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28.02.2014 Aufrufe

Bericht | Text und Fotos: Susanne Wasielewski Über 4 Klimazonen: Garten in Coerde Auch Lambertuskraut wächst hier Bei über 30 Grad Hitze ruft mich Mitte Juni Frau H. aus Coerde an. Zehn Minuten später sitze ich auf meinem Fahrrad und brauche dann doch noch eine Weile, bis ich das Reihenendhaus finde. Als ich mit Frau H. auf die Terrasse trete, bin ich überrascht, wie groß der Garten ist. Und was er alles beherbergt: jede Menge Blumen, aber auch liebevoll arrangierte Windspiele, Tierfiguren, Laternen, Lampions, Obststräucher und sogar einen kleinen Teich! Bei einem kühlen Mineralwasser und sommerlicher Radiomusik erfahre ich von der gartenbegeisterten Frau in den 50ern, dass sie mit ihrer Familie seit 17 Jahren hier wohnt. Die drei großen Bäume – eine Birke, eine Hasel und einen Apfelbaum – haben sie in dem etwa 350 Quadratmeter großen Garten schon vorgefunden. Alle drei sind vermutlich schon kurz nach dem Bau des Hauses vor über 45 Jahren gepflanzt worden. Der Rest hat sich durch behutsame Eingriffe, zum Beispiel das Umsetzen von Rosen zur Terrasse hin, und durch Neupflanzung, aber auch durch den Lauf der Natur so entwickelt. So stammen die zartrosanen Nelken, die sich wie ein Teppich zu Füßen der blauen Glockenblumen ausbreiten, aus einem Ableger aus Mutters Garten. Die rosa-weißen Fuchsien in zwei Kübeln auf der Terrasse hat Frau H. in einem Gartencenter erworben; sie gefallen ihrem Mann besonders. Die orangefarbene Hollywoodschaukel mit passendem Kissen verbreitet fröhliche Sommerlaune und passt zu der pragmatischen Frau, die zwei Arbeitsstellen hat und sich am Garten vor allem erfreuen möchte. Ein bequemer Liegestuhl steht im Schatten; hier geht durch die Buchenhecke, die das Grundstück umgibt, ein angenehmer Lufthauch. Frau H. liebt ihren Garten so wildromatisch, wie er ist. Da darf auch mal ein Unkraut wachsen, und die Engelstrompete, die im letzten Jahr noch nicht geblüht hat, kriegt auch dieses Jahr noch eine Chance. Mit der Nagelschere geht sie jedenfalls nicht an ihren Rasen, der nur eine Wiese sein will und mit Klee und Gänseblümchen getupft ist. Bei unserem Rundgang durch den Familiengarten fallen mir vier (Klima-) Zonen auf: ■■ ■■ ■■ Die heiße, windstille Holzterrasse und Kiesfläche mit Sitzplatz, Hollywoodschaukel und Pflanzenkübeln, weißen Pfingstrosen und Rosen Die mittlere gemäßigte Zone aus Wiese, Stauden und Trauerbirke Die feuchtwarme Teichzone mit wasserliebenden Pflanzen, umgeben von Johannisbeersträuchern und einem alten Apfelbaum ■■ Der nahezu undurchdringliche Dschungel aus Korkenzieherhasel und dahinterliegendem Stachelbeerstrauch Von der Terrasse aus geht mein Blick auf ein blau gestrichenes Stück Lamellenzaun. Der Stamm eines Trompetenstrauchs aus Spanien windet sich durch ihn hindurch und droht das Holz beinahe zu zersprengen. Dennoch darf er bleiben, denn bald entschädigen wieder schöne orangefarbene trompetenartige Blüten für sein zerstörerisches Werk. Die Magnolie daneben blüht so früh, dass ihr der Frost häufig zusetzt, berichtet die Gartenbesitzerin. Die Trauerbirke lässt ihre Zweige tief herunterhängen, darunter wachsen die Herbstastern prächtig. Zwei hohe Fingerhüte unterstreichen die Wald-Atmosphäre dieses Bereiches. Über einen Johannisbeerstrauch ist ein Netz ausgebreitet. Zusätzlich soll eine lebensgroße täuschend echte Uhu-Figur Vögel vertreiben. Frau H. zieht an einem 20

Band unten am Uhu, worauf dieser wild mit den Flügeln schlägt. Ich bin beeindruckt, merke aber an, dass sie das Band mindestens um 10 m verlängern muss, damit sie von der Terrasse aus unauffällig den Uhu aktivieren kann. Im Apfelbaum sitzen in diesem Jahr viele Raupen, die ein feines Gespinst bilden. Die Gartenbesitzerin entfernt immer wieder solche Gebilde und hofft auf eine gute Ernte. Am kleinen Teich steht Goldfelberich mit seinen gelben sternförmigen Blüten. Auf der anderen Seite ergänzt der hoch wachsende blau-weiße Rittersporn das Farbspektrum charmant. Die gebürtige Münsteranerin zeigt mir Lambertuskraut. Ist nicht nur die Gärtnerin, sondern auch ihre mir unbekannte Staude eine waschechte Münsteranerin? Und wurde die Pflanze eigens zum munteren Fest im September gezogen? Nein, im übrigen Deutschland ist die Pflanze als Goldrute bekannt, wird aber in Münster wegen ihrer schönen gelben Blüten im September für die Blumenpyramide bei Lambertusfeiern verwendet, erfahre ich von der Lambertus-erfahrenen Frau. Die Korkenzieherhasel am Ende des Grundstücks sieht etwas kränklich aus. Darunter steht eine gelb blühende namenlose Schönheit, die Frau H. eigentlich direkt an den Teich gepflanzt hat. Auf mysteriöse Weise ist sie weitergewandert. Hinter der Hasel erkennt man im Dickicht einen Stachelbeerstrauch, doch ohne eine Machete wird man hier kaum ernten können. Frau H. nimmt es gelassen wie auch die Tatsache, dass ihre Westerland- Rose nur noch einen einzigen Trieb besitzt. „Es wächst wohl zu viel drum herum“, stellt sie ehrlich fest. Sie weist mich auf eine andere, hellorangefarbene Rose hin: Bald wird sich der Farbton ins Weiße verändern, mit feinen rosa Sprenkeln, schwärmt sie. Am Zaun rankt sich eine Clematis mit großen violetten Blüten hoch. Sommerblumen in kräftigen und leuchtenden Farben runden das üppige Sommerbild dieses Gartens ab: Geranien in rot-rosa und rosa-weiß sowie Petunien in rot mit gelben Streifen und dunkelpink setzen schöne Farbakzente. Einige dieser Pflanzen hat Frau H. preiswert in einem Restposten-Geschäft gekauft und ist mit der Wirkung sehr zufrieden. Eine Möwe, deren Flügel im Wind kreisen, hat sie von einem Urlaub an der Ostsee mitgebracht. Viele Windlichter und Laternen mit Kerzen beleuchten den Garten am Abend stimmungsvoll. Dies ist ein Ort zum Wohlfühlen, wo vieles schön ist, aber nichts perfekt sein muss! # Anzeige W „ er die Freiheit einschränkt um die Sicherheit zu erhöhen verliert am Ende beides. sagte Benjamin Franklin und findet “ Verkäuferbaby Afram ist den Erstlingssachen entwachsen. Wir suchen Kinderkleidung ab Größe 74 und ein Laufstall wäre toll. HORSTER STR. 12 FRIEDRICH-EBERT STR. 120 www.moebel-schwienhorst.de www.ergo-furniture24.com 21

Bericht | Text und Fotos: Susanne Wasielewski<br />

Über 4 Klimazonen: Garten in Coerde<br />

Auch Lambertuskraut wächst hier<br />

Bei über 30 Grad Hitze ruft mich Mitte<br />

Juni Frau H. aus Coerde an. Zehn Minuten<br />

später sitze ich auf meinem Fahrrad<br />

und brauche dann doch noch eine Weile,<br />

bis ich das Reihenendhaus finde.<br />

Als ich mit Frau H. auf die Terrasse<br />

trete, bin ich überrascht, wie groß der<br />

Garten ist. Und was er alles beherbergt:<br />

jede Menge Blumen, aber auch liebevoll<br />

arrangierte Windspiele, Tierfiguren,<br />

Laternen, Lampions, Obststräucher und<br />

sogar einen kleinen Teich!<br />

Bei einem kühlen Mineralwasser und<br />

sommerlicher Radiomusik erfahre ich<br />

von der gartenbegeisterten Frau in den<br />

50ern, dass sie mit ihrer Familie seit 17<br />

Jahren hier wohnt. Die drei großen Bäume<br />

– eine Birke, eine Hasel und einen<br />

Apfelbaum – haben sie in dem etwa<br />

350 Quadratmeter großen Garten schon<br />

vorgefunden. Alle drei sind vermutlich<br />

schon kurz nach dem Bau des Hauses vor<br />

über 45 Jahren gepflanzt worden. Der<br />

Rest hat sich durch behutsame Eingriffe,<br />

zum Beispiel das Umsetzen von Rosen zur<br />

Terrasse hin, und durch Neupflanzung,<br />

aber auch durch den Lauf der Natur so<br />

entwickelt. So stammen die zartrosanen<br />

Nelken, die sich wie ein Teppich zu Füßen<br />

der blauen Glockenblumen ausbreiten,<br />

aus einem Ableger aus Mutters Garten.<br />

Die rosa-weißen Fuchsien in zwei Kübeln<br />

auf der Terrasse hat Frau H. in einem Gartencenter<br />

erworben; sie gefallen ihrem<br />

Mann besonders.<br />

Die orangefarbene Hollywoodschaukel<br />

mit passendem Kissen verbreitet fröhliche<br />

Sommerlaune und passt zu der pragmatischen<br />

Frau, die zwei Arbeitsstellen hat<br />

und sich am Garten vor allem erfreuen<br />

möchte. Ein bequemer Liegestuhl steht<br />

im Schatten; hier geht durch die Buchenhecke,<br />

die das Grundstück umgibt, ein<br />

angenehmer Lufthauch.<br />

Frau H. liebt ihren Garten so<br />

wildromatisch, wie er ist. Da darf auch<br />

mal ein Unkraut wachsen, und die Engelstrompete,<br />

die im letzten Jahr noch nicht<br />

geblüht hat, kriegt auch dieses Jahr noch<br />

eine Chance. Mit der Nagelschere geht<br />

sie jedenfalls nicht an ihren Rasen, der<br />

nur eine Wiese sein will und mit Klee und<br />

Gänseblümchen getupft ist.<br />

Bei unserem Rundgang durch den<br />

Familiengarten fallen mir vier (Klima-)<br />

Zonen auf:<br />

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Die heiße, windstille Holzterrasse<br />

und Kiesfläche mit Sitzplatz,<br />

Hollywoodschaukel und Pflanzenkübeln,<br />

weißen Pfingstrosen und<br />

Rosen<br />

Die mittlere gemäßigte Zone aus<br />

Wiese, Stauden und Trauerbirke<br />

Die feuchtwarme Teichzone mit<br />

wasserliebenden Pflanzen, umgeben<br />

von Johannisbeersträuchern<br />

und einem alten Apfelbaum<br />

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Der nahezu undurchdringliche<br />

Dschungel aus Korkenzieherhasel<br />

und dahinterliegendem Stachelbeerstrauch<br />

Von der Terrasse aus geht mein<br />

Blick auf ein blau gestrichenes Stück<br />

Lamellenzaun. Der Stamm eines Trompetenstrauchs<br />

aus Spanien windet sich<br />

durch ihn hindurch und droht das Holz<br />

beinahe zu zersprengen. Dennoch darf er<br />

bleiben, denn bald entschädigen wieder<br />

schöne orangefarbene trompetenartige<br />

Blüten für sein zerstörerisches Werk. Die<br />

Magnolie daneben blüht so früh, dass<br />

ihr der Frost häufig zusetzt, berichtet die<br />

Gartenbesitzerin. Die Trauerbirke lässt<br />

ihre Zweige tief herunterhängen, darunter<br />

wachsen die Herbstastern prächtig.<br />

Zwei hohe Fingerhüte unterstreichen<br />

die Wald-Atmosphäre dieses Bereiches.<br />

Über einen Johannisbeerstrauch ist ein<br />

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Vögel vertreiben. Frau H. zieht an einem<br />

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