PDF 5.373kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen
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Zusammenfassung<br />
Zusammenfassung<br />
Bislang gibt es keine Studie, in der explizite und implizite<br />
Aufmerksamkeitsprozesse bei Erwachsenen mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-/<br />
Hyperaktivitätsstörung (ADHS) experimentell untersucht wurde. Dabei gehören die<br />
Aufmerksamkeitsprobleme zu den Kernproblemen dieser Erkrankung bei Erwachsenen.<br />
Ein besseres Verständnis der Aufmerksamkeitsproblematik könnte Informationen<br />
liefern, die zur Verbesserung der Diagnostik und der Therapie dieser Erkrankung<br />
beitragen. Studien zum Fahrverhalten bei Erwachsenen mit einer ADHS legen die<br />
Annahme nahe, dass die implizite Form der Aufmerksamkeitslenkung, im Gegensatz zur<br />
expliziten Form, bei diesen Patienten besonders betroffen ist. Der vorliegenden Studie<br />
liegt daher die Annahme zugrunde, dass die implizite Form der Aufmerksamkeitslenkung<br />
bei Erwachsenen mit einer ADHS stärker beeinträchtigt ist als die explizite Form.<br />
Zur Überprüfung dieser Annahme werden 20 gesunde Erwachsenen mit 20<br />
Erwachsenen mit einer ADHS verglichen. Beide Gruppen bearbeiten das Stroop- sowie<br />
das Flanker-Paradigma. Dabei handelt es sich um Inkongruenzaufgaben, die in der<br />
Kognitionspsychologie standardmäßig zur Untersuchung von Aufmerksamkeit eingesetzt<br />
werden. Beim Stroop-Paradigma sind explizite Prozesse der Aufmerksamkeitslenkung<br />
aktiv, während es beim Flanker-Paradigma implizite Prozesse sind. Sind bei Erwachsenen<br />
mit einer ADHS implizite Prozesse der Aufmerksamkeitslenkung stärker betroffen,<br />
sollten die Patienten im Vergleich zu den Gesunden beim Flanker-Paradigma stärkere<br />
Defizite zeigen als beim Stroop-Paradigma. Dabei interessieren nicht nur die<br />
Verhaltenskorrelate von Aufmerksamkeit, sondern auch die neurophysiologische Ebene.<br />
Neben Reaktionszeiten (RZ) und Prozent korrekter Antworten (PK) werden die<br />
ereigniskorrelierten Potentiale (EKP) und zwar die P300-Peak-Latenz das lateralisiertes<br />
Bereitschaftspotential (LRP) sowie die Fehlernegativierung (ERN) erfasst.<br />
Auf der Verhaltensebene zeigen sich nicht die erwarteten Unterschiede. Der<br />
Inkongruenzeffekt ist für die PK bei den Patienten zwar größer als bei den Gesunden,<br />
eine stärkere Beeinträchtigung der impliziten Aufmerksamkeit im Vergleich zu expliziten<br />
Aufmerksamkeit ist bei den Patienten auf der Verhaltensebene jedoch nicht zu<br />
erkennen. Bei den EKP sind die Unterschiede wie erwartet: Sowohl hinsichtlich der<br />
P300-Peak-Latenz, als dem LRP und auch der ERN unterscheiden sich Gesunde und<br />
Patienten beim Flanker-Paradigma signifikant stärker als beim Stroop-Paradigma.<br />
Die Ergebnisse legen die Annahme nahe, dass die implizite Form der<br />
Aufmerksamkeitslenkung bei Erwachsenen mit einer ADHS stärker betroffen ist. Diese<br />
Information könnte nutzbringend zur Verbesserung der Diagnostik dieser Störung<br />
verwendet werden. Die Ergebnisse dieser Studie stellen damit einen ersten Schritt in<br />
eine richtige Richtung dar.