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7 Zusammenfassung

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7 <strong>Zusammenfassung</strong><br />

Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen dienen der Aufgabe,<br />

eine haftfeste Entspiegelung auf Polycarbonat zu realisieren und diese Entspiegelung<br />

mit einem UV-Schutz auszurüsten, der die Anwendung der resultierenden beschichteten<br />

optischen Komponente unter natürlicher Sonneneinstrahlung ohne Qualitätsverlust<br />

hinsichtlich der optischen Transmission und des unter UV-Exposition eintretenden<br />

Haftungsversagens der Beschichtung ermöglicht.<br />

Optische Interferenzschichtsysteme bestehen aus vielen Schichten mit Einzeldicken im<br />

nm-Bereich. Sie werden mit einer hohen Präzision der Schichtdicken und der optischen<br />

Eigenschaften der Materialien mittels Plasma-IAD-Verfahren im Hochvakuum auf das<br />

Polycarbonat aufgedampft. Die Auswirkungen dieses Plasmaprozesses haben allerdings<br />

im speziellen Fall des Polycarbonats unerwünschte Nebenwirkungen auf die Haftung<br />

der aufgedampften Schichten.<br />

So konnte an allen in dieser Arbeit untersuchten Schichtsubstanzen (SiO 2 , TiO 2 , Nb 2 O 5 ,<br />

Ta 2 O 5 , ZrO 2 ) gezeigt werden, dass die Schichthaftung der mittels Elektronenstrahl-<br />

Verdampfer gefertigten Schichten auf Polycarbonat umso schlechter wird, je stärker die<br />

Plasmastützung im Beschichtungsprozess eingesetzt wird. Entscheidend für die Auswirkungen<br />

des untersuchten Parameterfeldes der Prozessgrößen ist dabei nicht die<br />

Stärke der Plasmastützung allein, sondern auch ihr Zusammenwirken mit der Beschichtungsrate.<br />

Diese beiden Größen bestimmen den Energieeintrag je Teilchen der<br />

Schichtsubstanz und sind verantwortlich für die erreichte Packungsdichte der Schichten.<br />

Eine starke Verdichtung der Schichten durch den Einsatz einer hohen Plasmaenergie<br />

führt zu Haftversagen auf Polycarbonat, wie in dieser Arbeit deutlich belegt<br />

werden konnte.<br />

Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass sich eine lange Argonplasma-Vorbehandlung<br />

negativ auf die Haftung nachfolgend aufgedampfter Referenzschichten auswirkt.<br />

Im Gegensatz dazu erzielte eine lange Plasmabehandlung unter Sauerstoffzufuhr eine<br />

deutliche Haftverbesserung für hoch verdichtetes TiO 2 – eine Referenzschicht mit normalerweise<br />

sehr schlechter Haftung auf PC. Diese nach der langen Argon-Sauerstoff-<br />

Plasmavorbehandlung aufgedampften TiO 2 -Schichten blieben auch nach den Standard-<br />

Klimatests gemäß DIN ISO 9022-2 sehr gut haftfest. Diese Plasmabehandlung bewirkt<br />

einen Materialabtrag an der PC-Oberfläche und geht mit einer deutlichen Erhöhung<br />

der Oberflächenrauheit sowie einer um ca. 1% verringerten Reflexion einher.<br />

Mit Hilfe der Analyseverfahren XPS und TOF-SIMS wurden die Ursachen der Haftungsunterschiede<br />

nach Plasmavorbehandlungen mit und ohne Sauerstoff untersucht. An<br />

den Trennstellen enthafteter Schichten fanden sich deutliche Anzeichen von Kettenbrüchen,<br />

und zwar sowohl nach einer Argonplasma-Behandlung als auch nach einer<br />

Argon-Sauerstoff-Plasmabehandlung. An der Substratstelle des Polycarbonats, von der<br />

die schlecht haftenden Schichten abgezogen wurden, fanden sich in allen Fällen Strukturen,<br />

die denen von unbeschädigtem Polycarbonat entsprechen. Es wurde keine<br />

Trennstelle gefunden, an der sich das Schichtmaterial vom Substrat getrennt hätte. Die<br />

Trennung erfolgte immer zwischen geschädigtem und ungeschädigtem Polycarbonat.<br />

Dieses Ergebnis lässt sich hinsichtlich der Ursache von Haftversagen an Schichten im<br />

Zusammenhang mit dem Plasma-Prozess dahingehend interpretieren, dass das Ionenbombardement<br />

und/oder kurzwellige Strahlung aus dem Plasma zu Kettenbrüchen an<br />

der Polycarbonatoberfläche führen können. Diese weak boundary layers verhindern<br />

eine haftfeste Anbindung von Schichten. Ein wichtiges Ergebnis ist in diesem Zusam-


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menhang, dass eine poröse SiO 2 -Schicht bei nachfolgender Plasmabehandlung (also<br />

einer UV-Bestrahlung unter Vakuumbedingungen) kein Haftungsversagen entwickelt<br />

und damit als Schutz für die Grenzfläche während des weiteren Aufdampfprozesses<br />

optischer Systeme auf PC ausreicht.<br />

Für die haftfeste Anbindung der Beschichtungssysteme ist es demnach wichtig, die Diffusion<br />

in der Grenzfläche zu ermöglichen und die Polymeroberfläche bereits im Prozess<br />

vor dem Einfluss der energiereichen Plasmaionen zu schützen. Dies ist unabhängig von<br />

einem innerhalb der Additivausrüstung des Polycarbonats vorhandenen UV-Stabilisator,<br />

dessen An- oder Abwesenheit innerhalb dieser Arbeit keinerlei Auswirkungen auf die<br />

Schichthaftung zeigte.<br />

Die Untersuchungen zur Haftfestigkeit der Schichtsubstanzen auf Polycarbonat führen<br />

zu der Schlussfolgerung, dass sich bei der Anbindung des Schichtmaterials an die Polycarbonatoberfläche<br />

durch das Plasma-IAD-Verfahren vorrangig kovalente Bindungen<br />

bilden. Zum einen sind die zur Enthaftung der schlecht haftenden Schichten benötigten<br />

Abreißkräfte relativ hoch. Zum anderen befindet sich die Trennstelle dieses Schicht-<br />

Substrat-Verbundes nicht zwischen Schicht und Substrat, sondern am Übergang zwischen<br />

geschädigtem und unbeschädigtem Polycarbonat. Die Abreißkraft überwindet<br />

demnach erst die herabgesetzte Bindung innerhalb der Polycarbonatmatrix nach deren<br />

oberflächennaher Schädigung durch Kettenbruch-Prozesse. Dies sollte ein deutliches<br />

Indiz dafür sein, dass sich zwischen Schicht und Substrat stärkere chemische Bindungen<br />

befinden, die in ihrer Größenordnung folgerichtig denen einer intakten kovalenten Anbindung<br />

entsprechen.<br />

Zur Anbindung der Schichtsubstanzen kommen gemäß der Literatur sowohl direkte<br />

Bindungen mit dem Polycarbonat in Frage als auch eine indirekte Anbindung über<br />

adsorbierte Gase [48]. Das bedeutet am Beispiel der in dieser Arbeit untersuchten<br />

Schichtsubstanzen SiO 2 und TiO 2 ein mögliches Vorhandensein folgender Bindungstypen:<br />

Si – C bzw. Ti – C, Si – O – C bzw. Ti – O – C, von denen jedoch die zweite<br />

aufgrund der hohen Reaktivität des Sauerstoffs und seiner reichlichen Verfügbarkeit im<br />

Beschichtungsprozess wesentlich wahrscheinlicher ist.<br />

Außerdem ermöglichen die Carboxylgruppen des Polycarbonats an dessen Oberfläche<br />

die Ausbildung heteropolarer Bindungen mit Metallionen [70]. Auch eine Säure-Basen-<br />

Interaktion zwischen der sauer wirkenden Carboxylgruppe und dem Beschichtungsmaterial<br />

kommt für Polycarbonatoberflächen nach einer Argon-Plasmabehandlung in<br />

Frage [53]. Des Weiteren besteht im speziellen Fall des SiO 2 die Möglichkeit, dass auch<br />

Bindungen vom Typ Si-O-H vorhanden sind, da man ihnen haftungsvermittelnde<br />

Wirkung zuschreibt und im Polycarbonat auf jeden Fall genügend chemisorbierte OH-<br />

Gruppen vorhanden sind, die zur Bildung von Wasserstoffbrückenbindungen zur Verfügung<br />

stehen.<br />

Der UV-Schutz von Polycarbonat beinhaltet sowohl den Schutz vor Vergilbung des<br />

Werkstoffes als auch den Schutz vor UV-bedingtem Haftversagen an vor der Exposition<br />

sehr gut haftenden Schichten. Der UV-bedingte Haftungsverlust der Schichten wird<br />

durch andere Strahlungswellenlängen ausgelöst als die Vergilbung des Polycarbonatsubstrates.<br />

Offenbar sind alle Wellenlängen unterhalb von 400 nm an Luft und<br />

wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Luftfeuchtigkeit grundsätzlich in der Lage,<br />

ein nachträgliches Haftversagen der Schichten auszulösen. Aufgrund ihrer spektralen<br />

Absorption ist keine der untersuchten hochbrechenden Schichtsubstanzen in der Lage,<br />

allein die Schutzwirkung gegen die UV-induzierte Haftungsschädigung der Schichten<br />

auf Polycarbonat zu gewährleisten.<br />

Deshalb wird als Alternative im Bereich der optischen Beschichtungen die Anwendung<br />

eines Bandpass-Designs vorgeschlagen, welches durch eine Erhöhung der Reflexion im<br />

kurzwelligen Bereich eine mangelnde Absorption ausgleicht.


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Folgende beispielhafte Spezifikation erfüllt die Aufgabenstellung dieser Arbeit:<br />

Bandpassdesign mit Kantenlage 400 nm und ca. 850 nm<br />

zwischen 340 nm und 400 nm: Reflexion > 95%<br />

zwischen 400 und 850 nm: Reflexion < 1% (je Fläche)<br />

niedrigbrechendes Material: SiO 2 , Rate ca. 1,2 nm/s, Bias-Spannung 80 V<br />

hochbrechendes Material: TiO 2 , Rate ca. 0,25 nm/s, Bias-Spannung 80 V<br />

Startschicht des Systems ist immer eine SiO 2 -Schicht<br />

Um die Probleme der Schichthaftung auf Polycarbonat durch ein geeignetes Prüfverfahren<br />

quantifizieren zu können, wurde der Tape-Tests am Gitterschnitt nach DIN EN ISO<br />

2409 hinsichtlich seiner Reproduzierbarkeit verbessert. Ein im Rahmen dieser Arbeit<br />

konstruiertes mechanisches Gerät realisiert den Klebebandabriss unter Ausschluss der<br />

bisher vorhandenen subjektiven Einflüsse des Prüfers. Aufgrund der viskoelastischen<br />

Eigenschaften der Klebebänder dient sie jedoch nur einem schnellen, praxisorientierten<br />

Vergleich von Haftungseigenschaften.<br />

Der Abgleich zu anerkannten Methoden der Adhäsionsprüfung gestaltet sich schwierig,<br />

da zum einen die Kombination aus weichem Substrat und sprödharter Schicht eine<br />

ungünstige Konstellation für alle Ritzverfahren ist und zum anderen die Oberflächen<br />

der Oxidschichten einen klebetechnischen Problemfall darstellen, was der Anwendung<br />

von Abreißverfahren entgegensteht.<br />

Zur zukünftigen Anwendung beschichteten Polycarbonats, z.B. für Displayabdeckungen<br />

im Automobilbereich, sind die in dieser Arbeit untersuchten Beschichtungen prinzipiell<br />

geeignet. Unter Einhaltung der beschriebenen Prozessparameter und optischen Spezifikation<br />

können haftfeste Anti-Reflex-Systeme mit integriertem UV-Schutz für die<br />

Anwendung realisiert werden.

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