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68 III. Das bürgerliche Wohnhaus des 20. Jahrhunderts Die ...

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was er mit den Lehrbeispielen als Ausgangspunkt präsentierte. Obwohl er unterschiedliche<br />

Hausformen anwandte, nehmen die Walmdachhäuser den beherrschenden<br />

Platz in seinem Werk ein. Er bediente sich <strong>des</strong> Typs so virtuos und arrangierte<br />

ihn im Gelände mit Höfen, Brunnen, Gartenplanung und einem ins Auge fallenden<br />

Dialog der Materialien von Wänden, Dächern, Treppen, Mauern und Bodenbelägen<br />

sowie der Lebendigkeit unregelmäßiger Oberflächen durch Spuren handwerklicher<br />

Verarbeitung, dass viele Zeitgenossen seinen Häusern eine besondere poetische<br />

Aura zusprachen. Schmitthenner selbst spielte zuweilen auf eine bauliche Umsetzung<br />

von Beschreibungen aus den Werken von Gottfried Keller, Adalbert Stifter oder<br />

Joseph von Eichendorff an. 161 <strong>Die</strong> bis in die 50er Jahre hineinreichende Apostrophierung<br />

als unverkennbare "Schmitthennerhäuser" schrieb ihnen allerdings eine<br />

Einzigartigkeit zu, die diese Häuser objektiv nicht haben.<br />

Als geschlossene Werkgruppe weisen Schmitthenners Häuser allerdings ein systematisches<br />

Kaleidoskop von Gestaltungsweisen und Ordnungssystemen der<br />

Fassaden auf und damit eine innerhalb <strong>des</strong> selbstgesetzten Typkanons geradezu<br />

obsessiv durchexerzierte Vielfalt, die ihresgleichen sucht. Kaum ein anderes isoliert<br />

betrachtetes Gesamtwerk eines Architekten seiner Zeit kann mit Schmitthenners<br />

enzyklopädisch-konsequenter Durchdeklination eines einzelnen Formgedankens<br />

verglichen werden. Man müsste Gebäude verschiedenster Architekten heranziehen,<br />

um jeweils Analogien zu den im Folgenden analysierten Gestaltungsbeispielen zu<br />

ermitteln. Schmitthenners Fassadenaufbau erinnert an die akribische Formsuche<br />

eines Malers, der ein Thema um seiner selbst willen variiert, zumal wir jede der vier<br />

Seiten eines Hauskubus' einzeln betrachten können und die Breitseiten zufälligerweise<br />

meistens ein ausgeglichenes Verhältnis von Höhe zu Breite wie bei Staffeleigemälden<br />

aufweisen. Ohne Qualitätskategorien gleichsetzen zu wollen sei an die<br />

geradezu spirituelle Variation von Kompositionen erinnert wie bei Stilleben von<br />

Cézanne und Morandi oder abstrakten Kompositionen Mondrians.<br />

Um Schmitthenners konkretes Gestaltungsrepertoire darzustellen, das er nach<br />

diesen formalen Kriterien selbst nie schriftlich erläutert hat, bilden wir eine systematische<br />

Ordnung, die anhand prägnanter Beispiele aus der Zeit zwischen 1923 und<br />

1937 den idealistisch gedachten Weg vom Normalen, Regelhaften zum Besonderen,<br />

Unkonventionellen entwickelt. <strong>Die</strong>se Ordnung stimmt allerdings nicht mit einer chronologischen<br />

Reihenfolge der Bauten überein, denn Schmitthenner bedient sich von<br />

Beginn an der gesamten Bandbreite seiner Gestaltungsmodi. Er verwendet bestimmte<br />

Variationsweisen natürlich nicht zwanghaft einheitlich oder in bestimmten aufeinanderfolgenden<br />

Entwicklungsschritten, sondern je nachdem, ob sie zur gerade

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