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in Kontakt mit sozialen Institutionen<br />
kommen und dass der Kontakt auch<br />
erhalten bleibt. Wenn darunter noch<br />
Minderjährige sind, dann müssen wir<br />
zweimal hingucken, wer auf der Straße<br />
sitzt. Darüber hinaus sind in letzter Zeit<br />
am Hauptbahnhof viele junge Bettler<br />
durch Musik, Alkohol und aggressives<br />
Trittbrettfahrer gibt, ist uns bewusst. Das<br />
Problem lässt sich wahrscheinlich auch<br />
nicht lösen. Die Stadt muss gucken, was<br />
sie von oben herab verbietet. Auf der<br />
einen Seite haben wir Armut, auf der<br />
anderen Seite muss auch ein Schutz für<br />
Bürger und Bürgerinnen gewährt werden.<br />
Wir tun viel durch Institutionen, und einige<br />
auch schützen, nicht in eine Schlingfalle<br />
des organisierten Bettelns zu fallen. Die<br />
organisierten Bettler kommen morgens<br />
in die Stadt gefahren. Das Ordnungsamt<br />
muss dagegen vorgehen, und die Politik<br />
muss klar sagen, dass organisiertes Betteln<br />
verboten ist. Durch die europäischen<br />
Grenzöffnungen wird sich das Problem<br />
Auftreten aufgefallen. Dabei werden<br />
Bettler nehmen die Optionen wahr. in nächster Zeit noch weiter verschärfen.<br />
sowohl Passanten als auch die Anlieger<br />
in ihren Wohnungen oder Geschäften<br />
belästigt. In solchen Fällen ist dann auch<br />
langsam die Schwellstelle erreicht an der<br />
man sagt: bis dahin und nicht weiter.<br />
~: Verständlich, eine Verschärfung<br />
umfasst jedoch alle Bettler. Das ist problematisch.<br />
Halberstadt: Ja, da muss man genau<br />
trennen. Dass es in diesem Bereich<br />
Es gibt natürlich auch Fälle, die sich nicht<br />
von Institutionen helfen lassen möchten<br />
und sagen, dass sie ihr eigenes Leben<br />
führen. Das muss man akzeptieren, aber<br />
dabei müssen auch Grenzen aufgezeigt<br />
werden, in denen das Betteln stattfinden<br />
darf. Ein öffentlicher Raum ist für alle<br />
da. Solange sich alle so benehmen, dass<br />
sich jeder frei bewegen kann, ist alles in<br />
Ordnung. Werden das durch aggressives<br />
Betteln – wie Hinterherlaufen oder Anfassen<br />
–Passanten gestört, dann muss<br />
Jeder hat natürlich das Recht, seine Lebensgrundlage<br />
zu erwerben. Wir wollen<br />
jedoch nicht, dass ein Kampf oder ein<br />
Konflikt zwischen Bettlerbanden und den<br />
heimischen Bettlern entsteht. Bei Jugendlichen<br />
und Kindern ist das noch ein<br />
schwerwiegenderes Problem. Politik und<br />
Gesetzgebung müssen hier klar machen,<br />
dass die nicht auf die Straße gehören. Das<br />
allgemeine Betteln wird es immer geben<br />
und wir haben auch nichts gegen Bettler.<br />
Wir haben soziale Anlaufstellen,und wir<br />
MS_Anz_draußen_42,7x126_sw_RZ.pdPage man auch Einhalt 1 gebieten. 31.08.20<strong>09</strong> 14:29:31 wollen Uhr den Bedürfnissen gerecht werden,<br />
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wo wir können.<br />
~: Sie nennen jetzt ein Beispiel für<br />
aggressives Betteln. Der Ausdruck ist problematisch,<br />
weil er sehr schwammig ist.<br />
Unklar ist, wo aggressives Betteln genau<br />
anfängt. Haben Sie keine Sorge, dass solch<br />
eine Einschränkung missbraucht werden<br />
könnte? Beispielsweise durch Vertreiben<br />
von Bettlern vom Ordnungsamt?<br />
Halberstadt: Wenn wir solche Fälle<br />
hätten, würden wir Politiker den Leuten<br />
von der Stadt – beispielsweise dem<br />
Ordnungsamt – regelrecht auf die Hände<br />
treten. Wir versuchen mit Zuständigen<br />
auf Augenhöhe zu klären, was erlaubt<br />
ist, und was nicht erlaubt ist. Wenn ein<br />
Inhaber möchte, dass der vor seiner Filiale<br />
sitzende Bettler geht, weil dieser die<br />
Kunden hindert einzutreten, dann kann<br />
man höflich auffordern, dass er ein Stück<br />
weitergeht. Als Politiker müssen wir da<br />
genau hingucken. Wenn Verantwortliche<br />
Missbrauch treiben, sei es durch Diskriminierung<br />
von Bettlern jeglicher Art,<br />
dann muss die Politik klar sagen: hier<br />
sind Schranken, keine Diskussion.<br />
~: Schlagen wir an dieser Stelle<br />
noch mal die Brücke zum Anfang. Wie<br />
genau wollen Sie differenzieren zwischen<br />
Bettlern, die friedlich betteln, und<br />
solchen, die das Betteln missbrauchen<br />
– durch beispielsweise organisiertem<br />
Betteln?<br />
Halberstadt: Wir kommen in Münster<br />
seit Jahren gut mit den einheimischen<br />
Bettlern aus. Diesen lassen wir ein<br />
Hausrecht und wir gucken, dass wir diese<br />
~: Sie sind also der Meinung, dass<br />
eine Verschärfung den Problemen nicht<br />
gerecht wird?<br />
Halberstadt: Eine Verschärfung löst<br />
nichts, sondern treibt die Bettler nur<br />
in eine Grauzone. Dadurch verlieren<br />
wir die Bettler als Ansprechpartner. Die<br />
Verschärfung des Bettelgebots haben<br />
wir alle fünf Jahre oder weniger auf dem<br />
Tisch. Viele Leute treten da an mich ran<br />
und fragen, ob das Gesetz nicht modernisiert<br />
werden soll. Die Frage ist, was<br />
will man da lösen. Man kann das Betteln<br />
nicht verbieten. Ist ein Mensch arm, dann<br />
bettelt er sich was zusammen, und bevor<br />
er sogar in Müll greifen muss, möchte ich<br />
doch lieber einen friedlichen Bettler vor<br />
meiner Haustür. In Münster ist das Betteln<br />
überschaubar, und wir haben viele<br />
Fälle, in denen Bettler wieder es in die<br />
Selbstständigkeit geschafft haben.<br />
~: Was wäre die Alternative?<br />
Halberstadt: Ich möchte mehr die sozialen<br />
Bereiche stärken und den Dialog auf<br />
Augenhöhe vorantreiben. Dabei sollte<br />
nicht von oben durch die Stadt diktiert<br />
werden. Gleichzeitig wollen viele nicht<br />
soziale Angebote wahrnehmen, die wir<br />
bieten. Man kann nur gucken, wo ist<br />
Betteln im vernünftigen Rahmen, wo ist<br />
es aggressiv und wo wird es missbraucht<br />
durch Organisationen. Grade das organisierte<br />
Betteln muss verhindert werden.<br />
~: Vielen Dank für das Interview. #<br />
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