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Unaufmerksamkeit bei Erwachsenen mit einer ADHS Studien nachgewiesen werden (Cox, et al., 2000; Cox, Merkel, et al., 2004; Sobanski, Sabljic, et al., 2008). Hierbei zeigten sich Verbesserungen in der realen Straßenverkehrssituation, im Fahrsimulator als auch in Tests, deren kognitive Anforderungen denjenigen beim Autofahren ähneln. Die bislang geschilderten Befunde machen deutlich, dass bei Erwachsenen mit einer ADHS Prozesse der selektiven Aufmerksamkeit betroffen zu sein scheinen. Offensichtlich haben die Patienten Schwierigkeiten, irrelevante Reize auszublenden und ihre Aufmerksamkeit selektiv auf relevante Reize zu lenken. Dies schein ein Defizit zu sein, welches vor allem bei Tätigkeiten wie dem Autofahren, die zu einem Großteil automatisiert ablaufen, zu massiven Schwierigkeiten zu führen. An dieser Stelle wird eine weitere Differenzierung von Aufmerksamkeitsprozessen sinnvoll. Denn die selektive Beachtung relevanter Reize kann auf zwei unterschiedliche Art und Weise geschehen. So kann sich eine Person beispielweise während einer Mathematik-Prüfung ganz bewusst auf die Prüfung konzentrieren und alle anderen Reize wie z.B. Nebensitzer oder störende Geräusche ausblenden. Diese explizite Form der Aufmerksamkeitslenkung unterscheidet sich prinzipiell von einer impliziten Aufmerksamkeitslenkung. Die implizite Form der Aufmerksamkeitslenkung findet sich typischerweise bei gut gelernten, automatisierten Tätigkeiten wie beispielsweise dem Autofahren. Der Bezug zu den Befunden der Patienten mit einer ADHS beim Autofahren legt nun die Annahme nahe, dass bei den Patienten vor allem diese implizite Aufmerksamkeit betroffen zu sein scheint, da es zu Tätigkeiten, bei denen vor allem explizite Aufmerksamkeitsprozesse beteiligt sind, keine entsprechenden Befunde gibt. In Anbetracht dieses Unterschieds, der sich bislang jedoch nur auf einer phänomenologischen Ebene andeutet, wäre es daher sinnvoll, anhand bewährter Untersuchungsmethoden diese beiden Formen der Aufmerksamkeit (explizite vs. implizite Aufmerksamkeit) bei Erwachsenen mit einer ADHS zu differenzieren. Der Aufschluss darüber, ob eine ganz bestimmte Form der Aufmerksamkeit betroffen ist, könnte wesentlich zur Verbesserung der Diagnostik dieser Störung beitragen. 13
Untersuchung impliziter und expliziter Aufmerksamkeitsprozesse bei Inkompatibilitätsaufgaben 1.4 Untersuchung impliziter und expliziter Aufmerksamkeitsprozesse durch Inkompatibilitätsaufgaben Nachdem dargestellt wurde, dass der Unterschied zwischen impliziter und expliziter Aufmerksamkeit bzw. Aufmerksamkeitslenkung darin besteht, ob diese eher unbewusst, automatisch oder bewusst und kontrolliert geschieht, stellt sich die Frage, wie diese beiden Formen der Aufmerksamkeitslenkung experimentell untersucht werden können. Für die Untersuchung expliziter und impliziter Aufmerksamkeitsprozesse werden in der Kognitionspsychologie seit langem sogenannte Inkompatibilitätsaufgaben eingesetzt. Bei derartigen Aufgaben muss auf Reize reagiert werden, die für die Reaktion zugleich relevante und irrelevante Merkmale beinhalten. Die irrelevanten Eigenschaften behindern das adäquate Reagieren und machen den Einfluss unterschiedlicher Aufmerksamkeitsprozesse auf der Verhaltens- und auf der elektrophysiologischen Ebene sichtbar. Im Folgenden werden zwei typische Inkompatibilitätsaufgaben vorgestellt. 1.4.1 Das Stroop-Paradigma Eine der bekanntesten Inkompatibilitätsaufgaben ist die Stroop-Aufgabe (siehe Abbildung 1), bei der farbig gedruckte Wörter präsentiert werden. Die Farbe soll durch das Drücken einer entsprechenden Taste benannt werden, z.B. die linke Taste für die Farbe Rot und die rechte Taste für die Farbe Grün. Eine „kongruente Bedingung“ liegt dann vor, wenn das Wort selbst den Namen dieser Farbe angibt, also z.B. das Wort „ROT“ in roter Farbe gedruckt ist, und die Versuchsperson daher die linke Taste drücken muss. Eine „inkongruente Bedingung“ liegt dagegen dann vor, wenn die Bedeutung des Wortes mit der zu benennenden Farbe nicht übereinstimmt, z.B. das Wort „GRÜN“ in roter Farbe geschrieben ist. Hier soll die Versuchsperson nun auch die linke Taste drücken, da sie ja die Wortfarbe benennen soll, jedoch stimmt der Inhalt des gedruckten Wortes nicht mit dieser Antwort überein (Inkompatibilität). Besteht zwischen der Wortbedeutung und der zu benennenden Eigenschaft (Druckfarbe rot oder grün) keine inhaltliche Verknüpfung bzw. Ähnlichkeit, dann wird die Bedingung als neutral bezeichnet, z.B. das Wort „Katze“ in grüner Farbe geschrieben. Beim Stroop-Paradigma zeigen sich typischerweise folgende Ergebnisse: Die Reaktionszeit ist in der kongruenten Bedingung kürzer, in der inkongruenten dagegen länger als in der neutralen Bedingung. Die Differenz der Reaktionszeit zwischen kongruenter und neutraler Bedingung wird als Kongruenzeffekt bezeichnet. Der Unterschied in der Reaktionszeit zwischen inkongruenter und neutraler Bedingung wird als – Stroop-Interferenz – bzw. als – Inkongruenz-Effekt – bezeichnet (Stroop, 1935; MacLeod, 1991). Zur Maximierung dieses Effekts wird in vielen Studien auch die 14
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Untersuchung impliziter und expliziter Aufmerksamkeitsprozesse bei Inkompatibilitätsaufgaben<br />
1.4 Untersuchung impliziter und expliziter<br />
Aufmerksamkeitsprozesse durch<br />
Inkompatibilitätsaufgaben<br />
Nachdem dargestellt wurde, dass der Unterschied zwischen impliziter und<br />
expliziter Aufmerksamkeit bzw. Aufmerksamkeitslenkung darin besteht, ob diese eher<br />
unbewusst, automatisch oder bewusst und kontrolliert geschieht, stellt sich die Frage,<br />
wie diese beiden Formen der Aufmerksamkeitslenkung experimentell untersucht<br />
werden können. Für die Untersuchung expliziter und impliziter<br />
Aufmerksamkeitsprozesse werden in der Kognitionspsychologie seit langem sogenannte<br />
Inkompatibilitätsaufgaben eingesetzt. Bei derartigen Aufgaben muss auf Reize reagiert<br />
werden, die für die Reaktion zugleich relevante und irrelevante Merkmale beinhalten.<br />
Die irrelevanten Eigenschaften behindern das adäquate Reagieren und machen den<br />
Einfluss unterschiedlicher Aufmerksamkeitsprozesse auf der Verhaltens- und auf der<br />
elektrophysiologischen Ebene sichtbar. Im Folgenden werden zwei typische<br />
Inkompatibilitätsaufgaben vorgestellt.<br />
1.4.1 Das Stroop-Paradigma<br />
Eine der bekanntesten Inkompatibilitätsaufgaben ist die Stroop-Aufgabe (siehe<br />
Abbildung 1), bei der farbig gedruckte Wörter präsentiert werden. Die Farbe soll durch<br />
das Drücken einer entsprechenden Taste benannt werden, z.B. die linke Taste für die<br />
Farbe Rot und die rechte Taste für die Farbe Grün. Eine „kongruente Bedingung“ liegt<br />
dann vor, wenn das Wort selbst den Namen dieser Farbe angibt, also z.B. das Wort<br />
„ROT“ in roter Farbe gedruckt ist, und die Versuchsperson daher die linke Taste drücken<br />
muss. Eine „inkongruente Bedingung“ liegt dagegen dann vor, wenn die Bedeutung des<br />
Wortes mit der zu benennenden Farbe nicht übereinstimmt, z.B. das Wort „GRÜN“ in<br />
roter Farbe geschrieben ist. Hier soll die Versuchsperson nun auch die linke Taste<br />
drücken, da sie ja die Wortfarbe benennen soll, jedoch stimmt der Inhalt des gedruckten<br />
Wortes nicht mit dieser Antwort überein (Inkompatibilität). Besteht zwischen der<br />
Wortbedeutung und der zu benennenden Eigenschaft (Druckfarbe rot oder grün) keine<br />
inhaltliche Verknüpfung bzw. Ähnlichkeit, dann wird die Bedingung als neutral<br />
bezeichnet, z.B. das Wort „Katze“ in grüner Farbe geschrieben.<br />
Beim Stroop-Paradigma zeigen sich typischerweise folgende Ergebnisse: Die<br />
Reaktionszeit ist in der kongruenten Bedingung kürzer, in der inkongruenten dagegen<br />
länger als in der neutralen Bedingung. Die Differenz der Reaktionszeit zwischen<br />
kongruenter und neutraler Bedingung wird als Kongruenzeffekt bezeichnet. Der<br />
Unterschied in der Reaktionszeit zwischen inkongruenter und neutraler Bedingung wird<br />
als – Stroop-Interferenz – bzw. als – Inkongruenz-Effekt – bezeichnet (Stroop, 1935;<br />
MacLeod, 1991). Zur Maximierung dieses Effekts wird in vielen Studien auch die<br />
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