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1,60 09 | 13 - Draußen

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in Ordnung, dass sie persönlich auch etwas<br />

in der Hand haben wollen. Das sollte<br />

auch so sein. Wir müssen gucken, ob wir<br />

neue Strukturen aufmachen und so grade<br />

jungen Bettlern versuchen, Arbeit und<br />

Brot zu geben.<br />

~: Haben Sie da konkrete Pläne?<br />

Halberstadt: Wenn man sich mal den<br />

Arbeitsmarkt anguckt, ist das immer<br />

schwierig. Wer nimmt Menschen auf,<br />

die eine sozial geschädigte Struktur oder<br />

Lebensbiografie haben? Gut ist, wenn<br />

wir es schaffen, die Bettler mehr einzubinden,<br />

beispielsweise durch Mithilfe in<br />

allgemeinnützigen Projekten. Das löst<br />

leider nicht das allgemeine Problem;<br />

eine soziale Absicherung und ein eigener<br />

Ertrag wären natürlich wünschenswert,<br />

sind aber leider nicht einfach zu bekommen.<br />

Daher brauchen wir Hilfestellung,<br />

die auch durch soziale Einrichtung,<br />

Streetworker und Sozialarbeiter da ist.<br />

Man muss genauer hinschauen, wie<br />

resozialisierend geholfen werden kann,<br />

das ist nicht leicht. Das ~-Magazin<br />

geht in die Richtung. Es muss also<br />

eine Kommunikation auf Augenhöhe<br />

stattfinden, und es muss auch über den<br />

Tellerrand geschaut werden. Wichtig ist,<br />

dass das Geld auch da ankommt, wo es<br />

gebraucht wird.<br />

~: Inwiefern trägt die Verschärfung<br />

des Bettelgesetzes dazu bei?<br />

Halberstadt: Eine richtige Lösung wird<br />

damit nicht gefunden. Vielmehr geht<br />

es darum, noch mal die Diskussion zum<br />

Bettelgesetz anzuregen. Wir müssen uns<br />

fragen, ob dieses Gesetz noch richtig ist.<br />

Die Stadt – also Ordnungsamt und Polizei<br />

– greift auch jetzt schon ein: Wenn<br />

Minderjährige betteln, ist beispielsweise<br />

eine Grenze erreicht.<br />

~: Wie stellen Sie sich das genau<br />

vor?<br />

Halberstadt: Ich möchte– das hört sich<br />

doof an – das Betteln eher modernisieren.<br />

Beispielsweise können Streetworker,<br />

die in den Dialog mit Bettlern treten,<br />

auch fragen, ob diese auf das Betteln angewiesen<br />

sind. Ist es nötig, dass trotz der<br />

Möglichkeiten von drei warmen Mahlzeiten<br />

und evtl. kleinen Nebenverdiensten<br />

noch gebettelt werden muss?<br />

~: Wird dadurch nicht eher das<br />

Problem Armut verschleiert?<br />

Halberstadt: Nein, es gibt auch viele<br />

Bürger und Bürgerinnen, die gezielt<br />

Stammbettler – zum Beispiel auf dem<br />

Prinzipalmarkt, oder auch den Kirchen –<br />

unterstützen. Diese Unterstützung findet<br />

oft nicht nur finanziell statt, sondern<br />

auch durch das Geben von Kleidung oder<br />

Decken. Ich möchte nicht, dass etwas<br />

verschleiert wird. Mir geht es darum,<br />

dass man noch mal schaut, wem man<br />

etwas gibt: Erreicht das auch die wirklich<br />

Hilfebedürftigen? Das gilt es zu klären.<br />

~: Wieso rückt dieses Thema jetzt<br />

wieder in den Vordergrund?<br />

Halberstadt: Angestoßen wurde diese<br />

Diskussion in den letzten Wochen, in<br />

denen wir mehr jugendliche Bettler auf<br />

den Straßen wahrgenommen haben, die<br />

nicht in den sozialen Einrichtungen sind.<br />

Hier muss man dafür sorgen, dass diese<br />

Anzeige<br />

Ökologisch-Demokratische Partei<br />

Halberstadt: Die Verschärfung würde<br />

hier nicht helfen. Die Kriminalisierung<br />

wandert jedoch in eine Grauzone ab,<br />

in die wir auch gar nicht mehr schauen<br />

können. Die Kriminalisierung ist für mich<br />

der Anstoß gewesen, nochmals genauer<br />

zu gucken, wer sitzt auf den Straßen.<br />

Eine Verschärfung muss so stattfinden,<br />

dass Bettler nicht in die Anonymität<br />

getrieben werden, aber das organisierte<br />

Betteln verhindert wird. Wir erfahren<br />

immer wieder von hierarchischen und<br />

organisierten Bettelbanden – oft osteuropäisch<br />

– in denen die einzelnen Bettler<br />

alle halbe Stunde von einem Einsammler<br />

besucht werden. Die Bettler selbst sind<br />

hier noch ärmer dran als die Ärmsten,<br />

da sie von ihrem Erbettelten das meiste<br />

abgeben müssen.<br />

~: Sie sprachen dennoch das Thema<br />

Verschärfung des Bettelgesetzes an.<br />

Das würde alle Bettler betreffen, aber<br />

nicht ihre Probleme lösen.<br />

Unzufrieden?<br />

Nicht<br />

meckern –<br />

mitmachen!<br />

Mehr Informationen und Hintergründe: www.oedp-muenster.de | Tel. 0251 / 20 380 79<br />

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