68 III. Das bürgerliche Wohnhaus des 20. Jahrhunderts Die ...

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scheinung tritt. In der Umkehrung gilt dies theoretisch also auch für das isolierte
Dach ohne Hauskörper. Und genau diese Position besetzt eine Karikatur von Adolf
Loos, der aus Anlass des Dächerstreits das Haus auf das Walmdach beschränkte
und es nach dem Klischee bürgerlicher Gemütlichkeit mit Vorgartenbaum und Ruhebänkchen
ausstaffierte. Als Reaktion auf das bautechnisch damals sicher gerechtfertigte
Argument, ein konventionelles Dach sei trotz seines Bauaufwands immer
noch billiger als die Verstärkungs- und Isolierungsmaßnahmen eines Flachdachs
mitsamt seiner Folgekosten durch die häufige Überwachung und Ausbesserung
schrieb Loos ironisch: "Aber ist denn das wirklich billig? Wer würde beim bau eines
einstöckigen hauses mit dem dach beginnen? Es kommt doch so billig! Das habe ich
aber noch nie gesehen, daß ein haus so ausgesehen hat:" 181 (es folgt die Zeichnung).
Unbeabsichtigt antizipierte Loos damit aber genau die einfachste "billigste"
Urform des Hauses: das walmartig zusammengefügte Zelthaus, wie es für die Urgeschichte
angenommen wird. Es stimmt allerdings, dass Loos ein solches Haus nie
gesehen haben konnte.
215 Adolf Loos: Hauskarikatur
5.7. Nachfolger
Zieht man eine Bilanz des kommunalen Wohnungs- und Siedlungsbaus während der
Weimarer Republik, wie es das Überblickswerk von Albert Gut 182 repräsentativer
vermittelt als die Beachtung avantgardistischer Bauten in den zeitgenössischen
Fachzeitschriften, dann wird der Erfolg der traditionalistischen Architektur offensichtlich.
Die Stuttgarter Schule war tatsächlich die führende Bauschule, und ihre Absolventen
eroberten auch die Bauämter. Die in den 20er und 30er Jahren angelegten
Stadtviertel, insbesondere die Einfamilienhausquartiere, sind quer durch Deutschland
und bis heute von Walmdachbauten geprägt. Während aber "die Stuttgarter"
regionaltypische individuelle Komponenten einplanten und damit eine spezifische