68 III. Das bürgerliche Wohnhaus des 20. Jahrhunderts Die ...

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und Oberflächen, zielt auf die nicht neue, doch kaum jemals zuvor so inständig als
bau–ethische Kategorie angemahnte Material- bzw. "Werkgerechtigkeit". Diese
Lehre der "Baugestaltung" geht über die gestalterischen Ergebnisse der technischen
"Baukonstruktion" hinaus und grenzt sich zugleich deutlich von der "Architekturgestaltung"
mit zeitbedingten Stilformen oder Schmuckelementen ab. Sie bezieht sich
auf alle Arten von Bauwerken, doch Schmitthenner spielte sie exemplarisch anhand
von Variationen des zweistöckigen und in der Regel dreiachsigen Walmdachhauses
durch. Die drei Stationen dieser regelrechten Typ-Theorie beginnen mit einzelnen
Veröffentlichungen in Fachzeitschriften zwischen 1926 und 1929: zunächst ein
Modellentwurf zur Propagierung des kleinen bürgerlichen Wohnhauses. 158 Bemerkenswert
daran ist die Symmetrie der Gartenseite bei gleichzeitiger Asymmetrie der
Eingangsseite, was dort wegen fehlender Obergeschossfenster als Vergleichspunkten
kaum auffällt. Hier herrscht die formstabilisierende Strenge zweier sich kreuzender
Horizontal- und Vertikalachsen vor. Die steife, etwas sperrige Wirkung der
Details an diesem noch vergleichsweise frühen Entwurf entsteht im Zusammenspiel
von steiler Dachneigung, horizontaler Trennung der Geschosse durch das Rankgerüst
und horizontaler Gewichtung der quadratischen Fenster durch mehr Quer- als
Längssprossen. Auch bei den hochrechteckigen Fenstern dominieren dadurch die
querrechteckigen Formen der einzelnen Glasscheiben. Die Höhe des Hauses
entspricht exakt seiner Breite; die Wandhöhe (ohne Sockel und Gesims) entspricht
der Dachhöhe.
148-151 Paul Schmitthenner: Idealentwurf für ein bürgerliches Wohnhaus 1926