Dokument 1.pdf - Hochschulschriftenserver der Universität Trier - hbz
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5 Religion & chronische Schmerzen<br />
durch die Erkrankung. Bei Patienten mit chronischen Erkrankungen ergab sich ein<br />
kleiner inverser Zusammenhang von Vertrauen in Gottes Hilfe (AKU = Fragebogen<br />
„Adaptiver Krankheitsumgang“, siehe Büssing, 2011b) mit körperlicher<br />
Lebensqualität (SF-12 = Short Form des Fragebogens zum Gesundheitszustand,<br />
siehe Bullinger & Kirchberger, 1998).<br />
Eine relativ große Gruppe chronisch Kranker gäben spirituell-religiöse<br />
Bedürfnisse an, die aus ihrer Krankheitsverarbeitung hervorgegangen sind, aber<br />
häufig fehlten im klinischen Kontext entsprechende Ansprechpartner (Büssing,<br />
2011b). Gespräche über spirituelle Bedürfnisse seien oft nur schwer zu initiieren,<br />
zeigten aber zumeist eine befreiende Wirkung. Unter vier spirituellen<br />
Bedürfnisgruppen seien religiöse und existentielle Bedürfnisse bei Patienten mit<br />
chronischen Erkrankungen, vor allem bei Schmerzpatienten, am geringsten<br />
ausgeprägt gewesen. Eine mäßige Ausprägung zeigte das Bedürfnis nach innerem<br />
Frieden. Als bedeutsam stellte sich jedoch vor allem das Bedürfnis nach<br />
Eigeninitiative heraus, um eigenverantwortlich das eigene Leben gestalten zu<br />
können. Anhand einer Stichprobe von 240 Frauen, die langzeitüberlebende<br />
Betroffene einer Krebserkrankung waren, stellten sich die Dimensionen „Sinn“ und<br />
„Frieden“ in einer Querschnittsanalyse als funktional heraus, während sich die<br />
Dimension „Glaube“ dysfunktional im Sinne von Maßen <strong>der</strong> Lebensqualität bzw. des<br />
Wohlbefindens erwies (Canada et al., 2008). Die angeführte Belastung kann hierbei<br />
als chronisch verstanden werden, da mindestens sechs bis maximal 15 Jahre seit <strong>der</strong><br />
Diagnosestellung vergangen waren.<br />
Was chronische Belastungen bzw. Erkrankungen im Allgemeinen anbelangt, so<br />
erscheint es zusammenfassend als sinnvoll, religiöse Aspekte von an<strong>der</strong>en<br />
spirituellen, z.B. sinnbezogenen Aspekten zu unterscheiden, da letztere eine<br />
deutlichere Rolle zu spielen scheinen. Auf religiöses Coping scheint eher in mäßigem<br />
Ausmaß zurückgegriffen zu werden. Wenn dies <strong>der</strong> Fall ist, so bleibt die Frage nach<br />
dessen Wirkung offen. Näherliegend erscheint aufgrund <strong>der</strong> dargestellten Befunde<br />
eher eine dysfunktionale bis hin zu einer ausbleibenden Wirkung als ein hilfreicher<br />
Effekt religiösen Copings bei chronischer Erkrankung. Allein <strong>der</strong> Hinweis von<br />
Pargament et al. (in press) deutet auf die Möglichkeit einer funktionalen Bedeutung<br />
von Religion in Situationen mit begrenzten Kontrollmöglichkeiten hin, und zwar<br />
wenn es um passive Strategien religiösen Copings geht (vgl. Kapitel 3.1).