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Prävalenz und Komorbidität der ADHS im Erwachsenenalter 2003), die sich bei der Behandlung der ADHS stark am dem Programm von M. Linnehan zur Behandlung von Borderline-Störungen orientiert. In dieser Studie zeigten sich ebenfalls positive Effekte auf das Symptombild der ADHS bei Erwachsenen. Bei der Behandlung von Kindern mit einer ADHS gibt es neben der medikamentösen und verhaltenstherapeutischen Behandlung inzwischen auch erfolgsversprechende Behandlungsansätze mittels Neurofeedback-Training (Holtmann et al., 2004; Leins et al., 2006; Strehl, Leins, et al., 2006; Strehl, Trevorrow, et al., 2006). Eine solche Behandlung scheint sich derzeit in einer noch nicht abgeschlossenen Studie auch bei Erwachsenen als wirksam zu erweisen (Mayer et al. 2012). Die ADHS in ihrem chronischen Verlauf ins Erwachsenenalter, hat eine nicht zu vernachlässigende Funktion als Risikofaktor für das Auftreten psychosozialer Probleme(Jacob, et al., 2008). So wurden in einer Studie (Murphy & Barkley, 1996) zwei Gruppen von Erwachsenen verglichen, die sich beide in einer psychotherapeutischen Hochschulambulanz für ADHS vorstellten. Bei der diagnostischen Abklärung erhielten 172 Personen die Diagnose einer ADHS (DSM-III-R) im Erwachsenenalter; 30 Personen, die keine Diagnose erhielten, wurden als Kontrollgruppe verwendet. In der Studie konnte gezeigt werden, dass Erwachsene mit einer ADHS signifikant häufiger an Verhaltensstörungen sowie an Alkoholabhängigkeit leiden. Des Weiteren zeigte sich, dass Erwachsene mit einer ADHS häufiger unter somatischen Beschwerden, unter interpersonellen Problemen, unter Depression, Angst sowie sozialer Ablehnung leiden. Der Grad der allgemeinen Beeinträchtigung bei Erwachsenen mit einer ADHS war ebenfalls signifikant höher als bei der Kontrollgruppe. Im Bereich psychosozialer Beeinträchtigungen zeigte sich, dass Erwachsene mit einer ADHS häufiger von der Schule suspendiert wurden, schlechtere Noten und Schulabschlüsse hatten, häufiger den Arbeitsplatz verloren und häufiger den Führerschein verloren. Dieses Bild ließ sich in einer weiteren Studie (McGough et al., 2005) bestätigen. In dieser Studie wurden Eltern von Kindern mit einer ADHS ebenfalls auf eine mögliche ADHS hin untersucht. In den 230 Familien war in 43% der Fälle kein Elternteil betroffen, in 47% der Fälle zeigte ein Elternteil eine ADHS und in 10% der Fälle waren beide Elternteile betroffen. 53% wurden dem vorwiegend unaufmerksamen Typus und 47% dem hyperaktiv/impulsiven Typus zugeordnet. Die betroffenen Erwachsenen litten signifikant häufiger als die Eltern ohne eine ADHS unter Affektiven Störungen (Major Depression, Bipolar I Störung), Angststörungen und Abhängigkeitserkrankungen. Darüber hinaus konnten die Autoren zeigen, dass eine ADHS ein allgemeiner Risikofaktor für das Auftreten von Affektivensowie Angststörungen ist. Sobanski und Kollegen (2008) untersuchten ebenfalls komorbide Störungen und psychosoziale Beeinträchtigungen, diesmal jedoch unter Berücksichtigung der ADHS Subtypen. Auch in dieser Studie ergibt sich ein ähnliches Bild wie in den zuvor genannten. Auf psychosozialer Ebene zeigte sich, dass Erwachsene mit einer ADHS signifikant weniger lange Paarbeziehungen (> 1 Jahr), eine signifikant niedrigere Bildung und signifikant mehr Schul- oder Ausbildungsabbrüche haben. Darüberhinaus sind sie häufiger arbeitslos. Auf der Ebene der komorbiden Erkrankungen haben Erwachsene mit einer ADHS signifikant häufiger affektive Störungen, 5

Prävalenz und Komorbidität der ADHS im Erwachsenenalter Abhängigkeitserkrankungen und Essstörungen. Darüber hinaus war die allgemeine Lebenszeitprävalenz in Bezug auf psychische Störungen fast doppelt so hoch wie bei der Kontrollgruppe (Erwachsene mit einer ADHS 80.6% vs. Kontrollen 42.9%). Dieser Unterschied war statistisch signifikant. In Bezug auf den Vergleich der ADHS Subtypen, fanden Sobanksi und Kollegen heraus, dass die Unaufmerksamkeit die am längsten andauernde Symptomatik ist. So zeigte sich, dass von 118 untersuchten Erwachsenen, die in der Kindheit die Diagnose des „Kombinierten Typus“ erhalten hatten, 20.3 % aktuell nur noch die Kriterien für den „Vorwiegend Unaufmerksamen Typus“ erfüllen. Weitere Vergleiche der Subtypen brachten keine eindeutigen Ergebnisse. Die Autoren spekulieren jedoch, dass dasjenige Symptom-Cluster, welches die stärksten Beeinträchtigungen mit sich bringt, das der Unaufmerksamkeit ist und nicht das der Hyperaktivität/Impulsivität(Sobanski, Bruggemann, et al., 2008). Diese Spekulation wird durch den Befund gestärkt, dass Aufmerksamkeitsprobleme zusammen mit Symptomen im Bereich der Emotion und des Affektes eine größere prädiktive Funktion für das Auftreten komorbider Störungen haben als die anderen Symptomcluster der ADHS im Erwachsenenalter (Unruhe/Hyperaktivität, Impulskontrolle/Disinhibition, Stresstoleranz) (Bell, 2010). Darüber hinaus scheint es erste Hinwiese darauf zu geben, dass diese Patienten nicht nur an zusätzlichen psychischen Problemen leiden, sondern auch vermehrt über somatische Beschwerden klagen. Diese somatischen Beschwerden scheinen sogar einen noch höheren Stellenwert einzunehmen, als die psychischen Beeinträchtigungen. In Anbetracht der genannten Befunde ist es daher nicht verwunderlich, dass auch die gesundheitsbezogene Lebensqualität dieser Patientenpopulation stark beeinträchtigt ist (Bell, 2010). Welches Bild stellt sich nun bei zusammenfassender Betrachtung der bisher genannten Informationen zu diesem Krankheitsbild dar? Zunächst ist festzuhalten, dass es sich bei der ADHS im Erwachsenenalter um eine chronische Erkrankung handelt(Bell, 2010), die mit einer mittleren Prävalenzrate von 3-5% (Dopheide & Pliszka, 2009) häufiger ist, als beispielsweise bipolare oder schizophrene Erkrankungen (Hesslinger, et al., 2003). Kennzeichen erwachsener Patienten sind starke psychosoziale Beeinträchtigungen (geringere Bildung, geringerer sozioökonomischer Status, Arbeitslosigkeit…) und häufig auftretende komorbide Erkrankungen. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität dieser Patienten ist aufgrund der vielfältigen Beeinträchtigungen stark reduziert, und die klinische Versorgung dieser Patienten ist schlecht (Hesslinger, et al., 2003). 1.2 Diagnostik der ADHS im Erwachsenenalter An dieser Stelle richtet sich der Fokus der vorliegenden Arbeit auf die bereits eingangs kurz erwähnte diagnostische Herausforderung, die diese Störung mit sich bringt(Bell, 2010). Die effektive und effiziente Behandlung einer Erkrankung setzt eine reliable und valide Diagnostik voraus. Warum ist dieses Thema in Bezug auf die ADHS im Erwachsenenalter von Bedeutung? Die Bedeutung dieses Themas erschließt sich bei 6

Prävalenz und Komorbidität der ADHS im Erwachsenenalter<br />

2003), die sich bei der Behandlung der ADHS stark am dem Programm von M. Linnehan<br />

zur Behandlung von Borderline-Störungen orientiert. In dieser Studie zeigten sich<br />

ebenfalls positive Effekte auf das Symptombild der ADHS bei Erwachsenen. Bei der<br />

Behandlung von Kindern mit einer ADHS gibt es neben der medikamentösen und<br />

verhaltenstherapeutischen Behandlung inzwischen auch erfolgsversprechende<br />

Behandlungsansätze mittels Neurofeedback-Training (Holtmann et al., 2004; Leins et al.,<br />

2006; Strehl, Leins, et al., 2006; Strehl, Trevorrow, et al., 2006). Eine solche Behandlung<br />

scheint sich derzeit in einer noch nicht abgeschlossenen Studie auch bei Erwachsenen<br />

als wirksam zu erweisen (Mayer et al. 2012).<br />

Die ADHS in ihrem chronischen Verlauf ins Erwachsenenalter, hat eine nicht zu<br />

vernachlässigende Funktion als Risikofaktor für das Auftreten psychosozialer<br />

Probleme(Jacob, et al., 2008). So wurden in einer Studie (Murphy & Barkley, 1996) zwei<br />

Gruppen von Erwachsenen verglichen, die sich beide in einer psychotherapeutischen<br />

Hochschulambulanz für ADHS vorstellten. Bei der diagnostischen Abklärung erhielten<br />

172 Personen die Diagnose einer ADHS (DSM-III-R) im Erwachsenenalter; 30 Personen,<br />

die keine Diagnose erhielten, wurden als Kontrollgruppe verwendet. In der Studie<br />

konnte gezeigt werden, dass Erwachsene mit einer ADHS signifikant häufiger an<br />

Verhaltensstörungen sowie an Alkoholabhängigkeit leiden. Des Weiteren zeigte sich,<br />

dass Erwachsene mit einer ADHS häufiger unter somatischen Beschwerden, unter<br />

interpersonellen Problemen, unter Depression, Angst sowie sozialer Ablehnung leiden.<br />

Der Grad der allgemeinen Beeinträchtigung bei Erwachsenen mit einer ADHS war<br />

ebenfalls signifikant höher als bei der Kontrollgruppe. Im Bereich psychosozialer<br />

Beeinträchtigungen zeigte sich, dass Erwachsene mit einer ADHS häufiger von der Schule<br />

suspendiert wurden, schlechtere Noten und Schulabschlüsse hatten, häufiger den<br />

Arbeitsplatz verloren und häufiger den Führerschein verloren. Dieses Bild ließ sich in<br />

einer weiteren Studie (McGough et al., 2005) bestätigen. In dieser Studie wurden Eltern<br />

von Kindern mit einer ADHS ebenfalls auf eine mögliche ADHS hin untersucht. In den<br />

230 Familien war in 43% der Fälle kein Elternteil betroffen, in 47% der Fälle zeigte ein<br />

Elternteil eine ADHS und in 10% der Fälle waren beide Elternteile betroffen. 53% wurden<br />

dem vorwiegend unaufmerksamen Typus und 47% dem hyperaktiv/impulsiven Typus<br />

zugeordnet. Die betroffenen Erwachsenen litten signifikant häufiger als die Eltern ohne<br />

eine ADHS unter Affektiven Störungen (Major Depression, Bipolar I Störung),<br />

Angststörungen und Abhängigkeitserkrankungen. Darüber hinaus konnten die Autoren<br />

zeigen, dass eine ADHS ein allgemeiner Risikofaktor für das Auftreten von Affektivensowie<br />

Angststörungen ist. Sobanski und Kollegen (2008) untersuchten ebenfalls<br />

komorbide Störungen und psychosoziale Beeinträchtigungen, diesmal jedoch unter<br />

Berücksichtigung der ADHS Subtypen. Auch in dieser Studie ergibt sich ein ähnliches Bild<br />

wie in den zuvor genannten. Auf psychosozialer Ebene zeigte sich, dass Erwachsene mit<br />

einer ADHS signifikant weniger lange Paarbeziehungen (> 1 Jahr), eine signifikant<br />

niedrigere Bildung und signifikant mehr Schul- oder Ausbildungsabbrüche haben.<br />

Darüberhinaus sind sie häufiger arbeitslos. Auf der Ebene der komorbiden Erkrankungen<br />

haben Erwachsene mit einer ADHS signifikant häufiger affektive Störungen,<br />

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