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1,60 09 | 13 - Draußen

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in Kontakt mit sozialen Institutionen<br />

kommen und dass der Kontakt auch<br />

erhalten bleibt. Wenn darunter noch<br />

Minderjährige sind, dann müssen wir<br />

zweimal hingucken, wer auf der Straße<br />

sitzt. Darüber hinaus sind in letzter Zeit<br />

am Hauptbahnhof viele junge Bettler<br />

durch Musik, Alkohol und aggressives<br />

Trittbrettfahrer gibt, ist uns bewusst. Das<br />

Problem lässt sich wahrscheinlich auch<br />

nicht lösen. Die Stadt muss gucken, was<br />

sie von oben herab verbietet. Auf der<br />

einen Seite haben wir Armut, auf der<br />

anderen Seite muss auch ein Schutz für<br />

Bürger und Bürgerinnen gewährt werden.<br />

Wir tun viel durch Institutionen, und einige<br />

auch schützen, nicht in eine Schlingfalle<br />

des organisierten Bettelns zu fallen. Die<br />

organisierten Bettler kommen morgens<br />

in die Stadt gefahren. Das Ordnungsamt<br />

muss dagegen vorgehen, und die Politik<br />

muss klar sagen, dass organisiertes Betteln<br />

verboten ist. Durch die europäischen<br />

Grenzöffnungen wird sich das Problem<br />

Auftreten aufgefallen. Dabei werden<br />

Bettler nehmen die Optionen wahr. in nächster Zeit noch weiter verschärfen.<br />

sowohl Passanten als auch die Anlieger<br />

in ihren Wohnungen oder Geschäften<br />

belästigt. In solchen Fällen ist dann auch<br />

langsam die Schwellstelle erreicht an der<br />

man sagt: bis dahin und nicht weiter.<br />

~: Verständlich, eine Verschärfung<br />

umfasst jedoch alle Bettler. Das ist problematisch.<br />

Halberstadt: Ja, da muss man genau<br />

trennen. Dass es in diesem Bereich<br />

Es gibt natürlich auch Fälle, die sich nicht<br />

von Institutionen helfen lassen möchten<br />

und sagen, dass sie ihr eigenes Leben<br />

führen. Das muss man akzeptieren, aber<br />

dabei müssen auch Grenzen aufgezeigt<br />

werden, in denen das Betteln stattfinden<br />

darf. Ein öffentlicher Raum ist für alle<br />

da. Solange sich alle so benehmen, dass<br />

sich jeder frei bewegen kann, ist alles in<br />

Ordnung. Werden das durch aggressives<br />

Betteln – wie Hinterherlaufen oder Anfassen<br />

–Passanten gestört, dann muss<br />

Jeder hat natürlich das Recht, seine Lebensgrundlage<br />

zu erwerben. Wir wollen<br />

jedoch nicht, dass ein Kampf oder ein<br />

Konflikt zwischen Bettlerbanden und den<br />

heimischen Bettlern entsteht. Bei Jugendlichen<br />

und Kindern ist das noch ein<br />

schwerwiegenderes Problem. Politik und<br />

Gesetzgebung müssen hier klar machen,<br />

dass die nicht auf die Straße gehören. Das<br />

allgemeine Betteln wird es immer geben<br />

und wir haben auch nichts gegen Bettler.<br />

Wir haben soziale Anlaufstellen,und wir<br />

MS_Anz_draußen_42,7x126_sw_RZ.pdPage man auch Einhalt 1 gebieten. 31.08.20<strong>09</strong> 14:29:31 wollen Uhr den Bedürfnissen gerecht werden,<br />

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wo wir können.<br />

~: Sie nennen jetzt ein Beispiel für<br />

aggressives Betteln. Der Ausdruck ist problematisch,<br />

weil er sehr schwammig ist.<br />

Unklar ist, wo aggressives Betteln genau<br />

anfängt. Haben Sie keine Sorge, dass solch<br />

eine Einschränkung missbraucht werden<br />

könnte? Beispielsweise durch Vertreiben<br />

von Bettlern vom Ordnungsamt?<br />

Halberstadt: Wenn wir solche Fälle<br />

hätten, würden wir Politiker den Leuten<br />

von der Stadt – beispielsweise dem<br />

Ordnungsamt – regelrecht auf die Hände<br />

treten. Wir versuchen mit Zuständigen<br />

auf Augenhöhe zu klären, was erlaubt<br />

ist, und was nicht erlaubt ist. Wenn ein<br />

Inhaber möchte, dass der vor seiner Filiale<br />

sitzende Bettler geht, weil dieser die<br />

Kunden hindert einzutreten, dann kann<br />

man höflich auffordern, dass er ein Stück<br />

weitergeht. Als Politiker müssen wir da<br />

genau hingucken. Wenn Verantwortliche<br />

Missbrauch treiben, sei es durch Diskriminierung<br />

von Bettlern jeglicher Art,<br />

dann muss die Politik klar sagen: hier<br />

sind Schranken, keine Diskussion.<br />

~: Schlagen wir an dieser Stelle<br />

noch mal die Brücke zum Anfang. Wie<br />

genau wollen Sie differenzieren zwischen<br />

Bettlern, die friedlich betteln, und<br />

solchen, die das Betteln missbrauchen<br />

– durch beispielsweise organisiertem<br />

Betteln?<br />

Halberstadt: Wir kommen in Münster<br />

seit Jahren gut mit den einheimischen<br />

Bettlern aus. Diesen lassen wir ein<br />

Hausrecht und wir gucken, dass wir diese<br />

~: Sie sind also der Meinung, dass<br />

eine Verschärfung den Problemen nicht<br />

gerecht wird?<br />

Halberstadt: Eine Verschärfung löst<br />

nichts, sondern treibt die Bettler nur<br />

in eine Grauzone. Dadurch verlieren<br />

wir die Bettler als Ansprechpartner. Die<br />

Verschärfung des Bettelgebots haben<br />

wir alle fünf Jahre oder weniger auf dem<br />

Tisch. Viele Leute treten da an mich ran<br />

und fragen, ob das Gesetz nicht modernisiert<br />

werden soll. Die Frage ist, was<br />

will man da lösen. Man kann das Betteln<br />

nicht verbieten. Ist ein Mensch arm, dann<br />

bettelt er sich was zusammen, und bevor<br />

er sogar in Müll greifen muss, möchte ich<br />

doch lieber einen friedlichen Bettler vor<br />

meiner Haustür. In Münster ist das Betteln<br />

überschaubar, und wir haben viele<br />

Fälle, in denen Bettler wieder es in die<br />

Selbstständigkeit geschafft haben.<br />

~: Was wäre die Alternative?<br />

Halberstadt: Ich möchte mehr die sozialen<br />

Bereiche stärken und den Dialog auf<br />

Augenhöhe vorantreiben. Dabei sollte<br />

nicht von oben durch die Stadt diktiert<br />

werden. Gleichzeitig wollen viele nicht<br />

soziale Angebote wahrnehmen, die wir<br />

bieten. Man kann nur gucken, wo ist<br />

Betteln im vernünftigen Rahmen, wo ist<br />

es aggressiv und wo wird es missbraucht<br />

durch Organisationen. Grade das organisierte<br />

Betteln muss verhindert werden.<br />

~: Vielen Dank für das Interview. #<br />

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