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SELBST und VERSTÄNDLICH - Kreis Unna

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1<br />

Selbst<strong>und</strong> Verständlich<br />

Das Selbsthilfemagazin im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

Ausgabe Dezember 2013 | kostenlos<br />

Wenn der Darm<br />

rebelliert<br />

Foto: © Felix Burda Stiftung<br />

Innenansicht Darm: Morbus Crohn<br />

im akuten Entzündungszustand Seite 3 Seite 6 Seite 11<br />

Von der Früherkennung bis zur<br />

Nachsorge<br />

Heimtückische Tumore<br />

rechtzeitig aufspüren<br />

Chronisch-entzündliche<br />

Darmerkrankungen<br />

Überblick über Ursachen,<br />

Symptome <strong>und</strong> Therapien<br />

Selbsthilfegruppe »Eilod« bietet<br />

Hilfe für Betroffene<br />

Loverboys lieben nicht, sie<br />

verkaufen Körper im Namen der<br />

Liebe


2 Vorwort & Inhalt<br />

Liebe Leserinnen <strong>und</strong> Leser,<br />

Darmkrebs entsteht schleichend, lange Zeit bemerkt man<br />

meist keine Symptome. Steht die Diagnose fest, steht den Betroffenen<br />

nicht nur eine Operation <strong>und</strong> eine Chemotherapie<br />

bevor: Viele müssen anschließend zeitweise<br />

oder für immer mit einem künstlichen Darmausgang<br />

leben. Dies trifft auch auf manche Menschen zu,<br />

die unter chronisch-entzündliche Darmerkrankungen<br />

leiden. Wie erleben Menschen mit Darmkrebs, Morbus<br />

Crohn oder Colitis ulcerosa die Folgen der Erkrankung?<br />

Antworten auf diese Frage wollen wir<br />

in dieser Ausgabe von <strong>SELBST</strong> <strong>und</strong> <strong>VERSTÄNDLICH</strong><br />

geben. Es kommen Menschen zu Wort, die viel Unangenehmes<br />

hinter sich gebracht haben, aber auch neuen<br />

Lebensmut gefasst haben <strong>und</strong> froh sind, es überstanden<br />

zu haben. Verständnis, Austausch <strong>und</strong> positive Energie<br />

haben sie auch in ihren Selbsthilfegruppen erlebt, die es im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> gibt. Experten aus dem Darmkrebszentrum Lünen berichten<br />

zudem über die ganzheitliche Behandlung der Patienten, an der<br />

viele Professionen beteiligt sind.<br />

Ein unglaubliches, weil furchtbares Phänomen sind die Loverboys,<br />

über die wir auf Seite 11 berichten. Viele Bürger haben hiervon<br />

noch nie gehört. Gr<strong>und</strong> genug, um Eltern, junge Mädchen, aber<br />

auch alle anderen für dieses Thema zu sensibilisieren.<br />

Eine In-Gang-Setzerin der ersten Generation, die hilft, neue Selbsthilfegruppen<br />

auf einen guten Weg zu bringen, berichtet auf Seite<br />

13 über ihre ganz persönlichen Erfahrungen.<br />

»Selbst<strong>und</strong>verständlich« stellen sich auch diesmal wieder einige<br />

neue <strong>und</strong> ältere Gruppen vor, die von ihrer Intention <strong>und</strong> ihrem<br />

Gruppenleben erzählen. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim<br />

»Schmökern«.<br />

Ihr K.I.S.S.-Team<br />

Impressum<br />

Herausgeber: <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> – Der Landrat<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Verbraucherschutz,<br />

Kontakt- <strong>und</strong> InformationsStelle für Selbsthilfegruppen<br />

Redakteurin <strong>und</strong> Texte: Andrea Kleff<br />

Layout: Anke Schulz<br />

Druck: Druckverlag Kettler<br />

Auflage: 7.000 Exemplare<br />

Es finden Fotos folgender freier Anbieter Verwendung:<br />

www.pixelio.de<br />

Titelfoto: © Felix Burda Stiftung<br />

Fotos: ■ Daniel Stricker | pixelio.de | S. 2 ■ Privat | S. 3 ■ Privat | S. 4 ■ ■ Andrea Kleff |<br />

S. 5 ■ Jörg Klemme | Pixelio.de | S. 6 ■ birgitH | pixelio.de | S. 8 ■ Knipseline | pixelio.<br />

de | S. 10 ■ Antiwitter | pixelio.de | S. 10 ■ Ilse Dunkel (ille) | pixelio.de | S. 11 ■ Ilse<br />

Dunkel (ille) | pixelio.de | S. 12 ■ twinlili | pixelio.de | S. 12 | ■ Privat | S. 13 ■ Gaby<br />

Stein | pixelio.de | S. 16<br />

© Daniel Stricker | Pixelio.de<br />

Titelthema<br />

Heimtückische Tumore rechtzeitig aufspüren..........3<br />

Leben mit einem künstlichen Darmausgang.............4<br />

Stomatherapeutin <strong>und</strong> onkologische<br />

Fachschwester stehen helfend zur Seite...................5<br />

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen............6<br />

Selbsthilfegruppen Darmerkrankungen<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>..........................................................7<br />

Crohn-Colitis-Tag 2013...........................................7<br />

Aktuelles<br />

Gute Vorsorge ist für »Ehrenamtliche« wichtig.........8<br />

Hingeschaut<br />

Zu r<strong>und</strong> <strong>und</strong> unges<strong>und</strong>..........................................10<br />

Loverboys lieben nicht...........................................11<br />

Weiter leben <strong>und</strong> der Erkrankung die Stirn bieten..12<br />

Impulse für die Selbsthilfe.....................................13<br />

11. Auflage des Schwerter Hospizlaufs..................13<br />

Tipps & Wissenswertes<br />

Krebsberatung wieder am Start..............................14<br />

Kostenpflichtige Angebote des Arztes mit ?...........14<br />

Patientenbeauftragter hilft bei Orientierung<br />

im Ges<strong>und</strong>heitswesen............................................14<br />

VKU startet »Projekt JederBus – Inklusion<br />

erfahren«...............................................................15<br />

Buchtipps..............................................................15<br />

Ein besonderes Dankeschön..................................16<br />

Ausblick aufs nächste Heft....................................16


3 Titelthema 3<br />

Von der Früherkennung über die Diagnostik <strong>und</strong> Operation bis hin zur Nachsorge:<br />

Das Darmkrebszentrum Lünen im Klinikum Lünen – St.-Marien-Hospital<br />

Heimtückische Tumore rechtzeitig aufspüren<br />

Dr. Berthold Lenfers<br />

Chefarzt der<br />

Gastroenterologischen<br />

Klinik | St.-Marien-<br />

Hospital Lünen<br />

Ein Darmtumor wächst oft unbemerkt,<br />

denn er verursacht lange Zeit keine offensichtlichen<br />

Beschwerden. Bis der Körper<br />

Alarm schlägt – durch Symptome wie<br />

Bauchschmerzen, Blut im Stuhl, plötzlichem<br />

Durchfall oder Verstopfung, Übelkeit<br />

<strong>und</strong> Appetitmangel – vergehen oft<br />

Jahre.<br />

Darmkrebs ist laut Information des Robert-Koch-Instituts<br />

die zweithäufigste Tumorerkrankung<br />

hinter Brustkrebs (Frauen)<br />

<strong>und</strong> Prostatakrebs (Männer). Sie macht<br />

einen Anteil von r<strong>und</strong> 14 Prozent an allen<br />

Krebsneuerkrankungen aus <strong>und</strong> ist auch<br />

die zweithäufigste Krebstodesursache. Das Erkrankungsrisiko<br />

steigt mit fortschreitendem Alter stetig an. Mehr als die Hälfte<br />

der Betroffenen erkrankt ab dem 70. Lebensjahr, nur etwa 10<br />

Prozent sind jünger als 55 Jahre.<br />

Eine positive Nachricht: Wird Darmkrebs rechtzeitig erkannt,<br />

stehen die Heilungschancen gut. Zudem befindet sich die moderne<br />

Krebsbehandlung weiterhin in einer steten Entwicklung.<br />

So haben innovative Operationsverfahren <strong>und</strong> Behandlungskonzepte<br />

dazu geführt, dass Tumorerkrankungen heutzutage in einem<br />

höheren Ausmaß geheilt oder zumindest in einen stabilen<br />

Zustand gebracht werden können. Eine Bündelung aller Kenntnisse<br />

in den Bereichen Prophylaxe, Diagnostik, Therapie <strong>und</strong><br />

Nachsorge auf dem Gebiet der Behandlung des Darmkrebses ist<br />

hierbei von großer Bedeutung.<br />

Im Darmkrebszentrum am St.-Marien-Hospital Lünen haben sich<br />

alle an der Behandlung von Tumoren des Dick- <strong>und</strong> Enddarmes<br />

beteiligten Partner zusammengeschlossen, um eine optimale<br />

individuelle Behandlung zu ermöglichen. »Das Ziel unserer Arbeit<br />

ist eine ganzheitliche <strong>und</strong> qualitätsorientierte Behandlung<br />

mit modernsten Techniken <strong>und</strong> nach aktuellen Erkenntnissen<br />

der medizinischen Forschung«, so Dr. Berthold Lenfers, Chefarzt<br />

der Gastroenterologischen Klinik am St.-Marien-Hospital<br />

Lünen <strong>und</strong> leitender Arzt des Darmkrebs- <strong>und</strong> des Bauchzentrums<br />

Lünen.<br />

»Hierfür ist entscheidend, dass Fachärzte wie Onkologen, Strahlentherapeuten,<br />

Gastroenterologen, Radiologen, Chirurgen,<br />

spezialisiertes Pflegepersonal <strong>und</strong> auch die niedergelassenen<br />

Ärzte eng zusammenarbeiten <strong>und</strong> die konservative mit der<br />

operativen Therapie aufeinander abstimmen«, erklärt Dr. Lenfers.<br />

Die Etablierung des von der Deutschen Krebsgesellschaft<br />

zertifizierten Darmzentrums im Jahr 2011 war hier richtungsweisend.<br />

Ziel des Zentrums ist die optimale Versorgung aller<br />

Krankheitsbilder, die den Darm betreffen – insbesondere Krebs,<br />

aber auch primär gutartige Erkrankungen des Dickdarms wie<br />

Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn. Eine gute Behandlungsqualität<br />

wird u. a. durch eng miteinander kooperierende interdisziplinäre<br />

Teams der Kliniken des Hauses <strong>und</strong> konkret definierte<br />

Leitlinien <strong>und</strong> Behandlungspfade sichergestellt. So könne für<br />

jeden Patienten ein individuelles multimodales Behandlungskonzept<br />

erarbeitet werden, so Dr. Lenfers.<br />

Die Operation ist nach wie vor das wichtigste Therapieverfahren<br />

zur Heilung von Darmkrebs. Dies gelingt, wenn der Tumor<br />

komplett mit den angrenzenden Lymphknoten entfernt werden<br />

kann. Wichtig ist hierzu die rechtzeitige Erkennung des Tumorleidens.<br />

Ist dies der Fall kann der Tumor evtl. im Rahmen der<br />

so genannten »Schlüsselloch«- bzw. minimal-invasiven Chirurgie<br />

entfernt werden. Hierbei sind Operationsverfahren gemeint,<br />

bei denen über Kamerasysteme operiert wird. Daher werden<br />

nur »minimale« Schnitte benötigt, um Kamera <strong>und</strong> Instrumente<br />

benutzen zu können. Die Vorteile für den Patienten sind die<br />

Minderung der Schmerzen nach der Operation, die schnellere<br />

Erholung, die frühzeitige Entlassung aus der stationären Behandlung<br />

<strong>und</strong> die kurzfristige Wiedererlangung der körperlichen<br />

Belastbarkeit.<br />

»Wichtig ist mir, die Menschen über die Diagnose- <strong>und</strong> Therapiemöglichkeiten,<br />

aber auch über die Früherkennung von Darmkrebs<br />

aufzuklären«, erklärt Dr. Lenfers. Hierzu <strong>und</strong> zu anderen<br />

Themen r<strong>und</strong> um Krankheiten des Darms veranstaltet sein Team<br />

deshalb regelmäßig Informationsveranstaltungen für Patienten<br />

<strong>und</strong> Angehörige, häufig in Kooperation mit der Selbsthilfe. »Keine<br />

Angst vor der Vorsorge«, appelliert er. »Zur Erkennung von<br />

Darmkrebs <strong>und</strong> seinen Vorstufen sollte bei normalem Risiko im<br />

55. Lebensjahr eine Darmspieglung erfolgen. Bei unauffälligem<br />

Bef<strong>und</strong> ist diese nach zehn Jahren zu wiederholen. Die Entfernung<br />

von Polypen während der Darmspiegelung reduziert das<br />

Auftreten von Tumoren erheblich. Und frühzeitig festgestellte<br />

Tumore haben deutlich bessere Heilungschancen.«<br />

Das Endoskopie-Team im St.-Marien-Hospital Lünen |<br />

(Fotos: (2) St.-Marien-Hospital)


4 Titelthema<br />

Leben mit einem künstlichen Darmausgang | ILCO setzt sich für positive Aufklärung ein<br />

»Das Stoma bedeutet für mich eine Riesenerleichterung«<br />

Die ILCO Gruppen <strong>Unna</strong> <strong>und</strong> Lünen auf einem Tagesseminar mit anschließender<br />

R<strong>und</strong>fahrt durch den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> | (Foto: privat)<br />

Mit einem künstlichen Darmausgang, einem Stoma leben zu<br />

müssen, ist eine unangenehme Vorstellung. Doch den Menschen,<br />

die ein Stoma tragen, blieb keine Wahl. Die meisten litten<br />

unter Darmkrebs. Bei jüngeren Menschen sind die chronisch<br />

entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn <strong>und</strong> Colitis Ulcerosa<br />

die Hauptursachen für einen künstlichen Darmausgang.<br />

Die Verunsicherung <strong>und</strong> manchmal Verzweiflung von Betroffenen<br />

kennt Michael Kampmann nur zu gut. Er ist Gruppensprecher<br />

der »Selbsthilfegruppe für Stomaträger <strong>und</strong> Menschen<br />

mit Darmkrebs« in Lünen, die vom Deutschen ILCO e. V., einer<br />

Selbsthilfevereinigung für Stomaträger <strong>und</strong> Menschen mit<br />

Darmkrebs in Kooperation mit dem St.-Marien-Hospital Lünen<br />

angeboten wird. Michael Kampmann trägt seit einigen Jahren<br />

einen künstlichen Darmausgang. Er bekam ihn in Folge einer<br />

schweren Erkrankung: Mit Anfang 20 musste er plötzlich ständig<br />

auf die Toilette, hatte dauernd Durchfall <strong>und</strong> fühlte sich<br />

schlecht. Die Ärzte diagnostizierten Morbus Crohn, eine chronische,<br />

schubweise verlaufende Entzündung aller Schichten der<br />

Darmwand. Medikamentös ließen sich die Entzündungen nur<br />

schwer dämpfen. Sechs Mal wurden chirurgische Eingriffe erforderlich,<br />

bei denen die Operateure verengte Stellen im Darm<br />

dehnten, Fisteln verschlossen <strong>und</strong> Abszesse entfernten.<br />

Eine dauerhafte Linderung der Beschwerden gab es leider nicht<br />

<strong>und</strong> damit ging im Laufe der Jahre eine deutliche Verschlechterung<br />

der Lebensqualität einher: »Ges<strong>und</strong>e können es sich gar<br />

nicht vorstellen, wie es ist, wenn man 30 bis 40 Mal am Tag eine<br />

Toilette aufsuchen muss <strong>und</strong> dazu ständig unter Bauchschmerzen<br />

leidet«, berichtet er. Wenn der begeisterte Borussia Dortm<strong>und</strong>-Fan<br />

<strong>und</strong> Dauerkarteninhaber ins Stadion wollte, hat er<br />

schon am Abend zuvor nichts mehr gegessen, damit der Darm<br />

einigermaßen entleert war. »Ansonsten hätte ich statt des Spiels<br />

die Tür der Toilette anschauen können«, erzählt er. Unternehmungen,<br />

egal ob Einkaufsbummel oder Ausflug - spontan war<br />

gar nichts mehr möglich. Und dann kam der Tag, als<br />

ihm die Ärzte dringend zu einer weiteren Operation,<br />

der kompletten Entfernung des Dickdarms rieten.<br />

Ihm war klar, dass dann auch der Schließmuskel<br />

nicht mehr funktioniert <strong>und</strong> er nach der OP zu einem<br />

dauerhaften Stoma-Träger wird.<br />

»Das Stoma bedeutet für mich eine Riesenerleichterung«,<br />

sagt Michael Kampmann heute, r<strong>und</strong> drei Jahre<br />

nach der OP. »Das ist vielleicht schwer nachzuvollziehen,<br />

doch das Entscheidende ist, dass ich es mir<br />

endlich wieder richtig gut geht, ich keine Schmerzen<br />

mehr habe <strong>und</strong> wieder am Leben teilhaben kann wie<br />

jeder andere auch.« Aktiv Fußballspielen darf er als<br />

Stomaträger zwar nicht mehr, aber »Schach, Skat<br />

<strong>und</strong> Dart sind doch auch klasse«, sagt der 56-jährige<br />

optimistisch. Er geht ganz offen mit seiner Krankheit<br />

bzw. dem Tragen des Stomas um, obwohl oder<br />

gerade weil sie immer noch ein Tabuthema ist. In einem kleinen<br />

Stoffbeutel trägt er das Stoma sogar über der Kleidung.<br />

»Manchmal sprechen mich Leute darauf an, dann erkläre ich,<br />

wozu das gut ist <strong>und</strong> die meisten zeigen sich sehr interessiert.«<br />

Der Weg, sich der Selbsthilfegruppe anzuschließen, war für ihn<br />

der richtige: »Die positive Aufklärung über das Leben mit Stoma,<br />

Betroffenen beizustehen <strong>und</strong> Mut zu machen, sehe ich als<br />

meine Aufgabe an«.<br />

So sieht es auch Heinz Uwe Eickhoff, der als Regionalsprecher<br />

der Deutschen ILCO tätig ist <strong>und</strong> viele Menschen aus den sechs<br />

Selbsthilfegruppen in der Region Hamm-Hellweg-Lippe kennt.<br />

Auch er hat einen künstlichen Darmausgang, seit er mit knapp<br />

50 Jahren an Darmkrebs erkrankte. Die Diagnose schockierte<br />

den lebensfrohen Mann sehr. »Damals bin ich in ein tiefes<br />

Loch gefallen, aus dem ich nur mühsam wieder herauskam«,<br />

so Eickhoff. Doch mit großer Unterstützung seiner Familie <strong>und</strong><br />

des behandelnden Arztes sei es ihm gelungen. Schnell fand er<br />

auch den Kontakt zur ILCO – die ihn bis heute nicht mehr »losgelassen«<br />

hat. Einen großen Teil seiner Zeit stellt der 72jährige<br />

in den Dienst der Selbsthilfegruppen. Dazu kommen Besuchsdienste<br />

im Krankenhaus, bürokratische Arbeit, Pressearbeit <strong>und</strong><br />

Tätigkeiten für den Verband.<br />

»Wer unterstützt mich im Alltagsleben?«, »Was muss ich bei<br />

meiner Ernährung beachten?«, »Kann ich noch verreisen?« Es<br />

sind nicht nur Fragen wie diese, auf die die ILCO Betroffenen<br />

Antwort gibt. Ebenso entscheidend sei das positive Erlebnis in<br />

der Gruppe, das Treffen mit Menschen, denen es genauso geht<br />

<strong>und</strong> der Erfahrungsaustausch mit ihnen, so Eickhoff. »Bei uns<br />

wird aber nicht nur über Krankheiten geredet«, fügt Michael<br />

Kampmann an. »Wir unternehmen viel zusammen, gehen essen,<br />

treffen uns zu Ausflügen oder zum Grillabend.« Positiv<br />

denken sei das Wichtigste, meinen beide Männer übereinstimmend.<br />

Und wenn sich irgendwo eine Tür schließe, öffne sich<br />

anderswo ein Fenster.


5 titelthema 5<br />

i<br />

Stomatherapeutin <strong>und</strong> onkologische Fachschwester stehen helfend zur Seite<br />

Das Leben mit Stoma möglichst positiv angehen<br />

Dieses Gipsmodell zeigt eine Stomaanlage.<br />

An der Körperöffnung wird ein Stomabeutel angelegt.<br />

| (Foto: Andrea Kleff)<br />

Etwa 100.000<br />

Menschen leben in<br />

Deutschland mit einem<br />

Stoma – ohne<br />

dass man es ihnen<br />

ansieht. Aber was<br />

ist das eigentlich<br />

genau <strong>und</strong> wie kann<br />

man damit leben?<br />

Als Stoma (griech.:<br />

»M<strong>und</strong>«) wird eine<br />

künstlich angelegte<br />

Körperöffnung<br />

bezeichnet. So<br />

wird ein ges<strong>und</strong>er<br />

Darmabschnitt<br />

Onkologischer Gesprächskreis<br />

im St.-Marien-Hospital Lünen<br />

Kontakt<br />

Schwester Margarethe Markefka<br />

Fon 02306 77-0<br />

Treffen<br />

Alle 14 Tage in der ungeraden<br />

Kalenderwoche am Mittwoch von<br />

15.00 – 17.30 Uhr im<br />

Besprechungszimmer im<br />

Erdgeschoss der Verwaltung des<br />

St.-Marien-Hospitals Lünen,<br />

Altstadtstraße 23<br />

nach außen geleitet <strong>und</strong> dort mit der Bauchhaut vernäht. Der<br />

so entstandene künstliche Ausgang dient dazu, verlorene Körperfunktionen<br />

zu übernehmen. Über diesen werden Urin oder<br />

Darmausscheidungen über eine Stoma-Anlage in einen Beutel<br />

geleitet.<br />

Die operative Anlage eines Stomas kann erforderlich werden,<br />

wenn die Ausscheidung von Stuhl oder Urin nach einer Darmkrebs-Operation,<br />

aber auch bei anderen schweren Erkrankungen<br />

wie Morbus Crohn, Colitis Ulcerosa, Darmperforationen,<br />

Fehlbildungen oder Unfallverletzungen, auf normalem Wege<br />

nicht mehr möglich ist. Als künstlicher Darmausgang wird das<br />

Stoma auch Anus praeter genannt.<br />

Die Stoma-Anlage bedeutet für die Patienten einen erheblichen<br />

Einschnitt – nicht nur für den Körper, sondern auch für die Seele.<br />

»Viele Betroffene sind stark verunsichert, <strong>und</strong> haben Angst<br />

vor dem, was auf sie zukommt«, erklärt Stomatherapeutin Heike<br />

Lutz. Allerdings trage die Anlage eines Stomas wesentlich dazu<br />

bei, die Folgen einer Erkrankung zu lindern <strong>und</strong> zu beseitigen.<br />

Heike Lutz ist als Fachkrankenschwester in der Stomaversorgung<br />

der Patienten im St.-Marien-Hospital Lünen tätig, steht<br />

mit ihren Kenntnissen <strong>und</strong> Erfahrungen den Patienten zur Seite<br />

<strong>und</strong> hilft ihnen, das Leben mit<br />

einem Stoma möglichst positiv<br />

anzugehen. Denn diese müssen<br />

erst lernen, nach einem<br />

schweren operativen Eingriff<br />

mit den körperlichen Veränderungen<br />

zurecht zu kommen.<br />

Die Pflegeexpertin ist den Patienten<br />

dabei behilflich, ein Maximum<br />

an Selbstständigkeit im<br />

täglichen Leben wiederzuerlangen.<br />

Dazu ist neben medizinischer<br />

Qualifikation <strong>und</strong> dem<br />

Wissen über die Möglichkeiten<br />

der Versorgung mit den zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln<br />

auch viel menschliches Einfühlungsvermögen erforderlich. Die<br />

Betreuung beginnt oft schon vor dem geplanten Eingriff, um<br />

durch die optimale Platzierung des künstlichen Ausganges später<br />

eine bestmögliche postoperative Versorgung <strong>und</strong> damit eine<br />

gute Lebensqualität zu gewährleisten. Erfreulicherweise könne<br />

heutzutage bei vielen Patienten das Stoma später zurückverlegt<br />

werden, so Heike Lutz. Die Stomatherapie als spezielles Fachgebiet<br />

der Krankenpflege beinhaltet die ganzheitliche Pflege<br />

<strong>und</strong> Rehabilitation von Patienten mit Stoma. Eine enge abteilungsübergreifende<br />

Zusammenarbeit mit Ärzten, Pflegepersonal,<br />

Sozialdienst, Seelsorgern <strong>und</strong> Psychoonkologen ist dabei<br />

selbstverständlich. Und auch nach dem stationären Aufenthalt<br />

werden die Patienten nicht allein gelassen. Heidi Lutz besucht<br />

die Patienten – soweit gewünscht – regelmäßig zuhause zur<br />

Kontrolle der Stomaversorgung <strong>und</strong> zur Beratung.<br />

Eine weitere zentrale Ansprechpartnerin für die Bauch- <strong>und</strong><br />

Darmpatienten sowie deren Angehörige im St.-Marien-Hospital<br />

ist die onkologische Fachschwester Margarethe Markefka. Sie<br />

ist die Koordinatorin, die alle anderen an der Versorgung der<br />

Patienten beteiligten Professionen, verbindet. Will heißen: Alle<br />

Patienten werden von ihr besucht <strong>und</strong> beraten. Sie begleitet<br />

die Chefarztvisiten, besucht die Tumorkonferenzen, stellt Kontakte<br />

zur Ernährungsberatung, Psychologen <strong>und</strong> zur Seelsorge<br />

her. Sie wiederholt Erklärungen zur Erkrankung, die viele beim<br />

Arztgespräch aufgr<strong>und</strong> der Aufregung nicht ganz verstanden<br />

haben, ist Trost- <strong>und</strong> Ansprechpartnerin <strong>und</strong> führt Beratungsgespräche<br />

mit den Patienten <strong>und</strong> deren Familien.<br />

Sowohl Heike Lutz als auch Margarethe Markefka wissen, dass<br />

mit der Entlassung aus dem Krankenhaus die Verarbeitung der<br />

Krankheit nicht abgeschlossen ist <strong>und</strong> dass ein Austausch mit<br />

anderen Betroffenen im Rahmen der Selbsthilfe für viele Patienten<br />

durchaus wichtig sein kann.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> zeigen sie jedem Patienten den Weg in die<br />

ILCO-Selbsthilfegruppe oder den onkologischen Gesprächskreis<br />

auf, die sich in den Räumen des St.-Marien-Hospitals treffen.<br />

Sie begleiten <strong>und</strong> unterstützen die Gruppen mit Vorträgen <strong>und</strong><br />

Beratung <strong>und</strong> freuen sich, dass<br />

sich in den Gruppen Menschen<br />

gef<strong>und</strong>en haben, die nach oder<br />

trotz ihrer Erkrankung neue<br />

Wege der Krankheitsverarbeitung<br />

gef<strong>und</strong>en haben, indem<br />

sie sich gegenseitig Hilfe <strong>und</strong><br />

Rat geben <strong>und</strong> im steten Gespräch<br />

bleiben. Und dadurch<br />

erfahren, dass sie nicht allein<br />

auf weiter Flur mit ihrer Krankheit<br />

da stehen.<br />

Margarethe Markefka (links), onkologische<br />

Fachschwester, Heidi Lutz,<br />

Stomatherapeutin. Beide sind im<br />

St.-Marien-Hospital Lünen tätig.


6 Thema Titelthema Heute<br />

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen:<br />

Ein Überblick über Ursachen, Symptome <strong>und</strong> Therapien<br />

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen begleiten die Erkrankten<br />

oft lebenslang <strong>und</strong> bedürfen einer differenzierten<br />

Behandlung. Unter dem Begriff chronisch-entzündliche Darmerkrankung<br />

versteht man prinzipiell zwei Krankheitsbilder, die in<br />

der medizinischen Fachsprache Morbus Crohn bzw. Colitis ulcerosa<br />

genannt werden. Beide Erkrankungen haben viele Gemeinsamkeiten,<br />

so dass manchmal eine genaue<br />

Einteilung nicht möglich ist. Es gibt aber<br />

auch gravierende Unterschiede.<br />

Ursachen<br />

Die Ursachen der chronischentzündlichen<br />

Darmerkrankungen<br />

sind letztlich unklar,<br />

sowohl erbliche Faktoren<br />

als auch Umwelteinflüsse<br />

oder psychische<br />

Auslöser<br />

werden diskutiert.<br />

Symptome<br />

Beide Erkrankungen betreffen<br />

häufig bereits den jungen<br />

Erwachsenen <strong>und</strong> verlaufen<br />

ebenfalls häufig schubweise.<br />

Während der Morbus Crohn alle<br />

Abschnitte des Magen-Darm-<br />

Traktes, hauptsächlich aber den<br />

Dünndarm betrifft, befällt das<br />

entzündliche Geschehen bei der<br />

Colitis ulcerosa vor allen Dingen<br />

vom After aus beginnend<br />

<strong>und</strong> nach oben aufsteigend den<br />

Dickdarm. Ein typisches Zeichen<br />

der Colitis ulcerosa sind blutige<br />

Durchfälle, die mit Fieber <strong>und</strong><br />

Bauchkrämpfen einhergehen.<br />

Der Morbus Crohn dagegen kann sich<br />

in einer vielfältigen Ausprägung darstellen,<br />

z. B. mit Bauchschmerzen, Gewichtsverlust, Durchfällen<br />

oder vermehrter Fistelbildung am After oder auch an der<br />

Bauchhaut. Die Diagnose beider Erkrankungen wird durch eine<br />

Darmspiegelung in Verbindung mit weiteren Untersuchungen<br />

vorgenommen.<br />

Prognose<br />

Beide Erkrankungen verlaufen häufig in Schüben, d. h. zwischendurch<br />

kann es immer wieder längere Intervalle völligen<br />

Wohlbefindens geben. Wann <strong>und</strong> wodurch ein erneuter Schub<br />

der Erkrankung ausgelöst wird, ist weitgehend unklar.<br />

Es gibt Patienten, die nur einen Schub ihrer Erkrankung im<br />

Leben haben. Bei einem großen Teil der Patienten entwickeln<br />

sich der Morbus Crohn oder die Colitis ulcerosa zu belastenden<br />

Erkrankungen, die unter Umständen<br />

mit einem hohen<br />

Verlust an Lebensqualität<br />

einhergehen. Während<br />

der Morbus Crohn eine<br />

nicht heilbare Erkrankung<br />

darstellt, wäre<br />

die Colitis ulcerosa<br />

letztlich durch die<br />

komplette Entfernung<br />

des Dickdarms<br />

chirurgisch heilbar.<br />

Therapie<br />

Das Therapiekonzept muss individuell<br />

auf jeden Patienten <strong>und</strong> die für ihn<br />

typische Krankheitsausprägung zugeschnitten<br />

sein. Die meisten Fälle werden<br />

zunächst <strong>und</strong> oft auch jahrelang erfolgreich<br />

medikamentös behandelt. Im Vordergr<strong>und</strong><br />

stehen dabei Medikamente,<br />

die das Immunsystem modulieren <strong>und</strong><br />

damit die heftige Entzündungsreaktion<br />

der Darmwand unterdrücken.<br />

Chirurgische Therapie bei M.<br />

Crohn<br />

Die Entzündung der gesamten<br />

Darmwand bei Morbus Crohn<br />

kann zu Verengungen führen,<br />

die einen Darmverschluss hervorrufen<br />

können. Auch Fisteln<br />

zwischen Darm <strong>und</strong> Haut, Darm<br />

<strong>und</strong> Blase, Darm <strong>und</strong> Scheide oder<br />

After bedürfen häufig einer operativen Maßnahme.<br />

Chirurgische Behandlung bei Colitis ulcerosa<br />

Eine Operation ist nur in Notfällen oder bei Versagen der medikamentösen<br />

Behandlung angezeigt. Ein weiterer Gr<strong>und</strong> zur<br />

Operation besteht bei Nachweis von Zellveränderungen in der<br />

Darmschleimhaut mit der drohenden Entwicklung eines Darmkrebses.<br />

Das Ziel der Operation ist die »Heilung« der Colitis<br />

ulcerosa durch vollständige Entfernung des Dickdarmes.<br />

© Jörg Klemme | Pixelio.de


7 Titelthema 7<br />

Selbsthilfegruppen zum Thema Darmerkrankungen im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

Selbsthilfegruppe Chronisch entzündliche Darmerkrankungen<br />

(CED) Lünen<br />

Kontakt Jörg Finke | Fon 02306 304266<br />

Treffen jeden 2. Mittwoch im Monat um 19.00 Uhr im<br />

Ges<strong>und</strong>heitshaus Lünen<br />

Besonderheiten insbesondere jüngere Mitglieder (aktuell ab<br />

25 Jahre), Vorträge <strong>und</strong> Veranstaltungen<br />

Mitgliedschaft in der Deutschen Morbus Crohn/Colitis ulcerosa<br />

Vereinigung (DCCV e. V.), einem<br />

b<strong>und</strong>esweit tätigen Selbsthilfeverband für<br />

Menschen mit einer chronisch entzündlichen<br />

Darmerkrankung (CED) in Deutschland. Die<br />

1982 gegründete DCCV wird ausschließlich<br />

von Betroffenen organisiert.<br />

Kooperation mit dem St.-Marien-Hospital Lünen<br />

Selbsthilfegruppe für Morbus Crohn <strong>und</strong> Colitis<br />

Ulcerosa <strong>Unna</strong><br />

Kontakt Angelika Wronski | Fon 02389 5261163<br />

Treffen jeden letzten Mittwoch im Monat um 19.30<br />

Uhr an unterschiedlichen Treffpunkten (bitte<br />

telefonisch erfragen)<br />

Besonderheiten Gruppe besteht seit über zehn Jahren,<br />

Mitglieder altersgemischt<br />

Mitgliedschaft in der Deutschen Morbus Crohn/Colitis<br />

ulcerosa Vereinigung (DCCV e. V.)<br />

Kooperation mit dem Evangelischen Krankenhaus <strong>Unna</strong><br />

sowie dem Katharinenhospital <strong>Unna</strong>, Vorträge<br />

<strong>und</strong> Veranstaltungen, Mitarbeit im Projekt<br />

»Selbsthilfefre<strong>und</strong>liches Krankenhaus«.<br />

ILCO-Selbsthilfegruppen für Stomaträger <strong>und</strong><br />

Menschen mit Darmkrebs<br />

Die Deutsche ILCO ist eine b<strong>und</strong>esweit tätige Solidargemeinschaft<br />

von Stomaträgern (Menschen mit künstlichem Darmausgang<br />

oder künstlicher Harnableitung) <strong>und</strong> von Menschen mit<br />

Crohn-Colitis-Tag 2013<br />

Darmkrebs sowie deren Angehörigen. Ihre Arbeit ist bestimmt<br />

von den Prinzipien der Selbsthilfe <strong>und</strong> des Ehrenamtes. Der Verein<br />

hat das Ziel, Betroffene in jeder Lebenssituation mit Rat <strong>und</strong><br />

Hilfe zu unterstützen. ILCO-Selbsthilfegruppen existieren in<br />

ganz Deutschland. Für die hiesige Region Hamm-Hellweg-Lippe<br />

ist Heinz Uwe Eickhoff als Regionalsprecher tätig.<br />

Gruppe Lünen<br />

Kontakt Michael Kampmann | Fon 02306 24255<br />

Treffen jeden 1. Mittwoch im Monat um 16.00 Uhr im<br />

Besprechungsraum 2 im E-Gebäude des St.-<br />

Marien-Hospitals Lünen, Altstadtstraße 23<br />

Kooperation mit dem Darmkrebszentrum im St.-Marien-<br />

Hospital Lünen, Vorträge <strong>und</strong> Veranstaltungen<br />

Gruppe <strong>Unna</strong><br />

Kontakt Ida Maschinski | Fon 02303 51225<br />

Treffen jeden 3. Mittwoch im Monat um 16.00 Uhr<br />

im Ges<strong>und</strong>heitshaus <strong>Unna</strong> <strong>und</strong> jeden 1. Mittwoch<br />

im Monat von 11.00 bis 12.00 Uhr nach<br />

Anmeldung unter Fon 02303 1001842 im Katharinenhospital<br />

<strong>Unna</strong>, Obere Husemannstraße<br />

2<br />

Kooperation mit dem Evangelischen Krankenhaus <strong>Unna</strong><br />

sowie dem Katharinenhospital <strong>Unna</strong>, Mitarbeit<br />

im Projekt »Selbsthilfefre<strong>und</strong>liches Krankenhaus«,<br />

Vorträge <strong>und</strong> Veranstaltungen,<br />

Mitarbeit bei den Aktionswochen »Bündnis<br />

gegen Krebs«<br />

Besonderheiten: Gruppe besteht seit über 17 Jahren<br />

Kamen<br />

Patientenberatung im Hellmig Krankenhaus<br />

Kamen<br />

Kontakt Heinz Uwe Eickhoff | Fon 02307 86801<br />

Anlässlich des b<strong>und</strong>esweiten Crohn-Colitis-Tages<br />

hatte die Selbsthilfegruppe Chronisch-entzündliche<br />

Darmerkrankungen (CED) Lünen im Oktober zu einer<br />

Informationsveranstaltung ins St.-Marien-Hospital<br />

Lünen eingeladen. Klinikdirektor Dr. Berthold Lenfers<br />

<strong>und</strong> Chefarzt Dr. Roland Kurdow stellten im Rahmen<br />

ihrer Vorträge aktuelle Therapie- <strong>und</strong> Behandlungsmöglichkeiten<br />

vor. Anschließend hielten Jörg Finke<br />

<strong>und</strong> Hannelore Grewe von der Selbsthilfegruppe CED<br />

Lünen einen Vortrag mit dem Titel »Nicht allein mit<br />

CED! Welche Hilfe bietet eine Selbsthilfegruppe?«<br />

Weitere Mitglieder der Selbsthilfegruppe waren auf<br />

der gut besuchten Veranstaltung mit einem Informationsstand<br />

vor Ort.<br />

Foto: privat


8 Aktuelles<br />

Service-Thema Versicherungen:<br />

Gute Vorsorge ist für Ehrenamtlich tätige Menschen wichtig<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich: Diese Versicherung ist<br />

die wichtigste aller <strong>und</strong> darüber hinaus<br />

günstig!<br />

Aber Achtung: Viele Versicherer schließen<br />

Haftungsfälle im Rahmen einer<br />

ehrenamtlichen Tätigkeit aus. Es empfiehlt<br />

sich daher, einen Vertrag zu wählen,<br />

in dem Schäden, die im Rahmen<br />

des Ehrenamtes passieren können,<br />

mitversichert sind.<br />

© birgitH | Pixelio.de<br />

Überall, wo Menschen sich aufhalten, sei es, um zu arbeiten,<br />

sich zu treffen, auf dem Wege irgendwohin, gibt es Risiken, mit<br />

denen man einfach nicht rechnet – vom kleinen Missgeschick<br />

bis zum schweren Unfall. Auch in Selbsthilfegruppen stellt sich<br />

irgendwann die Frage, wie sie als Gruppe oder einzelne Mitglieder<br />

versichert sind. Schließlich können z. B. bei Veranstaltungen<br />

Besucher zu Schaden kommen oder ein Mitglied kann beim<br />

Ausflug der Gruppe einen Unfall erleiden. Wer oder was ist in<br />

welchem Fall versichert?<br />

Ein trockenes Thema, um das nahezu jeder gern einen Bogen<br />

macht. Allerdings ist es im Sinne einer vernünftigen Vorsorge<br />

<strong>und</strong> vor allem im Falle des Falles gut, mehr darüber zu wissen.<br />

Nachfolgend sollen deshalb die Rahmenbedingungen beleuchtet<br />

werden, unter denen sich Gruppen <strong>und</strong> Vereine mit Hilfe von<br />

Unfall- <strong>und</strong> Haftpflichtversicherungen absichern können.<br />

1. Haftpflichtversicherung<br />

Die Privathaftpflichtversicherung deckt die typischen Risiken<br />

des Alltags ab. Sie sichert den Versicherungsnehmer <strong>und</strong> seine<br />

Familie vor Forderungen Dritter ab.<br />

Beispiele: Verschüttet der Versicherte Rotwein auf dem Teppich<br />

von Fre<strong>und</strong>en. Bei Schneefall rutscht ein Passant auf dem<br />

nicht geräumten Gehweg vor dem Haus des Versicherten aus<br />

<strong>und</strong> verletzt sich. Die Privathaftpflichtversicherung prüft die<br />

Schadenersatzansprüche <strong>und</strong> reguliert den Schaden gemäß<br />

gesetzlicher Bestimmungen <strong>und</strong> den Versicherungsbedingungen.<br />

2. Dasselbe gilt für die private Unfallversicherung:<br />

Bei vielen Verträgen ist auch hier die Voraussetzung<br />

für eine Leistung, dass die<br />

Ansprüche im privaten Bereich entstanden<br />

sind, also weder einem beruflichen<br />

Tun noch einem ehrenamtlichen Risiko zuzuordnen sind. Also<br />

auch hier: Genau hinschauen <strong>und</strong> nachfragen, ob die unentgeltliche<br />

Selbsthilfearbeit eingeschlossen ist!<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich deckt die private Unfallversicherung Personenschäden<br />

der versicherten Person nach einem Unfall ab. In erster<br />

Linie zahlt sie bei Invalidität oder Tod. Individuell können aber<br />

auch Leistungen wie Krankenhaustagegeld, Schönheits-OP, Bergungs-/Überführungskosten<br />

<strong>und</strong> einiges mehr versichert werden.<br />

Hier gibt´s sehr große Leistungsunterschiede der einzelnen<br />

Versicherer.<br />

3. Privat haftpflicht- <strong>und</strong> unfallversichern kann sich jeder.<br />

Wichtig <strong>und</strong> interessant für Selbsthilfegruppen ist aber auch die<br />

Frage nach einer öffentlich-rechtlichen Versicherung (Berufsgenossenschaft,<br />

Landesversicherung). Hier wird unterschieden,<br />

ob es sich um den Gruppenleiter oder –sprecher (Funktionsträger)<br />

handelt oder um ein »einfaches« Gruppenmitglied.<br />

»Einfaches« Gruppenmitglied (ohne besondere Funktion):<br />

Ein Gruppenmitglied ohne besondere Funktion in der Gruppe<br />

sollte für sich selbst eine private Haftpflicht- <strong>und</strong>/oder Unfallversicherung<br />

abschließen. Die private Haftpflichtversicherung<br />

tritt beispielsweise ein, wenn ihm während eines Treffens ein<br />

Malheur passiert, bei dem Eigentum eines anderen Gruppenmitglieds<br />

geschädigt wird.<br />

Eine private Unfallversicherung zahlt hingegen für den eigenen<br />

Personenschaden nach einem Unfall – wie oben beschrieben.


9 aktuelles 9<br />

2. Gruppenleiter / Gruppensprecher (Funktionsträger):<br />

Neben der Möglichkeit der privaten Haftpflicht- <strong>und</strong> Unfallversicherung<br />

gibt es für so genannte Funktionsträger folgende<br />

Möglichkeiten:<br />

Unfallversicherung der Berufsgenossenschaft für Ges<strong>und</strong>heitsdienst<br />

<strong>und</strong> Wohlfahrtspflege (BGW)<br />

Selbsthilfegruppen können sich hierüber beitragsfrei versichern.<br />

Versicherte Personen sind allerdings nur die »Funktionsträger«,<br />

das sind diejenigen Selbsthilfegruppenmitglieder, die<br />

sich mehr als die übrigen Mitglieder für die gemeinsame Sache<br />

einsetzen. Weitere Anforderungen des BGW sind, dass die jeweilige<br />

Selbsthilfegruppe als ein Personenverband strukturiert<br />

ist, der auf Dauer angelegt ist, einen einheitlichen Namen führt<br />

<strong>und</strong> eine Art »Verfassung« besitzt. Das kann eine Satzung sein,<br />

es genügt aber auch ein organisatorischer Rahmen wie Flyer<br />

oder Informationsblätter, durch den die Selbsthilfegruppenarbeit<br />

nachgewiesen wird.<br />

i<br />

Kontakt<br />

Berufsgenossenschaft für<br />

Ges<strong>und</strong>heitsdienst <strong>und</strong><br />

Wohlfahrtspflege<br />

Pappelallee 35/37<br />

22089 Hamburg<br />

Fon 040-202070<br />

Fax 040-202072495<br />

www.bgw-online.de<br />

Empfehlenswert ist, vor Eintritt<br />

eines Schadensfalles abzuklären,<br />

ob die Selbsthilfegruppe,<br />

für die man sich engagiert, in<br />

den Versicherungsschutz der<br />

BGW fällt. Man kann sich dort<br />

registrieren <strong>und</strong> den Versicherungsschutz<br />

schriftlich bestätigen<br />

lassen.<br />

Landesversicherungen<br />

Das Land NRW unterhält Landesversicherungen <strong>und</strong> bezahlt<br />

eine Sammelversicherung, die Lücken bei der Unfall- <strong>und</strong> Haftpflichtversicherung<br />

für das Ehrenamt schließen soll.<br />

Dieser Versicherungsschutz ist nachrangig gegenüber anderen<br />

privaten oder gesetzlichen Versicherungen. Sie zahlt demnach<br />

nur, wenn keine andere Versicherung greift oder wenn<br />

deren Leistungen geringer ausfallen als die hier versicherten<br />

Summen.<br />

3. Versicherung aller Gruppenmitglieder<br />

Um alle Gruppenmitglieder zu versichern <strong>und</strong> nicht nur die<br />

oben genannten Funktionsträger besteht die Möglichkeit des<br />

Abschlusses von Verträgen mit privaten Versicherungsunternehmen.<br />

Dort können sowohl Vereine als auch rechtlich unselbstständige<br />

Gruppen eigene Gruppenhaftpflicht- <strong>und</strong> Gruppenunfallversicherungen<br />

abschließen.<br />

Selbstverständlich fallen dort Versicherungsbeiträge an.<br />

4. Besonderheiten für Eingetragene Vereine, Verbände, Stiftungen<br />

<strong>und</strong> andere rechtlich selbständige Organisationen<br />

Selbsthilfegruppen, die als rechtlich selbständige Organisationen<br />

auftreten, sollten auf jeden Fall dafür sorgen, den Versicherungsschutz<br />

ihrer Engagierten sicherzustellen! So geht das<br />

Land NRW davon aus, dass eingetragene Vereine eine eigene<br />

Vereinshaftpflichtversicherung abgeschlossen haben. Es will<br />

mit der Landesversicherung vor allem rechtlich unselbständige<br />

Initiativen <strong>und</strong> Vereinigungen absichern.<br />

Vereinshaftpflichtversicherungen schützen alle haupt-, neben<strong>und</strong><br />

ehrenamtlich Tätigen.<br />

Über den angemessenen Deckungsschutz<br />

sowie weitere<br />

notwendige bzw. sinnvolle<br />

Versicherungen informiert<br />

zum Beispiel der Union Versicherungsdienst.<br />

Kontakt<br />

Union Versicherungsdienst<br />

Klingenbergstrasse 4<br />

32758 Detmold<br />

Fon 05231 603-0<br />

Fax 05231 603-197<br />

E-Mail info@unionverdi.de<br />

http://www.union-verdi.de/.<br />

i<br />

Kontakt- <strong>und</strong><br />

InformationsStelle für<br />

Selbsthilfegruppen<br />

(K.I.S.S.)<br />

finden Sie:<br />

weitere Informationen<br />

finden Sie unter<br />

www.kreis-unna.de<br />

> Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales<br />

> Selbsthilfe<br />

> K.I.S.S.<br />

im Ges<strong>und</strong>heitshaus Lünen<br />

Roggenmarkt 18-20 | 44532 Lünen<br />

Lisa Nießalla<br />

Fon 02306 100-610 | Fax 02306 100-699<br />

E-Mail lisa.niessalla@kreis-unna.de<br />

im Ges<strong>und</strong>heitshaus <strong>Unna</strong><br />

Massener Straße 35 | 59423 <strong>Unna</strong><br />

Margret Voß<br />

Fon 02303 27-2829 | Fax 02303 27-2499<br />

E-Mail margret.voss@kreis-unna.de<br />

im Treffpunkt Ges<strong>und</strong>heit Schwerte<br />

Kleppingstraße 4 | 58239 Schwerte<br />

Anette Engelhardt<br />

Fon 02304 24070-22 | Fax 02304 24070-23<br />

E-Mail anette.engelhardt@kreis-unna.de


10 Hingeschaut<br />

HinGeschaut<br />

Selbsthilfegruppe für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

mit Diabetes, Übergewicht/Adipositas <strong>und</strong><br />

deren Familien in Planung<br />

Zu r<strong>und</strong> <strong>und</strong> unges<strong>und</strong><br />

© Knipseline | Pixelio.de<br />

Die Gründe für die Entwicklung von Übergewicht <strong>und</strong> Adipositas<br />

sind vor allem eine ungünstige Ernährungsweise <strong>und</strong><br />

mangelnde körperliche Bewegung. Kommt es zu einem Missverhältnis<br />

von aufgenommener Energie zu verbrauchter Energie,<br />

mündet dies langfristig in einer vermehrten Ansammlung<br />

von Körperfett. Als Folge von Übergewicht <strong>und</strong> Adipositas kann<br />

es zu einer Reihe von Erkrankungen <strong>und</strong> Nebenerkrankungen<br />

kommen, die nicht nur für die Erwachsenen ein hohes Risiko<br />

darstellen. Bereits bei Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen können Übergewicht<br />

<strong>und</strong> Adipositas zu Herz- <strong>und</strong> Gefäßkrankheiten sowie<br />

orthopädischen <strong>und</strong> psychischen Erkrankungen führen. Es handelt<br />

sich dabei also nicht nur um ein »Gewichtsproblem«, sondern<br />

um eine bereits im Kindes- <strong>und</strong> Jugendalter auftretende<br />

ernstzunehmende Ges<strong>und</strong>heitsstörung. Auch der Diabetes Mellitus<br />

– zu den häufigsten Stoffwechselerkrankungen im Kindesalter<br />

gehörend – findet sich zunehmend bei übergewichtigen<br />

Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen wieder.<br />

Im Ges<strong>und</strong>heitshaus <strong>Unna</strong> ist deshalb die Gründung einer Selbsthilfegruppe<br />

für Eltern von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen mit Diabetes,<br />

Übergewicht <strong>und</strong> Adipositas in Planung. Die Initiatoren des<br />

Vereins »Hilfe zur Selbsthilfe e. V.«, Gudrun John <strong>und</strong> Udo Limburg,<br />

sind schon lange für Erwachsene, Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

mit dieser Problematik im Raum Hamm tätig <strong>und</strong> möchten nun<br />

auch in <strong>Unna</strong> eine Gruppe gründen. Ein wesentlicher Bestandteil<br />

dieser Arbeit soll die Aufklärung über die Situation <strong>und</strong> die<br />

Verbesserung der Lebensqualität sein. Was kann das kranke<br />

Kind oder der kranke Jugendliche, aber auch die gesamte Familie<br />

dafür tun? Wo sind die Grenzen? Der Kontakt zu anderen<br />

betroffenen Kindern <strong>und</strong> Eltern soll helfen, die Probleme in den<br />

Griff zu bekommen.<br />

Die beiden Initiatoren denken dabei an Workshops, in denen<br />

die Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen einander kennenlernen sowie<br />

sportorientierte Angebote, die individuell je nach Alter, Gewicht<br />

<strong>und</strong> Beweglichkeit genutzt werden können. Auch das Thema<br />

Ernährung soll intensiv beleuchtet werden. »Man könnte beispielsweise<br />

ein Einkaufstraining organisieren oder sich Gedanken<br />

über den Inhalt des Kühl- <strong>und</strong> Vorratsschranks machen«,<br />

erklärt Gudrun John. Dass die Tüte Chips <strong>und</strong> das Verweilen vor<br />

dem Fernseher oder Spielekonsole dem (Über-) Gewicht nicht<br />

gerade zuträglich sind, versteht sich von selbst. Aber wie kann<br />

es gelingen, den inneren Schweineh<strong>und</strong> zu überwinden <strong>und</strong> das<br />

eigene Verhalten langfristig zu verändern?<br />

Antworten auf diese <strong>und</strong> viele andere Fragen zu finden, funktioniere<br />

in einer Gruppe Betroffener viel besser als im familieninternen<br />

Gespräch, weiß Gudrun John.<br />

So sollen die Treffen dem Erfahrungsaustausch von Eltern, Familienangehörigen<br />

<strong>und</strong> den betroffenen Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen,<br />

der praktischen Lebenshilfe sowie der gegenseitigen<br />

emotionalen Unterstützung <strong>und</strong> Motivation dienen. Dazu<br />

komme die Dynamik in der Gruppe <strong>und</strong> vor allem Spaß.<br />

Weitere Informationen gibt es unter dem Stichwort<br />

»Kinderges<strong>und</strong>heit« auf der Homepage des Vereins unter<br />

www.shg-hilfe-zur-selbsthilfe.de.<br />

Alle Anfragen werden<br />

selbstverständlich vertraulich<br />

behandelt.<br />

Kontakt:<br />

Gudrun John<br />

Fon 02388 307257<br />

oder<br />

i<br />

Udo Limburg<br />

Fon 02307 287 3455<br />

E-Mail chronisch_krank@t-online.de<br />

oder<br />

© Antitwitter | Pixelio.de<br />

über die K.I.S.S. in <strong>Unna</strong><br />

Margret Voß<br />

Fon 02303 27-2829


11 Hingeschaut 11<br />

Loverboys zwingen Mädchen in die Prostitution. Die Selbsthilfegruppe »Eilod« (Elterninitiative für Loverboy<br />

Opfer Deutschland) <strong>und</strong> das Eine Welt Zentrum Herne bieten Hilfe für Betroffene <strong>und</strong> Angehörige an.<br />

Loverboys lieben nicht, sie verkaufen Körper<br />

im Namen der Liebe<br />

Manche Mädchen sind erst 12 oder 13 Jahre alt. In sozialen<br />

Netzwerken wie Facebook, aber auch vor Schulen oder Jugendtreffs<br />

werden sie von jungen Männern angesprochen. Ein nettes<br />

Kompliment zum Profilfoto, ein charmantes Gespräch, ein erstes<br />

Treffen, ein Geschenk – mehr braucht es oft nicht, dass junge<br />

Mädchen auf »Wolke Sieben« schweben. Dass dieser gutaussehende<br />

Typ mit dem schicken Auto ein Loverboy ist, der mit<br />

ihrem Körper Geld verdienen will, können sie nicht ahnen. Und<br />

doch ist es oft so: Loverboys leben von Menschenhandel, sie<br />

sind Zuhälter. Zwang, Erpressung <strong>und</strong> Gewalt sind ihre Methoden.<br />

Die heute 14jährige Laura hat es leidvoll erleben müssen:<br />

»Er sprach mich über facebook an, wollte sich mit mir verabreden.<br />

Sein Foto gefiel mir.« Schon beim ersten Kennenlernen<br />

fühlte sie sich von dem angeblich 18-jährigen verstanden, interessierte<br />

er sich doch sehr für ihre Probleme im Elternhaus<br />

<strong>und</strong> in der Schule. Von nun an war Laura ständig »auf Sendung«<br />

– am Telefon, per SMS oder im Internet. »Ich hab mich total<br />

verliebt. Er sah so gut aus <strong>und</strong> schenkte mir tolle Sachen. Wir<br />

trafen uns wieder, aber immer nur nachmittags, damit ich zu<br />

Hause keinen Ärger bekam.«<br />

Bald kam auch Sex ins Spiel. Aus Liebe, versicherte er ihr. Dann<br />

kamen seine Kumpels dazu. Die wollten auch Sex mit ihr. Das<br />

sei doch voll o.k., sagten die jungen Männer. Mit dem Handy<br />

wurden heimlich Fotos aufgenommen. »Er drohte mir, sie<br />

meinen Eltern zu zeigen, wenn ich nicht mehr mitmache.« Aus<br />

Scham <strong>und</strong> Angst konnte sie sich nicht ihren Eltern offenbaren<br />

<strong>und</strong> irgendwie glaubte sie auch immer noch an die große Liebe.<br />

Obwohl er sie später zum Sex mit viel älteren Männern zwang,<br />

angeblich, um mit dem Erlös seine Schulden bezahlen zu können.<br />

Schon bald spielten auch Drogen<br />

eine Rolle: Erst Marihuana, dann Kokain.<br />

von ihrer Familie entfremdet, vergewaltigt, zur Prostitution gezwungen<br />

<strong>und</strong> verschwinden oft spurlos«, erklärt die pensionierte<br />

Kommissarin, die gemeinsam mit einem betroffenen Vater<br />

die Angehörigen-Selbsthilfegruppe »Eilod« (Elterninitiative für<br />

Loverboy Opfer Deutschland) gegründet hat. EILOD will Opfern<br />

von Loverboys <strong>und</strong> deren Eltern helfen. Eine weitere Plattform<br />

– die Zielgruppe sind hier die betroffenen Mädchen – hat sie<br />

unter der Adresse www.no-loverboys.de implementiert. »Wir<br />

informieren, beraten, werden präventiv tätig <strong>und</strong> vermitteln<br />

Kontakte zu anderen Betroffenen sowie Hilfsorganisationen«,<br />

so Kannemann.<br />

Lange gab es in Deutschland keine Möglichkeit für Eltern <strong>und</strong><br />

Angehörige sich zu dem Thema auszutauschen. Nach Informationen<br />

des Vereins trat das Phänomen Loverboys zunächst in<br />

den Niederlanden auf, machte aber nicht lange an Deutschlands<br />

Grenze halt. Und doch ist es hierzulande noch nicht so bekannt:<br />

»Viele Eltern <strong>und</strong> Angehörige denken, sie sind mit diesem Thema<br />

allein, sie finden keine Antworten <strong>und</strong> fühlen sich hilflos. In<br />

unserem Internet-Forum können Betroffene miteinander kommunizieren.<br />

Besonders, wenn man unsicher ist, ob das eigene<br />

Kind in die Fänge eines Loverboys geraten ist, ist es sehr wichtig,<br />

mit Gleichgesinnten zu sprechen.«<br />

Eine persönliche Beratung vor Ort, aber auch auf Wunsch anonym<br />

am Telefon oder per E-Mail, bietet zudem das Eine Welt<br />

Zentrum Herne an. »Mädchen können sich bei uns eingehend<br />

informieren, beispielsweise durch welche Anzeichen sich frühzeitig<br />

erkennen lässt, ob der nette neue Fre<strong>und</strong> nicht in Wirklichkeit<br />

ein Zuhälter ist. Oder sie können einfach über ihre Er-<br />

Zunächst würden die Mädchen kostenlos<br />

damit versorgt. Später, wenn sie abhängig<br />

sind, müssen sie sich ihren Drogenkonsum<br />

»erarbeiten«, weiß Bärbel<br />

Kannemann, die viele dieser furchtbaren<br />

Geschichten kennt. »Wer in die Fänge<br />

eines Loverboys gerät, hat kaum eine<br />

Chance, sich allein daraus zu befreien.<br />

Denn die Mädchen werden systematisch<br />

Foto: Eine Welt Zentrum Herne


12 Hingeschaut<br />

lebnisse reden. Wir hören zu <strong>und</strong> helfen, einen Ausweg aus der<br />

Situation zu finden«, erklärt Katja Jähnel vom Eine Welt Zentrum.<br />

Auch Angehörige, die vermuten, dass ihr Kind Opfer eines<br />

Loverboys geworden ist, weil sie die Verhaltensauffälligkeiten<br />

der Tochter nicht interpretieren können, sollten sich an die Beratungsstelle<br />

wenden.<br />

Vorbeugung ist eine weitere wichtige Waffe im Kampf gegen<br />

diese Form der Kriminalität. Deshalb ist es sowohl der Selbsthilfegruppe<br />

Eilod wie dem Eine Welt Zentrum Herne daran gelegen,<br />

das Thema in der Öffentlichkeit – zum Beispiel durch Aufklärung<br />

in Schulen oder durch die Medien – publik zu machen.<br />

Mittels Hilfe ihrer Eltern, die Unterstützung über die Elterninitiative<br />

erfahren haben, ist es Laura gelungen, aus dem Teufelskreis<br />

auszusteigen <strong>und</strong> sich zu befreien. Gut geht es ihr heute<br />

noch lange nicht. Aber viel besser als in der schlimmen Zeit, die<br />

sie hinter sich bringen musste.<br />

Kontakt:<br />

im Internet über die Angehörigen-Selbsthilfegruppe »Eilod«<br />

www.eilod.de (Elterninitiative für Loverboy Opfer Deutschland)<br />

oder www.no-loverboys.de (insbesondere für betroffene Mädchen!)<br />

Eilod.de-Info: | Fon 0176 56269971oder das Eine Welt<br />

Zentrum Herne | Fon 02323 99497-19<br />

© Ilse Dunkel (ille) | Pixelio.de<br />

Neu: Das Onkologie-Cafe im Rahmen des Bündnisses »Gemeinsam gegen Krebs« in <strong>Unna</strong><br />

Weiter leben <strong>und</strong> der Erkrankung die Stirn bieten<br />

Onkologische Erkrankungen sind eine existentielle Bedrohung<br />

<strong>und</strong> erschüttern die betroffenen Menschen, ihre Angehörigen<br />

<strong>und</strong> das Umfeld. Das Bündnis »Gemeinsam gegen Krebs« informiert,<br />

fördert Kontakte <strong>und</strong> den Austausch zwischen Erkrankten,<br />

Angehörigen, den komplementär <strong>und</strong> schulmedizinisch<br />

arbeitenden Medizinern <strong>und</strong> Therapeuten sowie weiteren Fachkräften.<br />

Ziel dabei ist es, die Ressourcen von Krebserkrankten<br />

<strong>und</strong> Angehörigen zu stärken, die Vielschichtigkeit des Themas<br />

zu reflektieren <strong>und</strong> die Stärken der unterschiedlichen Fachrichtungen<br />

zu nutzen.<br />

Seit 2009 führt das Bündnis »Gemeinsam gegen Krebs« jährlich<br />

Aktionen, Vorträge, Talkr<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Präsentationen durch. In<br />

diesem Jahr bietet es erstmalig ein thematisches Onkologie-Cafe<br />

an, einen Treffpunkt mit Informations- <strong>und</strong> Austauschmöglichkeit<br />

für alle Interessierten. In offener Atmosphäre wird es<br />

einen Einführungsvortrag geben <strong>und</strong> anschließend einen Austausch<br />

zum Thema.<br />

Das Onkologie-Cafe öffnet seine Pforten das nächste Mal am<br />

Dienstag, den 21. Januar 2014, um 17.00 Uhr zu dem Thema<br />

»Dem Schmerz begegnen – die Psyche stärken«. Das Café ist<br />

eine Kooperation mit den beiden Krankenhäusern in der Stadt<br />

<strong>Unna</strong> <strong>und</strong> findet zunächst im Forum des Katharinenhospitals,<br />

Mozartstraße 26, statt.<br />

Das Bündnis »Gemeinsam gegen Krebs« besteht aus Betroffenen,<br />

Einzelpersonen, Therapeuten/innen <strong>und</strong> folgenden Einrichtungen:<br />

• Ärztevereinigung »Mein Ges<strong>und</strong>heitsnetz«<br />

• K.I.S.S. <strong>und</strong> Fachbereich Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

Verbraucherschutz des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong><br />

• Krebs-Selbsthilfegruppen<br />

• Evangelisches Krankenhaus<br />

• Katharinenhospital<br />

• Ambulanter Hospizdienst<br />

• Forum Generationen<br />

<strong>Unna</strong> <strong>und</strong><br />

• Volkshochschule <strong>Unna</strong><br />

Fröndenberg<br />

Holzwickede.<br />

i Kontakt <strong>und</strong> Informationen<br />

Stadt <strong>Unna</strong><br />

Brigitte Schubert<br />

VHS-Studienbereichsleiterin<br />

Fon 02303 103-732<br />

oder<br />

brigitte.schubert@stadt-unna.de<br />

www.vhs-zib.de<br />

© twinlili | Pixelio.de


13 hingeschaut<br />

Hingeschaut 13<br />

Brigitte Bergsiek berichtet über ihre Erfahrungen als In-Gang-Setzerin<br />

Impulse für die Selbsthilfe<br />

Sie möchten über ihre Tätigkeit in ihrer jeweiligen<br />

Selbsthilfegruppe andere Menschen in ihrem Engagement<br />

unterstützen <strong>und</strong> helfen, etwas auf den Weg zu bringen.<br />

Darum engagieren sich Brigitte Bergsiek <strong>und</strong> ihre Mitstreiter<br />

als die ersten »In-Gang-Setzer« im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Ihre Aufgabe:<br />

Selbsthilfegruppen, die gerade in der Gründungsphase oftmals<br />

von Unsicherheiten <strong>und</strong> Ängsten geprägt sind, Halt, Rahmen<br />

<strong>und</strong> Struktur zu geben. Brigitte Bergsiek berichtet hier von ihren<br />

Erfahrungen:<br />

Im April 2009 startete das Projekt in Lünen mit acht Teilnehmern<br />

– ausgewogen mit vier weiblichen <strong>und</strong> vier männlichen.<br />

Die theoretischen Gr<strong>und</strong>lagen wurden uns in zwei Wochenendseminaren<br />

von einer kompetenten Referentin vermittelt, wozu<br />

u. a. Kenntnisse über Gruppen, Kommunikation <strong>und</strong> nicht zuletzt<br />

die Rolle eines In-Gang-Setzers gehören.<br />

Seitdem treffen wir uns alle zwei Monate, inzwischen zahlenmäßig<br />

reduziert, unter Begleitung von Lisa Nießalla, im Ges<strong>und</strong>heitshaus<br />

in Lünen, um über die Dinge zu sprechen, die in der<br />

Tätigkeit als In-Gang-Setzer wichtig sind oder uns generell zum<br />

Thema Selbsthilfe beschäftigen.<br />

Im Oktober 2011 hatten wir erstmals die Möglichkeit zu einem<br />

überregionalen Treffen in Recklinghausen, an dem In-Gang-<br />

Setzer auch aus Krefeld <strong>und</strong> Recklinghausen teilnahmen - begleitet<br />

auch diesmal von den Kontaktstellenleitern. Worüber wir<br />

gesprochen haben? Über die Erfahrungen in der praktischen<br />

Arbeit in den Selbsthilfegruppen <strong>und</strong> über den Austausch, den<br />

wir In-Gang-Setzer untereinander pflegen.<br />

Ein weiteres Treffen mit Andreas Greiwe vom Pariätischen Wohlfahrtsverband<br />

NRW, der sozusagen der »Vater« des Projekts<br />

In-Gang-Setzer® ist, <strong>und</strong> uns Anregungen aus seinem großen<br />

Erfahrungsschatz geben konnte, folgte.<br />

Aktikve In-Gang-Setzer auf einem Treffen mit dem »Vater« des Projektes,<br />

Andreas Greiwe (rechts stehend)<br />

gabenklärung als In-Gang-Setzer. Unsere Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten<br />

konnten wir so anhand von konkreten Erfahrungen<br />

vertiefen. So führten wir anregende Diskussionen auch über<br />

etwas heikle Themen, beispielsweise schwierige Teilnehmer in<br />

Selbsthilfegruppen. Immer ein Thema ist auch die Rolle des In-<br />

Gang-Setzers an sich, da unsere Erfahrungen zeigen, dass das<br />

eigene Verständnis dieser Rolle immer<br />

wieder hinterfragt werden sollte. Ich denke,<br />

dass die Kommunikation <strong>und</strong> das Vertrauen<br />

zu den anderen, das im Laufe der<br />

Zeit entstanden ist, mir nicht nur in der<br />

Arbeit als In-Gang-Setzer, sondern auch<br />

meiner eigenen Entwicklung gut tut. Und<br />

mich weiter bringt.<br />

Nun fand in diesem Sommer im Juli ein Workshop mit einer<br />

externen Referentin im Ges<strong>und</strong>heitshaus Lünen statt. Ziel war<br />

hier die weitere Unterstützung der Rollenfindung <strong>und</strong> der Aufi<br />

Kontakt über die<br />

K.I.S.S in Lünen<br />

Lisa Nießalla<br />

Fon 02306 100-610<br />

Fazit: Wir würden uns gerne wieder mit den In-Gang-Setzern<br />

aus den anderen <strong>Kreis</strong>en austauschen, da wir viele Themen aufgr<strong>und</strong><br />

der ähnlichen Erfahrungen für wichtig halten, dass wir sie<br />

gemeinsam besprechen.<br />

11. Auflage des Schwerter Hospizlaufs<br />

Foto: Andrea Kleff<br />

Eine breite Unterstützung fand der 11. Hospizlauf bei vielen<br />

Schwerter Vereinen, Organisationen <strong>und</strong> auch den Selbsthilfegruppen.<br />

Auch in diesem Jahr waren wieder viele Läufer aus der aktiven<br />

Selbsthilfe dabei <strong>und</strong> bewältigten den knapp 800 Meter langen<br />

R<strong>und</strong>kurs in der Schwerter Innenstadt zugunsten der Schwerter<br />

Hospizes. Das Wetter spielte mit <strong>und</strong> lockte viele Menschen in<br />

die Innenstadt, die sich auch am K.I.S.S.-Stand über Gruppenaktivitäten<br />

informierten.


14<br />

tipps & wissenswertes<br />

Krebsberatung wieder am Start<br />

Ende März eingestellt, im Frühsommer gelang ein Neustart: Die<br />

Tür für Menschen, die Hilfe <strong>und</strong> Rat bei der Krebsberatung des<br />

Katholischen Sozialdienstes (KSD) Hamm-Werne suchen möchten,<br />

steht wieder offen. Zum Hintergr<strong>und</strong>: Es fehlte allein an<br />

Geld. Obwohl immer wieder auf die Notwendigkeit der Beratung<br />

hingewiesen wurde <strong>und</strong> um Unterstützung geworben wurde,<br />

musste der Sozialdienst notgedrungen das Angebot einstellen.<br />

Doch dann stellten drei anonyme Spender finanzielle Unterstützung<br />

bereit, damit das Angebot weiter fortgeführt werden<br />

kann. Zunächst ist die Krebsberatung dank weiterer kleinerer<br />

Spenden zunächst für weitere zwei Jahre gesichert. Als kompetente<br />

Beraterin steht weiterhin die Psychoonkologin Gilda Bachora<br />

fünf St<strong>und</strong>en pro Woche zur Verfügung.<br />

Die Krebsberatung bietet Beratung für Menschen an, die Unterstützung<br />

suchen bei Veränderungen, die durch die Krankheit<br />

entstehen oder wenn die<br />

i Kontakt<br />

Katholischer Sozialdienst e. V.<br />

Gilda Bachora<br />

Roggenmarkt 16 | 59368 Werne<br />

Fon 02389 925180<br />

E-Mail krebsberatung@ksd-sozial.de<br />

Erkrankung sich belastend<br />

in der Familie <strong>und</strong> Partnerschaft<br />

auswirkt. Auch jeder,<br />

der einfach nur mal über seine<br />

Situation reden möchte,<br />

ist hier willkommen.<br />

Kostenpflichtige Angebote des<br />

Arztes mit Fragezeichen<br />

?<br />

Seit gut einem Jahr können sich gesetzlich<br />

Versicherte im Internet informieren,<br />

ob die individuellen Ges<strong>und</strong>heitsleistungen<br />

(IGeL) ihres Arztes sinnvoll sind.<br />

Auf der Internetseite www.igel-monitor.<br />

de stellt der Medizinische Dienst des<br />

Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />

Nutzen <strong>und</strong> Risiken von<br />

kostenpflichtigen Therapien <strong>und</strong> Untersuchungen<br />

vor.<br />

Derzeit finden sich Informationen über<br />

30 Leistungen, die nicht von den gesetzlichen<br />

Krankenkassen übernommen<br />

werden, aber von Ärzten oft angeboten<br />

werden. Die Mehrzahl der IGeL-Angebote<br />

schneidet dabei nicht gut ab, einige sogar<br />

sehr schlecht. Mittlerweile gibt es den<br />

IGeL-Monitor auch als kostenloses App<br />

für unterwegs. So können Patienten bereits<br />

in der Arztpraxis prüfen, ob die Informationen<br />

in den ausgelegten Broschüren<br />

wissenschaftlich abgesichert oder<br />

reine Werbung sind.<br />

Patientenbeauftragter hilft bei Orientierung im Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

Dirk Meyer heißt der neue<br />

Patientenbeauftragte der Landesregierung<br />

Nordrhein-Westfalen.<br />

In dieser Funktion folgte<br />

er Anfang Juni Dr. Eleftheria<br />

Lehmann, die das Amt aus persönlichen<br />

Gründen abgab.<br />

Er unterstützt Ratsuchende, pragmatische Lösungen im Sinne<br />

der Betroffenen zu vermitteln <strong>und</strong> Patienten über ihre Rechte<br />

<strong>und</strong> Möglichkeiten zu informieren. Beispiele sind als intransparent<br />

empf<strong>und</strong>ene Verfahren der Kostenübernahme bei Heil- <strong>und</strong><br />

Hilfsmitteln, Unklarheiten bei der Einstufung durch die Pflegekassen<br />

oder Unsicherheiten beim Umgang mit dem Verdacht<br />

eines Behandlungsfehlers.<br />

Dirk Meyer | Patientenbeauftragter<br />

der Landesregierung NRW<br />

Foto: © Danny Frede<br />

Der Patientenbeauftragte ist<br />

zentraler Ansprechpartner für<br />

besondere Anliegen erkrankter<br />

Menschen <strong>und</strong> ihrer Angehörigen.<br />

In erster Linie ist er allerdings<br />

nicht selbst beratend<br />

tätig, sondern fungiert als Lotse<br />

im Ges<strong>und</strong>heitswesen. Er<br />

verweist daher in der Regel auf<br />

die vielfältigen Beratungs- <strong>und</strong><br />

Unterstützungsangebote der<br />

Kostenträger, Leistungserbringer, Selbsthilfeorganisationen<br />

<strong>und</strong> staatlichen Institutionen. Er informiert die Ratsuchenden in<br />

Ergänzung zu bestehenden Angeboten wie der Unabhängigen<br />

Patientenberatung Deutschland, des Netzwerks Patientenberatung<br />

NRW, der Verbraucherzentrale Nordhein-Westfalen e. V.<br />

<strong>und</strong> der zahlreichen Selbsthilfeorganisationen.<br />

Dirk Meyer ist seit mehr als 25 Jahren in der Selbsthilfe beruflich<br />

engagiert. Seit 1987 übte er verschiedene leitende Tätigkeiten<br />

in den Strukturen der AIDS-Hilfe auf lokaler, Landes- <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esebene<br />

aus. Bis 2011 war<br />

er zudem Sprecher der Landesverbände<br />

in der Ges<strong>und</strong>heitsselbsthilfe<br />

in Nordrhein-<br />

Westfalen (Wittener <strong>Kreis</strong>)<br />

<strong>und</strong> Mitglied der Ethik-Kommission<br />

der Ärztekammer<br />

Nordrhein. Zuletzt war Dirk<br />

Meyer in der B<strong>und</strong>eszentrale<br />

für ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung<br />

tätig.<br />

iKontakt<br />

Der Beauftragte der Landesregierung<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

für Patientinnen <strong>und</strong> Patienten<br />

Dirk Meyer<br />

Ges<strong>und</strong>heitscampus 9<br />

44801 Bochum<br />

Fon 0234 91535-1940<br />

(Mo. – Fr. von 08.00 – 18.00 Uhr)<br />

E-Mail<br />

info@patientenbeauftragter.nrw.de<br />

Internet<br />

www.patientenbeauftragter.nrw.de


15<br />

Fit für den Bus trotz Beeinträchtigung?<br />

VKU startet »Projekt JederBus – Inklusion erfahren«<br />

Tipps & Wissenswertes<br />

15<br />

Den Weg zur Arbeit oder zu Fre<strong>und</strong>en mit dem Bus zurücklegen,<br />

dafür Fahrplanauskünfte einholen <strong>und</strong> sich auf den Weg<br />

zur Haltestelle begeben: Damit dies klappt, benötigen manche<br />

Menschen Unterstützung. Diese will die VKU individuell <strong>und</strong> gezielt<br />

zur Verfügung stellen.<br />

Ziel des Projektes JederBus, das die VKU im Auftrag des <strong>Kreis</strong>es<br />

<strong>Unna</strong> durchführt, ist es, die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs<br />

für behinderte <strong>und</strong> in der Mobilität eingeschränkte Menschen<br />

zu erleichtern. Aber vor welchen Herausforderungen stehen<br />

diese bei einer Busfahrt überhaupt? Welche Kompetenzen<br />

besitzen sie? Worauf muss geachtet werden? Um Antworten auf<br />

diese Fragen zu erhalten, fragte die VKU bei Selbsthilfegruppen,<br />

Behindertenbeiräten, Vereinen <strong>und</strong> Förderschulen nach<br />

<strong>und</strong> führte Gespräche <strong>und</strong> Workshops mit 34 interessierten<br />

Vertretern durch.<br />

So wurden viele Probleme zusammengetragen <strong>und</strong> Lösungsvorschläge<br />

zu den Themenbereichen<br />

• Busausstattung<br />

• einfache Sprache<br />

• Informationsvernetzung<br />

• Haltestellenausstattung<br />

• Busschulen / Sicherheitstrainings<br />

• Sensibilisierung des Fahrpersonals<br />

• Toleranz <strong>und</strong> Akzeptanz für alle im Bus<br />

entwickelt.<br />

Im Gespräch ist<br />

es, Haltestellen<br />

mit barrierefreien<br />

Fahrgast-Informationssystemen<br />

auszurüsten.<br />

Weiterhin<br />

werden die Möglichkeiten<br />

überprüft,<br />

ServiceCenter<br />

<strong>und</strong> Busse der<br />

VKU mit induktiven<br />

Höranlagen auszurüsten.<br />

Fahrerschulungen<br />

werden<br />

erweitert <strong>und</strong> neu<br />

Bild: Silvia <strong>und</strong> Michael Gördes mit<br />

Gaby Freudenreich beim Besprechen der<br />

Haltestellenansage.<br />

konzipiert. Beim evangelischen Perthes-Werk wurden bereits<br />

mehrere praktische Bustrainings durchgeführt. Als erste öffentlichkeitswirksame<br />

Maßnahme wurden in mehreren Bussen die<br />

Haltestellenansagen von behinderten Menschen gesprochen –<br />

beispielsweise in der Linie R11 von Silvia Gördes vom Blinden<strong>und</strong><br />

Sehbehindertenverein <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>.<br />

Wer an einer Zusammenarbeit interessiert ist oder Hinweise<br />

geben kann, kann sich bei der VKU, Projekt NimmBus, Gaby<br />

Freudenreich, melden. Fon 02307 209-68.<br />

Buchtipps<br />

Der Ratgeber informiert ausführlich<br />

über die chronisch-entzündlichen<br />

Darmerkrankungen Morbus Crohn<br />

<strong>und</strong> Colitis ulcerosa <strong>und</strong> deren Behandlungsmöglichkeiten.<br />

Dieser Ratgeber<br />

stellt dar, wie wichtig eine gute<br />

Ernährung ist <strong>und</strong> wie diese die Behandlung unterstützen<br />

kann. Zwar lässt sich durch die Ernährung kein direkter<br />

therapeutischer Effekt erzielen, dennoch trägt<br />

sie in wesentlichem Maße zur Entlastung der Verdauungsorgane<br />

<strong>und</strong> des gesamten Stoffwechsels bei. Die<br />

dargebotene Rezeptpalette reicht von Frühstücksempfehlungen<br />

über delikate Hauptgerichte bis zu leckeren<br />

Desserts <strong>und</strong> regt zum kreativen Kochen an.<br />

Ernährungsratgeber Morbus Crohn <strong>und</strong> Colitis<br />

ulcerosa<br />

144 Seiten, schlütersche Verlag<br />

ISBN 978-3-88893-616-2 | 16,95 Euro<br />

Achtsamkeit ist die gezielte <strong>und</strong> wertfreie Konzentration auf<br />

den gegenwärtigen Moment. Das klingt zunächst einfach<br />

– wenn wir akzeptieren, wie schwierig es sein kann. Achtsamkeitsübungen<br />

können vielfältige positive Wirkungen<br />

haben: Körperliche <strong>und</strong> seelische Stressreduktion oder Distanzierung<br />

von überwältigenden Gefühlen <strong>und</strong> Gedanken.<br />

Auch bei Depressionen <strong>und</strong> Ängsten können die Achtsamkeitsübungen,<br />

die in dem Praxisbuch anschaulich dargestellt werden, helfen. Mit zunehmender<br />

Praxis sollen die Übungen dazu beitragen, Gefühle zu regulieren<br />

<strong>und</strong> zu einer stabilen inneren Gelassenheit zu kommen.<br />

Achtsamkeit (mit Audio-CD)<br />

160 Seiten, Thieme Verlag | ISBN: 978-3-8304-6650-5 | 19,99 Euro<br />

Leistungsfähigkeit, Flexibilität, Mobilität: Unsere schnelllebige<br />

Gesellschaft erfordert eine hohe Anpassungsfähigkeit.<br />

Immer mehr Menschen erleiden ein Burnout: Doch wie<br />

lässt sich diese Krankheit definieren, wie erkennen? Welche<br />

Merkmale zeichnen sie aus? Was können Betroffene konkret<br />

tun, <strong>und</strong> welche Strategien empfehlen sich zur Prävention?<br />

Diese <strong>und</strong> weitere Fragen werden vom Autor des Buches kompetent beantwortet.<br />

Seine Anregungen <strong>und</strong> wissenschaftlichen Kenntnisse im Bereich<br />

der Emotionspsychologie sind verständlich <strong>und</strong> dienen als praktikable Hilfe<br />

beim Durchbrechen alter Verhaltensmuster.<br />

Burnout<br />

212 Seiten, humboldt Verlag |ISBN: 978-3-86910-323-5 | 12,95 Euro


16 Ausblick<br />

Empfang der Selbsthilfe durch den Landrat<br />

Ein besonderes Dankeschön<br />

Es ist zur guten Tradition geworden: Auch in diesem Jahr hatte<br />

der Landrat des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>, Michael Makiolla, Mitglieder<br />

aus allen Selbsthilfegruppen des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> zum Empfang<br />

geladen. Diesmal allerdings nicht in die alte Scheune des Guts<br />

Opherdicke, sondern in den Saal des Restaurants »Bürgerhaus«<br />

in Kamen-Heeren.<br />

»Ein besonderes<br />

Dankeschön« ging<br />

an die engagierten<br />

Menschen, »die<br />

Selbsthilfegruppen<br />

anregen, gründen<br />

<strong>und</strong> mit Leben erfüllen«,<br />

so Makiolla.<br />

Dass die Selbsthilfe<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> einen<br />

hohen Stellenwert<br />

habe, belege<br />

die nach wie vor<br />

steigende Zahl der<br />

Selbsthilfegruppen,<br />

fügte er in seiner<br />

Im Saal des Restaurants »Bürgerhaus« in Kamen-Heeren<br />

herrschte eine aufmerksame Atmo-<br />

Ansprache im bis<br />

sphäre zum Empfang des Landrates. auf den letzten<br />

Fotos: Jürgen Thoms<br />

Platz besetzten Saal<br />

des Bürgerhauses<br />

hinzu. Die Unterstützung <strong>und</strong> Förderung von Selbsthilfegruppen<br />

sei deshalb für die <strong>Kreis</strong>verwaltung mit Landrat Michael Makiolla<br />

an der Spitze immer schon von Bedeutung gewesen.<br />

Wolfram Kuschke, Minister a. D. <strong>und</strong> Landrat<br />

Michael Makiolla<br />

R<strong>und</strong> 250 Gruppen<br />

haben aktuell in<br />

den Ges<strong>und</strong>heitshäusern<br />

des <strong>Kreis</strong>es<br />

in Lünen <strong>und</strong><br />

in <strong>Unna</strong> sowie im<br />

Treffpunkt Ges<strong>und</strong>heit<br />

in Schwerte<br />

einen Ankerplatz<br />

gef<strong>und</strong>en. Mit der<br />

Kontakt- <strong>und</strong> Informationsstelle<br />

für Selbsthilfegruppen (K.I.S.S.) haben sie stets<br />

eine kompetente Organisationshilfe an ihrer Seite.<br />

Als prominenter Referent war Wolfram Kuschke, ehemaliger Regierungspräsident<br />

des Regierungsbezirks Arnsberg <strong>und</strong> ehemaliger<br />

Minister für B<strong>und</strong>es-, Europaangelegenheiten <strong>und</strong> Medien,<br />

geladen. Er hielt einen interessanten Vortrag, in dessen Rahmen<br />

er die Bedeutung der Selbsthilfe im täglichen Leben, aber auch<br />

im Hinblick auf Prävention hervorhob. Dass allerdings auch die<br />

Selbsthilfe einen Wandel vollzogen hat – Parallelen zum Strukturwandel<br />

in der Industrie nicht ausgeschlossen – sei nicht von<br />

der Hand zu weisen. Wichtig seien auch in Zukunft gute finanzielle<br />

Rahmenbedingungen für die Selbsthilfe, damit sie aktiv<br />

bleiben, weiter erfolgreich arbeiten kann <strong>und</strong> entsprechend Anerkennung<br />

erfahre, so Kuschke.<br />

Nach dem offiziellen Teil hatten die Gäste des Landrats noch<br />

reichlich Gelegenheit bei einem kleinen Imbiss, sich zu informieren<br />

<strong>und</strong> in Gesprächen in lockerer Atmosphäre auszutauschen.<br />

Lesen Sie im nächsten Heft<br />

Sie möchten Ihre Gruppe<br />

im nächsten Heft vorstellen?<br />

Bitte wenden Sie sich an<br />

Lisa Nießalla | Fon 02306 100-610.<br />

Die nächste Ausgabe erscheint im Sommer 2014.<br />

Wahrscheinlich kann nur jemand, der den Verlust<br />

eines Kindes selbst erlebt hat, nachempfinden, wie<br />

schmerzvoll dies ist. Und wie schwer es ist, trotz<br />

dieses Verlustes weiter zu leben. Das sagen Betroffene,<br />

die über den Tod ihres Kindes trauern, den Austausch<br />

mit anderen suchen, die das gleiche Schicksal<br />

erlebt haben <strong>und</strong> sich in der Selbsthilfegruppe für<br />

Eltern, Angehörige <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e verstorbener Kinder<br />

zusammen geschlossen haben. In der nächsten Ausgabe<br />

von <strong>SELBST</strong> <strong>und</strong> <strong>VERSTÄNDLICH</strong> stellt die Redaktion<br />

diese Gruppe aus Kamen vor. Obwohl jede<br />

Familie, jeder Angehörige seinen eigenen Weg für<br />

das Abschiednehmen finden muss, bietet die Gruppe<br />

die Möglichkeit, diesen Prozess gemeinsam <strong>und</strong><br />

schrittweise zu gehen. In einem geschützten Raum<br />

machen die Betroffenen die wichtige Erfahrung, dass<br />

sie mit ihrem Schmerz nicht allein sind.<br />

Diesen geschützten Raum nutzt auch der Elternkreis<br />

von drogengefährdeten <strong>und</strong> drogenabhängigen Kindern<br />

in Lünen Die Mitglieder wissen aus eigener Erfahrung,<br />

wie belastend das Leben mit einem suchtkranken<br />

Kind ist <strong>und</strong> tauschen sich über die leidvolle<br />

Problematik aus. Auch diese Gruppe <strong>und</strong> deren Arbeit<br />

wird im nächsten Magazin porträtiert.<br />

© Gaby Stein | Pixelio.de

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