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68 III. Das bürgerliche Wohnhaus des 20. Jahrhunderts Die ...

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149<br />

<strong>bürgerliche</strong> Liberalität. Mit dieser geschickten Argumentation machte er das Walmdachhaus<br />

nicht nur zu seinem Markenzeichen, sondern begründete in der Folgewirkung<br />

der Stuttgarter Schule eine äußerst erfolgreiche Baumode im Privathaussektor<br />

und Siedlungsbau. 167<br />

<strong>Die</strong>ser Erfolg wäre jedoch nicht so nachhaltig ausgefallen, wenn die reformierten<br />

Ausbildungsmethoden der Stuttgarter Schule sich nicht gleichzeitig auf eine, auf die<br />

realistischen bautechnischen Möglichkeiten der Zeit zugeschnittene handwerkliche<br />

Qualität konzentriert hätten. <strong>Die</strong> programmatische Anwendung natürlicher Materialien<br />

entsprach einem noch unausgesprochenen Bedürfnis nach ökologischem<br />

Bauen, das sich in vielen Reformbestrebungen der Zeit entwickelte, wie in der<br />

Anthro-posophie oder in Tendenzen der Bekleidungsmode. Mit dem Begriff der<br />

Werkgerechtigkeit<br />

verband sich die Bauphilosophie einer den besonderen wesenhaften<br />

Eigenschaften der Materialien entsprechenden Anwendung und Verarbeitung. Deren<br />

charakteristische Erscheinung wurde nicht hinter Verkleidungen oder Verputz versteckt,<br />

sondern als Mittel der Gestaltung zur Geltung gebracht. Sichtbare Oberflächenstruktur<br />

<strong>des</strong> Mauerwerks, sichtbares Dachgebälk oder offene ertastbare Holzmaßerung<br />

wurden zur Ausdruckssteigerung schulmäßig vorgeführt und zwangen die<br />

beteiligten Handwerker zur gewissenhaften Ausführung, weil jeder Pfusch offensichtlich<br />

gewesen wäre. <strong>Die</strong>se Bauten hatten und haben bis heute den Ruf ausgesprochener<br />

bautechnischer Qualität und Haltbarkeit.<br />

5.4. Bautyp und Funktionalismus<br />

Während ein Buchtitel den "Sieg <strong>des</strong> Neuen Baustils" 1<strong>68</strong> deklamierte und die zeitgenössische<br />

Publizistik teilweise, die baugeschichtliche Literatur über das <strong>20.</strong> Jahrhundert<br />

sogar überwiegend die Dominanz der "weißen" Moderne der Neuen Sachlichkeit<br />

vermittelt, zeigt die Realität <strong>des</strong> Baugeschehens der Weimarer Republik<br />

unbestreitbar den quantitativen Erfolg der traditionalistischen Moderne. 169 Daher<br />

entwickelte sich auch eine als "Kulturkampf" empfundene Polarisierung zwischen<br />

manchen Anhängern der beiden Modernen. In der Bestrebung um Erfolg und<br />

Marktanteile bediente sich die im offensiven dynamischen Selbstverständnis verankerte<br />

"neue" Moderne, insbesondere um das Bauhaus, der modernsten, aber<br />

auch aggressiven Methoden der Medienpräsenz in Form, Typographie, Wortwahl,<br />

Publikation, Plakatierung, Vortragstätigkeit und publikumswirksamen Demonstrationsausstellungen.<br />

Ihre Bauweise war auffällig, "laut", unangepasst, technisch<br />

risikofreudig, formal experimentell und wollte mit allen Traditionen schrittweiser

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