bei Kindern mit Absencen-Epilepsie<br />
signifikant niedrigere IQ-Werte.<br />
Die höheren IQ-Werte im MWT für die anfallskranken Patienten könnten testbedingt<br />
sein, aber auch als Kompensation durch Förderung in einem entsprechenden<br />
Bildungssystem interpretiert werden.
71<br />
Groh (1975) stellte keine Unterschiede in der Intelligenz zwischen ausgeheilten und<br />
anfallskranken Patienten fest. In anderen Untersuchungen korrelierte wie im<br />
vorliegenden LPS-3 das Intelligenzniveau mit der Anfallskontrolle (Sato et al. 1976,<br />
Okuma/Kumashiro 1981, Farwell et al. 1985, Berg et al. 2008).<br />
Die im LPS-3 erzielten IQ-Werte lagen signifikant höher bei den Patienten mit einem<br />
Manifestationsalter bis zu 10 Jahren als bei einem Erkrankungsbeginn in der 2.<br />
Lebensdekade. Gleissner (2004) schätzte die Auswirkungen epileptischer Aktivität auf<br />
kognitive Funktionen als dynamisch und teilweise reversibel ein. Bei einem früheren<br />
Erkrankungsbeginn könnte vermutet werden, dass diesbezügliche<br />
Kompensationsprozesse noch besser ausgeprägt sind. Bailet und Turk (2000) wiesen in<br />
einer Studie an Kindern mit idiopathischen Epilepsien keine Zusammenhänge zwischen<br />
Manifestationsalter und intellektuellen Fähigkeiten nach. Berg et al. (2008) fanden<br />
hingegen für Patienten mit IGE signifikant häufiger IQ-Werte unter 80 bei einem<br />
Manifestationsalter unter 5 Jahren.<br />
Patienten mit fotoparoxysmalen Reaktionen bei Diagnosestellung verfügten über eine<br />
signifikant niedrigere bildungsunabhängige, nonverbale Intelligenz als die übrigen<br />
Patienten. Sie waren in allen Fällen in der Nachuntersuchung noch anfallskrank.<br />
In Auswertung des Beck-Depressions-Inventars und der Self-Rating Anxiety Scale<br />
zeigte sich unter anfallskranken Patienten eine signifikant häufigere Neigung zu<br />
Depressionen (43 vs. 12,5 %) und Angstsymptomen (57 vs. 12,5 %) als unter<br />
ausgeheilten Patienten. Insgesamt wiesen 27 % der nachuntersuchten Patienten eine<br />
depressive Symptomatik und ein Drittel ein erhöhtes Angstniveau auf. Eine<br />
Komorbidität für Depression und Angst bestand bei 2 Patienten (13,3 %).<br />
Patienten mit fotoparoxysmalen Reaktionen bei Diagnosestellung hatten signifikant<br />
häufiger Depressionen und Angstsymptome als Patienten ohne dieses Merkmal.<br />
Vergleichbar mit den eigenen Ergebnissen liegen in der Literatur die Angaben zu den an<br />
Depressionen erkrankten Epilepsiepatienten zwischen 9 und 28 % (Forsgren/Nyström<br />
1990, Jacoby et al. 1996, Ettinger et al. 1998, Cutting et al. 2001, Fuller-<br />
Thomson/Brennenstuhl 2009, Rai et al. 2012) und für Angsterkrankungen bei 12,5 bis
72<br />
25 % (Jacoby et al. 1996, Ettinger et al. 1998, Cutting et al. 2001, Caplan et al. 2008,<br />
Rai et al. 2012).<br />
Jacoby et al. (1996) sowie Caplan et al. (2008) ermittelten ebenfalls einen<br />
Zusammenhang zwischen der Anfallsfrequenz und höheren Raten an Depressionen und<br />
Angststörungen bei Epilepsiepatienten. Andere Autoren fanden hingegen keine<br />
Beziehung zwischen der Anfallshäufigkeit und der Ausprägung von Depressivität und<br />
Angstsymptomen (Robertson et al. 1987, Ettinger et al. 1998). Lee et al. (2010) sahen in<br />
ihrer Untersuchung sogar bei 62 % der Epilepsiekranken abnorm erhöhte BDI-Scores<br />
über 10, wobei eine signifikante Beziehung zu Stress, sozialer Unterstützung, Angst,<br />
Selbstwirksamkeitserwartung, Ausbildungsstatus und Alter nachgewiesen werden<br />
konnte.<br />
In den EEG-Ableitungen bei Krankheitsbeginn waren bei 60 % der Patienten bereits<br />
spontan generalisierte epileptiforme und Anfallsmuster nachweisbar. Durch Provokation<br />
mit Hyperventilation kam es bei 13,3 % der Patienten zum Ausbruch von generalisierten<br />
Spike and slow wave-Komplexen. Unter Fotostimulation traten in 20 % der Fälle<br />
epileptiforme oder Anfallsmuster auf. Bei einem Patienten (6,7 %) gelang die<br />
Diagnosesicherung erst durch die EEG-Ableitung nach Schlafentzug. Aus den initialen<br />
EEG-Befunden spontan und unter Hyperventilation ergaben sich keine prognostischen<br />
Hinweise für den Krankheitsverlauf. Auffällige Befunde bei Fotostimulation<br />
korrelierten dagegen mit einem persistierenden Anfallsleiden.<br />
Mehrere Autoren sahen ebenfalls keine Zusammenhänge zwischen initialen EEG-<br />
Befunden und Epilepsieprognose (Paal 1957, 1965, Fromm/Chamovitz 1972,<br />
Mohanraj/Brodie 2007). Annegers et al. (1986) beschrieben hingegen ein höheres<br />
Rezidivrisiko nach einem ersten unprovozierten idiopathischen Anfall, wenn<br />
pathologische EEG-Befunde vorhanden waren (54 vs. 26 % in 5 Jahren). Das Auftreten<br />
von Sw unter Hyperventilation oder Fotostimulation beobachteten Wu et al. (1985)<br />
wiederum signifikant häufiger bei Patienten mit klinisch günstigen Verläufen.<br />
Nach Mitteilungen in der Literatur weisen zwischen 35 % (Paal 1957) und 65 % (Sato et<br />
al. 1976) bis 85 % (Metrakos/Metrakos 1973) aller Patienten mit IGE bereits spontan<br />
Sw auf, wobei das eigene Ergebnis im mittleren Bereich liegt. Ähnlich wie in der
73<br />
vorliegenden Studie wurden von einigen Autoren Sw unter Provokation mit<br />
Hyperventilation bei etwa 10 % (Metrakos/Metrakos 1973) und unter Fotostimulation<br />
bei 5 % (ebenda), 20 % (Sato et al. 1976) bis 25 % (Sadleir et al. 2009) der Patienten<br />
mit IGE angegeben.<br />
In der vorliegenden Erhebung hatte nur im Einzelfall (6,7 %) die EEG-Ableitung nach<br />
Schlafentzug diagnostische Bedeutung. Sadleir et al. (2009) fanden bei unbehandelten<br />
Kindern mit Absencen in 93 % der Fälle epileptiforme Muster im Schlaf. Vergleichbar<br />
mit dem eigenen Ergebnis wiesen sie für 7 % der erkrankten Kinder Sw ausschließlich<br />
im Schlaf nach (Sadleir et al. 2009).<br />
Patienten mit einem Manifestationsalter bis zu 10 Jahren hatten signifikant häufiger<br />
spontane epileptiforme und Anfallsmuster im initialen EEG als Patienten mit einem<br />
Erkrankungsbeginn in der 2. Lebensdekade. Dem entsprechend wird von mehreren<br />
Autoren ein altersabhängig gehäuftes Auftreten der epileptiformen Muster zwischen 4<br />
und 16 Jahren (Metrakos/Metrakos 1973, Doose 1978, Niedermeyer 1996) und ein<br />
Vorherrschen negativer Untersuchungsbefunde bei einem Patientenalter über 40 Jahre<br />
(Ajmone Marsan/Zivin 1970, Metrakos/Metrakos 1973) beschrieben.<br />
Beide Patienten (13,3 %) mit spontanen Anfallsmustern im initialen EEG hatten im<br />
Unterschied zu den übrigen Patienten Fieberanfälle im Kindesalter. In beiden Fällen<br />
traten Absencen während der EEG-Ableitung auf. Sie waren an einer Absencenepilepsie<br />
erkrankt, die in der Nachuntersuchung ausgeheilt war. Ein Zusammenhang zwischen<br />
Anfallsmustern im EEG bei Manifestation der IGE und dem Krankheitsverlauf konnte<br />
nicht gesichert werden. Metrakos und Metrakos (1973) beschrieben bei 46,9 % der<br />
Kinder, bei denen Fieberanfälle aufgetreten waren, Sw im EEG. Doose (1993)<br />
betrachtete Fieberanfälle als Initialsymptom von IGE. Das gehäufte Vorkommen<br />
genetischer EEG-Merkmale bei Patienten mit Fieberanfällen führte er auf genetische<br />
Gemeinsamkeiten mit IGE zurück (Doose 1993).<br />
Bei allen Patienten waren hinsichtlich der Grundaktivität ein Normalbefund bzw.<br />
Normvarianten und altersphysiologische Befunde zu verzeichnen.<br />
Allgemeinveränderungen und Herdbefunde ließen sich in keinem EEG zum<br />
Krankheitsbeginn feststellen. Im Schrifttum wird das Vorkommen einer pathologischen<br />
Hintergrundaktivität (Sato et al. 1976, Wirrell et al. 1996) oder von Herdbefunden
74<br />
(Kuhlo 1965, Annegers et al. 1986) zum Erkrankungsbeginn bei idiopathischen<br />
Epilepsien als prognostisch ungünstig gewertet.<br />
In den EEG-Ableitungen der Nachuntersuchung zeigten sich keine signifikanten<br />
Unterschiede zwischen ausgeheilten und anfallskranken Patienten. Mehr als die Hälfte<br />
der Patienten (53,3 %) hatten einen unauffälligen EEG-Befund. Bei 26,7 % der<br />
Patienten konnten spontan epileptiforme Muster dokumentiert werden. Durch<br />
Provokation mit Hyperventilation traten wie in der Erstuntersuchung bei 13,3 %<br />
zusätzlich Sw auf.<br />
Unter Fotostimulation fanden sich nur bei einem (6,7 %) der zuvor bekannten 3<br />
Patienten mit fotoparoxysmalen Reaktionen epileptiforme Muster. Dieses Ergebnis<br />
entspricht dem in der Literatur beschriebenen altersabhängig gehäuften Vorkommen der<br />
fotoparoxysmalen Reaktionen besonders in der ersten und zweiten Lebensdekade<br />
(Jeavons et al. 1986, Waltz et al. 1992, Quirk et al. 1995) mit der größten Häufigkeit im<br />
Alter zwischen 7 und 12 Jahren (Doose et al. 1973). Jeavons et al. (1986) vermuteten<br />
ein spontanes Verschwinden der fotoparoxysmalen Reaktionen bei unbehandelten<br />
Patienten im Alter von etwa 24 Jahren.<br />
Der Nachweis spontaner epileptiformer Muster ist im Vergleich zu den EEG-Befunden<br />
bei Diagnosestellung um mehr als die Hälfte zurückgegangen und widerspiegelt die<br />
Ausheilung der IGE bei einem Teil der Patienten. Die charakteristischen Sw der IGE<br />
sind phänotypisches Ergebnis eines polygenen Erbgangs (Greenberg et al. 1988,<br />
Anderson et al. 1991) und können auch bei inzwischen ausgeheilten Patienten als<br />
Merkmalsträger nachgewiesen werden (Oller-Daurella/Marquez 1972).<br />
Shinnar und Moshé (1991) schlussfolgerten, dass die verschiedenen Anfallstypen bei<br />
primär generalisierten Epilepsien unterschiedliche, altersspezifische Manifestationen<br />
einer genetisch determinierten Erkrankung darstellen. Mit der (Hirn-)Reifung kann eine<br />
Remission sowohl der Anfälle als auch des charakteristischen EEG-Merkmals eintreten<br />
(Shinnar/Moshé 1991). Die aktuellen Anfallsmuster sind dann die sekundäre<br />
Manifestation für die Hirnreife in dem jeweiligen Alter (Anderson et al. 1991).<br />
Auch in anderen Arbeiten wurde ein Rückgang der nachweisbaren Sw bei mehrjähriger<br />
Nachbeobachtung registriert (Sato et al. 1976, Wu et al. 1985).
75<br />
Wie in der vorliegenden Untersuchung ermittelten einige Studien bei der<br />
Langzeitbeurteilung von IGE keinen direkten Zusammenhang zwischen klinischem<br />
Verlauf und EEG-Befund. So wurden in den Arbeiten von Sato et al. (1976) bei einem<br />
Viertel der ausgeheilten Patienten spontane Sw und bei Wu et al. (1985) bei 86 % der<br />
anfallsfreien Patienten persistierende Sw beobachtet. Koutroumanidis et al. (2008)<br />
stellten in den Nachuntersuchungen bei allen Patienten mit IGE – auch bei den<br />
anfallsfreien – generalisierte Sw fest.<br />
Andere Autoren wiesen auf eine Parallelität zwischen klinischen und<br />
elektroenzephalographischen Befunden im Krankheitsverlauf hin mit einem Rückgang<br />
epileptiformer Muster bei ausgeheilten Patienten (Paal 1957, Kuhlo 1965, Kawai et al.<br />
1986) und anhaltenden Sw bei fortbestehenden Anfällen (Janz 1963). Wu et al. (1985)<br />
fanden beispielsweise bei länger anhaltenden Anfallsleiden auch länger nachweisbare<br />
epileptiforme Muster im EEG. In einer Studie von Gastaut et al. (1986) persistierten<br />
nach durchschnittlich 31 Jahren die Absencen bei 81 % der Patienten, wobei die<br />
typischen epileptischen Entladungen spontan oder unter Hyperventilation bei 85 % aller<br />
Patienten fortbestanden.<br />
In allen aktuellen EEG-Ableitungen entsprach die aufgezeichnete Grundaktivität<br />
Normalbefunden bzw. Normvarianten. Allgemeinveränderungen und Herdbefunde<br />
waren in keinem Fall nachweisbar.<br />
In der vorliegenden Untersuchung ermöglichte die Epilepsiedatenbank Greifswald bei<br />
der Auswertung der Krankenakten eine standardisierte Erfassung der Patienten.<br />
Methodische Probleme einer retrospektiven Studie ergaben sich, weil die<br />
Datenerhebung von der Art, der Qualität und der Vollständigkeit der medizinischen<br />
Aufzeichnungen abhing.<br />
Die erarbeiteten Prädiktoren erlaubten bei den nachuntersuchten Patienten eine<br />
Einschätzung der Epilepsieprognose. Aufgrund der Schwierigkeiten, für eine solche<br />
Erhebung größere Fallzahlen zu rekrutieren, werden allgemeingültige Aussagen zum<br />
Spontanverlauf gut behandelbarer Epilepsien nur schwer zu ermitteln sein. Generelle<br />
Schlussfolgerungen anhand der vorliegenden Ergebnisse sind deshalb nicht möglich.
76<br />
6 Zusammenfassung<br />
Idiopathische generalisierte Epilepsien weisen häufig eine günstige Prognose mit hohen<br />
Remissionsraten auf. Seit der Einführung von Antiepileptika gibt es nur noch wenige<br />
Studien zum natürlichen Epilepsieverlauf. Ziel der vorliegenden Arbeit war die<br />
Untersuchung des Spontanverlaufs der idiopathischen generalisierten Epilepsien an<br />
unbehandelten Patienten. Es sollten die Rate der Spontanheilungen bestimmt und<br />
Prädiktoren ermittelt werden, die eine Abschätzung des Krankheitsverlaufs und einer<br />
Ausheilung sowie das Risiko von Anfallsrezidiven ermöglichen.<br />
Im retrospektiven Teil der Studie wurden aus dem Patientengut der Epilepsieambulanz<br />
der Klinik für Neurologie Greifswald zum Stichtag (31.12.1999) 73 Patienten mit einer<br />
idiopathischen generalisierten Epilepsie erfasst und untersucht, die nie wirksam<br />
antiepileptisch behandelt wurden bzw. eine initiale Therapieeinstellung kurzfristig<br />
selbst abgebrochen hatten. Zur prospektiven Datengewinnung erfolgte eine<br />
Nachuntersuchung an 15 Patienten aus diesem Patientengut. Diese umfasste eine<br />
Anamneseerhebung, eine klinisch-neurologische Untersuchung, 4 psychologische<br />
Testverfahren und die Ableitung eines EEG.<br />
Bei den nachuntersuchten Patienten waren 6 (40 %) männlichen und 9 (60 %)<br />
weiblichen Geschlechts mit einem Durchschnittsalter von 34,2 Jahren (18 – 50 Jahre).<br />
Das Manifestationsalter der Epilepsie lag im Mittel bei 15,9 Jahren (6 – 36 Jahre).<br />
Bei jeweils 5 Patienten traten nur Absencen (33 %) oder Grand mal (33 %) auf. Die<br />
übrigen 5 Erkrankten (33 %) hatten Absencen und Grand mal.<br />
Die mittlere Epilepsiedauer betrug bei der Nachuntersuchung 18,3 Jahre (7 – 29 Jahre).<br />
Der Beobachtungszeitraum erstreckte sich über 7 bis 27 Jahre, im Durchschnitt über<br />
15,3 Jahre. Anfallsfreiheit konnte bei 8 Patienten (53 %) festgestellt werden, während<br />
bei 7 Patienten (47 %) weiterhin Anfälle auftraten. Die Anfallsfreiheit bestand bei den<br />
ausgeheilten Patienten durchschnittlich seit 13,1 Jahren (4 – 24 Jahre).
77<br />
In der Nachuntersuchung waren Frauen häufiger anfallskrank als Männer.<br />
Ein prognostisch günstiger Faktor für Anfallsfreiheit waren keine oder das Auftreten<br />
von nur wenigen Grand mal (0 – 3).<br />
Noch anfallskranke Patienten erzielten im nonverbalen Intelligenzkurztest LPS-3<br />
niedrigere IQ-Werte als ausgeheilte Patienten. Mit einem persistierenden Anfallsleiden<br />
war eine häufigere Neigung zu Depressionen und Angst verbunden.<br />
Unter den nachuntersuchten Patienten hatten Frauen häufiger Absencen und Grand mal,<br />
während das alleinige Auftreten von Absencen oder Grand mal keine<br />
Geschlechtsbevorzugung aufwies.<br />
Das Manifestationsalter für Absencenepilepsien lag ausschließlich in den ersten 10<br />
Lebensjahren. Patienten mit Absencen und Grand mal erkrankten überwiegend<br />
zwischen 11 und 20 Jahren und Patienten mit alleinigen Grand mal-Anfällen im Alter<br />
von 20 bis 36 Jahren.<br />
Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung waren die Patienten mit Absencen allein oder in<br />
Kombination mit Grand mal unter 40 Jahre alt. Die Untersuchten mit Grand mal als<br />
einziger Anfallsform befanden sich im Alter zwischen 39 und 50 Jahre.<br />
Das Auftreten fotoparoxysmaler Reaktionen bei Diagnosestellung war verbunden mit<br />
fortbestehenden Anfällen, einer geringeren beruflichen Ausbildung, einer niedrigeren<br />
bildungsunabhängigen Intelligenz im LPS-3 und höherer Anfälligkeit für Depressionen<br />
und Angstsymptome.<br />
Für Patienten mit einer Manifestation der Epilepsie bis zum 11. Lebensjahr fanden sich<br />
im LPS-3 höhere IQ-Werte als bei Patienten mit einem Erkrankungsbeginn in der<br />
2. Lebensdekade.<br />
Im EEG bei Diagnosestellung waren bei allen Patienten mit Manifestation der Epilepsie<br />
in den ersten 10 Lebensjahren bereits spontan epileptiforme und Anfallsmuster<br />
nachweisbar.<br />
Bei Grand mal wurden als Anfallsauslöser vor allem Alkoholeinfluss, Schlafentzug und<br />
Stress-Situationen angegeben.<br />
Als Gründe für den Behandlungsabbruch wurden insbesondere die Nebenwirkungen der<br />
Antiepileptika und erreichte Anfallsfreiheit genannt.
78<br />
Keine Bedeutung für eine Spontanheilung beim untersuchten Patientengut hatten das<br />
Alter bei der Nachuntersuchung, das Manifestationsalter der Epilepsie, der<br />
Beobachtungszeitraum, eine positive Familienanamnese für Epilepsien, das<br />
Vorkommen von Fieberanfällen in der Kindheit, die verschiedenen Anfallsformen und<br />
das Vorhandensein von Anfallsauslösern. Zwischen ausgeheilten und anfallskranken<br />
Patienten zeigten sich weiterhin keine Unterschiede im erreichten Schulabschluss, der<br />
Berufsausbildung und der aktuellen Erwerbstätigkeit, bei den Gründen für den<br />
Behandlungsabbruch, in den neurologischen und psychischen Untersuchungsbefunden,<br />
bei der bildungsabhängigen Intelligenz im MWT-B, in den EEG-Befunden bei<br />
Diagnosestellung und in der Nachuntersuchung hinsichtlich epileptiformer und<br />
Anfallsmuster spontan und unter Provokation mit Hyperventilation sowie bezüglich der<br />
Grundaktivität, Allgemeinveränderungen und Herdbefunden. Ausgeheilte und noch<br />
anfallskranke Patienten unterschieden sich ebenfalls nicht bei der Nachuntersuchung in<br />
den EEG-Ableitungen unter Fotostimulation.<br />
Die vorliegende Arbeit konnte für den Spontanverlauf idiopathischer generalisierter<br />
Epilepsien eine günstige Prognose für etwa die Hälfte der Patienten auch ohne<br />
antiepileptische Behandlung nachweisen. Es wurden beim untersuchten Patientengut<br />
Faktoren ermittelt, die den Krankheitsverlauf und die Ausheilung beeinflussten bzw.<br />
keine prognostische Bedeutung hatten.<br />
Aufgrund der Schwierigkeiten, für eine solche Untersuchung größere Fallzahlen zu<br />
rekrutieren, werden allgemeingültige Aussagen zum Spontanverlauf gut behandelbarer<br />
Epilepsien nur schwer zu ermitteln sein.
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