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68 III. Das bürgerliche Wohnhaus des 20. Jahrhunderts Die ...

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vormals verfemten Funktionalisten sowie die Entfernung der durch ihre Aktivität während<br />

der NS-Zeit pauschal disqualifizierten Traditionalisten. Auch hier war das als<br />

"der Fall Schmitthenner" 201 in die Nachkriegsgeschichte eingegangene, erst mit Hilfe<br />

der US-Militärregierung durchsetzbare Lehrverbot eines der zeichensetzenden<br />

Ereignisse. <strong>Die</strong> neue Architektengeneration wurde auf ein striktes Modernitätsgebot<br />

eingeschworen und bekam "Schmitthennerhäuser" allenfalls als reaktionäre, heimattümelnde,<br />

eklektizistische und unfunktionale Negativbeispiele vermittelt. 202 <strong>Die</strong><br />

gleichzeitige Ablehnung aller städtebaulichen und ökologischen Prinzipien der traditionalistischen<br />

Moderne in besonderer Konkretisierung der Stuttgarter Schule hat<br />

das architektonische Spektrum im Nachkriegsdeutschland nicht nur eingeschränkt,<br />

sondern manche Fehlentwicklung begünstigt, bis "die Unwirtlichkeit unserer<br />

Städte" 203 diagnostiziert wurde. <strong>Die</strong> Anmahnung eines "sanften Gesetzes" und menschlichen<br />

Maßstabs hätte auch angesichts <strong>des</strong> Betonbrutalismus der 60er und 70er<br />

Jahre ihre Berechtigung gefunden. Aus dem gleichen Manko heraus erfuhr der dörfliche<br />

und kleinstädtische Wohnbau durch Fertighausfirmen und schlechte Baumarktversatzstücke<br />

eine unsägliche Trivialisierung traditioneller Hausformen. <strong>Die</strong><br />

ästhetische Misere <strong>des</strong> Fertighausmarkts ist nicht ein Erbe der traditionalistischen<br />

Architektur, sondern eine Folge <strong>des</strong> Abbruchs ihrer Gestaltungs- und Qualitätslehre.<br />

7. Ausblick: Herzog & de Meuron: Haus Fröhlich<br />

Ihren vorläufigen zeitlichen Abschluss findet die "Geschichte <strong>des</strong> Walmdachhauses"<br />

doch mit einem Blick in die Zukunft: Im Kontext der wieder natürliche Materialien,<br />

traditionelle Konstruktionsarten sowie tradierte und moderne Formen zu einem zeitgemäßen<br />

Konzept vereinigenden Bauschulen in Vorarlberg und der deutschsprachigen<br />

Schweiz entstand 1995 der unrealisierte Entwurf für das Stuttgarter <strong>Wohnhaus</strong><br />

<strong>des</strong> Kunstsammlers Josef Fröhlich durch die Basler Architekten Jacques Herzog und<br />

Pierre de Meuron. 204<br />

<strong>Das</strong> als kubischer Solitär geplante Walmdachhaus sieht eine Betonkonstruktion mit<br />

einer alle Teile inklusive Dach vereinheitlichenden Holzverschalung vor. Gemäß der<br />

Vorliebe, suggestive Hausmonolithe minimalistisch aus einem einzigen Material herauszuarbeiten<br />

und kostengünstige Standardmaterialien aus dem laufenden Industrieangebot<br />

zu verwenden oder aus ökologischen Gesichtspunkten altes Material<br />

wiederzuverwenden, war eine Schale aus den dicken Eichenbohlen ehemaliger<br />

Eisenbahngleise vorgesehen. In strenger konzeptioneller Konsequenz sind innere<br />

Struktur, äußere Form, Hülle und Öffnungen als zunächst unabhängige Teile aufgefasst<br />

und miteinander addiert. So steht die Fassadenhöhe unabhängig zur inneren

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