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68 III. Das bürgerliche Wohnhaus des 20. Jahrhunderts Die ...

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kultureller Fortentwicklung brechen. Sie spielte bekanntermaßen mit Maschinenästhetik<br />

und Dampfermotiven und visualisierte die Dynamik der geschwindigkeitsverliebten<br />

Großstadt.<br />

Wir skizzieren diese durchaus verkürzte Charakterisierung, um zu verdeutlichen,<br />

dass aus der Perspektive der evolutionären Veränderungsabsicht der Traditionalisten<br />

diese revolutionäre Verdrängungsstrategie der Funktionalisten als Kampfansage<br />

an ihre ethischen Grundwerte und Überzeugungen verstanden werden<br />

konnte. So gab Schmitthenner auch sukzessive die ihm eigene Art <strong>des</strong> "stillen<br />

Webens und Wachsens" 170 auf und ging in der ersten Auflage seiner "Baugestaltung"<br />

von 1932 zu harschen verbalen Attacken auf das Neue Bauen über, die er bei<br />

den späteren Auflagen wieder herausnahm. Doch der aggressive Ton ging zu<br />

Lasten beider Lager, denn auch oder gerade die im linken politischen Spektrum<br />

positionierten Wortführer <strong>des</strong> Funktionalismus entwarfen kein solch demokratischliberales<br />

Weltbild, das die traditionalistische Architektur auch für die Zukunft neben<br />

sich paritätisch dulden wollte. <strong>Das</strong> beweisen schon die Bauausstellungen, die fast<br />

immer unter Ausschluss der jeweiligen anderen Richtung organisiert wurden. Hier<br />

wurde deutlich die Absicht formuliert, die vermeintlich rückständige Architektur<br />

vollständig zu überwinden. Der Totalitätsanspruch <strong>des</strong> internationalen Stils stellte die<br />

Verdrängung aller regionalen Eigenheiten in Aussicht.<br />

Natürlich kann es im Rahmen dieser Arbeit nicht darum gehen, Entwicklung und<br />

Hintergründe der funktionalistischen Architektur neu aufzurollen oder den Konflikt zu<br />

erklären, weshalb die traditionalistische Architektur mit der NS-Staatsbaukunst konform<br />

ging oder teilweise auch nur in ihren Sog geriet. Hierzu wurde bereits viel erforscht;<br />

vieles bleibt auch noch zu klären. 171 Dennoch behandeln wir einzelne<br />

Aspekte, sofern sie die Geschichte <strong>des</strong> Walmdachhauses berühren. Denn es hat für<br />

den Traditionalismus einen vergleichbaren paradigmatischen Stellenwert der reduzierten<br />

Grundform wie der Würfelkubus für den Funktionalismus. Und beide fanden<br />

in Stuttgart einen Brennpunkt der Auseinandersetzung in der Konfrontation zwischen<br />

Stuttgarter Schule, insbesondere Bonatz und Schmitthenner, und der Werkbundausstellung<br />

von 1927, der Stuttgarter Weißenhofsiedlung, ihrerseits verkörpert durch<br />

eine Reihe von Architekten, die sich noch kurz zuvor durch mehr oder weniger bedeutende<br />

Beiträge zum Walmdachhaus profiliert hatten: Ludwig Mies van der Rohe,<br />

Peter Behrens, Walter Gropius sowie der Bonatz-Schüler Richard Döcker. Auch der<br />

damalige Lehrer am Bauhaus und spätere Direktor Hannes Meyer hatte 1919-21 mit<br />

der Siedlung Freidorf bei Basel das Vorbild Staakens verarbeitet.

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