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Die Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens nach ... - KOPS

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Meinem Vater


Vorwort<br />

<strong>Die</strong> vorliegende Untersuchung wurde vom Fachbereich Rechtwissenschaften der Universität<br />

Konstanz im November 2012 als Dissertation angenommen, die mündliche Prüfung<br />

fand am 28. Juni 2013 statt. Der Text befindet sich auf dem Stand von November<br />

2012, zitierte Kommentarliteratur wurde auf den Stand Juli 2013 aktualisiert.<br />

Mein Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Jens Koch, für die überaus engagierte<br />

und unkomplizierte Betreuung, Herrn Prof. Dr. Christoph Althammer für die rasche<br />

Erstellung <strong>des</strong> Zweitgutachtens. Der Lan<strong>des</strong>graduiertenförderung Baden-<br />

Württemberg danke ich für die großzügige finanzielle Förderung mit einem Promotionsstipendium.<br />

Ohne die unermüdliche Unterstützung der mir nahestehenden Personen wäre diese Arbeit<br />

so nicht entstanden. Meinem persönlichen Umfeld, insbesondere meinem Partner,<br />

danke ich für langjährige Geduld und Kompromissbereitschaft, meiner Mutter für<br />

mehrmaliges Korrekturlesen <strong>des</strong> Manuskripts und logistische Unterstützung bei der<br />

Erstellung der Druckexemplare. Zutiefst zu Dank verpflichtet bin ich jedoch meinem<br />

Vater. Er hat nicht nur den entscheidenden Impuls für die Auswahl <strong>des</strong> Themas gegeben<br />

und mir großzügig Fachliteratur und technische Infrastrukturen seiner Anwaltskanzlei<br />

für meine Recherchen zur Verfügung gestellt, sondern auch in zahlreichen Diskussionen<br />

konstruktive Kritik an meinen Ergebnissen geübt und damit wertvolle Anregungen für<br />

die weitere Forschung gegeben. Ihm ist diese Arbeit in liebevoller Anerkennung gewidmet.<br />

München, im August 2013<br />

Katharina Hellmann


Inhaltsübersicht<br />

ERSTER TEIL EINFÜHRUNG 1 <br />

§ 1 Problemstellung 1 <br />

§ 2 Der vorliegende Beitrag 13 <br />

ZWEITER TEIL<br />

DIE AUSEINANDERSETZUNG DER<br />

GESELLSCHAFT NACH AUFLÖSUNG 22<br />

1. Kapitel Grundlagen 22 <br />

§ 3 <strong>Die</strong> Gesellschaft im Liquidationsstadium - Auflösungsgründe und<br />

Rechtsfolgen der Auflösung<br />

22 <br />

§ 4 <strong>Die</strong> Systematik der §§ 730 ff. BGB 24 <br />

2. Kapitel Bildung der Liquidationsmasse und Abwicklung gegenüber<br />

Nichtgesellschaftern 33<br />

§ 5 Rückgabe von Gegenständen, § 732 BGB 33 <br />

§ 6 Umsetzung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> in Geld 35 <br />

§ 7 Insbesondere: Einziehung von Forderungen gegen Gesellschafter 42 <br />

§ 8 Abwicklung gegenüber Nichtgesellschaftern: Schuldenberichtigung<br />

und Bildung von Zurückbehalten 57<br />

§ 9 Zusammenfassung 60 <br />

3. Kapitel Abwicklung unter den Gesellschaftern: Das verteilbare<br />

Gesellschaftsvermögen<br />

62 <br />

§ 10 <strong>Die</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung - Der Meinungsstand in<br />

Rechtsprechung und Literatur 62<br />

§ 11 Eigene Lösung: Verteilung nur <strong>des</strong> tatsächlich vorhandenen<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

71 <br />

§ 12 Rechnerische Umsetzung - Das Liquiditätskonto 75 <br />

§ 13 Zusammenfassung 82 <br />

I


4. Kapitel <strong>Die</strong> Bedeutung der Gesellschafterkonten für die Berechnung <strong>des</strong><br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

83 <br />

§ 14 Das Gesellschafterkonto 83 <br />

§ 15 Im Einzelnen: <strong>Die</strong> in das Gesellschafterkonto einzubuchenden Positionen<br />

(§ 733 Abs. 1, 2 BGB) 97 <br />

5. Kapitel <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben und Nachschusspflicht 116 <br />

§ 16 <strong>Die</strong> Berechnung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens 116 <br />

§ 17 <strong>Die</strong> Nachschusspflicht 123 <br />

§ 18 Vorabausschüttung <strong>des</strong> verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> 135 <br />

§ 19 Vollbeendigung und Nachtragsliquidation 144 <br />

6. Kapitel Beispielsfall 152 <br />

7. Kapitel Entstehung, Fälligkeit und Durchsetzung der Ansprüche<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters<br />

170 <br />

§ 20 Der Anspruch auf Durchführung der <strong>Auseinandersetzung</strong> - Durchsetzung 170 <br />

§ 21 Der Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens 179 <br />

§ 22 <strong>Die</strong> Klage auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens 192 <br />

§ 23 Der Anspruch auf Vorabausschüttung 205 <br />

8. Kapitel Zusammenfassung <strong>des</strong> Zweiten Teils 206 <br />

DRITTER TEIL<br />

DAS AUSSCHEIDEN DES GESELLSCHAFTERS AUS<br />

DER FORTBESTEHENDEN GESELLSCHAFT,<br />

§§ 736 FF. BGB 211<br />

9. Kapitel Grundlagen 212 <br />

§ 24 <strong>Die</strong> Fortsetzungsklausel 212 <br />

§ 25 Rechtsfolgen <strong>des</strong> Ausscheidens 213 <br />

§ 26 <strong>Die</strong> Systematik der §§ 738 ff. BGB 219 <br />

10. Kapitel <strong>Die</strong> Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters 227 <br />

§ 27 Der Anspruch auf Schuldbefreiung (§§ 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1<br />

und 2 BGB)<br />

228 <br />

II


§ 28 Der Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong> Abfindungsguthabens<br />

(§ 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB) 234 <br />

11. Kapitel <strong>Die</strong> Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> (§ 738 Abs. 2 BGB) 241 <br />

§ 29 <strong>Die</strong> Vorgehensweise <strong>nach</strong> herrschender Meinung 241 <br />

§ 30 Eigene Lösung: Bewertung auf Grundlage <strong>des</strong> Ist-Stan<strong>des</strong> <strong>des</strong><br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

258 <br />

12. Kapitel Fortführung der Abschichtung <strong>nach</strong> dem Ausscheidensstichtag 279 <br />

§ 31 <strong>Die</strong> Abrechnung über <strong>nach</strong> dem Ausscheidensstichtag erzielte Einnahmen 279 <br />

§ 32 <strong>Die</strong> Abrechnung über die Erträge aus schwebenden Geschäften 284 <br />

§ 33 Beendigung der Abschichtung 291 <br />

13. Kapitel Entstehung, Fälligkeit und Durchsetzung <strong>des</strong><br />

Abfindungsanspruchs<br />

292 <br />

§ 34 Entstehung und Fälligkeit <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs 292 <br />

§ 35 Verzinsung und Verjährung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs 297 <br />

§ 36 Prozessuale Durchsetzung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs 300 <br />

14. Kapitel Zusammenfassung <strong>des</strong> Dritten Teils 305 <br />

VIERTER TEIL ERGEBNIS 307 <br />

III


Inhaltsverzeichnis<br />

ERSTER TEIL EINFÜHRUNG 1 <br />

§ 1 Problemstellung 1 <br />

I. <strong>Die</strong> Gesellschaft bürgerlichen Rechts im historischen Kontext 1 <br />

II. Das heutige Rechtsverständnis 3 <br />

III. <strong>Auseinandersetzung</strong> und Auflösung - Problemaufriss<br />

5 <br />

IV. Das Lösungsangebot der juristischen Wissenschaft<br />

7 <br />

1. Systematische und terminologische Unschärfe 7 <br />

2. Unklarheit der praktischen Umsetzung 9 <br />

§ 2 Der vorliegende Beitrag 13 <br />

I. Lösungsansatz 13 <br />

II. Eingrenzung <strong>des</strong> Untersuchungsgegenstands 14 <br />

III. Gang der Untersuchung<br />

16 <br />

IV. Begriffsklärung: Abwicklung, <strong>Auseinandersetzung</strong>, Abschichtung,<br />

Abfindung<br />

19 <br />

ZWEITER TEIL<br />

DIE AUSEINANDERSETZUNG DER GESELLSCHAFT<br />

NACH AUFLÖSUNG<br />

22 <br />

1. Kapitel Grundlagen 22 <br />

§ 3 <strong>Die</strong> Gesellschaft im Liquidationsstadium - Auflösungsgründe und<br />

Rechtsfolgen der Auflösung<br />

22 <br />

§ 4 <strong>Die</strong> Systematik der §§ 730 ff. BGB 24 <br />

I. Der Gesellschafter als Anspruchsinhaber 24 <br />

II. <strong>Die</strong> Ansprüche und Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Gesellschafters im Überblick 25 <br />

III. Methodische Überlegungen<br />

27 <br />

1. <strong>Die</strong> Notwendigkeit einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung 27 <br />

2. Abwicklung gegenüber dem Gesellschafter und gegenüber<br />

Nichtgesellschaftern<br />

27 <br />

3. <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben und Durchsetzungssperre 28 <br />

4. <strong>Die</strong> Bestandteile <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens 30 <br />

a) Auf Geld gerichtete Ansprüche 30 <br />

b) <strong>Die</strong> zwei Komponenten <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens 31<br />

IV


2. Kapitel Bildung der Liquidationsmasse und Abwicklung gegenüber<br />

Nichtgesellschaftern<br />

33 <br />

§ 5 Rückgabe von Gegenständen, § 732 BGB 33 <br />

§ 6 Umsetzung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> in Geld 35 <br />

I. Inhalt und Umfang der Vermögensverwertung 35 <br />

1. Schuldentilgung und Einlagenrückerstattung: Umsetzung durch<br />

Verkauf<br />

35 <br />

2. Versilberung für die Zwecke der Überschussverteilung 37 <br />

II. Veräußerung im Ganzen oder Zerschlagung? 39 <br />

III. <strong>Die</strong> Verwertung der Einzelgegenstände<br />

41 <br />

§ 7 Insbesondere: Einziehung von Forderungen gegen Gesellschafter 42 <br />

I. Forderungen gegen Gesellschafter als Bestandteile <strong>des</strong><br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

42 <br />

II. Einziehung rückständiger Einlagen <strong>nach</strong> Auflösung? 43 <br />

1. Einlageleistung im Abwicklungsstadium: Der Meinungsstand 43 <br />

2. Stellungnahme 44 <br />

a) <strong>Die</strong>nstleistung oder Gebrauchsüberlassung 44 <br />

b) Sacheinlagen 44 <br />

c) Geldeinlagen 45 <br />

3. Beispielsfall 46 <br />

III. Einziehung sonstiger auf Geldzahlung gerichteter Forderungen<br />

gegen den Gesellschafter?<br />

1. Definition der Einlage <strong>nach</strong> herrschender Meinung 48 <br />

2. Stellungnahme 50 <br />

3. Eigene Lösung: Weite Auslegung <strong>des</strong> Einlagenbegriffs 51 <br />

4. Folge: Erweiterter Umfang <strong>des</strong> Einlagenrückerstattungsanspruchs<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB 53<br />

5. Ausnahme: Nachschussleistung <strong>nach</strong> § 735 BGB 54 <br />

IV. Folgerung: Der Anwendungsbereich der actio pro socio <strong>nach</strong><br />

Auflösung der Gesellschaft<br />

§ 8 Abwicklung gegenüber Nichtgesellschaftern: Schuldenberichtigung und<br />

Bildung von Zurückbehalten<br />

I. Berichtigung der Schulden gegenüber Nichtgesellschaftern 57 <br />

II. Bildung von Zurückbehalten 59 <br />

§ 9 Zusammenfassung 60<br />

48 <br />

55 <br />

57 <br />

V


3. Kapitel Abwicklung unter den Gesellschaftern: Das verteilbare<br />

Gesellschaftsvermögen<br />

62 <br />

§ 10 <strong>Die</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung - Der Meinungsstand in<br />

Rechtsprechung und Literatur 62<br />

I. <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz 62 <br />

II. Alternativ: Einfache <strong>Auseinandersetzung</strong>srechnung 63 <br />

III. Kritik: <strong>Die</strong> Entbehrlichkeit der Bilanz in der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong><br />

Auflösung<br />

64 <br />

1. Terminologische Verwirrung 64 <br />

2. Unklarheit über formale und inhaltliche Anforderungen an die<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

65 <br />

3. <strong>Die</strong> Abwicklung als Verteilung tatsächlich vorhandenen<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

67 <br />

4. Gefahr der Hin- und Herzahlung, „Wettlauf der Liquidatoren“ 68 <br />

5. <strong>Die</strong> Stichtagsproblematik 69 <br />

6. Ergebnis 70 <br />

§ 11 Eigene Lösung: Verteilung nur <strong>des</strong> tatsächlich vorhandenen<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

I. Gesellschaftsvermögen und verteilbares Gesellschaftsvermögen 71 <br />

II. Das verteilbare Gesellschaftsvermögen als Gegenstand <strong>des</strong><br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sverfahrens<br />

73 <br />

1. Zuweisung <strong>des</strong> Verwertungsrisikos an die Gesellschafter 73 <br />

2. Nichtberücksichtigung <strong>des</strong> noch nicht in Geld umgesetzten<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

74 <br />

§ 12 Rechnerische Umsetzung - Das Liquiditätskonto 75 <br />

I. <strong>Die</strong> auf das Liquiditätskonto zu buchenden Posten 75 <br />

1. Guthabensposten: Der Kassenbestand <strong>nach</strong> dem Ist-Prinzip 75 <br />

2. Abzugsposten: Verbindlichkeiten und Rückstellungen <strong>nach</strong> dem<br />

Soll-Prinzip<br />

76 <br />

II. Der Saldo <strong>des</strong> Liquiditätskontos 77 <br />

III. <strong>Die</strong> Fortschreibung <strong>des</strong> Liquiditätskontos <strong>nach</strong> dem Fortgang der<br />

Versilberung<br />

77 <br />

1. Anfangsstand <strong>des</strong> Liquiditätskontos: Das „hängende“ Konto 77 <br />

2. Erhöhung <strong>des</strong> Bankguthabens mit fortlaufender Versilberung 79 <br />

3. Auflösung von Zurückbehalten und Streichung befriedigter<br />

Verbindlichkeiten<br />

80 <br />

4. Fortlaufende Saldierung 82 <br />

§ 13 Zusammenfassung 82 <br />

71 <br />

VI


4. Kapitel <strong>Die</strong> Bedeutung der Gesellschafterkonten für die Berechnung <strong>des</strong><br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

83 <br />

§ 14 Das Gesellschafterkonto 83 <br />

I. Gesellschaftsanteil, Kapitalanteil und Gesellschafterkapitalkonto in der<br />

OHG<br />

83 <br />

II. Anwendbarkeit der §§ 120 bis 122 HGB auf die Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts<br />

85 <br />

III. Erstellung und Saldierung der Gesellschafterkonten zum Zwecke der<br />

Abwicklung<br />

87 <br />

1. Aufstellung der Gesellschafterkonten mit Auflösung 87 <br />

2. Das einheitliche Gesellschafterkonto 89 <br />

3. Verrechnung und Saldobildung <strong>nach</strong> Vorbild <strong>des</strong> Kontokorrents 90 <br />

4. Der Kontensaldo als Anspruch bzw. Verbindlichkeit im<br />

Abwicklungsstadium<br />

91 <br />

IV. Folgerungen<br />

1. Gesellschafterkonten und Saldierung in der werbenden Gesellschaft 92 <br />

2. <strong>Die</strong> fortlaufende Saldierung als Grundprinzip <strong>des</strong><br />

Gesellschaftsverhältnisses<br />

94 <br />

§ 15 Im Einzelnen: <strong>Die</strong> in das Gesellschafterkonto einzubuchenden Positionen<br />

(§ 733 Abs. 1, 2 BGB) 97 <br />

I. Ansprüche und Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Gesellschafters gegenüber der<br />

Gesellschaft<br />

1. Herrschende Meinung: Unterteilung in Drittgläubigeransprüche und<br />

Sozialansprüche<br />

a) Isolierte Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus Drittverhältnissen 97 <br />

b) <strong>Die</strong> Behandlung von Sozialansprüchen, insbesondere<br />

Regressansprüchen aus der Befriedigung von<br />

Gesellschaftsschulden<br />

99 <br />

i. Regressansprüche gegen die Gesellschaft 99 <br />

ii. Regressansprüche gegen die Mitgesellschafter<br />

101 <br />

2. Kritik 102 <br />

a) Haftung <strong>des</strong> Gesellschafters nur als Teilschuldner pro rata 102 <br />

b) Vermeidung von Hin- und Herzahlungen 103 <br />

c) <strong>Die</strong> Finanzierungsverantwortung <strong>des</strong> Gesellschafters 104 <br />

d) Keine wirtschaftliche Be<strong>nach</strong>teiligung <strong>des</strong><br />

Gesellschaftergläubigers<br />

108 <br />

3. Eigene Lösung: Buchung von Sozial- und<br />

Drittgläubigeransprüchen auf den Gesellschafterkonten 110<br />

a) <strong>Die</strong> Behandlung von Sozial- bzw. Drittgläubigeransprüchen<br />

und -verbindlichkeiten<br />

b) Folgerung: Keine Unterscheidung von Sozial- und<br />

Drittgläubigeransprüchen im Abwicklungsstadium<br />

92 <br />

97 <br />

97 <br />

110 <br />

112 <br />

VII


II. Buchung der geleisteten Einlagen gemäß § 733 Abs. 2 BGB 113 <br />

III. Anrechnung getätigter Entnahmen<br />

115 <br />

IV. Zusammenfassung: Buchungsposten <strong>des</strong> Gesellschafterkontos 115 <br />

5. Kapitel <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben und Nachschusspflicht 116 <br />

§ 16 <strong>Die</strong> Berechnung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens 116 <br />

I. Das Restvermögen 116 <br />

II. Das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben als Summe aus<br />

Gesellschafterkontensaldo und anteiligem Restvermögen<br />

118 <br />

III. Doppelberücksichtigung von Einlagen durch Teilhabe an ihrem<br />

Verwertungserlös?<br />

119 <br />

IV. <strong>Die</strong> Formel zur Berechnung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens 121 <br />

§ 17 <strong>Die</strong> Nachschusspflicht 123 <br />

I. Anwendbarkeit <strong>des</strong> § 735 BGB 123 <br />

II. Leistung in das Gesellschaftsvermögen? 125 <br />

III. Gesamt- oder Teilschuld der Nachschussverpflichteten?<br />

128 <br />

IV. <strong>Die</strong> Buchung von Nachschussleistungen auf Liquiditäts- und<br />

Gesellschafterkonto<br />

129 <br />

V. <strong>Die</strong> Einstandspflicht <strong>nach</strong> § 735 Satz 2 BGB 131 <br />

1. Quotenberechnung <strong>nach</strong> § 735 Satz 2 BGB 131 <br />

2. Das <strong>nach</strong>trägliche Entfallen der Einstandspflicht <strong>nach</strong><br />

§ 735 Satz 2 BGB 133 <br />

VI. Zusammenfassung<br />

§ 18 Vorabausschüttung <strong>des</strong> verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> 135 <br />

134 <br />

I. Analoge Anwendbarkeit <strong>des</strong> § 155 Abs. 2 Satz 1 BGB auf die<br />

BGB-Gesellschaft<br />

135 <br />

II. Der positive Liquiditätskontensaldo als vorab ausschüttungsfähiges<br />

Gesellschaftsvermögen<br />

136 <br />

III. Verteilung <strong>nach</strong> dem Verhältnis der positiven<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben zueinander<br />

137 <br />

IV. Berücksichtigung <strong>des</strong> Ausfallrisikos zahlungsunfähiger Gesellschafter 139 <br />

1. Problemstellung 139 <br />

2. Verteilung unter der Prämisse <strong>des</strong> Ausfalls aller<br />

<strong>nach</strong>schussverpflichteten Gesellschafter<br />

140 <br />

V. Folgerung: <strong>Die</strong> Reihenfolge der Abwicklungsschritte 142 <br />

§ 19 Vollbeendigung und Nachtragsliquidation 144 <br />

I. Vollbeendigung der Gesellschaft 144 <br />

1. Der Eintritt der Vollbeendigung <strong>nach</strong> herrschender Meinung 144 <br />

2. Stellungnahme: Vollbeendigung erst mit Ausgleich aller<br />

Gesellschafterkonten<br />

146 <br />

VIII


3. Folgerung: Der Innenausgleich unter den Gesellschaftern als<br />

notwendiger Bestandteil der Abwicklung<br />

148 <br />

II. Nachtragsliquidation 151 <br />

6. Kapitel Beispielsfall 152 <br />

I. Zeitpunkt der Auflösung (Monat 1) 154 <br />

II. <br />

1. Das Liquiditätskonto 154 <br />

2. <strong>Die</strong> Gesellschafterkonten 154 <br />

3. Das Restvermögen 155 <br />

4. Quotale Verteilung <strong>des</strong> Restvermögens auf die Gesellschafter 156 <br />

5. <strong>Die</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben im Zeitpunkt der Auflösung 156 <br />

Versilberung der Sachwerte und Befriedigung der Verbindlichkeiten<br />

(Monat 2)<br />

158 <br />

1. <strong>Die</strong> Entwicklung <strong>des</strong> Liquiditätskontos 158 <br />

a) Nach Versilberung der Sachwerte, aber vor<br />

Schuldenbefriedigung<br />

158 <br />

b) Nach Schuldenbefriedigung 159 <br />

2. <strong>Die</strong> Behandlung der Zahlung <strong>des</strong> B 160 <br />

III. Versilberung <strong>des</strong> restlichen <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> und Auflösung<br />

der Zurückbehalte (Monat 3)<br />

162 <br />

1. Das Liquiditätskonto 162 <br />

2. <strong>Die</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben 163 <br />

IV. Zeitpunkt der Vorabentnahme (Monat 4)<br />

165 <br />

1. Positiver Liquiditätssaldo als vorab ausschüttungsfähiges Vermögen<br />

(§ 155 Abs. 2 Satz 1 HGB analog) 165 <br />

2. <strong>Die</strong> Kontenentwicklung <strong>nach</strong> Vorabausschüttung<br />

(§ 155 Abs. 2 Satz 1 HGB analog) 165 <br />

V. Schlussverteilung <strong>des</strong> restlichen <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> (Monat 5) 168 <br />

VI. Ergebnis: Entwicklung der <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben seit<br />

Auflösung<br />

169 <br />

7. Kapitel Entstehung, Fälligkeit und Durchsetzung der Ansprüche <strong>des</strong><br />

Gesellschafters<br />

170 <br />

§ 20 Der Anspruch auf Durchführung der <strong>Auseinandersetzung</strong> - Durchsetzung 170 <br />

I. Problemaufriss und Meinungsstand 170 <br />

II. Stellungnahme 172 <br />

1. Klage auf Zustimmung zu <strong>Auseinandersetzung</strong>splan überflüssig 172 <br />

2. Klage auf Durchführung einzelner <strong>Auseinandersetzung</strong>shandlungen<br />

unpraktikabel<br />

173 <br />

3. Klage auf Zustimmung zur <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz entbehrlich 176 <br />

IX


III. Statt<strong>des</strong>sen: Klage auf Erteilung einer umfassenden Alleinvertretungsund<br />

Alleingeschäftsführungsbefugnis<br />

§ 21 Der Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens 179 <br />

177 <br />

I. Entstehung und Fälligkeit 179 <br />

1. Überblick über den Meinungsstand 179 <br />

2. Kritik: Unerheblichkeit der Anspruchsberechnung durch die<br />

Gesellschafter<br />

181 <br />

3. Statt <strong>des</strong>sen: Entstehung und Fälligkeit <strong>nach</strong> Vorbild <strong>des</strong><br />

Kontokorrents<br />

182 <br />

a) Entstehung und Fälligkeit im Augenblick, in dem sich alle<br />

Posten als verrechenbar gegenüberstehen 182<br />

b) Nachtragsliquidation und Saldoanspruch 182 <br />

II. Verjährung <strong>des</strong> Anspruchs auf Auszahlung <strong>des</strong><br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

III. Durchsetzbarkeit <strong>des</strong> Anspruchs auf Auszahlung <strong>des</strong><br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

184 <br />

186 <br />

1. <strong>Die</strong> herrschende Meinung: Der Grundsatz der Durchsetzungssperre 186 <br />

2. Stellungnahme: <strong>Die</strong> Entbehrlichkeit der Durchsetzungssperre 188 <br />

3. Eigene Lösung: Unbeschränkte Klagbarkeit im<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sstadium<br />

190 <br />

§ 22 <strong>Die</strong> Klage auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens 192 <br />

I. Passivlegitimation 192 <br />

II. Erlöschen der Gesellschaft während <strong>des</strong> Prozesses 194 <br />

III. <strong>Die</strong> Vertretung der Gesellschaft im Prozess<br />

195 <br />

IV. Schlüssigkeit, Darlegungs- und Beweislast<br />

196 <br />

1. <strong>Die</strong> herrschende Meinung 196 <br />

2. Stellungnahme 197 <br />

a) Keine gesetzliche Pflicht zur Einführung von Abzugsposten<br />

in den Prozess<br />

197 <br />

b) Geltung allgemeiner Beweisgrundsätze 198 <br />

c) Ineffizienz der Stufenklage 199 <br />

3. Eigene Lösung: <strong>Die</strong> Rechenschaftspflicht der Gesellschaft<br />

im Prozess<br />

200 <br />

a) Anwendung der Grundsätze zum Kontokorrent (§ 355 HGB) 200 <br />

b) Rechnungslegungspflicht <strong>nach</strong> § 259 Abs. 1 BGB 202 <br />

c) Anforderungen an die Schlüssigkeit der Klage 204 <br />

§ 23 Der Anspruch auf Vorabausschüttung 205<br />

X


8. Kapitel Zusammenfassung <strong>des</strong> Zweiten Teils 206 <br />

I. <strong>Die</strong> Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters im Abwicklungsstadium 206 <br />

II. <strong>Die</strong> Berechnung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens 206 <br />

III. Prozessuale Durchsetzung<br />

209 <br />

DRITTER TEIL<br />

DAS AUSSCHEIDEN DES GESELLSCHAFTERS AUS<br />

DER FORTBESTEHENDEN GESELLSCHAFT,<br />

§§ 736 FF. BGB 211 <br />

9. Kapitel Grundlagen 212 <br />

§ 24 <strong>Die</strong> Fortsetzungsklausel 212 <br />

§ 25 Rechtsfolgen <strong>des</strong> Ausscheidens 213 <br />

I. Das Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander 213 <br />

II. <br />

1. <strong>Die</strong> Anwachsung <strong>des</strong> Gesellschaftsanteils 213 <br />

a) Dispositivität der Anwachsung? 213 <br />

b) <strong>Die</strong> Anwachsung <strong>nach</strong> Anerkennung der Rechtsfähigkeit der<br />

Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />

214 <br />

2. Der Verlust der Gesellschafterrechte 216 <br />

Das Außenverhältnis: Nachhaftung <strong>nach</strong> §§ 736 Abs. 2 BGB,<br />

159 f. HGB 216 <br />

1. Der Beginn der Nachhaftungsfrist 216 <br />

2. Das Verhältnis der Nachhaftungsfrist zur Regelverjährungsfrist<br />

<strong>nach</strong> der Schuldrechtsreform 218<br />

§ 26 <strong>Die</strong> Systematik der §§ 738 ff. BGB 219 <br />

I. Überblick über die Ansprüche und Verbindlichkeiten <strong>des</strong><br />

Gesellschafters<br />

II. Der Anspruch auf Zahlung einer Abfindung – Methodische<br />

Überlegungen<br />

219 <br />

221 <br />

1. Keine isolierte Anteilsbewertung 221 <br />

2. Rechnerische Bewertung statt tatsächlicher Versilberung 222 <br />

3. Das Stichtagsprinzip 223 <br />

4. Grundsatz: Wirtschaftlicher Gleichlauf der Anspruchsberechnung<br />

<strong>nach</strong> Auflösung und Ausscheiden<br />

223 <br />

5. Ausnahme: Fortführungswert statt Liquidationswert 224 <br />

6. Das Erfordernis einer Abschichtungsrechnung und das Prinzip der<br />

Gesamtabrechnung<br />

225 <br />

7. <strong>Die</strong> zwei Komponenten <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs und die<br />

Funktion der Gesellschafterkonten<br />

226 <br />

XI


10. Kapitel <strong>Die</strong> Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters 227 <br />

§ 27 Der Anspruch auf Schuldbefreiung (§§ 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1<br />

und 2 BGB)<br />

228 <br />

I. Entstehung, Fälligkeit und Durchsetzung <strong>des</strong><br />

Schuldbefreiungsanspruchs; Anspruch auf Sicherheitsleistung<br />

(§ 738 Abs. 1 Satz 3 BGB) 228 <br />

II. Umwandlung in einen Zahlungsanspruch <strong>nach</strong> Fristsetzung,<br />

§ 250 BGB 229 <br />

III. Der Umfang <strong>des</strong> Schuldbefreiungsanspruchs<br />

231 <br />

1. Herrschende Meinung: Schuldbefreiung auch für noch nicht<br />

fällige und streitige Forderungen<br />

2. Stellungnahme: Schuldbefreiung nur für fällige Verbindlichkeiten,<br />

für die Inanspruchnahme droht<br />

§ 28 Der Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong> Abfindungsguthabens<br />

(§ 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB) 234 <br />

231 <br />

232 <br />

I. Gleichlauf der Berechnung von <strong>Auseinandersetzung</strong>s- und<br />

Abfindungsguthaben<br />

234 <br />

II. Der Inhalt <strong>des</strong> Gesellschafterkontos <strong>des</strong> Ausgeschiedenen 235 <br />

1. <strong>Die</strong> Behandlung von Drittgläubigeransprüchen <strong>des</strong><br />

Ausgeschiedenen<br />

235 <br />

2. <strong>Die</strong> Behandlung von Regressansprüchen wegen Befriedigung eines<br />

Gläubigers<br />

237 <br />

III. Saldierung der Gesellschafterkonten auch der verbleibenden<br />

Gesellschafter<br />

IV. Berechnung von Abfindungsanspruch und Fehlbetrag<br />

239 <br />

239 <br />

11. Kapitel <strong>Die</strong> Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> (§ 738 Abs. 2 BGB) 241 <br />

§ 29 <strong>Die</strong> Vorgehensweise <strong>nach</strong> herrschender Meinung 241 <br />

I. <strong>Die</strong> Abfindungsbilanz 241 <br />

1. Ansatz- und Bewertungsgrundsätze bei der Abfindungsbilanz 241 <br />

2. Bindungswirkung, Feststellung und <strong>nach</strong>trägliche Korrektur<br />

der Bilanz<br />

243 <br />

II. Alternativ: <strong>Die</strong> Unternehmensbewertung <strong>nach</strong> betriebswirtschaftlichen<br />

Grundsätzen<br />

244 <br />

III. Stellungnahme<br />

247 <br />

1. Das Problem der Aktivierung noch nicht eingezogener Forderungen<br />

in der Abfindungsbilanz<br />

247 <br />

a) Wechsel der Gewinnermittlungsart von der Einnahmen-<br />

Überschuss-Rechnung zur Bilanz<br />

b) Vorfinanzierung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs: <strong>Die</strong><br />

Gesellschafterhaftung <strong>nach</strong> § 128 HGB analog<br />

247 <br />

249 <br />

XII


i. Der Abfindungsanspruch als Gesellschaftsverbindlichkeit im<br />

Sinne <strong>des</strong> § 128 HGB analog<br />

249 <br />

ii. Unbegrenzte Gesellschafterhaftung als ungerechtfertigte<br />

Besserstellung <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

251 <br />

iii. Ungleiche Verteilung <strong>des</strong> Inkassorisikos<br />

252 <br />

c) „Wettlauf der Kündigenden“ 253 <br />

2. Anwendung betriebswirtschaftlicher Bewertungsmethoden 254 <br />

a) Maßgeblichkeit der Abfindungsbilanz 254 <br />

b) Unternehmensbewertung als Rechtsproblem 255 <br />

c) Auswahl der Wertermittlungsmethode durch den Kläger 257 <br />

§ 30 Eigene Lösung: Bewertung auf Grundlage <strong>des</strong> Ist-Stan<strong>des</strong> <strong>des</strong><br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

258 <br />

I. Bewertungsmodalitäten 258 <br />

1. Schätzung nur möglich, soweit erforderlich (§ 738 Abs. 2 BGB) 258 <br />

2. Der Ist-Stand <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> als Grundlage der<br />

Anspruchsberechnung<br />

259 <br />

II. <strong>Die</strong> Bestandteile <strong>des</strong> zu bewertenden <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> 261 <br />

1. Einlagen quoad usum und quoad sortem 261 <br />

2. Berücksichtigung auch nicht betriebsnotwendiger<br />

Vermögensgegenstände<br />

263 <br />

3. Immaterieller Geschäftswert (good will) 264 <br />

III. Rechnerische Umsetzung<br />

266 <br />

1. Anwendbarkeit der Abfindungsbilanz 266 <br />

2. Aktivposten der Abfindungsrechnung 266 <br />

3. Passivposten der Abfindungsbilanz 268 <br />

4. Beispiel 269 <br />

a) Variante 1: Aktivierung der noch nicht eingezogenen<br />

Forderungen ohne Ausgleichsbuchung 269<br />

b) Variante 2: Passivierung einer rückstellungsähnlichen<br />

Ausgleichsbuchung<br />

271 <br />

IV. Veräußerung von Vermögenswerten zur Befriedigung <strong>des</strong><br />

Abfindungsanspruchs?<br />

V. Be<strong>nach</strong>teiligung <strong>des</strong> Ausgeschiedenen im Hinblick auf die Sicherung<br />

seines Abfindungsanspruchs?<br />

VI. Zusammenfassung: <strong>Die</strong> Formel zur Berechnung <strong>des</strong><br />

Abfindungsanspruchs<br />

274 <br />

275 <br />

277 <br />

12. Kapitel Fortführung der Abschichtung <strong>nach</strong> dem Ausscheidensstichtag 279 <br />

§ 31 <strong>Die</strong> Abrechnung über <strong>nach</strong> dem Ausscheidensstichtag erzielte Einnahmen 279 <br />

XIII


I. Aktualisierung der Abfindungsbilanz: Nachtragsbilanz 279 <br />

II. Positives Abfindungsguthaben im Ausscheidenszeitpunkt als<br />

Min<strong>des</strong>tbetrag<br />

283 <br />

§ 32 <strong>Die</strong> Abrechnung über die Erträge aus schwebenden Geschäften 284 <br />

I. <strong>Die</strong> gesetzliche Systematik der §§ 738, 740 BGB 284 <br />

II. Der Begriff der schwebenden Geschäfte 285 <br />

III. Anwendbarkeit <strong>des</strong> § 740 BGB?<br />

286 <br />

IV. <strong>Die</strong> Behandlung schwebender Geschäfte im Rahmen der<br />

Abschichtung<br />

289 <br />

§ 33 Beendigung der Abschichtung 291 <br />

13. Kapitel Entstehung, Fälligkeit und Durchsetzung <strong>des</strong><br />

Abfindungsanspruchs<br />

292 <br />

§ 34 Entstehung und Fälligkeit <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs 292 <br />

I. Entstehung 292 <br />

II. Fälligkeit 294 <br />

1. Der aktuelle Meinungsstand 294 <br />

2. Eigene Lösung: Sofortige Fälligkeit auf Grundlage <strong>des</strong> jeweiligen<br />

Ist-Stands <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

296 <br />

§ 35 Verzinsung und Verjährung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs 297 <br />

I. Verzinsung 297 <br />

II. Verjährung 299 <br />

§ 36 Prozessuale Durchsetzung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs 300 <br />

I. <strong>Die</strong> herrschende Meinung: Der Grundsatz der Durchsetzungssperre 300 <br />

II. Stellungnahme: <strong>Die</strong> Entbehrlichkeit der Durchsetzungssperre 303 <br />

III. Statt<strong>des</strong>sen: Klage auf sofortige Auszahlung und auf künftige<br />

Leistung<br />

304 <br />

14. Kapitel Zusammenfassung <strong>des</strong> Dritten Teils 305 <br />

VIERTER TEIL ERGEBNIS 307 <br />

I. Fazit 307 <br />

II. Thesen 309 <br />

1. Auflösung der Gesellschaft 309 <br />

2. Ausscheiden aus der fortbestehenden Gesellschaft 313 <br />

XIV


Abkürzungsverzeichnis<br />

a.a.O.<br />

a.F.<br />

Abs.<br />

abzgl.<br />

AcP<br />

AktG<br />

Alt.<br />

AnwBl<br />

AO<br />

AT<br />

Aufl.<br />

BAG<br />

BayObLG<br />

BB<br />

BeckRS<br />

BewG<br />

BFH<br />

BGB<br />

BGBl.<br />

BGH<br />

BGHZ<br />

BStBl.<br />

BT-Drucks.<br />

BVerfG<br />

bzw.<br />

d.h.<br />

DB<br />

ders.<br />

DNotZ<br />

DS<br />

DStR<br />

DStRE<br />

EDV<br />

EGBGB<br />

EGGVG<br />

ErbStG<br />

EStG<br />

am angegebenen Ort<br />

alte Fassung<br />

Absatz<br />

Abzüglich<br />

Archiv für die civilistische Praxis<br />

Aktiengesetz<br />

Alternative/n<br />

Anwaltsblatt<br />

Abgabenordnung<br />

Allgemeiner Teil<br />

Auflage<br />

Bun<strong>des</strong>arbeitsgericht<br />

Bayerisches Oberstes Lan<strong>des</strong>gericht<br />

Der Betriebsberater<br />

Beck´sche Rechtssammlung<br />

Bewertungsgesetz<br />

Bun<strong>des</strong>finanzhof<br />

Bürgerliches Gesetzbuch<br />

Bun<strong>des</strong>gesetzblatt<br />

Bun<strong>des</strong>gerichtshof<br />

Entscheidungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gerichtshofes in Zivilsachen<br />

Bun<strong>des</strong>steuerblatt<br />

Drucksache <strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>tags<br />

Bun<strong>des</strong>verfassungsgericht<br />

Beziehungsweise<br />

das heißt<br />

Der Betrieb<br />

Derselbe<br />

Deutsche Notar-Zeitschrift<br />

Der Sachverständige<br />

Deutsches Steuerrecht<br />

Deutsches Steuerrecht-Entscheidungsdienst<br />

Elektronische Datenverarbeitung<br />

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch<br />

Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz<br />

Erbschaftssteuergesetz<br />

Einkommensteuergesetz<br />

XV


etc.<br />

evtl.<br />

f./ff.<br />

FamRZ<br />

Fn.<br />

FS<br />

GBO<br />

GbR<br />

GesR<br />

GewO<br />

ggf.<br />

GmbH<br />

GmbHG<br />

GmbHR<br />

grds.<br />

HGB<br />

Hs.<br />

InsO<br />

IT<br />

iVm<br />

JuS<br />

JZ<br />

KG<br />

LG<br />

m.w.N.<br />

MDR<br />

MoMiG<br />

MünchHdb<br />

MünchKomm<br />

n.F.<br />

NJOZ<br />

NJW<br />

NJW-RR<br />

Nr.<br />

NZA<br />

NZG<br />

o.ä.<br />

OHG<br />

et cetera<br />

Eventuell<br />

Folgende<br />

Zeitschrift für das gesamte Familienrecht<br />

Fußnote<br />

Festschrift<br />

Grundbuchordnung<br />

Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />

Gesellschaftsrecht<br />

Gewerbeordnung<br />

Gegebenenfalls<br />

Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung<br />

GmbH Rundschau<br />

Grundsätzlich<br />

Handelsgesetzbuch<br />

Halbsatz<br />

Insolvenzordnung<br />

Informationstechnologie<br />

in Verbindung mit<br />

Juristische Schulung<br />

Juristenzeitung<br />

Kommanditgesellschaft / Kammergericht Berlin<br />

Landgericht<br />

mit weiteren Nachweisen<br />

Monatsschrift <strong>des</strong> Deutschen Rechts<br />

Gesetz zur Modernisierung <strong>des</strong> GmbH-Rechts und zur Bekämpfung<br />

von Missbräuchen<br />

Münchener Handbuch<br />

Münchener Kommentar<br />

neue Fassung<br />

Neue Juristische Online Zeitschrift<br />

Neue Juristische Wochenschrift<br />

NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht<br />

Nummer<br />

Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht<br />

Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht<br />

oder ähnliche/r/s<br />

Offene Handelsgesellschaft<br />

XVI


OLG<br />

Oberlan<strong>des</strong>gericht<br />

OLGE<br />

Entscheidungen der Oberlan<strong>des</strong>gerichte in Zivilsachen<br />

PartGG<br />

Partnerschaftsgesellschaftsgesetz<br />

RGZ<br />

Entscheidungen <strong>des</strong> Reichsgerichts in Zivilsachen<br />

Rn.<br />

Randnummer<br />

S. Seite<br />

sog.<br />

sogenannte/n/r/s<br />

str.<br />

Streitig<br />

u.a.<br />

unter anderem<br />

u.U.<br />

unter Umständen<br />

UmwG<br />

Umwandlungsgesetz<br />

UStG<br />

Umsatzsteuergesetz<br />

v.a.<br />

vor allem/n<br />

vgl.<br />

Vergleiche<br />

Vorbem.<br />

Vorbemerkungen<br />

WM<br />

Wertpapier-Mitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und<br />

Bankrecht, Teil IV<br />

z.B.<br />

zum Beispiel<br />

z.T.<br />

zum Teil<br />

ZEV<br />

Zeitschrift für Erbrecht und Vermögens<strong>nach</strong>folge<br />

ZGR<br />

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht<br />

ZHR<br />

Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht<br />

Ziff.<br />

Ziffer<br />

ZIP<br />

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis<br />

ZPO<br />

Zivilprozessordnung<br />

ZVG<br />

Zwangsversteigerungsgesetz<br />

zzgl.<br />

Zuzüglich<br />

XVII


Erster Teil<br />

Einführung<br />

§ 1 Problemstellung<br />

I. <strong>Die</strong> Gesellschaft bürgerlichen Rechts im historischen Kontext<br />

Titel 16 <strong>des</strong> BGB ist ein herausragen<strong>des</strong> Beispiel für die Abstraktionsfähigkeit <strong>des</strong> historischen<br />

Gesetzgebers. In lediglich 36, geradezu minimalistisch formulierten Einzelparagraphen<br />

umreißt das BGB die gesamten hoch komplexen Strukturen der Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts als Grundform <strong>des</strong> Personengesellschaftsrechts. Der historische<br />

Gesetzgeber <strong>des</strong> BGB sah die Gesellschaft bürgerlichen Rechts dabei noch als<br />

nicht rechts- oder parteifähiges, nicht unternehmenstragen<strong>des</strong> Rechtsgebilde 1 , das nur<br />

durch Zerschlagung und anschließende Verteilung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> <strong>nach</strong><br />

dem Vorbild der Gemeinschaft aufgelöst werden kann. <strong>Die</strong> länger dauernde, unternehmerisch<br />

tätige Gesellschaft bürgerlichen Rechts kannte das BGB eher als Ausnahmefall<br />

denn als konzeptionelle Grundstruktur (§ 721 Abs. 2 BGB) 2 . Das BGB orientiert sich<br />

dabei am Muster der Zweck- oder Gelegenheitsgesellschaft, die für eine bestimmte Zeit<br />

eingegangen und unmittelbar <strong>nach</strong> Zweckerreichung abgewickelt wird (§ 726 BGB),<br />

wobei es erst im Zuge der Abwicklung zu einer Ausschüttung von Gewinnanteilen<br />

kommt (§ 721 Abs. 1 BGB) 3 .<br />

Während die Anerkennung der Gruppe als selbständiges Zuordnungssubjekt von Rechten<br />

und Pflichten für die OHG und KG durch die Sondervorschriften <strong>des</strong> HGB eindeutig<br />

vorgenommen wird, die es den Handelsgesellschaften ermöglicht, trotz ihrer gesamthänderischen<br />

Struktur am Rechtsverkehr teilnehmen zu können, ging der historische<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Hierzu ausführlich K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 58 I, V 1 ff., S. 1720 ff.<br />

Zu konzeptionellen Grundstrukturen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausführlich K. Schmidt,<br />

Gesellschaftsrecht, § 58 I, 1 ff., S. 1689 ff.<br />

MünchKomm BGB/Ulmer/Schäfer Vorbem. zu § 705 Rn. 86 f.<br />

1


BGB-Gesetzgeber für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ursprünglich davon aus,<br />

dass ein entsprechen<strong>des</strong> Regelungsbedürfnis nicht bestehe 4 .<br />

Seit Inkrafttreten <strong>des</strong> BGB ist die Rechtswirklichkeit jedoch in Bereiche vorgestoßen,<br />

die die Vorstellungskraft <strong>des</strong> historischen Gesetzgebers weit hinter sich gelassen haben.<br />

So sind die Regelungen <strong>des</strong> BGB zum Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />

durch jüngere Entwicklungen in der Rechtspraxis zunehmend überlagert worden. <strong>Die</strong><br />

Gesellschaft bürgerlichen Rechts nimmt heute in den unterschiedlichsten Erscheinungsformen<br />

und Betätigungsfeldern am Wirtschaftsleben teil 5 . <strong>Die</strong> größte Bedeutung dürfte<br />

dabei der als Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisierten Freiberuflersozietät zukommen<br />

6 : Der Gesellschaftszweck der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist - im Gegensatz<br />

zur OHG und zur KG - nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes ausgerichtet<br />

(§§ 105 Abs. 1, 161 Abs. 3 HGB), weshalb die Ausklammerung der freien Berufe aus<br />

dem Gewerbebegriff der BGB-Gesellschaft ein wichtiges Anwendungsfeld eröffnet 7 .<br />

So haben Zusammenschlüsse von Ärzten, Anwälten oder Steuerberatern in der Regel<br />

die Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts 8 . Auch Anlagegesellschaften (geschlossene<br />

Immobilienfonds), Arbeitsgemeinschaften (ARGE) verschiedener Unternehmen<br />

oder Konsortien können als Gesellschaften bürgerlichen Rechts organisiert<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

MünchKomm BGB/Ulmer/Schäfer Vorbem. zu § 705 Rn. 16.<br />

Vgl. nur Auflistungen bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 58 II., S. 1659 ff.; MünchKomm<br />

BGB/Ulmer/Schäfer Vorbem. zu § 705 Rn. 34 ff.; Erman/Westermann BGB Vorbem. zu § 705 Rn. 29<br />

ff. Ausführlich zu den einzelnen Fallgruppen MünchHdb GesR I §§ 24 ff.<br />

Erman/Westermann BGB Vorbem. zu § 705 Rn. 31. Freiberuflersozietäten werden heute unter Geltung<br />

<strong>des</strong> PartGG zunehmend als Partnerschaftsgesellschaften konstituiert. Für die Auflösung einer<br />

Partnerschaftsgesellschaft und das Ausscheiden aus einer solchen bedient sich das PartGG einer Verweisung<br />

auf die Regeln <strong>des</strong> HGB zum Recht der OHG (§ 9 Abs. 1 PartGG). <strong>Die</strong> Generalverweisung<br />

<strong>des</strong> § 1 Abs. 4 PartGG auf die Vorschriften der Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird damit zwar<br />

grundsätzlich in Bezug auf das Ausscheidens eines Partners sowie auf die Auflösung und Liquidation<br />

einer Partnerschaft durch die im Handelsgesetzbuch normierten Vorschriften zur OHG verdrängt.<br />

Über § 1 Abs. 4 PartGG kommen die Vorschriften zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts jedoch mittelbar<br />

dort wieder zur Anwendung, wo das HGB keine für die OHG spezifischen Regelungen trifft<br />

(Meilicke/Graf von Westphalen/Hoffmann PartGG § 9 Rn. 1). Damit richtet sich, sofern der Gesellschaftsvertrag<br />

nichts Abweichen<strong>des</strong> bestimmt, die <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung und die Abschichtung<br />

<strong>nach</strong> Ausscheiden eines Partners <strong>nach</strong> den gesetzlichen Regeln der § 1 Abs. 4 PartGG iVm<br />

§§ 738 ff. BGB, da das HGB hierfür keine speziellen Regeln vorsieht (Meilicke/Graf von Westphalen/Hoffmann<br />

PartGG § 9 Rn. 59).<br />

Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 2.<br />

Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 2.<br />

2


sein 9 . All diesen Fallgruppen ist gemein, dass die Gesellschaften nicht nur über mehrere<br />

Jahre existieren, sondern zumeist erhebliche Vermögenswerte verwalten und bewegen.<br />

So haben sich die innere und äußere Verfassung einer wirtschaftlich tätigen Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts im Laufe der Zeit immer mehr der OHG angenähert; auch die Interessenslage<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters einer solchen Gesellschaft ist mit der eines OHG-<br />

Gesellschafters weitgehend identisch.<br />

II.<br />

Das heutige Rechtsverständnis<br />

<strong>Die</strong> zunehmend von einer <strong>nach</strong>haltigen wirtschaftlichen Betätigung der Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts geprägten Rechtswirklichkeit und die Notwendigkeit, auch solche<br />

wie Unternehmen agierende Zusammenschlüsse unter die seit Inkrafttreten <strong>des</strong> BGB<br />

nahezu unverändert gebliebene gesetzliche Regelung 10 zu fassen, lassen das Gesellschaftsrecht<br />

<strong>des</strong> BGB schnell an Grenzen stoßen, die ohne eine erweiternde Betrachtung<br />

der Regelungen <strong>des</strong> HGB nahezu nicht mehr überwunden werden können.<br />

In Konsequenz dieser Schwierigkeiten ist die historische Rechtspraxis 11 denn auch zunehmend<br />

dazu übergegangen, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Anlehnung an die<br />

OHG als ein eigenständiges, von ihren Gesellschaftern losgelöstes Rechtsgebilde zu<br />

verstehen. Den nicht zuletzt von Flume 12 angestoßenen, höchst streitig geführten Diskussionen<br />

über die Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit der Außengesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts 13 setzte der BGH schließlich mit seinem Grundlagenurteil vom<br />

29.01.2001 14 ein Ende. <strong>Die</strong> (Teil-)Rechtsfähigkeit der Außengesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts ist seitdem allgemein anerkannt und wird, soweit ersichtlich, auch nahezu ein-<br />

9<br />

10<br />

11<br />

12<br />

13<br />

14<br />

Erman/Westermann BGB Vorbem. zu § 705 Rn. 3.<br />

Zu einzelnen Reformansätzen im Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts MünchKomm<br />

BGB/Ulmer/Schäfer Vorbem. zu § 705 Rn. 27 ff.<br />

Hierzu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 58 IV 2., S. 1712 ff.<br />

ZHR 136 (1972), 177 ff. sowie BGB AT § 4 I., S. 50 ff.<br />

Zur historischen Rechtsentwicklung ausführlich Erman/Westermann BGB Vorbem. zu § 705 Rn. 18.<br />

BGHZ 146, 341 ff. = NJW 2001, 1056 ff., als Fortsetzung von BGHZ 142, 315 ff. = NJW 1999, 3483<br />

ff.<br />

3


hellig befürwortet 15 . Mit dieser zum Teil als Meilenstein 16 bezeichneten Wende ist die<br />

<strong>nach</strong>haltig wirtschaftlich <strong>nach</strong> außen tätige Gesellschaft bürgerlichen Rechts dem hierfür<br />

<strong>nach</strong> der gesetzgeberischen Intention vorgesehen Rechtsinstitut der OHG (§§ 105<br />

bis 160 HGB) angeglichen worden. <strong>Die</strong>s zeigt sich insbesondere an der Übertragung <strong>des</strong><br />

Haftungsregimes aus § 128 HGB auf den BGB-Gesellschafter 17 . Eine weitgehende<br />

Übernahme der Regelungen zu den Personenhandelsgesellschaften auf die Mitunternehmergesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts ist v.a. von Karsten Schmidt 18 bereits befürwortet<br />

worden 19 .<br />

<strong>Die</strong> Anerkennung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als eigenständiges Rechtssubjekt<br />

ist in <strong>nach</strong>folgenden Entscheidungen <strong>des</strong> BGH 20 und durch gesetzliche Neuregelungen<br />

weiter gefestigt worden. <strong>Die</strong> BGB-Gesellschaft kann <strong>nach</strong> § 162 Abs. 1 Satz 2<br />

HGB Gesellschafterin einer KG, <strong>nach</strong> § 191 Abs. 2 Nr. 1 UmwG Zielgesellschaft beim<br />

Formwechsel und <strong>nach</strong> § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO Objekt eines Insolvenzverfahrens sein 21 .<br />

<strong>Die</strong> Wechsel- und Scheckfähigkeit, die Grundrechtsfähigkeit, die Markenrechtsfähigkeit,<br />

die Erbfähigkeit und weitgehend auch die Mitgliedsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts sind mittlerweile nahezu unbestritten 22 . Auch kann die BGB-<br />

Gesellschaft <strong>nach</strong> allgemeiner Ansicht selbst Besitzerin sein 23 . Im Gegensatz dazu wurde<br />

in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Grundbuchfähigkeit der Gesellschaft<br />

15<br />

16<br />

17<br />

18<br />

19<br />

20<br />

21<br />

22<br />

23<br />

Vgl. beispielhaft Dauner-Lieb DStR 2001, 356 ff.; Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 9 ff.; K.<br />

Schmidt NJW 2001, 993 ff.; Westermann NZG 2001, 289 ff.; Wertenbruch NJW 2002, 324 ff. Allenfalls<br />

vereinzelt sind in der Folgezeit Gegenstimmen gegen diesen Richtungswechsel laut geworden, so<br />

z.B. Peifer NZG 2001, 296 ff.; Beuthien NZG 2011, 481 ff.; dagegen wiederum Altmeppen NJW<br />

2011, 1905 ff.<br />

K. Schmidt NJW 2001, 993, 995.<br />

BGHZ 146, 341, 358 = NJW 2001, 1056 ff. im Anschluss an Vorarbeiten der Literatur, z.B. Flume,<br />

BGB AT, § 16 IV 3, S. 325 ff.; K. Schmidt § 60 III 2. a), S. 1790 ff.; Dauner-Lieb DStR 1998, 2014<br />

ff.; Reiff NZG 2000, 281 ff. Kritisch hierzu Canaris ZGR 2004, 69, 125 ff.; dagegen wiederum Altmeppen<br />

NJW 2004, 1563 ff.<br />

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 58 V 2. a), S. 1722; Baumbach/Hopt/Hopt HGB Einleitung vor<br />

§ 105 Rn. 14. Dagegen MünchHdb Ges I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 35.<br />

Mehrheitlich abgelehnt wird hingegen der z.T. im Schrifttum (Timm NJW 1995, 3209 ff.) vertretene<br />

Ansatz, alle Personengesellschaften als juristische Personen zu qualifizieren. Zum zum Streitstand<br />

ausführlich Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 13.<br />

Z.B. BGH NJW 2002, 1207, 1207.<br />

Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 11. Eine Übersicht über die gesetzlichen Regelungen, die<br />

einen Rückschluss auf das gesetzgeberische Verständnis der BGB-Gesellschaft zulassen, findet sich<br />

bei Münch DNotZ 2001, 535, 537 f.<br />

Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 18.<br />

MünchKomm BGB/Schäfer § 718 Rn. 36 f.<br />

4


ürgerlichen Rechts lange abgelehnt 24 . Mit Beschluss vom 04.12.2008 25 hat der BGH<br />

die Grundbuchfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter einem frei gewählten<br />

Gesellschaftsnamen anerkannt, worauf der Gesetzgeber durch Einführung <strong>des</strong><br />

§ 899a BGB reagiert hat 26 : Neben der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind <strong>nach</strong> § 47<br />

Abs. 2 Satz 1 GBO auch die Gesellschafter in das Grundbuch einzutragen 27 . Damit ist<br />

die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Inhaberin <strong>des</strong> Grundstücksrechtes als solche<br />

formell eintragungsfähig 28 .<br />

III.<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong> und Auflösung - Problemaufriss<br />

Auch wenn die Einordnung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als eigenständiges<br />

Rechtssubjekt eine Vielzahl der Probleme zu lösen vermocht hat, die auftreten, wenn<br />

eine immense Vielzahl an höchst unterschiedlichen tatsächlichen Erscheinungsformen<br />

und eine sich daraus ergebende nahezu unüberschaubare Zahl an rechtlichen Fragestellungen<br />

unter den losen Rahmen einiger weniger unveränderbarer Regeln 29 gefasst werden<br />

muss, so verbleiben dennoch signifikante Teilbereiche im Recht der Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts, die auch ohne Rücksicht auf die Einordnung ihres Zuordnungssubjektes<br />

in der Praxis z.T. erhebliche praktische Schwierigkeiten aufwerfen. <strong>Die</strong>s gilt insbesondere<br />

für die Fragen, die sich im Zusammenhang mit der <strong>Auseinandersetzung</strong> einer<br />

Gesellschaft bürgerlichen Rechts <strong>nach</strong> Auflösung oder <strong>nach</strong> dem Ausscheiden eines<br />

Gesellschafters stellen.<br />

Wie komplex die Fragestellungen sind, die die Teilnahme einer <strong>nach</strong>haltig wirtschaftlich<br />

tätigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts am Rechtsverkehr aufwirft, zeigt sich insbesondere<br />

dann, wenn das gesellschaftliche Engagement einzelner oder aller Gesell-<br />

24<br />

25<br />

26<br />

27<br />

28<br />

29<br />

BayObLG NJW 2003, 70 ff.; OLG Celle NJW 2006, 2194 ff.; dagegen OLG Stuttgart NJW 2008,<br />

304, 305.<br />

BGHZ 179, 102 ff. = NJW 2009, 594 ff.<br />

Gesetz zur Einführung <strong>des</strong> elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren<br />

(ERVGBG) vom 11.08.2009, BGBl. I S. 2713.<br />

Zu formalen Fragen hierzu Steffek ZIP 2009, 1445, 1446 ff.<br />

BT-Drucks. 16/13437, S. 27 ff.; Bamberger/Roth/Eckert BGB § 899a Rn. 2. Zur Grundbuchfähigkeit<br />

der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie zu § 899a BGB zuletzt ausführlich Wilhelm NZG 2011,<br />

801 ff. sowie Altmeppen NJW 2011, 1905 ff.<br />

Prägnant K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 58 I 2. a) bb), S. 1691.<br />

5


schafter in der Gesellschaft beendet werden soll. Während ihrer Lebenszeit hat die Gesellschaft<br />

in aller Regel ein Gesellschaftsvermögen gebildet und im Rahmen ihrer Teilnahme<br />

am Rechtsverkehr Ansprüche und Verbindlichkeiten begründet, die in der Regel<br />

nicht allein durch den Eintritt eines Auflösungsgrun<strong>des</strong> (§§ 723 ff. BGB) aus der Welt<br />

geschafft werden können. Statt <strong>des</strong>sen bedarf es einer geordneten und vollständigen<br />

Entfernung der Gesellschaft als organisierter Wirkungseinheit mit allem Vermögen,<br />

allen Verbindlichkeiten, Rechten und Pflichten aus dem Rechtsverkehr 30 . So stellen sich<br />

im Rahmen der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung im Wesentlichen folgende Fragen:<br />

§<br />

Welche Ansprüche kann der einzelne Gesellschafter <strong>nach</strong> Auflösung geltend<br />

machen und worin unterscheiden sich diese von seinen Ansprüchen in der werbenden<br />

Gesellschaft?<br />

§<br />

Welche Besonderheiten ergeben sich aus der Gesellschafterstellung sowie einer<br />

mitgliedschaftlichen Treuepflicht?<br />

§<br />

Wie kann der einzelne Gesellschafter das Liquidationsverfahren ohne Mitwirkung<br />

der übrigen Gesellschafter vorantreiben und seine Ansprüche gegen den<br />

Widerstand der übrigen Gesellschafter berechnen, <strong>nach</strong>weisen, sichern und nötigenfalls<br />

gerichtlich durchsetzen?<br />

§<br />

Wie gelangt der Gesellschafter an die zur Anspruchsermittlung notwendigen Informationen?<br />

§<br />

Worin besteht das verteilungsfähige Gesellschaftsvermögen und wie errechnet<br />

sich der jedem Gesellschafter zustehende Anteil daran? Welchen formalen Anforderungen<br />

muss die Anspruchsberechnung <strong>des</strong> Gesellschafters genügen?<br />

§<br />

Wer ist Anspruchsgegner <strong>des</strong> einzelnen Gesellschafters und welche Auswirkungen<br />

hat die Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts?<br />

30<br />

Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 10 Rn. 1, 6.<br />

6


§<br />

Wann und in welchem Umfang kann in der Gesellschaftskasse befindliches Barvermögen<br />

<strong>nach</strong> Auflösung von einem Gesellschafter unter Berufung auf einen<br />

Auszahlungsanspruch entnommen werden? In welchem Umfang kann der Gesellschafter<br />

zur Befriedigung seiner Ansprüche auf das Privatvermögen seiner<br />

Mitgesellschafter zugreifen?<br />

Ähnliche Fragen stellen sich auch beim Ausscheiden eines Gesellschafters. Für den<br />

Ausgeschiedenen ergeben sich zusätzliche Besonderheiten daraus, dass er mit dem Ausscheiden<br />

seinen Gesellschafterstatus verliert und damit nicht mehr über die Informations-<br />

und Mitwirkungsrechte eines Gesellschafters verfügt 31 . Er kann daher nicht mehr<br />

wie noch zu Zeiten seiner Mitgliedschaft auf die Verwendung von Gesellschaftsvermögen<br />

zur Befriedigung seiner Ansprüche hinwirken und ist daher in besonderem Maße<br />

auf eine effektive Durchsetzung seiner Ansprüche angewiesen. Dennoch scheint es gängige<br />

Meinung zu sein, dass zum Thema Auflösung und <strong>Auseinandersetzung</strong> bei Personengesellschaften<br />

schon alles gesagt sei. Tatsächlich entsteht angesichts der umfassenden<br />

Kommentierung der gesetzlichen Regelungen und der Fülle der obergerichtlichen<br />

Entscheidungen auf den ersten Blick der Eindruck, die hier behandelte Problematik sei<br />

bis in das letzte Detail ausdiskutiert. Bei näherer Betrachtung jedoch zeigt sich, dass<br />

vorhandene Lösungsansätze sich zumeist auf die Diskussion von Einzelproblemen der<br />

Handhabung und Normauslegung beschränken, ohne ein für die juristische Praxis ohne<br />

Weiteres übernahmefähiges, dem aktuellen Stand der Gesellschaftsrechtsdogmatik entsprechen<strong>des</strong><br />

Gesamtkonzept für die Berechnung und Durchsetzung der dem einzelnen<br />

Gesellschafter zustehenden Ansprüche zu entwickeln 32 .<br />

IV.<br />

Das Lösungsangebot der juristischen Wissenschaft<br />

1. Systematische und terminologische Unschärfe<br />

So ist die Neupositionierung der Außengesellschaft bürgerlichen Rechts als rechtsfähige<br />

Einheit in Bezug auf ihre <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung und das Ausscheiden<br />

31<br />

32<br />

Hierzu ausführlich unten § 25, S. 213 ff.<br />

MünchHdb GesR I/Butzer/Knof § 84 Rn. 4.<br />

7


von Gesellschaftern bislang noch nicht vollständig in das geschriebene Recht <strong>des</strong> BGB<br />

umgesetzt worden. Beispielhaft hierfür ist der Wortlaut <strong>des</strong> § 730 Abs. 1 BGB, wo<strong>nach</strong><br />

die Auflösung der Gesellschaft „unter den Gesellschaftern“, aber „in Ansehung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>“<br />

stattfinden soll. Tatsächlich ist der Wortlaut der §§ 730 ff., 738<br />

ff. BGB im Zuge der zunehmenden Annäherung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />

an die OHG neu zu interpretieren. <strong>Die</strong>s gilt namentlich für den Begriff der gemeinschaftlichen<br />

Schulden in § 733 Abs. 1 BGB und das Rechtsinstitut der Anwachsung in<br />

§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB.<br />

Auch in der gesellschaftsrechtlichen Literatur wird die <strong>Auseinandersetzung</strong> einer Gesellschaft<br />

<strong>nach</strong> Auflösung z.T. heute noch als Verfahren zur Verwaltung und Verteilung<br />

eines den Gesellschaftern gehörenden Sondervermögens verstanden, während die dogmatische<br />

Neuorientierung der Gesellschaft als eigenständiges Rechtssubjekt insoweit<br />

keine ausreichende Berücksichtigung findet 33 . Vorhandene Kommentierungen und Gerichtsurteile<br />

sind z.T. unvollständig, terminologisch bzw. dogmatisch unscharf, in sich<br />

widersprüchlich und enthalten zumeist keine einheitlichen, konkreten und in der Praxis<br />

ohne Weiteres umsetzbaren Handlungsanweisungen. So findet sich beispielsweise in<br />

einer Kommentierung zu § 738 BGB 34 keine Silbe zum Rückgabe- oder Freistellungsanspruch<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen. Statt<strong>des</strong>sen heißt es in derselben Kommentierung zu<br />

§ 730 BGB, der systematisch die <strong>Auseinandersetzung</strong> der Gesellschaft <strong>nach</strong> Auflösung<br />

betrifft: „Allerdings kann sich die Position der Gläubiger insoweit verschlechtern, als<br />

ihre gegen die Gesellschafter persönlich gerichteten Ansprüche [...] einer entsprechend<br />

§ 159 HGB verkürzten Verjährung unterliegen (näher § 736 Rn. 19)“ 35 . Dabei wird offenbar<br />

davon ausgegangen, dass die Begrenzung der Nachhaftung <strong>des</strong> § 736 Abs. 2<br />

BGB nicht nur für das Ausscheiden <strong>des</strong> Gesellschafters, sondern auch <strong>nach</strong> Auflösung<br />

gelten soll.<br />

Andernorts findet sich innerhalb derselben Kommentierung an einer Stelle die Aussage,<br />

der Abfindungsanspruch werde mangels anderweitiger Vereinbarung gemäß § 271<br />

Abs. 1 BGB sofort mit Ausscheiden fällig 36 , an anderer Stelle in der Kommentierung zu<br />

§ 387 BGB zur Frage der Fälligkeit als Voraussetzung der Aufrechnung wird sodann<br />

33<br />

34<br />

35<br />

36<br />

MünchHdb GesR I/Butzer/Knof § 84 Rn. 1.<br />

Staudinger/Habermeier BGB (2003) § 738 Rn. 1 ff.<br />

Staudinger/Habermeier BGB (2003) § 730 Rn. 20.<br />

Palandt/Sprau BGB § 738 Rn. 6.<br />

8


die Auffassung vertreten, dass das Guthaben aus der <strong>Auseinandersetzung</strong> einer Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts erst mit abschließender Saldierung aufrechenbar 37 werde. In<br />

einer Vorauflage hieß es noch, der Abfindungsanspruch <strong>des</strong> ausscheidenden Gesellschafters<br />

werde erst mit Beendigung der <strong>Auseinandersetzung</strong> aufrechenbar 38 , wobei<br />

offen blieb, wann von einer Beendigung der <strong>Auseinandersetzung</strong> gesprochen werden<br />

kann - ist damit die Auszahlung <strong>des</strong> Abfindungsguthabens oder erst die vollständige<br />

Abwicklung der schwebenden Geschäfte <strong>nach</strong> § 740 BGB gemeint?<br />

Exemplarisch für eine begriffliche und systematische Vermischung von <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

<strong>nach</strong> Auflösung und Ausscheiden sind auch mehrere Aufsätze. So liest man in<br />

einem vielzitierten Beitrag beispielsweise: „Nach § 738 BGB werden im Falle der Liquidation<br />

die <strong>Auseinandersetzung</strong>sansprüche der Gesellschafter ermittelt. Das Gleiche<br />

gilt beim Ausscheiden von Gesellschaftern [...]“ 39 . <strong>Die</strong>ser Satz macht deutlich, dass sich<br />

die dogmatische Trennung der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung von der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

<strong>nach</strong> Ausscheiden aus der fortbestehenden Gesellschaft in der juristischen<br />

Praxis vielfach nicht durchgesetzt hat. § 738 BGB hat mit der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong><br />

Auflösung der Gesellschaft nichts zu tun, sondern gilt ausschließlich für das Ausscheiden<br />

aus einer fortbestehenden Gesellschaft. Teilweise wird von <strong>Auseinandersetzung</strong>sanspruch<br />

gesprochen, wobei sich erst aus dem Kontext der Untersuchung ergibt, dass damit<br />

der in § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB angesprochene Zahlungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

(sog. Abfindungsanspruch) gemeint ist 40 .<br />

2. Unklarheit der praktischen Umsetzung<br />

Auch die konkrete praktische Umsetzung <strong>des</strong> gesetzlich vorgeschriebenen Vermögensverteilungsverfahrens<br />

bleibt unklar. Generell findet sich, soweit ersichtlich, nirgendwo<br />

in den gängigen juristischen Kommentierungen ein Rechenbeispiel, wie das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben,<br />

die Nachschusspflicht oder der Abfindungsanspruch <strong>des</strong> einzelnen<br />

Gesellschafters konkret zu ermitteln sein könnte. Statt <strong>des</strong>sen beschäftigt sich die<br />

hierzu auffindbare Rechtsprechung und Literatur überwiegend damit, Konzepte für eine<br />

37<br />

38<br />

39<br />

40<br />

Palandt/Grüneberg BGB, 68. Aufl., § 387 Rn. 11.<br />

Palandt/Grüneberg BGB, 67. Aufl., § 387 Rn. 11.<br />

Hörstel NJW 1994, 2268, 2269.<br />

Sudhoff DB 1964, 1324 ff.<br />

9


abweichende vertragliche Gestaltung <strong>des</strong> weitgehend dispositiv gehaltenen gesetzlichen<br />

Regimes zu entwickeln 41 . Soweit das gesetzlich vorgesehene Regime behandelt wird,<br />

trifft man in der Regel auf eher vage gehaltene Generalklauseln oder gar widersprüchliche<br />

Aussagen. So vertritt die herrschende Meinung 42 , dass das bei Liquidation (§§ 730<br />

ff. BGB) an die Gesellschafter auszuschüttende Gesellschaftsvermögen mit Hilfe einer<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz rechnerisch festgestellt werden müsse. Eine formelle, <strong>nach</strong><br />

den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung erstellte Bilanz sei jedoch nicht vorgeschrieben<br />

43 , statt <strong>des</strong>sen könne eine etwaige Ausgleichsforderung auch in Form einer<br />

sog. einfachen <strong>Auseinandersetzung</strong>srechnung 44 geltend gemacht werden. Worin der Unterschied<br />

zwischen einer formellen Bilanz und einer einfachen <strong>Auseinandersetzung</strong>srechnung<br />

besteht und welche Bilanzierungsgrundsätze jeweils anwendbar sein sollen,<br />

wird dabei nicht erläutert.<br />

Auch der genaue Ablauf der <strong>Auseinandersetzung</strong>, insbesondere wann eine - wie auch<br />

immer geartete - <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung frühestens bzw. spätestens zu erstellen<br />

und wann die <strong>Auseinandersetzung</strong> insgesamt beendet sein soll, bleibt unklar. So<br />

wird beispielsweise vertreten, dass am Ende der <strong>Auseinandersetzung</strong>, aber vor Erstattung<br />

der Einlagen, der Verteilung <strong>des</strong> Überschusses oder der Einforderung von Nachschüssen<br />

eine Schlussabrechnung zu erfolgen habe, da andernfalls diese am Schluss der<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong> stehenden <strong>Auseinandersetzung</strong>smaßnahmen nicht getroffen werden<br />

könnten 45 . Ein paar Zeilen später heißt es dann im selben Werk, dass die <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

- und damit auch die Gesellschaft selbst - erst beendet sei, wenn die Einlagen<br />

und Überschüsse ausgekehrt oder etwaige Nachschüsse eingezogen und zur Befriedigung<br />

der Verbindlichkeiten der Gesellschaft verwandt worden seien, die Gesellschaft<br />

also kein Vermögen mehr habe, wobei unerheblich sei, ob noch weitere Verbindlichkeiten<br />

der Gesellschaft bestünden 46 . Bereits dieser einzelnen Untersuchung lassen sich drei<br />

mögliche Zeitpunkte für das Ende der <strong>Auseinandersetzung</strong> entnehmen: Erstens soll die-<br />

41<br />

42<br />

43<br />

44<br />

45<br />

46<br />

Siehe hierzu nur die umfangreiche Rechtsprechung und Literatur zu vertraglichen Abfindungsklauseln,<br />

beispielhaft K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 2., S. 1481 ff.; Engel NJW 1986, 345 ff.;<br />

Haack GmbHR 1994, 437 ff.; Heß NZG 2001, 648 ff.; Kort DStR 1995, 1961 ff.; Notthoff DStR<br />

1998, 210 ff.; für die Freiberuflergesellschaft ausführlich Bunk, Vermögenszuordnung, S. 114 ff.<br />

Vgl. statt vieler Palandt/Sprau BGB § 734 Rn. 1; MünchKomm BGB/Schäfer § 734 Rn. 1.<br />

MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 58; Staudinger/Habermeier BGB (2003) § 730 Rn. 24.<br />

BGH WM 2009, 1231, 1232 (Rn. 8).<br />

MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 99.<br />

MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 101.<br />

10


ses wohl bereits zeitlich vor der Erstattung der Einlagen sowie der Verteilung <strong>des</strong> Überschusses<br />

oder der Einziehung von Nachschüssen anzusiedeln sein, was zugleich impliziert,<br />

dass die <strong>Auseinandersetzung</strong> bereits mit Rückgabe der Gegenstände an die Gesellschafter<br />

<strong>nach</strong> § 732 BGB und der Befriedigung der Schulden <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 BGB<br />

beendet sei. In der zweiten Variante soll wohl die Erstattung der Einlagen, die Verteilung<br />

<strong>des</strong> Überschusses oder der Einforderung von Nachschüssen als solche, in der dritten<br />

Variante die Beendigung dieser Vorgänge den Schlusspunkt der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

bilden.<br />

Insbesondere die zuletzt getroffene Festlegung, die <strong>Auseinandersetzung</strong> sei erst <strong>nach</strong><br />

Ausschüttung der Einlagen und Überschüsse an die Gesellschafter beendet, widerspricht<br />

der zuerst geäußerten Annahme, das Ende der <strong>Auseinandersetzung</strong> sei zeitlich vor diesen<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>shandlungen anzusiedeln. In einer anderen Abhandlung findet<br />

sich in der Kommentierung zu § 734 BGB zur Frage, wie der Überschuss <strong>nach</strong> § 734<br />

BGB zu ermitteln sei, die Vorgabe, bei unternehmerisch tätigen Gesellschaften sei es<br />

„zur sicheren Feststellung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> notwendig, dass auf den maßgeblichen<br />

Zeitpunkt der Vollbeendigung der Gesellschaft eine <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz<br />

erstellt“ 47 werde, aus der sich alle Gegenstände <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> und<br />

deren Wert entnehmen ließen 48 . In Zusammenschau mit der im selben Werk getroffenen<br />

Aussage, die Vollbeendigung der Gesellschaft trete in dem Augenblick ein, in dem das<br />

letzte Aktivvermögen verteilt sei 49 , ergibt diese Äußerung keinen Sinn. Vielmehr bleibt<br />

offen, welche Gegenstände <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> überhaupt in einer Bilanz aufgeführt<br />

werden können, die bezogen auf den Zeitpunkt der vollständigen Verteilung<br />

aller Gegenstände <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> aufzustellen ist.<br />

Ähnlich verwirrend sind die Vorgaben der herrschenden Meinung für die Konstellation<br />

<strong>des</strong> Ausscheidens eines Gesellschafters aus der fortbestehenden Gesellschaft, insbesondere<br />

die Vorgaben, wie der Abfindungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen zu berechnen sei.<br />

Häufig wird in diesem Zusammenhang die Erstellung einer Abfindungsbilanz als entbehrlich<br />

bezeichnet, da der Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> <strong>nach</strong> § 738 Abs. 2 BGB<br />

heutzutage üblicherweise mit Hilfe betriebswirtschaftlicher Verfahren zur Unterneh-<br />

47<br />

48<br />

49<br />

Soergel/Hadding/Kießling BGB § 734 Rn. 4.<br />

Soergel/Hadding/Kießling BGB § 734 Rn. 4.<br />

Soergel/Hadding/Kießling BGB Vorbem. zu § 730 Rn. 2 sowie § 730 Rn. 1 und Rn. 25.<br />

11


mensbewertung, v.a. mit Hilfe <strong>des</strong> sog. Ertragswertverfahrens, ermittelt werde 50 . Im<br />

nächsten Atemzug halten dieselben Autoren jedoch die unmittelbar zuvor für überflüssig<br />

befundene Abfindungsbilanz für erforderlich, um aus dem Ertragswert <strong>des</strong> Unternehmens<br />

die Höhe <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs abzuleiten 51 . Versuche, anhand eines fiktiven<br />

Sachverhalts auf der Grundlage der von der Rechtsprechung und der gängigen<br />

Kommentarliteratur erteilten Handlungsanweisungen die Höhe der jeweiligen Ansprüche<br />

der einzelnen Gesellschafter, die sich bei Geltung <strong>des</strong> jeweils gesetzlich festgelegten<br />

Regimes ergeben, rechnerisch zu ermitteln, enden daher <strong>nach</strong> kurzer Zeit in einer<br />

Sackgasse.<br />

Auch die prozessuale Durchsetzung der Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters ist bei genauer<br />

Befolgung der in Rechtsprechung und Literatur postulierten Vorgehensweise nicht praktikabel.<br />

So soll beispielsweise ein Gesellschafter die <strong>Auseinandersetzung</strong> der Gesellschaft<br />

dadurch forcieren können, dass er seine Mitgesellschafter auf Zustimmung zu<br />

einem sog. <strong>Auseinandersetzung</strong>splan in Anspruch nimmt, wobei das stattgebende Gestaltungsurteil<br />

die Zustimmung der Mitgesellschafter <strong>nach</strong> § 894 ZPO ersetzen und so<br />

einen entsprechenden Beschluss der Gesellschafter über die Vorgehensweise bei der<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong> fingieren soll 52 . Dass dem einzelnen Gesellschafter ein solch stattgeben<strong>des</strong><br />

Urteil nicht weiterhilft, zeigt sich schon daran, dass <strong>nach</strong> Rechtskraft <strong>des</strong> Urteils<br />

zwar die Durchführung der <strong>Auseinandersetzung</strong> als beschlossen gelten mag, die<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong> selbst dadurch aber noch lange nicht tatsächlich durchgeführt worden<br />

ist.<br />

50<br />

51<br />

52<br />

MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 23 ff.<br />

MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 25.<br />

Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 4; siehe hierzu ausführlich unten § 20, S. 170 ff.<br />

12


§ 2 Der vorliegende Beitrag<br />

I. Lösungsansatz<br />

<strong>Die</strong> Überlagerung <strong>des</strong> Gesetzeswortlauts der §§ 723 ff. BGB durch die tatsächliche<br />

Rechtspraxis und die sich daraus ergebende Unschärfe in der praktischen Umsetzung<br />

durch Rechtsprechung und Literatur rufen <strong>nach</strong> einem einheitlichen Regime zur Regelung<br />

der <strong>Auseinandersetzung</strong> von Personengesellschaften und der Abfindung ausgeschiedener<br />

Gesellschafter. <strong>Die</strong> tiefgreifenden Umwälzungen, die das Rechtsverständnis<br />

der Gesellschaft bürgerlichen Rechts seit Inkrafttreten <strong>des</strong> BGB im Wege der richterlichen<br />

und auch gesetzgeberischen Rechtsfortbildung erfahren hat, lassen die herrschende<br />

Meinung heutzutage im Allgemeinen zu dem Schluss kommen, dass die Regelungen<br />

<strong>des</strong> BGB der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in ihrer heutigen Ausprägung nicht mehr<br />

gerecht werden 53 . So hat die Wissenschaft bereits eine grundlegende Neukodifikation<br />

<strong>des</strong> Rechts der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gefordert 54 .<br />

Auf der Suche <strong>nach</strong> geeigneten Lösungsansätzen zur Bewältigung der Probleme, die<br />

sich im Rahmen der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung bzw. Ausscheiden stellen,<br />

erweist sich jedoch paradoxerweise der so knapp formulierte und vermeintlich einem<br />

veralteten Gesellschaftsbild verhaftete Gesetzeswortlaut <strong>des</strong> BGB als überaus wertvoll<br />

und hilfreich. Wie im Verlauf dieser Arbeit darzustellen sein wird, enthalten die einschlägigen<br />

Vorschriften der §§ 730 bis 740 BGB - unter dem Blickwinkel der Bedürfnisse<br />

einer unternehmerisch tätigen Gesellschaft ausgelegt, ergänzt durch eine analoge<br />

Anwendung einiger Regelungen <strong>des</strong> HGB - eine klar und einfach umsetzbare Anleitung<br />

für die Ermittlung und Berechnung der dem einzelnen Gesellschafter zustehenden Ansprüche.<br />

Es zeigt sich, dass sich unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut ein klares Rechenmodell<br />

ergibt, das auf alle denkbaren Sachverhaltskonstellationen bei <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

<strong>nach</strong> Auflösung und Ausscheiden gleichermaßen angewendet werden kann und<br />

zu interessengerechten Lösungen führen kann, wobei sich viele der von der herrschen-<br />

53<br />

54<br />

Vgl. nur MünchKomm BGB/Ulmer/Schäfer Vorbem. zu § 705 Rn. 26; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht,<br />

§ 58 I 1 b), S. 1690; Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 12 Rn. 6 spricht gar von einer „verunglückten<br />

gesetzlichen Ursprungskonzeption”.<br />

K. Schmidt, Gutachten, S. 413 ff. Kritisch hierzu Ulmer ZGR 1984, 313 ff. Zum Ganzen Münch-<br />

Komm BGB/Ulmer/Schäfer Vorbem. zu § 705 Rn. 26 ff.<br />

13


den Meinung thematisierten Probleme entweder gar nicht stellen oder sich anhand <strong>des</strong><br />

vom Gesetz selbst aufgezeigten Lösungs- und Rechenwegs klären lassen. Dabei wird<br />

deutlich, dass die Ermittlung der Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters <strong>nach</strong> Auflösung und<br />

Ausscheiden ein Problem <strong>des</strong> materiellen Zivilrechts ist, die dabei auftretenden Fragen<br />

in der Entscheidungskompetenz <strong>des</strong> Zivilrichters liegen und nicht pauschal im Wege<br />

<strong>des</strong> Sachverständigenbeweises Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern zugewiesen werden<br />

sollten.<br />

Ziel dieser Arbeit ist es daher, die gängigen Interpretationen der gesetzlichen Regelungen<br />

der §§ 730 bis 740 BGB einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Dabei sollen –<br />

wo erforderlich – neue Lösungsansätze angeboten werden, um die Ermittlung und Befriedigung<br />

der Ansprüche und Verbindlichkeiten der einzelnen Liquidationsgesellschafter<br />

bzw. <strong>des</strong> Ausgeschiedenen auf möglichst unkomplizierte und für die forensische<br />

Praxis ohne Weiteres <strong>nach</strong>vollziehbare Art und Weise bewerkstelligen und den widerstreitenden<br />

Interessen aller beteiligten Parteien möglichst gleichmäßig Rechnung tragen<br />

zu können.<br />

II.<br />

Eingrenzung <strong>des</strong> Untersuchungsgegenstands<br />

<strong>Die</strong> <strong>nach</strong>folgende Untersuchung befasst sich ausschließlich mit der Auflösung einer<br />

bzw. dem Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Außengesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts mit Gesellschaftsvermögen, die ihren Gewinn mittels Einnahmen-<br />

Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG), also ohne fortlaufende Bilanzierung feststellt.<br />

Andere Personengesellschaften, insbesondere Handels- bzw. Partnerschaftsgesellschaften,<br />

die stille sowie die fehlerhafte Gesellschaft werden nicht explizit behandelt. <strong>Die</strong> für<br />

die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewonnenen Erkenntnisse gelten aufgrund der<br />

umfassenden Verweisungen <strong>des</strong> PartGG (§ 1 Abs. 4 PartGG) und HGB (§ 105 Abs. 3<br />

HGB) in das BGB jedoch auch für die Partnerschaftsgesellschaft wie für die Personengesellschaften<br />

<strong>des</strong> Handelsrechts.<br />

Aufgrund der Knappheit der gesetzlichen Regelung ist die juristische Praxis weitgehend<br />

dazu übergegangen, das weitgehend dispositiv gestaltete (§ 731 BGB) Verfahren der<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung bzw. <strong>nach</strong> Ausscheiden abweichend vom gesetzli-<br />

14


chen Regime zu regeln. <strong>Die</strong>s erfolgt in der Praxis beispielsweise durch sog. Abfindungsklauseln<br />

im Gesellschaftsvertrag 55 . Deren Wirksamkeit, Inhaltskontrolle und Auslegung<br />

wurde in Rechtsprechung und Literatur bereits umfassend diskutiert 56 , so dass<br />

eine erneute Diskussion in der vorliegenden Arbeit entbehrlich ist.<br />

Entscheidend ist vielmehr, wie die Vermögensverteilung verlaufen soll, wenn solche<br />

vertraglichen Regelungen nicht existieren oder unwirksam, unklar oder lückenhaft sind,<br />

so dass trotz einer vom Gesetz abweichenden Vereinbarung das gesetzliche Verfahren<br />

Anwendung findet 57 . <strong>Die</strong> Frage <strong>nach</strong> dem genauen Inhalt <strong>des</strong> gesetzlichen Verfahrens<br />

und den Möglichkeiten zu <strong>des</strong>sen Umsetzung stellt sich in der Praxis stets dann, wenn<br />

eine vom Gesetz abweichende vertragliche (§ 731 BGB) oder vergleichsweise Lösung<br />

unter den Gesellschaftern nicht möglich ist oder nicht wirksam zustande kommt, insbesondere<br />

wenn sämtliche Einzelfragen der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung oder<br />

<strong>nach</strong> Ausscheiden in streitigen Gerichtsverfahren entschieden werden müssen, weil sich<br />

alle Beteiligten durch Vetorechte, Bestreiten oder sonstigen Widerstand gegenseitig<br />

blockieren, sich der Mitwirkung gänzlich widersetzen oder nicht mehr erreichbar sind.<br />

Für diesen Fall benötigen Kautelarpraxis und Gerichtsbarkeit eine gesicherte Interpretation<br />

<strong>des</strong> gesetzlichen Regimes. Ziel dieser Arbeit ist es daher, die gesetzlich geregelten<br />

Rechtsfolgen der Auflösung und <strong>des</strong> Ausscheidens, d.h. das jeweils gesetzlich vorgesehene<br />

Verfahren der Vermögensauseinandersetzung einer umfassenden Klärung zuzuführen.<br />

Dabei beschränkt sich die Darstellung ausschließlich auf die Diskussion und<br />

Interpretation der gesetzlichen Regelung und lässt Möglichkeiten und Praxis der abweichenden<br />

Vertragsgestaltung bewusst außer Betracht. Es wird unterstellt, dass keine vom<br />

Gesetzeswortlaut abweichenden gesellschaftsvertraglichen oder vergleichsweisen Vereinbarungen<br />

(§ 731 Satz 1 BGB) existieren, insbesondere kein Bestandteil <strong>des</strong> gesetzlichen<br />

Verfahrens abbedungen oder ausgeschlossen worden ist. Dabei werden allein die<br />

zivil-, handels- und prozessrechtlichen Fragen näher behandelt; auf steuerrechtliche<br />

oder insolvenzrechtliche Aspekte soll nicht eingegangen werden.<br />

55<br />

56<br />

57<br />

Hierzu statt vieler MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 39 ff.<br />

Vgl. beispielhaft MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 41 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50<br />

IV 2., S. 1481 ff.; Engel NJW 1986, 345 ff.; Haack GmbHR 1994, 437 ff.; Heß NZG 2001, 648 ff.;<br />

Kort DStR 1995, 1961 ff.; Notthoff DStR 1998, 210 ff.; für die Freiberuflergesellschaft ausführlich<br />

Bunk, Vermögenszuordnung, S. 114 ff.<br />

Beispielhaft die Entscheidung <strong>des</strong> BGH NJW 2008, 2987 ff., wo<strong>nach</strong> für den Fall der Unwirksamkeit<br />

einer im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Abfindungsbeschränkung die allgemeinen Regeln eingreifen<br />

(BGH NJW 2008, 2987, 2990 [Rn. 21]).<br />

15


Für die <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung sind dabei lediglich die §§ 730 ff. BGB<br />

von Bedeutung. Andere Möglichkeiten der <strong>Auseinandersetzung</strong> wie z.B. die Übernahme<br />

durch einen Gesellschafter oder durch Einbringung und Umwandlung sowie die<br />

Abwicklung im Rahmen <strong>des</strong> Insolvenzverfahrens über das Vermögen <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

bleiben außer Betracht. Für die Untersuchung <strong>des</strong> Ausscheidens <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

ist nur die Konstellation von Interesse, dass ein Gesellschafter ersatzlos aus der Gesellschaft<br />

ausscheidet und keine Sonderrechts<strong>nach</strong>folge in seinen Gesellschaftsanteil stattfindet,<br />

so dass das Verfahren der §§ 738 ff. BGB Anwendung findet.<br />

III.<br />

Gang der Untersuchung<br />

<strong>Die</strong> vorliegende Untersuchung beschäftigt sich zunächst mit der Vermögensauseinandersetzung<br />

<strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Zweiter Teil). Dazu<br />

erfolgt zunächst im Vorgriff auf die <strong>nach</strong>folgende Untersuchung eine methodische Analyse<br />

der Systematik der §§ 730 ff. BGB unter besonderer Berücksichtigung der Ansprüche<br />

<strong>des</strong> Liquidationsgesellschafters (§ 4). Dabei wird insbesondere auf den Anspruch<br />

auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens als wirtschaftlich wichtigster Anspruch<br />

<strong>des</strong> Liquidationsgesellschafters eingegangen. <strong>Die</strong> Untersuchung zeigt auf, dass<br />

sich das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben <strong>des</strong> Liquidationsgesellschafters aus zwei Einzelkomponenten<br />

zusammensetzt, nämlich einerseits Ansprüchen wie z.B. dem Anspruch<br />

auf Rückzahlung der von ihm geleisteten Einlagen (§ 733 Abs. 2 BGB), andererseits aus<br />

dem ihm rechnerisch zustehenden Anteil am Gesellschaftsvermögen (§§ 734, 735<br />

BGB).<br />

Als ersten Schritt <strong>nach</strong> der Auflösung der Gesellschaft haben die Gesellschafter zunächst<br />

die Liquidationsmasse zu bilden, indem sie nicht zum Gesellschaftsvermögen<br />

gehörende Gegenstände aussondern und das verbleibende Gesellschaftsvermögen in<br />

Geld umsetzen (§§ 732, 733 Abs. 3 BGB). Im Rahmen der Diskussion, wie die Vermögensverwertung<br />

in der Praxis am besten zu bewerkstelligen sein kann (§ 6), wird besonderes<br />

Augenmerk auf die Verwertung von Forderungen gelegt, die der Gesellschaft gegenüber<br />

ihren Gesellschaftern zustehen (§ 7). Dabei ist insbesondere darauf einzugehen,<br />

ob rückständige Einlagen, die ein Gesellschafter im Zeitpunkt der Auflösung noch nicht<br />

geleistet hat, <strong>nach</strong> Eintritt der Auflösung überhaupt noch eingezogen werden dürfen<br />

oder ob ihrer Einziehung der Einwand <strong>des</strong> § 242 BGB entgegensteht, da sie <strong>nach</strong> § 733<br />

Abs. 2 BGB sofort wieder an den Gesellschafter auszukehren sind (§ 7, II.). Ebenso<br />

wird erörtert, ob der Einwand der sofortigen Rückforderung auch in Bezug auf alle anderen<br />

Geldforderungen der Gesellschaft gegenüber dem Liquidationsgesellschafter ge-<br />

16


geben ist, die im Zeitpunkt der Auflösung noch nicht eingezogen sind (§ 7, III.). <strong>Die</strong><br />

Untersuchung unternimmt sodann einen Versuch, den Begriff der Einlage für die Zwekke<br />

der Vermögensauseinandersetzung <strong>nach</strong> Auflösung neu zu definieren.<br />

Nach einem kurzen Überblick über die Befriedigung von Schulden und die Bildung von<br />

Rückstellungen <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 BGB (§ 8) untersucht die Arbeit in einem nächsten<br />

Schritt, wie das Gesellschaftsvermögen zu ermitteln ist, das <strong>nach</strong> Berichtigung der<br />

Schulden der Gesellschaft <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 BGB verbleibt und daher unter den einzelnen<br />

Gesellschaftern verteilt werden kann (3. Kapitel). <strong>Die</strong> Darstellung untersucht zunächst<br />

die in Rechtsprechung und Literatur gebräuchliche sog. <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz<br />

und diskutiert die Frage, ob eine Bilanz als stichtagsbezogene Darstellung der geschätzten<br />

Verkaufswerte <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> für die Zwecke der Vermögensauseinandersetzung<br />

<strong>nach</strong> Auflösung überhaupt tauglich ist (§ 10), da die Vermögensverteilung<br />

<strong>nach</strong> dem Gesetz auf der Basis tatsächlich erzielter Verwertungserlöse<br />

vorzunehmen ist. Zur rechnerischen Darstellung <strong>des</strong> Liquidationsvermögens wird sodann<br />

an Stelle der Bilanz ein besonderes Verrechnungskonto (sog. Liquiditätskonto)<br />

eingeführt, auf dem das jeweils in Geld umgesetzte Gesellschaftsvermögen den tatsächlich<br />

(§ 733 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder potentiell (§ 733 Abs. 1 Satz 2 BGB) bestehenden<br />

Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber gestellt und <strong>des</strong>sen Stand analog zur fortschreitenden<br />

Vermögensversilberung und Schuldenbefriedigung im Rahmen einer fortlaufenden<br />

Saldierung kontinuierlich angepasst werden kann (§ 11, § 12).<br />

Sodann widmet sich die Darstellung der Frage, wie die <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

der einzelnen Gesellschafter zu ermitteln sind (4. Kapitel). Hierbei identifiziert sie die<br />

Gesellschafter(kapital)konten als geeignetes Medium, um die Ansprüche und Verbindlichkeiten<br />

<strong>des</strong> einzelnen Gesellschafters im Verhältnis zur Gesellschaft abschließend<br />

und umfassend darzustellen (§ 14) und setzt sich ausführlich damit auseinander, welche<br />

Positionen im Einzelnen in das Gesellschafterkapitalkonto einzubuchen sind (§ 15).<br />

Dabei wird insbesondere auf die Frage eingegangen, ob die von der herrschenden Meinung<br />

vorgenommene Unterteilung der Verbindlichkeiten im Verhältnis der Gesellschaft<br />

zum Gesellschafter in Drittgläubigerverbindlichkeiten und Sozialverbindlichkeiten und<br />

die Vorabbefriedigung von Ansprüchen aus Drittgläubigerrechtsgeschäften ohne Rücksicht<br />

auf den Gang der <strong>Auseinandersetzung</strong> gerechtfertigt ist (§ 15, I.). <strong>Die</strong> gefundenen<br />

Ergebnisse werden sodann in einem einheitlichen, unmittelbar dem Gesetzeswortlaut<br />

der §§ 733 bis 735 BGB entnommenen Rechenmodell zusammengefügt.<br />

Nach einer Diskussion verschiedener Probleme im Zusammenhang mit der Nachschusspflicht<br />

<strong>nach</strong> § 735 BGB (§ 17) diskutiert die Arbeit, ob die Regelung <strong>des</strong> § 155<br />

17


Abs. 2 Satz 1 HGB analog auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzuwenden ist und<br />

wie sich eine solche Vorabausschüttung auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

auswirkt (§ 18), bevor der Zeitpunkt der Vollbeendigung definiert und die<br />

Nachtragsliquidation beschrieben werden (§ 19). Das vorgeschlagene Rechenmodell<br />

wird sodann nochmals abschließend anhand eines Beispielsfalls <strong>nach</strong>vollzogen (6. Kapitel).<br />

In einem nächsten Schritt widmet sich die Untersuchung sodann der Diskussion, wann<br />

der Anspruch auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben entsteht und fällig wird und wie<br />

der anspruchsberechtigte Gesellschafter seine Ansprüche, die ihm mit Eintritt der Auflösung<br />

zustehen, prozessual durchsetzen kann (7. Kapitel). Hierbei wird insbesondere<br />

die Frage zu diskutieren sein, welche Rechtfertigung dem von der Rechtsprechung entwickelten<br />

Grundsatz der Durchsetzungssperre im Rahmen der prozessualen Durchsetzung<br />

<strong>des</strong> Anspruchs auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben zukommt. Abschließend<br />

entwickelt die Untersuchung sodann eine eigene Lösung, wie der einzelne Gesellschafter<br />

ein ihm zustehen<strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben gerichtlich geltend machen kann<br />

(§ 22).<br />

In zweiten Hauptteil der Arbeit werden die Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters bei Ausscheiden<br />

aus einer fortbestehenden Gesellschaft untersucht (Dritter Teil). Der Gang der<br />

Untersuchung orientiert sich dabei so weit wie möglich an der Gliederung <strong>des</strong> ersten<br />

Hauptteils, um den Vergleich zur Konstellation der Auflösung zu ermöglichen. <strong>Die</strong>sem<br />

Ansatz folgend geht die Untersuchung <strong>nach</strong> einem kurzen Abriss über Voraussetzungen<br />

und Rechtsfolgen <strong>des</strong> Ausscheidens zunächst auf die methodisch-dogmatischen Grundlagen<br />

<strong>des</strong> Ausscheidens aus einer Gesellschaft und die daraus resultierende Systematik<br />

der Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters ein (§ 26). Dabei wird der in § 738 Abs. 1 Satz 2<br />

BGB niedergelegte wirtschaftliche Gleichlauf zwischen <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung<br />

und Ausscheiden als allgemeiner Rechtsgedanke bei der Vermögensverteilung<br />

<strong>nach</strong> Ausscheiden aus der Gesellschaft identifiziert.<br />

Nach einem kurzen Überblick über die Ansprüche <strong>des</strong> Ausgeschiedenen auf Rückgabe<br />

der eingebrachten Gegenstände sowie auf Schuldbefreiung bzw. Sicherheitsleistung (10.<br />

Kapitel) widmet sich die Untersuchung sodann der Frage, wie der Abfindungsanspruch<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen im Einzelnen zu berechnen ist. Der vom Gesetz beabsichtigte<br />

wirtschaftliche Gleichlauf zwischen <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung und Ausscheiden<br />

führt zu einem dem Verfahren zur Berechnung <strong>des</strong> Anspruchs auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

nahezu identischen Berechnungsverfahren (§ 28): Der wesentliche<br />

Unterschied zwischen beiden Konstellationen besteht allein darin, wie das Gesell-<br />

18


schaftsvermögen, das der zweiten Komponente <strong>des</strong> Abfindungsguthabens zugrunde<br />

liegt, zu ermitteln ist (§ 738 Abs. 2 BGB). <strong>Die</strong> Untersuchung kann sich daher weitgehend<br />

auf die Art und Weise der Ermittlung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> beschränken.<br />

Auch hier erfolgt wiederum eine intensive <strong>Auseinandersetzung</strong> mit den von der herrschenden<br />

Meinung angewendeten Methoden zur Ermittlung und Berechnung <strong>des</strong> dem<br />

Ausgeschiedenen anteilig zustehenden <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>, nämlich einerseits der<br />

Abfindungsbilanz, andererseits der Unternehmensbewertung mit Hilfe betriebswirtschaftlicher<br />

Berechnungsmethoden (11. Kapitel). Da im Unterschied zur Auflösung die<br />

Gesellschaft beim Ausscheiden eines Gesellschafters <strong>nach</strong> § 736 BGB weiterbesteht<br />

und somit eine tatsächliche Versilberung nicht stattfindet, ist die Erstellung einer Abfindungsbilanz<br />

hier – im Gegensatz zur Auflösungskonstellation – grundsätzlich ein<br />

taugliches Mittel, um den Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> rechnerisch abzubilden.<br />

Allerdings müssen, um dem wirtschaftlichen Gleichlauf zwischen <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

<strong>nach</strong> Auflösung und Ausscheiden ausreichend Rechnung zu tragen, einige Modifikationen<br />

der herkömmlich angewendeten Bilanzierungsmethodik vorgenommen werden, um<br />

den Interessen sowohl <strong>des</strong> Ausgeschiedenen als auch der in der Gesellschaft verbliebenen<br />

Gesellschafter ausreichend Rechnung zu tragen und zugleich sicherzustellen, dass<br />

ausreichend Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung der noch ausstehenden Verbindlichkeiten<br />

in der Gesellschaft verbleibt (§ 30). Insbesondere ist auch hier die Vermögensverteilung<br />

zwischen dem Ausgeschiedenen und der Gesellschaft nur auf Grundlage<br />

<strong>des</strong> jeweiligen Ist-Stan<strong>des</strong> <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> zum Ausscheidensstichtag möglich,<br />

um den Gleichlauf zwischen <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung sowie <strong>nach</strong> Ausscheiden<br />

bestmöglich zu verwirklichen. <strong>Die</strong>s erfordert eine Fortführung der Abschichtung<br />

<strong>nach</strong> dem Ausscheidensstichtag, zusammen mit der in § 740 BGB angesprochenen<br />

Abrechnung über das Ergebnis schwebender Geschäfte (12. Kapitel). Zuletzt wird, wie<br />

auch schon bei der Konstellation der Auflösung, zur Entstehung und Fälligkeit (13. Kapitel)<br />

sowie zur prozessualen Durchsetzbarkeit <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs Stellung genommen<br />

(§ 36).<br />

IV.<br />

Begriffsklärung: Abwicklung, <strong>Auseinandersetzung</strong>, Abschichtung, Abfindung<br />

<strong>Die</strong> Begriffe Abwicklung, Liquidation, <strong>Auseinandersetzung</strong>, <strong>Auseinandersetzung</strong>sanspruch,<br />

Abfindung und Abfindungsanspruch werden in Rechtsprechung und Literatur<br />

19


uneinheitlich verwendet und oft vermischt. Im Interesse einer klaren Terminologie innerhalb<br />

der vorliegenden Untersuchung bedarf es daher einer Begriffsklärung.<br />

<strong>Die</strong> gesetzliche Systematik unterscheidet zwischen der <strong>Auseinandersetzung</strong> der gesamten<br />

Gesellschaft <strong>nach</strong> deren Auflösung (§§ 723 bis 735 BGB) und der<br />

(Teil)<strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Ausscheiden einzelner Gesellschafter aus der fortbestehenden<br />

Gesellschaft (§§ 736 bis 740 BGB). Der Terminus „Auflösung“ bezeichnet den<br />

rechtsgestaltenden Akt, der das Ende der werbenden Gesellschaft und zugleich der Beginn<br />

der <strong>Auseinandersetzung</strong> herbeiführt (§§ 723 ff. BGB). Nach der Auflösung der<br />

Gesellschaft findet im Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Ansehung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

die <strong>Auseinandersetzung</strong> unter den Gesellschaftern statt, im Recht<br />

der OHG die „Liquidation“ (§ 146 Abs. 1 HGB) und im Recht der Aktiengesellschaft<br />

die „Abwicklung“ (§ 264 Abs. 1 AktG). <strong>Auseinandersetzung</strong>, Abwicklung und Liquidation<br />

sind im Sprachgebrauch der Gesetze synonyme Begriffe, welche die von den Gesellschaftern<br />

durchzuführenden Rechtsakte bezeichnen, die zur Vollbeendigung der<br />

Gesellschaft und zu deren Wegfall als Rechtsträger führen.<br />

Im Interesse einer terminologischen Klarstellung wird im weiteren Verlauf dieser Untersuchung<br />

der Begriff „Liquidation“ im Wortsinn und entgegen dem gesetzlichen<br />

Sprachgebrauch einschränkend nur für das zur Umsetzung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

in Geld erforderliche Vorgehen, also nur für die Versilberung von Gesellschaftsvermögen<br />

im Sinne <strong>des</strong> § 733 Abs. 3 BGB verwendet. Der Vorgang zwischen Auflösung und<br />

Vollbeendigung der Gesellschaft insgesamt, d.h. die Summe aller Vorgänge, die zur<br />

Beendigung der Gesellschaft führen 58 , wird mit „Abwicklung“ oder „<strong>Auseinandersetzung</strong><br />

<strong>nach</strong> Auflösung“ umschrieben.<br />

Für die Zwecke dieser Untersuchung kennzeichnet der Begriff <strong>des</strong> „<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens“<br />

die Gesamtheit der vermögenswerten Ansprüche, die dem einzelnen<br />

Gesellschafter im Zuge der <strong>Auseinandersetzung</strong> zustehen. Er ist <strong>nach</strong> § 717 Satz 2 BGB<br />

ein selbstständig abtretbares Vermögensrecht. Der Anspruch auf <strong>des</strong>sen Auszahlung<br />

wird folgerichtig als „Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens“<br />

bezeichnet. Demgegenüber ist der „<strong>Auseinandersetzung</strong>sanspruch“ der Anspruch je<strong>des</strong><br />

58<br />

MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 88.<br />

20


Gesellschafters auf <strong>Auseinandersetzung</strong>, d.h. auf Durchführung bzw. Mitwirkung an der<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong> der Gesellschaft.<br />

Davon begrifflich zu unterscheiden ist der „Abfindungsanspruch“ bzw. die „Abfindung“<br />

<strong>des</strong> aus einer fortbestehenden Gesellschaft ausgeschiedenen Gesellschafters. Der<br />

Abfindungsanspruch ist der Anspruch auf Zahlung <strong>des</strong>sen, was der Gesellschafter „bei<br />

der <strong>Auseinandersetzung</strong> erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens<br />

aufgelöst worden wäre“ (§ 738 Abs. 1 Satz 2, 3. Alt. BGB). <strong>Die</strong> Erledigung<br />

sämtlicher Ansprüche <strong>nach</strong> den §§ 738 ff. BGB wird zwar von der amtlichen Überschrift<br />

<strong>des</strong> § 738 BGB ebenfalls als „<strong>Auseinandersetzung</strong>“ bezeichnet. In der vorliegenden<br />

Arbeit verwende ich zur besseren Abgrenzung von der <strong>Auseinandersetzung</strong> der<br />

Gesellschaft <strong>nach</strong> Auflösung gemäß § 733 BGB für das Verfahren der §§ 738 ff. BGB<br />

den Begriff „Abschichtung“.<br />

In Rechtsprechung und Literatur werden auch die Begriffe <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz,<br />

Abfindungsbilanz und Abschichtungsbilanz z.T. als Synonyme verwendet 59 . Es empfiehlt<br />

sich daher, diese Begriffe analog zu den soeben getroffenen Unterscheidungen zu<br />

verwenden: <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz ist die bei <strong>Auseinandersetzung</strong> der Gesellschaft<br />

<strong>nach</strong> Auflösung (§§ 723 ff. BGB) aufzustellende Bilanz, die Abschichtungs- oder Abfindungsbilanz<br />

hingegen die anlässlich <strong>des</strong> Ausscheidens eines oder mehrerer Gesellschafter<br />

aus einer im Übrigen fortbestehenden Gesellschaft erstellte Aufstellung über<br />

das Vermögen der Gesamtgesellschaft.<br />

59<br />

Beispielhaft Stötter BB 1974, 676 ff., der innerhalb <strong>des</strong> ersten Abschnitts (Ziffer 1 „Der Anspruch <strong>des</strong><br />

ausscheidenden Gesellschafters auf die Aufstellung und Vorlage einer Abschichtungsbilanz“) alle drei<br />

Begriffe als Bezeichnung für die beim Ausscheiden <strong>des</strong> Gesellschafters (§§ 736 ff. BGB) anzufertigende<br />

Bilanz verwendet.<br />

21


Zweiter Teil<br />

<strong>Die</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong> der Gesellschaft <strong>nach</strong> Auflösung<br />

1. Kapitel Grundlagen<br />

§ 3 <strong>Die</strong> Gesellschaft im Liquidationsstadium - Auflösungsgründe und Rechtsfolgen<br />

der Auflösung<br />

Das BGB regelt die Auflösungsgründe in z.T. unterschiedlicher Begrifflichkeit in den<br />

§§ 728 bis 734 BGB. Der maßgebliche Unterschied dieser Regelungen zu denen <strong>des</strong><br />

§ 131 Abs. 1 HGB besteht darin, dass <strong>nach</strong> dem BGB Auflösungsgründe, die nur in der<br />

Person eines Gesellschafters eintreten, wie die Kündigung <strong>des</strong> Gesellschafters (§§ 723,<br />

724 BGB), die Kündigung durch einen Gesellschaftsgläubiger (§ 725 Abs. 1 BGB), sein<br />

Tod (§ 727 BGB) oder seine Insolvenz (§ 728 Abs. 2 BGB) grundsätzlich zur Auflösung<br />

der Gesellschaft führen, wohingegen dieselben Sachverhalte in der OHG das Ausscheiden<br />

<strong>des</strong> betroffenen Gesellschafter zur Folge haben (§ 131 Abs. 3 Nr. 1 bis 4<br />

HGB).<br />

Nach dem Verständnis <strong>des</strong> Gesetzes (§§ 733 Abs. 1 BGB, 145 Abs. 1 HGB) markiert<br />

der Zeitpunkt der Auflösung den rechtsgestaltenden Akt, der das Ende der werbenden<br />

Gesellschaft und zugleich den Beginn der <strong>Auseinandersetzung</strong> einleitet, also den Eintritt<br />

in das Stadium der Abwicklung und Beendigung der Gesellschaft. <strong>Die</strong> Auflösung der<br />

Gesellschaft hat keine Auswirkung auf Existenz, Identität und Mitgliederbestand der<br />

Gesellschaft, sie besteht bis zu ihrem Erlöschen durch Vollbeendigung fort 60 . Rechtsund<br />

Parteifähigkeit der aufgelösten Gesellschaft bleiben unberührt und sind nicht auf<br />

den Liquidationszweck begrenzt 61 . Mit dem Eintritt <strong>des</strong> Auflösungsgrun<strong>des</strong> ändert sich<br />

60<br />

61<br />

Statt vieler vgl. nur MünchKomm BGB/Schäfer Vorbem. zu § 723 Rn. 5 sowie Bamberger/Roth/Schöne<br />

BGB Vorbem. zu § 723 Rn. 3 (herrschende Meinung).<br />

BGH WM 1964, 152, 153.<br />

22


lediglich der gemeinsame Zweck (§ 705 BGB) der Gesellschaft; er beschränkt sich<br />

fortan nur noch auf die Abwicklung der Gesellschaft 62 , d.h. die vermögensrechtliche<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong> und Beendigung <strong>des</strong> Gesellschaftsverhältnisses. <strong>Die</strong> vormals „werbende“<br />

Gesellschaft verwandelt sich in eine „sterbende“ Gesellschaft („Abwicklungsgesellschaft“<br />

oder „Liquidationsgesellschaft“). Zweck der Gesellschaft ist mit Eintritt <strong>des</strong><br />

Auflösungsgrun<strong>des</strong> nicht mehr der ursprüngliche Gesellschaftszweck, sondern nur noch<br />

die vermögensrechtliche <strong>Auseinandersetzung</strong> und die Beendigung <strong>des</strong> Gesellschaftsverhältnisses,<br />

die in letzter Konsequenz zum Wegfall eines Trägers von Rechten und<br />

Pflichten führt. Entsprechend wandelt sich die Pflicht der Gesellschafter zur Förderung<br />

<strong>des</strong> Gesellschaftszwecks mit Auflösung in eine Pflicht zur Förderung der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

63 , jeden Gesellschafter treffen dabei besondere Auskunfts- und Mitwirkungspflichten<br />

64 . <strong>Die</strong> Bindung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> für die Zwecke der werbenden<br />

Gesellschaft wird hinfällig 65 , es ist daher an Gläubiger und Gesellschafter mangels abweichender<br />

vertraglicher Vereinbarung 66 <strong>nach</strong> Maßgabe der §§ 730 ff. BGB auszukehren.<br />

Mit Auflösung erlischt die einem Gesellschafter <strong>nach</strong> dem Gesellschaftsvertrag zustehende<br />

Geschäftsführungsbefugnis und geht auf alle Gesellschafter über, § 730 Abs. 2<br />

Satz 2 BGB (Gesamtgeschäftsführungsbefugnis). Es gilt das Kollektivprinzip <strong>des</strong> § 709<br />

Abs. 1 BGB 67 . Entsprechend sind die Gesellschafter im Innenverhältnis nur gemeinsam<br />

zur Vertretung der Gesellschaft <strong>nach</strong> außen ermächtigt; ihre organschaftliche Vertretungsbefugnis<br />

richtet sich <strong>nach</strong> § 714 BGB 68 . Der Umfang der Vertretungsmacht bestimmt<br />

sich <strong>nach</strong> dem Aufgabenkreis der §§ 730, 732 bis 735 BGB: <strong>Die</strong> Gesellschafter<br />

62<br />

63<br />

64<br />

65<br />

66<br />

67<br />

68<br />

Herrschende Meinung, statt vieler E/B/J/S/Hillmann HGB § 145 Rn. 12. Anderer Ansicht K. Schmidt,<br />

Gesellschaftsrecht, § 11 V 4. c), S. 313: Der Liquidationszweck überlagert nur die Rechte und Pflichten<br />

der Beteiligten.<br />

BGHZ 1, 324, 332 = NJW 1951, 650 ff.; Bamberger/Roth/Schöne BGB § 730 Rn. 18.<br />

Dazu näher Bamberger/Roth/Schöne BGB § 730 Rn. 18.<br />

Hillers, Personengesellschaft und Liquidation, S. 5.<br />

<strong>Die</strong> §§ 730 ff. BGB sind in vollem Umfang dispositiv, § 731 BGB. <strong>Die</strong> Gesellschafter können daher<br />

im Rahmen ihrer vertraglichen Gestaltungsfreiheit nicht nur einzelne Abwicklungsschritte abweichend<br />

von der gesetzlichen Regel vorsehen, sondern anstelle der Abwicklung auch eine ganz andere<br />

Art der <strong>Auseinandersetzung</strong> wählen, Bamberger/Roth/Schöne BGB § 730 Rn. 12. Zu sonstigen Arten<br />

der Liquidation, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, ausführlich Grziwotz DStR 1992,<br />

1813 ff.<br />

Bamberger/Roth/Schöne BGB § 730 Rn. 23.<br />

MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 43; Bamberger/Roth/Schöne BGB § 730 Rn. 27.<br />

23


sind an den Liquidationszweck gebunden und dürfen neue Geschäfte nur eingehen, soweit<br />

sie zur Abwicklung erforderlich sind 69 .<br />

<strong>Die</strong> Auflösung der Gesellschaft hat im Außenverhältnis grundsätzlich keine Auswirkungen<br />

auf die Rechtsverhältnisse zwischen der Gesellschaft und ihren Gläubigern. <strong>Die</strong><br />

Schuldnerstellung der Gesellschaft bzw. der Gesellschafter <strong>nach</strong> § 128 HGB analog<br />

wird durch die <strong>Auseinandersetzung</strong> nicht berührt, betagte Forderungen werden im<br />

Zweifel nicht vorzeitig fällig (§ 733 Abs. 1 Satz 2 BGB) 70 . Jedoch wird <strong>nach</strong> herrschenden<br />

Meinung auch zugunsten <strong>des</strong> BGB-Gesellschafters die Haftung für Forderungen der<br />

Gesellschaft auf fünf Jahre <strong>nach</strong> Eintritt der Auflösung analog § 159 HGB begrenzt 71 ,<br />

wobei es für den Fristbeginn mangels Registerpublizität der BGB-Gesellschaft auf die<br />

positive Kenntnis <strong>des</strong> Gläubigers ankommt 72 .<br />

§ 4 <strong>Die</strong> Systematik der §§ 730 ff. BGB<br />

I. Der Gesellschafter als Anspruchsinhaber<br />

Das Gesetz normiert in den §§ 730 ff. BGB eine Reihe von Maßnahmen, die <strong>nach</strong> Auflösung<br />

der Gesellschaft von den Gesellschaftern zum Zwecke der Verwertung und Verteilung<br />

<strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> durchzuführen sind. Dabei ist zunächst zu untersuchen,<br />

inwieweit die in den §§ 732 ff. BGB normierten Abwicklungsmaßnahmen überhaupt<br />

Gegenstand von Ansprüchen <strong>des</strong> Gesellschafters sein können, d.h. ob der Gesellschafter<br />

die Durchführung dieser Abwicklungsmaßnahmen als Tun oder Unterlassen im<br />

Sinne <strong>des</strong> § 194 Abs. 1 BGB fordern kann. Statt <strong>des</strong>sen könnte es sich auch um Ansprüche<br />

der Gläubiger (z.B. Anspruch auf Schuldenbefriedigung, § 733 Abs. 1 BGB) bzw.<br />

der Gesellschaft (z.B. Anspruch auf Zahlung von Nachschussbeträgen in das Gesellschaftsvermögen,<br />

§ 735 BGB) handeln.<br />

69<br />

70<br />

71<br />

72<br />

MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 8 und 44; Bamberger/Roth/Schöne BGB § 730 Rn. 25.<br />

MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 36.<br />

Vgl. nur Staudinger/Habermeier BGB (2003) § 730 Rn. 20; Soergel/Hadding/Kießling BGB § 730<br />

Rn. 21; Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 160 Rn. 1.<br />

Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 160 Rn. 1.<br />

24


<strong>Die</strong> §§ 730 ff. BGB enthalten eine Verpflichtung aller Gesellschafter zur Durchführung<br />

<strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sverfahrens. Jeder Gesellschafter hat gegen seine Mitgesellschafter<br />

einen Anspruch auf Vornahme der <strong>Auseinandersetzung</strong> entsprechend den vertraglichen<br />

Vereinbarungen bzw. - soweit solche nicht existieren - gemäß und in Reihenfolge<br />

der gesetzlichen Regelung 73 . Mit Eintritt <strong>des</strong> auflösenden Ereignisses ist jeder Gesellschafter<br />

verpflichtet, die Abwicklung und Beendigung der <strong>Auseinandersetzung</strong> der<br />

Gesellschaft zu fördern 74 . Ein solcher Anspruch auf Durchführung der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

im Allgemeinen wiederum ist nur sinnvoll, wenn mit ihm zugleich ein originärer<br />

Anspruch je<strong>des</strong> Gesellschafters auf Durchführung im Besonderen, d.h. auf Vornahme<br />

jeder einzelnen gesetzlich vorgeschriebenen Abwicklungsmaßnahme, einhergeht. Zwar<br />

besteht der Anspruch auf Schuldenberichtigung bzw. Zurückbehalt zugleich auch zu<br />

Gunsten <strong>des</strong> jeweiligen Gesellschaftsgläubigers. Ebenso sind Nachschussleistungen<br />

<strong>nach</strong> § 735 BGB grundsätzlich in das Gesellschaftsvermögen zu zahlen 75 , so dass ein<br />

entsprechender Anspruch der Gesellschaft aus § 735 BGB vorliegt. Daneben ist aber<br />

aufgrund seines allgemeinen Mitwirkungsanspruchs stets auch jeder Gesellschafter<br />

selbst aktivlegitimiert und kann seine Mitgesellschafter auf Vornahme der in den §§ 730<br />

ff. BGB vorgeschriebenen Abwicklungshandlungen in Anspruch nehmen 76 . Der Anspruch<br />

auf Durchführung der <strong>Auseinandersetzung</strong> insgesamt umfasst daher auch den<br />

Anspruch auf Vornahme einzelner <strong>Auseinandersetzung</strong>shandlungen 77 .<br />

II.<br />

<strong>Die</strong> Ansprüche und Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Gesellschafters im Überblick<br />

Der einzelne Gesellschafter kann <strong>nach</strong> dem Gesetzeswortlaut folgende Ansprüche im<br />

Rahmen der <strong>Auseinandersetzung</strong> geltend machen:<br />

§ Anspruch auf Rückgabe der zur Benutzung überlassenen Gegenstände, § 732<br />

Satz 1 BGB;<br />

73<br />

74<br />

75<br />

76<br />

77<br />

Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 2.<br />

Bamberger/Roth/Schöne BGB § 730 Rn. 18.<br />

Hierzu ausführlich unten § 17, II., S. 125 ff.<br />

Zur prozessualen Durchsetzung ausführlich unten § 20, S. 170 ff.<br />

MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 91.<br />

25


§ Anspruch auf Befriedigung von Gesellschaftsschulden, § 733 Abs. 1 Satz 1<br />

BGB 78 ;<br />

§<br />

Anspruch auf Zurückbehalt <strong>des</strong> für die Befriedigung von noch nicht fälligen<br />

oder streitigen Verbindlichkeiten Erforderlichen, § 733 Abs. 1 Satz 2 BGB;<br />

§ Anspruch auf Umsetzung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> in Geld, § 733<br />

Abs. 3 BGB;<br />

§<br />

Anspruch auf Rückerstattung seiner Einlagen, § 733 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB,<br />

sowie<br />

§<br />

Anspruch auf Ausschüttung <strong>des</strong> anteiligen Überschusses, § 734 BGB.<br />

<strong>Die</strong>sen Ansprüchen können als ungeschriebene Gegenstücke jeweils Verbindlichkeiten<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft und seinen Mitgesellschaftern gegenüberstehen,<br />

z.B. Ansprüche auf Rückführung (unberechtigter) Entnahmen als Gegenstück<br />

zum Einlagenrückzahlungsanspruch oder Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

gegenüber der Gesellschaft aus einem Rechtsgeschäft mit der Gesellschaft, bei dem sich<br />

die Parteien wie unbeteiligte Dritter gegenüberstehen. Ausdrücklich gesetzlich geregelt<br />

ist nur das Gegenstück zum Anspruch auf den Überschuss <strong>nach</strong> § 734 BGB, die<br />

§<br />

Pflicht zur Nachschussleistung <strong>nach</strong> § 735 BGB.<br />

Daneben kommen weitere Forderungen bzw. Verbindlichkeiten zwischen Gesellschaft<br />

und Gesellschafter oder sonstige Neben- und Hilfsansprüche in Betracht, z.B. Schadensersatzansprüche,<br />

Ansprüche auf Auszahlung nicht entnommener Gewinne aus Vorjahren<br />

(§ 721 Abs. 2 BGB) oder Ansprüche auf Abgabe von Willenserklärungen (z.B.<br />

in Form von Gesellschafterbeschlüssen). Bevor auf den genauen Inhalt und Umfang<br />

dieser Ansprüche eingegangen werden kann, sind einige Überlegungen zur Systematik<br />

der gesetzlichen Regelung und, daraus abgeleitet, zur Methodik <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sverfahrens<br />

veranlasst.<br />

78<br />

<strong>Die</strong>se Gesellschaftsschulden können dabei sowohl gegenüber einem Gesellschafter als auch gegenüber<br />

einem nicht an der Gesellschaft beteiligten Dritten bestehen.<br />

26


III.<br />

Methodische Überlegungen<br />

1. <strong>Die</strong> Notwendigkeit einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

Im Gegensatz zum HGB, das für die <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung einer OHG<br />

die Aufstellung sowohl einer Liquidationseröffnungs- als auch einer Liquidationsschlussbilanz<br />

fordert (§ 154 HGB), sieht das BGB eine förmliche schriftliche <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

nicht vor 79 . <strong>Die</strong> Vermögens- und Rechtsverhältnisse einer<br />

über einen längeren Zeitraum bestehenden, am Rechts- und Geschäftsleben teilnehmenden<br />

Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind jedoch regelmäßig so komplex, dass die im<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sverfahren durchzuführende Verteilung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

an Gläubiger und Gesellschafter nicht in wenigen, schnell auszuführenden Verfügungen<br />

erfolgen können. Eine Anwaltskanzlei beispielsweise unterhält normalerweise eine Fülle<br />

von Rechtsbeziehungen zu Mandanten und Dritten, verwaltet Fremdgelder, hat Umsatzsteuer,<br />

Lohnsteuer und andere Abgaben abzuführen, Honorarforderungen abzurechnen<br />

und einzuziehen und steuerliche Gewinnermittlungen zu erstellen. Daneben bestehen<br />

in der Regel Verbindlichkeiten aus laufenden Dauerschuldverhältnissen, wie z.B.<br />

Miet- und Leasingverträgen. Hinzu kommt die Abrechnung der Leistungs- und Forderungsverhältnisse<br />

zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern, die Erfassung und Behandlung<br />

von Einlagen und Entnahmen, Gewinnausschüttungen, Überentnahmen oder<br />

Erstattungsansprüchen aus einer persönlichen Leistung von Gesellschaftern auf Verbindlichkeiten<br />

der Gesellschaft oder von Leistungen der Gesellschaft auf private Verbindlichkeiten<br />

einzelner Gesellschafter. <strong>Die</strong> Abwicklung dieser vielfältigen Leistungsund<br />

Forderungsverhältnisse dürfte in der Praxis nur mit Hilfe eines umfassenden Rechenwerks<br />

möglich.<br />

2. Abwicklung gegenüber dem Gesellschafter und gegenüber Nichtgesellschaftern<br />

<strong>Die</strong>s führt zur Folgefrage, was genau Gegenstand eines solchen Rechenwerks sein<br />

muss. <strong>Die</strong> §§ 733 Abs. 1 und 2, 734, 735 BGB beinhalten eine systematische Trennung<br />

von Vermögensverhältnissen der Gesellschaft gegenüber außenstehenden Dritten<br />

79<br />

MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 7.<br />

27


(Schulden <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 BGB, Nachschusspflicht <strong>nach</strong> § 735 BGB) sowie gegenüber<br />

ihren Gesellschaftern (Schulden <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 BGB, Einlagenrückerstattung<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB, Auszahlung <strong>des</strong> anteiligen Überschusses <strong>nach</strong> § 734 BGB,<br />

Nachschusspflicht <strong>nach</strong> § 735 BGB).<br />

Das Ergebnis der Abwicklung gegenüber Nichtgesellschaftern <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 BGB<br />

bedingt die Abwicklung im Verhältnis zu den Gesellschaftern <strong>nach</strong> §§ 733 Abs. 2, 734,<br />

735 BGB, indem sie den Umfang <strong>des</strong> an die Gesellschafter ausschüttungsfähigen <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

(„aus dem <strong>nach</strong> Befriedigung der Schulden übrig bleibenden Gesellschaftsvermögen<br />

sind die Einlagen zurückzuerstatten“, § 733 Abs. 2 Satz 1 BGB)<br />

bzw. den Umfang ihrer Nachschusspflicht („Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung<br />

der gemeinschaftlichen Schulden [...] nicht aus“, § 735 BGB) bestimmt. Es<br />

muss also zunächst das an Nichtgesellschafter zu verteilende Gesellschaftsvermögen<br />

rechnerisch oder tatsächlich ausgesondert werden, bevor mit der Verteilung unter den<br />

Gesellschaftern begonnen werden kann. Dabei wird noch die Frage zu beantworten sein,<br />

ob der Vorrang <strong>des</strong> § 733 Abs. 1 BGB sich auch auf die Schulden gegenüber Gesellschaftern<br />

erstrecken kann, die aus Rechtsgeschäften herrühren, bei denen sich Gesellschaft<br />

und Gesellschafter wie unbeteiligte Dritte gegenüberstehen (sog. Drittgläubigerrechtsgeschäfte)<br />

80 .<br />

3. <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben und Durchsetzungssperre<br />

<strong>Die</strong> gesetzliche Regelung der §§ 732 ff. BGB sieht vor, dass die Abwicklung einer Gesellschaft<br />

in mehreren Schritten vorzunehmen ist, von denen der nächste Schritt erst<br />

<strong>nach</strong> Abschluss <strong>des</strong> vorigen Schrittes begonnen werden kann. Nähme man das Gesetz<br />

beim Wort und befolgte man die Reihenfolge der Abwicklungshandlungen minutiös, so<br />

müssten zunächst alle Schulden gegenüber allen Gläubigern sowie gegenüber allen Gesellschaftern<br />

befriedigt werden (§ 733 Abs. 1 BGB), bevor mit der Rückerstattung der<br />

Einlagen begonnen werden könnte. <strong>Die</strong>se Vorgehensweise birgt die Gefahr, dass ein<br />

Gesellschafter den Betrag seines zunächst in voller Höhe befriedigten Anspruchs aus<br />

§ 733 Abs. 1 BGB später wieder zumin<strong>des</strong>t teilweise <strong>nach</strong> § 735 BGB an die Gesell-<br />

80<br />

Hierzu ausführlich unten § 15, I., S. 97 ff.<br />

28


schaft zurückzahlen muss, weil das Gesellschaftsvermögen nicht zur Befriedigung der<br />

Einlageforderungen seiner Mitgesellschafter ausreicht.<br />

In Rechtsprechung und Literatur besteht daher Einigkeit, dass zur Vermeidung solcher<br />

überflüssigen Hin- und Herzahlungen alle auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden<br />

wechselseitigen Ansprüche, die jedem Gesellschafter gegen die Gesellschaft bzw. gegen<br />

seine Mitgesellschafter als Gesamtschuldner zustehen und aus dem Gesellschaftsverhältnis<br />

entstanden sind 81 , in einem einheitlichen Verfahren abzuwickeln sind 82 . Zu diesem<br />

Zweck sind alle Einzelansprüche bzw. -verbindlichkeiten als unselbständige Rechnungsposten<br />

in eine sog. <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung einzustellen 83 und miteinander<br />

zu einem positiven oder negativen Ergebnis (Saldo) zu verrechnen. Der Anspruchsberechtigte<br />

kann damit nur noch einen Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong> aus dieser Abrechnung<br />

ersichtlichen Saldos erheben. <strong>Die</strong>ser Saldo aller Ansprüche und Verbindlichkeiten<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft und seinen Mitgesellschaftern<br />

wird als <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben bezeichnet 84 . Dabei ist denknotwendig nicht nur<br />

eine <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung über das Vermögen der Gesamtgesellschaft, sondern<br />

(zumin<strong>des</strong>t auch) für jeden einzelnen Gesellschafter eine eigene Abrechnung zu<br />

erstellen, aus der sein persönlicher Saldo hervorgeht 85 .<br />

<strong>Die</strong> Forderung <strong>nach</strong> Saldierung aller wechselseitigen Ansprüche und Verbindlichkeiten<br />

findet ihre prozessuale Entsprechung im sog. Grundsatz der Durchsetzungssperre. Nach<br />

ständiger, wenn auch durch zahlreiche Ausnahmen durchbrochenen Rechtsprechung <strong>des</strong><br />

BGH führt die Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts dazu, dass die Gesellschafter<br />

die ihr gegen die Gesellschaft und gegen die Mitgesellschafter zustehenden<br />

81<br />

82<br />

83<br />

84<br />

85<br />

Das Erfordernis „aus dem Gesellschaftsverhältnis entstanden“ dient der Aussonderung von Ansprüchen<br />

der Gesellschafter untereinander wie z.B. Schadensersatzansprüchen eines Gesellschafters gegen<br />

einen anderen aus § 823 Abs. 1 BGB wegen einer Verletzungshandlung, die mit dem Gesellschaftsverhältnis<br />

nichts zu tun hat. <strong>Die</strong>se sind nicht Bestandteil der Liquidationsmasse. Sie sind vielmehr unabhängig<br />

vom Liquidationsverfahren der §§ 732 ff. BGB abzuwickeln und finden daher keinen Eingang<br />

in das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben <strong>des</strong> Gesellschafters (MünchKomm BGB/Schäfer § 730<br />

Rn. 49 ff.).<br />

Statt vieler Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 6.<br />

Dabei ist jedoch streitig, wie diese <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung auszusehen und welchen Min<strong>des</strong>tanforderungen<br />

sie zu genügen hat. Hierzu ausführlich unten § 10, S. 62 ff.<br />

Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 1, 5.<br />

<strong>Die</strong>s stellt die Literatur nicht ausreichend klar, sondern spricht zumeist nur von „einer“ oder „der“<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>srechnung (z.B. MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 57 ff.).<br />

29


Ansprüche nicht mehr selbstständig mit einer Leistungsklage durchsetzen können 86 .<br />

Statt <strong>des</strong>sen kann die Klage stets nur auf den Saldo gerichtet werden.<br />

4. <strong>Die</strong> Bestandteile <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

a) Auf Geld gerichtete Ansprüche<br />

<strong>Die</strong> Saldierung aller Ansprüche und Verbindlichkeiten zwischen Gesellschafter und<br />

Gesellschaft kann sich dabei naturgemäß nur auf solche Ansprüche und Verbindlichkeiten<br />

beziehen, die in verrechenbarer Form ausgedrückt werden können. Da die Saldenbildung<br />

ihrem Wesen <strong>nach</strong> eine antizipierte Aufrechnung aller Einzelpositionen darstellt,<br />

müssen die Einzelpositionen aufrechenbar, mithin ihrem Gegenstand <strong>nach</strong> gleichartig<br />

sein (§ 387 BGB). Zu einem Bestandteil <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens können<br />

daher von vornherein nur auf Geldzahlung gerichtete oder in Geldbeträgen ausgedrückte<br />

Positionen werden.<br />

<strong>Die</strong> im Verhältnis zu den Gesellschaftern <strong>nach</strong> §§ 732 ff. BGB abzuwickelnden Ansprüche<br />

und Verbindlichkeiten unterteilen sich damit in Ansprüche und Verbindlichkeiten,<br />

die auf Zahlung von Geld gerichtet, mithin saldierungsfähig sind sowie in sonstige<br />

Ansprüche und Verbindlichkeiten, die nicht in Geld ausgedrückt werden können, mithin<br />

weder gleichartig noch verrechenbar sind und damit auch nicht in die <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

gehören. Bestandteile <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens sind da<strong>nach</strong><br />

jedenfalls die zurückzuerstattenden Einlagen (§ 733 Abs. 2 BGB) und ein ggf. bestehender<br />

quotaler Überschuss <strong>nach</strong> § 734 BGB.<br />

<strong>Die</strong> Guthabensposten <strong>des</strong> Gesellschafters vermindern sich bzw. werden aufgehoben<br />

durch Abzugsposten wie die anteilige Nachschusspflicht <strong>nach</strong> § 735 BGB oder sonstige<br />

Zahlungspflichten <strong>des</strong> Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft. Umstritten ist hingegen,<br />

wie Ansprüche auf Befriedigung der dem Gesellschafter gegenüber bestehenden<br />

86<br />

BGH NJW 1962, 1863, 1864 f.; NJW 1984, 1455, 1455 f.; NJW-RR 1991, 1049, 1049. Dem folgend<br />

die Literatur, statt vieler Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 6 f.<br />

30


Verbindlichkeiten <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 Satz 1 BGB innerhalb der <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

zu behandeln sind 87 .<br />

Nicht auf Zahlung gerichtete Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters aus den §§ 732 ff. BGB<br />

sind nicht verrechnungsfähig und werden daher nicht Bestandteil <strong>des</strong> in Geld ausgedrückten<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens 88 . Sie dienen vielmehr dazu, die Ermittlung<br />

und Befriedigung der <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben erst zu ermöglichen, indem sie<br />

nicht zur Liquidationsmasse gehörige Gegenstände aussondern (Anspruch auf Rückgabe<br />

der Gegenstände, § 732 BGB), das Gesellschaftsvermögen durch Versilberung in<br />

einen zur Verteilung geeigneten Zustand versetzen (Anspruch auf Umsetzung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

in Geld, § 733 Abs. 3 BGB) oder die Berechnung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

erleichtern (z.B. Hilfsansprüche auf Mitwirkung und Auskunft 89 ).<br />

b) <strong>Die</strong> zwei Komponenten <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

Bei näherer Betrachtung besteht das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

aus zwei Bestandteilen, die je <strong>nach</strong> Fallkonstellation zu Gunsten bzw. zu Lasten <strong>des</strong><br />

Gesellschafters zu berücksichtigen sind: Einerseits kann der Gesellschafter seine „persönlichen“<br />

Ansprüche und Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft beanspruchen,<br />

insbesondere die von ihm geleisteten Einlagen (§ 733 Abs. 1 und 2 BGB), andererseits<br />

eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen in Höhe seiner Quote, §§ 734, 735 BGB 90 .<br />

Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Komponenten besteht <strong>nach</strong> der gesetzli-<br />

87<br />

88<br />

89<br />

90<br />

Konkret geht es um die Frage, ob der Gesellschafter die Befriedigung einer solchen Forderung ohne<br />

Rücksicht auf den Fortgang der Abwicklung im Übrigen vorab verlangen kann. Siehe hierzu ausführlich<br />

unten § 15, I., S. 97 ff.<br />

Soergel/Hadding/Kießling BGB § 732 Rn. 4. Nichts anderes als diese Unterscheidung der verrechenbaren<br />

und nicht verrechenbaren Ansprüche meint wohl Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 7 mit der Aussage,<br />

dass Ansprüche, die <strong>nach</strong> Sinn und Zweck der gesellschaftlichen Bestimmungen auch im Falle<br />

der <strong>Auseinandersetzung</strong> ihre Selbständigkeit behalten sollen und daher nicht der sog. Durchsetzungssperre<br />

unterfallen.<br />

Da die Gesellschafterstellung durch den Eintritt der Gesellschaft in das Liquidationsstadium nicht<br />

beeinflusst wird, hat jeder Gesellschafter auch <strong>nach</strong> Auflösung das Recht, sich <strong>nach</strong> § 716 BGB aus<br />

den Büchern der Gesellschaft über die Angelegenheiten der Gesellschaft und den Stand <strong>des</strong> Gesellschaftsvermögen<br />

zu unterrichten. Zur Frage, ob ein Gesellschafter sich zur Ausübung seiner Informationsrechte<br />

eines Sachverständigen bedienen kann oder muss, ausführlich Hirte BB 1985, 2208 ff.<br />

Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass diese Differenzierung<br />

<strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens in zwei Komponenten und die daraus folgenden, sogleich<br />

dargestellten Konsequenzen in dieser Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden<br />

sind. Daher gehe ich davon aus, dass hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

31


chen Konzeption darin, dass die „persönlichen“ Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters in Grund<br />

und Höhe vom Fortgang der <strong>Auseinandersetzung</strong>, insbesondere vom Erfolg oder Misserfolg<br />

der durchzuführenden Vermögensversilberung <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB unabhängig<br />

sind. Ob die Gesellschaft dafür ausreichende Liquidität aufweist, ist unerheblich,<br />

erforderlichenfalls ist deren Befriedigung von den Gesellschaftern über deren Nachschusspflicht<br />

zu leisten (§ 735 BGB). Insbesondere der Anspruch auf Rückerstattung<br />

geleisteter Einlagen beruht auf einer Zuführung von Privatvermögen <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

in das Vermögen der Gesellschaft, die mit Auflösung der Gesellschaft ihre Rechtfertigung<br />

verliert und daher in voller Höhe wirtschaftlich rückgängig zu machen ist.<br />

Demgegenüber ist Voraussetzung für die Auszahlung der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen<br />

im Übrigen <strong>nach</strong> § 734 BGB, dass die Gesellschaft - vor oder <strong>nach</strong> Abschluss<br />

der Vermögensversilberung <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB - über ausreichen<strong>des</strong> Vermögen<br />

verfügt, um dieses <strong>nach</strong> Befriedigung aller Schulden und Einlagenrückzahlungsansprüche<br />

an die Gesellschafter ausschütten zu können. Ob und in welcher Höhe der Anspruch<br />

auf den quotalen Überschuss <strong>nach</strong> § 734 BGB geltend gemacht werden kann, hängt dabei<br />

u.a. davon ab, wie erfolgreich die Versilberung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> verlaufen<br />

ist. Reicht das Gesellschaftsvermögen nicht aus, um alle Schulden und Einlagerückzahlungsansprüche<br />

zu begleichen, so entfällt der Anspruch auf Auszahlung eines Überschusses<br />

(§ 734 BGB) und wird auch nicht durch einen Anspruch in gleicher Höhe gegen<br />

die Mitgesellschafter ersetzt.<br />

Statt <strong>des</strong>sen kommt in diesem Fall die Nachschusspflicht der Gesellschafter <strong>nach</strong> § 735<br />

BGB zum Tragen; § 734 BGB und § 735 BGB schließen sich gegenseitig aus 91 . <strong>Die</strong><br />

Gesellschafter haften über ihre Nachschusspflicht also nur für die Rückerstattung von<br />

geleisteten Einlagen, d.h. von Vermögenswerten, die zumin<strong>des</strong>t zum Zeitpunkt ihrer<br />

Einzahlung im Gesellschaftsvermögen tatsächlich vorhanden waren. Sie haften jedoch<br />

nicht für die erfolgreiche Geschäftstätigkeit der Gesellschaft, d.h. für die die Einlagen<br />

übersteigenden, von der werbenden Gesellschaft im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit<br />

erfolgreich erwirtschafteten Vermögenswerte.<br />

Im Folgenden soll zunächst darauf eingegangen werden, wie das im Rahmen der Abwicklung<br />

zu verteilende Gesellschaftsvermögen, die Liquidationsmasse, gebildet wird.<br />

91<br />

MünchKomm BGB/Schäfer § 735 Rn. 3.<br />

32


Erst wenn feststeht, welche Vermögenswerte überhaupt zur Verteilung an die einzelnen<br />

Gesellschafter zur Verfügung stehen, kann in einem zweiten Schritt untersucht werden,<br />

wie sich das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben je<strong>des</strong> einzelnen Gesellschafters im Einzelnen<br />

ermitteln lässt.<br />

2. Kapitel Bildung der Liquidationsmasse und Abwicklung gegenüber Nichtgesellschaftern<br />

§ 5 Rückgabe von Gegenständen, § 732 BGB<br />

Erster Schritt <strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft ist eine Bestandsaufnahme <strong>des</strong> vorhandenen<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong>. Zunächst sind solche Gegenstände auszusondern, die<br />

nicht zum Gesellschaftsvermögen gehören und daher nicht Bestandteil der Liquidationsmasse<br />

sind. Dazu gehören die der Gesellschaft von einem Gesellschafter im Rahmen<br />

der Beitragspflicht aus § 706 BGB zum Gebrauch überlassenen Gegenstände (§ 732<br />

BGB) 92 . Ob der Gesellschafter den Gegenstand selbst oder nur die Auszahlung von <strong>des</strong>sen<br />

Wert verlangen kann, richtet sich <strong>nach</strong> der Art <strong>des</strong> Beitrags. Hat er der Gesellschaft<br />

nur das Gebrauchsrecht überlassen, ohne sein Eigentum an dem Gegenstand aufzugeben<br />

(sog. Einlage quoad usum 93 ), so kann er <strong>nach</strong> § 732 BGB Wiedereinräumung <strong>des</strong> unmittelbaren<br />

Besitzes verlangen.<br />

§ 732 BGB gilt <strong>nach</strong> nunmehr wohl herrschender Meinung 94 entsprechend auch für solche<br />

Gegenstände, die der Gesellschaft lediglich dem Wert <strong>nach</strong> überlassen wurden, aber<br />

<strong>nach</strong> wie vor im Eigentum <strong>des</strong> Gesellschafters stehen (sog. Einlage quoad sortem) 95 .<br />

92<br />

93<br />

94<br />

95<br />

Allgemeine Meinung, vgl. nur Bamberger/Roth/Schöne BGB § 732 Rn. 2.<br />

Zur Terminologie Piltz DStR 1991, 251 ff.<br />

Erman/Westermann BGB § 732 Rn. 1; ausführlich zum Meinungsstand Bamberger/Roth/Schöne BGB<br />

§ 732 Rn. 3.<br />

Reinhardt DStR 1991, 588, 589. Nach einer früheren Ansicht hatte der Gesellschafter das Eigentum<br />

an der Sache bei Auflösung an die Gesellschaft zu übertragen, ihm wurde als Ausgleich jedoch eine<br />

Wertersatzabfindung gemäß § 733 Abs. 2 Satz 2 BGB in Höhe <strong>des</strong> Sachwerts zum Einbringungszeitpunkt<br />

zugesprochen (BGH WM 1965, 744, 746).<br />

33


Da<strong>nach</strong> erhält der Gesellschafter seine Sache zurück, deren Wert wird aber im Rückgabezeitpunkt<br />

auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben <strong>des</strong> Gesellschafters angerechnet bzw.<br />

von <strong>des</strong>sen Kapitalkonto abgezogen 96 . Übersteigt der Sachwert das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben,<br />

so führt dies in Höhe der Differenz zu einem Anspruch der Gesellschaft<br />

bzw. seiner Mitgesellschafter auf Wertausgleich 97 : Wenn die Gesellschafter sich in der<br />

Beitragsvereinbarung dafür entschieden haben, der Gesellschaft nur schuldrechtlich den<br />

Wert der Sache zukommen zu lassen, die Sache selbst aber im Eigentum <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

zu belassen, so darf diese Entscheidung in der Abwicklung nicht korrigiert<br />

werden 98 . Ist der Gesellschafter zum Wertausgleich nicht in der Lage, so muss er den<br />

Gegenstand zu Verwertungszwecken zur Verfügung stellen 99 . Jedenfalls nicht von § 732<br />

Satz 1 BGB umfasst sind Gegenstände, die der Gesellschafter der Gesellschaft im Rahmen<br />

eines Drittgeschäfts (z.B. Mietvertrag) überlassen hatte: <strong>Die</strong> Rückgabepflicht solcher<br />

Gegenstände richtet sich <strong>nach</strong> den Bestimmungen <strong>des</strong> jeweiligen Drittvertrags 100 .<br />

Der Anspruch auf Rückgabe entsteht mit Auflösung 101 und wird zum gleichen Zeitpunkt<br />

fällig 102 . Er kann mit Eintritt der Auflösung 103 und isoliert, d.h. ungeachtet <strong>des</strong> Fortgangs<br />

der <strong>Auseinandersetzung</strong> geltend gemacht werden 104 . Der Gesellschafter kann jedoch<br />

aufgrund seiner mitgliedschaftlichen Treuepflicht gehalten sein, der Gesellschaft von<br />

96<br />

97<br />

98<br />

99<br />

Erman/Westermann BGB § 732 Rn. 1; MünchKomm BGB/Schäfer § 732 Rn. 9.<br />

MünchKomm BGB/Schäfer § 732 Rn. 9. Beispiel (<strong>nach</strong> Reinhardt DStR 1991, 588, 589): Haben zwei<br />

Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Bareinlage von je 100.000 erbracht und der<br />

dritte Gesellschafter ein Grundstück im Wert von 100.000 quoad sortem in die Gesellschaft eingelegt<br />

und ist das Grundstück im Zeitpunkt der <strong>Auseinandersetzung</strong> 400.000 wert, so fällt diese Wertsteigerung<br />

aufgrund der Einlage dem Werte <strong>nach</strong> in das Gesellschaftsvermögen und muss vom Grundstückseigentümer<br />

gegenüber seinen Mitgesellschaftern ausgeglichen werden. Der Grundstückseigentümer<br />

muss daher an seine Mitgesellschafter je 100.000 als Ausgleich für diesen Wertzuwachs zahlen.<br />

MünchKomm BGB/Schäfer § 732 Rn. 10.<br />

Reinhardt DStR 1991, 588, 589.<br />

100 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 732 Rn. 4.<br />

101 Erman/Westermann BGB § 732 Rn. 2.<br />

102 Erman/Westermann BGB § 738 Rn. 9.<br />

103 MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 109; anderer Ansicht MünchKomm BGB/Schäfer § 732 Rn. 3<br />

mit der Begründung, dass die Vertragspflichten der Gesellschaft einschließlich derjenigen auf Leistung<br />

von Beiträgen durch die Auflösung nicht ohne weiteres entfallen, sondern so lange fortbestehen,<br />

als die Beiträge im Rahmen <strong>des</strong> geänderten, auf Abwicklung gerichteten Zwecks noch benötigt werden.<br />

Der letztgenannten Ansicht kann nicht gefolgt werden, da mit Eintritt der Auflösung der Einforderung<br />

rückständiger Beiträge, die in Geld bestehen, die Einrede <strong>des</strong> § 242 BGB (dolo agit) entgegensteht.<br />

Dazu ausführlich unten § 7, S. 42 ff.<br />

104 MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 109.<br />

34


dieser dringend benötigte Gegenstände vorübergehend weiter zu belassen 105 . In diesem<br />

Fall steht ihm als Ausgleich ein Nutzungsentgelt zu 106 . Der Gesellschaft steht jedoch ein<br />

Zurückbehaltungsrecht zu, wenn und solange sie die Gegenstände noch für die Zwecke<br />

der Abwicklung benötigt 107 oder wenn mit Sicherheit oder großer Wahrscheinlichkeit<br />

angenommen werden kann, dass der Gesellschafter <strong>nach</strong> § 735 BGB ausgleichsverpflichtet<br />

ist 108 und die Leistungsverweigerung das sachgerechte Sicherungsmittel ist 109 .<br />

Auch Schadensersatzansprüche wegen verschuldeten Untergangs oder Verschlechterung<br />

der Sache durch einen Mitgesellschafter oder durch eine andere Person, deren Verhalten<br />

der Gesellschaft <strong>nach</strong> §§ 31, 278, 831 BGB zuzurechnen ist 110 , gehören zum <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters.<br />

§ 6 Umsetzung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> in Geld<br />

I. Inhalt und Umfang der Vermögensverwertung<br />

1. Schuldentilgung und Einlagenrückerstattung: Umsetzung durch Verkauf<br />

In der Regel reichen die liquide vorhandenen Geldmittel der Gesellschaft zur Begleichung<br />

der Schulden und zur Rückerstattung der Gesellschaftereinlagen nicht aus. Nach<br />

§ 733 Abs. 3 BGB ist daher die Umsetzung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> in Geld im<br />

Sinne <strong>des</strong> § 733 Abs. 3 BGB erforderlich. Geld meint hierbei nicht nur Bargeld, sondern<br />

auch Giralgeld (Buchgeld) 111 . Zum Gesellschaftsvermögen gehören <strong>nach</strong> § 718 BGB die<br />

Beiträge der Gesellschafter, die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen<br />

Gegenstände sowie das, was auf Grund eines zum Gesellschaftsvermögen gehörenden<br />

Rechts oder als Surrogat für Gesellschaftsvermögen erworben wird.<br />

105 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 77.<br />

106 MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 76; MünchHdb GesR I/ Piehler/Schulte § 10 Rn. 77.<br />

107 Erman/Westermann BGB § 732 Rn. 2; MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 109.<br />

108 BGH NJW 1981, 2802, 2802.<br />

109 OLG Karlsruhe NJW 1961, 2017, 2018.<br />

110 MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 109; MünchKomm BGB/Schäfer § 732 Rn. 6.<br />

111 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 149 Rn. 32.<br />

35


Zum Zweck der Versilberung haben die Gesellschafter zunächst solche Gegenstände<br />

aus der Vermögensmasse der Gesellschaft auszusondern, die aus rechtlichen oder tatsächlichen<br />

Gründen nicht an der Vermögensverteilung teilnehmen können, weil sie<br />

entweder nicht im Eigentum der Gesellschaft stehen und daher an ihre Eigentümer zurückzugeben<br />

sind oder weil sie nicht oder nicht mehr in Geld umgesetzt werden können<br />

oder sonst wertlos sind. Sodann ist das verbleibende Gesellschaftsvermögen zu versilbern.<br />

<strong>Die</strong> §§ 730 bis 735 BGB schweigen zur Art und Weise der Umsetzung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

in Geld, sondern verweisen auf die Vorschriften über die Gemeinschaft<br />

(§§ 731 Satz 2, 752 ff. BGB). Es fragt sich daher, welche Art der Gemeinschaftsauflösung<br />

(Teilung in Natur, § 752 BGB, oder Teilung durch Verkauf, § 753 BGB) auf<br />

die Gesellschaft anwendbar ist.<br />

Nach der gesetzlichen Systematik ist die Teilung der Gemeinschaft in Natur (§ 752<br />

BGB) der Regelfall, die Teilung durch Verkauf (§ 753 BGB) hingegen die Ausnahme 112<br />

und darf nur durchgeführt werden, wenn eine Verteilung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> in<br />

Natur (§ 752 BGB) nicht möglich ist 113 . Da aber bei einer Teilung in Natur das Gesellschaftsvermögen<br />

gerade nicht zu Geld gemacht, sondern die von § 733 Abs. 3 BGB<br />

geforderte Rechtsfolge „Umsetzung in Geld“ nur durch eine Teilung durch Verkauf<br />

(§§ 753, 754 BGB) erzielt werden kann, ist § 752 BGB im Kontext <strong>des</strong> § 733 Abs. 3<br />

BGB nicht anwendbar. Es kommt damit lediglich ein Rückgriff auf die §§ 753, 754<br />

BGB (Teilung durch Verkauf) in Frage, und zwar unabhängig davon, ob eine Teilung<br />

<strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> in Natur <strong>nach</strong> §§ 731 Satz 2, 752 BGB praktikabel oder<br />

möglich ist 114 . <strong>Die</strong> Frage der Teilbarkeit <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> wird damit nicht<br />

schon bei § 733 Abs. 3 BGB, sondern erst im Rahmen <strong>des</strong> § 734 BGB relevant. §§ 753,<br />

731 Satz 2 BGB normiert einen Anspruch auf Duldung <strong>des</strong> Verkaufs sowie Zuweisung<br />

eines entsprechenden Erlösanteils 115 . Voraussetzung ist, dass das Gesellschaftsvermögen<br />

112 Anders jedoch die Praxis, vgl. nur MünchKomm BGB/K. Schmidt § 752 Rn. 2.<br />

113 Zu Problemen der Beweislast in diesem Zusammenhang Krönig MDR 1951, 602 ff.<br />

114 Andere Ansicht Erman/Westermann BGB § 733 Rn. 7.<br />

115 MünchKomm BGB/K. Schmidt § 753 Rn. 4.<br />

36


veräußerungsfähig ist. Verkaufsgegenstand kann auch ein Unternehmen 116 oder eine<br />

freiberufliche Praxis sein 117 .<br />

2. Versilberung für die Zwecke der Überschussverteilung<br />

Nach § 733 Abs. 3 BGB ist das Gesellschaftsvermögen nur in Geld umzusetzen, soweit<br />

dies zur Schuldenbereinigung und zur Rückerstattung der Einlagen erforderlich ist. In<br />

der vom Gesetz vorgesehenen Abfolge der <strong>Auseinandersetzung</strong> findet <strong>nach</strong> Schuldenausgleich<br />

und Einlagenrückerstattung (§ 733 Abs. 1 und 2 BGB) nur noch eine Verteilung<br />

<strong>des</strong> Überschusses statt (§ 734 BGB). Dabei trifft das Gesetz in § 734 BGB keine<br />

Aussage darüber, ob das Gesellschaftsvermögen auch für die Zwecke der Verteilung <strong>des</strong><br />

Überschusses in Geld umzusetzen ist. Vielmehr ist § 733 Abs. 3 BGB im Umkehrschluss<br />

zu entnehmen, dass die Versilberung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> für die Zwekke<br />

der Überschussverteilung <strong>nach</strong> § 734 BGB nicht in Betracht kommt. Demgegenüber<br />

sieht § 149 HGB für die OHG generell eine Versilberung vor. Daher wird vertreten,<br />

dass die Versilberung zum Zwecke der Überschussverteilung nicht zwingend erforderlich<br />

ist 118 , sondern nur für die Schuldenberichtigung und Einlagenrückerstattung. Nach<br />

Ansicht <strong>des</strong> OLG Hamm 119 kann das Gesellschaftsvermögen zum Zwecke der Aufteilung<br />

in Bruchteilseigentum überführt werden. Dabei bleibt jedoch unklar, was mit der<br />

Überführung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> in Bruchteilseigentum gewonnen wurde: <strong>Die</strong><br />

Auflösung der dann gebildeten Bruchteilsgemeinschaft erfordert ebenfalls eine <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

<strong>nach</strong> Maßgabe der §§ 752, 753 BGB, so dass das Problem nicht gelöst,<br />

sondern nur verlagert wird.<br />

In der Praxis ist die gesetzliche Forderung <strong>nach</strong> einer Teilung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

in Natur bei <strong>nach</strong>haltig wirtschaftlich tätigen Gesellschaften in der Regel nicht<br />

116 Palandt/Weidenkaff BGB § 453 Rn. 7.<br />

117 BGH NJW 1989, 763 ff. (Arztpraxis); BGH NJW 1995, 2026 ff. (Anwaltskanzlei); BGH NJW 1991,<br />

1223 ff. (Steuerberaterkanzlei); BGH NJW-RR 1989, 306 ff. (Rechtsbeistand). <strong>Die</strong> Veräußerung von<br />

Freiberuflersozietäten ist mit vielfältigen Einzelproblemen behaftet wie beispielsweise Mandatsverteilung,<br />

Wettbewerbsregelungen, Sozietätsname etc. <strong>Die</strong>se wurden in Rechtsprechung und Literatur bereits<br />

ausführlich diskutiert, vgl. beispielhaft Bunk, Vermögenszuordnung, S. 30 ff.; Wolff NJW 2009,<br />

1302 ff.; Römermann NJW 2007; 2209 ff.; Westermann AnwBl 2007, 103 ff.; Michalski/Römermann<br />

NJW 1996, 1305 ff.<br />

118 Palandt/Sprau BGB § 734 Rn. 2.<br />

119 OLG Hamm NZG 2004, 1106, 1106.<br />

37


sinnvoll umsetzbar. <strong>Die</strong> Pflicht zur Teilung in Natur würde bedeuten, dass beispielsweise<br />

ein Gesellschafter einer Rechtsanwaltssozietät die Teilung der juristischen Fachbibliothek<br />

in Natur gemäß § 752 BGB im Wege einer Teilungsklage als Leistungsklage<br />

durchsetzen müsste. Zu klagen wäre auf eine je <strong>nach</strong> der Art <strong>des</strong> zu teilenden Gegenstan<strong>des</strong><br />

bestimmte Art der Teilung, die durch entsprechen<strong>des</strong> Verfügungsgeschäft zu<br />

erfüllen wäre 120 , d.h. Übertragung, Abtretung oder Übereignung eines seinem Anteil<br />

entsprechenden bestimmten Teils 121 der Bibliothek. Ein entsprechen<strong>des</strong> Urteil wäre im<br />

Wege der Leistungsklage zu erwirken, ggf. sogar durch das Los (§ 752 Satz 2 BGB) im<br />

Wege der Klage auf Mitvornahme der Verlosung 122 . <strong>Die</strong> Umständlichkeit dieses Vorgehens<br />

liegt auf der Hand.<br />

Voraussetzung der Teilung in Natur ist zudem stets, dass der betreffende Vermögensgegenstand<br />

teilbar ist, d.h. sich in gleichartige, den Anteilen der Teilhaber entsprechende<br />

Teile zerlegen lässt, ohne dass durch die Teilung eine Wertminderung herbeigeführt<br />

wird 123 . <strong>Die</strong> Unteilbarkeit kann sich aus der natürlichen Beschaffenheit <strong>des</strong> Gegenstands<br />

oder aus wirtschaftlichen Gründen ergeben, wobei wirtschaftliche Unteilbarkeit vorliegt,<br />

wenn die Summe der Werte je<strong>des</strong> Einzelteils objektiv nicht den Gesamtwert <strong>des</strong><br />

ungeteilten Gegenstands erreicht 124 . Das Vermögen unternehmenstragender Gesellschaften<br />

zeichnet sich in der Regel jedoch gerade dadurch aus, dass darin große Anteile an<br />

immateriellen Geschäftswerten enthalten sind, die in der Regel nicht isoliert, sondern<br />

nur durch einen Verkauf <strong>des</strong> Unternehmens im Ganzen zu einem angemessenen Preis<br />

veräußert werden können. Hierzu gehört insbesondere der Unternehmenswert (good<br />

will), der z.B. in der Fachkompetenz und persönlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen<br />

Gesellschafter verkörpert ist und bei Freiberuflergesellschaften häufig den entscheidenden<br />

Vermögenswert der Gesellschaft darstellt 125 . Enthält das Gesellschaftsvermögen<br />

hohe immaterielle Werte, so dürfte ein Verkauf in der Regel wirtschaftlich vorteilhafter<br />

120 Palandt/Sprau BGB § 752 Rn. 4 f.<br />

121 MünchKomm BGB/K. Schmidt § 752 Rn. 32.<br />

122 Palandt/Sprau BGB § 752 Rn. 5.<br />

123 Bamberger/Roth/Gehrlein BGB § 752 Rn. 2; MünchKomm BGB/K. Schmidt § 752 Rn. 8.<br />

124 Erman/Aderhold BGB § 752 Rn. 2.<br />

125 BGH NJW 2000, 2584, 2584.<br />

38


als eine Teilung in Natur sein, das Gesellschaftsvermögen wäre in diesem Fall also<br />

wirtschaftlich unteilbar 126 .<br />

Wenn die Überschussverteilung <strong>des</strong> § 734 BGB in Form einer Teilung durch Natur<br />

durchgeführt werden soll, der Umfang <strong>des</strong> dafür verbleibenden <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

aber erst <strong>nach</strong> Schuldentilgung und Einlagerückgewähr ermittelt werden kann, so hätte<br />

das zur Folge, dass die Frage <strong>nach</strong> der Art und Weise der Aufteilung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

bis zur Überschussverteilung offengehalten werden müsste. Dann stellt sich<br />

zugleich die Frage, ob die Beschränkung <strong>des</strong> § 733 Abs. 3 BGB einer Verkaufsabsicht<br />

als Einwendung oder Einrede entgegenzuhalten ist und wie das <strong>nach</strong>zuweisen sein soll.<br />

Warum für das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Gegensatz zur Regelung<br />

bei der OHG (§ 149 HGB) keine generelle Versilberungsverpflichtung gelten soll, ist<br />

nicht zu erkennen. Im Ergebnis ist daher in der Regel das gesamte Gesellschaftsvermögen,<br />

nicht lediglich der für die Begleichung der Schulden oder Rückerstattung der Einlagen<br />

erforderliche Anteil, durch Verkauf in Geld umzusetzen 127 .<br />

II.<br />

Veräußerung im Ganzen oder Zerschlagung?<br />

Umstritten ist die Art und Weise der praktischen Durchführung <strong>des</strong> Verkaufs, d.h. ob<br />

das Gesellschaftsvermögen als Ganzes oder in Einzelteilen zu verkaufen ist. Besteht<br />

eine Gemeinschaft an mehreren Gegenständen, so erfolgt ihre Aufhebung durch Verkauf<br />

<strong>nach</strong> einer Ansicht 128 durch Verkauf je<strong>des</strong> Vermögensgegenstan<strong>des</strong> gesondert und<br />

nicht im Rahmen eines einheitlichen Gesamtauseinandersetzungsverfahrens. Bei der<br />

Gesellschaft (§§ 731 Satz 2, 752 ff. BGB) würde dies bedeuten, dass kein Beteiligter die<br />

Veräußerung <strong>des</strong> Unternehmens als „<strong>des</strong> gemeinschaftlichen Gegenstands“ <strong>nach</strong> § 753<br />

BGB verlangen könnte 129 , sondern das Gesellschaftsvermögen in Einzelgegenstände<br />

zerschlagen und diese verwertet werden müssten. Andere wiederum lassen bei Gesell-<br />

126 Palandt/Sprau BGB § 752 Rn. 2; MünchKomm BGB/K. Schmidt § 752 Rn. 29 für Unternehmen insgesamt.<br />

127 Ebenso Erman/Westermann BGB § 733 Rn. 7.<br />

128 BGH NJW-RR 2001, 369, 369.<br />

129 MünchKomm BGB/K. Schmidt § 753 Rn. 9.<br />

39


schaften im Auflösungsstadium die Veräußerung <strong>des</strong> Unternehmens als Ganzes <strong>nach</strong><br />

§ 753 BGB zu 130 .<br />

Streitentscheidend ist der Zweck <strong>des</strong> Liquidationsverfahrens, wie er in § 733 BGB zum<br />

Ausdruck kommt. Im Gegensatz zur Aufhebung der nicht rechtsfähigen Gemeinschaft<br />

dient die <strong>Auseinandersetzung</strong> einer Gesellschaft auch der Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger,<br />

§ 733 BGB 131 , deren Interessen daher bei der Wahl <strong>des</strong> Verfahrens zur<br />

Versilberung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> dahingehend zu wahren sind, als eine Pflicht<br />

der Liquidationsgesellschafter zur Erwirtschaftung eines optimalen Liquidationsergebnisses<br />

besteht 132 . Das Gesellschaftsvermögen ist daher so wirtschaftlich wie möglich zu<br />

verwerten 133 . Wie sie dieses Ziel im Einzelnen erreichen, bleibt ihrem Ermessen überlassen.<br />

<strong>Die</strong> wirtschaftlich gewinnbringendste Methode zur Versilberung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

ist eine Frage <strong>des</strong> Einzelfalls: Je <strong>nach</strong> Werthaltigkeit <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

kommt entweder der Verkauf <strong>des</strong> Unternehmens im Ganzen oder die<br />

Zerschlagung und Veräußerung der Einzelgegenstände in Betracht. Zum Teil wird vertreten,<br />

dass die Min<strong>des</strong>tvorgabe für den anzustrebenden Veräußerungserlös <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

die Summe der Abfindungsguthaben sei, die bei Ausscheiden <strong>nach</strong><br />

§ 738 BGB an die Ausgeschiedenen zu zahlen sei: <strong>Die</strong> Veräußerung dürfe nicht zum<br />

Schaden der Gesellschaft oder der Mitgesellschafter erfolgen 134 .<br />

Dazu ist anzumerken, dass es gerade charakteristisch für die Liquidation ist, dass die<br />

Vermögensverteilung ausschließlich auf Basis der tatsächlich durch Umsetzung in Geld<br />

erzielten Vermögenswerte vonstatten gehen kann, § 733 Abs. 3 BGB. Da nur die Erlöse<br />

verteilt werden können, die tatsächlich vorhanden sind, richtet sich die Höhe der <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

der Gesellschafter <strong>nach</strong> dem erzielten Verwertungserlös für<br />

das Gesellschaftsvermögen, nicht jedoch umgekehrt; etwaige Fehlbeträge sind aus dem<br />

Privatvermögen der Gesellschafter <strong>nach</strong>zuschießen, § 735 BGB. Es gibt also keine objektive<br />

Verpflichtung, einen bestimmten Min<strong>des</strong>tpreis für das Gesellschaftsvermögen zu<br />

erzielen, vielmehr ist es das wirtschaftliche Risiko der Gesellschafter, wenn der erzielte<br />

Preis nicht zur Deckung aller Verbindlichkeiten ausreicht.<br />

130 LG Hamburg MDR 1957, 419, 420.<br />

131 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 11 V 3. b), S. 311.<br />

132 MünchHdb GesR I/Butzer/Knof § 84 Rn. 39.<br />

133 MünchKomm BGB/Schäfer § 733 Rn. 22.<br />

134 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 149 Rn. 37.<br />

40


III.<br />

<strong>Die</strong> Verwertung der Einzelgegenstände<br />

Scheitert der Verkauf <strong>des</strong> Unternehmens im Ganzen und hat auch ein Wiederholungsversuch<br />

(§§ 753 Abs. 2 BGB, 751 BGB) keinen Erfolg, so greift bei der Gesellschaft<br />

anders als im Recht der Gemeinschaft 135 kein Aufhebungshindernis: <strong>Die</strong> vorrangigen<br />

§§ 732 ff. BGB verlangen eine <strong>Auseinandersetzung</strong>. Daher sind, sofern keine anderweitige<br />

Vereinbarung der Gesellschafter getroffen wird, das Unternehmen zu zerschlagen<br />

und die Einzelvermögensgegenstände gesondert zu verwerten 136 . Wie die Verwertung<br />

je<strong>des</strong> einzelnen Vermögensgegenstands erfolgt, hängt von <strong>des</strong>sen Rechtsnatur ab.<br />

So sind bewegliche Gegenstände <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> durch Pfandverkauf <strong>nach</strong><br />

§§ 721 Satz 2, 753, 1233 ff., 383 BGB und Grundstücke durch Zwangsversteigerung<br />

<strong>nach</strong> §§ 181 ff. ZVG zu verwerten (§ 731 Satz 2 iVm § 753 Abs. 1 Satz 1 BGB). Da die<br />

Gesellschafter selbst mitbieten können, ist ihnen der Einwand verwehrt, ein Gegenstand<br />

werde unter Wert verkauft. Auch bleibt es ihnen jederzeit unbenommen, einen besser<br />

zahlenden Käufer für das Unternehmen zu finden. Sichteinlagen auf Bankkonten brauchen<br />

nicht in Geld umgesetzt werden. Dagegen sind Termingelder, Spareinlagen und<br />

sonstige Kündigungsgelder zu Geld zu machen, d.h. zu kündigen und ggf. auf ein Girokonto<br />

zu überführen 137 . Zuständig für den Pfandverkauf sind die Gerichtsvollzieher, die<br />

Notare und die von den zuständigen Lan<strong>des</strong>behörden gemäß § 34b Abs. 5 GewO bestellten<br />

Personen. Lehnt der Gerichtsvollzieher den Versteigerungsauftrag ab, so kann<br />

hiergegen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden (§ 23 Abs. 1 EGGVG).<br />

<strong>Die</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong> erfolgt dann nicht durch Auskehrung <strong>des</strong> Erlöses, sondern<br />

durch Zuweisung in das Gesellschaftsvermögen.<br />

Fällige Forderungen der Gesellschaft gegen außenstehende Dritte sind einzuziehen,<br />

schwebende Geschäfte <strong>nach</strong> Maßgabe <strong>des</strong> dem schwebenden Geschäft jeweils zugrunde<br />

liegenden Vertrags zu beenden (§ 730 Abs. 2 Satz 1 BGB), mithin also die Voraussetzungen<br />

für die Fälligkeit der Vergütung herbeizuführen und diese Vergütung dann auch<br />

dem Gesellschaftsvermögen zuzuführen. Nicht fällige Forderungen sind <strong>nach</strong> §§ 731<br />

Satz 2, 754 BGB zu verkaufen. Damit ist in erster Linie die Abwicklung und Abrech-<br />

135 Vgl. MünchKomm BGB/K. Schmidt § 753 Rn. 34.<br />

136 Neuhaus, Unternehmensbewertung, S. 62.<br />

137 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 149 Rn. 32.<br />

41


nung schwebender Geschäfte angesprochen. Gemäß § 730 Abs. 2 Satz 1 BGB sind die<br />

schwebenden Geschäfte der Gesellschaft <strong>nach</strong> Maßgabe <strong>des</strong> dem schwebenden Geschäft<br />

jeweils zugrunde liegenden Vertrags zu beenden, mithin also die Voraussetzungen<br />

für die Fälligkeit der Vergütung herbeizuführen und diese Vergütung dann auch<br />

dem Gesellschaftsvermögen zu überführen.<br />

§ 7 Insbesondere: Einziehung von Forderungen gegen Gesellschafter<br />

I. Forderungen gegen Gesellschafter als Bestandteile <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

Das Abwicklungsverfahren soll <strong>nach</strong> der Intention <strong>des</strong> Gesetzes der Verwertung und<br />

Verteilung <strong>des</strong> gesamten <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> dienen 138 . Zum Gesellschaftsvermögen<br />

im Sinne <strong>des</strong> § 718 BGB gehören dabei alle materiellen und immateriellen Gegenstände,<br />

die die Gesellschaft entweder als Beitrag ihrer Gesellschafter (§§ 705, 706<br />

BGB), durch Geschäftsführung in ihrem Namen oder im Wege einer dinglichen Surrogation<br />

erworben hat. Problematisch scheint auf den ersten Blick die Qualifizierung von<br />

Forderungen der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter (z.B. Regressansprüche und<br />

Nachschussansprüche <strong>nach</strong> § 735 BGB etc.) zu sein. So weist § 718 Abs. 1 Alt. 1 BGB<br />

ausdrücklich nur die - bereits geleisteten - Beiträge dem Gesellschaftsvermögen zu,<br />

nicht aber den Anspruch der Gesellschaft auf Beitragsleistung 139 . Richtigerweise gehören<br />

jedoch <strong>nach</strong> Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />

auch Forderungen der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter zum Gesellschaftsvermögen<br />

140 und damit zur Liquidationsmasse, und zwar ungeachtet <strong>des</strong>sen, ob es sich bei<br />

ihnen um Forderungen der Gesellschaft aus Regress, Sozialverbindlichkeiten, Drittrechtsgeschäften<br />

oder aus § 735 BGB 141 handelt. Es ist nicht ersichtlich, warum der<br />

noch nicht erfüllte Anspruch der Gesellschaft anders zu qualifizieren sein sollte als das<br />

138 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 52 IV 1. b), S. 1520.<br />

139 Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 9 Rn. 5.<br />

140 So wohl auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 II 4., S. 578.<br />

141 In Bezug auf § 735 BGB ebenso Soergel/Hadding/Kießling BGB § 735 Rn. 6.<br />

42


aufgrund <strong>des</strong> Anspruchs bereits Geleistete 142 . Solche Forderungen stehen der Gesellschaft<br />

als eigene Rechtsträgerin zu und sind damit ein verwertbarer Bestandteil der Liquidationsmasse.<br />

Eine davon zu trennende Frage ist allerdings, ob solche noch offenen<br />

Forderungen gegen Gesellschafter <strong>nach</strong> Eintritt der Auflösung noch im Wege <strong>des</strong> Forderungseinzugs<br />

im Sinne <strong>des</strong> § 733 Abs. 3 BGB in Geld umgesetzt werden können oder<br />

müssen. Relevant wird dies insbesondere für im Auflösungspunkt noch nicht geleistete<br />

Einlagen.<br />

II.<br />

Einziehung rückständiger Einlagen <strong>nach</strong> Auflösung?<br />

1. Einlageleistung im Abwicklungsstadium: Der Meinungsstand<br />

Hierzu wird vertreten, dass rückständige Einlagen <strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft nur<br />

noch geschuldet, soweit sie für die Durchführung der <strong>Auseinandersetzung</strong>, d.h. für eine<br />

dem Abwicklungszweck entsprechende Betätigung der Gesellschaft und zur Befriedigung<br />

der Gläubiger erforderlich sind 143 . Ausstehende Sacheinlagen, die für eine optimale<br />

Verwertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> nicht mehr benötigt werden, können dabei<br />

durch Zahlung eines dem Sachwert entsprechenden Geldbetrags abgegolten werden 144 .<br />

Sind die rückständigen Einlagen <strong>nach</strong> diesen Grundsätzen erforderlich, so soll jeder<br />

Gesellschafter befugt sein, den Einlagenanspruch der Gesellschaft gegen den säumigen<br />

Mitgesellschafter durchzusetzen 145 . Allerdings können die Gesellschafter die Einlageleistung<br />

<strong>nach</strong> § 242 BGB verweigern, soweit bereits feststeht, dass der eingezahlte Betrag<br />

aus der Liquidationsmasse wieder an sie zurückgezahlt werden müsste 146 .<br />

142 Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 9 Rn. 4.<br />

143 BGH NJW 1980, 1522, 1523 f.; MünchKomm HGB/K. Schmidt § 149 Rn. 19; Hillers, Personengesellschaft<br />

und Liquidation, S. 243 f.<br />

144 E/B/J/S/Hillmann HGB § 149 Rn. 12.<br />

145 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 II 4., S. 577.<br />

146 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 149 Rn. 19.<br />

43


2. Stellungnahme<br />

a) <strong>Die</strong>nstleistung oder Gebrauchsüberlassung<br />

<strong>Die</strong>ser Ansicht kann nur zum Teil gefolgt werden - es ist vielmehr <strong>nach</strong> der Art und<br />

Rechtsnatur der geschuldeten Einlage zu differenzieren. Soweit es sich bei der geschuldeten<br />

Einlageleistung um eine <strong>Die</strong>nstleistung oder um die Überlassung der Benutzung<br />

eines Gegenstan<strong>des</strong> (§ 733 Abs. 2 Satz 3 BGB) handelt, kann die <strong>nach</strong>trägliche Einforderung<br />

tatsächlich davon abhängig gemacht werden, ob die betreffende <strong>Die</strong>nstleistung<br />

oder die Möglichkeit zur Benutzung <strong>des</strong> Gegenstan<strong>des</strong> für die Durchführung der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

erforderlich ist. <strong>Die</strong>se Art der Einlageleistung schlägt sich <strong>nach</strong> dem<br />

Willen <strong>des</strong> Gesetzgebers nicht in Form einer messbaren Wertsteigerung im Gesellschaftsvermögen<br />

nieder 147 , so dass grundsätzlich auch keine Gefahr einer Verletzung<br />

von schützenswerten Vermögensinteressen besteht, wenn sie <strong>nach</strong> Auflösung nicht<br />

mehr eingefordert wird.<br />

b) Sacheinlagen<br />

Soweit die rückständige Einlage nicht in Geld (§ 733 Abs. 2 Satz 2 BGB), sondern in<br />

einer Sachleistung besteht, so ist sie - soweit keine anderweitige Vereinbarung der Gesellschaft<br />

getroffen wird - in jedem Fall auch noch <strong>nach</strong> dem Auflösungszeitpunkt einzufordern,<br />

und zwar unabhängig davon, ob sie für die <strong>Auseinandersetzung</strong> benötigt wird<br />

oder nicht. <strong>Die</strong>s gilt auch dann, wenn die Sachleistung unmittelbar <strong>nach</strong> ihrer Einbringung<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB verwertet werden müsste: Dem einbringenden Gesellschafter<br />

wird zwar der objektive Wert der Sache im Zeitpunkt der Einbringung als Einlageleistung<br />

gutgeschrieben (§ 733 Abs. 2 Satz 2 BGB), jedoch besteht stets die Chance<br />

bzw. das Risiko, dass die Sache unerwarteter Weise zu einem Erlös verwertet werden<br />

kann, der über oder unter ihrem objektiven Wert liegt, z.B. weil ein Käufer gefunden<br />

werden kann, der einen besonders hohen Liebhaberpreis für den Gegenstand bezahlt<br />

oder weil die Verwertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB sich<br />

unerwartet lange hinzieht. Derartige Wertsteigerungen seit dem Einbringungszeitpunkt<br />

fließen der Gesellschaft und über die <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben im Ergebnis allen<br />

Gesellschaftern zu, umgekehrt tragen die Gesellschaft und damit im Ergebnis mittelbar<br />

147 Soergel/Hadding/Kießling BGB § 733 Rn. 12.<br />

44


auch alle Gesellschafter die Gefahr eines Wertverlustes 148 . Da der Gesellschaft die<br />

Chance erhalten bleiben muss, den eingebrachten Gegenstand zu einem über dem objektiven<br />

Wert im Einbringungszeitpunkt liegenden Erlös zu verwerten, kann ein Gesellschafter<br />

auch nicht ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter von sich aus beschließen,<br />

den ursprünglich geschuldeten Gegenstand zu behalten und an seiner Stelle der<br />

Gesellschaft den objektiven Wert <strong>des</strong> Gegenstan<strong>des</strong> zum Einbringungszeitpunkt zu bezahlen<br />

149 .<br />

c) Geldeinlagen<br />

<strong>Die</strong>s gilt insbesondere <strong>des</strong>halb, weil die Einziehung von rückständigen Einlagen, die in<br />

einer Geldleistung bestehen, <strong>nach</strong> Eintritt der Gesellschaft in das Abwicklungsstadium<br />

weder möglich noch nötig ist 150 . Mit Eintritt der Auflösung sind jedem Gesellschafter<br />

die von ihm geleisteten Einlagen <strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB zurück zu gewähren. Zwar<br />

erfolgt diese Rückerstattung, soweit es sich dabei um eine Geldzahlung handelt, grundsätzlich<br />

nur in Gestalt <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens, d.h. unter Verrechnung mit<br />

allen anderen dem Gesellschafter zustehenden (geldwerten) Ansprüchen und Verbindlichkeiten.<br />

<strong>Die</strong>se Verrechnung ändert jedoch nichts daran, dass mit Eintritt der Auflösung<br />

jeder rückständigen Geldeinlageforderung grundsätzlich die von Amts wegen zu<br />

beachtende Einwendung der unzulässigen Rechtsausübung aus § 242 BGB in Form <strong>des</strong><br />

sog. dolo agit-Grundsatzes 151 entgegensteht: § 733 Abs. 2 BGB hat zur Folge, dass der<br />

leistende Gesellschafter seine soeben eingezahlte Geldeinlage sofort wieder im Wege<br />

<strong>des</strong> Einlagerückzahlungsanspruchs – wenn auch verrechnet mit anderen Ansprüchen –<br />

zurückfordern könnte. Er kann sich daher mit Eintritt der Auflösung jederzeit darauf<br />

berufen, dass die Einforderung der rückständigen Einlagezahlung missbräuchlich ist;<br />

148 Soergel/Hadding/Kießling BGB § 733 Rn. 13.<br />

149 So aber offenbar E/B/J/S/Hillmann HGB § 149 Rn. 12.<br />

150 So wohl auch Soergel/Hadding/Kießling BGB § 733 Rn. 11.<br />

151 „Dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“, auch als „dolo agit-Einwand“ bezeichnet, BGHZ 79,<br />

201, 204 = NJW 1981, 980; BGH NJW 1990, 1289, 1290; Palandt/Grüneberg BGB § 242 Rn. 52 ff.<br />

Zu Bedenken gegen den dolo agit-Einwand im Rahmen der <strong>Auseinandersetzung</strong> Messer, FS Stimpel<br />

1985, S. 210 f.: Da<strong>nach</strong> sei der dolo agit-Einwand nur möglich, wenn die Pflicht zur alsbaldigen<br />

Rückgewähr <strong>des</strong> Erlangten sicher feststehe, d.h. ein fälliger, zumin<strong>des</strong>t <strong>nach</strong> Grund und Höhe feststehender<br />

Gegenanspruch bestehe; der Schuldner werde hingegen mit dem Einwand nicht gehört, dass<br />

ihm womöglich, wenn auch zur Zeit noch nicht errechenbar und vom Abschluss <strong>des</strong> Abrechnungsverfahrens<br />

abhängig, ein Gegenanspruch zustehe.<br />

45


ihre Einziehung ist damit mit Eintritt der Gesellschaft in das Abwicklungsstadium dauerhaft<br />

ausgeschlossen 152 .<br />

Es ist auch praktisch kein Fall denkbar, in dem Geldeinlagen im Abwicklungsstadium<br />

zur Durchführung der Abwicklung erforderlich sein könnten. Reicht das Gesellschaftsvermögen<br />

zur Begleichung der Verbindlichkeiten und zur Rückerstattung der Einlagen<br />

nicht aus, so sind etwaige Fehlbeträge von den Gesellschaftern <strong>nach</strong> § 735 BGB aus<br />

ihrem Privatvermögen auszugleichen, und zwar unabhängig davon, ob der <strong>nach</strong>schusspflichtige<br />

Gesellschafter gesellschaftsvertraglich verpflichtet gewesen wäre, den offenen<br />

Betrag bereits als Geldeinlage in die Gesellschaft einzubringen oder nicht. <strong>Die</strong><br />

Pflicht zur Zahlung einer rückständigen Geldeinlage in das Gesellschaftsvermögen wird<br />

mit Eintritt der Auflösung wirtschaftlich durch die Pflicht zur Nachschussleistung in das<br />

Gesellschaftsvermögen <strong>nach</strong> § 735 BGB ersetzt. Der Einziehung rückständiger Geldeinlagen<br />

bedarf es mit Eintritt der Auflösung nicht mehr.<br />

3. Beispielsfall<br />

<strong>Die</strong>s zeigt sich an folgendem Beispielsfall:<br />

Fall 1:<br />

<strong>Die</strong> aufgelöste Gesellschaft besteht aus den Gesellschaftern A und B, die zu<br />

je 50% am Verlust beteiligt sind. Laut Gesellschaftsvertrag hatten beide Gesellschafter<br />

Einlageleistungen in Geld von je 5.000 153 zu erbringen. <strong>Die</strong>ser<br />

Verpflichtung ist nur A <strong>nach</strong>gekommen, die Einlageleistung <strong>des</strong> B steht im<br />

Zeitpunkt der Auflösung noch aus. <strong>Die</strong> Gesellschaft hat im Zeitpunkt der<br />

Auflösung außer der von A geleisteten Einlage von 5.000 kein weiteres<br />

152 In diese Richtung auch MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 111, der zum Ergebnis kommt, dass<br />

Drittgläubigeransprüche <strong>des</strong> Gesellschafters dann als unselbständige Rechnungsposten in die <strong>Auseinandersetzung</strong>srechnung<br />

einbezogen werden sollten, wenn eine Nachschusspflicht <strong>des</strong> betreffenden<br />

Gesellschafters bereits bestehe; in diesem Fall stünde einer isolierten Einforderung <strong>des</strong> Drittgläubigeranspruchs<br />

der dolo agit-Grundsatz entgegen. Ähnlich MünchHdb GesR I/Butzer/Knof § 84 Rn. 44,<br />

wo<strong>nach</strong> der einzelne Gesellschafter aus Gründen der mitgliedschaftlichen Treuepflicht mit der Geltendmachung<br />

seiner Drittgläubigerforderung zuwarten muss, wenn dies zur Vermeidung von Nachteilen<br />

für die Gesellschaft erforderlich ist. Des Weiteren soll der Gesellschaft gegen den Anspruch <strong>des</strong><br />

Gesellschafters ggf. der Einwand aus § 242 BGB (dolo agit) zustehen (MünchHdb GesR<br />

I/Butzer/Knof § 84 Rn. 44). <strong>Die</strong> Autoren geben jedoch kein Beispiel dafür, wann ein solcher Fall eingetreten<br />

sein kann.<br />

153 In sämtlichen im Folgenden dargestellten Beispielsfällen wird der Übersichtlichkeit halber auf Währungsangaben<br />

sowie den Ausweis von Nachkommastellen verzichtet.<br />

46


Vermögen mehr, dafür jedoch Schulden gegenüber Drittgläubigern in Höhe<br />

von 8.000 (§ 733 Abs. 1 BGB).<br />

Nach der hier vertretenen Lösung ist die Einforderung der noch ausstehenden Einlage<br />

<strong>des</strong> B mit Eintritt der Auflösung ausgeschlossen (§ 242 BGB). <strong>Die</strong>ser Betrag nimmt<br />

zunächst nicht an der weiten Vermögensverteilung teil. Das Gesellschaftsvermögen ist<br />

vorrangig zur Befriedigung der Schulden gegenüber Drittgläubigern von 8.000 zu verwenden<br />

(§ 733 Abs. 1 BGB). Da dies jedoch nur zum Teil gelingt, verbleibt ein Fehlbetrag<br />

von 3.000. Hinzu kommt der Einlagenrückzahlungsanspruch <strong>des</strong> A in Höhe von<br />

5.000 gegen die Gesellschaft <strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB. <strong>Die</strong>ser kann nicht mehr aus dem<br />

Gesellschaftsvermögen befriedigt werden, da dieses bereits vollständig für die Schuldenbefriedigung<br />

ausgeschöpft wurde. Insgesamt ist damit ein Fehlbetrag von 8.000 entstanden,<br />

der <strong>nach</strong> § 735 BGB von beiden Gesellschaftern hälftig zu tragen ist. Auf jeden<br />

Gesellschafter entfällt damit eine Nachschussleistung von 4.000. Im Gegensatz zu B<br />

kann A jedoch gegen den Anspruch der Gesellschaft auf Nachschussleistung von 4.000<br />

(§ 735 BGB) mit seinem Einlagenrückzahlungsanspruch (§ 733 Abs. 2 BGB) gegen die<br />

Gesellschaft in Höhe von 5.000 aufrechnen, so dass ihn keine Zahlungspflicht mehr<br />

trifft, sondern er vielmehr noch 1.000 von der Gesellschaft fordern kann. B hingegen<br />

hat seine Nachschussverpflichtung von 4.000 (§ 735 BGB) noch durch Zahlung an die<br />

Gesellschaft zu erfüllen, da er mangels vorheriger Einlageleistung keinen aufrechnungsfähigen<br />

Gegenanspruch vorweisen kann. Vom Betrag seiner Nachschussleistung werden<br />

3.000 verwendet, um die verbliebenen Schulden der Gesellschaft gegenüber den Drittgläubigern<br />

zu befriedigen, die übrigen 1.000 stehen A zu, <strong>des</strong>sen Einlagenrückerstattungsanspruch<br />

in dieser Höhe ebenfalls nicht mehr aus dem Gesellschaftsvermögen befriedigt<br />

werden konnte. Im Ergebnis zahlen damit sowohl A als auch B per Saldo 4.000<br />

in das Gesellschaftsvermögen.<br />

Würde man statt <strong>des</strong>sen gemäß der Vorgehensweise der herrschenden Meinung <strong>nach</strong><br />

Auflösung zunächst von B die rückständige Einlage fordern, so ergäbe sich rechnerisch<br />

kein anderes Ergebnis. B müsste die von ihm geschuldeten 5.000 zunächst als Einlage<br />

in das Gesellschaftsvermögen einzahlen. Aus dem so entstehenden Gesamtgesellschaftsvermögen<br />

von 10.000 könnten dann die Schulden der Gesellschaft von 8.000<br />

vollständig befriedigt werden, es verbliebe ein Restvermögen von 2.000. Im Anschluss<br />

daran hätten aber sowohl B als auch A einen Anspruch gegen die Gesellschaft auf<br />

Rückerstattung ihrer Einlagen in Höhe von je 5.000, insgesamt von 10.000 gegen die<br />

Gesellschaft (§ 733 Abs. 2 BGB). Da im Gesellschaftsvermögen <strong>nach</strong> Schuldenbefriedigung<br />

aber nur 2.000 verblieben sind, könnten die Einlagenrückzahlungsansprüche im<br />

Umfang von 8.000 nicht befriedigt werden. <strong>Die</strong>ser Fehlbetrag wäre wiederum <strong>nach</strong><br />

47


§ 735 BGB hälftig aufzuteilen, wobei nun aber im Vergleich zur soeben dargestellten<br />

Lösung nicht nur A, sondern beide Gesellschafter mit ihrem Einlagenrückzahlungsanspruch<br />

von je 5.000 gegenüber ihrer jeweiligen Nachschussleistung von 4.000 aufrechnen<br />

könnten. Damit verbleibt für jeden Gesellschafter ein Guthaben von 1.000, das er<br />

aus dem verbliebenen Gesellschaftsvermögen von 2.000 entnehmen kann. Im Ergebnis<br />

zahlt also auch bei dieser Variante jeder Gesellschafter per Saldo nur 4.000 an die Gesellschaft.<br />

III.<br />

Einziehung sonstiger auf Geldzahlung gerichteter Forderungen gegen den<br />

Gesellschafter?<br />

1. Definition der Einlage <strong>nach</strong> herrschender Meinung<br />

Es könnte <strong>nach</strong> Auflösung also allenfalls noch die Einziehung von sonstigen Forderungen<br />

der Gesellschaft gegen den Gesellschafter in Betracht kommen, die auf eine Geldzahlung<br />

gerichtet sind, jedoch nicht als Einlage oder sonstiger Beitrag <strong>nach</strong> § 706 BGB<br />

geschuldet sind. Dazu könnten beispielsweise Ansprüche der Gesellschaft auf Rückzahlung<br />

unberechtigter Entnahmen zählen, die das Gesellschaftsvermögen vertragswidrig<br />

schmälern 154 . Allerdings gilt auch für solche Forderungen, dass kein Gesellschafter verpflichtet<br />

ist, Zahlungen an die Gesellschaft zu leisten, soweit der einzuzahlende Betrag<br />

an ihn wieder ausgeschüttet werden müsste 155 . Fraglich ist also, ob der Gesellschafter<br />

einer Forderung der Gesellschaft, die nicht aufgrund gesellschaftsvertraglicher Regelung<br />

geschuldet ist, mit dem dolo agit-Argument <strong>des</strong> § 242 BGB entgegentreten kann.<br />

<strong>Die</strong>s wäre dann möglich, wenn alle Zahlungen <strong>des</strong> Gesellschafters an die Gesellschaft<br />

ungeachtet ihrer Qualifikation oder ihrer Begründung im Gesellschaftsvertrag Einlagen<br />

im Sinne <strong>des</strong> § 733 Abs. 2 BGB darstellten. Nachfolgend ist daher der Begriff der Einlage<br />

genauer zu untersuchen.<br />

<strong>Die</strong> Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind mit Abschluss <strong>des</strong> Gesellschaftsvertrags<br />

verpflichtet, den Gesellschaftszweck in der vereinbarten Weise zu<br />

154 Palandt/Sprau BGB § 705 Rn. 29 iVm § 721 Rn. 4.<br />

155 Hillers, Personengesellschaft und Liquidation, S. 205 ff.; E/B/J/S/Hillmann HGB § 149 Rn. 14.<br />

48


fördern (§ 705 BGB). Zu diesem Zweck haben sie Beiträge (§ 706 BGB) und Einlagen<br />

zu leisten. Das Gesetz verwendet die Begriffe „Beitrag“ und „Einlage“ nicht einheitlich.<br />

Zum Teil wird der Unterschied zwischen Beitrag und Einlage darin gesehen, dass der<br />

Beitrag noch geschuldet, die Einlage hingegen schon geleistet ist 156 . Nach anderer Ansicht<br />

soll der Unterschied zwischen Beitrag und Einlage darin liegen, dass der Beitrag<br />

als Oberbegriff je<strong>des</strong> als Primärpflicht vom Gesellschafter geschuldete zweckfördernde<br />

Tun oder Unterlassen bezeichnet, während die Einlage ein zur Eigenkapitalbildung in<br />

das Gesellschaftsvermögen zu leistender Beitrag ist, der dort als Vermögenswert verbleibt<br />

und die Haftungsmasse der Gesellschaft mehrt 157 .<br />

Zu unterscheiden sind <strong>nach</strong> allgemeiner Ansichtdabei die Einlage zu vollem Eigentum<br />

(quoad dominum), dem Werte <strong>nach</strong> (quoad sortem) und zum Gebrauch (quoad usum) 158 .<br />

Bei Einbringung quoad dominum ist der Gesellschafter verpflichtet, das Eigentum an<br />

dem Gegenstand <strong>nach</strong> sachenrechtlichen Grundsätzen auf die Gesellschaft zu übertragen<br />

159 . Bei der Einbringung dem Werte <strong>nach</strong> bleibt zwar der Gesellschafter <strong>nach</strong> außen<br />

hin zivilrechtlich Eigentümer <strong>des</strong> Vermögensgegenstands, im Innenverhältnis ist er aber<br />

verpflichtet, der Gesellschaft den Gegenstand zur Nutzung zur Verfügung zu stellen,<br />

d.h. ihn so behandeln zu lassen, als wäre er Gesellschaftsvermögen 160 : Der Wert <strong>des</strong><br />

eingebrachten Vermögensgegenstan<strong>des</strong> wird Gesellschaftsvermögen 161 . <strong>Die</strong> Einlage<br />

quoad usum gewährt der Gesellschaft hingegen nur Gebrauch und Nutzung ohne<br />

Wertbeteiligung, sie ist mit Auflösung <strong>nach</strong> § 732 BGB zurückzugeben. Vertraglich<br />

nicht vorgesehene Aufwendungen eines Gesellschafters im Interesse der Gesellschaft<br />

oder sonstige Leistungen zu ihren Gunsten sollen dabei <strong>nach</strong> herrschender Meinung nur<br />

Einlagen darstellen, soweit dies von den Gesellschaftern <strong>nach</strong>träglich vereinbart worden<br />

ist 162 . Keine Einlagen sind <strong>nach</strong> herrschender Meinung auch Leistungen, die ein Gesellschafter<br />

nicht aufgrund <strong>des</strong> Gesellschaftsverhältnisses, sondern aufgrund eines Dritt-<br />

156 Palandt/Sprau BGB § 706 Rn. 1.<br />

157 Erman/Westermann BGB § 706 Rn. 1; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 30 II 1. a), S. 567.<br />

158 Zur Terminologie eingehend Piltz DStR 1991, 251 ff.<br />

159 MünchKomm BGB/Schäfer § 706 Rn. 11; Staudinger/Kessler BGB (1991) § 706 Rn. 29; Piltz DStR<br />

1991, 251.<br />

160 MünchKomm BGB/Schäfer § 706 Rn. 12; Staudinger/Kessler BGB (1991) § 706 Rn. 29.<br />

161 Reinhardt DStR 1991, 588, 589.<br />

162 BGH WM 1975, 196, 196 für Aufwendungen für ein gemeinsames Grundstück, hier sollen allenfalls<br />

Aufwendungsersatzansprüche in Betracht kommen.<br />

49


echtsverhältnisses erbracht hat 163 sowie mangels anderer Vereinbarung nicht abgerufene<br />

Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis 164 , z.B. nicht entnommene<br />

(„stehen gelassene“) Gewinnanteile.<br />

2. Stellungnahme<br />

<strong>Die</strong> Einschränkungen der herrschenden Meinung, dass eine Einlage nur dann vorliegen<br />

soll, wenn die Leistung <strong>des</strong> Gesellschafters vertraglich vorgesehen bzw. von den übrigen<br />

Gesellschaftern als Einlage anerkannt worden ist, sind nicht gerechtfertigt. Würde<br />

man eine gesellschaftliche Regelung oder <strong>nach</strong>trägliche Anerkennung als Einlage durch<br />

die übrigen Gesellschafter zur Voraussetzung einer als Einlage zu qualifizierenden Leistung<br />

machen, so wäre der Anspruch <strong>des</strong> leistenden Gesellschafters aus § 733 Abs. 2<br />

BGB von der Kooperation und dem Belieben seiner Mitgesellschafter abhängig. <strong>Die</strong>se<br />

hätten es in der Hand, durch (<strong>nach</strong>trägliche) Verweigerung ihrer Anerkennung einer<br />

Zahlung als Einlage über das Bestehen eines Anspruchs aus § 733 Abs. 2 BGB zu entscheiden.<br />

Dass dies den Berechtigten - insbesondere in der hier zugrunde gelegten Fallkonstellation<br />

der gegenseitigen Blockade aller Gesellschafter - vor unüberwindliche Hindernisse<br />

stellt und ihn ungerechtfertigt be<strong>nach</strong>teiligt, liegt auf der Hand: Da<strong>nach</strong> müsste der Berechtigte<br />

zur Geltendmachung seines Anspruchs aus § 733 Abs. 2 BGB stets zunächst<br />

seine Mitgesellschafter auf Zustimmung zur Anerkennung seiner Leistung als Einlage<br />

verklagen, bevor er in einem zweiten Schritt deren Rückerstattung <strong>nach</strong> § 733 Abs. 2<br />

BGB prozessual geltend machen könnte. Dabei würde das Zustimmungserfordernis der<br />

Mitgesellschafter an der Anspruchsberechtigung nichts ändern, sondern allenfalls die<br />

Anspruchsgrundlage verändern: Leistungen an die Gesellschaft oder in ihrem Interesse<br />

kann der leistende Gesellschafter bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch<br />

im Wege <strong>des</strong> Aufwendungsersatzes <strong>nach</strong> Auftragsrecht (§ 670 BGB) oder aus ungerechtfertigter<br />

Bereicherung (§ 812 BGB) von der Gesellschaft einfordern. Um auf Anerkennung<br />

seiner Leistung als Einlage klagen zu können, müsste der Anspruchsberechtigte<br />

die Voraussetzungen seines Erstattungsanspruches in gleicher Weise darlegen, wie<br />

163 OLG München NZG 2000, 1124, 1125.<br />

164 OLG Köln NZG 2000, 979, 980; Palandt/Sprau BGB § 706 Rn. 1.<br />

50


er dies bei einer Leistungsklage auf Zahlung <strong>des</strong> Erstattungsanspruches aus §§ 670, 812<br />

BGB tun müsste.<br />

Das Kriterium, ob die Leistung in das Gesellschaftsvermögen zur Bildung von Haftungsmasse<br />

erbracht wurde 165 , ist ebenfalls nicht tauglich, um eine Einlageleistung von<br />

einer nicht als Einlage zu qualifizierenden Zahlung abzugrenzen. Jede vermögenswerte<br />

Leistung <strong>des</strong> Gesellschafters an die Gesellschaft oder für Rechnung der Gesellschaft<br />

mehrt das Gesellschaftsvermögen und damit die im Innenverhältnis primär für die Verbindlichkeiten<br />

der Gesellschaft haftende Vermögensmasse. Auf die finale Leistungsbestimmung<br />

„zur Mehrung der Haftungsmasse“ durch den Gesellschafter kann es daher<br />

ebenso wenig ankommen wie auf eine Annahme der Leistung durch die Gesellschaft, da<br />

jede Leistung <strong>des</strong> Gesellschafters im Ergebnis auch dann dem Gesellschaftsvermögen<br />

als Haftungsmasse zugute kommt, wenn weder er noch die Gesellschaft dies wollen<br />

oder bezwecken. Es kann somit für das Vorliegen einer Einlagenleistung nicht entscheidend<br />

sein, ob der Gesellschafter der Gesellschaft Vermögenswerte auf Grundlage <strong>des</strong><br />

Gesellschaftsverhältnisses oder eines Drittverhältnisses, zur Mehrung der Haftungsmasse<br />

oder mit sonstiger Zweckbestimmung, freiwillig oder unfreiwillig, mit Zustimmung<br />

oder gegen den Widerstand der Mitgesellschafter zugeführt hat oder ob die Gesellschaft<br />

oder die übrigen Gesellschafter die Leistung als Einlage anerkannt haben oder zur Anerkennung<br />

verpflichtet sind. Umständliche Abgrenzungen und Beweisprobleme wären<br />

die Folge, die eine Abwicklung letztlich erschweren oder sogar verhindern könnten.<br />

3. Eigene Lösung: Weite Auslegung <strong>des</strong> Einlagenbegriffs<br />

Der reibungslose Verlauf der Abwicklung erfordert statt <strong>des</strong>sen eine objektivierbare,<br />

von der Mitwirkung der Mitgesellschafter unabhängige Definition, um eine Leistung als<br />

Einlage im Sinne <strong>des</strong> § 733 Abs. 2 BGB qualifizieren zu können. Dabei erweisen sich<br />

die Definitionen <strong>des</strong> Steuerrechts als hilfreich. In § 4 Abs. 1 Satz 7 EStG werden Einlagen<br />

definiert als „alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter),<br />

die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe <strong>des</strong> Wirtschaftsjahres zugeführt hat“.<br />

Als Entnahmen gelten <strong>nach</strong> § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG „alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen,<br />

Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem<br />

165 So K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 30 II 1. a), S. 567.<br />

51


Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe<br />

<strong>des</strong> Wirtschaftsjahres entnommen hat“.<br />

<strong>Die</strong>se Begriffsbestimmungen führen auch im Gesellschaftsrecht zu einer sachgerechten<br />

und objektivierbaren Unterscheidung. Da<strong>nach</strong> sind alle vermögenswerten Leistungen<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters, die er aus seinem Privatvermögen zu Eigentum der Gesellschaft<br />

(quoad dominum) oder dem Werte <strong>nach</strong> (quoad sortem) in das Gesellschaftsvermögen<br />

erbringt, grundsätzlich eine Einlage. Entsprechend gelten als Entnahme alle vermögenswerten<br />

Leistungen, die aus dem Gesellschaftsvermögen in das Privatvermögen <strong>des</strong><br />

Gesellschafters einfließen 166 . Auszuklammern ist in beiden Fällen lediglich die Einbringung<br />

der bloßen Gebrauchsmöglichkeit (Einlage quoad usum), da diese der Sonderregelung<br />

<strong>des</strong> § 732 BGB unterliegt und in natura zurückzugeben ist.<br />

Für die Qualifikation als Einlage in dem soeben beschriebenen Sinne ist unerheblich, ob<br />

die Leistung an oder nur für Rechnung der Gesellschaft oder <strong>des</strong> Gesellschafters erbracht<br />

wird. Ebenso unerheblich ist, wie dargelegt, ob die Leistung als Beitrag oder als<br />

sonstige gesellschaftsvertraglich vereinbarte Verbindlichkeit gegenüber der Gesellschaft<br />

zu qualifizieren ist, ob die Gesellschaft oder die übrigen Mitgesellschafter die Leistung<br />

als Einlage anerkennen oder ihre Zustimmung zur Leistung erklärt haben. Auch kommt<br />

es nicht darauf an, auf welcher Rechtsgrundlage solche Zahlungsflüsse erfolgen. So ist<br />

beispielsweise auch die Befriedigung einer Gesellschaftsschuld durch Zahlung an den<br />

Gläubiger als Einlage <strong>des</strong> leistenden Gesellschafters zu qualifizieren. Zwar erfolgt sie<br />

nicht direkt in das Gesellschaftsvermögen, sondern an den Gläubiger, die Gesellschaft<br />

erlangt durch sie aber die Befreiung von einer Verbindlichkeit im Umfang der Leistung<br />

an den Gläubiger. <strong>Die</strong>se Befreiung hat selbst Vermögenswert, da sie das verbleibende<br />

Gesellschaftsvermögen erhöht bzw. <strong>des</strong>sen Schmälerung durch die Inanspruchnahme<br />

<strong>des</strong> Gläubigers verhindert. Ebenso ist es für die Qualifizierung als Einlage unerheblich,<br />

ob der Leistung <strong>des</strong> Gesellschafters eine Gegenleistung der Gesellschaft gegenübersteht,<br />

die dem Einlagebetrag entspricht und ihn so wirtschaftlich qua Saldo wieder ausgleicht.<br />

So ist z.B. der Kaufpreis, den ein Gesellschafter für einen Vermögensgegenstand der<br />

Gesellschaft <strong>nach</strong> § 433 Abs. 2 BGB bezahlt, auch dann eine Einlage, wenn er marktan-<br />

166 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass diese weite<br />

Auslegung <strong>des</strong> Begriffs der Einlage und der Entnahme für die Zwecke der Abwicklung in dieser Form<br />

bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden ist. Daher gehe ich davon aus, dass hierfür,<br />

soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

52


gemessen ist und somit durch die dingliche Eigentumsübertragung <strong>des</strong> Kaufgegenstands<br />

an den einlegenden Gesellschafter wirtschaftlich wieder kompensiert wird. Dabei ist die<br />

Überführung <strong>des</strong> Kaufgegenstands vom Vermögen der Gesellschaft in das Privatvermögen<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters durch Übereignung als Entnahme zu qualifizieren.<br />

Maßgeblich ist statt <strong>des</strong>sen ausschließlich das Vorliegen einer Vermögensverschiebung<br />

im Verhältnis <strong>des</strong> Gesellschafters zur Gesellschaft. Jede Vermögensverschiebung vom<br />

Gesellschafter zur Gesellschaft, ob auf der Grundlage einer vereinbarten Einlagenverpflichtung,<br />

eines Gesellschafterdarlehens, einer freiwilligen Liquiditätszuführung, einer<br />

Zahlung auf eine Gesellschaftsverbindlichkeit, der Einbringung eines Vermögensgegenstan<strong>des</strong><br />

oder einer in Abweichung von § 733 Abs. 2 Satz 3 BGB zu vergütenden <strong>Die</strong>nstleistung,<br />

ist eine Einlage, sofern sie der Gesellschaft als Leistung aus dem Privatvermögen<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters zugeflossen ist. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden,<br />

die Gesellschaft müsse sich eine Leistung <strong>des</strong> Gesellschafters nicht aufdrängen lassen<br />

und es könne nicht im Belieben eines Gesellschafters stehen, eine Leistung zu erbringen,<br />

die dann als Einlage zu gelten habe und dann zu einem Rückerstattungsanspruch<br />

der Gesellschaft (§ 733 Abs. 2 Satz 1 BGB) und damit in letzter Konsequenz zu einem<br />

anteiligen Verlustausgleichsanspruch gegen die Mitgesellschafter führe (§ 735 BGB) 167 .<br />

Da der Definition <strong>des</strong> § 4 Abs. 1 Satz 7 EStG entsprechend nur solche Leistungen als<br />

Einlage zu gelten haben, die „dem Betrieb“ <strong>des</strong> Unternehmens zugeführt werden, sind<br />

Leistungen, die keinen Bezug zum Gesellschaftszweck und damit zum „Betrieb“ der<br />

Gesellschaft haben, keine Einlagen (z.B. Abwicklung von privatem Geldverkehr eines<br />

Gesellschafters über ein Gesellschaftskonto). <strong>Die</strong>se sind vielmehr von vornherein separat<br />

abzurechnen.<br />

4. Folge: Erweiterter Umfang <strong>des</strong> Einlagenrückerstattungsanspruchs <strong>nach</strong><br />

§ 733 Abs. 2 BGB<br />

Es ist also festzuhalten, dass der Einlagebegriff erweiternd auszulegen und auf alle vermögenswerten<br />

Leistungen aus dem Privatvermögen eines Gesellschafters an oder<br />

zugunsten der Gesellschaft auszudehnen ist einschließlich derer, die erst <strong>nach</strong> Auflösung<br />

der Gesellschaft erfolgen. Der erweiternden Auslegung <strong>des</strong> Einlagebegriffs unter-<br />

167 Siehe zum ähnlich gelagerten Problem der aufgedrängten Bereicherung beispielsweise Bamberger/Roth/Kindl<br />

BGB § 951 Rn. 17 ff.<br />

53


liegt damit auch der Einlagenrückerstattungsanspruch <strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB. Es bedarf<br />

keiner Erörterung, dass die Verpflichtung zur Einlagenrückzahlung aus § 733<br />

Abs. 2 Satz 1 BGB nur tatsächlich geleistete Einlagen betrifft. Jede Leistung <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

auf eine Forderung der Gesellschaft, die eine Einlageleistung in diesem Sinne<br />

darstellen würde, unterliegt daher mit Auflösung der sofortigen Rückforderung <strong>nach</strong><br />

Maßgabe der in § 733 Abs. 2 Satz 1 bis 3 BGB vorgenommenen Abstufungen. <strong>Die</strong>s hat<br />

zur Folge, dass Forderungen der Gesellschaft gegen den Gesellschafter, die auf Zahlung<br />

eines Geldbetrages gerichtet sind, mit Eintritt der Auflösung nicht mehr eingefordert<br />

werden können. Ihrer Einziehung steht vielmehr grundsätzlich das Verbot der unzulässigen<br />

Rechtsausübung aus § 242 BGB (dolo agit) entgegen, da nicht verlangt werden<br />

kann, was sofort zurück zu gewähren ist.<br />

Etwas Anderes gilt wie dargestellt nur, soweit es sich um Sacheinlagen im Sinne <strong>des</strong><br />

§ 733 Abs. 2 Satz 2 BGB oder um <strong>Die</strong>nstleistungen sowie Nutzungsrechte im Sinne <strong>des</strong><br />

§ 733 Abs. 2 Satz 2 BGB handelt. Noch nicht geleistete, auf Zahlung eines Geldbetrages<br />

gerichtete Einlagen und Beiträge werden damit weder bei der Ermittlung <strong>des</strong> abzuwickelnden<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> noch bei der Berechnung <strong>des</strong> dem jeweiligen Gesellschafter<br />

zustehenden <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens berücksichtigt.<br />

5. Ausnahme: Nachschussleistung <strong>nach</strong> § 735 BGB<br />

Von der Einforderung rückständiger Einlagen im soeben angesprochenen Sinne ist die<br />

Einforderung von Nachschussleistungen <strong>nach</strong> § 735 BGB zu unterscheiden. Zwar stellt<br />

letztlich auch eine in Erfüllung der Nachschusspflicht <strong>nach</strong> § 735 BGB geleistete Zahlung<br />

eine Mehrung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> dar, da sie aus dem Privatvermögen<br />

eines Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen zugeführt worden ist. Schuldnerin<br />

der ursprünglichen Verpflichtung „Schuldenbefriedigung“ und „Einlagenrückerstattung“<br />

ist zunächst die Gesellschaft selbst, die Nachschussleistung bei nicht vorhandenem<br />

Gesellschaftsvermögen stellt daher eine Leistung auf eine Gesellschaftsschuld dar<br />

und erfolgt für Rechnung der Gesellschaft. <strong>Die</strong> so erreichte Befreiung der Gesellschaft<br />

von einer Verbindlichkeit stellt eine Zuführung von Vermögenswerten in das Gesellschaftsvermögen<br />

und damit eine Einlage <strong>des</strong> Gesellschafters im hier definierten Sinne<br />

54


dar 168 . <strong>Die</strong>s gilt auch dann, wenn die Leistung <strong>nach</strong> § 735 BGB zur Abkürzung der Zahlungswege<br />

direkt an den Gläubiger oder den Gesellschafter erfolgt.<br />

Jedoch kann die Qualifizierung einer Zahlung, die in Erfüllung der Nachschusspflicht<br />

<strong>nach</strong> § 735 BGB geleistet wurde, als Einlage im hier definierten Sinne nicht dazu führen,<br />

dass der Einforderung einer Nachschussleistung die Einrede <strong>des</strong> § 733 Abs. 2 iVm<br />

§ 242 BGB (dolo agit-Einwand) entgegengehalten werden könnte. Andernfalls hätte<br />

§ 735 BGB keinerlei Anwendungsbereich. § 735 BGB schließt insoweit als gesetzliche<br />

Spezialregelung die Berufung auf die Einrede <strong>des</strong> § 242 BGB aus, als es um die Pflicht<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters geht, Fehlbeträge im Gesellschaftsvermögen auszugleichen, damit<br />

die Verbindlichkeiten der Gesellschaft im Innen- und Außenverhältnis befriedigt werden<br />

können. Daher unterfällt eine in Erfüllung der Nachschusspflicht geleistete Zahlung<br />

nicht dem Einforderungsverbot <strong>des</strong> § 242 BGB, sondern kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt<br />

<strong>nach</strong> Auflösung eingefordert werden. Daraus ergibt sich zugleich, dass die actio<br />

pro socio <strong>nach</strong> Auflösung für die Einforderung von Nachschussleistungen <strong>nach</strong> § 735<br />

BGB - aber auch nur für diese - <strong>nach</strong> wie vor Anwendung findet.<br />

IV.<br />

Folgerung: Der Anwendungsbereich der actio pro socio <strong>nach</strong> Auflösung der<br />

Gesellschaft<br />

Ist <strong>nach</strong> den soeben dargestellten Grundsätzen ab dem Auflösungszeitpunkt somit bereits<br />

materiellrechtlich kein durchsetzbarer Anspruch der Gesellschaft auf Einforderung<br />

rückständiger Geldeinlagen <strong>des</strong> Gesellschafters mehr gegeben, so folgt daraus, dass<br />

auch entsprechende Leistungsklagen auf Zahlung ins Leere gehen müssen. Mit Auflösung<br />

werden damit auch die prozessualen Instrumentarien entbehrlich, die von der herrschenden<br />

Ansicht für die Geltendmachung von rückständigen Geldeinlagen gegenüber<br />

Mitgesellschaftern entwickelt wurden. <strong>Die</strong>s gilt namentlich für die sog. actio pro socio.<br />

Der Begriff der actio pro socio bezeichnet eine Klage, mit der jeder Gesellschafter aus<br />

eigenem Individualrecht der Mitgliedschaft 169 unabhängig von einer ihm gesellschaftsvertraglich<br />

eingeräumten Vertretungs- oder Geschäftsführungsbefugnis Ansprüche der<br />

168 Andere Ansicht Palandt/Sprau BGB § 706 Rn. 1 a.E.<br />

169 Kort DStR 2001, 2162, 2163.<br />

55


Gesellschaft gegen seine Mitgesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis im eigenen<br />

Namen für Rechnung der Gesellschaft geltend machen kann 170 . Es handelt sich um einen<br />

Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft 171 In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten,<br />

ob im Abwicklungsstadium eine Befugnis der Gesellschafter zur Klageerhebung im<br />

Wege der actio pro socio besteht. Teilweise wird vertreten, dass mit Eintritt der Gesellschaft<br />

in das Abwicklungsstadium die Berechtigung einzelner Gesellschafter zur actio<br />

pro socio entfalle, da diese grundsätzlich den Liquidatoren vorbehalten bleibe 172 . Andere<br />

kritisieren dies als nicht gerechtfertigte Einschränkung der Geltendmachung von Beitragsansprüchen<br />

durch Mitgesellschafter im Liquidationsstadium; die Grundsätze der<br />

actio pro socio seien <strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft nicht anders zu beurteilen als<br />

zuvor 173 .<br />

Im Hinblick auf die durch die Auflösung unveränderte Identität der Gesellschaft ist<br />

grundsätzlich letzterer Ansicht zu folgen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es,<br />

soweit es um die Einforderung von Geldbeträgen <strong>nach</strong> Auflösung geht, überhaupt keinen<br />

durchsetzbaren materiellen Anspruch der Gesellschaft auf Zahlung dieser Einlagen<br />

oder Beiträge mehr gibt 174 . Wie dargelegt, stellt jede Zahlungsleistung <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

in das Gesellschaftsvermögen eine Einlage dar, die mit Eintritt der Auflösung als<br />

solche der sofortigen Rückforderung <strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB unterliegt. Ihrer Einziehung<br />

steht der Grundsatz der Saldierung (§ 242 BGB) entgegen, so dass auch eine entsprechende<br />

Einziehungsklage als actio pro socio mangels Vorliegen eines durchsetzbaren<br />

Anspruchs ins Leere geht. Damit verbleibt für die actio pro socio <strong>nach</strong> Auflösung<br />

der Gesellschaft nur noch ein Anwendungsbereich, soweit es um die Einforderungen<br />

von Nachschussleistungen <strong>nach</strong> § 735 BGB geht oder soweit Forderungen gegenüber<br />

einem Gesellschafter eingezogen werden sollen, die unter § 733 Abs. 2 Satz 2 oder<br />

Satz 3 BGB fallen.<br />

170 Kort DStR 2001, 2162, 2162; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV 1. a), S. 629. Zu Voraussetzungen<br />

und dogmatischer Begründung der actio pro socio ausführlich Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht,<br />

§ 8 Rn. 50 ff. sowie Soergel/Hadding/Kießling BGB § 705 Rn. 47 ff.<br />

171 Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 8 Rn. 51 (quasigesetzliche Befugnis kraft ungeschriebenen Gewohnheitsrechts<br />

aufgrund dauerhafter richterrechtlicher Anerkennung); MünchKomm<br />

BGB/Ulmer/Schäfer § 705 Rn. 209; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV 4. a), S. 36 (herrschende<br />

Meinung). Anderer Ansicht (gewillkürte Prozessstandschaft) Bork/Oepen ZGR 2001, 515, 526 ff.<br />

172 RGZ 100, 165, 166; BGH NJW 1960, 433, 434; offen lassend BGHZ 155, 121, 125 = NJW 2003,<br />

2676 ff.<br />

173 Kort DStR 2001, 2162, 2164; Bork/Oepen ZGR 2001, 515, 539.<br />

174 In diesem Sinne auch Nitschke ZHR 128 (1966), 49, 85.<br />

56


§ 8 Abwicklung gegenüber Nichtgesellschaftern: Schuldenberichtigung und<br />

Bildung von Zurückbehalten<br />

I. Berichtigung der Schulden gegenüber Nichtgesellschaftern<br />

Im Anschluss an die nicht zur Abwicklungsmasse gehörenden Gegenstände, die der<br />

Gesellschaft von den Gesellschaftern zur Verfügung gestellt worden sind (§ 732 BGB),<br />

sind diejenigen Geldmittel „auszusondern“, die nicht zur Verteilung an die Gesellschafter<br />

zur Verfügung stehen, weil sie zur Befriedigung von Schulden der Gesellschaft gegenüber<br />

Nichtgesellschaftern <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 Satz 1 BGB zu verwenden sind.<br />

Umstritten ist, ob zu den gemeinschaftlichen Schulden im Sinne <strong>des</strong> § 733 Abs. 1 BGB<br />

auch Verbindlichkeiten gegenüber einem Gesellschafter zählen, die aus einem außerhalb<br />

<strong>des</strong> Gesellschaftsverhältnisses abgeschlossenen Rechtsgeschäft entstanden sind,<br />

bei dem sich Gesellschafter und Gesellschaft wie Dritte gegenüberstehen (sog. Drittgläubigerrechtsgeschäfte)<br />

175 . Auf deren Behandlung im Zuge der Abwicklung soll aber<br />

aus systematischen Gründen erst zusammen mit den anderen Ansprüchen und Verbindlichkeiten<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters eingegangen werden 176 .<br />

<strong>Die</strong> Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist seit Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit 177 Trägerin<br />

von Rechten und Pflichten und damit selbst Schuldnerin vertraglicher und gesetzlicher<br />

Ansprüche. Im Zuge ihrer Vollabwicklung sind damit auch alle ihre vertraglichen<br />

oder gesetzlichen Verbindlichkeiten 178 , ungeachtet ihres Rechtsgrun<strong>des</strong>, vollständig abzuwickeln.<br />

<strong>Die</strong>se sind <strong>nach</strong> den für sie geltenden Regeln entstanden und fällig und ungeachtet<br />

<strong>des</strong> Fortgangs der Liquidation gegen die Gesellschaft bzw. die Gesellschafter<br />

als Gesamtschuldner (§ 128 HGB analog) durchsetzbar. Auf die Einhaltung der in § 733<br />

BGB festgelegten Reihenfolge der Abwicklungsmaßnahmen haben die Gläubiger keinen<br />

Anspruch, § 733 Abs. 1 BGB ist dispositiv 179 und betrifft nur das Verhältnis der<br />

175 Dafür MünchHdB GesR I/Gummert § 21 Rn. 111; MünchKomm BGB/Schäfer § 733 Rn. 7; dagegen<br />

BGH WM 1971, 931, 931 f.; BGH WM 1979, 937, 938 f.<br />

176 Siehe dazu ausführlich unten § 15, S. 97 ff.<br />

177 BGHZ 146, 341 ff. = NJW 2001, 1056.<br />

178 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 733 Rn. 4.<br />

179 Erman/Westermann BGB § 733 Rn. 8; MünchKomm BGB/Schäfer § 733 Rn. 5.<br />

57


Gesellschafter untereinander 180 . Zwar hat § 733 BGB gläubigerschützende Effekte, daraus<br />

ergibt sich aber kein subjektives Recht <strong>des</strong> Gläubigers auf Vornahme der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

überhaupt oder in der gesetzlich festgelegten Reihenfolge 181 . Es steht den<br />

Gesellschaftern frei, von der gesetzlich vorgesehenen Prozedur abzuweichen, in diesem<br />

Fall bestehen auch keine Schadensersatzansprüche der Gläubiger 182 . Eine die Gläubiger<br />

gefährdende Abwicklung begründet im Innenverhältnis jedoch eine Rechtsverletzung<br />

<strong>des</strong> einzelnen Gesellschafters 183 .<br />

§ 733 Abs. 1 BGB verlangt, dass aus dem Gesellschaftsvermögen zunächst die gemeinschaftlichen<br />

Schulden zu berichtigen sind. Der Zusatz, dass dies auch solche Schulden<br />

betrifft, welche den Gläubigern gegenüber unter den Gesellschaftern geteilt sind oder<br />

für welche einem Gesellschafter die übrigen Gesellschafter als Schuldner haften, beruht<br />

terminologisch auf der Konzeption der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als schuldrechtlichem<br />

Vertragsverhältnis und hat <strong>nach</strong> Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts nur noch insoweit eine eigenständige Bedeutung, als eine<br />

lediglich das Innenverhältnis betreffende Aufteilung der Haftung für Gesellschaftsschulden<br />

gemeint ist, für die im Außenverhältnis gesamtschuldnerisch gehaftet wird 184 .<br />

<strong>Die</strong> Gesellschafter müssen dabei sorgfältig prüfen, ob und inwieweit eine Forderung<br />

gegen die Gesellschaft begründet ist, sie können und müssen alle Einreden und Einwendungen<br />

erheben, die der Gesellschaft zustehen 185 . Sie sind dabei verpflichtet, zum Besten<br />

der Gesellschaft zu handeln und dem Abwicklungszweck zu dienen 186 . <strong>Die</strong>s bedeutet<br />

aber nicht, dass sie verpflichtet sind, auf Einreden zu verzichten oder eine streitige<br />

Forderung anzuerkennen 187 . Soweit eine Verbindlichkeit von den Gesellschaftern nicht<br />

bestritten wird, ist sie zu erfüllen 188 . Dabei besteht keine Rechtspflicht zur Gleichbe-<br />

180 MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 110; Soergel/Hadding/Kießling BGB § 733 Rn. 1.<br />

181 Allgemeine Ansicht, vgl. nur Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 2; Erman/Westermann BGB § 733 Rn. 4.<br />

<strong>Die</strong> abweichende Ansicht von K. Schmidt ZHR 153 (1989), 270, 284 wurde in MünchKomm HGB/K.<br />

Schmidt § 149 Rn. 40 wieder aufgegeben.<br />

182 Erman/Westermann BGB § 733 Rn. 4. Letztlich sind die Gläubiger auf einen solchen Schutz auch<br />

nicht angewiesen, da sie auch im Liquidationsstadium durch die persönliche Gesellschafterhaftung<br />

ausreichend abgesichert sind (MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 37).<br />

183 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 149 Rn. 40.<br />

184 Erman/Westermann BGB § 733 Rn. 2.<br />

185 MünchHdb GesR I/Butzer/Knof § 84 Rn. 43; MünchKomm HGB/K. Schmidt § 149 Rn. 39.<br />

186 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 149 Rn. 39.<br />

187 Anderer Ansicht E/B/J/S/Hillmann HGB § 149 Rn. 19.<br />

188 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 149 Rn. 41.<br />

58


handlung der Gläubiger 189 : Da jeder Gläubiger ungehindert <strong>nach</strong> § 128 HGB analog auf<br />

Erfüllung klagen und vollstrecken könnte, können die Gesellschafter grds. die bereits<br />

bekannten Verbindlichkeiten auch dann voll erfüllen, wenn noch nicht alle Verbindlichkeiten<br />

bekannt oder unstreitig sind 190 .<br />

II.<br />

Bildung von Zurückbehalten<br />

Ist eine Schuld noch nicht fällig oder streitig; so ist das zur Berichtigung Erforderliche<br />

zurückzubehalten (§ 733 Abs. 1 Satz 2 BGB) und steht daher ebenfalls nicht für die<br />

Verteilung an die Gesellschafter zur Verfügung. Grundsätzlich ist für jede noch nicht<br />

fällige oder streitige Schuld ein Zurückbehalt 191 zu bilden, es gilt das bilanzrechtliche<br />

Vorsichtsprinzip (§ 252 Abs. 1 Ziff. 4 HGB): Eine Zurückbehaltungspflicht entfällt lediglich<br />

für solche Verbindlichkeiten, die offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich<br />

geltend gemacht werden oder mit deren Geltendmachung auch bei vorsichtiger<br />

Prognose nicht ernsthaft zu rechnen ist 192 . Der zur Berichtigung erforderliche Geldbetrag<br />

ist im Zweifel gemäß § 372 BGB zu hinterlegen 193 .<br />

Der Anspruch auf Zurückbehalt kann durch den einzelnen Gesellschafter einfach in<br />

Form einer Einrede geltend gemacht werden 194 : Infolge der mit Auflösung eintretenden<br />

Gesamtvertretungsbefugnis aller Gesellschafter (§ 730 Abs. 2 Satz 2 letzter Halbsatz<br />

BGB) ist kein Gesellschafter berechtigt, alleine die Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

an sich zu bewirken. Das gilt auch dann, wenn der Gesellschaftsvertrag die Gesamtvertretung<br />

der Gesellschafter auch für die Zeit <strong>nach</strong> Auflösung vorsieht. In diesen<br />

189 E/B/J/S/Hillmann HGB § 149 Rn. 20.<br />

190 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 149 Rn. 42; E/B/J/S/Hillmann HGB § 149 Rn. 20.<br />

191 Im Bilanzrecht wird für Zurückbehalte im Sinne <strong>des</strong> § 733 Abs. 1 Satz 2 BGB der Terminus „Rückstellungen“<br />

verwendet. <strong>Die</strong>ser ist hier aber irreführend, da vorliegend das Erfordernis einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz<br />

gerade verneint wird, siehe dazu oben unter § 10, III., S. 64 ff. Zur Vermeidung von<br />

Missverständnissen soll daher dem Wortlaut <strong>des</strong> § 733 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend von „Zurückbehalten“<br />

gesprochen werden.<br />

192 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 733 Rn. 8.<br />

193 MünchKomm BGB/Schäfer § 733 Rn. 9; Palandt/Sprau BGB § 733 Rn. 5.<br />

194 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass die Art und<br />

Weise, wie der einzelne Gesellschafter die Bildung der Rückstellungen erwirken kann, in dieser Form<br />

bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden ist. Daher gehe ich davon aus, dass hierfür,<br />

soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

59


Fällen greift dann die Widerspruchsberechtigung <strong>des</strong> § 711 BGB. Auch wenn die Gesellschaft<br />

über sofort verteilbares Vermögen verfügt, kann jeder Gesellschafter den Anspruch<br />

auf Zurückbehalt dadurch verwirklichen, dass er dem Auszahlungsverlangen<br />

eines Mitgesellschafters entgegenhält, dass dieses Geld zugunsten potentieller Gläubiger<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 Satz 2 BGB zu sichern sei und daher nicht zur Ausschüttung an<br />

die Gesellschafter zur Verfügung stehe. Ein gesondert einklagbarer Anspruch auf Bildung<br />

eines Zurückbehalts ist nicht erforderlich.<br />

§ 9 Zusammenfassung<br />

Nach Auflösung der Gesellschaft sind, wie dargestellt, zunächst die Gegenstände aus<br />

dem Gesellschaftsvermögen auszusondern, die nicht zur Liquidationsmasse gehören,<br />

weil sie der Gesellschaft von ihren Gesellschaftern zur Benutzung überlassen wurden<br />

(§ 732 BGB). Anschließend ist das verbleibende Gesellschaftsvermögen <strong>nach</strong> § 733<br />

Abs. 3 BGB zu versilbern, d.h. in einen verteilungsfähigen Zustand zu bringen. Ob der<br />

Verkauf der Vermögensgegenstände einzeln oder als Gesamtheit einen höheren Erlös<br />

erzielen kann, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab und kann nicht pauschal beantwortet<br />

werden. Der Anspruch auf Umsetzung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3<br />

BGB kann nur im Wege der Teilung durch Verkauf realisiert werden, § 752 BGB.<br />

Dabei ist das Gesellschaftsvermögen aus Gründen <strong>des</strong> Gläubigerschutzes auf die wirtschaftlich<br />

gewinnbringendste Art und Weise in Geld umzusetzen. <strong>Die</strong>s kann je <strong>nach</strong><br />

Einzelfall entweder eine Veräußerung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> im Ganzen oder eine<br />

Zerschlagung mit anschließender Verwertung der Einzelgegenstände sein. Anlagevermögen<br />

oder Forderungen sind grundsätzlich vor der Verteilung in Geld umzusetzen. Im<br />

Rahmen der Versilberung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> sind auch die Forderungen der<br />

Gesellschaft einzuziehen, die gegenüber Nichtgesellschaftern bestehen. Ausstehende<br />

Zahlungen <strong>des</strong> einzelnen Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft sind hingegen <strong>nach</strong><br />

Auflösung nicht mehr zu berücksichtigen: Der umfassende Vermögensschutz <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

erfordert es, der Qualifikation der ihm <strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB zurückzuzahlenden<br />

Einlagen einen weiten Einlagebegriff zugrunde zu legen.<br />

Alle Geldzahlungen oder geldwerten Leistungen aus dem Privatvermögen <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

in das Gesellschaftsvermögen, die keine Nachschussleistungen im Sinne <strong>des</strong><br />

§ 735 BGB sind, sind ungeachtet ihrer Rechtsgrundlage als Einlagen zu qualifizieren<br />

und unterliegen damit mit Eintritt der Auflösung dem Rückzahlungsanspruch <strong>nach</strong><br />

60


§ 733 Abs. 2 BGB. Der Einforderung ausstehender Forderungen, die auf Geldzahlung<br />

gerichtet sind, steht daher mit Eintritt der Auflösung die Einrede <strong>des</strong> Rechtsmissbrauchs<br />

(§ 242 BG) entgegen, da sie unmittelbar <strong>nach</strong> ihrer Leistung in das Gesellschaftsvermögen<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB zurückzuzahlen wären. Ausstehende Geldforderungen der<br />

Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter, die keine Nachschussleistung <strong>nach</strong> § 735<br />

BGB darstellen, sind daher mit Eintritt der Auflösung nicht mehr geschuldet und werden<br />

bei der Ermittlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens <strong>des</strong> jeweiligen Gesellschafters<br />

weder zu seinen Gunsten noch zu seinen Lasten berücksichtigt. Eine entsprechende<br />

Einziehungsklage bleibt mangels Vorliegen eines durchsetzbaren Anspruchs erfolglos.<br />

Sind alle gegenüber Nichtgesellschaftern bestehende Verbindlichkeiten befriedigt oder<br />

die für eine künftige Befriedigung vorzusehenden Zurückbehalte getätigt, so steht das<br />

verbleibende Restvermögen in vollem Umfang für die Ausschüttung an die Gesellschafter<br />

<strong>nach</strong> Maßgabe ihrer jeweiligen <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben zur Verfügung: Es<br />

wird für keine anderen Zwecke im Rahmen der Abwicklung als für die Auszahlung an<br />

die Gesellschafter mehr benötigt.<br />

Bevor auf die Ermittlung der jeweiligen <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben eingegangen<br />

werden kann, ist zunächst zu untersuchen, wie die soeben beschriebene Versilberung<br />

und die Aussonderung <strong>des</strong> nicht zur Verteilung an die Gesellschafter zur Verfügung<br />

stehenden <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> rechnerisch abgebildet und umgesetzt werden kann.<br />

61


3. Kapitel Abwicklung unter den Gesellschaftern: Das verteilbare Gesellschaftsvermögen<br />

§ 10 <strong>Die</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung - Der Meinungsstand in Rechtsprechung<br />

und Literatur<br />

I. <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz<br />

Nach traditioneller Ansicht ist das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben <strong>des</strong> Liquidationsgesellschafters<br />

nur mit Hilfe einer <strong>Auseinandersetzung</strong>s- oder Schlussabrechnung rechnerisch<br />

feststellbar 195 , die als Grundlage der <strong>Auseinandersetzung</strong> zwischen den Gesellschaftern<br />

am Ende der Abwicklung stehen soll 196 . <strong>Die</strong>se zumeist als <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz<br />

bezeichnete Abrechnung sei erforderlich, um das Bestehen eines an die<br />

Gesellschafter verteilbaren Überschusses <strong>nach</strong> § 734 BGB feststellen zu können 197 . Ihre<br />

Zahlen sollen erst <strong>nach</strong> einvernehmlicher Feststellung durch alle Gesellschafter bindend<br />

werden 198 . Dabei handelt es sich offenbar um eine der Liquidationsschlussbilanz der<br />

OHG vergleichbare Bilanz, die Aufstellung einer <strong>Auseinandersetzung</strong>seröffnungsbilanz<br />

wird für die BGB-Gesellschaft abweichend von § 154 HGB für entbehrlich gehalten 199 .<br />

Zu dem in diese Bilanz einzustellenden Aktivvermögen der Gesellschaft zählen <strong>nach</strong><br />

dieser Ansicht auch Sozialansprüche gegen Gesellschafter 200 . <strong>Die</strong> nicht <strong>nach</strong> § 733<br />

Abs. 3 BGB in Geld umgesetzten Vermögensgegenstände sollen unter Auflösung der<br />

stillen Reserven mit ihren geschätzten Veräußerungswerten angesetzt werden 201 . Zum<br />

Teil wird eine Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> <strong>nach</strong> der Substanzwertmethode<br />

195 Vgl. nur MünchKomm BGB/Schäfer § 734 Rn. 1 ff.; Bamberger/Roth/Schöne BGB § 734 Rn. 2.<br />

196 MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 57.<br />

197 MünchKomm BGB/Schäfer § 734 Rn. 1.<br />

198 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 734 Rn. 2.<br />

199 OLG Hamm NZG 1999, 996, 996.<br />

200 MünchKomm BGB/Schäfer § 734 Rn. 4.<br />

201 BGH WM 1972, 213, 214; Soergel/Hadding/Kießling BGB § 734 Rn. 4; MünchKomm BGB/Schäfer<br />

§ 734 Rn. 5.<br />

62


vorgeschlagen 202 . <strong>Die</strong> Gesamtheit der sich zugunsten eines Gesellschafters aus dieser<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz ergebenden Forderungen gegenüber der Gesellschaft begründet<br />

<strong>nach</strong> dieser Ansicht sein <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben 203 . Ein an den Gesellschafter<br />

ausschüttungsfähiger Überschuss soll vorliegen, wenn und soweit das Aktivvermögen,<br />

das der Gesellschaft <strong>nach</strong> Berichtigung der Gesellschaftsverbindlichkeiten<br />

gegenüber Dritten und Hinterlegung der auf betagte und streitige Forderungen (§ 733<br />

Abs. 1 Satz 2 BGB) entfallenden Beträge verbleibt, die noch offenen, in der Schlussabrechnung<br />

als Passivposten zu berücksichtigenden Gesellschafterforderungen einschließlich<br />

der Ansprüche auf Rückerstattung <strong>des</strong> Werts der Einlagen übersteigt 204 .<br />

II.<br />

Alternativ: Einfache <strong>Auseinandersetzung</strong>srechnung<br />

Der BGH hat neuerdings für die <strong>Auseinandersetzung</strong> einer Partnerschaftsgesellschaft<br />

entschieden, dass jeder Gesellschafter seine etwaige Ausgleichsforderung in Form einer<br />

sog. einfachen <strong>Auseinandersetzung</strong>srechnung gegenüber den übrigen Gesellschaftern 205<br />

geltend machen könne. Auch sei eine von den Gesellschaftern festgestellte <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz<br />

dann nicht erforderlich, wenn kein zu liquidieren<strong>des</strong> Gesellschaftsvermögen<br />

mehr vorhanden sei 206 . In diesem Fall könne das Guthaben ausnahmsweise<br />

unmittelbar gegen den ausgleichspflichtigen Gesellschafter geltend gemacht werden;<br />

Streitpunkte über die Richtigkeit der Schlussrechnung seien dann in diesem Prozess zu<br />

entscheiden 207 . Das Schrifttum folgt dieser Ansicht zuweilen und betont seinerseits, die<br />

geforderte Schlussabrechnung müsse keine formelle, <strong>nach</strong> den Grundsätzen ordnungsgemäßer<br />

Buchführung erstellte Schlussbilanz sein 208 . Einer solchen soll es nur dann bedürfen,<br />

„wenn die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft nicht ohne weiteres überschaubar<br />

sind und eine <strong>Auseinandersetzung</strong> unter Berechnung der auf die einzelnen<br />

202 Soergel/Hadding/Kießling BGB § 735 Rn. 4.<br />

203 So wohl Bamberger/Roth/Schöne BGB § 734 Rn. 2.<br />

204 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 734 Rn. 2; MünchKomm BGB/Schäfer § 734 Rn. 3.<br />

205 BGH WM 2009, 1231, 1232 (Rn. 8).<br />

206 BGH ZIP 2003, 1303, 1307.<br />

207 BGH NJW-RR 2007, 245, 246 (Rn. 10).<br />

208 MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 58; Staudinger/Habermeier BGB (2003) § 730 Rn. 24.<br />

63


Gesellschafter entfallenden Guthaben oder Nachschüsse ohne <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz<br />

zu Unsicherheit führen würde“ 209 .<br />

III.<br />

Kritik: <strong>Die</strong> Entbehrlichkeit der Bilanz in der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong><br />

Auflösung<br />

1. Terminologische Verwirrung<br />

Der Vorschlag, das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben eines Gesellschafters mit Hilfe einer<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz festzustellen, in der der Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

aufgrund von geschätzten Veräußerungswerten ermittelt werden soll, ist mit dem Wesen<br />

der <strong>Auseinandersetzung</strong> nicht zu vereinbaren und widerspricht den Interessen der Gesellschafter.<br />

Zudem ist diese Ansicht in der Praxis nur schwer in die Tat umzusetzen, da<br />

es ihre Befürworter unterlassen, genaue Vorgaben zur dabei anzuwendenden Vorgehensweise<br />

zu machen.<br />

<strong>Die</strong> herrschende Meinung verwendet die Begriffe <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz und <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

untechnisch, vermischt sie teilweise und weicht sie durch<br />

ein unübersichtliches Geflecht von Regel- und Ausnahmefällen wieder auf. Das gilt<br />

insbesondere für die vom BGH in ständiger Rechtsprechung wiederholte Formel, die<br />

jeweiligen Forderungen der Gesellschafter seien als unselbständige Rechnungsposten in<br />

eine <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz einzustellen, ein Zahlungsanspruch bestehe nur „hinsichtlich<br />

<strong>des</strong> abschließenden Saldos“ 210 . Das erscheint bereits terminologisch verfehlt:<br />

Der Saldo ist in der Buchführung die Differenz zwischen der Soll- und der Habenseite<br />

eines Kontos und nicht das Ergebnis einer Bilanz. Eine Bilanz kennt keinen „Saldo“,<br />

sondern sie übernimmt die Salden verschiedener Konten. Sie ist ihrem Wesen <strong>nach</strong> eine<br />

Vermögensaufstellung, die mit der „Bilanzsumme“ endet. <strong>Die</strong>se ist kein Saldo, sondern<br />

der Betrag, der sich ergibt, wenn man entweder sämtliche Aktiva oder sämtliche Passiva<br />

addiert. Wenn daher der BGH einen Zahlungsanspruch aus einem „Saldo“ ableiten will,<br />

209 MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 58.<br />

210 BGH NJW 1995, 188, 189.<br />

64


so kann darunter <strong>nach</strong> der Natur der Sache nur der Saldo <strong>des</strong> Gesellschafterkontos gemeint<br />

sein.<br />

2. Unklarheit über formale und inhaltliche Anforderungen an die <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

Des Weiteren ist der von der herrschenden Meinung aufgestellte Anwendungsbereich<br />

einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz unklar. <strong>Die</strong> Ausnahme, dass es einer formellen, <strong>nach</strong><br />

den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu erstellenden Schlussbilanz nur<br />

dann bedürfe, wenn eine <strong>Auseinandersetzung</strong> ohne <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz zu Unsicherheit<br />

führen würde 211 , dürfte in der Praxis die Regel sein, da sie von allen BGB-<br />

Gesellschaften erfüllt wird, die länger als nur ganz kurze Zeit bestanden und sich in<br />

nennenswertem Umfang am Rechts- und Geschäftsleben beteiligt haben.<br />

Soweit anstelle einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz eine einfache <strong>Auseinandersetzung</strong>srechnung<br />

genügen soll, bleibt offen, wie eine solche inhaltlich genau auszusehen hat<br />

und worin ihre Unterschiede zu einer Bilanz liegen. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass<br />

an jegliche <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung der Anspruch auf Einhaltung der anerkannten<br />

Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung, namentlich Richtigkeit und Willkürfreiheit,<br />

Klarheit und Übersichtlichkeit, Einzelbewertung und Vollständigkeit zu<br />

stellen ist – und zwar unabhängig davon, ob nun die äußere Form einer Bilanz eingehalten<br />

wird oder eine Verrechnung von Aktiv- und Passivposten in sonstiger Form, z.B. als<br />

fortlaufende Auflistung von Buchungsposten in Form eines reinen Abrechnungskontos<br />

gewählt wird. Im Ergebnis erweist sich damit die Unterscheidung in eine einfache oder<br />

nicht einfache Abrechnung als praktisch bedeutungslos: Jede Abrechnung muss vollständig,<br />

richtig und <strong>nach</strong>prüfbar sein 212 .<br />

211 MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 58.<br />

212 Anhaltspunkte für die formelle Anforderung an die Abrechnung lassen sich bereits aus den „Grundsätzen<br />

ordnungsgemäßer Buchführung“ (GOB) und einer analogen Anwendung von § 238 Abs. 1<br />

Satz 2 HGB ableiten: „<strong>Die</strong> Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen<br />

Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage<br />

<strong>des</strong> Unternehmens vermitteln kann“. <strong>Die</strong>sen Anforderungen wird auch eine „einfache <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung“<br />

zu genügen haben.<br />

65


Auch die Ansicht, die die Aufstellung einer förmlichen bzw. nicht förmlichen <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz<br />

fordert, gibt keine in der Praxis verwertbaren Handlungsanweisungen.<br />

Auf welchen Stichtag bezogen soll die Bilanz aufgestellt werden, auf den Zeitpunkt<br />

der Auflösung oder auf den Zeitpunkt der vollständigen Versilberung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>?<br />

Was genau ist der Inhalt der Bilanz, soll sie <strong>nach</strong> Vorbild der Abfindungsbilanz<br />

lediglich Aufschluss über den Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> unter Abzug<br />

der Verbindlichkeiten geben oder enthält sie vielmehr vergleichbar einem Gesellschafterkapitalkonto<br />

nur die wechselseitigen Ansprüche und Verbindlichkeiten zwischen<br />

Gesellschaftern und Gesellschaft 213 ? Wie kann aus einer einzigen Liquidationsschlussbilanz,<br />

die <strong>nach</strong> der Logik der <strong>Auseinandersetzung</strong> sowohl bei der Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts wie der OHG nichts Anderes als die Gesellschafterkonten ausweisen<br />

kann, da alle anderen Aktiva und Passiva vorher erledigt sein müssen, der Wert <strong>des</strong><br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> bzw. Überschuss und Nachschusspflichten (§§ 734, 735 BGB)<br />

ermittelt werden? Wie ist zu verfahren, wenn der <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB tatsächlich<br />

erzielte Veräußerungserlös eines Vermögensgegenstan<strong>des</strong> seinen vor Versilberung in<br />

die Bilanz eingestellten geschätzten Veräußerungswert über- oder unterschreitet; ist zu<br />

Korrekturzwecken eine neue Bilanz zu erstellen, die bereits erstellte Bilanz zu korrigieren<br />

oder ist dies Gegenstand einer Nachtragsliquidation? Wie können aus einer einzigen,<br />

für alle Gesellschafter geltenden <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung die jedem einzelnen<br />

Gesellschafter zustehenden Guthaben entnommen werden und wie sind Einlagenrückerstattungsansprüche,<br />

Entnahmen und Drittgläubigeransprüche <strong>des</strong> Gesellschafter<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 Satz 1 BGB bilanziell zu behandeln?<br />

Darüber hinaus wird nicht deutlich, ob und, wenn ja, welche Grundsätze der Bilanzierung<br />

bzw. ordnungsgemäßen Buchführung jeweils auf die förmliche bzw. die nicht<br />

förmliche <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz anzuwenden sind. So ist beispielsweise unklar, ob<br />

213 Soll die <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz die Funktion eines Gesellschafterkapitalkontos erfüllen, so müsste<br />

für jeden Gesellschafter allein schon aus Gründen der Übersichtlichkeit ein eigenes Konto, mithin also<br />

eine eigene <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung erstellt werden.<br />

66


die geltenden Bilanzierungsgrundsätze und -verbote <strong>des</strong> § 248 HGB im Liquidationsstadium<br />

Anwendung finden 214 .<br />

3. <strong>Die</strong> Abwicklung als Verteilung tatsächlich vorhandenen <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

Gänzlich falsch wäre es, in einer wie auch immer gestalteten <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

noch nicht versilberte Vermögenswerte der Gesellschaft mit ihren geschätzten<br />

Verkehrswerten oder unter Zuhilfenahme bilanzieller Bewertungsgrundsätze anzusetzen<br />

und auf Grundlage dieser Schätzungen die <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben der Gesellschafter<br />

zu berechnen. Dabei ist unerheblich, ob dies unter Aufdeckung stiller Reserven<br />

erfolgt oder nicht 215 . Ein solches Vorgehen widerspricht zum einen dem Wortlaut <strong>des</strong><br />

§ 733 Abs. 3 BGB, wo<strong>nach</strong> Vermögenswerte zu versilbern und lediglich Geld zu verteilen<br />

ist. Zum anderen kann die <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung ausschließlich auf<br />

Grundlage <strong>des</strong> tatsächlich vorhandenen <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> stattfinden. Es kann<br />

und darf nur das Geld verteilt werden, das tatsächlich <strong>nach</strong> vollständiger Verwertung<br />

<strong>des</strong> gesamten <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> in der Gesellschaftskasse vorhanden ist. Der<br />

Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> darf also nicht aufgrund von Schätzungen voraussichtlicher<br />

Verkehrswerte bemessen werden, sondern ist gleichsam empirisch durch<br />

tatsächliche Veräußerung zu ermitteln. Ob ein für einen Vermögensgegenstand erzielter<br />

Erlös über oder unter dem Buchwert oder einem geschätzten oder erhofften Verkaufswert<br />

liegt, dem Buch- oder Substanzwert <strong>des</strong> Gegenstands oder in sonstiger Weise den<br />

Erwartungen der Gesellschafter entspricht, spielt dabei keine Rolle.<br />

Das bedeutet, dass auch die Ansprüche <strong>des</strong> einzelnen Gesellschafters ausschließlich auf<br />

der Grundlage <strong>des</strong> tatsächlich verteilbar in der Kasse vorhandenen Vermögens berech-<br />

214 Ausführlich diskutiert wird dies, soweit ersichtlich, nur für die Abfindungsbilanz bei Ausscheiden,<br />

siehe dazu § 29, S. 241 ff. So darf bei einer normalen Handelsbilanz gemäß § 248 Abs. 2 HGB ein<br />

immaterieller Geschäftswert nicht als Aktivposten angesetzt werden. Soweit ersichtlich, finden sich<br />

nirgendwo Aussagen darüber, ob diese immateriellen Geschäftswerte im Liquidationsstadium ebenfalls<br />

nicht angesetzt werden dürfen. Wäre dem so, so bliebe unberücksichtigt, dass auch immaterielle<br />

Geschäftswerte einen Vermögensgegenstand der Gesellschaft darstellen, der im Rahmen <strong>des</strong> Liquidationsverfahren<br />

zu Geld zu machen ist und in die Vermögensverteilung unter den Gesellschaftern einzubeziehen<br />

ist. An sich dürften daher Bilanzierungsverbote im <strong>Auseinandersetzung</strong>sstadium keine<br />

Anwendung finden.<br />

215 So aber MünchKomm BGB/Schäfer § 734 Rn. 5.<br />

67


net werden können. Andernfalls würde Geld unter die Gesellschafter verteilt, das mangels<br />

entsprechender Liquidität der Gesellschaft (noch) gar nicht in der Gesellschaftskasse<br />

vorhanden ist und möglicherweise auch später nicht sein wird, weil sich Vermögenswerte<br />

als unveräußerlich erweisen oder nicht den angesetzten Schätzwert erbringen.<br />

4. Gefahr der Hin- und Herzahlung, „Wettlauf der Liquidatoren“<br />

Vor Abschluss der Versilberung könnte ein entsprechender Auszahlungsanspruch eines<br />

Gesellschafters somit nur befriedigt werden, wenn die übrigen Gesellschafter den betreffenden<br />

Betrag notfalls aus ihrem Privatvermögen vorfinanzieren oder die Gesellschaft<br />

neue Schulden eingeht, die dann den Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

sofort wieder reduzieren würden. Zudem müssten die Gesellschafter<br />

auf der vorläufigen Bewertungsbasis zu viel erhaltene Beträge wieder zurückzahlen<br />

bzw. Fehlbeträge <strong>nach</strong>fordern, wenn ein Vermögensgegenstand wider Erwarten mehr<br />

oder weniger als seinen geschätzten Veräußerungserlös einbringt. <strong>Die</strong> bilanzielle Bewertung<br />

von Vermögensgegenständen mit ihrem geschätzten Verwertungserlös würde<br />

die Gefahr der Hin- und Herzahlung, durch die Erstellung einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz<br />

gerade vermieden werden soll, also nicht verringern, sondern eher vergrößern.<br />

Zur Illustration dient<br />

Fall 2:<br />

<strong>Die</strong> Gesellschafter A und B (Beteiligung je 50%) haben einen Einlagenrückzahlungsanspruch<br />

von je 10.000. Nach Befriedigung der Schulden<br />

(§ 733 Abs. 1 BGB) befinden sich noch 14.000 in der Kasse. Der Gesellschaft<br />

gehört außerdem ein Firmenwagen im Wert von 6.000.<br />

<strong>Die</strong> Aktiva der Gesellschaft (Kassenbestand und Wert <strong>des</strong> Firmenwagens) betragen<br />

20.000, reichen also zunächst genau zur Deckung der Einlagenrückzahlungsansprüche<br />

beider Gesellschafter von insgesamt 20.000 aus. Entnimmt nun B seinen Betrag von<br />

10.000 vorab aus der Kasse, so bleiben für A noch 4.000 Kassenbestand sowie der aus<br />

der Verwertung <strong>des</strong> Firmenwagens zu erwartende Veräußerungserlös, um seinen eigenen<br />

Einlagenrückzahlungsanspruch zu befriedigen. Kann der Firmenwagen jedoch wider<br />

Erwarten nur zu einem Erlös von 2.000 verwertet werden, so hätte B seinen Einlagenrückzahlungsanspruch<br />

von vorneherein nur auf Basis der (korrigierten) Aktiva der<br />

Gesellschaft von 16.000 geltend machen können. Er hätte daher nicht 10.000, sondern<br />

lediglich 8.000 entnehmen dürfen, da der Fehlbetrag von ihm und B <strong>nach</strong> § 735 BGB zu<br />

gleichen Teilen zu tragen ist. A kann <strong>nach</strong> Entnahme durch B jedoch nur 6.000 (restli-<br />

68


cher Kassenbestand und Verwertungserlös) aus der Kasse nehmen und muss B auf<br />

Rückzahlung der Überentnahme in Höhe von 2.000 in Anspruch nehmen.<br />

<strong>Die</strong> Folge wäre ein „Wettlauf der Liquidatoren“: Der Gesellschafter, der zuerst sein auf<br />

Grundlage der geschätzten Verwertungserlöse errechnetes <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

einklagt und vollstreckt, könnte sich aus dem vorhandenen Vermögen schadlos halten<br />

und das Risiko, dass dieser Betrag bei der <strong>nach</strong>folgenden Verwertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

nicht (vollständig) erwirtschaftet werden kann, auf die übrigen Gesellschafter<br />

abwälzen. <strong>Die</strong>s wäre mit der mitgliedschaftlichen Treuepflicht, die auch im<br />

Abwicklungsstadium fortgilt, nicht zu vereinbaren 216 .<br />

5. <strong>Die</strong> Stichtagsproblematik<br />

Problematisch an der Verteilung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> auf bilanzieller Grundlage<br />

ist zudem, dass eine Bilanz notwendigerweise stets auf einen bestimmten Stichtag bezogen<br />

aufgestellt wird: Sie ist eine Momentaufnahme <strong>des</strong> zu diesem Stichtag vorhandenen<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong>. Vorgänge, die sich <strong>nach</strong> dem Bilanzstichtag ereignen und<br />

andere Vermögens- oder Wertverhältnisse verursachen (sog. wertbeeinflussende Umstände),<br />

werden grundsätzlich nicht berücksichtigt. Werterhellende Erkenntnisse werden<br />

<strong>nach</strong> § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB nur berücksichtigt, wenn sie vor der Bilanzerstellung gewonnen<br />

werden. <strong>Die</strong> Verwertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> erfolgt hingegen in der<br />

Regel in einem sich u.U. über mehrere Jahre hinziehenden Prozess. Nimmt man die<br />

Grundsätze der Bilanzwahrheit und Bilanzklarheit ernst, so müsste die einmal aufgestellte<br />

Bilanz stets korrigiert und erneut von den Gesellschaftern einvernehmlich festgestellt<br />

werden, wenn ein weiterer Vermögensgegenstand erfolgreich in Geld umgesetzt<br />

werden konnte und der realisierte Verwertungsgewinn nicht dem zuvor geschätzten<br />

Verkehrswert entspricht. Eine Bilanz, die auf einen Stichtag vor vollständigem Abschluss<br />

der Verwertung aller <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB in Geld umzusetzenden Vermögensgegenstände<br />

bezogen aufgestellt wird, kann daher stets nur vorläufig sein.<br />

Darüber hinaus ist die Erstellung einer Bilanz über das Gesellschaftsvermögen im Zeitpunkt<br />

der Auflösung für die Berechnung der Ansprüche der Gesellschafter von vorne-<br />

216 Zu dogmatischen Grundlagen und inhaltlicher Ausgestaltung der Treuepflicht ausführlich Hüffer/Koch,<br />

Gesellschaftsrecht, § 8 Rn. 7 ff. sowie Erman/Westermann BGB § 705 Rn. 49 ff.<br />

69


herein nur sinnvoll, wenn auch eine Bilanz am Ende der <strong>Auseinandersetzung</strong>, d.h. <strong>nach</strong><br />

vollständiger Versilberung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>, Auflösung der Rückstellungen<br />

und Befriedigung aller Verbindlichkeiten erstellt wird. Nur aus einem Vergleich dieser<br />

beiden Bilanzen wird ein evtl. bestehender Liquidationserlös bzw. -verlust der Gesellschaft<br />

ersichtlich und damit der wahre Betrag <strong>des</strong> an die Gesellschafter auszuschüttenden<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong>. Es bedürfte also sowohl einer Liquidationseröffnungs- als<br />

auch einer Liquidationsschlussbilanz <strong>nach</strong> dem Vorbild der OHG 217 . <strong>Die</strong>s fordert die<br />

herrschende Meinung, soweit ersichtlich, aber für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />

gerade nicht; die Aufstellung einer <strong>Auseinandersetzung</strong>seröffnungsbilanz wird vielmehr<br />

abweichend von § 154 HGB für entbehrlich gehalten 218 .<br />

<strong>Die</strong> Aufstellung lediglich einer Bilanz am Ende der <strong>Auseinandersetzung</strong> hat jedoch zur<br />

Konsequenz, dass die <strong>Auseinandersetzung</strong>sschlussbilanz zum Abschluss der Liquidation<br />

einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts grundsätzlich <strong>nach</strong> der Gliederung <strong>des</strong> § 266<br />

HGB nur noch aus zwei Bilanzpositionen besteht, nämlich auf die Aktivseite der Kassen-<br />

bzw. Bankbestand (§ 266 Abs. 2 B. IV. HGB analog) und auf der Passivseite das<br />

Kapital (§ 266 Abs. 3 A. HGB analog), aufgeteilt in die einzelnen Gesellschafterkonten.<br />

<strong>Die</strong> Grundlage für eine Bewertung sonstiger Vermögensgegenstände als Aktiva kann es<br />

bei Abschluss der Liquidation nicht mehr geben, weil vor der Schlussverteilung das<br />

gesamte Vermögen aus Geld bestehen oder in Geld umgesetzt sein muss (§ 733 Abs. 3<br />

BGB), ebenso wie es sonstige Verbindlichkeiten als Passiva nicht mehr geben kann,<br />

weil alle Schulden vorab berichtigt werden mussten (§ 733 Abs. 1 BGB). <strong>Die</strong> Forderung<br />

der herrschenden Meinung, eine einzige Bilanz bezogen auf einen Stichtag vor Abschluss<br />

der Vermögensversilberung auf der Grundlage von Schätzwerten aufzustellen,<br />

ist für die Feststellung <strong>des</strong> Werts <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> damit unbrauchbar.<br />

6. Ergebnis<br />

Aus den oben dargestellten Gründen ist die Erstellung einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz<br />

insbesondere deren Erstellung auf der Basis von geschätzten Verkehrswerten <strong>des</strong> Ge-<br />

217 § 154 HGB verlangt zwar für die OHG die Aufstellung einer Liquidationseröffnungs- sowie einer<br />

Liquidationsschlussbilanz. Da die OHG in der Regel ohnedies bilanzierungspflichtig ist, stellt das<br />

keinen grundsätzlichen Systemwechsel dar, sondern ändert nur Stichtag und Bilanzierungsgrundsätze.<br />

218 Palandt/Sprau BGB § 731 Rn. 1 a.E.; OLG Hamm NZG 1999, 996, 996. Anderer Ansicht (Eröffnungsbilanz<br />

empfehlenswert) MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 99.<br />

70


sellschaftsvermögens, überflüssig und falsch. Eine Bilanz, die vor vollständiger Versilberung<br />

<strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> und vor Auflösung aller Zurückbehalte erstellt und<br />

zur Grundlage der Vermögensverteilung an die Gesellschafter gemacht wird, kann niemals<br />

ein korrektes Abbild <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> darstellen, da dieses noch nicht<br />

vollständig in Geld umgesetzt worden ist. Würde man die <strong>Auseinandersetzung</strong> auf der<br />

Basis bilanziell ermittelter Schätzwerte betreiben, so würde die eigentlich durch Bilanzerstellung<br />

zu vermeidende Gefahr der Hin- und Herzahlung nicht gebannt, sondern<br />

erhöht. Für eine Bilanz als Feststellung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens besteht daher<br />

weder Grundlage noch Notwendigkeit.<br />

§ 11 Eigene Lösung: Verteilung nur <strong>des</strong> tatsächlich vorhandenen <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

I. Gesellschaftsvermögen und verteilbares Gesellschaftsvermögen<br />

Wie bereits erörtert, ist die Vermögensverteilung <strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft ein<br />

rein tatsächliches Verfahren. Charakteristisch für die Abwicklung im Vergleich zum<br />

Ausscheiden ist, dass der Wert <strong>des</strong> dem einzelnen Gesellschafters zustehenden Anteils<br />

am Gesellschaftsvermögen nicht hypothetisch auf dem Papier berechnet werden darf,<br />

sondern das Gesellschaftsvermögen gleichsam im Rahmen eines Kassensturzes zu Geld<br />

gemacht wird (§ 733 Abs. 3 BGB). Das bedeutet, dass die Ansprüche <strong>des</strong> einzelnen<br />

Gesellschafters auch nur auf der Grundlage <strong>des</strong> tatsächlich verteilbar in der Kasse vorhandenen<br />

Vermögens berechnet werden können 219 . Konsequenz <strong>des</strong>sen ist, dass für die<br />

Ermittlung <strong>des</strong> für die Ausschüttung an die Gesellschafter zur Verfügung stehenden<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> eine Berechnungsmethode zu entwickeln ist, die zu jedem gegebenen<br />

Zeitpunkt <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sverfahrens ausschließlich den tatsächlich<br />

bestehenden Ist-Zustand <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> abbilden, alle wechselseitigen<br />

Ansprüche und Verbindlichkeiten auflisten und kontinuierlich gemäß <strong>des</strong> Fortgangs der<br />

219 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass die hier vertretene<br />

Differenzierung zwischen Gesellschaftsvermögen und verteilbarem Gesellschaftsvermögen sowie<br />

die Notwendigkeit, die Abwicklung ausschließlich auf der Grundlage <strong>des</strong> verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

vorzunehmen, in dieser Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden<br />

sind. Daher gehe ich davon aus, dass hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

71


<strong>Auseinandersetzung</strong> und der in ihrem Rahmen getätigten Ausschüttungen von Gesellschaftsvermögen<br />

an Gläubiger und Gesellschafter aktualisiert werden kann. Zu diesem<br />

Zweck ist zunächst der Begriff <strong>des</strong> sog. verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> zu definieren.<br />

Zum Gesellschaftsvermögen gehören alle Vermögensgegenstände der Gesellschaft, unabhängig<br />

davon, ob sie <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB in Geld umgesetzt werden müssen oder<br />

schon verwertet worden sind. Im Gegensatz dazu kann das verteilbare Gesellschaftsvermögen<br />

nur aus Geld bestehen, das entweder schon vor Auflösung in der Gesellschaftskasse<br />

vorhanden war oder als Verwertungserlös für <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB in<br />

Geld umzusetzende Vermögensgegenstände tatsächlich auf den Gesellschaftskonten<br />

eingegangen ist sowie aus Vermögensgegenständen, die <strong>nach</strong> der Dogmatik der § 733<br />

Abs. 3, § 734 BGB aufgrund ihrer Rechtsnatur oder entsprechender Vereinbarung ohne<br />

vorherige Umsetzung in Geld an Gläubiger und Gesellschafter ausgekehrt werden können<br />

(teilbare Gegenstände). Da stets nur verteilbares Gesellschaftsvermögen an die<br />

Gläubiger und Gesellschafter ausgeschüttet werden kann, können in Geld umzusetzende<br />

Gegenstände erst dann als zur Verteilungsmasse gehörig berücksichtigt werden, wenn<br />

und soweit bei ihrer Versilberung tatsächlich ein Veräußerungserlös erzielt wurde und<br />

dieser Eingang in die Gesellschaftskassen gefunden hat 220 . Das verteilbare Gesellschaftsvermögen<br />

erhöht sich mit jedem weiteren in Geld umgesetzten Gegenstand und<br />

ist jedenfalls vor vollständigem Abschluss der Vermögensverwertung stets nur eine<br />

Teilmenge <strong>des</strong> gesamten <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>. Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen:<br />

220 In bilanzrechtlichen Termini ausgedrückt würde nur der Gegenstand <strong>des</strong> Aktivpostens „Kasse“ an der<br />

Vermögensverteilung teilnehmen. Alle anderen Aktivposten müssen zuerst im Rahmen eines Aktivtausches<br />

von „Anlagevermögen“ oder „Umlaufvermögen“ etc. in „Kasse“ umgebucht werden, bevor<br />

sie an die Berechtigten ausgekehrt werden können.<br />

72


II.<br />

Das verteilbare Gesellschaftsvermögen als Gegenstand <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sverfahrens<br />

1. Zuweisung <strong>des</strong> Verwertungsrisikos an die Gesellschafter<br />

Der Gesamtbetrag <strong>des</strong> verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> hängt somit u.a. davon ab,<br />

welchen Kaufpreis die Gesellschafter für die Gegenstände <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

erzielen können. <strong>Die</strong> Gesellschafter tragen dabei das Risiko, dass ein Gegenstand überhaupt<br />

nicht oder nicht zu seinem vollen Verkehrswert veräußert werden kann sowie das<br />

Risiko, dass der vereinbarte Veräußerungserlös vom Erwerber aufgrund <strong>des</strong>sen Zahlungsunfähigkeit<br />

nicht oder nicht in voller Höhe erlangt werden kann. Verdeutlichen<br />

soll dies ein Beispielsfall:<br />

Fall 3:<br />

<strong>Die</strong> Gegenstände <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> einer Abwicklungsgesellschaft<br />

haben einen geschätzten Verkehrswert von insgesamt 80.000. Es<br />

kommen jedoch nur Kaufverträge im Gesamtwert von 70.000 zustande, wegen<br />

endgültiger Zahlungsunfähigkeit einzelner Erwerber können davon im<br />

Ergebnis nur 60.000 tatsächlich realisiert werden.<br />

Gegenstand der Vermögensverteilung sind weder die geschätzten Verkehrswerte der<br />

Vermögensgegenstände von 80.000 noch die hierfür vertraglich vereinbarten Kaufpreise<br />

von 70.000. Statt <strong>des</strong>sen sind einzig und allein die tatsächlich in der Gesellschaftskasse<br />

eingegangenen Verwertungserlöse von 60.000 als verteilbares Gesellschaftsvermögen<br />

maßgebend: Es kann nur das verteilt werden, was tatsächlich vorhanden ist. Bestehen<br />

also Verbindlichkeiten der Gesellschaft bzw. Einlagenrückerstattungsansprüche, die<br />

60.000 übersteigen, so fallen die Gesellschafter mit den jeweiligen Differenzbeträgen<br />

aus; um diese Differenz verringert sich das an Gläubiger und Gesellschafter ausschüttungsfähige<br />

Geldvermögen bzw. erhöht sich die den verlustbeteiligten Gesellschaftern<br />

obliegende Nachschusspflicht, § 735 BGB. Dabei kommt es weder auf die Rechtsnatur<br />

<strong>des</strong> Gegenstands an noch darauf, wofür und auf welche Weise diese Veräußerungserlöse<br />

erzielt werden. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der Gegenstand selbst oder<br />

sein Veräußerungserlös einem Bilanzierungsverbot <strong>nach</strong> § 248 HGB unterläge: So wird<br />

beispielsweise auch der immaterielle Geschäftswert (good will) zum Bestandteil <strong>des</strong><br />

verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>, wenn und soweit für ihn ein Veräußerungserlös<br />

erzielt werden konnte.<br />

73


2. Nichtberücksichtigung <strong>des</strong> noch nicht in Geld umgesetzten <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

Wendet man den Grundsatz, dass nur das verteilbare Gesellschaftsvermögen im hier<br />

definierten Sinne zum Gegenstand <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sverfahrens wird, bei der<br />

Erstellung <strong>des</strong> Liquiditätskontos an, so folgt daraus, dass Gegenstände, die zwar <strong>nach</strong><br />

§ 733 Abs. 3 BGB in Geld umzusetzen wären, aber noch nicht versilbert worden sind,<br />

im Liquiditätskonto und damit in der Berechnung der <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

nicht auftauchen dürfen. Sie sind vollständig außer Acht zu lassen bzw. allenfalls mit<br />

einem „Erinnerungswert“ von Null anzusetzen. Das Liquiditätskonto enthält also als<br />

Guthabensposten lediglich den Posten „Bankguthaben“, d.h. das tatsächlich auf den<br />

Gesellschaftskonten vorhandene Barvermögen und neu eingegangene Veräußerungserlöse.<br />

<strong>Die</strong> Vermögensverteilung auf der Basis der tatsächlichen Vermögenswerte wird dadurch<br />

realisiert, dass zu jeder Zeit nur das jeweils vorhandene verteilbare Gesellschaftsvermögen,<br />

d.h. das Bankguthaben der Gesellschaft, als Guthabensposten auf das Liquiditätskonto<br />

gebucht wird. <strong>Die</strong> aus der Verwertung <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB erzielten<br />

Erlöse erscheinen erst im dem Zeitpunkt und Umfang auf dem Liquiditätskonto, in dem<br />

ein Verwertungserlös tatsächlich in der Gesellschaftskasse eingegangen ist. Ist ein Gegenstand<br />

noch nicht <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB in Geld umgesetzt worden, so tauchen er<br />

oder sein geschätzter Veräußerungs- oder Teilwert weder als Abzugs- noch als Guthabensposten<br />

auf dem Liquiditätskonto auf. Allenfalls kann er als in Form eines „Merkpostens“<br />

für die spätere Versilberung mit dem Wert „Null“ angesetzt werden.<br />

Legt man der Berechnung der <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben zu jeder Zeit allein das<br />

verteilbare Gesellschaftsvermögen unter Außerachtlassung der noch nicht verwerteten<br />

Gegenstände zugrunde, so kann sich die einmal vorgenommene Guthabensberechnung<br />

mit fortschreitender Versilberung nur noch zu Gunsten <strong>des</strong> Gesellschafters verändern.<br />

Selbst wenn ein Vermögensgegenstand wider Erwarten überhaupt nicht oder nicht zu<br />

seinem Verkehrswert verwertet werden konnte, muss der Gesellschafter niemals einmal<br />

an ihn ausgeschüttete Beträge an die Gesellschaft zurückzahlen: <strong>Die</strong> Nichtberücksichtigung<br />

noch nicht verwerteter Vermögensgegenstände fingiert, dass das derzeit vorhandene<br />

verteilbare Gesellschaftsvermögen das gesamte verteilbare Gesellschaftsvermögen<br />

darstellt. Auf diese Weise können alle Unsicherheitsfaktoren bei der Berechnung <strong>des</strong><br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens ausgeschlossen werden. Der so für jeden Gesellschafter<br />

errechnete Guthabensbetrag ist zugleich der Min<strong>des</strong>tbetrag, der ihm unabhängig davon<br />

zusteht, ob und welche Einnahmen die Verwertung <strong>des</strong> restlichen Gesellschaftsvermö-<br />

74


gens erbringt und den er selbst dann nicht mehr zurückzahlen muss, wenn die Verwertung<br />

aller verbliebenen Vermögensgegenstände scheitern sollte.<br />

Fraglich ist, wie die soeben dargestellten Grundsätze rechnerisch in einer Abrechnung<br />

dargestellt werden können. Zur Feststellung <strong>des</strong> verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

bedarf es einer Vermögensaufstellung, aus der das vorhandene Gesellschaftsvermögen<br />

im Verhältnis zu den Verbindlichkeiten und Rückstellungen der Gesellschaft ersichtlich<br />

ist. <strong>Die</strong>se Vermögensaufstellung darf dabei keine förmliche Bilanz sein, die die Vermögensgegenstände<br />

der Gesellschaft mit ihren geschätzten Verkehrswerten unter Aufdekkung<br />

stiller Reserven ansetzt. Statt<strong>des</strong>sen bietet es sich an, ein als reines Liquiditätskonto<br />

zu führen<strong>des</strong> Verrechnungskonto zu erstellen, das in Form einer kapitalkontenähnlichen<br />

Plus-Minus-Rechnung das vorhandene Gesellschaftsvermögen den Verbindlichkeiten<br />

der Gesellschaft gegenüberstellt. <strong>Die</strong>se Aufstellung über das Vermögen der Gesellschaft<br />

wird im Folgenden als Liquiditätskonto bezeichnet.<br />

§ 12 Rechnerische Umsetzung - Das Liquiditätskonto<br />

I. <strong>Die</strong> auf das Liquiditätskonto zu buchenden Posten<br />

1. Guthabensposten: Der Kassenbestand <strong>nach</strong> dem Ist-Prinzip<br />

Sodann ist zu untersuchen, welche Guthabens- und Abzugsposten in das Liquiditätskonto<br />

zu buchen sind, um das verteilbare Gesellschaftsvermögen ermitteln zu können. Der<br />

Grundsatz, dass die Vermögensverteilung ausschließlich auf Grundlage <strong>des</strong> verteilbaren<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> stattfindet, wird dadurch verwirklicht, dass auf das Liquiditätskonto<br />

als Guthabensposten ausschließlich das tatsächlich in der Gesellschaftskasse vorhandene<br />

Geldvermögen gebucht wird und gemäß dem Fortgang der Versilberung <strong>des</strong><br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> aktualisiert wird. Auf der Habenseite setzt sich das Liquiditätskonto<br />

somit ausschließlich aus dem vorhandenen Geldbestand (Kasse, Bank) zusammen,<br />

das laufend durch die aus der Versilberung erzielten Verwertungserlöse aus Verkauf<br />

von Anlagevermögen und Forderungseinzug erhöht wird. Damit können in Geld<br />

umzusetzende Gegenstände erst dann als zur Verteilungsmasse gehörig berücksichtigt<br />

werden, wenn und soweit bei ihrer Versilberung tatsächlich ein Veräußerungserlös erzielt<br />

wurde und dieser Eingang in die Gesellschaftskasse gefunden hat. Alle Werte <strong>des</strong><br />

75


Anlagevermögens müssen also im Rahmen einer tatsächlichen Veräußerung in geldwerte<br />

Positionen umgewandelt werden.<br />

Dabei kommt es weder auf die Rechtsnatur <strong>des</strong> Gegenstands an, noch darauf, wofür und<br />

auf welche Weise diese Veräußerungserlöse erzielt werden. Insbesondere kommt es<br />

nicht darauf an, ob der Gegenstand selbst oder sein Veräußerungserlös einem Bilanzierungsverbot<br />

<strong>nach</strong> § 248 HGB unterläge: So wird beispielsweise auch der immaterielle<br />

Geschäftswert (good will) zum Bestandteil <strong>des</strong> verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>,<br />

wenn und soweit für ihn ein Veräußerungserlös erzielt werden konnte.<br />

2. Abzugsposten: Verbindlichkeiten und Rückstellungen <strong>nach</strong> dem Soll-<br />

Prinzip<br />

Mit Eintritt <strong>des</strong> auflösenden Ereignisses haben die Gesellschafter sich einen Überblick<br />

über die Vermögenslage der Gesellschaft zu verschaffen 221 . Hierzu müssen sie zunächst<br />

alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber Dritten ermitteln. Anschließend ist zu<br />

klären, welche dieser Gläubigerforderungen bestehen, fällig und unstreitig sind und<br />

welche durch Einwendungen oder Einreden im Interesse der Gesellschaft beseitigt werden<br />

können. Alle <strong>nach</strong> diesen Maßstäben in Geld zu befriedigenden unstreitigen und<br />

fälligen Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber außenstehenden Dritten einschließlich<br />

solcher Verbindlichkeiten, für die <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 Satz 2 BGB Zurückbehalte<br />

zu bilden sind, sind mit ihrem Nennwert ohne Abzüge auf der Sollseite <strong>des</strong> Liquiditätskontos<br />

zu buchen. Im Gegensatz zu den Vermögensgegenständen, die erst im Augenblick<br />

ihrer Versilberung auf dem Liquiditätskonto erscheinen, sind sämtliche im<br />

Auflösungszeitpunkt bekannten Abzugsposten sofort mit Auflösung in das Liquiditätskonto<br />

einzustellen.<br />

Das Liquiditätskonto dient - getreu der hier vorgenommenen Unterscheidung zwischen<br />

der Abwicklung gegenüber den Gesellschaftern und der Abwicklung gegenüber Nichtgesellschaftern<br />

222 - der Ermittlung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>, das ausschließlich zur<br />

Verteilung an die Gesellschafter zur Verfügung steht. Daher dürfen in das Liquiditätskonto<br />

die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die gegenüber den eigenen Gesellschaf-<br />

221 E/B/J/S/Hillmann HGB § 155 Rn. 6.<br />

222 Siehe hierzu bereits oben unter § 4, III., S. 27 ff.<br />

76


tern bestehen (Drittverbindlichkeiten), nicht in das Liquiditätskonto als Abzugsposten<br />

eingebucht werden. <strong>Die</strong>se sind, wie noch ausführlich darzustellen sein wird 223 , vielmehr<br />

gesondert bei der Ermittlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens je<strong>des</strong> einzelnen Gesellschafters<br />

zu berücksichtigen.<br />

II.<br />

Der Saldo <strong>des</strong> Liquiditätskontos<br />

Der Saldo aller Guthabens- und Abzugsposten auf dem Liquiditätskonto - im Folgenden<br />

als Liquiditätssaldo bezeichnet - definiert die Summe <strong>des</strong> verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>.<br />

Ist er positiv, so stellt er das Gesellschaftsvermögen dar, das für keinen anderen Zweck<br />

im Rahmen der Abwicklung als zur Ausschüttung an die Gesellschafter mehr benötigt<br />

wird. Es kann daher <strong>nach</strong> Maßgabe der jeweiligen <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben, auf<br />

deren Ermittlung sogleich einzugehen ist 224 , auf die Gesellschafter verteilt werden.<br />

Ist der Saldo <strong>des</strong> Liquiditätskontos negativ, so bezeichnet er den von den Gesellschaftern<br />

<strong>nach</strong> Maßgabe ihrer jeweiligen Verlustquoten zu tragenden Fehlbetrag (§ 735<br />

BGB: „Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung der Schulden der Gesellschaft<br />

nicht aus [...]“).<br />

III.<br />

<strong>Die</strong> Fortschreibung <strong>des</strong> Liquiditätskontos <strong>nach</strong> dem Fortgang der Versilberung<br />

1. Anfangsstand <strong>des</strong> Liquiditätskontos: Das „hängende“ Konto<br />

Geht man <strong>nach</strong> dem Vorsichtsprinzip vor und berücksichtigt Verwertungserlöse <strong>des</strong><br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> nur, wenn und soweit sie tatsächlich auf den Gesellschafterkonten<br />

eingegangen sind, so erhöht sich der Betrag <strong>des</strong> Kassenbestands bzw. Bankkon-<br />

223 Siehe unten § 15, S. 97 ff.<br />

224 Hierzu ausführlich unten § 16, S. 116 ff.<br />

77


tos, mithin <strong>des</strong> verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>, mit fortlaufender Versilberung. Im<br />

Gegensatz dazu steht der Betrag der aus dem vorhandenen Vermögen zu befriedigenden<br />

Verbindlichkeiten und Rückstellungen der Gesellschaft bereits im Augenblick der Auflösung<br />

fest, da alle auch nur potentiell bestehenden Verbindlichkeiten in Form von<br />

Rückstellungen zu berücksichtigen sind. <strong>Die</strong> Gesamtsumme der Abzugsposten verändert<br />

sich <strong>nach</strong> Auflösung daher nur dann, wenn Verbindlichkeiten der Gesellschaft befriedigt<br />

worden und dementsprechend aus dem Liquiditätskonto zu streichen sind oder<br />

wenn Verbindlichkeiten der Gesellschaft auftauchen, die den Gesellschaftern bislang<br />

nicht bekannt waren und daher nicht, auch nicht in Form von Rückstellungen berücksichtigt<br />

werden konnten. Bei Befolgung dieser Grundsätze dürfte im Regelfall die Gesamtsumme<br />

der Guthabensposten <strong>des</strong> Liquiditätskontos im Augenblick der Auflösung<br />

einen niedrigeren Summenbetrag aufweisen als den der Abzugspostenseite („hängen<strong>des</strong><br />

Konto“).<br />

Beispiel:<br />

Fall 4:<br />

Das Gesellschaftsvermögen besteht bei Auflösung aus Sachwerten (geschätzter<br />

Verkehrswert 85.000), immateriellen Vermögensgegenständen<br />

(geschätzter Verkehrswert 120.000) sowie offenen Forderungen im Nennwert<br />

von 50.000. Auf dem Girokonto der Gesellschaft befinden sich bei<br />

Auflösung 2.000. <strong>Die</strong> unstreitigen und fälligen Verbindlichkeiten gegenüber<br />

Nichtgesellschaftern betragen bei Auflösung 90.000. Weitere Verbindlichkeiten<br />

in Höhe von insgesamt 30.000 sind noch nicht fällig bzw. streitig.<br />

Unter Berücksichtigung der soeben dargestellten Grundsätze stellt sich das Liquiditätskonto<br />

der Gesellschaft im Auflösungszeitpunkt wie folgt dar:<br />

78


Liquiditätskonto zum Auflösungsstichtag 225 :<br />

Unternehmenswert 226 0<br />

Sachwerte 0<br />

Forderungen 0<br />

Bankguthaben 2.000<br />

Verbindlichkeiten fällig/unstreitig -90.000<br />

Verbindlichkeiten nicht fällig/streitig -30.000<br />

Liquiditätssaldo -118.000<br />

2. Erhöhung <strong>des</strong> Bankguthabens mit fortlaufender Versilberung<br />

Das Bankguthaben der Gesellschaft stellt zu jedem Zeitpunkt das <strong>nach</strong> Erledigung der<br />

in §§ 732, 733 Abs. 1 BGB vorgegebenen Abwicklungsschritte verbleibende derzeit<br />

vorhandene verteilbare, d.h. an Gläubiger und Gesellschafter ausschüttungsfähige Gesellschaftsvermögen<br />

dar.<br />

Mit jedem neuen Zahlungseingang eines Veräußerungserlöses für einen Vermögensgegenstand<br />

auf dem Konto der Gesellschaft erhöht sich das Bankguthaben um den eingegangenen<br />

Betrag. Im Gegenzug ist ein ggf. bestehender „Merkposten“ für den veräußerten<br />

bzw. sonst versilberten Gegenstand im vollen Umfang zu streichen.<br />

225 Selbstverständlich kann das Liquiditätskonto auch in der sog. „T-Konten“-Form einer Bilanz erstellt<br />

werden, indem die Guthabensposten in einer linken und Abzugsposten in einer rechten Spalte aufgeführt<br />

werden. Allein entscheidend ist, dass als Guthabensposten lediglich verteilbares Gesellschaftsvermögen<br />

im hier definierten Sinne angesetzt werden darf. Zur besseren optischen Abgrenzung von<br />

einer herkömmlichen Bilanz wurde vorliegend die Kontenform gewählt, bei der Guthabens- und Abzugsposten<br />

untereinander aufgeführt werden.<br />

226 Sachwerte, Unternehmenswert und Forderungen sind im Auflösungszeitpunkt noch nicht versilbert<br />

worden und können daher lediglich mit einem Erinnerungswert von Null angesetzt werden. Der einzige<br />

positive Posten auf dem Liquiditätskonto kann nur der Posten „Bankguthaben“ sein.<br />

79


3. Auflösung von Zurückbehalten und Streichung befriedigter Verbindlichkeiten<br />

Auch jegliche Veränderung am Schuldenstand beeinflusst den Bestand <strong>des</strong> Liquiditätskontos.<br />

Stellt sich endgültig und rechtskräftig heraus, dass ein Zurückbehalt <strong>nach</strong> § 733<br />

Abs. 1 Satz 2 BGB unrichtig ist, so kommt es für den vorzunehmenden Buchungsschritt<br />

darauf an, ob sich die dem Zurückbehalt zu Grunde liegende Verbindlichkeit als fällig<br />

und unstreitig im Sinne <strong>des</strong> § 733 Abs. 1 Satz 1 BGB erwiesen hat oder ob sie als nicht<br />

bestehend identifiziert bzw. erfolgreich abgewehrt werden konnte. In letzterem Fall ist<br />

der entsprechende Betrag aus der Liste der Zurückbehalte zu streichen und im selben<br />

Umfang dem Abzugsposten „Verbindlichkeiten fällig/unstreitig“ auf dem Liquiditätskonto<br />

zuzuschreiben. Bestand von vorneherein gar keine Verbindlichkeit, so ist der Zurückbehalt<br />

zu streichen; eine Gegenbuchung auf der Guthabenseite findet nicht statt. Da<br />

sich dadurch die Abzugsposten verringern, erhöht sich per Saldo das verteilbare Gesellschaftsvermögen<br />

227 .<br />

Wird eine Verbindlichkeit befriedigt, so ist sie im befriedigten Umfang aus dem Posten<br />

„Verbindlichkeiten fällig/unstreitig“ zu streichen. Für die Gegenbuchung kommt es darauf<br />

an, aus welcher Vermögensmasse die Leistung erfolgte: Wurde die Verbindlichkeit<br />

aus dem verteilbaren Gesellschaftsvermögen, d.h. dem Bankguthaben der Gesellschaft<br />

befriedigt, so ist der entsprechende Betrag aus dem Guthabensposten „Bankguthaben“<br />

auf dem Liquiditätskonto zu streichen. Hat ein Gesellschafter die Verbindlichkeit aus<br />

seinem Privatvermögen befriedigt, so bleibt der Betrag <strong>des</strong> Bankguthabens gleich und<br />

der Gesellschafter bekommt in Höhe der geleisteten Zahlung eine Einlage auf seinem<br />

Gesellschafterkonto zugeschrieben.<br />

Beispiel:<br />

Fall 5:<br />

Sachverhalt wie Fall 4. Im weiteren Verlauf werden die immateriellen Vermögensgegenstände<br />

der Gesellschaft in Geld umgesetzt und die Honorarforderungen<br />

eingezogen. Hieraus werden Erlöse von insgesamt 190.000 er-<br />

227 Das wurde deutlich in BGH NJW 1958, 299 f. Dort wurde der Gesellschaft durch einen Vergleich mit<br />

ihren Gläubigern ein Teil ihrer Verbindlichkeiten erlassen, was sich buchmäßig in der Differenz zwischen<br />

den Gesellschaftsverbindlichkeiten und dem ausgewiesenen Aktivvermögen als ein Liquidationsbuchgewinn<br />

dargestellt hatte, der <strong>des</strong>halb auch <strong>nach</strong> Maßgabe <strong>des</strong> Gewinnverteilungsschlüssels<br />

auf die Gesellschafter umzulegen war.<br />

80


zielt, was das bisherige Bankguthaben von 2.000 auf 192.000 erhöht. Zugleich<br />

stellt sich heraus, dass von den nicht fälligen bzw. streitigen Verbindlichkeiten<br />

solche in Höhe von 10.000 tatsächlich bestehen, während die restlichen<br />

Zurückbehalte sich als unbegründet erweisen.<br />

Das Liquiditätskonto sieht <strong>nach</strong> Abschluss der Vermögensversilberung und Ausbuchung<br />

der Zurückbehalte wie folgt aus 228 :<br />

Liquiditätskonto <strong>nach</strong> vollständiger Versilberung 229 :<br />

Bankguthaben (neu) 192.000<br />

Verbindlichkeiten fällig/unstreitig (neu) -100.000<br />

Liquiditätssaldo 92.000<br />

Im Posten „Bankguthaben“ gehen alle Vermögenseinnahmen aus der Versilberung sowie<br />

das bereits bei Auflösung bestehende Guthaben von 2.000 auf. Sämtliche Merkposten<br />

für noch nicht versilberte Gegenstände sowie alle unberechtigten Zurückbehalte<br />

wurden gestrichen.<br />

228 Ausführlich geschrieben ergäbe sich folgen<strong>des</strong> Bild:<br />

Liquiditätskonto <strong>nach</strong> vollständiger Versilberung:<br />

Unternehmenswert 0<br />

Sachwerte 0<br />

Forderungen 0<br />

Bankguthaben 2.000<br />

Erlöse aus Vermögensverwertung 190.000<br />

Verbindlichkeiten fällig/unstreitig -90.000<br />

Verbindlichkeiten nicht fällig/streitig -30.000<br />

Verbindlichkeiten (berechtigt) -10.000<br />

Liquiditätssaldo 92.000<br />

229 Veränderungen gegenüber dem vorherigen Stand sind zur Verbesserung der Übersichtlichkeit kursiv<br />

dargestellt.<br />

81


4. Fortlaufende Saldierung<br />

<strong>Die</strong> Passivseite ist im Zeitpunkt der Auflösung auf dem höchsten, die Aktivseite auf<br />

dem niedrigsten Stand. Im Laufe der Versilberung bzw. Schuldenberichtigung gleichen<br />

sich beide Seiten immer mehr an. <strong>Die</strong> einzelnen Abwicklungshandlungen sind gemäß<br />

dem Fortgang der Liquidation auf dem Liquiditätskonto abzubilden. Dadurch verändert<br />

sich der bei Auflösung bestehende Saldo <strong>des</strong> Liquiditätskontos mit Fortschreiten <strong>des</strong><br />

Liquidationsverfahrens. Jeder Zahlungseingang aus Vermögensverwertung sowie jede<br />

Ausschüttung an Gläubiger und Gesellschafter erhöht bzw. vermindert die Guthabensbzw.<br />

Abzugspostenseite <strong>des</strong> Liquiditätskontos. Es ist daher kontinuierlich zu aktualisieren<br />

und neu zu saldieren.<br />

Der Anteil <strong>des</strong> einzelnen Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen kann damit erst in<br />

dem Zeitpunkt endgültig berechnet werden, in dem entweder der Verwertungserlös <strong>des</strong><br />

letzten zu versilbernden Vermögensgegenstands in den Gesellschaftskassen eingegangen<br />

ist oder der betreffende Gegenstand sich als nicht verwertbar herausgestellt hat.<br />

§ 13 Zusammenfassung<br />

Bevor über die Ausschüttung <strong>des</strong> in Geld umgesetzten <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> an die<br />

Gesellschafter <strong>nach</strong>gedacht werden kann, ist <strong>nach</strong> der Systematik der §§ 733 ff. BGB<br />

zunächst das Gesellschaftsvermögen auszusondern, das zur Befriedigung von Schulden<br />

gegenüber Dritten zu verwenden ist und daher nicht zur Verteilung unter die Gesellschafter<br />

zur Verfügung steht. Zu diesem Zweck ist ein sog. Liquiditätskonto zu bilden,<br />

in dem im Wege der Verrechnung das verteilbare, d.h. bereits in Geld umgewandelte<br />

Gesellschaftsvermögen in Form von Kassen- bzw. Bankguthaben den tatsächlich (§ 733<br />

Abs. 1 Satz 1 BGB) bzw. potentiell (§ 733 Abs. 1 Satz 2 BGB) bestehenden Verbindlichkeiten<br />

gegenübergestellt wird. <strong>Die</strong> von der herrschenden Meinung geforderte <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz,<br />

die auf Grundlage geschätzter Veräußerungswerte erstellt wird,<br />

widerspricht dem Grundsatz, dass die <strong>Auseinandersetzung</strong> zu jeder Zeit nur auf Grundlage<br />

<strong>des</strong> vorhandenen und verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> stattfinden kann. In das<br />

Liquiditätskonto dürfen stets nur solche Beträge auf der Guthabenseite eingebucht werden,<br />

die zum jeweiligen Zeitpunkt tatsächlich liquide in der Gesellschaftskasse vorhanden<br />

sind. Das Liquiditätskonto weist somit auf der Guthabenseite nur einen einzigen<br />

Posten, nämlich „Kasse“ oder Bankguthaben“ auf, der sich mit fortlaufender Versilberung<br />

der Vermögensgegenstände erhöht. <strong>Die</strong> Guthabenseite <strong>des</strong> Liquiditätskontos (Kas-<br />

82


senbestand) bezeichnet die Summe <strong>des</strong> zu einem gegebenen Zeitpunkt vorhandenen,<br />

verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>. Demgegenüber ist die Abzugspostenseite <strong>des</strong> Liquiditätskontos<br />

<strong>nach</strong> dem Vorsichtsprinzip mit allen tatsächlich oder auch nur potentiell<br />

bestehenden Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu bebuchen, die im Zeitpunkt der Auflösung<br />

bekannt sind.<br />

Sind alle diese nicht zur Ausschüttung an die Gesellschafter vorgesehenen Beträge aus<br />

dem Gesellschaftsvermögen ausgesondert worden, so ist klar, dass das verbleibende<br />

Restvermögen, d.h. der Liquiditätssaldo, für andere Zwecke als für die Auszahlung an<br />

die Gesellschafter nicht mehr benötigt wird. Es ist daher <strong>nach</strong> Maßgabe der jeweiligen<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben auf diese zu verteilen. Im Folgenden ist daher das Augenmerk<br />

auf die Berechnung der <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben der Gesellschafter zu<br />

richten.<br />

4. Kapitel <strong>Die</strong> Bedeutung der Gesellschafterkonten für die Berechnung <strong>des</strong><br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

§ 14 Das Gesellschafterkonto<br />

I. Gesellschaftsanteil, Kapitalanteil und Gesellschafterkapitalkonto in der<br />

OHG<br />

Der Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens ist der wirtschaftlich<br />

wichtigste Anspruch <strong>des</strong> Gesellschafters. Das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben vereint alle<br />

wechselseitigen Ansprüche und Verbindlichkeiten im Verhältnis <strong>des</strong> jeweiligen Gesellschafters<br />

zur Gesellschaft bzw. zu seinen Mitgesellschaftern aus den §§ 732 ff. BGB 230 .<br />

Als Bestandteile <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens gesetzlich geregelt sind dabei nur<br />

der Anspruch auf Befriedigung der gegenüber dem Gesellschafter bestehenden Schul-<br />

230 Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 6 ff.<br />

83


den, § 733 Abs. 1 BGB, der Einlagenrückzahlungsanspruch <strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB<br />

sowie der Anspruch auf den anteiligen Überschuss, § 734 BGB, und <strong>des</strong>sen Gegenstück,<br />

die Nachschusspflicht <strong>nach</strong> § 735 BGB. Darüber hinaus müssen aber aufgrund<br />

<strong>des</strong> Grundsatzes der einheitlichen Abrechnung auch alle übrigen zu Gunsten bzw. zu<br />

Lasten <strong>des</strong> Gesellschafters bestehenden Posten darin aufgehen. Wie das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters einer BGB-Gesellschaft, d.h. der Wert seiner<br />

vermögensmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft, zu ermitteln ist, lässt das BGB offen.<br />

Aufschlussreich ist jedoch der Blick auf die Regelungen bei der OHG.<br />

<strong>Die</strong> vermögensmäßige Beteiligung <strong>des</strong> Gesellschafters an einer Gesellschaft drückt sich<br />

in seinem Vermögensanteil aus. Aufschluss über diesen gibt der Kapitalanteil, der die<br />

Vermögensposition <strong>des</strong> Gesellschafters in Form einer Rechnungsziffer darstellt 231 . <strong>Die</strong><br />

Regelungen der §§ 120 bis 122 HGB machen nicht den Gewinn-, sondern den Kapitalanteil<br />

232 zur Grundlage der Gesellschafteransprüche. Der Kapitalanteil ist dabei nichts<br />

Anderes als ein bei der Gesellschaft geführtes Konto <strong>des</strong> Gesellschafters (Gesellschafterkapitalkonto)<br />

233 , das den gegenwärtigen Stand der in der Bilanz fortgeschriebenen<br />

Einlage <strong>des</strong> jeweiligen Gesellschafters und ausweist und als Maßstab für die wirtschaftliche<br />

Beteiligung <strong>des</strong> Gesellschafters am Vermögen der Gesellschaft dient 234 .<br />

Für die OHG enthalten die §§ 120 ff. HGB detaillierte Regelungen über die Ermittlung<br />

<strong>des</strong> Kapitalanteils. Da<strong>nach</strong> gilt: Am Beginn der Berechnung <strong>des</strong> Kapitalanteils stehen<br />

die vom Gesellschafter geleisteten Einlagen (§ 121 Abs. 2 BGB). <strong>Die</strong> Einlage wird da<strong>nach</strong><br />

als veränderliche Größe verstanden, die sich zusammensetzt aus der Leistung, die<br />

der Gesellschafter aus seinem Privatvermögen an die Gesellschaft erbracht hat, und aus<br />

dem in den künftigen Rechnungsperioden für den Gesellschafter ermittelten, nicht entnommenen<br />

Gewinn 235 . Sie vermindert sich um Entnahmen und ermittelte Verluste 236 .<br />

Der einem Gesellschafter zukommende Gewinn wird seinem Kapitalanteil (Gesellschafterkapitalkonto)<br />

zugeschrieben (§ 120 Abs. 1 HGB), der auf ihn entfallende Verlust<br />

231 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 III 2. a), S. 1382 f.; Huber, Vermögensanteil, S. 228.<br />

232 Dass das Gesetz den Begriff <strong>des</strong> Kapitalanteils nicht definiert (Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 120<br />

Rn. 12), legt den Schluss nahe, dass das Gesetz diesen Begriff als bekannt voraussetzt.<br />

233 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 III 2. a), S. 1383.<br />

234 MünchHdb GesR I/Gummert § 13 Rn. 18.<br />

235 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 III 2. c), S. 1384.<br />

236 Huber ZGR 1988, 1, 4.<br />

84


sowie das entnommene Geld davon abgeschrieben (§ 120 Abs. 2 HGB). Jede Auszahlung<br />

von Gesellschaftsvermögen, aber auch jede Verbindlichkeit, die ein Gesellschafter<br />

für Rechnung der Gesellschaft befriedigt, wird dem Gesellschafter als Entnahme bzw.<br />

Einlage auf sein Gesellschafterkonto gebucht. Alle Buchungen von Gewinn, Verlust,<br />

Einlage und Entnahme erfolgen dabei auf einem einzigen, sog. einheitlichen Kapitalkonto,<br />

das für jeden einzelnen Gesellschafter aufgestellt und während der Dauer der<br />

Gesellschaft buchhalterisch fortgeschrieben und saldiert wird 237 . Der Kapitalanteil ist<br />

gleichbedeutend mit dem gegenwärtigen Saldo <strong>des</strong> einheitlichen Gesellschafterkapitalkontos<br />

238 . Konsequenz der Saldierung dieser Gesellschafterkapitalkonten ist, dass sich<br />

der Gewinnanspruch je<strong>des</strong> Gesellschafters stets nur <strong>nach</strong> Verrechnung mit sämtlichen<br />

gewinnmindernden Gegenpositionen einschließlich bereits geflossener Ausschüttungen<br />

und Entnahmen ermitteln und durchsetzen lässt.<br />

II.<br />

Anwendbarkeit der §§ 120 bis 122 HGB auf die Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts<br />

Innerhalb der Literatur ist umstritten, ob die Regeln der §§ 120 ff. HGB auf die Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts entsprechend anzuwenden sind 239 . Das BGB orientiert sich<br />

im Gegensatz zur OHG am Muster der kurzfristigen Zweckgesellschaft, die nur für einen<br />

begrenzten Zeitraum besteht und <strong>nach</strong> Zweckerreichung abgewickelt wird (§ 726<br />

BGB). Bei dieser Gesellschaftsform kommt es nur im Zuge der Abwicklung zu einer<br />

Ausschüttung von Gewinnanteilen (§ 721 Abs. 1 BGB) 240 . Aus diesem Grund findet sich<br />

auch im BGB keine Regelung über den Rechnungsabschluss oder die Erstellung von<br />

Gesellschafterkapitalkonten.<br />

BGB-Gesellschaften sind grundsätzlich nicht wie Handelsgesellschaften verpflichtet,<br />

ihre Geschäftspapiere aufzubewahren (§ 238 HGB), ihre Vermögensgegenstände und<br />

237 Hierzu eingehend K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 III 2., S. 1382 ff.<br />

238 Huber ZGR 1988, 1, 6.<br />

239 Dafür MünchKomm HGB/K. Schmidt § 122 Rn. 10; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 58 V 2 a),<br />

S. 1722; Huber ZGR 1988, 1, 6; Staudinger/Habermeier BGB (2003) § 721 Rn. 10 für unternehmenstragende<br />

Gesellschaften. Dagegen Soergel/Hadding/Kießling BGB § 721 Rn. 16 ff.; MünchHdb<br />

GesR I/Gummert § 13 Rn. 23 f.<br />

240 MünchKomm BGB/Ulmer/Schäfer Vorbem. zu § 705 Rn. 86 f.<br />

85


Schulden zu verzeichnen, Bilanzen zu führen und die Aufwendungen und Erträge eines<br />

Geschäftsjahres in einer Gewinn- und Verlustrechnung gegenüberzustellen (§ 242<br />

HGB) 241 . Der Gesetzgeber hat zwar, wie die §§ 716, 721 BGB zeigen, die Führung von<br />

Geschäftsbüchern auch bei der BGB-Gesellschaft vorausgesetzt 242 , hierfür reicht jedoch<br />

grundsätzlich eine geordnete, verständliche Zusammenstellung der Einnahmen und<br />

Ausgaben aus, ohne dass die für die Bilanzen der Handelsgesellschaften <strong>nach</strong> § 247<br />

HGB vorgeschriebene Min<strong>des</strong>tgliederung zwingend einzuhalten wäre 243 .<br />

Im Ergebnis erweist sich jedoch auch ohne ausdrückliche Anordnung im BGB die Aufstellung<br />

und Saldierung von Gesellschafterkapitalkonten für die <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

<strong>nach</strong> Auflösung einer <strong>nach</strong>haltig wirtschaftlich tätigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />

als unentbehrlich 244 . <strong>Die</strong> Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung, die als System<br />

von Regeln und Konventionen die gesamte Rechnungslegung umfassen 245 und insbesondere<br />

die Gebote der Klarheit, Wahrheit und formellen Kontinuität einer Bilanz, das<br />

Gebot der Einzelbewertung und das Vorsichtsprinzip beinhalten, bilden dabei auch für<br />

die BGB-Gesellschaft eine geeignete Rechnungsgrundlage 246 . <strong>Die</strong>s gilt unabhängig davon,<br />

ob die Gesellschaft bereits vor ihrer Auflösung handelsrechtlichen Buchführungspflichten<br />

der §§ 238 ff. HGB unterliegt, insbesondere ob eine doppelte Buchführung<br />

stattzufinden hat 247 : Auch wenn eine <strong>nach</strong>haltig <strong>nach</strong> außen wirtschaftlich tätige Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts keine Kaufmannseigenschaft aufweist und auch <strong>nach</strong> steuerrechtlichen<br />

Vorschriften nicht buchführungspflichtig ist, kann sie nicht auf eine fortlaufende<br />

und geordnete Auszeichnung von Einnahmen und Ausgaben verzichten. <strong>Die</strong> Aufstellung<br />

von Kapitalkonten der Gesellschafter und deren buchhalterische Erfassung und<br />

Fortschreibung dürfte zudem aufgrund der Komplexität der wechselseitig abzuwickelnden<br />

Vermögensverhältnisse das einfachste Mittel zur Berechnung aller in Frage kom-<br />

241 MünchHdb GesR I/Gummert § 14 Rn. 9.<br />

242 MünchKomm BGB/Schäfer § 713 Rn. 11.<br />

243 MünchHdb GesR I/Gummert § 14 Rn. 10.<br />

244 MünchHdb GesR I/Gummert § 13 Rn. 32.<br />

245 E/B/J/S/Wiedmann HGB § 243 Rn. 1.<br />

246 MünchKomm BGB/Schäfer § 721 Rn. 6; MünchHdb GesR I/Gummert § 14 Rn. 12.<br />

247 Für Angehörige der freien Berufe gilt zwar die handelsrechtliche Buchführungspflicht <strong>des</strong> § 238 HGB<br />

nicht, da sie keine Kaufleute sind. Auch die steuerliche Buchführungspflicht gemäß §§ 141 bis 148<br />

AO gilt nur für bestimmte Steuerpflichtige, nicht jedoch für Freiberufler. Allerdings fallen diese in der<br />

Regel schon als vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer unter die umsatzsteuerliche Aufzeichnungspflicht<br />

gemäß § 22 UStG (Meilicke/Graf von Westphalen/Hoffmann PartGG § 10 Rn. 36).<br />

86


menden Ansprüche und Verbindlichkeiten bei <strong>Auseinandersetzung</strong> einer wirtschaftlich<br />

tätigen Gesellschaft darstellen 248 :<br />

<strong>Die</strong> Forderung eines Gesellschafters auf Auszahlung seines <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

setzt voraus, dass alle seine wechselseitigen Ansprüche und Verbindlichkeiten als<br />

Rechnungsposten in eine einheitliche <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung eingestellt werden,<br />

die ein entsprechen<strong>des</strong> Ergebnis ausweisen kann. <strong>Die</strong> hierfür zu stellenden Anforderungen<br />

an eine einheitliche Abrechnung können, soweit ersichtlich, nur von den Gesellschafterkapitalkonten<br />

erfüllt werden, die <strong>nach</strong> den Grundsätzen der ordnungsgemäßen<br />

Buchführung aufgestellt worden sind und durch Saldierung aller Einzelposten den<br />

Anspruch auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben bzw. auf Zahlung eines Nachschussbetrages<br />

ermitteln, d.h. der Höhe <strong>nach</strong> inhaltlich bestimmen.<br />

III.<br />

Erstellung und Saldierung der Gesellschafterkonten zum Zwecke der Abwicklung<br />

1. Aufstellung der Gesellschafterkonten mit Auflösung<br />

Bei der OHG spricht man von Gesellschafterkapitalkonten, da hier in der Regel ein<br />

Festkapital der Gesellschaft vereinbart wird 249 . <strong>Die</strong>s ist bei der Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts üblicherweise nicht der Fall; der Begriff <strong>des</strong> Gesellschafterkapitalkontos ist daher<br />

für die BGB-Gesellschaft irreführend. Im Folgenden soll daher von Gesellschafterkonten<br />

gesprochen werden. Sachliche Unterschiede ergeben sich aber hieraus nicht. Mit<br />

Auflösung der Gesellschaft gehen die sich aus §§ 733 bis 735 BGB ergebenden Einzelansprüche<br />

als Rechnungsposten in die Gesellschafterkonten ein und bilden die Grundlage<br />

für die Verteilung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> unter den Gesellschaftern 250 .<br />

248 Ähnlich MünchKomm HGB/K. Schmidt § 149 Rn. 29, der im Zusammenhang mit der Einforderung<br />

von Nachschüssen für den Innenausgleich unter den Gesellschaftern feststellt, dass auch bei der Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts dem § 735 BGB das Konzept der Saldierung zugrunde liegt.<br />

249 Einzelheiten hierzu bei Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 120 Rn. 18 ff.<br />

250 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 149 Rn. 29.<br />

87


Selbst wenn während der werbenden Phase der Gesellschaft keine Gesellschafterkonten<br />

geführt worden sein sollten, so bleibt den Gesellschaftern spätestens mit Auflösung der<br />

Gesellschaft die Einrichtung von und die Buchung in Gesellschafterkonten nicht erspart:<br />

<strong>Die</strong> steuerlichen Vorschriften <strong>des</strong> § 16 Abs. 2 EStG verlangen für den Fall der<br />

Abwicklung die Aufstellung einer Bilanz zur Ermittlung <strong>des</strong> Veräußerungsgewinns,<br />

hier in der Form <strong>des</strong> Aufgabegewinns 251 . Wenn also während der Dauer der Gesellschaft<br />

Gesellschafterkonten nicht gebildet und bebucht worden sind, so ist das schon aus steuerlichen<br />

Gründen grundsätzlich im Zuge der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong>zuholen. Dabei<br />

sind alle Vermögensbewegungen, die seit Beitritt <strong>des</strong> einzelnen Gesellschafters zur Gesellschaft<br />

zu seinen Gunsten oder Lasten erfolgt sind, auf seinem jeweiligen Gesellschafterkonto<br />

abzubilden. Rechnungsperiode ist somit die gesamte Dauer seiner Mitgliedschaft<br />

in der Gesellschaft; es sind alle jemals getätigten Vermögensverschiebungen<br />

seit Beitritt <strong>des</strong> jeweiligen Gesellschafters zur Gesellschaft <strong>nach</strong>zuvollziehen 252 . <strong>Die</strong><br />

Gesellschafterkonten zeichnen damit die gesamte Dauer der Mitgliedschaft <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

ab. War der Gesellschafter Gründungsmitglied, so spiegeln sie zugleich die<br />

gesamte Lebensdauer der Gesellschaft wider. Sie sind also nicht nur auf das letzte Geschäfts-<br />

oder Wirtschaftsjahr vor Auflösung bezogen.<br />

<strong>Die</strong>s ergibt sich schon aus dem Wortlaut <strong>des</strong> § 733 Abs. 2 Satz 2 BGB: Da<strong>nach</strong> ist für<br />

Einlagen, die nicht in Geld bestanden haben, der Wert zu ersetzen, den sie im Zeitpunkt<br />

der Einbringung gehabt haben. Der Zeitpunkt der Einlagenerbringung ist damit der Anfangspunkt<br />

für die im Gesellschafterkonto <strong>des</strong> einbringenden Gesellschafters abzubildende<br />

Vermögensentwicklung; jede Entnahme von Gesellschaftsvermögen, jede Gewinn-<br />

und Verlustzuweisung, die zu Gunsten oder zu Lasten <strong>des</strong> Gesellschafters über<br />

die Zeit seiner Mitgliedschaft in der Gesellschaft erfolgt, wirkt sich damit durch Verrechnung<br />

auf den Wert der ihm bei Auflösung zurückzuerstattenden Einlage aus.<br />

251 § 16 Abs. 3 EStG: Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe <strong>des</strong> Gewerbebetriebs sowie eines Anteils<br />

im Sinne <strong>des</strong> Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3. § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG: Der Wert <strong>des</strong> Betriebsvermögens<br />

oder <strong>des</strong> Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung <strong>nach</strong> § 4 Abs. 1 oder <strong>nach</strong> § 5 EStG zu<br />

ermitteln.<br />

252 Dabei kann selbstverständlich auf die für zurückliegende Geschäftsjahre erstellten Jahresabschlüsse<br />

und die darin festgelegten Salden der Gesellschafterkonten zurückgegriffen und diese fortgeschrieben<br />

werden. Der Einwand, die Vorjahressalden seien unzutreffend, muss dem Betroffenen dabei allerdings<br />

offen stehen.<br />

88


2. Das einheitliche Gesellschafterkonto<br />

<strong>Die</strong> gesetzliche Regelung <strong>des</strong> § 120 Abs. 2 HGB, wo<strong>nach</strong> ein einheitliches Konto zu<br />

führen ist, wird in der Praxis häufig durch eine Unterteilung der Konten ersetzt: Üblich<br />

ist aus Gründen der Übersichtlichkeit eine Unterteilung in ein festes Konto für die Einlage,<br />

ein variables Konto für Gewinne, Verluste und Entnahmen sowie ein Privatkonto,<br />

auf dem Drittgläubigerforderungen und -verbindlichkeiten <strong>des</strong> Gesellschafters ausgewiesen<br />

werden 253 .<br />

<strong>Die</strong> Unterteilung in feste und variable Konten sowie Privatkonten hat mit Eintritt der<br />

Auflösung der Gesellschaft keine Bedeutung mehr. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen<br />

einzelnen Buchungsvorgängen wie Einzahlungen in die Gesellschaftskasse, Zuschreibungen<br />

durch Gewinne, Abschreibungen durch Verluste oder Verminderungen<br />

<strong>des</strong> Kontostan<strong>des</strong> durch Auszahlungen oder Entnahmen, alles wird aus bzw. in die Gesellschaftskasse<br />

gezahlt, es gibt keine wesensmäßige innere Trennung der Gesellschaftskasse<br />

254 . Es bleibt der Gesellschaft zwar unbenommen, das Gesellschafterkonto<br />

aus Gründen der Übersichtlichkeit in Unterkonten aufzuteilen und Salden für feste Einlagen<br />

(vergleichbar dem festen Kapitalkonto der OHG), variable Einlagen (vergleichbar<br />

dem variablen Kapitalkonto der OHG) und daneben noch ein gesondertes Privatkonto<br />

als Verrechnungskonto zu führen; an der Einheitlichkeit <strong>des</strong> Gesellschafterkontos ändert<br />

das nichts 255 . Daher können mehrere Gesellschafterkonten für jeden einzelnen Gesellschafter<br />

immer nur Unterkonten eines einheitlichen Gesellschafterkontos sein, die lediglich<br />

getrennt dargestellt werden 256 . Im Ergebnis müssen daher alle Einzelsalden der verschiedenen<br />

Konten zu einem Gesamtsaldo <strong>des</strong> einheitlichen Gesellschafterkontos addiert<br />

bzw. verrechnet werden, um den Saldo <strong>des</strong> einheitlichen Gesellschafterkontos darzustellen<br />

257 . Es genügt somit, für jeden Gesellschafter ein einziges Gesellschafterkonto<br />

zu erstellen, in dem in Form einer einfachen Plus-Minus-Berechnung alle Guthabens-<br />

253 Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 120 Rn. 19 f.; MünchHdb GesR I/Gummert § 13 Rn. 25 sowie Rn. 32<br />

ff. Daneben gibt es Drei- oder Vierteilungen der Konten (z.B. Rücklagenkonten, Steuerkonten etc.).<br />

Hierzu ausführlich Huber ZGR 1988, 1, 72 ff.<br />

254 Schopp BB 1987, 581, 583.<br />

255 Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 120 Rn. 19.<br />

256 Schopp BB 1987, 581, 584.<br />

257 Huber ZGR 1988, 1, 62; E/B/J/S/Hillmann HGB § 155 Rn. 14.<br />

89


zw. Abzugsposten 258 <strong>des</strong> Gesellschafters zum Stichtag der Auflösung aufgelistet und<br />

gegeneinander verrechnet werden.<br />

3. Verrechnung und Saldobildung <strong>nach</strong> Vorbild <strong>des</strong> Kontokorrents<br />

Sind alle erforderlichen Buchungsschritte auf dem Gesellschafterkonto vorgenommen<br />

worden, so sind die einzelnen Posten gegeneinander zu verrechnen. Für die Art und<br />

Weise der Verrechnung kann auf das Vorbild <strong>des</strong> Kontokorrents (§ 355 HGB) zurückgegriffen<br />

werden 259 . Beim Kontokorrent werden die aus einer Geschäftsverbindung entspringenden<br />

beiderseitigen Ansprüche und Leistungen in Rechnung gestellt und in regelmäßigen<br />

Abschnitten durch Verrechnung und Feststellung <strong>des</strong> für den einen oder<br />

anderen Teil sich ergebenden Überschuss ausgeglichen (§ 355 Abs. 1 HGB). Mit der<br />

Einstellung in das Kontokorrent verlieren die Einzelforderungen ihre selbständige prozessuale<br />

Durchsetzbarkeit und wandeln sich zu unselbständigen Rechnungsposten 260 , die<br />

mit Ablauf der Rechnungsperiode ipso iure <strong>nach</strong> Maßgabe der §§ 366, 367, 369 BGB<br />

analog 261 verrechnet und ausgeglichen werden. An die Stelle zahlreicher Einzelforderungen<br />

tritt eine einheitliche, prozessual durchsetzbare Saldoforderung, in der die Einzelforderungen<br />

anteilsmäßig entsprechend ihrem Verhältnis enthalten sind 262 . Erst <strong>nach</strong><br />

Ermittlung <strong>des</strong> Saldos steht fest, welche der Kontokorrentparteien Gläubiger und welche<br />

Schuldner sind. Ein formelles Anerkenntnis über den Saldo ist nicht konstitutiv,<br />

sondern bewirkt nur den Ausschluss von prozessualen Einreden und Einwendungen<br />

über die Unrichtigkeit <strong>des</strong> Saldos 263 .<br />

258 Anstelle <strong>des</strong> aus dem Bilanzrecht geläufigen Begriff „Aktivposten“ oder „Aktiva“ soll hier der Begriff<br />

Guthabensposten verwendet werden, um klarzustellen, dass der dem Gesellschafter zustehende Saldo<br />

gerade nicht mit Hilfe einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz ermittelt wird. Aus denselben Gründen wird<br />

anstelle <strong>des</strong> bilanzrechtlichen Begriffs „Passivposten“ oder „Passiva“ der Begriff Abzugsposten verwendet.<br />

259 Ähnlich Hadding/Häuser WM 1988 1585, 1591.<br />

260 Blaurock NJW 1971, 2206, 2209; Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 355 Rn. 7.<br />

261 Canaris DB 1972, 421 ff., 469 ff. mit umfangreichen Nachweisen zur Gegenmeinung.<br />

262 Blaurock NJW 1971, 2206, 2207.<br />

263 Blaurock NJW 1971, 2206, 2208.<br />

90


<strong>Die</strong>se Grundsätze können auf das Gesellschafterkonto übertragen werden 264 . Auch hier<br />

erfolgt die Verrechnung automatisch ipso iure in dem Zeitpunkt, in dem sich die einzelnen<br />

Posten als verrechenbar gegenüberstehen, und zwar unabhängig davon, ob die Gesellschafter<br />

die Verrechnung korrekt in der Buchführung der Gesellschaft <strong>nach</strong>vollziehen<br />

und ob eine förmliche Anerkennung einzelner Verrechnungsposten oder <strong>des</strong><br />

Schlusssaldos durch die Gesellschafter erfolgt. Ein solches Anerkenntnis entfaltet auch<br />

hier nur prozessuale Wirkungen. <strong>Die</strong> Pflicht zur Verrechnung ergibt sich dabei schon<br />

aus dem Prinzip <strong>des</strong> § 242 BGB (dolo agit-Einwand) bzw. der Saldierung als Grundprinzip<br />

<strong>des</strong> Gesellschaftsverhältnisses. Mit Verrechnung entsteht durch Novation eine<br />

neue Saldoforderung, die alle darin aufgehenden Einzelforderungen und -<br />

verbindlichkeiten ersetzt. Jede Partei kann daher dem Verlangen der anderen <strong>nach</strong> Befriedigung<br />

einer Einzelforderung stets den Einwand der Saldierung entgegenhalten, so<br />

dass sich ein verbleibender Anspruch stets nur auf den Saldo richtet.<br />

4. Der Kontensaldo als Anspruch bzw. Verbindlichkeit im Abwicklungsstadium<br />

Zum Teil wird vertreten, ein positiver Gesellschafterkontensaldo stelle während <strong>des</strong><br />

Bestehens der Gesellschaft keine Forderung gegen die Gesellschaft dar 265 , da ein Gesellschafter<br />

vor Auflösung der Gesellschaft nicht berechtigt sei, die Rückzahlung seiner<br />

Einlage zu verlangen. Ebenso stelle ein negativer Saldo vor Auflösung der Gesellschaft<br />

keine (fällige) Verbindlichkeit der Gesellschaft dar, da der Gesellschafter wegen § 707<br />

BGB nicht zu Nachschüssen in das Gesellschaftsvermögen verpflichtet sei 266 .<br />

Nach Übernahme <strong>des</strong> Haftungsregimes <strong>des</strong> § 128 HGB analog für die Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts stellt sich die Frage, ob die Regelung <strong>des</strong> § 707 BGB für die Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts überhaupt noch einen Anwendungsbereich entfaltet oder ob<br />

sie nicht vielmehr obsolet geworden ist. Jedenfalls mit Auflösung der Gesellschaft fal-<br />

264 Selbstverständlich sind die Vorschriften über das Kontokorrent, §§ 355 ff. HGB, nicht unmittelbar auf<br />

das Verhältnis der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu ihren Gesellschaftern anwendbar, da es schon<br />

an der Kaufmannseigenschaft der Gesellschaft bürgerlichen Rechts fehlt. Auch eine analoge Anwendung<br />

ist nicht erforderlich. Vielmehr genügt es, die Erstellung und Saldierung der Gesellschafterkapitalkonten<br />

<strong>nach</strong> dem Prinzip <strong>des</strong> Kontokorrents vorzunehmen.<br />

265 BGHZ 68, 225, 227 = NJW 1977, 1339.<br />

266 E/B/J/S/Ehricke HGB § 120 Rn. 72; MünchKomm BGB/Schäfer § 707 Rn 5.<br />

91


len diese Beschränkungen weg. Ein positiver bzw. negativer Saldo <strong>des</strong> Gesellschafterkontos<br />

wird zu einer Forderung der Gesellschaft bzw. <strong>des</strong> Gesellschafters. § 707 BGB<br />

gilt nicht mehr, der Gesellschafter hat statt <strong>des</strong>sen gemäß § 733 Abs. 2 BGB Anspruch<br />

auf Rückerstattung seiner Einlage bzw. ist <strong>nach</strong> § 735 BGB mit seinem Privatvermögen<br />

für Verluste haftbar. Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass die auf einer Leistung<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters an die Gesellschaft beruhenden Ansprüche und Verbindlichkeiten<br />

sich nicht aus einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz ergeben, sondern aus den für jeden<br />

Gesellschafter <strong>nach</strong> den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung geführten<br />

einheitlichen Gesellschafterkonten. <strong>Die</strong>se sind in einer <strong>nach</strong>haltig am Wirtschaftsleben<br />

teilnehmenden Gesellschaft zwingend zu führen und stellen sowohl während der werbenden<br />

Phase der Gesellschaft als auch <strong>nach</strong> deren Auflösung nicht nur die praktikabelste,<br />

sondern die einzige Möglichkeit dar, alle Einlagen, Entnahmen, Gewinne und Verluste<br />

sowie sonstige Ansprüche und Verbindlichkeiten zwischen Gesellschaft und Gesellschafter<br />

in einer einheitlichen Abrechnung abzubilden und durch Verrechnung <strong>nach</strong><br />

Vorbild <strong>des</strong> kaufmännischen Kontokorrents (§ 355 HGB) in einem einzigen Zahlungsposten<br />

zusammenzufassen. Erst durch die Verrechnung in den Gesellschafterkonten<br />

kann der Anspruch auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben überhaupt ermittelt, d.h. seiner<br />

Höhe und Zahlungsrichtung <strong>nach</strong> inhaltlich bestimmt und so umständliche Hin- und<br />

Herzahlungen vermieden werden. Daraus können folgende Schlussfolgerungen gezogen<br />

werden:<br />

IV.<br />

Folgerungen<br />

1. Gesellschafterkonten und Saldierung in der werbenden Gesellschaft<br />

Ruft man sich in Erinnerung, dass <strong>nach</strong> herrschender Meinung die Auflösung der Gesellschaft,<br />

abgesehen von einer Zweckänderung, keine Auswirkung auf die innere und<br />

äußere Verfassung der Gesellschaft hat 267 , so wirft die Forderung <strong>nach</strong> einer Saldierung<br />

aller im Zuge der <strong>Auseinandersetzung</strong> zu berücksichtigenden geldwerten Ansprüche <strong>des</strong><br />

Gesellschafters die Frage auf, ob das, was die Rechtsprechung unter Berufung auf den<br />

Grundsatz der Durchsetzungssperre explizit nur für die Phase der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

267 Siehe hierzu bereits oben § 3, S. 22 ff.<br />

92


der Gesellschaft <strong>nach</strong> Auflösung fordert, nicht in Wirklichkeit ein Grundprinzip <strong>des</strong><br />

Verhältnisses der Gesellschafter untereinander und zur Gesellschaft darstellt.<br />

Wenn <strong>nach</strong> herrschender Meinung Einzelansprüche eines Gesellschafters gegen die<br />

Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einen anderen Gesellschafter mit Auflösung der<br />

Gesellschaft nicht mehr isoliert geltend gemacht werden können 268 , so steht diese Aussage<br />

im Widerspruch zu dem Postulat der herrschenden Meinung, dass die Auflösung<br />

einer Gesellschaft nur zu einer Änderung <strong>des</strong> Gesellschaftszwecks führt, im Übrigen<br />

aber Identität und innere Verfassung der Gesellschaft unberührt lässt. Es stellt sich die<br />

Frage, ob denn im Gegensatz dazu ein Gesellschafter vor der Auflösung der Gesellschaft<br />

berechtigt sein kann, einzelne Ansprüche gegen die Gesellschaft oder gegen seine<br />

Mitgesellschafter isoliert geltend machen zu können.<br />

Auch wenn § 705 BGB die Verpflichtung zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes<br />

als Grundlage jeder Gesellschaft bürgerlichen Rechts an die Spitze der Regelungen zur<br />

Personengesellschaft stellt, geschieht der Beitritt zur und die Mitwirkung an einer Gesellschaft<br />

grundsätzlich im Eigeninteresse <strong>des</strong> Gesellschafters. Das Einzelinteresse <strong>des</strong><br />

Gesellschafters wird insbesondere durch seinen Anspruch auf Gewinnausschüttung<br />

(§ 721 BGB) verkörpert 269 .<br />

Das BGB enthält keine abschließende Regelung über die Ermittlung und Feststellung<br />

<strong>des</strong> auszuschüttenden Gewinnanteils. Bei der länger dauernden Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts erfolgen Rechnungsabschluss und Gewinnverteilung zum Schluss eines<br />

jeden Geschäftsjahres (§ 721 Abs. 2 BGB). Mangels entgegenstehender vertraglicher<br />

Regelungen ist jeder Gesellschafter <strong>nach</strong> herrschender Meinung berechtigt, den auf ihn<br />

entfallenden Gewinnanteil zu entnehmen 270 . Allerdings muss dazu der Gewinn zunächst<br />

einmal ermittelt werden.<br />

Der Rechnungsabschluss einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts unterliegt, anders als<br />

die Bilanz der Handelsgesellschaften <strong>nach</strong> §§ 242 ff. HGB, keiner besonderen Form;<br />

gesetzlich gefordert ist lediglich eine geordnete Zusammenstellung der Ausgaben und<br />

268 Sog. Grundsatz der Durchsetzungssperre, dazu ausführlich unten § 21, III., S. 186 ff.<br />

269 Dem entspricht für die aufgelöste Gesellschaft die Regelung <strong>des</strong> § 734 BGB.<br />

270 Palandt/Sprau BGB § 721 Rn. 4.<br />

93


Einnahmen im Sinne <strong>des</strong> § 259 BGB 271 . Der Anspruch der Gesellschafter auf Rechnungsabschluss<br />

<strong>nach</strong> § 721 BGB schließt daher stets einen Anspruch auf Rechnungslegung<br />

ein, da ein Gewinn grundsätzlich erst <strong>nach</strong> Feststellung <strong>des</strong> Rechnungsabschlusses<br />

verteilbar ist 272 . In unternehmenstragenden Gesellschaften werden darüber hinaus schon<br />

aus steuerlichen Gründen regelmäßig Jahresbilanzen aufgestellt und beschlossen 273 .<br />

Bei Dauergesellschaften im Sinne <strong>des</strong> § 721 Abs. 2 BGB ist die Feststellung <strong>des</strong> Rechnungsabschlusses<br />

grds. eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung 274 . <strong>Die</strong> Gewinnausschüttung<br />

verlangt daher auch zu Lebzeiten der Gesellschaft grundsätzlich eine substantiierte<br />

Darstellung eines positiven Saldos aus Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft<br />

einerseits sowie aus Einlagen, bereits erhaltenen Gewinnanteilen und Entnahmen<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters andererseits. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts von längerer<br />

Dauer, die als solche <strong>nach</strong> außen tätig wird, sich damit als eigene Rechtspersönlichkeit<br />

konstituiert und gegenüber Dritten wie gegenüber ihren eigenen Gesellschaftern als solche<br />

auftritt, kann auf die Führung von Gesellschafterkonten nicht verzichten. Im Rahmen<br />

ihrer über mehrere Jahre hinweg andauernden geschäftlichen Tätigkeit sind in der<br />

Regel derart vielfältige und zahlreiche Ansprüche und Verbindlichkeiten auch im Verhältnis<br />

zu den Gesellschaftern entstanden, dass deren buchhalterische Umsetzung in<br />

Gesellschafterkonten nicht nur die praktisch einfachste, sondern die einzig praktikable<br />

Möglichkeit ist, um alle wechselseitigen Ansprüche zwischen der Gesellschaft sowie<br />

den Gesellschaftern zu erfassen und darzustellen.<br />

2. <strong>Die</strong> fortlaufende Saldierung als Grundprinzip <strong>des</strong> Gesellschaftsverhältnisses<br />

<strong>Die</strong> Erkenntnis, dass die Erstellung und Saldierung von Gesellschafterkapitalkonten zur<br />

Feststellung und Regelung <strong>des</strong> Rechtsverhältnisses der Gesellschafter untereinander und<br />

zur Gesellschaft, sowohl in der werbenden wie in der aufgelösten Gesellschaft, unerlässlich<br />

ist, legt die Schlussfolgerung nahe, dass das Prinzip der fortlaufenden Saldie-<br />

271 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 721 Rn. 4.<br />

272 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 721 Rn. 3.<br />

273 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 721 Rn. 4; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 59 III 4. b), S. 1751.<br />

274 BGHZ 170, 283, 289 f. = NJW 2007, 1685 zur KG; MünchKomm BGB/Schäfer § 721 Rn. 9; anderer<br />

Ansicht noch BGHZ 132, 263, 268 = NJW 1996, 1678 zur KG.<br />

94


ung aller Ansprüche und Verbindlichkeiten ein dem Gesellschaftsverhältnis als wirtschaftlich<br />

geprägtem Dauerschuldverhältnis wesenstypisch immanentes Grundprinzip<br />

ist 275 : Es ist bereits in der Ermittlung <strong>des</strong> Gewinns und der Gewinnanteile der Gesellschafter<br />

zwingend angelegt und setzt sich <strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft zur Ermittlung<br />

<strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens der einzelnen Gesellschafter unverändert fort.<br />

Forderungen und Verbindlichkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis, die zwischen Gesellschaftern<br />

und Gesellschaft entstehen, sind nicht nur im Stadium der Abwicklung,<br />

sondern grundsätzlich und ausschließlich auf der Grundlage einer fortlaufenden Saldierung<br />

aller zu berücksichtigenden wechselseitigen Ansprüche und Verbindlichkeiten in<br />

den Gesellschafterkapitalkonten zu behandeln. Es kann daher in einer Gesellschaft<br />

grundsätzlich weder vor noch <strong>nach</strong> Auflösung selbstständig durchsetzbare Einzelansprüche<br />

geben, sondern nur Rechnungsposten einer fortlaufenden Saldierung, ähnlich<br />

wie beim handelsrechtlichen Kontokorrent 276 . So können Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

auf Begleichung seiner Forderungen aus §§ 670, 714 BGB gegen die werbende bzw.<br />

aus § 733 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen die Abwicklungsgesellschaft nicht ohne Rücksicht<br />

auf den Stand seines Gesellschafterkapitalkontos geltend gemacht werden. Der Einforderung<br />

von Einzelansprüchen durch einen Gesellschafter steht sowohl in der werbenden<br />

wie in der aufgelösten Gesellschaft der Einwand entgegen, dass der Stand seines Gesellschafterkontos<br />

im Übrigen zu berücksichtigen ist.<br />

Daher sind auch alle Überlegungen überflüssig, die ein Verbot von Hin- und Herzahlung<br />

in Erfüllung solcher Einzelansprüche aus dem dolo agit-Grundsatz <strong>des</strong> § 242 BGB,<br />

der mitgliedschaftlichen Treuepflicht oder schlicht aus Praktikabilitätsüberlegungen<br />

ableiten und die Geltendmachung von Einzelansprüchen durch den Gesellschafter einer<br />

prozessualen Durchsetzungssperre unterwerfen wollen. Alle Ansprüche und Verbindlichkeiten,<br />

die während der Lebenszeit der Gesellschaft entstanden sind, münden zwingend<br />

in ein einheitliches Verrechnungssystem, das allein die Grundlage für die im Verhältnis<br />

Gesellschafter zur Gesellschaft bestehenden Ansprüche bildet. Zahlungsansprüche<br />

außerhalb <strong>des</strong> Anspruches auf den Saldo <strong>des</strong> Gesellschafterkapitalkontos werden<br />

275 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass diese These in<br />

dieser Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden ist. Daher gehe ich davon aus,<br />

dass hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

276 Ähnlich Hadding/Häuser WM 1988, 1585, 1591.<br />

95


durch die Saldierung <strong>des</strong> Kapitalkontos noviert 277 und gehen damit als eigenständig<br />

durchsetzbare Ansprüche unter. Jeder Gesellschafter ist zur Geltendmachung von Einzelansprüchen<br />

gegen die Gesellschaft von vornherein nur in Gestalt und bis zur Höhe<br />

eines positiven Saldos seines Gesellschafterkontos befugt. Einer darüber hinausgehenden<br />

Erschwerung der prozessualen Geltendmachung der Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

ist weder erforderlich noch gerechtfertigt. Im Ergebnis reduziert sich damit sowohl die<br />

Gewinn- als auch Verlustverteilung in der werbenden Gesellschaft als auch die Vermögensverteilung<br />

unter den Gesellschaftern <strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft auf den Ausgleich<br />

der Gesellschafterkapitalkonten.<br />

Sind damit die Gesellschafterkonten als Medium zur Ermittlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

identifiziert worden, so stellt sich die Frage, welche Posten in das Gesellschafterkonto<br />

einzubuchen sind. <strong>Die</strong>s sind grundsätzlich alle geldwerten Ansprüche<br />

und Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Gesellschafters, die dem Gesellschaftsverhältnis entstammen<br />

und durch Verrechnung einander gegenüber gestellt werden können.<br />

277 Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 355 Rn. 7.<br />

96


§ 15 Im Einzelnen: <strong>Die</strong> in das Gesellschafterkonto einzubuchenden Positionen<br />

(§ 733 Abs. 1, 2 BGB)<br />

I. Ansprüche und Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft<br />

1. Herrschende Meinung: Unterteilung in Drittgläubigeransprüche und Sozialansprüche<br />

a) Isolierte Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus Drittverhältnissen<br />

<strong>Die</strong> herrschende Meinung 278 unterteilt die Schulden der Gesellschaft gegenüber dem<br />

Gesellschafter (§ 733 Abs. 1 Satz 1 BGB) systematisch in Schulden aus Sozialverbindlichkeiten,<br />

d.h. Verbindlichkeiten, die ihren Rechtsgrund im Gesellschaftsverhältnis<br />

haben (z.B. Ansprüche auf Gewinnausschüttung, Aufwendungsersatz, Geschäftsführervergütung),<br />

und Schulden aus Drittverhältnissen, d.h. vom Gesellschaftsverhältnis unabhängige<br />

Rechtsgeschäfte, die in derselben Form auch zwischen der Gesellschaft und<br />

einem beliebigen Außenstehenden hätten geschlossen werden können (im Folgenden als<br />

Drittrechtsverhältnisse bezeichnet). Nicht zu den gemeinschaftlichen Schulden gehören<br />

hingegen Ansprüche zwischen einzelnen Gesellschaftern, selbst wenn sie ihren Rechtsgrund<br />

im Gesellschaftsvertrag haben 279 .<br />

Hintergrund dieser Unterscheidung ist die jüngere Rechtsprechung, wo<strong>nach</strong> Ansprüche<br />

eines Gesellschafter aus Drittrechtsverhältnissen, die ihre Grundlage in einem vom Gesellschaftsvertrag<br />

zu unterscheidenden Drittrechtsgeschäft haben, im Gegensatz zu Forderungen<br />

aus Sozialverbindlichkeiten, ungeachtet <strong>des</strong> Fortgangs der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

eingefordert werden können 280 . Sie sind grds. nicht als unselbständige Rechnungsposten<br />

in die <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung einzubeziehen, sondern gemäß § 733<br />

Abs. 1 BGB vorrangig vor den Ansprüchen auf Einlagenrückerstattung und Auszahlung<br />

278 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 733 Rn. 5 f.; Palandt/Sprau BGB § 733 Rn. 3 f.<br />

279 MünchKomm BGB/Schäfer § 733 Rn. 8.<br />

280 BGH NJW-RR 2006, 1268, 1270 (Rn. 18); BGH NZG 2008, 68, 69 (Rn. 14).<br />

97


<strong>des</strong> Überschusses zu befriedigen. Sie unterfallen nicht dem Grundsatz der Durchsetzungssperre<br />

281 .<br />

<strong>Die</strong>se vorrangige Behandlung findet ihre Berechtigung <strong>nach</strong> herrschender Meinung darin,<br />

dass Drittgläubigeransprüche Rechtsgeschäften entstammen, die vom Gesellschaftsverhältnis<br />

zu unterscheiden seien und daher keinen gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen<br />

in Bezug auf ihre Geltendmachung unterworfen werden sollen 282 . Der Gesellschafter,<br />

der eine Forderung aus einem Drittgläubigerrechtsgeschäft geltend macht, sei<br />

zwar <strong>nach</strong> wie vor Gesellschafter, trete der Gesellschaft aber nicht in dieser Eigenschaft,<br />

sondern wie ein außenstehender Gläubiger gegenüber 283 . Der Drittgläubigergesellschafter<br />

dürfe daher nicht schlechter stehen als ein beliebiger Dritter und könne daher ungeachtet<br />

<strong>des</strong> Fortgangs der <strong>Auseinandersetzung</strong> im Übrigen von seiner Gläubigerstellung<br />

aus § 128 HGB analog Gebrauch machen 284 . Allenfalls könne sich eine Einschränkung<br />

aufgrund der mitgliedschaftlichen Treuepflicht dahingehend ergeben, dass der Gesellschafter<br />

gehalten sei, zunächst Befriedigung aus dem Gesellschaftsvermögen zu suchen<br />

und dürfe seine Mitgesellschafter lediglich subsidiär <strong>nach</strong> § 128 HGB analog in Anspruch<br />

nehmen, wenn eine Befriedigung aus dem Gesellschaftsvermögen nicht gelinge<br />

285 .<br />

Strittig sind dabei jedoch die Höhe, in der die Drittgläubigerforderung geltend gemacht<br />

werden kann, sowie der Haftungsumfang <strong>des</strong> einzelnen Gesellschafters für die Drittgläubigerforderung<br />

seines Mitgesellschafters. Nach einer Ansicht soll der Drittgläubigergesellschafter<br />

einen Anspruch auf die volle Forderung ohne Abzug eines seiner Verlustbeteiligung<br />

entsprechenden Anteils haben, da die durch die Tilgung bewirkte Verminderung<br />

<strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> auch ihn in Höhe seiner Quote treffe 286 . Nach<br />

anderer Ansicht muss sich der Drittgläubigergesellschafter bei Geldforderungen in jedem<br />

Fall seinen eigenen Verlustanteil anrechnen lassen 287 , da er ebenso wie seine Mitgesellschafter<br />

Gesamtschuldner ist und daher als solcher über den Innenausgleich <strong>nach</strong><br />

281 Zum Grundsatz der Durchsetzungssperre ausführlich unten unter § 21, III., S. 186 ff.<br />

282 BGH NZG 2008, 68, 69 (Rn. 14).<br />

283 Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 16 Rn. 39.<br />

284 Prediger BB 1971, 245, 246.<br />

285 BGH NJW 1980, 339, 340; MünchKomm HGB/K. Schmidt § 128 Rn. 12; Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht,<br />

§ 16 Rn. 39.<br />

286 Palandt/Sprau BGB § 733 Rn. 3.<br />

287 Walter JZ 1983, 260, 260.<br />

98


§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB anteilig in Höhe seines Verlustanteils 288 für seine eigene Forderung<br />

haftet 289 .<br />

Im Übrigen gehen die Meinungen darüber auseinander, ob der in Anspruch genommene<br />

Gesellschafter dem Drittgläubigergesellschafter nur als Teilschuldner pro rata in Höhe<br />

seines persönlichen Verlustanteils 290 oder als Gesamtschuldner <strong>nach</strong> § 128 HGB analog<br />

291 , ggf. in Form einer Teilhaftung mit Ausfallgarantie haftet.<br />

b) <strong>Die</strong> Behandlung von Sozialansprüchen, insbesondere Regressansprüchen<br />

aus der Befriedigung von Gesellschaftsschulden<br />

i. Regressansprüche gegen die Gesellschaft<br />

Im Gegensatz dazu kann jeder Gesellschafter <strong>nach</strong> allgemeiner Ansicht die Berichtigung<br />

von Schulden aus Sozialverpflichtungen nur im Rahmen der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

292 verlangen. Ihre selbständige Durchsetzung gegen Gesellschaft und Mitgesellschafter<br />

ist grds. ausgeschlossen 293 , sie werden zu unselbständigen Rechnungsposten der<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung. Zu den Sozialverpflichtungen der Gesellschaft gehören<br />

insbesondere Regressforderungen <strong>des</strong> Gesellschafters gegen die Gesellschaft, wenn<br />

er eine Verbindlichkeit der Gesellschaft aus eigenen Mitteln befriedigt 294 .<br />

<strong>Die</strong> Rechtsgrundlage für den Regressanspruch <strong>des</strong> leistenden Gesellschafters gegen die<br />

Gesellschaft ist umstritten. Eine Ansicht will sich auf § 426 BGB stützen 295 , andere weisen<br />

darauf hin, dass zwischen Gesellschaft und haftendem Gesellschafter kein Gesamtschuldverhältnis<br />

bestehe 296 , wollen aber gleichwohl im Einzelfall prüfen, ob der Rechts-<br />

288 Insoweit ist im Sinne <strong>des</strong> § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB „etwas anderes bestimmt“.<br />

289 Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 16 Rn. 39.<br />

290 Walter JuS 1982, 85; Walter JZ 1983, 260, 261.<br />

291 Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 128 Rn. 24; Koller/Roth/Morck/Koller HGB §§ 128, 129 Rn. 2; Ulmer<br />

ZIP 2003, 1113, 1120.<br />

292 Palandt/Sprau BGB § 733 Rn. 4.<br />

293 Allgemeine Meinung, vgl. nur MünchKomm BGB/Schäfer § 733 Rn. 7; Palandt/Sprau BGB § 733<br />

Rn. 4.<br />

294 Erman/Westermann BGB § 705 Rn. 54.<br />

295 So z.B. BGH WM 1988, 446 ff.<br />

296 Hadding, FS Stimpel 1985, S. 150 ff.; Hadding, FS Fleck 1988, S. 75.<br />

99


gedanke der Gesamtschuldregeln anwendbar ist 297 . <strong>Die</strong>s sei der Fall, wenn dies unter<br />

Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen der Beteiligten im Einzelfall angemessen<br />

sei 298 ; die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als originär Verpflichtete hafte dabei<br />

grundsätzlich wie ein Gesamtschuldner 299 . Nach einer dritten Ansicht ist die Leistung an<br />

den Gläubiger eine Aufwendung, die die Gesellschaft <strong>nach</strong> §§ 713, 670 BGB zu erstatten<br />

hat, soweit der Gesellschafter diese Aufwendung für erforderlich halten durfte 300 .<br />

<strong>Die</strong>s soll unabhängig davon gelten, ob der Gesellschafter zu den geschäftsführenden<br />

Gesellschaftern (§ 710 BGB) gehört, da die Leistung auf eine Verbindlichkeit in der<br />

Sache Geschäftsführungsmaßnahme sei und daher § 713 BGB entsprechend gelte 301 .<br />

Umstritten ist ferner, ob der Gesellschafter daneben einen Anspruch aus qua cessio legis<br />

übergegangenem Recht <strong>des</strong> Gläubigers gegen die Gesellschaft geltend machen kann 302 ,<br />

was insbesondere dann von Bedeutung ist, wenn die Forderung <strong>des</strong> Gläubigers tituliert,<br />

bevorrechtigt oder gesichert ist (§§ 412, 401 BGB). <strong>Die</strong>s wird z.T. mit einer analogen<br />

Anwendung <strong>des</strong> § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB begründet 303 . Nach anderer Ansicht haften die<br />

Gesellschafter im Verhältnis zur Gesellschaft nur akzessorisch, ähnlich dem Verhältnis<br />

von Bürgen und Hauptschuldner. Aufgrund dieser Ähnlichkeit soll sich der Forderungsübergang<br />

auf den Gesellschafter <strong>nach</strong> § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB analog richten 304 . Härten,<br />

die sich aus der cessio legis insoweit ergeben als der zahlende Gesellschafter nun<br />

im Verhältnis zu anderen Gesellschaftsgläubigern, denen er eigentlich <strong>nach</strong> § 128 HGB<br />

analog für die Forderungen der Gesellschaft mit seinem Privatvermögen einstehen müsste,<br />

Vorrang im Insolvenzverfahren der Gesellschaft genießt, sollen dadurch ausgeglichen<br />

werden, dass ihm eine Berufung auf dieses Rangvorrecht versagt wird, solange<br />

nicht alle Altgläubiger, denen er persönlich haftet, befriedigt worden sind 305 .<br />

297 Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 128 Rn. 19.<br />

298 Palandt/Sprau BGB § 714 Rn. 15.<br />

299 Palandt/Sprau BGB § 714 Rn. 15.<br />

300 Hadding/Häuser WM 1988, 1585, 1585.<br />

301 Hadding/Häuser WM 1988, 1585, 1587.<br />

302 Dafür K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 49 V 1., S. 1436; Kubis, Regress, S. 107 ff.; Koller/Roth/Morck/Koller<br />

HGB §§ 128, 129 Rn. 9; Wiedemann, WM-Beilage 7/1992, S. 36; dagegen<br />

Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 128 Rn. 25.<br />

303 Flume, BGB AT, § 16 II 2. c), S. 295 ff.<br />

304 Koller/Roth/Morck/Koller HGB §§ 128, 129 Rn. 9; Wiedemann, WM-Beilage 7/1992, S. 36; K.<br />

Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 49 V 1., S. 1436.<br />

305 Preuß ZHR 160 (1996), 1643, 175 f.<br />

100


ii.<br />

Regressansprüche gegen die Mitgesellschafter<br />

Während <strong>des</strong> Bestehens der Gesellschaft kann sich ein Gesellschafter zur Befriedigung<br />

seiner Sozialansprüche bei Vermögenslosigkeit der Gesellschaft <strong>nach</strong> ganz herrschender<br />

Meinung 306 nicht <strong>nach</strong> § 128 HGB analog an seine Mitgesellschafter halten, da die Gesellschafter<br />

andernfalls entgegen § 707 BGB zu Nachschüssen in das Gesellschaftsvermögen<br />

gezwungen wären. Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn ein Gesellschafter für<br />

Ansprüche eines außenstehenden Gläubigers gegen die Gesellschaft <strong>nach</strong> § 128 HGB<br />

analog in Anspruch genommen worden ist 307 . <strong>Die</strong> Gesellschafter können sich <strong>nach</strong> herrschender<br />

Meinung gegenüber einem Regressanspruch eines Mitgesellschafters, der eine<br />

Gesellschaftsschuld gegenüber einem Gläubiger der Gesellschaft aus seinem Privatvermögen<br />

beglichen hat, nicht auf § 707 BGB berufen, wenn der Regressberechtigte Ausgleich<br />

bei seinen Mitgesellschaftern nimmt, <strong>nach</strong>dem er von der Gesellschaft keine Befriedigung<br />

erlangen konnte 308 . <strong>Die</strong> Ausgleichspflicht der Mitgesellschafter gründet hier<br />

auf der auch sie treffenden Haftung <strong>nach</strong> § 128 HGB selbst und verteilt nur deren Folgen,<br />

bedeutet also nicht Nachschusszwang im Widerspruch zu § 707 BGB 309 . Statt <strong>des</strong>sen<br />

steht dem leistenden Gesellschafter ein gesamtschuldnerischer Rückgriffsanspruch<br />

<strong>nach</strong> § 426 Abs. 1 BGB gegen seine Mitgesellschafter zu 310 , wobei deren Inanspruchnahme<br />

auch hier wiederum nur subsidiär für den Fall möglich ist, dass eine Befriedigung<br />

aus dem Gesellschaftsvermögen keinen Erfolg hat 311 . Der einzelne Mitgesellschafter<br />

haftet dem Regressberechtigten pro rata <strong>nach</strong> Maßgabe seiner Verlustquote 312 .<br />

Umstritten ist auch hier, ob der Regressberechtigte zusätzlich aus qua cessio legis übergegangenem<br />

Recht <strong>des</strong> Gläubigers gegen seine Mitgesellschafter vorgehen kann. Hierzu<br />

wird vertreten, dass infolge der Befriedigung <strong>des</strong> Gläubigers durch den Regressberechtigten<br />

die Forderung <strong>des</strong> Gläubigers gegen die Gesellschaft aufgrund der anzunehmenden<br />

Tilgungsabrede (§ 362 Abs. 1 BGB) erlösche 313 , so dass auch für eine Aufrechter-<br />

306 BGHZ 37, 299, 301 f.; Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 128 Rn. 22; Koller/Roth/Morck/Koller HGB<br />

§§ 128, 129 Rn. 2; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 49 I 2. b), S. 1412; Prediger BB 1971, 245, 246.<br />

307 E/B/J/S/Hillmann HGB § 128 Rn. 12; MünchKomm BGB/Schäfer § 707 Rn. 5.<br />

308 BGHZ 37, 299, 302 = NJW 1962, 1863; Bamberger/Roth/Schöne BGB § 707 Rn. 2.<br />

309 Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 128 Rn. 27.<br />

310 Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 16 Rn. 41.<br />

311 BGHZ 37, 299, 302 f. = NJW 1962, 1863; BGHZ 103, 72, 76 = NJW 1988, 1375.<br />

312 E/B/J/S/Hillmann HGB § 128 Rn. 32; Koller/Roth/Morck/Koller HGB § 128 Rn. 10.<br />

313 Hadding/Häuser WM 1988, 1585, 1590 f.<br />

101


haltung der zur Hauptforderung akzessorischen Gesellschafterhaftung <strong>nach</strong> § 128 HGB<br />

analog kein Raum mehr sei: Nach Leistung <strong>des</strong> Regressberechtigten an den Gläubiger<br />

komme ein Rückgriff gegen die Mitgesellschafter <strong>nach</strong> § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht<br />

mehr in Betracht 314 . Abhilfe soll statt <strong>des</strong>sen eine Fiktion <strong>des</strong> Übergangs der Hauptforderung<br />

zum Zwecke <strong>des</strong> Übergangs der Haftungsschuld <strong>nach</strong> dem Vorbild der Hypothek<br />

(§§ 1138, 892 BGB) schaffen 315 .<br />

2. Kritik<br />

a) Haftung <strong>des</strong> Gesellschafters nur als Teilschuldner pro rata<br />

Für die Beantwortung der Frage, ob der in Anspruch genommene Gesellschafter dem<br />

Drittgläubigergesellschafter nur als Teilschuldner pro rata oder statt<strong>des</strong>sen als Gesamtschuldner<br />

<strong>nach</strong> § 128 HGB analog haftet, müsste die herrschende Meinung mit K.<br />

Schmidt 316 konsequenterweise von einer Teilhaftung der Gesellschafter <strong>nach</strong> § 128 HGB<br />

analog mit Ausfallgarantie (§ 426 Abs. 1 Satz 2 BGB) ausgehen. Ist der in Anspruch<br />

genommene Gesellschafter, der zugleich Regressberechtigter ist, aufgrund seiner Gesellschafterstellung<br />

selbst Gesamtschuldner 317 , so ist er als solcher verpflichtet, sich so<br />

314 So Hadding/Häuser WM 1988, 1585, 1590 f.; Preuß ZHR 160 (1996), 163, 172 unter fälschlicher<br />

Berufung auf K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 49 II 3. a), S. 1416: <strong>Die</strong> bei K. Schmidt a.a.O. zitierte<br />

BGH-Entscheidung betraf den Erlass der Hauptforderung gegen die Gesellschaft unter gleichzeitigem<br />

Vorbehalt der Geltendmachung der akzessorischen Haftungsforderung gegen die Gesellschafter. <strong>Die</strong>se<br />

Konstellation ist aber mit einer cessio legis gerade nicht vergleichbar.<br />

315 Preuß ZHR 160 (1996), 153, 172 f. <strong>Die</strong>se Ansicht ist abzulehnen. Einer Forderungsfiktion <strong>nach</strong> Hypothekenrecht<br />

bedarf es nicht, da die Befriedigung <strong>des</strong> Gläubigers durch den Regressberechtigten nicht<br />

zum Erlöschen der Hauptforderung gegen die Gesellschaft führt: <strong>Die</strong>s wird durch die cessio legis der<br />

Forderung gegen die Gesellschaft auf den Regressberechtigten <strong>nach</strong> § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB analog<br />

verhindert. Es ist gerade das Charakteristikum der cessio legis, das Fortbestehen einer Forderung, die<br />

an sich durch Erfüllung gegenüber dem Gläubiger erloschen wäre, zu Gunsten eines neuen Gläubigers<br />

anzuordnen und zwar nicht lediglich in Form einer Forderungsfiktion, sondern real mitsamt allen mit<br />

ihr zusammenhängenden Sicherungsrechten (§§ 412, 401 BGB; zu Problemen im Zusammenhang mit<br />

dem Übergang von Sicherungsrechten, die von dritten Sicherungsgebern bestellt wurden, sowie Beschränkungen<br />

bei der Ausnutzung von Sicherungsrechten durch den Ausgeschiedenen zum Nachteil<br />

von Altgläubigern ausführlich Preuß ZHR 160 (1996), 163, 176 ff.). Wenn aber die Hauptforderung<br />

zugunsten <strong>des</strong> Regressberechtigten fortbesteht, gibt es keinen Grund, warum die Haftung der Gesellschafter<br />

hierfür nicht auch fortbestehen sollte: Wenn schon ein Gesamtschuldverhältnis <strong>nach</strong> § 426<br />

Abs. 1 Satz 1 BGB der Gesellschafter untereinander angenommen wird (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht,<br />

§ 51 III 2. b), S. 1507), so muss es auch konsequenterweise auch eine cessio legis <strong>nach</strong> § 426<br />

Abs. 2 Satz 1 BGB geben (so im Ergebnis wohl auch Büscher/Klusmann ZIP 1992, 11, 18).<br />

316 Gesellschaftsrecht, § 49 I 2. b), S. 1413.<br />

317 Dagegen Altmeppen NJW 2009, 2241 ff.<br />

102


zu verhalten, dass es zu einem Ausgleich der Gesamtschuldner untereinander gar nicht<br />

kommt 318 . <strong>Die</strong> gesellschaftliche Treupflicht, die auch im Liquidationsstadium fortgilt,<br />

verbietet den Rückgriff <strong>des</strong> Regressberechtigten auf weitere Mitgesellschafter als Gesamtschuldner,<br />

da der Regressberechtigte so das Risiko der Insolvenz der übrigen Mitgesellschafter<br />

auf den von ihm in Anspruch Genommenen abwälzen könnte, obwohl<br />

auch er sich seine Mitgesellschafter als Vertragspartner <strong>des</strong> Gesellschaftsvertrags selbst<br />

ausgesucht hat. Es entstünde eine Kette von prozessökonomisch unsinnigen Regressklagen,<br />

da der vom Regressberechtigten in Anspruch Genommene selbst wiederum gegen<br />

alle übrigen Mitgesellschafter klagen müsste 319 . Außerdem würde von mehreren<br />

Ausgleichsberechtigten derjenige ungerechtfertigt begünstigt, der zuerst seine Mitgesellschafter<br />

auf Regress in Anspruch nimmt: Es käme zu einem „Wettlauf der Ausgleichsberechtigten“.<br />

<strong>Die</strong> Haftung pro rata vermeidet hingegen eine solche Häufung von Regressklagen und<br />

nimmt die von § 426 BGB geforderte Verlustbeteiligung von vorneherein vor 320 : <strong>Die</strong> auf<br />

jeden Gesellschafter entfallenden Beträge können in einer Klage gegen alle verlustbeteiligten<br />

Mitgesellschafter gleichzeitig berechnet und geltend gemacht werden. Stellt sich<br />

im Laufe dieses Prozesses heraus, dass wegen Nichterreichbarkeit eines Gesellschafters<br />

die anderen für seinen Anteil mit aufzukommen haben (§ 426 Abs. 1 Satz 2 BGB), so<br />

können die einzelnen Klagebeträge mit Wirkung für alle Beklagten im Wege der Klageänderung<br />

entsprechend angepasst werden.<br />

b) Vermeidung von Hin- und Herzahlungen<br />

Ungeachtet <strong>des</strong>sen, wie sich Haftung und Regress der vom Drittgläubigergesellschafter<br />

in Anspruch genommenen Gesellschafter gestalten, kann der Ansicht, <strong>nach</strong> der Forderungen<br />

eines Gesellschafters aus Drittrechtsgeschäften mit der Gesellschaft vorab ohne<br />

Rücksicht auf den Fortgang der <strong>Auseinandersetzung</strong> und ohne Rücksicht auf die übrigen<br />

Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Berechtigten gegenüber der Gesellschaft geltend gemacht<br />

werden können, aus folgenden Gründen nicht zugestimmt werden:<br />

318 Ganz herrschende Meinung, vgl. Erman/Ehmann BGB § 426 Rn. 3; Prediger BB 1971, 245, 248;<br />

Walter JZ 1983, 260, 261.<br />

319 Walter JZ 1983, 260, 261.<br />

320 Walter JZ 1983, 260, 260.<br />

103


<strong>Die</strong> Auffassung, die dem Gesellschafter die Durchsetzung seiner Drittgläubigerforderung<br />

unabhängig von Stand und Fortgang der <strong>Auseinandersetzung</strong> gestattet, berücksichtigt<br />

nicht die Sonderstellung, die der persönlich mithaftende Gesellschafter als Haftungsgarant<br />

auch gegenüber seiner eigenen Forderung hat. Der Gesellschafter, der einen<br />

Anspruch aus einem Drittverhältnis gegen die Gesellschaft geltend macht, steht sich<br />

selbst als <strong>nach</strong> § 128 HGB analog als Gesamtschuldner für die Verbindlichkeiten der<br />

Gesellschaft Mithaftender gegenüber. Er haftet also aus seiner Gesellschafterstellung<br />

auch für die Forderungen, die er selbst gegenüber der Gesellschaft erhebt, und zwar<br />

persönlich, gesamtschuldnerisch und direkt. Nur durch Verrechnung auch der Drittgläubigeransprüche<br />

mit den übrigen vom Gesellschafter zu beanspruchenden bzw. geschuldeten<br />

Beträgen stellt sich heraus, ob der Gesellschafter diese Drittgläubigeransprüche<br />

überhaupt noch beanspruchen kann oder ob ihm die Geltendmachung aufgrund seiner<br />

Nachschussverpflichtung (§ 735 BGB) <strong>nach</strong> § 242 BGB versagt ist. Drittgläubigeransprüche<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters sind daher nicht nur dann als unselbständige Rechnungsposten<br />

in die <strong>Auseinandersetzung</strong> einzubeziehen, wenn eine Nachschusspflicht <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

bereits feststeht 321 , sondern gerade auch, um das Bestehen einer Nachschussverpflichtung<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters durch Verrechnung seiner Drittgläubigeransprüche<br />

mit all seinen übrigen Ansprüchen und Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft<br />

überhaupt feststellen zu können. Nur so können umständliche Hin- und Herzahlungen<br />

vermieden werden, wenn der Saldo <strong>des</strong> Gesellschafterprivatkontos positiv, der Gesamtsaldo<br />

der festen und beweglichen Gesellschafterkonten jedoch negativ sein sollte<br />

und diese beiden Salden getrennt voneinander befriedigt würden.<br />

c) <strong>Die</strong> Finanzierungsverantwortung <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

<strong>Die</strong> Befriedigung von Ansprüchen eines Gesellschafters aus Drittrechtsgeschäften mit<br />

der Gesellschaft ohne Rücksicht auf den Stand seines Gesellschafterkontos würde zudem<br />

der mitgliedschaftlichen Treuepflicht widersprechen. Jeder Gesellschafter ist verpflichtet,<br />

den Gesellschaftszweck zu fördern (§ 705 BGB), schuldet also grundsätzlich<br />

gesellschaftsfreundliches Verhalten. <strong>Die</strong> daraus abgeleitete Treuepflicht verlangt von<br />

ihm, bei der Ausübung der ihm verliehenen Befugnisse den Belangen der Gesellschaft<br />

Vorrang einzuräumen und seine eigenen Interessen und Mitgliedschaftsrechte nur unter<br />

321 So MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 111.<br />

104


Berücksichtigung der Interessen der Gesellschaft auszuüben 322 . Ob und inwieweit ein<br />

Gesellschafter berechtigt sein kann, die Auszahlung einer einzelnen Forderung oder<br />

eines positiven Saldos seines Gesellschafterkontos gegen die Gesellschaft geltend zu<br />

machen, unterliegt einem speziellen Aspekt der mitgliedschaftlichen Treuepflicht in<br />

Gestalt der sog. Finanzierungsverantwortung. Nach diesem ursprünglich für das Kapitalersatzrecht<br />

der GmbH eingeführten Grundsatz übernimmt der Gesellschafter allein<br />

durch seine Beteiligung an der Gesellschaft die Verantwortung dafür, dass er die GmbH<br />

durch Finanzierungsleistungen in Zeiten am Leben erhält, in denen ihr die Gesellschafter<br />

als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten 323 . Entsprechend umschrieb<br />

das Gesetz den Begriff der Krise in § 32a Abs. 1 GmbHG a.F. An der Verantwortung<br />

<strong>des</strong> GmbH-Gesellschafters für die Finanzierung seiner Gesellschaft in der Krise hat sich<br />

durch die Umformulierung zur Finanzierungsfolgenverantwortung 324 und der Neuregelung<br />

<strong>des</strong> Kapitalersatzrechts in der InsO durch das MoMiG 325 mit Wirkung zum<br />

01.11.2008 im Grundsatz nichts geändert 326 .<br />

<strong>Die</strong>se Grundsätze sind nicht nur dann auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts übertragbar,<br />

wenn diese keine natürliche Person als Mitglied hat 327 . Vielmehr lässt sich generell<br />

feststellen, dass der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die <strong>nach</strong>haltig<br />

<strong>nach</strong> außen am Rechtsverkehr teilnimmt, in gleichem, vielleicht sogar noch stärkerem<br />

Maße als der Gesellschafter einer GmbH in der Krise für eine ausreichende Finanzierung<br />

der Gesellschaft zu sorgen hat. So ist für das Stadium vor Auflösung - insbesondere<br />

mit Blick auf die Sanierung von notleidenden geschlossenen Immobilienfonds<br />

328 - bereits in Rechtsprechung und Literatur vertreten worden, dass die Gesellschafter<br />

unter bestimmten Umständen aufgrund ihrer mitgliedschaftlichen Treuepflicht<br />

verpflichtet sein können, durch Mitwirkung an einer Sanierung zur Krisenbewältigung<br />

322 Palandt/Sprau BGB § 705 Rn. 27.<br />

323 BGHZ 105, 168, 175 f. = NJW 1988, 3143; BGHZ 133, 298, 298 ff. = NJW 1996, 3203.<br />

324 Seit BGHZ 127, 336 ff. = NJW 1995, 326 ff.<br />

325 Gesetz zur Modernisierung <strong>des</strong> GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom<br />

23.10.2008, BGBl. I S. 2026.<br />

326 Eingehend zum Problemkreis Roth/Altmeppen/Altmeppen GmbHG Vorbem. zu §§ 32a, 32b a.F., Rn<br />

1 ff.<br />

327 BGH NJW 2009, 997 f.: Anwendung <strong>des</strong> § 129a HGB a.F. iVm §§ 32a, b GmbHG auf eine BGB-<br />

Gesellschaft möglich, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als Gesellschafter hat,<br />

bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (Rn. 10).<br />

328 Dazu allgemein statt vieler Wagner NZG 2009, 1378 ff.; zum aktuellen Stand der Rechtsprechung<br />

Schneider NZG 2011, 575 ff.<br />

105


eizutragen 329 oder aus Rücksicht auf die Lage der Gesellschaft Einschränkungen bei<br />

der Geltendmachung von Gewinnansprüchen 330 oder Drittgläubigeransprüchen gegen<br />

die Gesellschaft 331 hinzunehmen. Zwar verlangt die herrschende Meinung nicht, dass der<br />

einzelne Gesellschafter im Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern auf schutzwürdige<br />

eigene Interessen verzichtet, auch trifft ihn keine (aktive) Fürsorgepflicht für die Belange<br />

seiner Partner 332 . Jedoch darf sich ein einzelner Gesellschafter nicht willkürlich über<br />

die Interessen seiner Partner hinwegsetzen, sondern muss auf sie Rücksicht nehmen,<br />

soweit ihm dies bei der Durchsetzung seiner berechtigten Bedürfnisse zumutbar ist 333 .<br />

So sind insbesondere Rechte, deren Ausübung einen anderen Gesellschafter belastet,<br />

schonend auszuüben 334 .<br />

Einer umfassenden Finanzierungsverantwortung <strong>des</strong> einzelnen Gesellschafters in dem<br />

Sinne, dass er seine Ansprüche aus Drittrechtsgeschäften nur <strong>nach</strong> Maßgabe <strong>des</strong> Stan<strong>des</strong><br />

seines Gesellschafterkontensaldos einerseits und unter Berücksichtigung der allgemeinen<br />

Vermögenssituation der Liquidationsgesellschaft andererseits einfordern kann,<br />

ist - jedenfalls für die Zeit <strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft - uneingeschränkt zuzustimmen.<br />

Eine entsprechende Beschränkung folgt bereits aus der Übernahme <strong>des</strong> Haftungsregimes<br />

<strong>des</strong> § 128 HGB auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts 335 mit der Folge<br />

einer umfassenden Solidarhaftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen gegenüber<br />

den Gesellschaftsgläubigern und wird <strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft durch die<br />

generelle Verlustausgleichspflicht der Gesellschafter <strong>nach</strong> § 735 BGB im Umfang ihrer<br />

Verlustquote ergänzt, die mit Auflösung an die Stelle <strong>des</strong> § 707 BGB tritt und eine sekundäre<br />

Haftung der BGB-Gesellschafter mit ihrem sonstigen Privatvermögen begründet<br />

336 .<br />

329 BGHZ 183, 1 ff. = NJW 2010, 65 ff. („Sanieren oder Ausscheiden“); zuvor bereits Wagner WM 2006,<br />

1273, 1275 ff. <strong>Die</strong>se Ansicht ist im Schrifttum nicht unbestritten geblieben, siehe ausführlich zum<br />

Streitstand Weber DStR 2010, 702, 703 ff.; kritisch auch Westermann NZG 2010, 321 ff. Zum Ganzen<br />

Erman/Westermann BGB § 709 Rn. 31 ff.<br />

330 BGH NJW 1985, 972, 974.<br />

331 RG JW 1937, 1986; Soergel/Hadding/Kießling BGB § 705 Rn. 60.<br />

332 Erman/Westermann BGB § 705 Rn. 52; Soergel/Hadding/Kießling BGB § 705 Rn. 60.<br />

333 Erman/Westermann BGB § 705 Rn. 52.<br />

334 Erman/Westermann BGB § 705 Rn. 52.<br />

335 Seit BGHZ 146, 341, 358 = NJW 2001, 1056 ff.<br />

336 Michalski NZG 2000, 355, 357.<br />

106


Aufgrund ihrer persönlichen Haftung aus § 128 HGB analog sind die Gesellschafter<br />

verpflichtet, für Verbindlichkeiten der Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufzukommen,<br />

die durch das Eigenvermögen der Gesellschaft nicht abgedeckt sind. Zwar kann sich der<br />

in Anspruch genommene Gesellschafter im Wege <strong>des</strong> Regresses aus dem Gesellschaftsvermögen<br />

schadlos halten 337 , so dass das Gesellschaftsvermögen grundsätzlich primäres<br />

Zugriffsobjekt im Innenverhältnis bleibt. Der Regress gegen die Gesellschaft geht jedoch<br />

ins Leere, wenn das gesamte zur Verfügung stehende Gesellschaftsvermögen zuvor<br />

an Mitgesellschafter ausgeschüttet worden ist, die daraus ihre Ansprüche aus Drittrechtsgeschäften<br />

mit der Gesellschaft befriedigt haben. Besonders drastische Folgen hat<br />

die uneingeschränkte Möglichkeit, Forderungen aus Drittrechtsgeschäften geltend zu<br />

machen, wenn der Drittgläubigergesellschafter, der seine Forderung vorab geltend gemacht<br />

hat, <strong>nach</strong> Maßgabe <strong>des</strong> Stan<strong>des</strong> seines Gesellschafterkontos eigentlich <strong>nach</strong> § 735<br />

BGB <strong>nach</strong>schussverpflichtet wäre - beispielsweise weil er während der Lebenszeit der<br />

Gesellschaft unberechtigte Überentnahmen getätigt hat - die den Betrag seiner Drittgläubigerforderung<br />

übersteigen. Wollte man daher einem Gesellschafter ungeachtet<br />

bestehender und noch nicht im Rahmen der Abwicklung befriedigten Gesellschaftsschulden<br />

gestatten, seine Privatforderungen ohne Rücksicht auf den Stand der Abwicklung<br />

und etwaiger eigener Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft vorrangig<br />

durchzusetzen, so bestünde die Gefahr, dass ein Gesellschafter zur Befriedigung seiner<br />

Forderungen die Konten der Gesellschaft leeren und seine Mitgesellschafter damit in<br />

die Nachschusspflicht <strong>nach</strong> § 735 BGB gegenüber den leer ausgehenden Gesellschaftsgläubigern<br />

treiben könnte. <strong>Die</strong> Solidarität zu den ebenfalls uneingeschränkt persönlich<br />

haftenden Mitgesellschaftern verbietet es daher, Vermögenswerte der Gesellschaft der<br />

Kontrolle und Verfügungsmacht der Mitgesellschafter gegen deren Willen zu entziehen<br />

338 oder deren persönliche Inanspruchnahme durch Aushöhlung <strong>des</strong> originären <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

gar zu provozieren. Generell darf die befugte Entnahme von Geld<br />

aus der Gesellschaftskasse die Erfüllung fälliger Verbindlichkeiten der Gesellschaft<br />

nicht verzögern oder unmöglich machen 339 .<br />

Im Ergebnis muss sich daher jeder Gesellschafter bei der Durchsetzung seiner Drittgläubigerforderungen<br />

die fortlaufende Saldierung seiner Verbindlichkeiten und Ansprü-<br />

337 Zu Regressfragen ausführlich unter § 15, I. 1. b), S. 99 ff.<br />

338 Soergel/Hadding/Kießling BGB § 705 Rn. 60.<br />

339 RGZ 162, 388, 394; Soergel/Hadding/Kießling BGB § 705 Rn. 60.<br />

107


che im Verhältnis zur Gesellschaft entgegenhalten lassen. Solange das Gesellschaftsvermögen<br />

zum Ausgleich der Gesellschaftsschulden und seiner eigenen Forderungen<br />

aus Drittrechtsgeschäften nicht ausreicht, muss der Gesellschafter mit der Durchsetzung<br />

seiner Privatforderung insoweit zurückstehen, als er dafür selbst einzustehen hätte. Jeder<br />

Gesellschafter kann grundsätzlich nur dann und nur insoweit zur Einforderung eigener<br />

Ansprüche gegen die Gesellschaft berechtigt sein, als dadurch eine Unterkapitalisierung<br />

der Gesellschaft ausgeschlossen ist. Einzelansprüche von Gesellschaftern gegen die<br />

Gesellschaft können damit jedenfalls mit Eintritt der Auflösung nicht wie Ansprüche<br />

außenstehender Dritter gegen die Gesellschaft geltend gemacht werden. Vielmehr kann<br />

der Gesellschafter nur das einfordern, was aus freiem, nicht für den Schuldendienst der<br />

Gesellschaft benötigtem Vermögen geleistet werden kann 340 .<br />

d) Keine wirtschaftliche Be<strong>nach</strong>teiligung <strong>des</strong> Gesellschaftergläubigers<br />

Dem Gesellschaftergläubiger resultieren auch keine wirtschaftlichen Nachteile daraus,<br />

mit der Geltendmachung seiner Forderung <strong>nach</strong> allen anderen Gläubigern zurückstehen<br />

zu müssen: Sollte das Gesellschaftsvermögen nicht zur Befriedigung seiner Forderungen<br />

ausreichen, so haften ihm bei Vermögenslosigkeit der Gesellschaft seine Mitgesellschafter<br />

<strong>nach</strong> § 735 BGB mit ihrem Privatvermögen im Rahmen einer Ausfallhaftung<br />

(§ 735 Satz 2 BGB) 341 .<br />

Es ist dem Drittgläubigergesellschafter auch zuzumuten, sich insoweit an seine Mitgesellschafter<br />

zu halten. Immerhin hat er sich diese als Partner selbst ausgesucht und hatte<br />

es während der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft in der Hand, durch Ausübung seiner<br />

Stimm- und Teilhaberechte dafür zu sorgen, dass seine Mitgesellschafter das Gesellschaftsvermögen<br />

und damit letztlich die auch ihm selbst haftende Vermögensmasse<br />

nicht durch unberechtigte Entnahmen schmälern. Insbesondere muss er sich in jedem<br />

Fall seinen Verlustanteil an der eigenen Drittgläubigerforderung abziehen lassen, ob er<br />

seinen Anspruch nun <strong>nach</strong> § 128 HGB analog wie ein außenstehender Gläubiger oder<br />

340 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass diese These in<br />

dieser Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden ist. Daher gehe ich davon aus,<br />

dass hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

341 Begreift man die Ermittlung und Saldierung der Drittgläubigerforderungen als „Verhandeln über den<br />

Anspruch“ im Sinne von § 203 Satz 1 BGB, so wird auch das Verjährungsproblem entschärft. <strong>Die</strong> bereits<br />

vor Saldierung zugunsten <strong>des</strong> Gesellschafters bzw. der Gesellschaft angefallenen Fälligkeitszinsen<br />

können ihrerseits als eigene Forderung in die Saldoberechnung eingestellt werden.<br />

108


<strong>nach</strong> § 735 BGB geltend macht. Auch insoweit gibt es keinen Grund, Ansprüche aus<br />

einem Drittschuldnerverhältnis anders zu behandeln als Ansprüche, die der Gesellschafter<br />

aufgrund <strong>des</strong> Gesellschaftsvertrags oder aus Regress aufgrund einer eigenen Inanspruchnahme<br />

erhebt. Dass der Gesellschafter durch die Verrechnung seiner Drittgläubigerforderung<br />

in seinem Gesellschafterkonto wirtschaftlich nicht schlechter gestellt wird,<br />

soll an einem Beispielsfall demonstriert werden:<br />

Fall 6:<br />

A hat aus Mietvertrag eine Forderung von 2.000 gegen die vermögenslose<br />

Gesellschaft, B einen Einlagenrückerstattungsanspruch von 300. Beide sind<br />

zu je 50% an der Gesellschaft beteiligt.<br />

Würde man hier dem A zubilligen, seine Mietzinsforderung außerhalb der <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

durchzusetzen, so hätte dies sofort einen Verlustausgleichsanspruch<br />

der Gesellschaft gegen A <strong>nach</strong> § 735 BGB in Höhe von 50%, also von 1.000 zur<br />

Folge, mit dem die Gesellschaft aufrechnen könnte. Der Geltendmachung der Mietzinsforderung<br />

stünde daher das Saldierungsprinzip bzw. der dolo agit-Grundsatz (§ 242<br />

BGB) als von Amts wegen zu berücksichtigender Einwand entgegen. A hat also von<br />

vornherein nur einen Anspruch auf 1.000. Da die Gesellschaft vermögenslos ist, muss er<br />

sich hierfür an B halten. B wiederum hat selbst einen Anspruch aus § 733 Abs. 2 BGB<br />

von 300 gegen die Gesellschaft, den A <strong>nach</strong> § 735 BGB zur Hälfte trägt, so dass B wiederum<br />

aufrechnen kann. Per Saldo kann A damit nur 850 von B verlangen. Dasselbe<br />

Ergebnis entsteht, wenn die Forderung <strong>des</strong> A in sein Gesellschafterkonto eingestellt und<br />

saldiert wird. In diesem Fall sind die Forderungen beider Gesellschafter gleichrangig zu<br />

befriedigen: A kann Zahlung von 1.000 von B, B 150 von A verlangen. Nach Aufrechnung<br />

beträgt der Saldo <strong>des</strong> A damit 850.<br />

Nichts Anderes ergibt sich, wenn die Gesellschaft noch über ausschüttungsfähiges<br />

Vermögen verfügt, denn eine Forderung aus einer Drittverbindlichkeit eines Gesellschafters<br />

mindert das ausschüttungsfähige Vermögen in gleicher Weise wie die Forderung<br />

eines Nichtgesellschafters:<br />

Fall 7:<br />

Abwandlung zu Fall 6: <strong>Die</strong> Gesellschaft hat noch 800 auf ihrem Bankkonto.<br />

Bei einer Vorabdurchsetzung seiner Mietforderung bekäme A zunächst die 800 ausbezahlt,<br />

da seine Drittgläubigerforderung vorrangig vor dem Anspruch <strong>des</strong> B aus dem<br />

Gesellschaftsvermögen zu befriedigen ist, § 733 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der ausstehende<br />

Restbetrag von 1.200 ist nicht durch das Gesellschaftsvermögen abgedeckt und damit<br />

ein Verlust im Sinne <strong>des</strong> § 735 BGB. Davon hätte A 50 %, also 600 zu tragen und müs-<br />

109


ste sich für die verbleibenden 600 an B halten. Da aber der Einlagenrückerstattungsanspruch<br />

<strong>des</strong> B in Höhe von 300 ebenfalls nicht mehr aus dem Gesellschaftsvermögen<br />

befriedigt werden kann, stellt sie in voller Höhe einen Verlust der Gesellschaft dar, den<br />

auch A zu 50% zu tragen hat. B kann gegen die Forderung <strong>des</strong> A also mit seiner eigenen<br />

Forderung aufrechnen, so dass A per Saldo von B nur 450 beanspruchen kann. Im<br />

Ergebnis erhält A somit 1.250 (800 aus dem Gesellschaftsvermögen, 450 von B). Stellt<br />

man die Forderung <strong>des</strong> A in sein Gesellschafterkonto ein, so ergibt sich wirtschaftlich<br />

gesehen kein Unterschied. Beide Gesellschafterforderungen <strong>des</strong> A (2.000) und <strong>des</strong> B<br />

(300) sind aus dem Gesellschaftsvermögen von 800 zu befriedigen; es entsteht ein<br />

Fehlbetrag von 1.500, den A und B je zur Hälfte, also in Höhe von 750 zu tragen haben.<br />

<strong>Die</strong> Gesellschaft kann damit aufrechnen, so dass A per Saldo nur 1.250 erhält, während<br />

B 450 in das Gesellschaftsvermögen <strong>nach</strong>schießen bzw. direkt an A zahlen muss.<br />

3. Eigene Lösung: Buchung von Sozial- und Drittgläubigeransprüchen auf den<br />

Gesellschafterkonten<br />

a) <strong>Die</strong> Behandlung von Sozial- bzw. Drittgläubigeransprüchen und -<br />

verbindlichkeiten<br />

Betrachtet man die von der herrschenden Meinung vorgenommene Unterscheidung in<br />

Sozial- und Drittgläubigeransprüche unter dem Blickwinkel <strong>des</strong> hier angewendeten Verfahrens<br />

der Saldierung der Gesellschafterkonten, so reduziert sich die Problematik letztlich<br />

auf die Frage, ob Zahlungsansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters aus Drittgläubigerrechtsgeschäften<br />

zu einem Bestandteil seines Gesellschafterkontos werden und damit mit seinen<br />

übrigen Ansprüchen und Verbindlichkeiten (z.B. Sozialverbindlichkeiten und Sozialansprüchen)<br />

gegenüber der Gesellschaft verrechnet werden oder ob sie ihm ungeachtet<br />

seiner sonstigen aus dem Gesellschaftsverhältnis obliegenden Zahlungsverpflichtungen<br />

zustehen und ohne Rücksicht auf den Stand seines Gesellschafterkontensaldos vorab<br />

geltend gemacht werden können. <strong>Die</strong> Antwort auf diese Frage liefert das Prinzip der<br />

fortlaufenden Saldierung der Gesellschafterkonten. Da<strong>nach</strong> gilt <strong>nach</strong> dem oben Gesagten<br />

Folgen<strong>des</strong>:<br />

110


Für Sozialansprüche und -verbindlichkeiten, die nicht Regressansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

sind, ist sich auch die allgemeine Ansicht einig, dass diese Bestandteil der<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung werden 342 . Sie sind als Guthabens- bzw. Abzugsposten<br />

in das Gesellschafterkonto einzubuchen und unterliegen der Verrechnung mit den übrigen<br />

Ansprüchen und Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Gesellschafters. <strong>Die</strong> innerhalb der herrschenden<br />

Meinung kontrovers diskutierte Frage, wie Regressansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

gegen die Gesellschafter und seine Mitgesellschafter zu behandeln sind, kann einfach<br />

beantwortet werden, wenn man die Leistung <strong>des</strong> Gesellschafters an den Gläubiger,<br />

die für Rechnung der Gesellschaft erfolgt ist, als Einlage im Sinne <strong>des</strong> § 733 Abs. 2<br />

BGB in das Gesellschaftsvermögen begreift. Durch die Zahlung <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

erlangt die Gesellschaft die vermögenswerte Befreiung von einer Verbindlichkeit. <strong>Die</strong>se<br />

Zahlung erfolgt aus dem Privatvermögen <strong>des</strong> Gesellschafters und mehrt die Haftungsmasse<br />

<strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>. Sie ist <strong>nach</strong> der hier zu Grunde gelegten weiten<br />

Auslegung 343 eine Einlage und unterliegt als solche dem Erstattungsanspruch aus § 733<br />

Abs. 2 BGB. Als Einlage ist die Zahlung dem Regressberechtigten auf seinem Gesellschafterkonto<br />

gutzuschreiben und mit seinen übrigen Forderungen und Verbindlichkeiten<br />

im Verhältnis zur Gesellschaft zu saldieren.<br />

Auch alle Ansprüche und Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Gesellschafters aus Drittrechtsgeschäften<br />

sind als Bestandteil seines Gesellschafterkontos mit seinen übrigen Ansprüchen und<br />

Verbindlichkeiten zu verrechnen. Eine bereits bestehende Unterteilung in feste, variable<br />

und private Konten ist durch Saldierung der Einzelkonten und Bildung eines Gesamtsaldos<br />

eines einheitlichen Kontos aufzulösen 344 . Dem steht zwar auf den ersten Blick der<br />

Wortlaut <strong>des</strong> § 733 Abs. 1 BGB entgegen, wo<strong>nach</strong> Drittgläubigerverbindlichkeiten gegenüber<br />

dem Gesellschafter vorrangig vor den Einlagenrückzahlungsansprüchen aller<br />

Gesellschafter einschließlich <strong>des</strong> Drittgläubigergesellschafters zu befriedigen sind.<br />

Richtigerweise kann ein Gesellschafter seine Ansprüche jedoch nicht ungeachtet <strong>des</strong><br />

Fortgangs der <strong>Auseinandersetzung</strong> und ohne Rücksicht auf seine sonstigen Ansprüche<br />

und Verbindlichkeiten geltend machen.<br />

342 Palandt/Sprau BGB § 733 Rn. 4.<br />

343 Siehe hierzu oben § 7, III. 3., S. 51 ff.<br />

344 Schopp BB 1987, 581, 584.<br />

111


) Folgerung: Keine Unterscheidung von Sozial- und Drittgläubigeransprüchen<br />

im Abwicklungsstadium<br />

Nach dem oben Gesagten erweist sich die Reihenfolge der Abwicklungsschritte und der<br />

Position, unter der Forderungen und Verbindlichkeiten aus Drittrechtsgeschäften im<br />

Saldo der <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung erfasst werden, im Ergebnis als irrelevant.<br />

Alle Leistungen eines Gesellschafters an und für Rechnung der Gesellschaft führen zu<br />

einer Habenbuchung im Gesellschafterkonto, alle Leistungen der Gesellschaft an den<br />

Gesellschafter zu einer Belastung <strong>des</strong> Gesellschafterkontos. Im Innenverhältnis bestehen<br />

damit nur noch Ansprüche aus den Salden der Gesellschafterkonten. <strong>Die</strong> darin<br />

rechnerisch erfassten Einzelansprüche sind zwar nicht notwendig durch Novation untergegangen,<br />

sie verlieren jedoch ihre eigenständige Durchsetzbarkeit. Damit sind auch<br />

Sicherungsrechte oder Titel auf abgelöste Forderungen Dritter (§§ 401, 412 BGB) hinfällig,<br />

sie haben im Rahmen <strong>des</strong> Ausgleichs der Gesellschafterkonten keine Funktion<br />

mehr. Damit sind auch Drittgläubigerforderungen eines Gesellschafters mit Gleichrang<br />

zu allen anderen im Zuge der Abfindung zu berücksichtigenden Forderungen und Verbindlichkeiten<br />

in das Gesellschafterkonto <strong>des</strong> jeweiligen Gesellschafters einzustellen<br />

und bei der Bildung <strong>des</strong> Gesamtsaldos heranzuziehen. Auch der Inhalt <strong>des</strong> sog. Gesellschafterprivatkontos<br />

muss daher zu einem Bestandteil <strong>des</strong> nunmehr zu bildenden einheitlichen<br />

Gesellschafterkontos und <strong>des</strong>sen Saldo mit den Salden der festen und variablen<br />

Konten verrechnet werden. Damit wird zugleich deutlich, dass eine Unterscheidung<br />

der Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters in solche aus Sozialverbindlichkeiten und solche<br />

aus Drittgläubigerrechtsgeschäften zumin<strong>des</strong>t <strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft keine<br />

praktische Bedeutung mehr hat 345 . Ebenso wenig spielt es eine Rolle, auf welchem<br />

Rechtsgrund eine Drittverbindlichkeit beruht und ob hierfür Sonderrechte, Sicherheiten<br />

oder Titel in Frage kommen: Mit Auflösung der Gesellschaft gehen alle einzelnen Zahlungsansprüche<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters ungeachtet ihrer Rechtsgrundlage in den Gesamtsaldo<br />

<strong>des</strong> einheitlichen Gesellschafterkontos ein. Es gibt nur noch den Anspruch auf<br />

Ausgleich <strong>des</strong> Saldos der Gesellschafterkonten.<br />

Im Ergebnis bestehen damit <strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft keine Unterschiede mehr<br />

zwischen Ansprüchen aus Drittverhältnissen und solchen aus Sozialverbindlichkeiten.<br />

Sie unterliegen alle denselben Haftungsmodalitäten, da § 735 BGB im Umfang der Ver-<br />

345 Zum gleichen Ergebnis kommt wohl auch Messer, FS Stimpel 1985, S. 214.<br />

112


lustquote <strong>des</strong> Gesellschafters eine uneingeschränkte Nachschusspflicht mit der Folge<br />

einer daraus ableitbaren sekundären Haftung der BGB-Gesellschafter mit ihrem sonstigen<br />

Privatvermögen 346 , vergleichbar der Haftung im Außenverhältnis <strong>nach</strong> § 128 HGB<br />

analog, auch für das Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander begründet. § 733<br />

BGB ist damit so zu interpretieren, dass § 733 Abs. 1 BGB die Abwicklung im Außenverhältnis<br />

der Gesellschaft, d.h. gegenüber Nichtgesellschaftern anspricht, § 733 Abs. 2<br />

BGB hingegen die Abwicklung im Innenverhältnis gegenüber den Gesellschaftern.<br />

II.<br />

Buchung der geleisteten Einlagen gemäß § 733 Abs. 2 BGB<br />

In das Gesellschafterkonto sind als weitere Guthabensposten die dem Gesellschafter<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB zurückzuerstattenden Einlagen einzubuchen; dies unterstellt<br />

auch das HGB, ohne es besonders zu regeln 347 . Zusätzlich sind Gewinnanteile zu buchen,<br />

§ 121 Abs. 2 HGB. <strong>Die</strong> Einlage stellt die wesentliche Haben-Buchungsposition in<br />

das Gesellschafterkonto dar. Der Begriff der Einlage ist <strong>nach</strong> der hier vertretenen Ansicht<br />

348 weit auszulegen, er umfasst jede Vermögensverschiebung aus dem Privatvermögen<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen. Der Anspruch richtet sich auf<br />

Rückerstattung in Geld in Höhe <strong>des</strong> Einlagewerts im Zeitpunkt der Einbringung, § 733<br />

Abs. 2 Satz 2 BGB. § 733 Abs. 2 BGB gilt nur für in das Eigentum (quoad dominum)<br />

der Gesellschaft übergegangene Einlagen 349 . <strong>Die</strong>se sind ihrem Wert <strong>nach</strong> zu erstatten;<br />

der Gegenstand selbst verbleibt im Gesellschaftsvermögen und unterliegt der Verwertung<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB. Erbrachte <strong>Die</strong>nstleistungen oder zum Gebrauch überlassene<br />

Gegenstände (Einlage quoad usum) werden vom Einlagenrückerstattungsanspruch<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 2. Satz 3 BGB nicht erfasst; letztere sind ebenso wie dem Wert <strong>nach</strong><br />

(quoad sortem) eingebrachte Gegenstände <strong>nach</strong> § 732 Satz 1 BGB in Natur zurückzugeben<br />

350 .<br />

346 Michalski NZG 2000, 355, 357.<br />

347 Zur Buchung von Einlagen in das Kapitalkonto Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 120 Rn. 3 sowie Rn. 14.<br />

348 Siehe dazu schon oben § 7, III. 3., S. 51 ff.<br />

349 MünchKomm BGB/Schäfer § 733 Rn. 13.<br />

350 Für Einlagen quoad sortem ist streitig, ob diese - wie <strong>nach</strong> einer früher verbreiteten Ansicht - den<br />

Einlagen quoad dominum gleichzustellen sind und das Eigentum auf die Gesellschaft zu übertragen ist<br />

oder ob mit der wohl heute herrschender Meinung in Analogie zu § 732 S. 1 BGB der Gesellschafter<br />

zwar die Sache zurückerhält, der Wert im Rückgabezeitpunkt jedoch auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

<strong>des</strong> Eigentümers anzurechnen ist. Siehe zum Meinungsstand oben § 5, S. 33 ff.<br />

113


In das Gesellschafterkonto je<strong>des</strong> Gesellschafters sind alle von ihm geleisteten Bar-,<br />

Sach- und sonstigen Einlagen als Guthabensposten zu buchen; diese sind ihm in Höhe<br />

<strong>des</strong> Barwerts bzw. <strong>des</strong> im Gesellschaftsvertrag festgelegten bzw. zu schätzenden Werts<br />

im Zeitpunkt der Einbringung gutzuschreiben (§ 733 Abs. 2 Satz 2 BGB). Sie bleiben<br />

also auch dann noch als Guthabensposten <strong>des</strong> Gesellschafterkontos <strong>des</strong> Einbringenden<br />

bestehen, wenn der eingebrachte Wert längst untergegangen ist oder während der Lebenszeit<br />

der Gesellschaft bereits unter anderer Bezeichnung als Gewinn an die Gesellschafter<br />

ausgeschüttet wurde. <strong>Die</strong>s gilt auch für Forderungen, die der Gesellschafter als<br />

Vermögenswert in die Gesellschaft einbringt. Hier gilt § 733 Abs. 2 Satz 2 BGB, so<br />

dass eingebrachte Forderungen im Zeitpunkt ihrer Einbringung mit dem Forderungsnennwert<br />

im Gesellschafterkonto anzusetzen. Einlagen quoad sortem sind als Ausnahme<br />

hierzu mit ihrem Wert bei Auflösung anzusetzen 351 .<br />

Es wurde bereits festgestellt, dass noch nicht geleistete Geldeinlagen <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

im Auflösungsstadium nicht mehr eingefordert werden können, da ihnen wegen<br />

§ 733 Abs. 2 BGB die dauerhafte Einwendung <strong>des</strong> § 242 BGB entgegensteht 352 . Sie<br />

werden daher auch nicht Bestandteil <strong>des</strong> verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>. Sie dürfen<br />

daher im Gesellschafterkonto überhaupt nicht, auch nicht als Abzugsposten für den<br />

Gesellschafter, angesetzt werden. Sie tauchen allenfalls mit dem Erinnerungswert<br />

„Null“ im Gesellschafterkonto auf. Statt <strong>des</strong>sen entsteht durch die nicht geleistete Einlage<br />

ein Fehlbetrag im Gesellschaftsvermögen, der durch die quotale Verteilung <strong>nach</strong><br />

§ 735 BGB alle Gesellschafter in Höhe ihrer Verlustbeteiligung trifft. Was für ausstehende<br />

Einlagen gilt, gilt erst recht auch für sonstige Forderungen der Gesellschaft gegen<br />

den Gesellschafter, die nicht als Beitrag im Sinne <strong>des</strong> § 706 BGB geschuldet sind, wie<br />

Ansprüche auf Rückzahlung unberechtigter Entnahmen oder Schadensersatzansprüche.<br />

Wie dargelegt, besteht keine Notwendigkeit zur Unterscheidung zwischen Einlagen im<br />

engeren Sinne, also den vertraglich geschuldeten Beiträgen, und sonstigen Leistungen<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters an, in oder für die Gesellschaft.<br />

351 Erman/Westermann BGB § 732 Rn. 1; MünchKomm BGB/Schäfer § 732 Rn. 9.<br />

352 Siehe hierzu oben § 7, III., S. 48 ff.<br />

114


III.<br />

Anrechnung getätigter Entnahmen<br />

Das Gegenstück zur Einlage <strong>des</strong> Gesellschafters ist die Entnahme. Aus dem § 121 HGB<br />

zugrundeliegenden Gedanken ergibt sich, dass der Gesellschafter verpflichtet ist, sich<br />

auf seinen Auszahlungsanspruch bereits vorab getätigte (berechtigte und unberechtigte)<br />

Entnahmen anrechnen zu lassen. Entnahmen der Gesellschafter sind letztlich nichts Anderes<br />

als Vorabausschüttungen auf den zu erwartenden Gewinn und daher als Abzugsposten<br />

auf dem Gesellschafterkonto zu berücksichtigen 353 .<br />

Dass nicht nur bei der OHG, sondern auch bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />

jedenfalls <strong>nach</strong> Auflösung jeder Auszahlungsanspruch <strong>des</strong> Gesellschafters nur unter<br />

dem Vorbehalt eines entsprechenden Gegenanspruchs der Gesellschaft steht, zeigt das<br />

Zusammenspiel zwischen § 734 BGB und § 735 BGB. Da<strong>nach</strong> kann ein Gesellschafter<br />

nur dann seine Einlagen zurückerstattet verlangen, als er das Gesellschaftsvermögen<br />

nicht durch Entnahmen aufgezehrt hat.<br />

Der Begriff der Entnahme unterliegt als Gegenstück zur Einlage ebenfalls der hier vorgenommenen<br />

weiten Auslegung 354 . Da<strong>nach</strong> ist Entnahme jede Vermögensverschiebung<br />

aus dem Gesellschaftsvermögen in das Privatvermögen <strong>des</strong> Gesellschafters, und zwar<br />

unabhängig von Anlass, Rechtsgrund und Natur <strong>des</strong> entnommenen Gegenstands. <strong>Die</strong><br />

Entnahmen sind als Gegenstück zur Einlage als Abzugsposten auf dem Gesellschafterkonto<br />

<strong>des</strong> Entnehmenden zu buchen. <strong>Die</strong> Grundsätze <strong>des</strong> § 733 Abs. 2 BGB zur Bewertung<br />

von Einlagen gelten entsprechend, Entnahmen sind daher mit ihrem Nennwert im<br />

Zeitpunkt ihrer Vornahme zu Lasten <strong>des</strong> Gesellschafters anzusetzen.<br />

IV.<br />

Zusammenfassung: Buchungsposten <strong>des</strong> Gesellschafterkontos<br />

Das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben eines Gesellschafters stellt das Ergebnis der Abwicklung<br />

aller wechselseitigen Ansprüche und Verbindlichkeiten im Verhältnis <strong>des</strong><br />

jeweiligen Gesellschafters zur Gesellschaft bzw. seinen Mitgesellschaftern <strong>nach</strong> den<br />

§§ 732 ff. BGB dar. Es besteht - neben der Beteiligung <strong>des</strong> Gesellschafters an einem<br />

353 Huber ZGR 1988, 1, 4.<br />

354 Siehe hierzu oben § 7, III., S. 48 ff.<br />

115


ggf. vorhandenen Gesellschaftsvermögen - aus dem Saldo <strong>des</strong> für den jeweiligen Gesellschafter<br />

geführten Gesellschafterkontos. In diesem Gesellschafterkonto sind alle<br />

vom Gesellschafter tatsächlich geleisteten Einlagen, vermindert um seine Entnahmen,<br />

zu erfassen. Der dem Gesellschafter zukommende Gewinn aus der Geschäftstätigkeit<br />

der werbenden Gesellschaft wird dem Konto zu-, der auf ihn entfallende Verlust davon<br />

abgeschrieben (§ 120 Abs. 2 HGB analog). Alle Buchungen erfolgen dabei ungeachtet<br />

ihrer Qualifizierung als Einlage, Gewinnanteil, Anspruch aus Drittverbindlichkeit, Regress-<br />

oder sonstige Sozialforderung auf einem einheitlichen Gesellschafterkonto.<br />

Als Folgerung aus dem oben Gesagten kann festgehalten werden, dass der <strong>nach</strong> den hier<br />

dargestellten Grundsätzen gebildete Saldo <strong>des</strong> Gesellschafterkontos letztlich nichts Anderes<br />

ist als die in § 733 Abs. 2 Satz 1 BGB angesprochene und mit allen sonstigen Ansprüchen<br />

und Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Gesellschafters verrechnete Einlage, die ihm infolge<br />

der Auflösung der Gesellschaft auszuzahlen ist. Der Begriff der Einlage in § 733<br />

Abs. 2 Satz 1 BGB ist damit so auszulegen, dass dem Gesellschafter seine ursprünglich<br />

geleistete Einlage nur vermindert um seine Entnahmen und sonstigen Verbindlichkeiten<br />

gegenüber der Gesellschaft zusteht (Grundsatz der Saldierung).<br />

5. Kapitel <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben und Nachschusspflicht<br />

§ 16 <strong>Die</strong> Berechnung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

I. Das Restvermögen<br />

Der Saldo <strong>des</strong> Gesellschafterkontos ist nicht gleichbedeutend mit dem <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters insgesamt, weil die Anteile an Vermögenspositionen<br />

der Gesellschaft, also an Anlage- und Umlaufvermögen, Forderungen und Verbindlichkeiten<br />

darin nicht ausgewiesen werden. Vielmehr beschränkt sich die Funktion der Gesellschafterkonten<br />

darin, den Stand der Verrechnung von Einlagen und Entnahmen,<br />

Gewinnen und Verlusten darzustellen. <strong>Die</strong> Beteiligung <strong>des</strong> Gesellschafters am Anlageund<br />

Umlaufvermögen der Gesellschaft ist jedoch genauso Bestandteil seines <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

wie der Saldo seines Gesellschafterkontos und wird ihm <strong>nach</strong> den<br />

§ 734 BGB bzw. § 735 BGB zugewiesen. Das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben ist somit<br />

116


wesensmäßig in zwei Komponenten aufgeteilt, nämlich einerseits den Saldo seines Gesellschafterkontos,<br />

andererseits die Beteiligung <strong>des</strong> Gesellschafters an dem <strong>nach</strong> Abzug<br />

aller Verbindlichkeiten und zurückzuerstattenden Einlagen verbleibenden Gesellschaftsvermögen.<br />

Ist der Gesamtbetrag <strong>des</strong> an die Gesellschafter auszuschüttenden <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

(<strong>nach</strong> der hier vorgenommenen Berechnungsmethode gleichbedeutend<br />

mit dem Saldo <strong>des</strong> Liquiditätskontos) sowie der für jeden Gesellschafter anfallende<br />

Saldo seines Gesellschafterkontos ermittelt worden, so kann aus diesen beiden<br />

Posten der auf jeden Gesellschafter <strong>nach</strong> Maßgabe seiner Gewinn- bzw. Verlustquote<br />

entfallende Überschuss (§ 734 BGB) bzw. Fehlbetrag (§ 735 BGB) berechnet werden.<br />

Der auf jeden Gesellschafter anteilig entfallende Überschuss bzw. Fehlbetrag bildet<br />

neben dem Saldo <strong>des</strong> Gesellschafterkontos die zweite Komponente <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens.<br />

Nach dem hier vorgeschlagenen Vermögensverteilungsverfahren ist das <strong>nach</strong> Schuldenbefriedigung<br />

verbleibende Gesellschaftsvermögen im Sinne <strong>des</strong> § 733 Abs. 2 Satz 1<br />

BGB gleichbedeutend mit dem Saldo <strong>des</strong> für die Gesellschaft selbst aufgestellten Liquiditätskontos,<br />

in dem das tatsächlich infolge der Versilberung vorhandene Gesellschaftsvermögen<br />

den noch nicht befriedigten Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber<br />

Nichtgesellschaftern sowie den erforderlichen Zurückbehalten gegenübergestellt wird.<br />

Der Begriff der Einlagen in § 733 Abs. 2 BGB ist gleichbedeutend mit der Summe aller<br />

Gesellschafterkontensalden.<br />

Aus dem Liquiditätssaldo und den Salden der Gesellschafterkonten aller Gesellschafter<br />

kann sodann der auf jeden Gesellschafter entfallende Überschuss bzw. Fehlbetrag errechnet<br />

werden. Der hierzu anzuwendende Rechenschritt ergibt sich dabei direkt aus<br />

dem Gesetzeswortlaut: Nach § 733 Abs. 1 BGB sind aus dem <strong>nach</strong> Schuldenbefriedigung<br />

verbleibenden Gesellschaftsvermögen die Einlagen zurückzuerstatten (§ 733<br />

Abs. 2 BGB). Der Gesetzeswortlaut der § 733 Abs. und 2 BGB gibt damit vor, dass<br />

vom Liquiditätssaldo die Salden aller Gesellschafterkonten zu subtrahieren sind. Auf<br />

diese Weise wird der vom Gesetzeswortlaut geforderte Vorrang der Gläubigerbefriedigung<br />

vor der Befriedigung der Gesellschafterforderungen gewahrt. In den Gesellschafterkonten<br />

bildet sich das Gesellschaftsvermögen ab, das den Gesellschaftern quasi vorab,<br />

also ungeachtet der endgültigen Versilberung als Anteil am Gesamtvermögen zugewiesen<br />

worden ist. Daher muss der Gesamtbetrag der Gesellschafterkonten wie eine<br />

Vorabzuweisung vom Liquidationsvermögen <strong>nach</strong> dem Stand <strong>des</strong> Liquiditätskontos<br />

abgezogen werden. Das Ergebnis dieses Rechenschrittes ist der Betrag <strong>des</strong> <strong>nach</strong> Befriedigung<br />

aller Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern und Gesellschaftern (§§ 733<br />

Abs. 1 und 2 BGB) verbleibenden Restvermögens. <strong>Die</strong>ses Restvermögen stellt, sofern<br />

117


es positiv ist, den Überschuss im Sinne <strong>des</strong> § 734 BGB dar, der <strong>nach</strong> Maßgabe der Gewinnquoten<br />

auf die Gesellschafter zu verteilen ist. Ist das Restvermögen negativ, so<br />

bezeichnet es den Fehlbetrag in der Gesellschaftskasse, der gemäß § 735 BGB <strong>nach</strong><br />

Maßgabe der Verlustquoten von den verlustbeteiligten Gesellschaftern auszugleichen<br />

ist 355 .<br />

II.<br />

Das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben als Summe aus Gesellschafterkontensaldo<br />

und anteiligem Restvermögen<br />

Im Ergebnis steht daher jedem einzelnen Gesellschafter als sein <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

einerseits der Saldo seines Gesellschafterkontos (§ 733 Abs. 2 BGB) sowie<br />

sein quotaler Anteil am verbleibenden positiven oder negativen Restvermögen (§ 734<br />

BGB bzw. § 735 BGB) zu. <strong>Die</strong>se beiden Posten sind durch Addition miteinander zu<br />

verrechnen und ergeben das (positive oder negative) <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben <strong>des</strong><br />

Gesellschafters, das ihm infolge der Auflösung der Gesellschaft insgesamt zusteht bzw.<br />

von ihm zu leisten ist. Vor vollständigem Abschluss der Vermögensversilberung und<br />

Auflösung aller Zurückbehalte kann dieser Gesamtsaldo lediglich vorläufig sein.<br />

Beispiel:<br />

Fall 8:<br />

Laut Gesellschaftsvertrag betragen die Gewinnanteile 50% (A), 30% (B)<br />

und 20% (C). Der Saldo <strong>des</strong> Liquiditätskontos beträgt 26.000, die Gesellschafterkontensalden<br />

belaufen sich auf 15.000 für A, 5.000 für B und 2.000<br />

für C.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben setzen sich zusammen aus dem Stand <strong>des</strong> jeweiligen<br />

Gesellschafterkontos zuzüglich <strong>des</strong> quotalen Anteils je<strong>des</strong> Gesellschafters am Überschuss<br />

gemäß § 734 BGB (Liquidationsgewinn). <strong>Die</strong>ser Überschuss errechnet sich wie<br />

folgt: <strong>Die</strong> Summe aller Gesellschafterkonten beträgt 22.000 (15.000 + 5.000 + 2.000).<br />

Der Stand <strong>des</strong> Liquiditätskontos beträgt 26.000. <strong>Die</strong> Differenz aus diesen beiden Posten<br />

von 4.000 ist der Überschuss im Sinne <strong>des</strong> § 734 BGB. An diesem sind zu beteiligen: A<br />

mit 50% = 2.000; B mit 30% = 1.200 und C mit 20% = 800.<br />

355 Ähnlich Huber ZGR 1988, 1, 6.<br />

118


<strong>Die</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben ermitteln sich da<strong>nach</strong> wie folgt:<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben A:<br />

Gesellschafterkontensaldo 15.000<br />

Anteil Restvermögen 50% 2.000<br />

Summe 17.000<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben B:<br />

Gesellschafterkontensaldo 5.000<br />

Anteil Restvermögen 30% 1.200<br />

Summe 6.200<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben C:<br />

Gesellschafterkontensaldo 2.000<br />

Anteil Restvermögen 20% 800<br />

Summe 2.800<br />

Summe <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben A, B, C: 26.000<br />

III.<br />

Doppelberücksichtigung von Einlagen durch Teilhabe an ihrem Verwertungserlös?<br />

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob dem Gesellschafter die in das Gesellschaftsvermögen<br />

eingebrachten Einlagen tatsächlich zusätzlich zu seinem Anteil am<br />

Gesellschaftsvermögen (zu dem ja gerade auch die Einlagegegenstände gehören) zugesprochen<br />

werden dürfen. <strong>Die</strong> Problematik verdeutlicht sich besonders plastisch im Fall<br />

der Einlage von Forderungen gegen Dritte (z.B. ausstehende Honorarforderungen aus<br />

einer Einzelkanzlei, die der Gesellschafter vor Eintritt in die Sozietätsgesellschaft betrieben<br />

hat) in das Gesellschaftsvermögen. <strong>Die</strong>se sind gemäß § 733 Abs. 2 Satz 2 BGB<br />

mit ihrem Nennwert zum Einbringungszeitpunkt als Guthabensposten in das Gesellschafterkonto<br />

<strong>des</strong> Einbringenden zu buchen. Fraglich ist, ob und inwieweit zusätzlich<br />

dazu die Erlöse, die <strong>nach</strong> Auflösung aus der Einziehung dieser Forderungen gemäß<br />

§ 733 Abs. 3 BGB erzielt werden können, in das dem Einbringenden anteilig zu Gute<br />

kommende Gesellschaftsvermögen eingerechnet werden dürfen. Es stellt sich die Frage,<br />

ob sie ihm damit nicht unzulässiger Weise zweifach, nämlich einmal in Form eines Ein-<br />

119


lagenrückerstattungsanspruchs, ein andermal in Form einer Beteiligung am Forderungserlös<br />

gutgeschrieben werden.<br />

<strong>Die</strong>se Konstellation war Gegenstand <strong>des</strong> Beschlusses <strong>des</strong> BGH vom 11.05.2009 356 . In<br />

dem zugrundeliegenden Fall stritten die Parteien über die <strong>Auseinandersetzung</strong>sansprüche<br />

aus einer aufgelösten Anwaltssozietät. Ein Streitpunkt war dabei die Behandlung<br />

von Altforderungen, die der Beklagte als Einlage in die Gesellschaft eingebracht hatte<br />

und die <strong>nach</strong> ihrer Einziehung den ausgeschütteten Gewinn der Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts erhöht hatten. Das Kammergericht war in seinem Ausgangsurteil 357 der<br />

Ansicht, es spreche nichts dagegen, dem beklagten Altgesellschafter denselben Vermögensgegenstand<br />

(eingebrachte Forderung) als Einlage und sodann die aus dem Forderungseinzug<br />

erzielte Einnahme als Gewinnanteil gutzuschreiben. Das Kammergericht<br />

hat dabei darauf abgestellt, das „Kapitalkonto“ würde nicht den Anteil der Gesellschafter<br />

am Vermögen der Gesellschaft widerspiegeln, sondern lediglich den Saldo der vom<br />

jeweiligen Gesellschafter geleisteten Einlagen, der ihm zugeteilten Gewinne und seiner<br />

Entnahmen. Es hat zur Verdeutlichung seiner Rechtsauffassung den Beispielsfall herangezogen,<br />

dass das einem Gesellschafter als Einlage gutgeschriebene Auto im Folgejahr<br />

von der Gesellschaft verkauft worden wäre und die Gesellschaft damit eine gewinnerhöhende<br />

Einnahme erzielt hätte – diese wäre auch dem einbringenden Gesellschafter in<br />

Gestalt eines erhöhten Gewinnanteils zugute gekommen, ohne dass Veranlassung bestanden<br />

hätte, das Kapitalkonto um den Wert der gegenständlich nicht mehr vorhandenen<br />

Einlage zu kürzen 358 . Demgegenüber hat der BGH die Ansicht vertreten, dem Beklagten<br />

würde derselbe Vermögensgegenstand unzulässiger Weise doppelt zugesprochen,<br />

nämlich einmal durch (bilanzielle) Behandlung der eingebrachten Altforderung<br />

als Teil <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> und zusätzlich durch den in Folge <strong>des</strong> Übergangs<br />

auf Einnahmen-Überschussrechnung auf ihn entfallenden Gewinnanteil an den in den<br />

Folgejahren tatsächlich erzielten Forderungserlösen 359 .<br />

356 NJW 2009, 2205 ff.<br />

357 14.08.2008 - 23 U 58/06 = BeckRS 2009, 15528.<br />

358 Selbstverständlich gilt diese Aussage nur bei einer Gewinnermittlung <strong>nach</strong> Einnahmen-<br />

Überschussrechnung, bei der das Auto nicht im Anlagevermögen aktiviert worden ist. Bei einer bilanzierenden<br />

Gesellschaft hätte lediglich ein gewinnneutraler Aktiventausch stattgefunden, sofern das<br />

Auto zu Buchwerten verkauft worden wäre, andernfalls hätte sich nur die Differenz zwischen Buchwert<br />

und Verkaufserlös auf den Gewinn ausgewirkt.<br />

359 BGH NJW 2009, 2205, 2206 (Rn. 9).<br />

120


<strong>Die</strong> Bedenken <strong>des</strong> BGH erweisen sich bei näherer Betrachtung als unbegründet. Zwar<br />

umfasst das zu versilbernde Gesellschaftsvermögen auch und insbesondere die von den<br />

Gesellschaftern eingebrachten Einlagen, an deren Verwertungserlös der Gesellschafter<br />

grundsätzlich anteilig zu beteiligen ist. Das <strong>nach</strong> § 734 BGB quotal aufzuteilende Restvermögen<br />

kann sich jedoch nur aus dem <strong>nach</strong> Befriedigung aller Einlagenrückzahlungsansprüche<br />

verbleibenden Vermögen ergeben. Vom Betrag <strong>des</strong> verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>,<br />

zu dem auch die aus eingebrachten Gegenständen erzielten Erlöse<br />

gehören, sind also zunächst alle Schulden gegenüber Dritten und Gesellschaftern abzuziehen,<br />

bevor über eine Verteilung <strong>des</strong> Restvermögens <strong>nach</strong>gedacht werden kann. <strong>Die</strong><br />

quotale Beteiligung am Forderungseinzug oder aus Verkaufserlösen von Anlagevermögen<br />

wird durch die Subtraktion <strong>des</strong> eigenen Gesellschafterkontensaldos, in dem der<br />

Wert der Einlageleistung rechnerisch enthalten ist, wieder neutralisiert. Ein vermeintlicher<br />

Sondervorteil für den einbringenden Gesellschafter entfällt daher, dem Gesellschafter<br />

wird seine Einlage insgesamt nur einmal in Form seines Einlagenrückzahlungsanspruchs,<br />

nicht aber nochmals in Form seiner anteiligen Vermögensbeteiligung gutgeschrieben.<br />

<strong>Die</strong> Erfassung der eingebrachten Altforderungen als Einlage führt auch dann<br />

nicht zu einer Besserstellung <strong>des</strong> einbringenden Gesellschafters, wenn die aus den eingebrachten<br />

Altforderungen erzielten Erlöse zuvor an die Gesellschafter ausgekehrt worden<br />

sind, da solche Ausschüttungen stets als Entnahmen auf das Gesellschafterkonto zu<br />

buchen und zu saldieren sind. Darin zeigt sich, dass Entnahmen und Einlagen grundsätzlich<br />

gewinnneutral sind (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). <strong>Die</strong> vom BGH gesehene Gefahr,<br />

der einbringende Gesellschafter würde zweifach profitieren, wenn die Forderungen <strong>nach</strong><br />

ihrem Eingang zu einem auf ihn entfallenden Gewinnanteil führen, existiert also nicht.<br />

IV.<br />

<strong>Die</strong> Formel zur Berechnung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

<strong>Die</strong> Berechnung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens je<strong>des</strong> Gesellschafters erfolgt zusammenfassend<br />

in folgenden Schritten:<br />

§<br />

Erstellung und Saldierung <strong>des</strong> Liquiditätskontos der Gesellschaft: Summe <strong>des</strong><br />

verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> abzüglich aller Schulden und Rückstellungen<br />

für Schulden gegenüber Nichtgesellschaftern (§ 733 Abs. 1 BGB),<br />

§<br />

Erstellung und Saldierung der einheitlichen Gesellschafterkonten aller Gesellschafter,<br />

121


§<br />

Subtraktion der Summe aller Gesellschafterkontensalden (§ 733 Abs. 2 BGB)<br />

vom Saldo <strong>des</strong> Liquiditätskontos; dies ergibt das Restvermögen,<br />

§<br />

Verteilung <strong>des</strong> positiven Restvermögens <strong>nach</strong> Gewinn- und <strong>des</strong> negativen Restvermögens<br />

<strong>nach</strong> Verlustquoten (§§ 734, 735 BGB),<br />

§<br />

Addition <strong>des</strong> jeweiligen Anteils am Restvermögen zum Gesellschafterkontensaldo<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters, dies ergibt das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben.<br />

<strong>Die</strong> so gewonnenen Erkenntnisse können wie folgt in einer Formel zur Berechnung <strong>des</strong><br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens zusammengefasst werden:<br />

Das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben je<strong>des</strong> Gesellschafters ist die Summe aus<br />

dem Saldo seines einheitlichen Gesellschafterkontos und dem ihm gemäß<br />

seiner Gewinn- bzw. Verlustquote zustehenden Anteil am Restvermögen der<br />

Gesellschaft.<br />

Das Restvermögen ist das <strong>nach</strong> Abzug aller tatsächlich oder potentiell gegenüber<br />

Gläubigern und Gesellschaftern bestehenden Verbindlichkeiten<br />

verbleibende verteilbare, d.h. ohne weitere Versilberung ausschüttungsfähige<br />

Gesellschaftsvermögen.<br />

In Zahlenform ausgedrückt berechnet sich das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben eines Gesellschafters<br />

A somit wie folgt 360 :<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben = Δ Konto A + (Δ Liquiditätskonto ./. Δ Konto<br />

aller Gesellschafter einschließlich A) x Quote A.<br />

360 Das Deltazeichen (Δ) steht für „Saldo“.<br />

122


§ 17 <strong>Die</strong> Nachschusspflicht<br />

Nach § 735 Satz 1 BGB haben die Gesellschafter, soweit das Gesellschaftsvermögen für<br />

die Berichtigung der gemeinsamen Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen nicht<br />

ausreicht, den Fehlbetrag <strong>nach</strong> ihrem Verlustanteil zu tragen. Fällt ein Gesellschafter<br />

mit seinem Anteil aus, so haben die übrigen Gesellschafter auch seinen Haftungsbetrag<br />

anteilig zu tragen, § 735 Satz 2 BGB. § 735 BGB ist das Gegenstück zum Anspruch auf<br />

den Überschuss <strong>nach</strong> § 734 BGB, beide Ansprüche schließen sich gegenseitig aus 361 .<br />

§ 735 BGB gilt nur für das Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander 362 , ein außenstehender<br />

Gläubiger kann seine Forderungen gegen die Gesellschaft jederzeit - ungeachtet<br />

<strong>des</strong> Eintritts der Gesellschaft in das Abwicklungsstadium - gegenüber den Gesellschaftern<br />

persönlich und unmittelbar <strong>nach</strong> § 128 HGB analog geltend machen 363 .<br />

<strong>Die</strong> Regelung <strong>des</strong> § 735 BGB wirft verschiedene Fragestellungen auf, die <strong>nach</strong>folgend<br />

diskutiert werden sollen. Dabei geht es zunächst darum, unter welchen Voraussetzungen<br />

§ 735 BGB überhaupt zur Anwendung kommt, an welchen Gläubiger der <strong>nach</strong>schussverpflichtete<br />

Gesellschafter seine Zahlung <strong>nach</strong> § 735 BGB mit schuldbefreiender Wirkung<br />

leisten kann und wie die Zahlung buchungstechnisch in der <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

sichtbar gemacht werden kann. Außerdem wird zu untersuchen sein, wie<br />

sich die Quoten <strong>nach</strong> § 735 Satz 2 BGB berechnen und welche schadensersatzrechtlichen<br />

Konsequenzen es hat, wenn ein zunächst als zahlungsunfähig eingestufter Gesellschafter<br />

wieder liquide wird, <strong>nach</strong>dem seine Mitgesellschafter seine Schuld gemäß<br />

§ 735 Satz 2 BGB anteilig übernommen haben.<br />

I. Anwendbarkeit <strong>des</strong> § 735 BGB<br />

Mit Auflösung tritt § 735 BGB an die Stelle <strong>des</strong> § 707 BGB, der nur während der Gesellschaftsdauer<br />

gilt 364 . Damit entfällt die faktische Haftungsbegrenzung auf das Gesellschaftsvermögen<br />

als Tilgungsfonds für Gesellschaftsverbindlichkeiten zugunsten einer<br />

361 MünchKomm BGB/Schäfer § 735 Rn. 3.<br />

362 Allgemeine Ansicht, vgl. statt vieler Soergel/Hadding/Kießling BGB § 735 Rn. 2.<br />

363 MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 117.<br />

364 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 707 Rn. 3.<br />

123


grds. unbegrenzten Nachschusspflicht in das Vermögen der Abwicklungsgesellschaft 365<br />

und einer daraus ableitbaren Haftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen 366 .<br />

Nach herrschender Meinung soll eine Nachschusspflicht der Gesellschafter jedoch nur<br />

subsidiär <strong>nach</strong> Erschöpfung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> 367 und pro rata in Höhe <strong>des</strong><br />

jeweiligen Verlustanteils 368 in Betracht kommen: Soweit noch Einlagen eingefordert<br />

werden könnten und diese Ansprüche durchsetzbar seien, sei für § 735 BGB kein<br />

Raum 369 .<br />

Dem ist zumin<strong>des</strong>t im Hinblick auf Geldeinlagen nicht zu folgen. Es wurde bereits dargestellt,<br />

dass rückständige Einlageleistungen, die in einer Geldzahlung bestehen, im<br />

Abwicklungsstadium <strong>nach</strong> § 242 BGB nicht mehr eingefordert werden können, da sie<br />

im Zeitpunkt ihrer Einforderung sofort wieder <strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB an den Leistenden<br />

zurückgezahlt werden müssten 370 . Ihre Einforderung kann daher <strong>nach</strong> der hier vertretenen<br />

Ansicht auch nicht ausschlaggebend für die Anwendung <strong>des</strong> § 735 BGB sein.<br />

Richtigerweise können Nachschussverpflichtungen <strong>nach</strong> § 735 BGB jederzeit und nicht<br />

erst <strong>nach</strong> vollständiger Versilberung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> eingefordert werden<br />

371 . Wann und in welcher Höhe die Ausgleichsforderung <strong>nach</strong> § 735 BGB gegen<br />

einen Mitgesellschafter geltend gemacht werden kann, hängt insbesondere nicht davon<br />

ab, ob im Zuge der weiteren Versilberung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> damit zu rechnen<br />

ist, dass ein derzeit negatives <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben sich durch Zuweisung anteiliger<br />

Überschüsse <strong>nach</strong> § 734 BGB in ein positives <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

verwandelt. <strong>Die</strong> endgültige Höhe <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens bzw. der Nachschusspflicht<br />

eines Gesellschafters steht zwar erst <strong>nach</strong> vollständiger Versilberung aller<br />

Vermögenswerte fest. Dennoch muss es einem bereits vor Abschluss der Vermögens-<br />

365 Ulmer ZIP 2003, 1113, 1120.<br />

366 Michalski NZG 2000, 355, 357.<br />

367 BGHZ 37, 299, 303 = NJW 1962, 1863; BGH NJW 1981, 1095, 1096; Hadding/Häuser WM 1988,<br />

1585, 1588; Büscher/Klusmann ZIP 1992, 11, 16.<br />

368 BGH WM 1981, 571, 572; Prediger BB 1970, 868, 868; Hadding/Häuser WM 1988, 1585, 1588;<br />

Ulmer ZIP 2003, 1113, 1120 (herrschende Meinung).<br />

369 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 149 Rn. 26.<br />

370 Siehe hierzu ausführlich oben § 7, II., S. 43 ff.<br />

371 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass die Frage, ob<br />

eine Nachschussverpflichtung <strong>nach</strong> § 735 BGB schon vor Abschluss der Versilberung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

in Betracht kommen kann, in dieser Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur<br />

vertreten worden ist. Daher gehe ich davon aus, dass hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige<br />

Fundstelle existiert.<br />

124


versilberung ausgleichsverpflichteten Gesellschafter verwehrt sein, seine Nachschussleistung<br />

unter Berufung auf den Grundsatz der Durchsetzungssperre oder auf den dolo<br />

agit-Grundsatz <strong>des</strong> § 242 BGB zu verweigern.<br />

Andernfalls könnte der Nachschussverpflichtete durch seine Zahlungsverweigerung der<br />

Gesellschaft treuwidrig Gesellschaftsvermögen vorenthalten und so seine solventen<br />

Mitgesellschafter in die persönliche Haftung gegenüber dem außenstehenden Gläubiger<br />

<strong>nach</strong> § 128 HGB analog treiben. <strong>Die</strong>s gilt erst recht, wenn bereits zu einem gegebenen<br />

Zeitpunkt vor Abschluss der Versilberung feststeht, dass ein <strong>nach</strong>schussverpflichteter<br />

Gesellschafter auch dann mit einem gewissen Min<strong>des</strong>tbetrag <strong>nach</strong>schussverpflichtet<br />

bleibt, wenn das Gesellschaftsvermögen vollständig und zu Höchstwerten versilbert<br />

werden kann (z.B. weil er das Gesellschaftsvermögen durch unzulässige Überentnahmen<br />

aufgezehrt hat). Nachschussleistungen im Sinne <strong>des</strong> § 735 BGB müssen damit bereits<br />

schon vor Abschluss der Vermögensversilberung bzw. <strong>Auseinandersetzung</strong> eingefordert<br />

werden können. Hin- und Herzahlungen, die sich daraus ergeben, dass ein zunächst<br />

Nachschussverpflichteter im weiteren Verlauf der <strong>Auseinandersetzung</strong> ein positives<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben aufweist und damit den Betrag seiner Nachschusspflicht<br />

letztlich rechnerisch zurückerhält, sind insoweit hinzunehmen.<br />

II.<br />

Leistung in das Gesellschaftsvermögen?<br />

Sodann ist zu untersuchen, an wen der <strong>nach</strong>schussverpflichtete Gesellschafter seine<br />

Zahlung <strong>nach</strong> § 735 BGB zu leisten hat. Nach herrschender Meinung steht der Anspruch<br />

auf Nachschuss als Sozialanspruch der Gesellschaft zu und ist von den Liquidatoren<br />

bzw. subsidiär von den Einzelgesellschaftern im Wege der actio pro socio geltend<br />

zu machen 372 . <strong>Die</strong> Nachschüsse seien in das zu liquidierende Gesellschaftsvermögen zu<br />

leisten, lediglich ausnahmsweise komme eine Zahlung der Gesellschafter untereinander<br />

zur Abkürzung der Zahlungswege in Betracht, wenn eine besondere Vereinbarung bestehe<br />

373 oder wenn nur noch der Ausgleich der Gesellschafter untereinander ausstehe, so<br />

dass eine Leistung an die Gesellschaft ein sinnloser Umweg wäre 374 . Jeder Gesellschaf-<br />

372 MünchKomm BGB/Schäfer § 735 Rn. 5; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV 5., S. 638 f.<br />

373 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 149 Rn. 30; K. Schmidt ZHR 153 (1989), 270, 275.<br />

374 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 735 Rn. 5; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV 5. b), S. 639.<br />

125


ter kann und muss seine etwaige Ausgleichsforderung in diesem Fall persönlich gegen<br />

seine Mitgesellschafter geltend machen.<br />

Richtigerweise ist eine Zahlung an die Gesellschaft <strong>nach</strong> § 735 BGB nicht nur dann<br />

entbehrlich, wenn es <strong>nach</strong> erfolgreicher Abwicklung aller Verbindlichkeiten im Außenverhältnis<br />

nur noch um den Innenausgleich unter den Gesellschaftern geht. Vielmehr ist<br />

dies auch dann der Fall, wenn Gesellschaftsschulden im Sinne <strong>des</strong> § 733 Abs. 1 BGB,<br />

die gegenüber außenstehenden Dritten bestehen, noch nicht vollständig aus dem Gesellschaftsvermögen<br />

beglichen worden sind. Zwar ist der herrschenden Meinung zuzugeben,<br />

dass die Anspruch auf Nachschussleistung einen Sozialanspruch der Gesellschaft<br />

darstellt, der <strong>nach</strong> Sinn und Zweck dazu dient, das Gesellschaftsvermögen zum Zwecke<br />

der Fortführung der Abwicklung aufzufüllen. <strong>Die</strong> Anwendbarkeit <strong>des</strong> § 735 BGB setzt<br />

jedoch denknotwendig voraus, dass es zum gegebenen Zeitpunkt noch einen von der<br />

Gesellschaft zu unterscheidenden Gläubiger gibt, <strong>des</strong>sen Ansprüche aus dem Gesellschaftsvermögen<br />

nicht befriedigt werden konnten. Ob dieser Gläubiger ein außenstehender<br />

Dritter ist, der mit seiner Forderung <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 BGB gegen die Gesellschaft<br />

ausgefallen ist oder ein Gesellschafter, der seine Einlagen nicht vollständig <strong>nach</strong><br />

§ 733 Abs. 2 BGB zurückerhalten hat, ist irrelevant, da § 735 BGB sowohl für den Fall<br />

<strong>des</strong> § 733 Abs. 1 BGB als auch für den Fall <strong>des</strong> § 733 Abs. 2 BGB Anwendung findet.<br />

<strong>Die</strong> Gesellschaft ist daher in keinem Anwendungsfall <strong>des</strong> § 735 BGB berechtigt, die<br />

Nachschussleistungen als Gesellschaftsvermögen zu behalten, sondern muss diese im<br />

Rahmen <strong>des</strong> ordnungsgemäßen Abwicklungsverfahrens sofort und vollumfänglich an<br />

die noch unbefriedigten Gläubiger (Drittgläubiger <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 BGB oder Gesellschafter<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB) auskehren. Daher stellt es in jedem denkbaren Anwendungsfall<br />

<strong>des</strong> § 735 BGB eine überflüssige Verlängerung der Zahlungswege dar,<br />

wenn jeder <strong>nach</strong>schussverpflichtete Gesellschafter zunächst in das Gesellschaftsvermögen<br />

leisten und dieses dann in einem zweiten Schritt an die betreffenden Gläubiger ausgeschüttet<br />

werden würde. Ein Direktausgleich ist daher nicht erst dann möglich, wenn<br />

alle Ansprüche gegenüber Dritten im Außenverhältnis befriedigt worden sind, sondern<br />

bereits dann, wenn die Nachschüsse für die Schuldenbefriedigung <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1<br />

BGB erforderlich sind. In diesem Fall ist eine direkte Zahlung an den jeweiligen Gläubiger<br />

möglich 375 .<br />

375 MünchHdb GesR I/Butzer/Knof § 84 Rn. 58.<br />

126


Daher kann jeder Gesellschafter mit dem Eintritt der Auflösung, auch schon vor Beendigung<br />

der Abwicklung im Außenverhältnis, <strong>nach</strong> § 735 BGB im Wege der actio pro<br />

socio unmittelbar gegen seine <strong>nach</strong>schussverpflichteten Mitgesellschafter vorgehen, um<br />

Zahlung direkt an den jeweiligen Gläubiger der Gesellschaft (außenstehender Dritter<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 BGB, Gesellschafter <strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB) zu verlangen. Spiegelbildlich<br />

dazu ist der <strong>nach</strong> § 735 BGB <strong>nach</strong>schussverpflichtete Gesellschafter berechtigt,<br />

<strong>nach</strong> seiner Wahl schuldbefreiend sowohl an die Gesellschaft als auch direkt an den<br />

jeweiligen Gläubiger zu leisten. <strong>Die</strong> Zahlung <strong>des</strong> <strong>nach</strong>schussverpflichteten Gesellschafters<br />

an den Gläubiger erfolgt dabei jeweils namens und für Rechnung der Gesellschaft<br />

und hat eine umfassend schuldbefreiende Wirkung: Zum einen befriedigt sie die Forderung<br />

<strong>des</strong> Gläubigers sowohl gegen die Gesellschaft als auch gegen alle - bei Forderungen<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner <strong>nach</strong> § 128 HGB analog, bei Forderungen<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB als Teilschuldner pro rata 376 - haftenden Gesellschafter<br />

einschließlich <strong>des</strong> Leistenden selbst. Zum anderen befriedigt sie den Sozialanspruch der<br />

Gesellschaft auf Zahlung in das Gesellschaftsvermögen <strong>nach</strong> § 735 BGB.<br />

<strong>Die</strong> dogmatische Grundlage für diese Zahlungsbefugnis an den Gläubiger sowie für<br />

deren umfassend schuldbefreiende Wirkung bildet der umfassende Haftungsverbund<br />

zwischen Gesellschaft und <strong>nach</strong>schussverpflichtetem Gesellschafter einerseits sowie<br />

<strong>nach</strong>schussverpflichetetem Gesellschafter und den übrigen Gesellschaftern andererseits,<br />

der durch die analoge Anwendung <strong>des</strong> § 128 HGB analog auf die BGB-Gesellschaft<br />

entstanden ist. Der Nachschussverpflichtete hätte ohnehin - ungeachtet seiner Nachschusspflicht<br />

- direkt an den Gläubiger zu leisten, sobald dieser ihn <strong>nach</strong> § 128 HGB<br />

analog in Anspruch genommen hätte. Es muss ihm daher unbenommen bleiben, im Umfang<br />

seiner Nachschussverpflichtung der Inanspruchnahme <strong>nach</strong> § 128 HGB analog<br />

zuvorzukommen. Jeder Gesellschafter, der von einem Gläubiger <strong>nach</strong> § 128 HGB analog<br />

wegen einer Gesellschaftsverbindlichkeit in Anspruch genommen worden ist, die<br />

<strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft nicht vollständig aus dem vorhandenen verteilbaren<br />

Gesellschaftsvermögen beglichen werden kann, darf seine verlustbeteiligten Mitgesellschafter<br />

auf Freistellung von den ihnen gemäß ihrer Verlustbeteiligung rechnerisch zukommenden<br />

Anteilen (§ 735 Satz 2 BGB) an dieser Forderung in Anspruch nehmen.<br />

<strong>Die</strong>s wurde von der herrschenden Meinung bereits für den gleichgelagerten § 426 BGB<br />

376 Siehe zur Haftung der Gesellschafter untereinander im Innenverhältnis bereits oben unter § 15 I. 2. a),<br />

S. 102 f.<br />

127


entschieden 377 . Für den nahezu wortgleichen § 735 BGB kann insoweit nichts Anderes<br />

gelten: Sinn und Zweck <strong>des</strong> § 735 BGB ist die gesamtschuldartige Aufteilung der<br />

Schuld auf alle Gesellschafter. <strong>Die</strong>ser Anspruch besteht bereits vor der eigenen Leistung<br />

378 , setzt lediglich die Fälligkeit der Gesellschaftsschuld voraus 379 und geht auf Befreiung<br />

von dem Teil der Schuld, den der Mitschuldner im Innenverhältnis zu tragen<br />

hat 380 . Hat der Gesellschafter den Gläubiger befriedigt, so wandelt sich sein Freistellungsanspruch<br />

in einen Zahlungsanspruch aus Regress.<br />

Auch unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Treuepflicht kann nichts anderes<br />

gelten: Es ist dem Nachschussverpflichteten nicht zumutbar, von seinen Mitgesellschaftern<br />

stets zunächst Zahlung an die Gesellschaft verlangen zu müssen, sobald sein eigener<br />

Nachschussbeitrag zur Befriedigung <strong>des</strong> Gläubigers alleine nicht ausreicht, um dann<br />

in einem zweiten Schritt den Gläubiger auf das neugeschaffene Gesellschaftsvermögen<br />

zu verweisen oder - falls er selbst in der Zwischenzeit an den Gläubiger geleistet haben<br />

sollte - sich selbst aus diesem Vermögen schadlos zu halten. Auf eine besondere Vereinbarung<br />

unter den Gesellschaftern kann es hierfür - entgegen der Ansicht der herrschenden<br />

Meinung - schon <strong>des</strong>halb nicht ankommen, weil der leistungsbereite Gesellschafter<br />

sonst der Willkür seiner Mitgesellschafter ausgesetzt wäre.<br />

III.<br />

Gesamt- oder Teilschuld der Nachschussverpflichteten?<br />

<strong>Die</strong> Nachschussleistung umfasst den gesamten Fehlbetrag, d.h. den Betrag, um den die<br />

aufgelöste Gesellschaft überschuldet ist 381 . Zum Umfang der Haftung je<strong>des</strong> einzelnen<br />

Ausgleichsverpflichteten werden für den gleichgelagerten § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB<br />

verschiedene Ansichten vertreten. <strong>Die</strong> wohl herrschende Meinung lässt die übrigen Mitschuldner<br />

auf den Regressanspruch <strong>des</strong> Ausgleichsberechtigten lediglich als Teil-<br />

377 Vgl. statt vieler Bamberger/Roth/Gehrlein BGB § 426 Rn. 3.<br />

378 BGH NJW 1957, 747, 747 zu § 426 Abs. 1 BGB.<br />

379 BGH NJW 1981, 1667, 1667 f.; BGH NJW 1986, 978, 979 zu § 426 Abs. 1 BGB.<br />

380 BGH NJW 1986, 3131, 3132 zu § 426 Abs. 1 BGB.<br />

381 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 149 Rn. 27.<br />

128


schuldner haften 382 , während eine Mindermeinung sich für ein Gesamtschuldverhältnis<br />

ausspricht 383 .<br />

Richtigerweise ist sowohl bei § 735 Satz 1 BGB als auch bei § 735 Satz 2 BGB jeweils<br />

von einer Teilschuld der Ausgleichspflichtigen auszugehen. Nur so kann eine Hintereinanderschaltung<br />

mehrerer überflüssiger Regressprozesse bzw. Klagen auf Anpassung<br />

der Quoten <strong>nach</strong> § 735 Satz 2 BGB vermieden und ein unerwünschter Wettlauf der<br />

Ausgleichsberechtigten vermieden werden.<br />

IV.<br />

<strong>Die</strong> Buchung von Nachschussleistungen auf Liquiditäts- und Gesellschafterkonto<br />

Erfüllt der Gesellschafter seine Nachschusspflicht <strong>nach</strong> § 735 BGB durch Leistung entweder<br />

in das Gesellschaftsvermögen oder direkt an einen Gläubiger oder Gesellschafter<br />

der Gesellschaft, so ist diese Zahlung in der <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung doppelt<br />

abzubilden, Einerseits zugunsten <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>, andererseits als Gutschrift<br />

zugunsten <strong>des</strong> leistenden Gesellschafters. <strong>Die</strong> Buchung zugunsten <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

erfolgt auf der Guthabenseite <strong>des</strong> Liquiditätskontos, die Buchung<br />

zugunsten <strong>des</strong> Gesellschafters auf der Guthabenseite seines Gesellschafterkontos.<br />

Beispiel:<br />

Fall 9:<br />

<strong>Die</strong> Verbindlichkeiten der Gesellschaft belaufen sich auf 5.000. Das Gesellschaftsvermögen<br />

reicht nicht aus, um die Verbindlichkeiten der Gesellschaft<br />

gegenüber Dritten und Gesellschaftern zu befriedigen, das Bankguthaben<br />

der Gesellschaft beträgt Null. Gesellschafter A zahlt nunmehr den von ihm<br />

<strong>nach</strong> § 735 BGB geschuldeten Fehlbetrag von 1.000. Welche Buchungsschritte<br />

sind vorzunehmen, wenn A schuldbefreiend in das Gesellschaftsvermögen<br />

(Variante 1), direkt an einen Gläubiger (Variante 2) oder direkt<br />

382 Vgl. nur BGHZ 6, 3, 25 = NJW 1952, 1087 ff.; Bamberger/Roth/Gehrlein § 426 Rn. 4; Erman/Ehmann<br />

BGB § 426 Rn. 22.<br />

383 MünchKomm BGB/Bydlinski § 426 Rn. 30.<br />

129


an den Mitgesellschafter B auf <strong>des</strong>sen Anspruch in Höhe von 3.000 (Variante<br />

3) leistet?<br />

Übt Gesellschafter A sein Optionsrecht im Sinne einer schuldbefreienden Leistung in<br />

das Gesellschaftsvermögen aus (Variante 1), so erhöht sich der Kassenbestand der Gesellschaft<br />

um den entsprechenden Betrag. Ebenso ist auf dem Gesellschafterkonto <strong>des</strong><br />

Leistenden ein Guthabensposten in Höhe <strong>des</strong> geleisteten Betrags zu buchen, wodurch<br />

der Saldo <strong>des</strong> Gesellschafterkontos <strong>des</strong> A durch Verrechnung „auf Null gestellt“ wird:<br />

Liquiditätskonto:<br />

Vor Zahlung A Nach Zahlung A<br />

Bankguthaben 0 1.000<br />

Verbindlichkeiten<br />

-5.000 -5.000<br />

unstreitig/fällig<br />

Liquiditätssaldo: -5.000 -4.000<br />

Gesellschafterkonto A:<br />

Vor Zahlung A Nach Zahlung A<br />

Nachschussleistung 0 1.000<br />

Entnahmen -1.000 -1.000<br />

Saldo -1.000 0<br />

Erfolgt die Zahlung <strong>nach</strong> § 735 BGB direkt an den Gläubiger auf eine Verbindlichkeit<br />

der Gesellschaft gegenüber dem Gläubiger, so erhöht sich nicht der Kassenbestand der<br />

Gesellschaft (Guthabensposten <strong>des</strong> Liquiditätskontos), sondern der Bestand der Gesellschaftsverbindlichkeiten<br />

(Abzugsposten) auf dem Liquiditätskonto verringert sich um<br />

die entsprechende Summe: <strong>Die</strong> Zahlung <strong>nach</strong> § 735 BGB tilgt letztlich eine Verbindlichkeit<br />

der Gesellschaft.<br />

Zahlt der Nachschussverpflichtete direkt an einen Mitgesellschafter und befriedigt so<br />

(teilweise) <strong>des</strong>sen Anspruch gegen die Gesellschaft, so wird diese Zahlung nicht nur im<br />

Liquiditätskonto der Gesellschaft abgebildet, sondern außerdem in Form einer Entnahme<br />

<strong>des</strong> Zahlungsempfängers in gleicher Höhe auf <strong>des</strong>sen Gesellschafterkonto. <strong>Die</strong> Di-<br />

130


ektzahlung von Gesellschafter A an Gesellschafter B ist buchungstechnisch letztlich<br />

genauso zu behandeln wie eine Leistung <strong>des</strong> A in das Gesellschaftsvermögen und eine<br />

anschließende Entnahme <strong>des</strong> B hieraus:<br />

Gesellschafterkonto B:<br />

Vor Zahlung A Nach Zahlung A<br />

Anspruch § 733 Abs. 1 BGB 3.000 3.000<br />

Entnahmen 0 -1.000<br />

Saldo 3.000 2.000<br />

V. <strong>Die</strong> Einstandspflicht <strong>nach</strong> § 735 Satz 2 BGB<br />

1. Quotenberechnung <strong>nach</strong> § 735 Satz 2 BGB<br />

Kann von einem Gesellschafter der auf ihn <strong>nach</strong> § 735 Satz 1 BGB entfallende Beitrag<br />

nicht erlangt werden, so haben die übrigen Gesellschafter den Ausfall <strong>nach</strong> dem gleichen<br />

Verhältnis zu tragen, <strong>nach</strong> welchem sie den Verlust zu tragen haben (§ 735 Satz 2<br />

BGB). Der Wortlaut <strong>des</strong> § 735 Satz 2 BGB legt nahe, dass der Ausfall eines Gesellschafters<br />

eine echte aufschiebende Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) für die Erhöhung der<br />

von jedem anderen Gesellschafter geschuldeten Quote ist. Unklar ist jedoch, wann diese<br />

Voraussetzung vorliegt. Genügt hierfür, dass der Aufenthaltsort <strong>des</strong> eigentlich solventen<br />

Gesellschafters nicht oder nur mit zumutbarem Aufwand ermittelt werden kann oder<br />

bedarf es <strong>des</strong> Nachweises der andauernden Zahlungsunfähigkeit durch Einleitung <strong>des</strong><br />

Privatinsolvenzverfahrens 384 ? <strong>Die</strong> Lösung hierzu besteht darin, auf die zu § 839 Abs. 1<br />

Satz 2 BGB entwickelten Grundsätze zurückzugreifen. Da<strong>nach</strong> braucht sich der Verletzte<br />

nicht auf Ersatzansprüche verweisen zu lassen, die er nicht oder jedenfalls nicht in<br />

absehbarer und angemessener Zeit durchsetzen kann 385 , d.h. die Ausnutzung der ander-<br />

384<br />

Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass diese These in<br />

dieser Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden ist. Daher gehe ich davon aus,<br />

dass hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

385 Bamberger/Roth/Reinert BGB § 839 Rn. 94. Siehe hierzu auch ausführlich Palandt/Sprau BGB § 839<br />

Rn. 58 ff.<br />

131


weitigen Ersatzmöglichkeit muss erfolgversprechend und zumutbar sein 386 ; weitläufige,<br />

unsichere oder im Ergebnis zweifelhafte Wege <strong>des</strong> Vorgehens gegen Dritte braucht der<br />

Geschädigte nicht einzuschlagen 387 . Maßgebend für die Beurteilung der Zumutbarkeit ist<br />

der Zeitpunkt der Erhebung der Amtshaftungsklage 388 .<br />

Übertragen auf die Regelung <strong>des</strong> § 735 BGB bedeutet dies, dass es für die Anwendbarkeit<br />

<strong>des</strong> § 735 Satz 2 BGB genügt, wenn aus Sicht einer verständigen Person im Zeitpunkt<br />

der Klageerhebung der Anspruch gegen den ausfallenden Gesellschafter rechtlich<br />

oder tatsächlich nicht, nicht in absehbarer und angemessener Zeit oder nur mit zweifelhaftem<br />

Ergebnis durchsetzbar oder <strong>des</strong>sen Inanspruchnahme aus anderen Gründen nicht<br />

zumutbar ist. Können von keinem Gesellschafter mehr die ihm obliegenden Nachschussleistungen<br />

beigebracht werden, so ist Insolvenzantrag zu stellen 389 . Da die verbleibenden<br />

Gesellschafter den gesamten Betrag <strong>des</strong> Ausfalls zu übernehmen haben und<br />

nicht lediglich einen dem eigenen Verlustanteil entsprechenden Anteil daran, sind die<br />

Verlustquoten der verbleibenden zahlungsfähigen Gesellschafter zueinander ins Verhältnis<br />

zu setzen und den gesamten Ausfallsbetrag diesem Verhältnis entsprechend auf<br />

die verbleibenden Gesellschafter zu verteilen.<br />

Zur Verdeutlichung soll <strong>nach</strong>folgender Beispielsfall dienen:<br />

Fall 10:<br />

An einer Gesellschaft sind drei Gesellschafter A, B und C zu 50%, 30% und<br />

20% beteiligt. C ist zahlungsunfähig im Sinne <strong>des</strong> § 735 Satz 2 BGB, so<br />

dass ein Fehlbetrag von 10.000 von ihm nicht erlangt werden kann.<br />

Der Ausfall <strong>des</strong> C ist von A und B nicht zu 50% bzw. zu 30% zu tragen, da sonst insgesamt<br />

nur 80% der Fehlbetragssumme abgedeckt würden. Statt <strong>des</strong>sen ist die gesamte<br />

Summe von 10.000 <strong>nach</strong> dem Verhältnis 50:30 auf A und B zu verteilen. A hat also 5/8,<br />

B 3/8 von 10.000 zu tragen, § 735 Satz 2 BGB.<br />

386 BGH NJW-RR 1995, 248, 251.<br />

387 BGHZ 120, 124, 126 = NJW 1993, 1647; BGH NJW-RR 1995, 248, 251.<br />

388 Bamberger/Roth/Reinert BGB § 839 Rn. 94.<br />

389 Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 149 Rn. 5.<br />

132


2. Das <strong>nach</strong>trägliche Entfallen der Einstandspflicht <strong>nach</strong> § 735 Satz 2 BGB<br />

Im Laufe der Abwicklung kann es passieren, dass ein zum Auflösungszeitpunkt <strong>nach</strong>schussverpflichteter<br />

Gesellschafter, von dem ein auf ihn entfallender Betrag nicht erlangt<br />

werden konnte (§ 735 Satz 2 BGB), <strong>nach</strong> vollständiger Versilberung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

ein positives <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben aufweist, weil so hohe<br />

Veräußerungserlöse erzielt werden konnten, dass auch <strong>nach</strong> Befriedigung aller Verbindlichkeiten<br />

im Innen- und Außenverhältnis ein ihm anteilig zufallender Überschuss <strong>nach</strong><br />

§ 734 BGB verbleibt. Haben die Mitgesellschafter jedoch bereits zu Beginn der Vermögensversilberung,<br />

als der zahlungsunfähige Gesellschafter noch <strong>nach</strong>schussverpflichtet<br />

war, Verbindlichkeiten der Gesellschaft gemäß § 735 BGB gegenüber den Gläubigern<br />

befriedigt und dabei den Ausfall anteilig mit übernommen (§ 735 Satz 2 BGB), so stellt<br />

sich die Frage, ob der ausfallende Gesellschafter ein ihm zuletzt zustehen<strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

behalten darf oder ob er es im Wege <strong>des</strong> Schadensersatzes für<br />

übernommene Ausgleichszahlungen <strong>nach</strong> § 735 Satz 2 BGB an seine Mitgesellschafter<br />

anteilig auszukehren hat 390 .<br />

Beispiel:<br />

Fall 11:<br />

An der Gesellschaft sind A, B und C mit Verlustquoten zu 60%, 30% und<br />

10% beteiligt, C ist zahlungsunfähig. Im Auflösungszeitpunkt reicht das<br />

Barvermögen in der Gesellschaftskasse nicht zur vollständigen Schuldenbefriedigung<br />

aus, so dass die Gesellschafter <strong>nach</strong> § 735 BGB <strong>nach</strong>schussverpflichtet<br />

sind. Auf C entfällt dabei ein Fehlbetrag von 9.000, für den A und<br />

B anteilig zu 6.000 (A) bzw. 3.000 (B) aufkommen (§ 735 Satz 2 BGB).<br />

Aufgrund der späteren Umsetzung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> in Geld<br />

kann C am Ende <strong>des</strong> Abwicklungsverfahrens jedoch ein positives <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

von 3.000 geltend machen. A und B verlangen Auszahlung<br />

dieser Summe als Schadensersatz für die <strong>nach</strong> § 735 Satz 2 BGB<br />

getätigten Vermögensaufwendungen. Zu Recht?<br />

390 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass diese These in<br />

dieser Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden ist. Daher gehe ich davon aus,<br />

dass hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

133


Behandelt man <strong>nach</strong> der hier vertretenen Ansicht jede Zahlung, die ein Gesellschafter<br />

zur Befriedigung von Schulden der Gesellschaft geleistet hat, ungeachtet ihrer Veranlassung<br />

als Einlageleistung, so entsteht auch bei zusätzlicher Schuldübernahme <strong>nach</strong><br />

§ 735 Satz 2 BGB durch A und B kein Schaden, für den C Ersatz zu leisten hätte. Übernehmen<br />

die zahlungsfähigen Gesellschafter anteilig den Ausfall eines zahlungsunfähigen<br />

Mitgesellschafters gegenüber dem Gläubiger, so leisten sie in gleicher Höhe eine<br />

Einlage in das Gesellschaftsvermögen. <strong>Die</strong>se können sie wiederum im Rahmen <strong>des</strong> Einlagenrückerstattungsanspruches<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB als entsprechenden Anspruch<br />

gegen die Gesellschaft geltend machen; die <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben von A und B<br />

erhöhen sich also qua Saldo um den jeweils geleisteten anteiligen Ausfallbetrag. Im<br />

Ergebnis erleiden A und B aus dem Ausfall keinen wirtschaftlichen Nachteil, so dass<br />

ihnen kein Vermögens<strong>nach</strong>teil entstanden ist. Daher kann C sein zuletzt positives <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

in jedem Fall behalten.<br />

VI.<br />

Zusammenfassung<br />

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Nachschusspflicht <strong>nach</strong> § 735 BGB zum<br />

Tragen kommt, wenn das <strong>nach</strong> Abschluss der Versilberung zur Verfügung stehende<br />

Gesellschaftsvermögen nicht ausreicht, um die Schulden der Gesellschaft gegenüber<br />

Dritten und Gesellschaftern zu befriedigen. In diesem Fall sind die Gesellschafter verpflichtet,<br />

aus ihrem Privatvermögen in das Gesellschaftsvermögen zu leisten, wobei die<br />

Zahlung schuldbefreiend direkt an den jeweiligen Gläubiger (Gesellschafter oder Dritten)<br />

erfolgen kann. § 735 BGB begründet eine Teilschuld <strong>des</strong> einzelnen Gesellschafters<br />

in Höhe seines Verlustanteils und wandelt sich vor erfolgter Befriedigung <strong>des</strong> Gläubigers<br />

in einen Freistellungsanspruch gegen die Mitgesellschafter. Sämtliche Nachschussleistungen<br />

sind als Guthabensposten im Gesellschafterkonto <strong>des</strong> jeweils leistenden Gesellschafters<br />

zu erfassen und einheitlich mit seinen jeweiligen übrigen Ansprüchen und<br />

Verbindlichkeiten im Rahmen der Abwicklung zu verrechnen.<br />

134


§ 18 Vorabausschüttung <strong>des</strong> verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

I. Analoge Anwendbarkeit <strong>des</strong> § 155 Abs. 2 Satz 1 BGB auf die BGB-<br />

Gesellschaft<br />

Gestaltet sich die Verwertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> im Rahmen der Abwicklung<br />

so positiv, dass bereits vor Abschluss der Vermögensverwertung Überschüsse erzielt<br />

werden können, so fragt sich, ob und in welchem Umfang diese Beträge von den einzelnen<br />

Gesellschaftern vorab entnommen werden dürfen. Für das Liquidationsverfahren<br />

bei der OHG gilt § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB. Da<strong>nach</strong> ist das während der Liquidation<br />

entbehrliche Geld vorläufig zu verteilen. Das BGB kennt eine entsprechende Verpflichtung<br />

nicht, es nennt lediglich die Einlagenrückgewähr und die Überschussbeteiligung<br />

im Zuge der <strong>Auseinandersetzung</strong> (§§ 733 Abs. 2, 734 BGB).<br />

<strong>Die</strong> Interessenslage <strong>des</strong> Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist auch<br />

im Hinblick auf die Berechtigung, entbehrliche Gelder im Sinne <strong>des</strong> § 155 Abs. 2 Satz 1<br />

HGB vorab entnehmen zu dürfen, mit der <strong>des</strong> OHG-Gesellschafters vergleichbar. Nach<br />

Abwicklung aller Ansprüche und Verbindlichkeiten gegenüber außenstehenden Dritten<br />

steht das gesamte verbleibende Gesellschaftsvermögen nur noch den Gesellschaftern zu,<br />

da es für andere Zwecke im Rahmen der <strong>Auseinandersetzung</strong> nicht mehr benötigt wird.<br />

Es gibt daher keinen Grund, den Gesellschaftern den Zugriff darauf zu verweigern. Insbesondere<br />

ist es den Gesellschaftern nicht zumutbar, erst die vollständige Umsetzung<br />

<strong>des</strong> gesamten <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> in Geld abzuwarten, wenn bereits jetzt absehbar<br />

ist, dass die daraus erzielten Erlöse ohnehin nur noch unter den Gesellschaftern zu verteilen<br />

sind. § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB ist daher analog auf die Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts anzuwenden 391 mit der Folge, dass auch dem Gesellschafter einer Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts ein Anspruch auf Vorabausschüttung <strong>des</strong> für die <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

entbehrlichen verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> gegen die Gesellschaft bzw.<br />

seine Mitgesellschafter zusteht, ohne dass er die vollständige Umsetzung <strong>des</strong> Gesell-<br />

391 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 155 Rn. 3; Erman/Westermann BGB § 734 Rn. 2.<br />

135


schaftsvermögens in Geld oder die Einzahlung sämtlicher Nachschüsse und Kontenunterdeckungen<br />

abwarten oder gar umsetzen müsste 392 .<br />

II.<br />

Der positive Liquiditätskontensaldo als vorab ausschüttungsfähiges Gesellschaftsvermögen<br />

Das während der Liquidation entbehrliche Geld im Sinne <strong>des</strong> § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB<br />

ermittelt sich auf Grundlage <strong>des</strong> hier vorgeschlagenen Vermögensverteilungsverfahrens<br />

wie folgt: Maßgeblich für die Ermittlung <strong>des</strong> vorhandenen und <strong>nach</strong> Abzug aller Schulden<br />

verbleibenden, d.h. verteilbaren, <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> ist <strong>nach</strong> der hier vertretenen<br />

Auffassung das Liquiditätskonto, in dem die aus der Verwertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

erzielten Erlöse (§ 733 Abs. 3 BGB) mit den tatsächlich oder potentiell bestehenden<br />

Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber außenstehenden Dritten verrechnet<br />

werden 393 .<br />

Ist der Saldo dieses Liquiditätskontos zu einem gegebenen Zeitpunkt bereits vor Abschluss<br />

der Vermögensversilberung positiv, so wird das darin verkörperte verteilbare<br />

Gesellschaftsvermögen zu keinem anderen Zweck im Rahmen der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

mehr als zur Ausschüttung an die Gesellschafter benötigt. Der Saldo <strong>des</strong> Liquiditätskontos<br />

ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass er bereits alle - durch die Einbeziehung der<br />

Zurückbehalte auch potentiell - zu befriedigenden Verbindlichkeiten gegenüber Nichtgesellschaftern<br />

bereits rechnerisch in Form von Abzugsposten berücksichtigt. Er ist<br />

daher für die Schuldenbefriedigung gegenüber Dritten im Sinne <strong>des</strong> § 155 Abs. 2 Satz 1<br />

HGB analog entbehrlich und kann daher gemäß § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB analog bis auf<br />

den Betrag „Null“ von denjenigen Gesellschaftern entnommen werden, die zu diesem<br />

Zeitpunkt ein positives <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben aufweisen.<br />

392 Zu einem der analogen Anwendung <strong>des</strong> § 155 HGB wirtschaftlich gleichkommenden Ergebnis, jedoch<br />

mit anderer Begründung kommt die ganz herrschende Meinung (vgl. nur Staudinger/Habermeier<br />

BGB (2003) § 730 Rn. 21; MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 49), die dem Gesellschafter zwar<br />

unter Berufung auf die sog. Durchsetzungssperre die isolierte Geltendmachung von Zahlungsansprüchen<br />

gegen die Gesellschaft vor Beendigung der <strong>Auseinandersetzung</strong> versagt, ihm aber ausnahmsweise<br />

eine Forderung zugesteht, wenn feststeht, dass der Gesellschafter die eingeforderte Summe in jedem<br />

Fall behalten darf (ebenso ständige Rechtsprechung, siehe nur BGHZ 37, 299, 305 = NJW 1962,<br />

1863; BGH NJW 1980, 1628, 1628). Wie jedoch dieser Min<strong>des</strong>tbetrag genau ermittelt werden soll,<br />

bleibt offen.<br />

393 Siehe hierzu ausführlich oben § 12, S. 75 ff.<br />

136


Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Vermögensverwertung <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB<br />

bereits vollständig abgeschlossen ist, da sich <strong>nach</strong> der hier beschriebenen Vorgehensweise<br />

der Saldo <strong>des</strong> Liquiditätskontos mit fortlaufender Vermögensverwertung nur erhöhen<br />

kann. Jede Auszahlung gemäß § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB analog ist nur vorläufig,<br />

steht also unter dem Vorbehalt der endgültigen Saldoberechnung. Da sie jedoch als Teil<br />

<strong>des</strong> endgültigen <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens anzusehen ist, muss sie auf den endgültigen<br />

Guthabensanspruch <strong>des</strong> Entnehmenden angerechnet werden 394 . <strong>Die</strong> Anrechnung<br />

erfolgt, indem jedem Gesellschafter der Betrag seiner Vorabentnahme als Entnahme in<br />

sein Gesellschafterkonto einzubuchen ist. Nach Verrechnung mit den von ihm im Übrigen<br />

zu beanspruchenden bzw. geschuldeten Beträgen vermindert sich sein <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

im Ergebnis um den Betrag der Vorabentnahme.<br />

III.<br />

Verteilung <strong>nach</strong> dem Verhältnis der positiven <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

zueinander<br />

Gesellschafter, die ein positives <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben aufweisen, können vorhandenes<br />

verteilbares Gesellschaftsvermögen bis zur Höhe ihrer <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

sofort, d.h. vor endgültigem Abschluss der <strong>Auseinandersetzung</strong> einfordern.<br />

Reicht das vorab verteilbare Gesellschaftsvermögen nicht aus, um alle Guthabensansprüche<br />

vollständig zu befriedigen, so muss es zwischen den einzelnen Gesellschaftern<br />

aufgeteilt werden. Es kann keinem Gesellschafter gestattet sein, sich vollumfänglich aus<br />

dem bestehenden Liquidationssaldo vorab zu befriedigen und es den anderen Gesellschaftern<br />

zu überlassen, die <strong>Auseinandersetzung</strong> weiter zu betreiben. Statt <strong>des</strong>sen müssen<br />

die vorhandene Liquidität einerseits und das Realisierungsrisiko der weiteren Vermögensverwertung<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB sowie das Risiko <strong>des</strong> Forderungseinzuges<br />

gegen <strong>nach</strong>schussverpflichtete Gesellschafter andererseits unter allen Gesellschaftern<br />

mit positivem <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben aufgeteilt werden.<br />

Dabei darf als Verteilungsmaßstab nicht die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Gewinn-<br />

oder Verlustquote isoliert herangezogen werden, da sonst die Salden der Gesellschafterkonten<br />

und damit beispielsweise die von einem Gesellschafter getätigten unberechtigten<br />

Überentnahmen unberücksichtigt blieben. Maßgeblich ist statt<strong>des</strong>sen das<br />

394 E/B/J/S/Hillmann HGB § 155 Rn. 10.<br />

137


Verhältnis der jeweiligen <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben zueinander, also der Beträge,<br />

die dem Gesellschafter unter Berücksichtigung aller seiner Entnahmen sowie aller noch<br />

zu befriedigender Verbindlichkeiten der Gesellschaft zustehen 395 . <strong>Die</strong> Vorabausschüttungen<br />

dürfen nicht die Befriedigung von Gläubigern der Gesellschaft vereiteln; zudem<br />

sollen die Gesellschafter bei der vorläufigen Verteilung nicht mehr erhalten, als sie bei<br />

der Schlussverteilung voraussichtlich zu beanspruchen haben 396 . Nur so können alle mit<br />

der noch ausstehenden Vermögensversilberung zusammenhängenden Risiken sowie das<br />

Risiko der Zahlungsunfähigkeit ggf. <strong>nach</strong>schussverpflichteter Mitgesellschafter gerecht<br />

auf alle Gesellschafter verteilt werden. Der Kapitalanteil, der <strong>nach</strong> ganz herrschender<br />

Meinung bei der OHG für die vorläufige Verteilung <strong>nach</strong> § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB<br />

maßgeblich ist 397 , ist also nichts Anderes als das <strong>nach</strong> der hier vorgestellten Vorgehensweise<br />

ermittelte <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben <strong>des</strong> Gesellschafters. Es besteht aus dem<br />

Saldo <strong>des</strong> einheitlichen Gesellschafterkontos <strong>des</strong> Berechtigten, der mit dem Anteil <strong>des</strong><br />

Gesellschafters am <strong>nach</strong> Schuldenbefriedigung verbleibenden Restvermögen verrechnet<br />

wird.<br />

Beispiel:<br />

Fall 12:<br />

Eine Abwicklungsgesellschaft besteht aus drei Gesellschaftern A, B und C<br />

mit Gewinnbeteiligungen von 50% (A), 30% (B) und 20% (C). Der Liquidationssaldo<br />

beträgt zu einem gegebenen Zeitpunkt vor endgültiger Verwertung<br />

<strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> 20.000, die <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

der Gesellschafter belaufen sich im selben Zeitpunkt auf 30.000 für A,<br />

10.000 für B und 5.000 für C.<br />

<strong>Die</strong> vorhandene verteilbare Liquidität von 20.000 reicht nicht aus, um die Ansprüche<br />

aller drei Gesellschafter in Höhe von insgesamt 45.000 zu befriedigen. Sie darf jedoch<br />

nicht im Verhältnis 50 : 30 : 20 ausgeschüttet werden, sondern die Gesellschafter A, B<br />

und C müssen sich statt <strong>des</strong>sen den vorab ausschüttungsfähigen Betrag <strong>des</strong> Liquiditäts-<br />

395<br />

Unter Verwendung einer anderen Terminologie, im Ergebnis aber wohl ebenso Koller/Roth/Morck/Koller<br />

§ 155 Rn. 2: „Das gesamte <strong>nach</strong> Bezahlung der Gesellschaftsschulden verbleibende<br />

Vermögen ist [...] <strong>nach</strong> Verrechnung der gegen Gesellschafter gerichteten Ansprüche [...] <strong>nach</strong><br />

dem Verhältnis der so fortgeschriebenen positiven Kapitalanteile an die Gesellschafter mit positivem<br />

Kapitalanteil auszuschütten.“<br />

396 E/B/J/S/Hillmann HGB § 155 Rn. 7.<br />

397 Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 155 Rn. 2; E/B/J/S/Hillmann HGB § 155 Rn. 14.<br />

138


saldos im Verhältnis 30 : 10 : 5 untereinander aufteilen. Auf sie entfallen damit 30/45<br />

(A), 10/45 (B) bzw. 5/45 (C) von 20.000.<br />

Da sich mit fortlaufender Versilberung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> sowie <strong>nach</strong> jeder<br />

Auszahlung an Gläubiger und Gesellschafter die <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben der Gesellschafter<br />

verändern, ist das Verhältnis der jeweiligen Guthaben zueinander vor jeder<br />

Vorabausschüttung neu zu berechnen.<br />

IV.<br />

Berücksichtigung <strong>des</strong> Ausfallrisikos zahlungsunfähiger Gesellschafter<br />

1. Problemstellung<br />

Weist min<strong>des</strong>tens ein Gesellschafter zu einem gegebenen Zeitpunkt vor Abschluss der<br />

Abwicklung ein negatives <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben auf, so fragt sich, inwieweit<br />

bei der Vorabausschüttung durch entsprechende Zurückbehalte für den Fall vorzusorgen<br />

ist, dass der <strong>nach</strong>schussverpflichtete Gesellschafter sich im weiteren Verlauf als zahlungsunfähig<br />

herausstellt und die verbleibenden Gesellschafter <strong>nach</strong> § 735 Satz 2 BGB<br />

für den Fehlbetrag aufzukommen haben. Zu diesem Zweck könnte der Betrag bereits<br />

bestehender Nachschussverpflichtungen <strong>nach</strong> dem Vorsichtsprinzip von dem vorab ausschüttungsfähigen<br />

Vermögen abzuziehen bzw. sonst bei der Verteilung an die berechtigten<br />

Gesellschafter zu berücksichtigen sein 398 . <strong>Die</strong>se Problematik soll an folgendem<br />

Beispielsfall verdeutlicht werden:<br />

Fall 13:<br />

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts besteht aus drei Gesellschaftern A, B<br />

und C. <strong>Die</strong> Verlustbeteiligung wurde im Gesellschaftsvertrag auf 50% für<br />

A, 30% für B und 20% für C festgelegt. Der Liquidationssaldo beträgt zu<br />

einem gegebenen Zeitpunkt 4.000, die <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben der<br />

Gesellschafter betragen 5.000 für A und 6.000 für B. C ist in Höhe von<br />

1.000 <strong>nach</strong>schussverpflichtet. C steckt in finanziellen Schwierigkeiten, es ist<br />

unklar, ob er seine Nachschussverpflichtungen erfüllen kann.<br />

398 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass diese These in<br />

dieser Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden ist. Daher gehe ich davon aus,<br />

dass hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

139


2. Verteilung unter der Prämisse <strong>des</strong> Ausfalls aller <strong>nach</strong>schussverpflichteten<br />

Gesellschafter<br />

Da die Vorabausschüttung <strong>nach</strong> § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB analog zu jedem Zeitpunkt<br />

nur auf Grundlage <strong>des</strong> tatsächlich vorhandenen Vermögens erfolgen kann, nehmen die<br />

von C geschuldeten 1.000 ebenso wie noch nicht geleistete Einlagen nicht an der Vermögensverteilung<br />

teil und sind daher auch nicht zu Lasten der Gesellschafter A und B<br />

zu berücksichtigen. Daher kann der gesamte Liquidationssaldo entnommen werden,<br />

ohne dass Zurückbehalte für potentielle Ausfallrisiken gebildet werden müssen.<br />

Um jedoch überflüssige Hin- und Herzahlungen bestmöglich zu vermeiden, muss der<br />

Betrag, der <strong>nach</strong> § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB analog an jeden berechtigten Gesellschafter<br />

ausgeschüttet werden kann, <strong>nach</strong> dem Vorsichtsprinzip auf der Grundlage eines Ausfalls<br />

aller <strong>nach</strong>schussverpflichteten Gesellschafter (§ 735 Satz 2 BGB) berechnet werden.<br />

<strong>Die</strong>s rechtfertigt sich daraus, dass eine Vorabausschüttung <strong>nach</strong> § 155 Abs. 2<br />

Satz 1 HGB analog stets nur vorläufig erfolgt und unter dem Vorbehalt einer <strong>nach</strong>folgenden<br />

Korrektur aufgrund <strong>des</strong> weiteren Verlaufs der <strong>Auseinandersetzung</strong> steht. <strong>Die</strong>se<br />

Vorläufigkeit führt dazu, dass spätere Rückzahlungen nur dann vermieden werden können,<br />

wenn <strong>nach</strong> dem Vorsichtsprinzip von der für die Anspruchsberechnung ungünstigsten<br />

Sachverhaltsvariante ausgegangen wird 399 . Da für die Vorabausschüttung als entbehrlich<br />

im Sinne <strong>des</strong> § 155 Abs. 2 HGB nur das Geld angesehen werden kann, das unter<br />

keinen Umständen wieder zurückgefordert werden muss, ist <strong>nach</strong> dem Vorsichtsprinzip<br />

davon auszugehen, dass alle derzeit <strong>nach</strong>schussverpflichteten Gesellschafter im<br />

vollen Umfang <strong>des</strong> von ihnen geschuldeten Nachschussbetrags ausfallen und der Ausfall<br />

von den anspruchsberechtigten Gesellschaftern <strong>nach</strong> Maßgabe <strong>des</strong> § 735 Satz 2<br />

BGB übernommen werden muss. <strong>Die</strong> unter dieser Prämisse errechneten positiven <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

sind maßgeblich für die Verteilung der vorläufig verteilbaren<br />

Liquidität.<br />

Damit ergibt sich für den soeben dargestellten Beispielsfall folgende Verteilung:<br />

399 <strong>Die</strong> Literatur hat zwar die Problematik der späteren Rückforderung bei überhöhten Vorabentnahmen<br />

als solche zur Kenntnis genommen, siehe etwa E/B/J/S/Hillmann HGB § 155 Rn. 11, hierfür jedoch<br />

bislang, soweit ersichtlich, noch keinen Lösungsvorschlag gemacht.<br />

140


Ohne Ausfall C<br />

Mit Ausfall C<br />

Gesamtsaldo A<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben 5.000<br />

Anteil Ausfall C 5/8 400 -625<br />

Summe 4.375<br />

Gesamtsaldo B<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben 6.000<br />

Anteil Ausfall C 3/8 -375<br />

Summes 5.625<br />

Gesamtsaldo C<br />

Nachschusspflicht -1.000<br />

Kontrollsumme 10.000 -1.000 10.000<br />

Der vorab ausschüttungsfähige Liquiditätssaldo von 4.000 ist nunmehr im Verhältnis<br />

der <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben von A und B zueinander, die sich im Falle <strong>des</strong> Ausfalls<br />

<strong>des</strong> C ergeben, d.h. im Verhältnis 4.375 : 5.625 zu verteilen. Damit kann A<br />

4.375/10.000 = 43,75%, B 5.625/10.000 = 56,25% von 4.000 vorab entnehmen. <strong>Die</strong>se<br />

Beträge sind ihnen auf ihre jeweiligen <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben von 5.000 bzw.<br />

6.000 anzurechnen.<br />

<strong>Die</strong>se Vorgehensweise hat zur Folge, dass nie zu viel Geld vorab an die anspruchsberechtigten<br />

Gesellschafter ausgeschüttet wird. Der so berechnete Ausschüttungsbetrag<br />

beinhaltet einerseits das Risiko, dass wider Erwarten keine weiteren Erlöse aus der Versilberung<br />

<strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB erzielt werden, andererseits<br />

das Risiko eines Totalausfalls aller <strong>nach</strong>schussverpflichteten Gesellschafter. Auf<br />

diese Weise werden spätere Rückforderungen von zu viel gezahlten Vorabbeträgen und<br />

damit verbundene Hin- und Herzahlungen bestmöglich ausgeschlossen. Begleicht C die<br />

400 Der Ausfall <strong>des</strong> C in Höhe von 1.000 ist im Verhältnis der Verlustquoten <strong>des</strong> A und B zu übernehmen,<br />

mithin im Verhältnis 50 : 30. Auf A entfallen damit 5/8, auf B 3/8 <strong>des</strong> potentiellen Fehlbetrags<br />

von 1.000.<br />

141


von ihm geschuldeten Nachschussbeträge, so kann er <strong>nach</strong> seiner Wahl <strong>nach</strong> dem schon<br />

oben dargestellten Prinzip direkt an die Gesellschafter A und B zahlen. <strong>Die</strong> Zahlung ist<br />

in diesem Fall zwischen A und B <strong>nach</strong> dem Verhältnis ihrer in diesem Zeitpunkt bestehenden<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben zueinander aufzuteilen.<br />

V. Folgerung: <strong>Die</strong> Reihenfolge der Abwicklungsschritte<br />

<strong>Die</strong> §§ 731 ff. BGB geben ein mehrstufiges Vermögensverteilungsverfahren vor, das<br />

laut Gesetzeswortlaut Schritt für Schritt abzuarbeiten ist, wobei mit der jeweils nächsten<br />

Stufe <strong>nach</strong> dem Gesetzeswortlaut erst begonnen werden darf, wenn die vorherige Stufe<br />

abgeschlossen ist. Unter Berufung auf das Gesetz folgert daher die herrschende Meinung,<br />

dass die Rangfolge in §§ 733 f. BGB auch <strong>nach</strong> Erstellung der von ihr geforderten<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz insofern Bedeutung hat, als die Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

an die Gesellschafter einer entsprechenden Tilgungsreihenfolge unterliegt<br />

401 , die bei der Geltendmachung <strong>des</strong> Anspruchs auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

zu beachten sein solle, falls das liquide Gesellschaftsvermögen nicht zur Befriedigung<br />

aller Ansprüche ausreicht 402 . Zuerst seien die Sozialverbindlichkeiten der Gesellschaft<br />

gegenüber den Gesellschaftern zu befriedigen, anschließend die Ansprüche auf<br />

Einlagenrückerstattung (§ 733 Abs. 2 BGB) und zuletzt der Anspruch auf den Überschuss<br />

403 . <strong>Die</strong>s soll aber wiederum nur dann gelten, soweit die vorrangige Sozialverbindlichkeit<br />

nicht dem Grundsatz der Durchsetzungssperre unterliegt 404 ; innerhalb der<br />

jeweiligen Kategorien gelte bei unzureichenden Gesellschaftsmitteln anteilige Befriedigung<br />

<strong>nach</strong> dem Gleichbehandlungsgrundsatz 405 .<br />

401 So auch MünchKomm BGB/Schäfer § 734 Rn. 10; Bamberger/Roth/Schöne BGB § 734 Rn. 2; Erman/Westermann<br />

BGB § 733 Rn. 2: Da<strong>nach</strong> soll zwischen Sozialansprüchen, Einlagenrückerstattungsansprüchen<br />

und dem Anspruch auf den Überschuss ein Rangverhältnis dergestalt bestehen, wo<strong>nach</strong><br />

die Sozialansprüche zunächst vor der Einlagenrückerstattung zu begleichen und der Überschuss<br />

zuletzt auszuzahlen ist.<br />

402 MünchKomm BGB/Schäfer § 734 Rn. 10.<br />

403 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 734 Rn. 2; MünchKomm BGB/Schäfer § 734 Rn. 10; Grziwotz DStR<br />

1992, 1365, 1366.<br />

404 Erman/Westermann BGB § 733 Rn. 2; Staudinger/Habermeier BGB (2003) § 733 Rn. 6. Allerdings<br />

bleibt unklar, wann eine Sozialverbindlichkeit nicht der Durchsetzungssperre unterliegt.<br />

405 MünchKomm BGB/Schäfer § 734 Rn. 10; Erman/Westermann BGB § 734 Rn. 3.<br />

142


Auf eine solche Zahlungsreihenfolge kommt es <strong>nach</strong> dem hier vertretenen Vermögensverteilungsverfahren<br />

nicht an. Wenn lediglich der Saldo einer fortlaufenden Abrechnung<br />

Gegenstand der Ausgleichsforderungen- und Verbindlichkeiten sein kann, so<br />

spielt es keine Rolle, an welcher Position oder in welcher zeitlichen oder systematischen<br />

Abfolge die einzelnen Abwicklungsschritte vollzogen werden und die korrespondierenden<br />

Posten in das Konto eingestellt werden. Subtrahiert man gemäß der gesetzlich vorgegebenen<br />

Reihenfolge die Salden aller Gesellschafterkonten vom Saldo <strong>des</strong> Liquiditätskontos,<br />

so ergibt sich der Vorrang der Gläubigerbefriedigung vor der Verteilung <strong>des</strong><br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> an die Gesellschafter unproblematisch aus dem Berechnungsergebnis:<br />

Das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben je<strong>des</strong> Gesellschafters steht erst <strong>nach</strong> Abzug<br />

aller Schulden und Zurückbehalte gegenüber Dritten sowie der an seine Mitgesellschafter<br />

intern zu leistenden Ausgleichsbeträge fest. Das auf jeden Gesellschafter entfallende<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben bzw. der Fehlbetrag ist stets im Ganzen von ihm<br />

bzw. von der Gesellschaft geschuldet. Eine Aufspaltung in Teilbeträge, von denen einige<br />

vorrangig vor anderen auszuschütten sein sollen 406 , ist weder möglich noch nötig. Ist<br />

die Abwicklung gegenüber Dritten gemäß § 733 Abs. 1 Satz 1 BGB abgeschlossen und<br />

ist da<strong>nach</strong> noch Gesellschaftsvermögen vorhanden, so ist dieses <strong>nach</strong> Maßgabe der<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben an die Gesellschafter auszuschütten. Welche Tilgungsbestimmung<br />

eine solche Auszahlung hat, d.h. ob und zu welchem Anteil sie zur wertmäßigen<br />

Rückgabe von Gegenständen (§ 732 BGB), zur Befriedigung von Einlagenrückerstattungsansprüchen<br />

(§ 733 Abs. 2 BGB), Sozialansprüchen, Drittgläubigeransprüchen<br />

oder <strong>des</strong> Anspruchs auf den Überschuss (§ 734 BGB) erfolgt, ist unerheblich. Es besteht<br />

auch kein Bedürfnis für eine Rangfolge der Gesellschafterforderungen, solange zumin<strong>des</strong>t<br />

ein Gesellschafter im Sinne <strong>des</strong> § 735 Satz 2 BGB zahlungsfähig ist: <strong>Die</strong> Gesellschafter<br />

haften einander <strong>nach</strong> § 735 BGB auf eventuelle Fehlbeträge. Außerhalb <strong>des</strong><br />

Insolvenzverfahrens kommt es daher auf eine Reihen- oder Rangfolge der Anspruchsbefriedigung<br />

nicht an.<br />

Wenn hinter der Forderung <strong>nach</strong> Einhaltung einer bestimmten Reihenfolge der Abwicklungsschritte<br />

die Befürchtung steckt, es könne zur Verteilung von Geldern kommen,<br />

bevor geklärt sei, ob diese überhaupt hierfür zur Verfügung stünden, so ist dieser Gefahr<br />

durch eine analoge Anwendung von § 155 Abs. 2 HGB sowie dadurch zu begegnen,<br />

dass im Saldo <strong>des</strong> Liquiditätskontos nur das verteilbare Gesellschaftsvermögen erfasst<br />

406 Vgl. nur MünchKomm BGB/Schäfer § 734 Rn. 10.<br />

143


wird und das den Gesellschaftern zustehende <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben stets unter<br />

Abzug aller tatsächlich oder potentiell bestehenden Verbindlichkeiten der Gesellschaft<br />

sowie auf der Grundlage der für den Anspruchsinhaber ungünstigsten Sachverhaltsvariante<br />

ermittelt wird.<br />

§ 19 Vollbeendigung und Nachtragsliquidation<br />

I. Vollbeendigung der Gesellschaft<br />

1. Der Eintritt der Vollbeendigung <strong>nach</strong> herrschender Meinung<br />

In der juristischen Praxis besteht Einigkeit darüber, dass die Gesellschaft erst <strong>nach</strong> vollständigem<br />

Abschluss der <strong>Auseinandersetzung</strong> erlischt 407 . In der Literatur hat sich hierzu<br />

der Begriff der Vollbeendigung etabliert, der das Ende der Abwicklung markieren<br />

soll 408 . Erst mit Vollbeendigung fällt die Gesellschaft als Trägerin von Rechten und<br />

Pflichten endgültig weg. Fraglich ist jedoch, wann der Zeitpunkt der Vollbeendigung<br />

genau eintritt. Das Gesetz fingiert zwar in § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB den Fortbestand der<br />

Gesellschaft, regelt jedoch nicht eindeutig, wann diese gesetzliche Fiktion ihr Ende finden<br />

soll.<br />

Nach der wohl herrschenden Meinung tritt die Vollbeendigung der Gesellschaft schon<br />

dann ein, wenn das gesamte verwertbare Aktivvermögen der Gesellschaft restlos verteilt<br />

ist 409 . Sei kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden, entfalle die Berechtigung zur<br />

Annahme einer fortbestehenden Abwicklungsgesellschaft; die Gesellschaft sei vollbeendet<br />

und für eine <strong>Auseinandersetzung</strong> kein Raum mehr 410 . Mit vollständiger Verteilung<br />

<strong>des</strong> Aktivvermögens sollen neben der Gesellschaft selbst auch alle gegen die Gesell-<br />

407 K. Schmidt ZHR 153 (1989), 270, 274; MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 7.<br />

408 Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 131 Rn. 2.<br />

409 BGHZ 24, 91, 93 f. = NJW 1957, 989 ff.; BGHZ 26, 126, 130 = NJW 1958, 299 ff.; MünchKomm<br />

BGB/Schäfer § 730 Rn. 2; Heidner DStR 1992, 201, 203 f.<br />

410 MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 2.<br />

144


schaft gerichteten Forderungen erlöschen und durch die persönliche Haftung der Gesellschafter<br />

ersetzt werden 411 . Das Bestehen von Gesellschaftsverbindlichkeiten oder von<br />

Sozialansprüchen der ansonsten vermögenslosen Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter<br />

erfordere weder ein Abwicklungsverfahren noch hindere es das Erlöschen der Gesellschaft,<br />

weil die Gesellschafter den Gesellschaftsgläubigern persönlich für die Schulden<br />

haften und der interne Ausgleich zwischen den Gesellschaftern <strong>nach</strong> Gesamtschuldregeln<br />

stattfinde 412 . Ebenso wenig schade es, wenn noch Erklärungen gegenüber Behörden<br />

(z.B. dem Finanzamt) abzugeben oder Rechtsbeziehungen zu Dritten zu klären seien 413 ;<br />

hierfür genüge es <strong>nach</strong> dem Rechtsgedanken <strong>des</strong> § 157 Abs. 2 HGB, wenn statt <strong>des</strong>sen<br />

Personen bestimmt werden, die diese <strong>nach</strong>wirkenden Aufgaben wahrnehmen 414 . In Fortentwicklung<br />

dieser Ansicht gesteht der BFH einer vollbeendeten Gesellschaft sogar die<br />

Klagebefugnis zu, um die Aufhebung eines <strong>nach</strong> Auflösung ergangenen Steuerverwaltungsakts<br />

gerichtlich geltend zu machen 415 .<br />

Nach dieser herrschenden Meinung sollen der Kontenausgleich und die Überschussverteilung<br />

unter den Gesellschaftern nicht mehr Bestandteil <strong>des</strong> Abwicklungsverfahrens 416<br />

bzw. nur dann Aufgabe der Abwickler sein, wenn ihnen dies im Gesellschaftsvertrag<br />

ausdrücklich oder stillschweigend übertragen worden sei 417 . Statt <strong>des</strong>sen sei eine klare<br />

Unterscheidung der <strong>Auseinandersetzung</strong> in Ansehung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

(§ 730 Abs. 1 BGB) und der auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden internen Ansprüche<br />

zwischen den (ehemaligen) Gesellschaftern vorzunehmen 418 . Etwas Anderes<br />

soll aber wiederum dann gelten, wenn noch Nachschusspflichten der Gesellschafter im<br />

Raum stehen: In diesem Fall komme es zu einer aus der Natur der Sache folgenden Erweiterung<br />

der Abwicklerfunktionen 419 .<br />

411 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 11 V 3. b), S. 311.<br />

412 E/B/J/S/Hillmann HGB § 145 Rn. 8.<br />

413 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 11 V 6. b), S. 317.<br />

414 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 11 V 6. b), S. 317.<br />

415 BFH GmbHR 2005, 124 ff.<br />

416 BGHZ 24, 91, 93 f. = NJW 1957, 989; Soergel/Hadding/Kießling BGB Vorbem. zu § 730 Rn. 3.<br />

417 MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 3.<br />

418 MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 4.<br />

419 MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 4.<br />

145


2. Stellungnahme: Vollbeendigung erst mit Ausgleich aller Gesellschafterkonten<br />

Dass auch Ansprüche der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter Bestandteile <strong>des</strong> - auch<br />

<strong>nach</strong> Ansicht der herrschenden Meinung abzuwickelnden - aktiven <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

sind, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Sozialansprüche oder Ansprüche<br />

aus Drittrechtsgeschäften handelt, wurde bereits ausführlich dargelegt 420 . Dem Ansatz<br />

<strong>des</strong> BFH, der vollbeendeten Gesellschaft eine eigene Klagebefugnis einzuräumen, ist<br />

entgegenzuhalten, dass die Gesellschaft mit Eintritt der Vollbeendigung <strong>nach</strong> allgemeinen<br />

gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen rechtlich und tatsächlich erlischt und damit als<br />

solche nicht mehr existiert, mithin ein rechtliches und tatsächliches nullum darstellt.<br />

Weshalb ein zivilrechtlich nicht existentes Rechtssubjekt steuerrechtlich gesehen nicht<br />

nur vorhanden, sondern sogar selbst klagebefugt sein soll, mag im Hinblick auf den<br />

Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung nicht so recht einleuchten. Auch im<br />

Übrigen kann der Ansicht der herrschenden Meinung nicht gefolgt werden. Weder das<br />

Abwicklungsverfahren noch die Gesellschaft selbst können beendet sein, solange noch<br />

Forderungen oder Verbindlichkeiten außenstehender Dritter oder der Gesellschafter<br />

gegen die Gesellschaft bestehen. <strong>Die</strong>s ergibt sich daraus, dass § 733 Abs. 1 und Abs. 2<br />

BGB die Begleichung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft im Innen- und Außenverhältnis<br />

als Bestandteil der <strong>Auseinandersetzung</strong> fordern. <strong>Die</strong> Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts ist <strong>nach</strong> heutigem Rechtsverständnis ein eigenständiges Rechtssubjekt mit<br />

eigenen Rechten und Pflichten, wenn und soweit sie am Rechtsverkehr teilnimmt 421 .<br />

Damit muss sie aber auch konsequenterweise so lange Rechtssubjekt bleiben, wie sie<br />

aus dieser Teilnahme am Rechtsverkehr Rechte und Pflichten innehat, z.B. aus gegen<br />

sie gerichteten Forderungen oder aus ihr zustehenden Ansprüchen.<br />

<strong>Die</strong> persönliche Haftung der Gesellschafter im Außenverhältnis kann schon <strong>des</strong>wegen<br />

nicht das Weiterbestehen der Gesellschaft ersetzen, da die persönliche Haftung eines<br />

Gesellschafters für eine Gesellschaftsschuld im Außenverhältnis stets einen Regressanspruch<br />

im Innenverhältnis gegen die Gesellschaft sowie zumin<strong>des</strong>t subsidiär gegen die<br />

(ehemaligen) Mitgesellschafter zur Folge hat. Befriedigt ein Gesellschafter eine Verbindlichkeit<br />

der Gesellschaft gegenüber einem Gläubiger aus eigenen Mitteln, so kann<br />

420 Siehe hierzu oben § 7, I., S. 42 ff.<br />

421 Seit BGHZ 146, 341 ff. = NJW 2001, 1056 ff.<br />

146


er im Wege <strong>des</strong> Aufwendungsersatzes von der Gesellschaft Regress nehmen. Kann dieser<br />

Anspruch wegen Vermögenslosigkeit der Gesellschaft nicht aus dem Gesellschaftsvermögen<br />

befriedigt werden, so richtet sich der Anspruch auf Ausgleich gemäß § 735<br />

BGB gegen die Mitgesellschafter; dieser Regressanspruch <strong>nach</strong> § 735 BGB fällt aber<br />

seinerseits wiederum in das Gesellschaftsvermögen und bildet aktive Liquidationsmasse<br />

422 . <strong>Die</strong> persönliche Haftung für die Gesellschaftsschuld im Außenverhältnis und die<br />

daraus resultierende Regressforderung gegen die Gesellschaft im Innenverhältnis macht<br />

damit sofort eine Nachtragsliquidation <strong>nach</strong> §§ 733 Abs. 2, 735 BGB erforderlich 423 .<br />

Ließe man mit der herrschenden Meinung eine Vollbeendigung der Gesellschaft zu,<br />

wenn das gesamte aktive Gesellschaftsvermögen verteilt ist, jedoch bevor alle sich aus<br />

§ 735 BGB ergebenden Ansprüche und Verbindlichkeiten im Verhältnis <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

zur Gesellschaft befriedigt worden sind, so stellt sich die Frage, wie und vor<br />

allem von wem der ausschließlich der Gesellschaft 424 , nicht aber den Gesellschaftern<br />

zustehende Anspruch aus § 735 BGB geltend gemacht werden kann 425 . <strong>Die</strong> Gesellschaft<br />

selbst könnte, wenn man die Auffassung der herrschenden Meinung beim Wort nähme,<br />

niemals Ansprüche aus § 735 BGB geltend machen, da sie in dem Augenblick, in dem<br />

das gesamte aktive, jedoch nicht zur Tilgung aller Verbindlichkeiten ausreichende Gesellschaftsvermögen<br />

verteilt worden wäre, als solche gar nicht mehr existierte 426 . Damit<br />

verbliebe für § 735 BGB kein Anwendungsbereich mehr.<br />

422 Soergel/Hadding/Kießling BGB Vorbem. zu § 730 Rn. 2, die das Problem zwar erkennen, aber dennoch<br />

von einer Vollbeendigung schon bei vollständiger Verteilung <strong>des</strong> Aktivvermögens ohne Rücksicht<br />

auf die Existenz von Verbindlichkeiten der Gesellschaft ausgehen.<br />

423 Zur Nachtragsliquidation sogleich § 19, II., S. 151 ff.<br />

424 MünchKomm BGB/Schäfer § 735 Rn. 5.<br />

425 MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 118.<br />

426 MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 118, der allerdings daraus nicht die notwendige Konsequenz<br />

zieht, dass die Gesellschaft erst mit vollständiger Befriedigung auch der Ansprüche und Verbindlichkeiten<br />

aus § 735 BGB vollbeendet sein kann. Statt <strong>des</strong>sen fordert er eine Differenzierung dahingehend,<br />

dass für den Fall der Abbedingung <strong>des</strong> § 735 BGB im Gesellschaftsvertrag die Gesellschaft beendet<br />

sein solle, sobald kein positives Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden sei, aber für den Fall,<br />

dass die Gesellschafter zwar § 735 BGB nicht ausdrücklich abbedungen haben, jedoch nicht unverzüglich<br />

<strong>nach</strong> der Feststellung, dass kein aktives Vermögen mehr vorhanden sei, die Nachschüsse <strong>nach</strong><br />

§ 735 BGB einfordern, die Gesellschaft ebenfalls beendet sei (MünchHdb GesR I/Gummert § 21<br />

Rn. 118). <strong>Die</strong> erste Variante (Beendigung mit Vermögensverteilung bei Abbedingung von § 735<br />

BGB) weicht vom Gesetzeswortlaut ab und ist daher nicht Gegenstand dieser Untersuchung, die sich<br />

ausschließlich mit dem gesetzlich vorgesehenen Regime befasst. Wieso es bei der zweiten Variante<br />

für die Beendigung der Gesellschaft darauf ankommen soll, wie schnell die Gesellschafter die Nachschüsse<br />

<strong>nach</strong> § 735 BGB einfordern, erschließt sich nicht. Auch für die Einforderung von Nachschussleistungen<br />

gelten die allgemeinen Verjährungsfristen.<br />

147


3. Folgerung: Der Innenausgleich unter den Gesellschaftern als notwendiger<br />

Bestandteil der Abwicklung<br />

Aus dem soeben Gesagten folgt zugleich, dass die Gesellschaft nicht vollbeendet sein<br />

kann, solange noch Ansprüche der Gesellschafter untereinander bestehen, die auf dem<br />

Gesellschaftsverhältnis basieren. <strong>Die</strong> Nachschusspflicht der Gesellschafter ist <strong>nach</strong> der<br />

gesetzlichen Konzeption untrennbar mit der Befriedigung der Verbindlichkeiten im<br />

Außen- und Innenverhältnis sowie mit der Rückzahlung von Einlagen im Innenverhältnis<br />

verbunden. Zur Schuldenbefriedigung und Einlagenrückerstattung aufzuwendende<br />

Beträge, die nicht aus der Liquidationsmasse geleistet werden können, sind von den<br />

Gesellschaftern <strong>nach</strong> § 735 BGB aufzubringen, wobei die Leistung zur Abkürzung der<br />

Zahlungswege direkt vom <strong>nach</strong>schussverpflichteten Gesellschafter an den anspruchsberechtigten<br />

Mitgesellschafter für Rechnung der Gesellschaft erfolgen kann. In diesem<br />

Fall führt § 735 BGB lediglich zu einem Austausch <strong>des</strong> Forderungsschuldners: <strong>Die</strong> Ansprüche<br />

gegen die vermögenslos gewordene Gesellschaft sind nunmehr von den (übrigen)<br />

Gesellschaftern zu befriedigen.<br />

Es ist nicht einsichtig, warum dieser Ausgleich nur <strong>des</strong>halb nicht mehr zum gesetzlich<br />

vorgeschriebenen und geschützten <strong>Auseinandersetzung</strong>sverfahren gehören sollte, weil<br />

der ursprüngliche Schuldner, die Gesellschaft, vermögenslos geworden und gesetzlich<br />

durch einen anderen Schuldner, nämlich den <strong>nach</strong>schussverpflichteten Gesellschafter<br />

ersetzt worden ist. Gerade im Fall der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft bedarf der<br />

Gesellschafter <strong>des</strong> besonderen Schutzes der §§ 733 Abs. 2 iVm 735 BGB, um seine<br />

Mitgesellschafter auf Nachschusszahlung in Anspruch nehmen zu können. <strong>Die</strong> Anerkennung<br />

der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als eigenständiges Rechtssubjekt hat<br />

nichts daran geändert, dass die Gesellschaft daneben <strong>nach</strong> wie vor ein zwischen den<br />

Gesellschaftern bestehen<strong>des</strong> und somit auch zwischen diesen abzuwickeln<strong>des</strong> Schuldverhältnis<br />

darstellt: <strong>Die</strong> Gesellschafter sind durch den Gesellschaftsvertrag <strong>nach</strong> § 705<br />

BGB eine gemeinsame Vertrags- und Rechtsbeziehung zueinander eingegangen, die als<br />

Gesellschaftsverhältnis bezeichnet wird und sowohl zwischen den einzelnen Gesellschaftern<br />

untereinander als auch zwischen jedem Gesellschafter und der Gesellschaft<br />

besteht 427 . <strong>Die</strong> sich aus diesem Schuld- und Vertragsverhältnis ergebenden wechselseitigen<br />

Rechte und Pflichten der Gesellschafter untereinander müssen <strong>nach</strong> Auflösung<br />

427 Soergel/Hadding/Kießling BGB Vorbem. zu § 705 Rn. 23.<br />

148


ebenso abgewickelt werden wie die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter zu außenstehenden<br />

Gläubigern der Gesellschafter oder zur Gesellschaft. Daher sind alle Ansichten<br />

abzulehnen 428 , die den Innenausgleich der Gesellschafter untereinander nicht mehr als<br />

Bestandteil <strong>des</strong> Abwicklungsverfahrens ansehen und diesen damit nicht mehr dem<br />

Schutz der §§ 732 ff. BGB unterwerfen wollen.<br />

Für diese Lösung sprechen auch prozessuale Erwägungen. Folgt man der herrschenden<br />

Meinung, so könnte der Gesellschafter, der vom Gesellschaftsgläubiger <strong>nach</strong> vollständiger<br />

Verteilung <strong>des</strong> Aktivvermögens und damit Vollbeendigung der Gesellschaft <strong>nach</strong><br />

§ 128 HGB analog in Anspruch genommene Gesellschafter wegen Wegfalls der Gesellschaft<br />

als Rechtssubjekt nicht mehr bei dieser Regress nehmen, sondern müsste zwingend<br />

gegen seine (ehemaligen) Mitgesellschafter vorgehen. <strong>Die</strong>se Regressforderung <strong>des</strong><br />

leistenden Gesellschafters gegen seine Mitgesellschafter wiederum könnte bereits in<br />

dem Augenblick entstehen, in dem der Gesellschafter von dem Gläubiger erstmals (berechtigt)<br />

in Anspruch genommen, d.h. zur Zahlung aufgefordert wird. Versäumt es der<br />

in Anspruch Genommene, seinen Mitgesellschaftern rechtzeitig (vorsorglich) den Streit<br />

zu verkünden und somit die durch Klageerhebung bewirkte Hemmung der Verjährung<br />

auch auf seine Mitgesellschafter auszudehnen, so verliert er seine Regressforderung<br />

durch Verjährung u.U. noch bevor er endgültig erfährt, ob sie nun rechtmäßig geltend<br />

gemacht wurde oder nicht. Er müsste daher stets innerhalb der Verjährungsfrist allen<br />

seinen Mitgesellschaftern vorbeugend den Streit verkünden, um sich für den Fall einer<br />

Leistungspflicht an den Gläubiger seinen Regressanspruch zu sichern. Er hätte damit<br />

das Risiko der Verjährung seines Regressanspruchs alleine zu tragen.<br />

<strong>Die</strong> Abwicklung der Gesellschaft darf daher nicht nur die bloße Verteilung <strong>des</strong> Aktivvermögens<br />

der Gesellschaft zur Befriedigung von Verbindlichkeiten im Außen- oder<br />

Innenverhältnis umfassen, sondern muss auch und gerade die Befriedigung der wechselseitigen<br />

Ansprüche und Verbindlichkeiten der Gesellschafter untereinander einschließen,<br />

soweit diese aus dem Gesellschaftsverhältnis entstanden sind. Solange nicht alle<br />

Ausgleichsansprüche der Gesellschafter untereinander befriedigt worden sind, kann<br />

428 K. Schmidt ZHR 153 (1989), 270, 297 f.; ebenso wohl auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 52 IV 1<br />

b), S. 1520 f.<br />

149


daher auch keine Vollbeendigung der Gesellschaft angenommen werden 429 . <strong>Die</strong> Abwicklung<br />

kann daher erst dann abgeschlossen und die Gesellschaft vollbeendet sein,<br />

wenn im Innenverhältnis als auch im Außenverhältnis sämtliche Ansprüche und Verbindlichkeiten<br />

sowohl der Gesellschaft, als auch aller Gesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis<br />

befriedigt worden sind 430 . <strong>Die</strong>s ist der Fall, wenn die Gesellschafterkonten<br />

aller Gesellschafter in der <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung den Stand Null aufweisen<br />

431 . Dazu müssen alle Vermögensgegenstände <strong>nach</strong> § 732 BGB zurückgegeben<br />

bzw. versilbert, alle Zurückbehalte für noch nicht fällige oder streitige Verbindlichkeiten<br />

entweder als endgültig bestehend oder nichtbestehend qualifiziert, alle im Innenwie<br />

im Außenverhältnis bestehenden Verbindlichkeiten befriedigt, alle Nachschussleistungen<br />

eingezogen und die <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben ausgeschüttet worden sein.<br />

Sind alle diese Abwicklungshandlungen in den Gesellschafterkonten und im Liquidationskonto<br />

<strong>nach</strong>vollzogen, so erhält bei korrekter Buchung das zuvor positive bzw. negative<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben je<strong>des</strong> Gesellschafters den Stand Null. Erst in diesem<br />

Augenblick sind alle durchzuführenden Abwicklungshandlungen erfolgreich ausgeführt<br />

und alle Rechte und Pflichten der Gesellschaft als Rechtsträgerin abgearbeitet, so dass<br />

die Gesellschaft erlöschen kann.<br />

429 K. Schmidt ZHR 153 (1989), 270, 297 f. <strong>Die</strong> Ansicht von Erman/Westermann BGB § 730 Rn. 1,<br />

wo<strong>nach</strong> das Rechtsverhältnis unter den Gesellschaftern vor vollständiger Durchführung <strong>des</strong> internen<br />

Ausgleichs nicht beendet sei, greift insoweit zu kurz. Ebenso wenig reicht es aus, mit MünchKomm<br />

BGB/Schäfer § 730 Rn. 4 den internen Ausgleich unter den Gesellschaftern lediglich als eine Erweiterung<br />

der Abwicklerfunktionen zu begreifen. Es kommt nicht (nur) auf das Rechtsverhältnis der Gesellschafter<br />

untereinander an, sondern auch auf die Existenz der Gesellschaft, d.h. deren Rechtsverhältnis<br />

als eigenständiges Rechtssubjekt gegenüber außenstehenden Dritten.<br />

430 So offenbar auch im Ergebnis der BFH, BStBl. II 1971, 540. Hierzu Heidner DStR 1992, 201, 206 ff.<br />

431 Der Ansicht von MünchHdb GesR I/Butzer/Knof § 84 Rn. 54, wo<strong>nach</strong> die Rechtsbeziehungen der<br />

Gesellschafter untereinander durch die Schlussverteilung nur erloschen sein sollen, wenn alle Kapitalkonten<br />

positiv sind, kann <strong>nach</strong> dem oben Gesagten nicht zugestimmt werden: Weist ein Gesellschafterkonto<br />

einen positiven Saldo aus, so bedeutet das, dass der betreffende Gesellschafter noch eine unbefriedigte<br />

Forderung entweder gegen die Gesellschaft oder einen Mitgesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis<br />

hat, die <strong>nach</strong> der hier vertretenen Ansicht als integraler Bestandteil der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

abzuwickeln sind. Damit die Gesellschaft vollbeendet sein kann, d.h. alle Rechte und Pflichten<br />

gegenüber Dritten sowie aus dem Gesellschaftsverhältnis abgearbeitet sind, darf kein Gesellschafterkonto<br />

einen positiven oder negativen Saldo aufweisen. <strong>Die</strong> Gesellschaft kann vielmehr erst beendet<br />

sein, wenn der Saldo aller Gesellschafterkonten sowie <strong>des</strong> Liquiditätskontos den Saldo „Null“ aufweisen.<br />

150


II.<br />

Nachtragsliquidation<br />

Stellt sich <strong>nach</strong>träglich heraus, dass noch bislang unbekanntes liquidationsbedürftiges<br />

Aktivvermögen vorhanden ist, so kommt es <strong>nach</strong> herrschender Meinung zu einer Nachtragsliquidation<br />

432 : <strong>Die</strong> Gesellschaft sei in diesem Fall nicht vollbeendet, sondern bestehe<br />

als Abwicklungsgesellschaft weiter 433 . <strong>Die</strong> früheren Liquidatoren seien verpflichtet,<br />

ihre Tätigkeit wiederaufzunehmen, ihre Vertretungsbefugnis bestehe weiter 434 . Bei bislang<br />

nicht berücksichtigten Schulden der Gesellschaft soll hingegen kein Grund zur<br />

Wiederaufnahme <strong>des</strong> Liquidationsverfahrens bestehen; der Gläubiger der Gesellschaft<br />

müsse statt <strong>des</strong>sen gegen die einzelnen Gesellschafter vorgehen 435 .<br />

Dem ist aus den soeben dargestellten Gründen nicht zu folgen. Das Abwicklungsverfahren<br />

muss weder bei neu auftretendem Aktivvermögen noch bei bislang nicht berücksichtigten<br />

Schulden wieder aufgenommen werden, denn es war in beiden Fällen nie<br />

beendet. <strong>Die</strong> Gesellschaft kann nicht erlöschen, bevor nicht alle Schulden im Innen- und<br />

Außenverhältnis getilgt, alle Vermögensposten verteilt und die <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

ausgeglichen worden sind. Tauchen bislang noch nicht bekannte neue Vermögensposten<br />

oder Verbindlichkeiten der Gesellschaft auf, so sind Liquiditäts- und Gesellschafterkonten<br />

entsprechend zu berichtigen 436 , neu zu saldieren und anschließend auszugleichen.<br />

Erst wenn <strong>nach</strong> Erledigung aller neu bekanntgewordenen Ansprüche und Verbindlichkeiten<br />

die <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben wiederum Null betragen, ist die Gesellschaft<br />

endgültig beendet 437 . <strong>Die</strong>se Vorgehensweise gewinnt besondere Bedeutung für<br />

den Fall, dass die Gesellschaft nur <strong>des</strong>halb kein Aktivvermögen mehr hat, weil dieses<br />

durch Überentnahmen der Gesellschafter aufgezehrt worden ist. Würde man der herrschenden<br />

Meinung folgen, so wäre die Gesellschaft bereits vollbeendet und erloschen,<br />

bevor sie ihre Schulden getilgt hat, und zwar ironischerweise <strong>des</strong>halb, weil ihr Vermögen<br />

von den Gesellschaftern ohne Rücksicht auf noch zu begleichende Verbindlichkei-<br />

432 BGHZ 48, 303, 307 = NJW 1968, 297; BGHZ 53, 264, 266 = NJW 1970, 1044; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht,<br />

§ 11 V 6. b), S. 317.<br />

433 MünchHdb GesR I/Butzer/Knof § 84 Rn. 60.<br />

434 Grziwotz DStR 1992, 1813, 1815.<br />

435 Grziwotz DStR 1992, 1813, 1815.<br />

436<br />

So wohl auch Koller/Roth/Morck/Koller § 155 Rn. 4.<br />

437 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass diese These in<br />

dieser Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden ist. Daher gehe ich davon aus,<br />

dass hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

151


ten restlos entnommen worden ist. Der Gläubiger könnte die Gesellschaft selbst nun gar<br />

nicht mehr verklagen, weil sie gar nicht mehr existiert; ihm wäre durch das Verhalten<br />

der Gesellschafter gleichsam sein Prozessgegner abhanden gekommen. <strong>Die</strong>s kann nicht<br />

richtig sein.<br />

6. Kapitel Beispielsfall<br />

Das hier vorgestellte Vermögensverteilungsverfahren und die im Rahmen der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

durchzuführenden Buchungsschritte sollen nun nochmals anhand eines<br />

Beispielsfalls rechnerisch <strong>nach</strong>vollzogen werden.<br />

<strong>Die</strong> Freiberuflersozietät „ABC Rechtsanwälte Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts“ besteht aus den drei Gesellschaftern A, B und C, die zu 60% (A),<br />

30% (B) und 10% (C) am Gewinn beteiligt sind. <strong>Die</strong> Verlustquoten betragen<br />

abweichend davon 55% für A, 40% für B und 5% für C.<br />

Im Monat 1 wird die Gesellschaft aufgelöst. Eine Veräußerung als geschlossene<br />

Einheit scheitert, so dass nun die Zerschlagung und Einzelveräußerung<br />

der Vermögensgegenstände erfolgt.<br />

Das Gesellschaftsvermögen besteht aus Sachwerten (geschätzter Verkehrswert<br />

85.000), immateriellen Vermögensgegenständen (geschätzter Verkehrswert<br />

120.000) sowie offenen Honorarforderungen im Nennwert von<br />

50.000. Der Girokontostand der Gesellschaft beträgt bei Auflösung 2.000.<br />

<strong>Die</strong> unstreitigen und fälligen Verbindlichkeiten gegenüber Nichtgesellschaftern<br />

betragen bei Auflösung 90.000. Weitere Verbindlichkeiten in Höhe von<br />

insgesamt 30.000 sind noch nicht fällig bzw. streitig. A hat gegen die Gesellschaft<br />

eine Mietzinsforderung in Höhe von 4.000 aus der Vermietung<br />

von Geschäftsräumen, B einen Anspruch in Höhe von 2.000 aufgrund rückständiger<br />

Gewinnausschüttungen aus dem vergangenen Geschäftsjahr, C hat<br />

eine Verbindlichkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Höhe von<br />

1.000 aus eigener Tasche beglichen.<br />

<strong>Die</strong> Einlageverpflichtungen laut Gesellschaftsvertrag betragen für A<br />

200.000, für B 60.000 und für C 10.000. A hat seine Einlageleistung durch<br />

152


Zahlung eines Geldbetrags von 10.000 sowie durch Einbringung von Bibliothek<br />

und Kanzleinamen (Wert im Einbringungszeitpunkt zusammen<br />

190.000) vor Auflösung vollständig erbracht. B hat seine Einlageleistung<br />

durch Einbringung der IT-Infrastruktur (Wert bei Einbringung 50.000) erfüllt;<br />

eine Teilforderung von 10.000 ist im Zeitpunkt der Auflösung <strong>nach</strong><br />

wie vor offen. <strong>Die</strong> Einlage <strong>des</strong> C bestand aus besonderen <strong>Die</strong>nstleistungen<br />

(Wartung der IT- und der Kommunikationsinfrastruktur, Büroverwaltung),<br />

die C vertragsgemäß erbracht hat.<br />

<strong>Die</strong> Entnahmen der Gesellschafter seit Gründung der Gesellschaft belaufen<br />

sich bei A auf 40.000, bei B auf 70.000 und bei C auf 5.000.<br />

Im Monat 2 werden die Sachwerte der Gesellschaft versilbert (Einnahmen<br />

70.000) und aus den Erlösen die fälligen und unstreitigen Verbindlichkeiten<br />

beglichen. B steuert die das Gesellschaftsvermögen übersteigenden Beträge<br />

aus seinem Privatvermögen bei.<br />

Im Monat 3 werden die restlichen Vermögensgegenstände der Gesellschaft<br />

in Geld umgesetzt. <strong>Die</strong> immateriellen Geschäftswerte erzielen dabei Einnahmen<br />

von 150.000, die Honorarforderungen können in Höhe von 40.000<br />

verwirklicht werden. Zugleich stellt sich heraus, dass von den noch nicht<br />

fälligen bzw. streitigen Verbindlichkeiten nur Ansprüche in Höhe von insgesamt<br />

10.000 berechtigt sind; die restlichen Verbindlichkeiten erweisen<br />

sich als nichtbestehend.<br />

Im Monat 4 entnehmen die Gesellschafter A und B im Wege der Vorabentnahme<br />

insgesamt 180.000 aus dem verbleibenden Gesellschaftsvermögen.<br />

In Monat 5 werden die restlichen Verbindlichkeiten befriedigt und das verbleibende<br />

Gesellschaftsvermögen unter den Gesellschaftern verteilt.<br />

153


I. Zeitpunkt der Auflösung (Monat 1)<br />

1. Das Liquiditätskonto<br />

Erstellt man das Liquiditätskonto der ABC Rechtsanwälte-Gesellschaft im Zeitpunkt<br />

der Auflösung (Monat 1) <strong>nach</strong> den hier beschriebenen Grundsätzen, d.h. bezieht man<br />

nur die zum jeweiligen Zeitpunkt bereits versilberten bzw. ausschüttungsfähigen Vermögensgegenstände<br />

und die tatsächlichen oder potentiell bestehenden Verbindlichkeiten<br />

in die Rechnung mit ein, so stellt sich das Liquiditätskonto der Gesellschaft zum<br />

Auflösungszeitpunkt wie folgt dar:<br />

Liquiditätskonto zum Auflösungsstichtag:<br />

[Unternehmenswert 438 0]<br />

[Sachwerte 0]<br />

[Honorarforderungen 0]<br />

Bankguthaben 2.000<br />

Verbindlichkeiten fällig/unstreitig -90.000<br />

Verbindlichkeiten nicht fällig/streitig -30.000<br />

Liquiditätssaldo -118.000<br />

2. <strong>Die</strong> Gesellschafterkonten<br />

<strong>Die</strong> einheitlichen Gesellschafterkonten der Gesellschafter A, B und C stellen sich im<br />

Auflösungszeitpunkt wie folgt dar:<br />

438 Da bislang noch keine Vermögensgegenstände der Gesellschaft versilbert wurden, sind Unternehmenswert,<br />

Sachwerte und Honorarforderungen nicht mit den geschätzten Verkehrswerten oder dem<br />

Forderungsnennwert, sondern gar nicht bzw. lediglich mit dem Erinnerungswert Null anzusetzen.<br />

154


Gesellschafterkonto A:<br />

Mietanspruch 4.000<br />

Bareinlage 10.000<br />

Sacheinlage 190.000<br />

Entnahmen -40.000<br />

Saldo 164.000<br />

Gesellschafterkonto B:<br />

Nicht entnommener Gewinn 2.000<br />

Sacheinlage 50.000<br />

[Offene Einlageforderung 439 0]<br />

Entnahmen -70.000<br />

Saldo -18.000<br />

Gesellschafterkonto C:<br />

Zahlung Gesellschaftsverbindlichkeit 1.000<br />

[Einlagen 440 0]<br />

Entnahmen -5.000<br />

Saldo -4.000<br />

Summe Kontensalden A, B, C 142.000<br />

3. Das Restvermögen<br />

<strong>Die</strong> Gesellschafterkontensalden aller Gesellschafter sind aus dem verteilbaren Gesellschaftsvermögen<br />

zu begleichen, das <strong>nach</strong> Befriedigung aller Verbindlichkeiten gegen<br />

über Dritten, also Nichtgesellschaftern (§ 733 Abs. 1 BGB), verbleibt (Liquiditätssal-<br />

439 Posten in eckigen Klammern kennzeichnen Merkposten. Noch nicht geleistete Einlagen sind ab Auflösung<br />

nicht mehr geschuldet, da sie ohnehin <strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB sofort wieder zurückgefordert<br />

werden könnten. Sie sind daher im Gesellschafterkonto gar nicht bzw. mit dem Erinnerungswert Null<br />

anzusetzen.<br />

440 Einlagen, die in <strong>Die</strong>nstleistungen oder Gebrauchsüberlassungen erbracht wurden, sind gemäß § 733<br />

Abs. 2 Satz 3 BGB nicht ersatzfähig. Sie tauchen damit im Gesellschafterkonto <strong>des</strong> leistenden Gesellschafters<br />

nicht auf, weder als Guthabens- noch als Abzugsposten.<br />

155


do). <strong>Die</strong> Summe der Gesellschafterkontensalden ist daher vom Liquiditätssaldo zu subtrahieren.<br />

Der so erhaltene Betrag von -118.000 ./. 142.000 = -260.000 bezeichnet das<br />

Restvermögen, das <strong>nach</strong> Befriedigung aller Verbindlichkeiten im Innen- und Außenverhältnis<br />

verbleibt. Da das verteilbare Gesellschaftsvermögen derzeit noch nicht für eine<br />

Befriedigung aller Verbindlichkeiten ausreicht, ist das Restvermögen negativ.<br />

4. Quotale Verteilung <strong>des</strong> Restvermögens auf die Gesellschafter<br />

Das negative Restvermögen von -260.000 ist von allen Gesellschaftern <strong>nach</strong> § 735 BGB<br />

anteilig gemäß ihrer Verlustbeteiligung zu tragen:<br />

Quotale Verteilung <strong>nach</strong> § 735 BGB:<br />

Anteil A 55% -143.000<br />

Anteil B 40% -104.000<br />

Anteil C 5% -13.000<br />

Summe -260.000<br />

5. <strong>Die</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben im Zeitpunkt der Auflösung<br />

<strong>Die</strong>se Verlustanteile sind nun wiederum mit den Salden der einzelnen Gesellschafterkonten<br />

zu verrechnen, da jeder Gesellschafter zusätzlich zu seinem Gesellschaftersaldo<br />

den ihm zustehenden Anteil am Restvermögen beanspruchen kann bzw. zu tragen hat.<br />

Da die Vermögensversilberung noch nicht abgeschlossen ist und daher nicht sicher ist,<br />

ob die für das Gesellschaftsvermögen angesetzten Nullwerte sich noch <strong>nach</strong>träglich<br />

positiv verändern, ist der so ermittelte Gesamtsaldo lediglich vorläufig.<br />

156


Gesamtsaldo A:<br />

Saldo Gesellschafterkonto 164.000<br />

Anteil Restvermögen -143.000<br />

Summe (<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben) 21.000<br />

Gesamtsaldo B:<br />

Saldo Gesellschafterkonto -18.000<br />

Anteil Restvermögen -104.000<br />

Summe (Nachschusspflicht) -122.000<br />

Gesamtsaldo C:<br />

Saldo Gesellschafterkonto -4.000<br />

Anteil Restvermögen -13.000<br />

Summe (Nachschusspflicht) -17.000<br />

Bereits zum Zeitpunkt der Auflösung (Monat 1), d.h. unter Ausklammerung möglicher<br />

zukünftiger Verwertungserlöse <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB, aber unter Berücksichtigung<br />

aller bislang bekannten (potentiellen) Verbindlichkeiten und Ausfälle <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1<br />

BGB, weist der vorläufige Gesamtsaldo <strong>des</strong> Gesellschafters A einen Positivbetrag von<br />

21.000 aus. <strong>Die</strong>s bedeutet, dass A diesen Betrag in jedem Fall als Min<strong>des</strong>tbetrag seines<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens ungeachtet <strong>des</strong>sen fordern kann, wie sich die weitere<br />

Abwicklung der Gesellschaft gestaltet.<br />

Der Betrag <strong>des</strong> bereits zum Auflösungszeitpunkt liquide vorhandenen <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

beträgt derzeit jedoch nur 2.000 (Bankguthaben). Da Drittgläubiger der Gesellschaft<br />

<strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 BGB vorrangig befriedigt werden müssen, ist dieses Bankguthaben<br />

nicht an A, sondern an die Gläubiger der Gesellschaft auszuschütten. A kann<br />

sich auch nicht darauf berufen, dass er selbst eine Drittgläubigerforderung gegen die<br />

Gesellschaft in Höhe von 4.000 (Mietforderung) hat; diese findet lediglich Eingang in<br />

den Saldo seines Gesellschafterkontos.<br />

157


II.<br />

Versilberung der Sachwerte und Befriedigung der Verbindlichkeiten (Monat<br />

2)<br />

1. <strong>Die</strong> Entwicklung <strong>des</strong> Liquiditätskontos<br />

a) Nach Versilberung der Sachwerte, aber vor Schuldenbefriedigung<br />

Mit fortlaufender Versilberung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> verändert sich der Betrag<br />

<strong>des</strong> verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>. Laut Sachverhalt werden im Monat 2 die vollständigen<br />

Sachvermögenswerte der Gesellschaft versilbert und hieraus Einnahmen in<br />

Höhe von 70.000 generiert. <strong>Die</strong>ser Erlös wird vollständig dazu verwendet, die fälligen<br />

und unstreitigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu begleichen. B steuert die das<br />

Gesellschaftsvermögen übersteigenden Beträge aus seinem Privatvermögen bei. <strong>Die</strong>s ist<br />

in Liquiditäts- und Gesellschafterkonten wie folgt abzubilden:<br />

Nach Versilberung der Sachwerte hat sich der Posten „Bankguthaben“ <strong>des</strong> Liquiditätskontos<br />

um den Betrag <strong>des</strong> im Monat 2 eingehenden Verwertungserlöses von 70.000 auf<br />

72.000 erhöht (der vertraglich vereinbarte Kaufpreis von 80.000 konnte nicht erzielt<br />

werden und bleibt daher ebenso wie der geschätzte Verkehrswert von 85.000 außer Betracht),<br />

der korrespondierende Merkposten „Sachwerte“ war ersatzlos aus dem Liquiditätskonto<br />

zu streichen.<br />

Liquiditätskonto <strong>nach</strong> Versilberung der Sachwerte:<br />

[Unternehmenswert 0]<br />

[Honorarforderungen 0]<br />

Bankguthaben 72.000<br />

Verbindlichkeiten fällig/unstreitig -90.000<br />

Verbindlichkeiten nicht fällig/streitig -30.000<br />

Liquiditätssaldo -48.000<br />

<strong>Die</strong> Gesellschafterkonten und deren Salden werden durch die Versilberung der Sachwerte<br />

nicht berührt; Erfolg oder Misserfolg der Vermögensverwertung wirken sich nur<br />

auf den Liquiditätssaldo sowie auf das Restvermögen aus.<br />

158


) Nach Schuldenbefriedigung<br />

<strong>Die</strong> fälligen und unstreitigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft (90.000) wurden aus<br />

dem bereits jetzt in der Kasse vorhandenen verteilbaren Gesellschaftsvermögen (Bankguthaben)<br />

von 72.000 befriedigt, Gesellschafter B hat den fehlenden Restbetrag von<br />

90.000 ./. 72.000 = 18.000 laut Sachverhalt aus seinem Privatvermögen beigesteuert.<br />

Das Liquiditätskonto der Gesellschaft sieht also <strong>nach</strong> Befriedigung der fälligen und unstreitigen<br />

Verbindlichkeiten wie folgt aus 441 :<br />

Liquiditätskonto <strong>nach</strong> Versilberung der Sachwerte und Begleichung der Verbindlichkeiten<br />

442 :<br />

[Unternehmenswert 0]<br />

[Honorarforderungen 0]<br />

Bankguthaben 0<br />

Verbindlichkeiten fällig/unstreitig 0<br />

Verbindlichkeiten nicht fällig/streitig -30.000<br />

Liquiditätssaldo -30.000<br />

441<br />

Änderungen gegenüber dem vorherigen Stand sind kursiv markiert.<br />

442 Ausführlich geschrieben sähe das Liquiditätskonto wie folgt aus:<br />

Liquiditätskonto <strong>nach</strong> Versilberung der Sachwerte und Begleichung der Verbindlichkeiten:<br />

[Unternehmenswert 0]<br />

[Honorarforderung 0]<br />

Bankguthaben 72.000<br />

Beitrag B zur Schuldenbefriedigung 18.000<br />

Verbindlichkeiten fällig/unstreitig -90.000<br />

Verbindlichkeiten nicht fällig/streitig -30.000<br />

Liquiditätssaldo -30.000<br />

159


Infolge der Ausschüttung <strong>des</strong> Bankguthabens von 72.000 an die Gläubiger fiel der Posten<br />

„Bankguthaben“ auf den Stand Null, die unstreitigen bzw. fälligen Verbindlichkeiten<br />

waren wegen vollständiger Befriedigung auszubuchen bzw. erscheinen nur noch mit<br />

dem Erinnerungswert Null im Liquiditätskonto.<br />

2. <strong>Die</strong> Behandlung der Zahlung <strong>des</strong> B<br />

B hat laut Sachverhalt den eigentlich quotal auf alle Gesellschafter aufzuteilenden<br />

(§ 735 BGB) Fehlbetrag, also 90.000 ./. 72.000 = 18.000, in voller Höhe alleine aus<br />

seinem Privatvermögen geleistet, um sein negatives <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben abzubauen.<br />

Da er aus seinem Privatvermögen eine Forderung der Gesellschaft begleicht,<br />

ist ihm diese Einlage daher wie eine Einlage zum Nennwert auf sein Gesellschafterkonto<br />

zu buchen und geht in <strong>des</strong>sen Saldo auf.<br />

Infolge der Zahlung <strong>des</strong> B verändert sich sein Gesellschafterkonto also wie folgt (die<br />

Kontensalden der übrigen Gesellschafter betragen unverändert 164.000 für A, -4.000 für<br />

C):<br />

Gesellschafterkonto B:<br />

Nicht entnommener Gewinn 2.000<br />

Sacheinlage 50.000<br />

Beitrag Schuldenbefriedigung 18.000<br />

Entnahmen -70.000<br />

Saldo 0<br />

<strong>Die</strong>ser Saldo ist aber nicht ausschlaggebend für das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben bzw.<br />

die Nachschusspflicht <strong>des</strong> B, da ihm zusätzlich sein quotaler Anteil am Restvermögen<br />

zugeschlagen wird. Das Restvermögen ermittelt sich durch Subtraktion der Summe aller<br />

Gesellschafterkontensalden (164.000 (A) + 0 (B) + (-4.000) (C) = 160.000) <strong>nach</strong> § 733<br />

Abs. 2 BGB vom Liquiditätssaldo (-30.000): -30.000 ./. 160.000 = -190.000. Das Restvermögen<br />

von -190.000 verteilt sich anhand der Verlustquoten wie folgt auf die Gesellschafter:<br />

160


Quotale Verteilung <strong>nach</strong> § 735 BGB:<br />

Anteil A 55% -104.500<br />

Anteil B 40% -76.000<br />

Anteil C 5% -9.500<br />

Summe -190.000<br />

Verrechnet man die quotalen Anteile am Restvermögen mit den jeweiligen Gesellschafterkontensalden,<br />

so ergeben sich folgende vorläufige <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

bzw. Nachschusspflichten (Gesamtsalden):<br />

Gesamtsaldo A:<br />

Saldo Gesellschafterkonto 164.000<br />

Anteil Restvermögen -104.500<br />

Summe (<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben) 59.500<br />

Gesamtsaldo B:<br />

Saldo Gesellschafterkonto 0<br />

Anteil Restvermögen -76.000<br />

Summe (Nachschusspflicht) -76.000<br />

Gesamtsaldo C:<br />

Saldo Gesellschafterkonto -4.000<br />

Anteil Restvermögen -9.500<br />

Summe (Nachschusspflicht) -13.500<br />

<strong>Die</strong> jeweiligen Summen bilden die <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben bzw. Nachschusspflichten<br />

der Gesellschafter. A kann da<strong>nach</strong> ein <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben von<br />

59.000 beanspruchen, während hingegen B und C in Höhe von 76.000 bzw. 13.000<br />

<strong>nach</strong>schussverpflichtet sind (§ 735 BGB).<br />

161


III.<br />

Versilberung <strong>des</strong> restlichen <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> und Auflösung der Zurückbehalte<br />

(Monat 3)<br />

1. Das Liquiditätskonto<br />

Im Monat 3 werden laut Sachverhalt die restlichen noch verbliebenen Vermögensgegenstände<br />

der Gesellschaft in Geld umgesetzt. <strong>Die</strong> immateriellen Geschäftswerte erzielen<br />

dabei Einnahmen von 150.000, die Honorarforderungen können in Höhe von 40.000<br />

verwirklicht werden. Zugleich stellt sich heraus, dass von den noch nicht fälligen bzw.<br />

streitigen Verbindlichkeiten nur Ansprüche in Höhe von insgesamt 10.000 berechtigt<br />

sind; die restlichen Verbindlichkeiten erweisen sich als nichtbestehend. <strong>Die</strong>s wirkt sich<br />

auf das Liquiditätskonto der Gesellschaft sowie auf die Gesellschafterkonten wie folgt<br />

aus: Nach Versilberung aller verbliebenen Vermögensgegenstände (Unternehmenswert,<br />

Honorarforderungen) und Verbuchung der hierfür eingegangenen Verwertungserlöse<br />

beträgt das Bankguthaben der Gesellschaft 190.000 (150.000 Unternehmenswert +<br />

40.000 Honorarforderungen 443 ).<br />

Zugleich stellt sich heraus, dass von den noch nicht fälligen bzw. streitigen Verbindlichkeiten<br />

nur Ansprüche in Höhe von insgesamt 10.000 berechtigt sind; die restlichen<br />

Verbindlichkeiten erweisen sich als nichtbestehend. <strong>Die</strong>s ist entsprechend auf dem Liquiditätskonto<br />

abzubilden, indem der Buchungsposten „Verbindlichkeiten streitig/nicht<br />

fällig“, d.h. die Zurückbehalte, in Höhe von vormals 30.000 auf Null gestellt wird und<br />

die sich als tatsächlich bestehend erwiesenen Verbindlichkeiten in Höhe von 10.000<br />

dem Posten „Verbindlichkeiten unstreitig/fällig“ zugeschrieben werden. Das verteilbare<br />

Gesellschaftsvermögen erhöht sich dadurch per Saldo um 20.000, da diese zuvor für<br />

den Zurückbehalt aufgewendeten Geldbeträge wieder für das Verteilungsverfahren zur<br />

Verfügung stehen. Damit ergibt sich im Monat 3 also folgender Stand <strong>des</strong> Liquiditätskontos:<br />

443 Wie bereits erläutert, kommt es nicht darauf an, welche geschätzten Verkehrswerte diese Gegenstände<br />

eigentlich hätten erzielen können oder welcher Kaufpreis mit dem Erwerber vertraglich vereinbart<br />

worden ist. Verteilt werden kann nur das, was auch tatsächlich eingenommen worden ist, egal, ob die<br />

tatsächliche Einnahme nun über oder unter dem geschätzten Marktwert oder dem Vertragspreis liegt.<br />

162


Liquiditätskonto <strong>nach</strong> vollständiger Versilberung und Auflösung der Zurückbehalte<br />

444 :<br />

Bankguthaben 190.000<br />

Verbindlichkeiten fällig/unstreitig -10.000<br />

Liquiditätssaldo 180.000<br />

2. <strong>Die</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

<strong>Die</strong> Versilberung der Gegenstände und Auflösung der Zurückbehalte wirkt sich auf die<br />

Gesellschafterkonten nicht aus. <strong>Die</strong> Summe aller Gesellschafterkontensalden beträgt<br />

daher unverändert 160.000 (164.000 + 0 + (-4.000) = 160.000). Infolge der vorteilhaften<br />

Versilberung übersteigt der Saldo <strong>des</strong> Liquiditätskonto von 180.000 die Summe aller<br />

Gesellschafterkontensalden von 160.000 jedoch erstmals um 20.000. Damit liegt erstmals<br />

ein positives Restvermögen, d.h. ein Überschuss <strong>nach</strong> § 734 BGB in Höhe von<br />

20.000 vor; es kommt somit erstmals die Gewinnquote der Gesellschafter als Verteilungsmaßstab<br />

für das Restvermögen zur Anwendung:<br />

444<br />

Ausführlich geschrieben ergibt sich folgende Veränderung:<br />

Liquiditätskonto <strong>nach</strong> vollständiger Versilberung und Auflösung der Zurückbehalte:<br />

Bankguthaben 190.000<br />

Verbindlichkeiten fällig/unstreitig -10.000<br />

Verbindlichkeiten nicht fällig/streitig -30.000<br />

Liquiditätssaldo 180.000<br />

163


Quotale Verteilung <strong>nach</strong> § 734 BGB:<br />

Anteil A 60% 12.000<br />

Anteil B 30% 6.000<br />

Anteil C 10% 2.000<br />

Summe 20.000<br />

Daraus ergeben sich folgende <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben der Gesellschafter:<br />

Gesamtsaldo A:<br />

Saldo Gesellschafterkonto 164.000<br />

Anteil Restvermögen 12.000<br />

Summe (<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben) 176.000<br />

Gesamtsaldo B:<br />

Saldo Gesellschafterkonto 0<br />

Anteil Restvermögen 6.000<br />

Summe (<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben) 6.000<br />

Gesamtsaldo C:<br />

Saldo Gesellschafterkonto -4.000<br />

Anteil Restvermögen 2.000<br />

Summe (Nachschusspflicht) -2.000<br />

<strong>Die</strong> vorteilhafte Verwertung <strong>des</strong> verbleibenden <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> hat zudem dazu<br />

geführt, dass sich die Nachschusspflicht <strong>des</strong> Gesellschafters B, die im Monat 2 noch<br />

76.000 betragen hat, nunmehr in ein positives <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben von 6.000<br />

verwandelt hat.<br />

164


IV. Zeitpunkt der Vorabentnahme (Monat 4)<br />

1. Positiver Liquiditätssaldo als vorab ausschüttungsfähiges Vermögen (§ 155<br />

Abs. 2 Satz 1 HGB analog)<br />

Der Liquiditätssaldo von 180.000 wird, da alle auch nur potentiell bestehenden Verbindlichkeiten<br />

der Gesellschaft gegenüber Dritten tatsächlich befriedigt oder jedenfalls<br />

rechnerisch vom verteilbaren Gesellschaftsvermögen abgezogen worden sind, für die<br />

Zwecke der Abwicklung nicht mehr benötigt im Sinne <strong>des</strong> § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB<br />

analog 445 . Er kann daher von den Gesellschaftern, die zu diesem Zeitpunkt über ein positives<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben verfügen (d.h. hier: A und B), in voller Höhe vorab<br />

bis zum Maximalbetrag ihres jeweiligen <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens unter Anrechnung<br />

auf ihren Gesamtanspruch entnommen werden.<br />

<strong>Die</strong> Verteilung <strong>des</strong> Liquiditätssaldos auf mehrere Gesellschafter richtet sich dabei <strong>nach</strong><br />

dem Verhältnis ihrer positiven <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben zueinander. Für A und B<br />

gilt vorliegend also das Verhältnis 176:6. Im vorliegenden Fall entfallen also auf A<br />

176/182 <strong>des</strong> Liquiditätssaldos von 180.000, also 174.066. B könnte <strong>nach</strong> seiner Quote<br />

die restlichen 6/182, also 5.934 entnehmen.<br />

2. <strong>Die</strong> Kontenentwicklung <strong>nach</strong> Vorabausschüttung (§ 155 Abs. 2 Satz 1 HGB<br />

analog)<br />

Haben A und B das Restvermögen also <strong>nach</strong> diesem Verhältnis entnommen, so ist dies<br />

in der Kontenführung dergestalt abzubilden, dass 180.000 aus dem Bankguthaben der<br />

Gesellschaft ausgebucht und jedem entnehmenden Gesellschafter in Höhe <strong>des</strong> an ihn<br />

ausgeschütteten Betrags eine Entnahme auf sein Gesellschafterkonto gebucht wird:<br />

445 Zwar sind aus dem Liquiditätssaldo an sich noch die (positiven) Gesellschafterkontensalden aller<br />

Gesellschafter zu befriedigen, so dass auf den ersten Blick nicht der Liquiditätssaldo, sondern das positive<br />

Restvermögen (Überschuss <strong>nach</strong> § 734 BGB) „nicht mehr benötigt wird“ im Sinne <strong>des</strong> § 155<br />

Abs. 2 Satz 1 HGB analog. Es können aber ohnehin nur diejenigen Gesellschafter einen Anspruch auf<br />

Vorabentnahme geltend machen, die ein positives <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben aufweisen. § 155<br />

Abs. 2 Satz 1 HGB analog ist also so zu lesen, dass das „während der Liquidation entbehrliche Geld“<br />

das während der Liquidation für die Ausschüttung an Nichtgesellschafter entbehrliche Geld“ meint.<br />

165


Liquiditätskonto <strong>nach</strong> Vorabentnahme (§ 155 Abs. 2 Satz 1 HGB analog) 446 :<br />

Bankguthaben 10.000<br />

Verbindlichkeiten fällig/unstreitig -10.000<br />

Liquiditätssaldo 0<br />

<strong>Die</strong> Vorabentnahme stellt sich in den Gesellschafterkonten wie folgt dar 447 :<br />

446 Ausführlich dargestellt:<br />

Liquiditätskonto <strong>nach</strong> Vorabentnahme<br />

(§ 155 Abs. 2 Satz 1 HGB analog):<br />

Bankguthaben (alt) 190.000<br />

Entnahme A und B -180.000<br />

Bankguthaben (neu) 10.000<br />

Verbindlichkeiten fällig/unstreitig -10.000<br />

Liquiditätssaldo 0<br />

447 Merkposten von Null werden außer Acht gelassen.<br />

166


Gesellschafterkonto A:<br />

Mietanspruch 4.000<br />

Bareinlage 10.000<br />

Sacheinlage 190.000<br />

Entnahmen -40.000<br />

Vorabentnahme -174.066<br />

Saldo -10.066<br />

Gesellschafterkonto B:<br />

Nicht entnommener Gewinn 2.000<br />

Sacheinlage 50.000<br />

Beitrag Schuldenbefriedigung 18.000<br />

Entnahmen -70.000<br />

Vorabentnahme -5.934<br />

Saldo -5.934<br />

Gesellschafterkonto C:<br />

Zahlung auf Gesellschaftsverbindlichkeit 1.000<br />

Entnahmen -5.000<br />

Saldo -4.000<br />

Summe Kontensalden A, B, C -20.000<br />

Der Restvermögen hat sich der Höhe <strong>nach</strong> durch die Vorabentnahme nicht verändert,<br />

sondern beträgt immer noch Liquiditätssaldo ./. Summe der Gesellschafterkonten, also 0<br />

./. -20.000 = 20.000; auch die quotale Verteilung <strong>des</strong> Restvermögens auf die Gesellschafter<br />

bleibt gleich: Auch <strong>nach</strong> der Vorabentnahme entfallen auf A 12.000, auf B<br />

6.000 und auf C 2.000. Damit berechnen sich die <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben infolge<br />

der Vorabentnahme wie folgt:<br />

167


Gesamtsaldo A:<br />

Saldo Gesellschafterkonto -10.066<br />

Anteil Restvermögen 12.000<br />

Summe (<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben) 1.934<br />

Gesamtsaldo B:<br />

Saldo Gesellschafterkonto -5.934<br />

Anteil Restvermögen 6.000<br />

Summe (<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben) 66<br />

Gesamtsaldo C:<br />

Saldo Gesellschafterkonto -4.000<br />

Anteil Restvermögen 2.000<br />

Summe (Nachschusspflicht) -2.000<br />

<strong>Die</strong> Gesamtsalden von A und B haben sich also rechnerisch jeweils um den Betrag ihrer<br />

Vorabentnahme vermindert. A hat einen verbleibenden Guthabensanspruch von 1.934,<br />

B von 66, C ist in Höhe von 2.000 <strong>nach</strong>schussverpflichtet. A und B können ihren Guthabensanspruch<br />

zur Abkürzung der Zahlungswege jeweils direkt gegen C geltend machen.<br />

Eine Entnahme von weiteren 2.000 aus dem Bankguthaben der Gesellschaft, das<br />

noch 10.000 beträgt, ist dagegen nicht möglich, da dieses Geld <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 BGB<br />

vorrangig zur Schuldenbefriedigung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern zu verwenden<br />

ist.<br />

V. Schlussverteilung <strong>des</strong> restlichen <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> (Monat 5)<br />

Im Monat 5 werden die verbleibenden Verbindlichkeiten in Höhe von 10.000 aus dem<br />

Bankguthaben der Gesellschaft befriedigt, die Posten „Bankguthaben“ und „Verbindlichkeiten<br />

unstreitig/fällig“ reduzieren sich dadurch beide auf Null. Das Liquiditätskonto<br />

ist damit insgesamt ausgeglichen (Saldo Null). <strong>Die</strong> Gesellschafterkonten und damit<br />

die Gesamtsalden der Gesellschafter verändern sich hierdurch nicht.<br />

Zahlt C den Betrag seiner Nachschussverpflichtung von 2.000 an A und B (jeweils in<br />

Höhe ihrer jeweiligen <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben), so leistet er eine Einlage in das<br />

Gesellschaftsvermögen in gleicher Höhe: Er befriedigt gleichsam die Verbindlichkeit<br />

168


der Gesellschaft gegenüber A und B auf Auszahlung der jeweiligen <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

aus eigener Tasche, jedoch für Rechnung der Gesellschaft. <strong>Die</strong>se Befreiung<br />

der Gesellschaft von einer Verbindlichkeit ist ihm als Einlage auf sein Gesellschafterkonto<br />

zu buchen und mit seinen übrigen Ansprüchen und Verbindlichkeiten zu<br />

verrechnen. Sein Gesellschafterkonto sieht damit wie folgt aus:<br />

Gesellschafterkonto C:<br />

Zahlung auf Gesellschaftsverbindlichkeit 1.000<br />

Nachschussleistung (§ 735 BGB) 2.000<br />

Entnahmen -5.000<br />

Saldo -2.000<br />

Verrechnet mit seinem rechnerischen Anteil am Gesellschaftsvermögen ergibt sich folgender<br />

Gesamtsaldo:<br />

Gesamtsaldo C:<br />

Saldo Gesellschafterkonto -2.000<br />

Anteil Restvermögen 2.000<br />

Summe 0<br />

Für A und B wiederum ist die Zahlung <strong>des</strong> C auf deren Gesamtsaldo anzurechnen (Buchung<br />

als Entnahme im Gesellschafterkonto). Damit betragen auch die Gesamtsalden<br />

von A und B jeweils Null. (Erst) in diesem Zeitpunkt ist die Gesellschaft vollbeendet.<br />

VI.<br />

Ergebnis: Entwicklung der <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben seit Auflösung<br />

Betrachtet man die Entwicklung der <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben (Gesamtsalden) seit<br />

dem Auflösungsstichtag, so zeigt sich folgen<strong>des</strong> Ergebnis:<br />

169


A B C<br />

Monat 1 (Auflösung) 21.000 -122.000 -17.000<br />

Monat 2 59.500 -76.000 -13.500<br />

Monat 3 (vor Vorabentnahme) 176.000 6.000 -2.000<br />

Monat 4 (<strong>nach</strong> Vorabentnahme) 1.934 66 -2.000<br />

Es zeigt sich, dass alle Gesamtsalden stets angestiegen sind, solange noch zu versilbern<strong>des</strong><br />

Gesellschaftsvermögen und noch nicht aufgelöste Zurückbehalte vorhanden<br />

waren. Der Gesamtsaldo <strong>des</strong> B ist sogar von negativ (Nachschusspflicht) auf positiv<br />

(<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben) umgeschlagen. Erst <strong>nach</strong>dem alle Vermögensgegenstände<br />

versilbert und alle Zurückbehalte aufgelöst worden sind, haben sich die Gesamtsalden<br />

da<strong>nach</strong> nur noch durch die Vorabentnahmen verändert.<br />

7. Kapitel Entstehung, Fälligkeit und Durchsetzung der Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

§ 20 Der Anspruch auf Durchführung der <strong>Auseinandersetzung</strong> - Durchsetzung<br />

I. Problemaufriss und Meinungsstand<br />

<strong>Die</strong> unter allen Beteiligten friedlich und im Konsens stattfindende Abwicklung ist in der<br />

Praxis eher selten. Statt<strong>des</strong>sen führt die Auflösung der Gesellschaft und die Ermittlung<br />

und Einforderung der gegenseitigen Ansprüche oftmals dazu, dass sich die Gesellschafter<br />

binnen kurzer Zeit hoffnungslos zerstreiten und durch gegenseitige Blockade ein<br />

einvernehmliches Handeln unmöglich geworden ist. Da aber mangels anderweitiger<br />

Regelung im Gesellschaftsvertrag <strong>nach</strong> § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB die Gesellschafter mit<br />

Auflösung nur noch gemeinsam vertretungsbefugt sind, kann ein Gesellschafter nicht<br />

ohne Mitwirkung der Übrigen die <strong>Auseinandersetzung</strong> betreiben. Ein dem Notverwaltungsrecht<br />

bei der Erbengemeinschaft (§ 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB) vergleichbares Alleinhandlungsrecht<br />

gibt es bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht. Können sich<br />

die Gesellschafter also nicht auf eine gemeinsame Vorgehensweise einigen oder ist ei-<br />

170


ner der Gesellschafter, <strong>des</strong>sen Mitwirkung wegen § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich<br />

ist, z.B. unbekannt verzogen oder sonst nicht erreichbar, so kann die <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

nicht weiter betrieben werden. Es fragt sich daher, welche Mittel und Wege es für<br />

einen handlungswilligen Gesellschafter gibt, die <strong>Auseinandersetzung</strong> der Gesellschaft<br />

notfalls gegen den Willen der übrigen Gesellschafter im Klagewege durchzusetzen.<br />

Nach herrschender Meinung soll ein geschäftsführender Gesellschafter, der aufgrund<br />

einer entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Regelung in der Lage ist, allein die<br />

Vermögensauseinandersetzung zu bewirken, klageweise Zustimmung zu einem gesellschaftsvertraglich<br />

festgelegten oder von ihm erstellten <strong>Auseinandersetzung</strong>splan verlangen<br />

können, wobei das rechtskräftige Urteil die Zustimmung der übrigen Gesellschafter<br />

<strong>nach</strong> § 894 ZPO ersetzen soll 448 . <strong>Die</strong> Ansicht, die eine <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz für<br />

erforderlich hält, gewährt dem einzelnen Gesellschafter zusätzlich einen einklagbaren<br />

Anspruch auf Zustimmung seiner Mitgesellschafter zur <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz 449 .<br />

Sieht der Gesellschaftsvertrag keine anderweitige Regelung vor, so erfolgt die <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

<strong>nach</strong> der gesetzlichen Regelung <strong>des</strong> BGB durch alle Gesellschafter gemeinsam<br />

(§ 730 BGB). Da<strong>nach</strong> ist ein einzelner Gesellschafter nicht alleinvertretungsbefugt<br />

und kann die Vermögensverteilung nicht alleine durchführen. Jeder von ihnen<br />

soll daher seinen Anspruch auf Mitwirkung, also auf Beteiligung an der Aufstellung der<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung durch Klage auf <strong>Auseinandersetzung</strong> bzw. auf Vornahme<br />

von oder Mitwirkung an bestimmten <strong>Auseinandersetzung</strong>shandlungen gegen alle<br />

Mitgesellschafter als notwendige Streitgenossen durchsetzen müssen 450 . <strong>Die</strong> herrschende<br />

Meinung gesteht jedoch ein, dass das stattgebende Urteil auf Mitwirkung bzw. Vornahme<br />

einzelner <strong>Auseinandersetzung</strong>shandlungen allerdings nur die Verpflichtung zur<br />

Mitwirkung an den geforderten <strong>Auseinandersetzung</strong>shandlungen aussprechen, diese<br />

aber nicht selbst vornehmen kann 451 . <strong>Die</strong> Vollstreckung erfolgt da<strong>nach</strong> <strong>nach</strong> § 887 ZPO<br />

durch Ersatzvornahme bei vertretbaren Handlungen bzw. durch Zwangsgeld oder<br />

Zwangshaft <strong>nach</strong> § 888 ZPO bei unvertretbaren Handlungen.<br />

448 Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 4.<br />

449 Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 4.<br />

450 Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 4. Ausführlich hierzu Musielak/Weth ZPO § 62 Rn. 11.<br />

451 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 730 Rn. 18.<br />

171


II.<br />

Stellungnahme<br />

1. Klage auf Zustimmung zu <strong>Auseinandersetzung</strong>splan überflüssig<br />

Für die gerichtliche Durchsetzung seiner Ansprüche geben Rechtsprechung und Literatur<br />

dem Abwicklungsgesellschafter keine in der Praxis ohne weiteres verwertbaren<br />

Handlungsanweisungen. Soweit die Thematik in den gängigen Kommentierungen überhaupt<br />

angesprochen wird, tragen die Ausführungen eher zur Verunsicherung bei. Welchen<br />

prozessualen oder materiellen Nutzen eine Klage auf Zustimmung zu einem bestimmten<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>splan für den Gesellschafter haben soll, erschließt sich<br />

nicht.<br />

Zunächst wird, soweit ersichtlich, von keinem Befürworter dieses Vorschlages erläutert,<br />

wie ein solcher <strong>Auseinandersetzung</strong>splan überhaupt aussehen soll. Eine typische Gesellschaft<br />

hat bei Auflösung Außenstände (Forderungen) gegen diverse Gläubiger,<br />

Bankschulden, muss Miete, Löhne und Gehälter zahlen, Steuern erklären und abführen,<br />

sie hat Anlagevermögen (z.B. Fahrzeuge, Büroeinrichtung, EDV), außerdem weisen die<br />

Gesellschafterkonten Einlagen, Entnahmen, ggf. Überentnahmen oder stehen gelassene<br />

Gewinne aus. Einzelne Gesellschafter haben Einlagen geleistet, deren Wert ungeklärt<br />

oder aufklärungsbedürftig ist (z.B. der Name <strong>des</strong> Unternehmens) etc. Hier fragt sich,<br />

wie der <strong>Auseinandersetzung</strong>splan einer solchen Gesellschaft aussehen und wie der Klageantrag<br />

lauten soll: Muss der Klageantrag alle Einzelschritte <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>splanes<br />

enthalten, also eine Auflistung aller Maßnahmen wie z.B. Forderungseinzug,<br />

Ausgleich der Bankschulden, Kündigung der Miet- und Arbeitsverträge, Verkauf<br />

der Büroeinrichtung, der Fahrzeuge etc. enthalten? Was passiert, wenn sich während <strong>des</strong><br />

Prozesses oder <strong>nach</strong> Eintritt der Rechtskraft <strong>des</strong> Urteils herausstellt, dass einer der im<br />

Plan beschriebenen Einzelschritte rechtlich oder tatsächlich nicht umsetzbar ist, muss in<br />

diesem Fall ein erneuter Prozess angestrengt werden?<br />

Ist der klagende Gesellschafter wie <strong>nach</strong> dem gesetzlichen Regelfall <strong>des</strong> § 730 Abs. 2<br />

Satz 2 BGB nicht allein geschäftsführungs- und vertretungsbefugt 452 , so hilft ihm eine<br />

452 Der Gesamtgeschäftsführungsbefugnis <strong>nach</strong> § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB im Innenverhältnis folgt mit<br />

Eintritt der Auflösung die Gesamtvertretungsbefugnis im Außenverhältnis, Palandt/Sprau BGB § 730<br />

Rn. 3.<br />

172


erfolgreiche Klage auf Zustimmung zu einem <strong>Auseinandersetzung</strong>splan ebenfalls nicht<br />

weiter: Durch das stattgebende Gerichtsurteil wird lediglich die Zustimmung der übrigen<br />

Gesellschafter zum streitgegenständlichen <strong>Auseinandersetzung</strong>splan ersetzt, § 894<br />

ZPO, d.h. ein Gesellschafterbeschluss über eine dem Plan entsprechende Art und Weise<br />

der <strong>Auseinandersetzung</strong> fingiert. Mit Vorliegen eines solchen Beschlusses ist die <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

selbst aber noch lange nicht tatsächlich durchgeführt, der Kläger muss<br />

nun in einem zweiten Schritt seine Mitgesellschafter auf Durchführung bzw. Mitwirkung<br />

an den im soeben erstrittenen <strong>Auseinandersetzung</strong>splan bestimmten Abwicklungshandlungen<br />

verklagen. <strong>Die</strong> Umständlichkeit dieses Vorgehens liegt auf der Hand.<br />

2. Klage auf Durchführung einzelner <strong>Auseinandersetzung</strong>shandlungen unpraktikabel<br />

Auch die Klage auf Durchführung einer genau bestimmten <strong>Auseinandersetzung</strong>shandlung<br />

hilft dem Anspruchsberechtigten in der Praxis nicht weiter. Insbesondere lässt die<br />

herrschende Meinung unklar, welche Anforderungen an die Schlüssigkeit einer solchen<br />

Klage zu stellen sind. Um eine Vollstreckung zu ermöglichen, müsste jede einzelne<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>smaßnahme gesondert im Klageantrag bzw. Tenor inhaltlich genau<br />

spezifiziert werden. Der Kläger müsste also z.B. schon im Klageantrag für jeden zu versilbernden<br />

Vermögensgegenstand der Gesellschaft festlegen, zu welchem Preis, unter<br />

welchen Bedingungen und zu welchem Zeitpunkt er an welchen Käufer veräußert werden<br />

soll.<br />

Eine solche Festlegung birgt stets das Risiko, dass sich <strong>nach</strong> Rechtskraft <strong>des</strong> obsiegenden<br />

Urteils herausstellt, dass die geplante <strong>Auseinandersetzung</strong>smaßnahme nicht so wie<br />

im Tenor festgelegt durchführbar ist, weil z.B. der betreffende Vermögensgegenstand<br />

mittlerweile an Wert verloren hat, untergegangen ist oder der vorgesehene Käufer sich<br />

anderweitig entschieden hat. Zwar kann mit der herrschenden Meinung 453 eine Leistungsklage<br />

auf (gemeinsame) Aufstellung einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz auch dann<br />

für zulässig befunden werden, wenn der Klageantrag nicht festlegt, welche einzelnen<br />

Handlungen der Beklagte <strong>nach</strong> den Umständen zur Erstellung der Bilanz vorzunehmen<br />

haben wird. <strong>Die</strong> reine Bilanzerstellung kann grundsätzlich als vertretbare Handlung<br />

453 OLG Koblenz NZG 2002, 371, 371; MünchHdb GesR I/Gummert § 21 Rn. 91.<br />

173


auch einem Sachverständigen anvertraut werden, der sie anhand der Geschäftszahlen<br />

der Gesellschaft auf der Grundlage objektiv <strong>nach</strong>prüfbarer Bilanzansätze und Bilanzierungsgrundsätze<br />

zu erstellen hat. <strong>Die</strong> Vorgehensweise, dem Vollstreckungsverfahren<br />

die Konkretisierung <strong>des</strong> Urteilstenors zu überlassen, dürfte jedoch nicht mehr mit den<br />

Anforderungen an die Bestimmtheit <strong>des</strong> Klageantrags entsprechen, wenn über die Bilanzerstellung<br />

hinaus noch weitere, insbesondere unvertretbare Abwicklungshandlungen<br />

seitens der Gesellschafter im Vorfeld vorzunehmen sind.<br />

<strong>Die</strong> Umständlichkeit dieses Vorgehens sei anhand eines Beispielsfalls verdeutlicht:<br />

Fall 14:<br />

<strong>Die</strong> Gesellschafter A und B sind zu je 50% an der Gesellschaft beteiligt und<br />

verfügen beide über Einzelkontenvollmacht. Bei Auflösung befinden sich<br />

100.000 auf dem Gesellschaftskonto. B erklärt gegenüber der Bank den Widerspruch<br />

gegen die Alleinverfügungsbefugnis <strong>des</strong> A und setzt sich anschließend<br />

mit unbekanntem Aufenthaltsort ins Ausland ab. <strong>Die</strong> Bank lässt<br />

daraufhin keine Verfügungen <strong>des</strong> A über das Gesellschaftskonto mehr zu.<br />

Wie kann A sein <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben von 70.000 geltend machen?<br />

Wegen § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB haben alle Gesellschafter <strong>nach</strong> Auflösung nur gemeinsam<br />

Handlungsvollmacht für die Konten der Gesellschaft. Um der Kontensperre durch<br />

den sich verweigernden Gesellschafter B zu begegnen und sein <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

zu entnehmen, müsste A <strong>nach</strong> den Vorgaben der herrschenden Meinung zunächst<br />

B auf Mitwirkung an der Erstellung einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung verklagen<br />

oder, da ein solches Urteil wegen Nichterreichbarkeit <strong>des</strong> B nicht vollstreckt<br />

werden könnte, selbständig eine <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung erstellen, den unbekannt<br />

verzogenen B auf Zustimmung zu dieser <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung verklagen<br />

und die Rechtskraft eines entsprechenden Versäumnisurteils abwarten: <strong>Die</strong> Erklärung<br />

gilt erst mit Eintritt der formellen Rechtskraft <strong>des</strong> Urteils als abgegeben (§ 894<br />

ZPO) 454 . Allein die notwendige Auslandszustellung oder eine öffentliche Zustellung der<br />

Klage kann in der Praxis Monate dauern. Nach Rechtskraft <strong>des</strong> Versäumnisurteils auf<br />

Zustimmung muss A sodann seinen sich aus der <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung ergebenden<br />

Guthabensanspruch in einem weiteren Prozess gegen die Gesellschaft als<br />

454 Vorwerk/Wolf/Stürner ZPO § 894 Rn. 7, 9.<br />

174


Rechtssubjekt und Kontoinhaberin einklagen, wiederum die Rechtskraft <strong>des</strong> Urteils 455<br />

abwarten und anschließend über eine Pfändung in das Gesellschaftskontos die Auszahlung<br />

<strong>des</strong> Bankguthabens an sich betreiben.<br />

Fall 15:<br />

Abwandlung: Eine Woche <strong>nach</strong> Verschwinden <strong>des</strong> B macht ein Gesellschaftsgläubiger<br />

eine Forderung in Höhe von 70.000 gegen die Gesellschaft<br />

geltend.<br />

Wegen der gemeinsamen Kontenvollmacht aller Gesellschafter (§ 730 Abs. 2 Satz 2<br />

BGB) muss eine Auszahlung von allen Gesellschaftern autorisiert werden. Widersetzt<br />

sich auch nur einer der Gesellschafter, so sind die Gesellschaftskonten quasi „eingefroren“.<br />

Da das auf ihnen befindliche Geld faktisch nicht für die <strong>Auseinandersetzung</strong> zur<br />

Verfügung steht, muss A, wenn er einer Klage und Vollstreckung durch die Gesellschaftsgläubiger<br />

in das Konto zuvorkommen will, sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft<br />

aus eigener Tasche bezahlen, bevor er sich die entsprechenden Regressansprüche<br />

gegenüber der Gesellschaft titulieren lassen und per Pfändung und Überweisung<br />

auf das Gesellschaftskonto zugreifen kann. Ist er dazu nicht willens oder in der<br />

Lage, so muss er auf eigene Kosten Klage gegen B auf Zustimmung dazu erheben, die<br />

Bank zur Auszahlung der Verbindlichkeitssumme an den Gläubiger anzuweisen. Hierbei<br />

trägt er das Risiko, dass die entsprechende Gläubigerforderung in der ihm bekannten<br />

Höhe auch tatsächlich besteht. Noch paradoxer wird der Lösungsansatz der herrschenden<br />

Meinung, wenn man dem Berechtigten auferlegt, durch eine Klage auf Vornahme<br />

unvertretbarer Handlungen und eine Zwangsvollstreckung gemäß § 888 ZPO durch Androhung<br />

von Zwangsgeld oder Zwangshaft einzelne Mitwirkungshandlungen durchzusetzen<br />

456 . Dass dergleichen bei einem Mitgesellschafter nichts fruchtet, der sich jeglicher<br />

Beteiligung z.B. durch Flucht ins Ausland entzogen hat, liegt auf der Hand.<br />

455 Dabei handelt es sich mangels unzureichender Prozessvertretung der Gesellschaft durch alle Gesellschafter<br />

gemeinsam (§ 730 Abs. 2 Satz 2 BGB) ebenfalls um ein Versäumnisurteil.<br />

456 In der Entscheidung vom 24.11.1980 (NJW 1981, 749) hat der BGH eine Verurteilung <strong>des</strong> Beklagten<br />

durch die Vorinstanzen, „an der Durchführung der <strong>Auseinandersetzung</strong> und Erstellung der <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz<br />

für die BGB-Gesellschaft [...] mitzuwirken“ (LG Hamburg, zitiert in BGH a.a.O.)<br />

als zu unbestimmt aufgehoben und dafür ein Feststellungsurteil, dass „die Beklagten verpflichtet seien,<br />

an der <strong>Auseinandersetzung</strong> mitzuwirken“, befürwortet (BGH NJW 1981, 749, 749). Weshalb dem<br />

Kläger damit besser geholfen sein sollte, hat der BGH nicht erläutert.<br />

175


3. Klage auf Zustimmung zur <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz entbehrlich<br />

<strong>Die</strong> Ansicht, die dem einzelnen Gesellschafter einen Anspruch auf Auszahlung seines<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens erst mit Feststellung einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz<br />

zugesteht 457 , gibt keine Antwort auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen<br />

der Kläger einen Anspruch auf Zustimmung zu seinem Bilanzentwurf gegen die übrigen<br />

Gesellschafter hat: Können die beklagten Gesellschafter die Zustimmung zum Bilanzentwurf<br />

<strong>des</strong> Klägers wegen jeder Unstimmigkeit verweigern? Welchen Grad an Vollständigkeit<br />

und Richtigkeit muss die Bilanz haben, damit die übrigen Gesellschafter zur<br />

Zustimmung verurteilt werden können? Gegen wen und wie muss ein Urteil auf Vorlage<br />

einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung lauten, um vollstreckbar zu sein, kann aus<br />

einem Titel auf Aufstellung einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung gegen die Gesellschaft<br />

vollstreckt werden oder muss der Vollstreckungstitel auf den oder die Gesellschafter<br />

lauten, die die Abrechnung erstellen sollen?<br />

Da <strong>nach</strong> der hier vertretenen Auffassung für die Entstehung bzw. Fälligkeit <strong>des</strong> Anspruchs<br />

auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben keine Zustimmung zu einer diesen Anspruch<br />

darstellenden Abrechnung erforderlich ist 458 , ist auch eine Klage auf Zustimmung<br />

entbehrlich. Statt <strong>des</strong>sen schließt die Klage auf eine von der Zustimmungserklärung<br />

<strong>des</strong> Verpflichteten abhängige Leistung regelmäßig die Klage auf Abgabe der geschuldeten<br />

Erklärung als minus ein. Selbst wenn also Entstehung oder Fälligkeit <strong>des</strong><br />

Anspruchs auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben von der Feststellung einer Schlussabrechnung<br />

abhängen sollte, so würde die Klage auf Auszahlung <strong>des</strong> Guthabens den Anspruch<br />

auf Zustimmung zur Schlussabrechnung regelmäßig einschließen. Wenn aber<br />

mit der Klage auf Auszahlung <strong>des</strong> Guthabens zugleich die Klage auf Zustimmung zu<br />

dieser Abrechnung verbunden ist, verliert die vorherige Feststellung der Schlussabrechnung<br />

jegliche Existenzberechtigung.<br />

457 Schwung BB 1985, 1374, 1375.<br />

458 Hierzu ausführlich unter § 21, I., S. 179 ff.<br />

176


III.<br />

Statt<strong>des</strong>sen: Klage auf Erteilung einer umfassenden Alleinvertretungs- und<br />

Alleingeschäftsführungsbefugnis<br />

<strong>Die</strong> Lösung liegt für den handlungswilligen Gesellschafter statt <strong>des</strong>sen darin, auf Zustimmung<br />

zur Erteilung einer umfassenden Alleinvertretungs- bzw. Alleingeschäftsführungsbefugnis<br />

einschließlich aller für die <strong>Auseinandersetzung</strong> erforderlichen Handlungsvollmachten<br />

an sich oder an einen gesellschaftsfremden Dritten zu klagen 459 . § 730<br />

Abs. 2 Satz 2 BGB lässt die Gesamtgeschäftsführung lediglich für den Fall eintreten,<br />

dass sich „nicht aus dem Vertrag ein Anderes ergibt“. Es steht den Gesellschaftern also<br />

frei, einen einzelnen Gesellschafter zum Alleinliquidator zu bestellen. Tun sie dies nicht<br />

freiwillig, so kann ein Gesellschafter diese Ernennung im Klagewege durchsetzen, indem<br />

er seine Mitgesellschafter auf Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung verklagt;<br />

diese wird bei Obsiegen <strong>nach</strong> § 894 ZPO fingiert. Anspruchsgrundlage für die<br />

Klage <strong>des</strong> Gesellschafters ist der allgemeine Anspruch je<strong>des</strong> Gesellschafters auf Durchführung<br />

bzw. Mitwirkung an der <strong>Auseinandersetzung</strong> in Verbindung mit einer analogen<br />

Anwendung <strong>des</strong> § 146 Abs. 2 HGB 460 . Nach dieser Vorschrift kann das Gericht auf Antrag<br />

eines Beteiligten aus wichtigen Gründen eine Person zum (Allein)Liquidator ernennen,<br />

die auch nicht selbst Gesellschafter sein muss 461 .<br />

<strong>Die</strong> analoge Anwendung <strong>des</strong> § 146 Abs. 2 HGB rechtfertigt sich daraus, dass im BGB<br />

kein gleich wirksames Instrument zur Verfügung steht, um die <strong>Auseinandersetzung</strong> und<br />

Abwicklung einer wirtschaftlich tätigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch bei<br />

<strong>nach</strong>haltiger Blockade der Mitgesellschafter effektiv voranzutreiben. Das gemeinschaftsrechtliche<br />

Notgeschäftsführungsrecht <strong>nach</strong> § 744 Abs. 2 BGB, das in bestimmten<br />

Ausnahmefällen subsidiär auch auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Anwendung<br />

459 Für die Zwecke der <strong>Auseinandersetzung</strong> nicht weit genug geht die von Bengel ZEV 2002, 484, 486<br />

ausgeführte Möglichkeit <strong>des</strong> Gesellschafters, sich die Einwilligung der anderen Gesellschafter für eine<br />

einzelne, genau geplante Maßnahme im Voraus analog § 744 Abs. 2 Hs. 2 BGB zu erstreiten und so<br />

die Vertretungsbefugnis im Voraus zu beschaffen: <strong>Die</strong>se Vorgehensweise soll sich nur auf eine einzelne,<br />

genau bestimmte Maßnahme beschränken, was jedoch für eine zügige Abwicklung nicht die<br />

nötige Flexibilität bietet.<br />

460<br />

Bergmann, Verbandsrecht, S. 89 ff. In Betracht kommt alternativ auch eine analoge Anwendung <strong>des</strong><br />

§ 29 BGB mit demselben Ergebnis, vgl. Bamberger/Roth/Schöpflin § 29 Rn. 2. Hierzu ausführlich<br />

MünchKomm BGB/Reuter § 29 Rn. 5.<br />

461<br />

BGH NJW 1960, 1997, 1998.<br />

177


findet 462 , gibt dem einzelnen Gesellschafter nur ein Geschäftsführungsrecht entgegen der<br />

geltenden Geschäftsführungsregeln, nicht aber ein Vertretungsrecht 463 , und kommt darüber<br />

hinaus nur zur Durchführung von Maßnahmen in Betracht, die zur Erhaltung der<br />

Substanz oder <strong>des</strong> wirtschaftlichen Wertes 464 oder zur Abwendung akuter Gefahren für<br />

Gesellschaftsgegenstände oder für die Gesellschaft selbst 465 objektiv notwendig 466 sind.<br />

Lediglich nützliche, wie z.B. wertsteigernde, Maßnahmen genügen nicht 467 . Verfügungen<br />

können auf dieser Grundlage nur ausnahmsweise vorgenommen werden, z.B. zur<br />

Veräußerung <strong>des</strong> Gegenstands zur Vermeidung <strong>des</strong> Verderbs 468 .<br />

Der Umfang <strong>des</strong> Notgeschäftsführungsrechtes dürfte daher in der Regel nicht weit genug<br />

gehen, um die Abwicklung einer <strong>nach</strong>haltig und über Jahre hinweg wirtschaftlich<br />

tätigen Gesellschaft betreiben zu können, da hierzu flexibel und gemäß den Vorgaben<br />

<strong>des</strong> jeweiligen Einzelfalls Forderungen eingezogen und Vermögensgegenstände unabhängig<br />

von einer ggf. gegebenen Gefahrenlage veräußert werden müssen. Dasselbe gilt<br />

für eine Anwendung der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder <strong>des</strong> Notverwaltungsrechts<br />

der Erbengemeinschaft (§ 2038 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 BGB) 469 . Vor<br />

dem Hintergrund der ursprünglichen gesetzlichen Konzeption der BGB-Gesellschaft als<br />

nicht unternehmenstragendem Rechtsgebilde ist damit mit fortschreitender Weiterentwicklung<br />

ihrer praktischen Anwendungsformen im Wirtschaftsleben eine planwidrige<br />

Regelungslücke entstanden. <strong>Die</strong> Interessenslage <strong>des</strong> Gesellschafters einer wirtschaftlich<br />

tätigen BGB-Gesellschaft ist auch im Hinblick auf den effektiven und schnellen Abschluss<br />

der <strong>Auseinandersetzung</strong>, mithin auf Rückgewinnung der eigenen Anteile und<br />

der geleisteten Einlagen, mit der <strong>des</strong> OHG-Gesellschafters vergleichbar.<br />

462 Palandt/Sprau BGB Vorbem. vor § 709 Rn. 6; Bengel ZEV 2002, 484, 485, zugleich unter Widerlegung<br />

der anderen Ansicht von Staudinger/Langhein BGB (2008) § 744 Rn. 31.<br />

463 Palandt/Sprau BGB Vorbem. vor § 709 Rn. 6; Bengel ZEV 2002, 484, 486.<br />

464 Palandt/Sprau BGB § 744 Rn. 3.<br />

465 Bengel ZEV 2002, 484, 486; Palandt/Sprau BGB Vorbem. vor § 709 Rn. 6<br />

466<br />

Zur Frage, inwieweit auch ein gemäßigt verobjektivierter Maßstab genügt, Bengel ZEV 2002, 484,<br />

485. Einigkeit dürfte jedoch dahingehend bestehen, dass ein rein subjektives Empfinden der Notwendigkeit<br />

nicht ausreichend ist, Staudinger/Langhein BGB (2008) § 744 Rn. 21; Bengel ZEV 2002, 484,<br />

485.<br />

467<br />

Bengel ZEV 2002, 484, 485; Staudinger/Langhein BGB (2008) § 744 Rn. 21.<br />

468<br />

Palandt/Sprau BGB § 744 Rn. 3.<br />

469 Zu beidem jeweils Bengel ZEV 2002, 484, 486.<br />

178


<strong>Die</strong> Ernennung kann mittels einstweiliger Verfügung <strong>nach</strong> § 940 ZPO 470 bzw. bei Nichterreichbarkeit<br />

der übrigen Gesellschafter durch stattgeben<strong>des</strong> Versäumnisurteil durchgesetzt<br />

werden. Ist eine solche Klage erfolgreich, so ist der ernannte (Allein)liquidator<br />

umfassend handlungsbevollmächtigt, um alle für die Durchführung der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

erforderlichen Abwicklungsmaßnahmen durchführen zu können. Er unterliegt dabei<br />

den einstimmig beschlossenen Weisungen der Gesellschafter <strong>nach</strong> § 152 HGB analog.<br />

Ein solch wichtiger Grund könnte dabei z.B. die Nichterreichbarkeit bzw. beharrliche<br />

Weigerung eines Gesellschafters sein, an der <strong>Auseinandersetzung</strong> mitzuwirken.<br />

<strong>Die</strong>ses Vorgehen hätte den Vorteil, dass bei Erfolg einer einzigen Klage auf Zustimmung<br />

zur Erteilung der Alleingeschäftsführungsbefugnis die <strong>Auseinandersetzung</strong> durch<br />

den Treuhänder ohne weitere Verzögerung durchgeführt werden kann.<br />

Ist das dem einzelnen Gesellschafter zustehende <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben <strong>nach</strong> der<br />

hier dargestellten Methode berechnet worden, so ist anschließend zu untersuchen, wann<br />

der Anspruch auf seine Auszahlung entsteht und fällig wird.<br />

§ 21 Der Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

I. Entstehung und Fälligkeit<br />

1. Überblick über den Meinungsstand<br />

Entstehung und Fälligkeit <strong>des</strong> Anspruchs auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben werden<br />

in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert. Nach wohl herrschender Meinung<br />

soll der Anspruch auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben ebenso wie die anderen<br />

aus der <strong>Auseinandersetzung</strong> der Gesellschaft resultierenden Ansprüche konstitutiv erst<br />

mit einvernehmlicher Feststellung der <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz durch alle Gesellschafter<br />

entstehen 471 und fällig werden 472 . So hat das OLG München in der vom BGH<br />

470 MünchKomm BGB/Reuter § 29 Rn. 5.<br />

471 Schwung BB 1985, 1374, 1375.<br />

472 MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 61.<br />

179


mit Urteil vom 23.10.2006 473 aufgehobenen Entscheidung als Berufungsgericht noch<br />

entschieden, die Beklagte dürfe mit einem Anspruch auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht aufrechnen, weil dieser erst fällig<br />

werde, wenn die Schlussabrechnung von den Gesellschaftern festgestellt und über ihren<br />

Inhalt Einigkeit erzielt worden sei 474 .<br />

Auch die Kommentarliteratur ist zu dieser Frage nicht eindeutig. So meint ein Autor,<br />

der Anspruch auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben werde erst fällig und einklagbar<br />

mit Feststellung der <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz 475 , an anderer Stelle fordert derselbe<br />

Autor lediglich die Aufstellung einer solchen durch die Gesellschafter als Abwickler 476 .<br />

Wenn der BGH in ständiger Rechtsprechung vertritt, dass es zur Geltendmachung <strong>des</strong><br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens einer von den Gesellschaftern festgestellten <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz<br />

nicht bedarf, wenn kein zu liquidieren<strong>des</strong> Gesellschaftsvermögen<br />

mehr vorhanden ist 477 , könnte dies den Umkehrschluss nahe legen, dass im umgekehrten<br />

Fall - also wenn noch zu liquidieren<strong>des</strong> Gesellschaftsvermögen vorhanden ist - die Zustimmung<br />

zu einer Bilanz erforderlich sei. Da<strong>nach</strong> wäre der Anspruch auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

ohne eine festgestellte <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz also nur gegeben,<br />

wenn die Gesellschaft über kein eigenes Gesellschaftsvermögen mehr verfügt.<br />

Nach anderer Ansicht gründet der Anspruch auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben im<br />

Anteil <strong>des</strong> Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen und ist daher im Kern bereits seit<br />

Beginn der Mitgliedschaft <strong>des</strong> Gesellschafters vorhanden 478 . Er entsteht mit Auflösung<br />

der Gesellschaft in der Person <strong>des</strong> jeweiligen Gesellschafters 479 , ist ab diesem Zeitpunkt<br />

nur noch der Höhe <strong>nach</strong> unbestimmt und insoweit von der Ermittlung durch die Gesellschafter<br />

<strong>nach</strong> den §§ 730 bis 734 BGB abhängig 480 .<br />

473 BGH NJW-RR 2007, 245 ff.<br />

474 Urteil vom 8. Juni 2005, 27 U 68/05, BeckRS 2006, 02554 (über Beck Online).<br />

475 Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 5.<br />

476 Palandt/Sprau BGB § 734 Rn. 1.<br />

477 BGH NJW-RR 2007, 245, 246 (Rn. 10); BGH ZIP 1993, 1307, 1309; BGH NZG 2006, 185, 185 (Rn.<br />

11).<br />

478 BGH NJW-RR 2000, 1295, 1296 f.; Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 5.<br />

479 BGH NJW 1997, 3370, 3370 f.<br />

480 Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 5.<br />

180


2. Kritik: Unerheblichkeit der Anspruchsberechnung durch die Gesellschafter<br />

<strong>Die</strong> Erstellung oder Feststellung einer Schlussrechnung kann schon <strong>des</strong>halb nicht konstitutiv<br />

für die Anspruchsentstehung sein, weil sie das Guthaben <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

lediglich rechnerisch darstellt. <strong>Die</strong>s gilt insbesondere für eine <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz,<br />

die <strong>nach</strong> der hier vertretenen Ansicht für die <strong>Auseinandersetzung</strong> gänzlich überflüssig<br />

ist. Für die Forderung <strong>nach</strong> einer einvernehmlichen Feststellung der <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz<br />

oder Schlussabrechnung als Voraussetzung für die Entstehung <strong>des</strong><br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sanspruches existiert weder eine gesetzliche Grundlage noch eine<br />

sonstige, aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen abzuleitende Rechtfertigung. Dabei kann<br />

es keinen Unterschied ausmachen, ob die Gesellschaft noch über eigenes Vermögen<br />

verfügt oder nicht.<br />

Würde man den Beginn der Fälligkeit an die Erstellung oder Feststellung eines Rechenwerks<br />

knüpfen, so käme es zum bereits beschriebenen Wettlauf der Liquidatoren:<br />

Derjenige Gesellschafter, der zuerst das Rechenwerk fertig stellt und die daraus ersichtliche<br />

Summe einklagt und vollstreckt, könnte sich letztlich auf Kosten der anderen Gesellschafter<br />

schadlos halten und ihnen das Risiko zuschieben, ihre eigenen Ansprüche<br />

nicht mehr aus dem Gesellschaftsvermögen befriedigen zu können. Zudem wäre der<br />

Gesellschafter, der nicht selbst an der Erstellung der <strong>Auseinandersetzung</strong>srechnung<br />

mitwirken kann oder darf, der Willkür der damit befassten Gesellschafter ausgesetzt.<br />

<strong>Die</strong>se hätten es in der Hand, den Anspruch durch treuwidrige Untätigkeit über Jahre<br />

hinweg zu vereiteln, während dem Anspruchsinhaber weder Fälligkeits- noch Verzugszinsen<br />

als Ausgleich hierfür zustünden. Auf die korrekte Berechnung der jeweiligen<br />

Salden durch die Gesellschafter in der Buchführung der Gesellschaft oder auf die Mitwirkung<br />

der Gesellschafter darf es daher für Entstehung und Fälligkeit nicht ankommen.<br />

181


3. Statt <strong>des</strong>sen: Entstehung und Fälligkeit <strong>nach</strong> Vorbild <strong>des</strong> Kontokorrents<br />

a) Entstehung und Fälligkeit im Augenblick, in dem sich alle Posten als verrechenbar<br />

gegenüberstehen<br />

<strong>Die</strong> Lösung ist statt <strong>des</strong>sen in den Grundsätzen <strong>des</strong> Kontokorrents zu suchen. Beim<br />

Kontokorrent werden mit Ablauf der Kontokorrentperiode die gegenseitigen Forderungen<br />

ipso iure gegeneinander verrechnet 481 ; der Gesamtsaldo tritt als Surrogat an die Stelle<br />

der Einzelforderungen 482 . <strong>Die</strong> Saldoforderung entsteht in dem Zeitpunkt, in dem sich<br />

alle in den Gesamtsaldo einzubeziehenden Posten als verrechenbar gegenüberstehen 483 .<br />

Bei der <strong>Auseinandersetzung</strong> einer Gesellschaft besteht die Besonderheit, dass die im<br />

Gesamtsaldo je<strong>des</strong> Gesellschafters enthaltenen Einzelposten in der Regel nicht von Anfang<br />

an feststehen, sondern sich erst <strong>nach</strong> und <strong>nach</strong> im Laufe <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sverfahrens<br />

herausstellen: <strong>Die</strong> Salden von Liquiditäts- und Gesellschafterkonten verändern<br />

sich mit jeder Versilberung, Auflösung von Zurückbehalten, Ausschüttung an<br />

Gläubiger und Gesellschafter und mit jeder Einlage oder Entnahme eines Gesellschafters<br />

vor oder <strong>nach</strong> dem Eintritt in das Liquidationsstadium. Damit kann der Anspruch<br />

auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben erst dann entstehen und fällig werden, wenn alle<br />

darin aufgehenden Posten ihrer Existenz und Höhe <strong>nach</strong> endgültig und rechtskräftig<br />

feststehen.<br />

b) Nachtragsliquidation und Saldoanspruch<br />

Fraglich ist, ob der Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens auch<br />

im Umfang solcher Posten mit Auflösung entsteht und fällig wird, die den Gesellschaftern<br />

erst <strong>nach</strong> (vermeintlichem) Abschluss der <strong>Auseinandersetzung</strong> bekannt geworden<br />

sind und nun im Rahmen einer Nachtragsliquidation abgewickelt werden müssen. Da<br />

sich die Verrechnung der in den Gesamtsaldo einzubeziehenden Posten wie beim Kontokorrent<br />

ipso iure vollzieht, kommt es für die Entstehung und Fälligkeit <strong>des</strong> Guthabensanspruchs<br />

nicht auf die Kenntnis einzelner oder aller Gesellschafter von der Exi-<br />

481 Canaris DB 1972, 421 ff., 469 ff. mit umfangreichen Nachweisen zur Gegenmeinung.<br />

482 Blaurock NJW 1971, 2206, 2207.<br />

483 E/B/J/S/Grundmann HGB § 355 Rn. 17.<br />

182


stenz und Höhe einzelner Posten oder auf die korrekte Saldoberechnung in einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

an 484 . Andernfalls würde man dem einzelnen Gesellschafter,<br />

der sein <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben einklagen will, unzumutbare Beweisschwierigkeiten<br />

aufbürden und ihn letztlich wieder dem Wohlwollen seiner Mitgesellschafter<br />

aussetzen: Er könnte seinen Anspruch nur einfordern und Fälligkeitszinsen geltend machen,<br />

wenn es ihm gelänge, seinen Mitgesellschaftern die Kenntnis dieser neu in die<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung einzubeziehenden Posten <strong>nach</strong>zuweisen.<br />

Waren einzelne, in den Gesamtsaldo einzubeziehende Posten den Gesellschaftern zunächst<br />

unbekannt und konnten daher vor (vermeintlichem) Abschluss der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

und <strong>des</strong> Ausgleichs der Gesellschafterkonten nicht berücksichtigt werden, so<br />

ändert die spätere Kenntnisnahme der Gesellschafter nichts daran, dass die jeweiligen<br />

Guthabensansprüche in der Höhe, in der sie sich unter Einschluss der zunächst unbekannten<br />

Posten errechnen, in dem Augenblick entstanden und fällig geworden sind, in<br />

dem sich alle - auch die zunächst unbekannten Posten - erstmals in verrechenbarer Form<br />

gegenüber stehen.<br />

Je <strong>nach</strong>dem, wann die später bekannt gewordenen Posten erstmals objektiv vorhanden<br />

waren, ergeben sich unterschiedliche Zeitpunkte für die Entstehung und Fälligkeit <strong>des</strong><br />

Guthabensanspruchs. Ist den Gesellschaftern z.B. der letzte für die endgültige Berechnung<br />

der Gesamtsalden erforderliche Posten, ein am 1. Januar erfolgter Zahlungseingang<br />

aus der Verwertung eines Vermögensgegenstan<strong>des</strong>, aus U<strong>nach</strong>tsamkeit unbekannt<br />

geblieben, führen sie demzufolge das <strong>Auseinandersetzung</strong>sverfahren unter Außerachtlassung<br />

dieses Postens durch und gleichen die Gesellschafterkonten aus, bevor ihnen am<br />

1. Dezember der vergessene Guthabensposten bewusst wird, so sind die jeweiligen Ansprüche<br />

auf Auszahlung eines <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens bzw. auf entsprechende<br />

Nachschussleistung bereits am 1. Januar entstanden und fällig geworden, und zwar in<br />

der Höhe, in der sie sich unter Einschluss der bislang unberücksichtigten Zahlung errechnen:<br />

Bereits im Zeitpunkt <strong>des</strong> Zahlungseingangs wurde die Zahlung zu einem Guthabensposten,<br />

der Eingang in das Vermögen der Gesellschaft sowie die Auszahlungsansprüche<br />

der Gesellschafter gefunden hat. Dass die Gesellschafter von der Zahlung keine<br />

subjektive Kenntnis hatten oder diese aus Nachlässigkeit außer Acht gelassen haben und<br />

484 So wohl auch E/B/J/S/Grundmann HGB § 355 Rn. 19: „<strong>Die</strong> (antizipiert erklärte) Verrechnung erfolgt<br />

allein für die tatsächlich bestehenden und ins Kontokorrent einbezogenen Ansprüche.“.<br />

183


infolge<strong>des</strong>sen ihre Ansprüche falsch berechnet haben, ändert daran nichts. Entsteht <strong>nach</strong><br />

(vermeintlicher) Vollbeendigung der Gesellschaft ein neuer Posten, so entsteht der Anspruch<br />

erst mit Hinzutreten dieses neuen Postens.<br />

Schütten die Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen an sich aus, bevor die endgültigen<br />

Gesamtsalden entweder objektiv feststehen oder mangels Kenntnis aller zu berücksichtigenden<br />

Posten korrekt berechnet worden sind, so kann eine solche Auszahlung<br />

stets nur vorläufig im Sinne <strong>des</strong> § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB analog sein und wird auf die<br />

<strong>nach</strong> endgültigem Abschluss der Nachtragsliquidation geltenden Gesamtsalden der Gesellschafter<br />

angerechnet. <strong>Die</strong> Gesellschafter sind je <strong>nach</strong> Einzelfall entweder zur Rückzahlung<br />

zu viel erhaltener Beträge verpflichtet oder zu Nachforderungen noch ausstehender<br />

Guthabensbeträge berechtigt.<br />

II.<br />

Verjährung <strong>des</strong> Anspruchs auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

<strong>Die</strong> Frage <strong>nach</strong> der Entstehung und Fälligkeit <strong>des</strong> Anspruchs auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

wirkt sich insbesondere auf die Problematik <strong>des</strong> Verjährungsbeginns im<br />

Sinne <strong>des</strong> § 199 Abs. 1 BGB aus. Ließe man mit der herrschenden Meinung 485 den <strong>Auseinandersetzung</strong>sanspruch<br />

erst mit Aufstellung oder gar Feststellung einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

entstehen oder fällig werden, so würde auch die Verjährungsfrist<br />

ab dem Zeitpunkt bzw. mit dem Schluss <strong>des</strong> betreffenden Jahres zu laufen beginnen, in<br />

dem die Abrechnung aufgestellt oder festgestellt wurde. Damit verlagert sich die Problematik<br />

auf die Frage, ob und ab welchem Zeitpunkt dem Berechtigten ein Anspruch<br />

gegen die übrigen Beteiligten auf Aufstellung oder Feststellung der Abrechnung zusteht.<br />

Andererseits soll <strong>nach</strong> herrschender Meinung 486 die Verjährung bereits in dem<br />

Zeitpunkt beginnen, in dem der Berechtigte in der Lage ist, Stufen- oder Feststellungsklage<br />

zu erheben. Nicht erforderlich soll dagegen sein, dass der Berechtigte den Anspruch<br />

beziffern kann 487 .<br />

485 Siehe nur MünchKomm BGB/Schäfer § 734 Rn. 10; Bamberger/Roth/Schöne BGB § 734 Rn. 2.<br />

486 BGHZ 73, 94, 96 = NJW 1979, 415; BGHZ 79, 176, 178 = NJW 1981, 814; Palandt/Ellenberger BGB<br />

§ 199 Rn. 3.<br />

487 Statt vieler Palandt/Ellenberger BGB § 199 Rn. 3.<br />

184


Richtigerweise kommt es - im Gegensatz zur Entstehung und Fälligkeit <strong>des</strong> Anspruchs<br />

auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben - für die Verjährung <strong>des</strong> Anspruchs auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

darauf an, wann der Anspruchsinhaber von allen in seinen<br />

Gesamtsaldo einzubeziehenden Posten Kenntnis hat. <strong>Die</strong> Verjährungsfrist beginnt erst<br />

mit dem Schluss <strong>des</strong> Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsberechtigte<br />

Kenntnis von der Anspruchsentstehung erlangt hat oder erlangt haben<br />

müsste, § 199 Abs. 1 BGB. Das bedeutet, dass der betreffende Gesellschafter nicht<br />

nur Kenntnis von der grundsätzlichen Existenz eines Anspruchs auf Auszahlung, d.h.<br />

eines positiven <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens, sondern auch vom genauen Betrag aller<br />

Einzelposten haben muss, die in seinem endgültigen Gesamtsaldo aufgehen 488 . Hierzu<br />

gehören neben den Posten seines Gesellschafterkontos auch sämtliche Posten <strong>des</strong> Liquidationskontos<br />

der Gesellschaft einschließlich der zunächst objektiv unbekannten<br />

Posten, die im Rahmen einer Nachtragsliquidation abzuwickeln sind. <strong>Die</strong> Verjährungsfrist<br />

beginnt also nicht zu laufen, bevor nicht der unter Berücksichtigung aller, auch der<br />

zunächst unbekannten Posten, errechnete konsolidierte Gesamtsaldo <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

endgültig feststeht und der Gesellschafter davon Kenntnis erhält.<br />

Ist die <strong>Auseinandersetzung</strong> erst durchgeführt und die einzelnen Ansprüche der Gesellschafter<br />

auf Auszahlung ihrer <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben berechnet, so fragt sicbh<br />

sodann, wie der einzelne Gesellschafter die Auszahlung seines Guthabensbetrags gegen<br />

die Gesellschaft gerichtlich durchsetzen kann.<br />

488 Ähnlich Soergel/Hadding/Kießling BGB § 735 Rn. 6 für die Verjährung <strong>des</strong> Anspruchs der Gesellschaft<br />

gegen den Gesellschafter auf Nachschussleistung <strong>nach</strong> § 735 BGB.<br />

185


III.<br />

Durchsetzbarkeit <strong>des</strong> Anspruchs auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

1. <strong>Die</strong> herrschende Meinung: Der Grundsatz der Durchsetzungssperre<br />

Nach ständiger Rechtsprechung 489 und allgemeiner Ansicht in der Literatur 490 können<br />

Einzelansprüche der Gesellschafter, die ihnen gegen die Gesamthand oder gegen Mitgesellschafter<br />

zustehen 491 , <strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft grundsätzlich nicht mehr<br />

selbstständig klageweise geltend gemacht werden (sog. Grundsatz der Durchsetzungssperre).<br />

Statt <strong>des</strong>sen sind sämtliche Ansprüche als unselbstständige Rechnungsposten in<br />

eine von den Abwicklern zu erstellende 492 <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz aufzunehmen<br />

bzw. gehen in einen entsprechenden Liquidationsplan ein 493 . Eine entgegen dem Grundsatz<br />

der Durchsetzungssperre erhobene Leistungsklage eines Gesellschafters ist <strong>nach</strong><br />

herrschender Meinung unbegründet 494 , kann aber in eine Feststellungsklage umgedeutet<br />

werden mit dem Antrag, den Gegenstand der Leistungsklage als unselbständigen Posten<br />

in die <strong>Auseinandersetzung</strong>srechnung einzustellen 495 ; ein solcher Feststellungsantrag soll<br />

sinngemäß in dem weitergehenden Zahlungsantrag inbegriffen sein 496 . <strong>Die</strong> herrschende<br />

Meinung begründet die Existenz der Durchsetzungssperre vorwiegend mit Praktikabilitätserwägungen,<br />

nämlich mit dem Zweck, die Rechte und Pflichten der Gesellschafter<br />

auf den Abwicklungszweck zu reduzieren und die Abrechnung durch das Vermeiden<br />

von Hin- und Herzahlungen zu erleichtern 497 .<br />

489 BGHZ 37, 299, 304 = NJW 1962, 2148; BGH NJW 1985, 1898, 1898 f.<br />

490 Erman/Westermann BGB § 730 Rn. 11; Soergel/Hadding/Kießling BGB § 730 Rn. 9; Staudinger/Habermeier<br />

BGB (2003) § 730 Rn. 21; Messer, FS Stimpel 1985, S. 205 ff.<br />

491 Der Grundsatz der Durchsetzungssperre muss, um seinen Zweck der Vermeidung von Hin- und Herzahlungen<br />

während der <strong>Auseinandersetzung</strong>sphase erfüllen zu können, ebenso für die Ansprüche der<br />

Gesellschaft gegen einzelne Gesellschafter gelten: Auch sie sollen nur noch eingefordert werden können,<br />

soweit dies zur <strong>Auseinandersetzung</strong> erforderlich ist, vgl. Bamberger/Roth/Schöne BGB § 730<br />

Rn. 20 und Rn. 30; Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 8.<br />

492 MünchKomm BGB/Schäfer, § 730 Rn. 59.<br />

493 Ständige Rechtsprechung, vgl. BGHZ 37, 299, 304 ff; NJW 1999, 3557; BGH DStR 2002, 228, 228<br />

m. Anm. Goette; ebenso die Literatur, statt vieler MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 49.<br />

494 BGH WM 1998, 1020, 1025; MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 51; Staudinger/Habermeier BGB<br />

(2003) § 730 Rn. 21.<br />

495 Erman/Westermann BGB § 730 Rn. 13.<br />

496 BGH NJW 1984, 1455, 1456; BGH NJW 1992, 2757, 2758; BGH WM 1998, 1020, 1025.<br />

497 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 730 Rn. 20.<br />

186


Der Grundsatz der Durchsetzungssperre gilt <strong>nach</strong> herrschender Meinung für alle aus<br />

dem Gesellschaftsverhältnis gegen die Gesellschaft gerichteten Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

498 , die in die <strong>Auseinandersetzung</strong> einzubeziehen sind, weil sie die vorherige<br />

Liquidation <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> voraussetzen 499 . Hierzu gehören Ansprüche auf<br />

Rückzahlung der Einlagen (§ 733 Abs. 2 BGB), Ausschüttung <strong>des</strong> Überschusses sowie<br />

sonstige gesellschaftsvertragliche Ansprüche gegen Gesellschaft oder Mitgesellschafter<br />

wie Gewinn- und Aufwendungsersatzansprüche 500 , der <strong>nach</strong> § 426 Abs. 2 BGB zu Regresszwecken<br />

auf den Gesellschafter übergegangene Anspruch <strong>des</strong> Gesellschaftsgläubigers<br />

501 sowie gesellschaftsvertragliche Schadensansprüche 502 . Feststellungsklagen über<br />

das Bestehen von Ansprüchen oder Verbindlichkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis<br />

sollen von der Durchsetzungssperre nicht berührt werden, da sie die <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

fördern 503 .<br />

Der Grundsatz der Durchsetzungssperre wird von der herrschenden Meinung durch eine<br />

Vielzahl von Ausnahmen wieder außer Geltung gesetzt 504 . So sollen beispielsweise<br />

Drittgläubigeransprüche eines Gesellschafters, bei denen sich Gesellschaft und Gesellschafter<br />

wie Dritte gegenüberstehen, in der <strong>Auseinandersetzung</strong> isoliert geltend gemacht<br />

werden können 505 . Hierzu hat der BGH 506 unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung<br />

507 entschieden, dass es nicht einzusehen sei, weshalb der Gesellschafter, welcher<br />

der Gesellschaft wie jeder dritte Gläubiger gegenübersteht, anders als jeder außenstehende<br />

Gläubiger auf die Erfüllung seiner Forderung warten müsse, bis die Schlussabrechnung<br />

feststeht. Das Gleiche soll bei entsprechender Liquidität der Gesellschaft gelten,<br />

wenn und soweit aufgrund besonderer Umstände schon vor der Beendigung der<br />

498 Staudinger/Habermeier BGB (2003) § 730 Rn. 21.<br />

499 BGH WM 1965, 740, 741; BGH WM 1969, 591, 592; MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 52.<br />

500 BGHZ 37, 299, 304 = NJW 1962, 1863; BGH WM 1968, 697, 698; Bamberger/Roth/Schöne BGB<br />

§ 730 Rn. 32; MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 52.<br />

501 BGHZ 103, 72, 77 f. = NJW 1988, 1375; kritisch dazu Erman/Westermann BGB § 730 Rn. 11 sowie<br />

Hadding/Häuser WM 1988, 1585, 1591 für den Fall, dass der Gesellschafter, der wegen einer vor<br />

Auflösung geleisteten Zahlung Rückgriff leistet, nicht mehr der Abwicklungsgesellschaft angehört.<br />

502 Str., vgl. MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 52 sowie Messer, FS Stimpel 1985, S. 207.<br />

503 Soergel/Hadding/Kießling BGB § 730 Rn. 16; MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 51.<br />

504 Ausführlich zu den Ausnahmen der Durchsetzungssperre Erman/Westermann BGB § 730 Rn. 11 ff.<br />

505 BGH NJW-RR 2006, 1268, 1270 (Rn. 18); Staudinger/Habermeier BGB (2003) § 730 Rn. 22; anderer<br />

Ansicht OLG Karlsruhe NZG 2001, 748, 749.<br />

506 NJW-RR 2006, 1268, 1270 (Rn. 20).<br />

507 BGH WM 1971, 931, 932; BGH WM 1978, 89, 90.<br />

187


<strong>Auseinandersetzung</strong> mit Sicherheit feststeht, dass der Gesellschafter den isoliert geltend<br />

gemachten Betrag nicht zurückerstatten muss, weil ihm jedenfalls Ansprüche in Höhe<br />

dieses Min<strong>des</strong>tbetrags zustehen 508 , oder weil der Anspruch <strong>nach</strong> Sinn und Zweck der<br />

gesellschaftsvertraglichen Regelungen auch im Fall der Auflösung der Gesellschaft seine<br />

Selbständigkeit behalten soll 509 . Dabei braucht der isoliert geltend gemachte Betrag<br />

der Höhe <strong>nach</strong> keinesfalls festzustehen; das Gericht hat <strong>nach</strong> herrschender Meinung,<br />

falls erforderlich, die angetretenen Beweise zu erheben 510 . Der BGH hat die Durchsetzungssperre<br />

weiter für den Fall durchbrochen, dass ein Gesellschafter aufgrund einer<br />

vorläufigen <strong>Auseinandersetzung</strong>srechnung auf Zahlung eines Fehlbetrags in Anspruch<br />

genommen wird 511 oder ein Gesellschafter sich den wesentlichen Teil <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

eigenmächtig und ohne Gegenleistung zunutze macht 512 .<br />

2. Stellungnahme: <strong>Die</strong> Entbehrlichkeit der Durchsetzungssperre<br />

Der Grundsatz der Durchsetzungssperre ist ein Ergebnis richterlicher Rechtsfortbildung,<br />

<strong>des</strong>sen es bei Anwendung <strong>des</strong> hier vorgeschlagenen <strong>Auseinandersetzung</strong>sverfahrens<br />

nicht bedarf. Er krankt bereits daran, dass seine Voraussetzungen und die hiervon gemachten<br />

Ausnahmen eher das Produkt vielfältiger Einzelfallentscheidungen als Ausdruck<br />

einer konzeptionellen Gesamtlösung sind. <strong>Die</strong> Folge ist ein nahezu undurchdringliches<br />

Dickicht von Regeln und Ausnahmen, die den Anwendungsbereich der Durchsetzungssperre<br />

so aufgeweicht haben, dass er nicht mehr klar genug umrissen ist, um in der<br />

Praxis ohne Weiteres verwertbar zu sein. So bleibt beispielsweise offen, welche Ansprüche<br />

<strong>nach</strong> Sinn und Zweck der gesellschaftsvertraglichen Regelungen auch im Fall<br />

der Auflösung ihre Selbständigkeit behalten sollen 513 oder wann aufgrund besonderer<br />

Umstände feststeht, dass der Ausgeschiedene ausnahmsweise einen Einzelposten iso-<br />

508 BGHZ 37, 299, 305 = NJW 1962, 1863; BGH NJW-RR 1988, 1249, 1249; MünchKomm<br />

BGB/Schäfer § 730 Rn. 49. Hiergegen wendet sich Messer, FS Stimpel 1985, S. 210, der sich darauf<br />

beruft, dass der dolo agit-Einwand nur greifen könne, wo ein fälliger, zumin<strong>des</strong>t <strong>nach</strong> Grund und Höhe<br />

feststehender Gegenanspruch vorhanden sei. Ein lediglich möglicherweise bestehender, derzeit<br />

aber noch nicht errechenbarer und vom Abschluss eines <strong>Auseinandersetzung</strong>sverfahrens abhängiger<br />

Gegenanspruch reiche hingegen nicht aus.<br />

509 BGH NJW 1998, 376, 376.<br />

510 BGH NJW-RR 1988, 1249, 1249.<br />

511 BGH NJW-RR 1991, 549, 549; MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 55.<br />

512 BGH NJW 1980, 1628, 1628 f.; BGH NJW-RR 1995, 1182, 1182.<br />

513 BGH NJW 1998, 376, 376.<br />

188


liert geltend machen kann, weil ihm dieser Betrag auf jeden Fall zustehen muss 514 . Auch<br />

äußert sich die herrschende Meinung nicht dazu, wie das, was dem Gesellschafter auf<br />

jeden Fall zustehen soll, zu ermitteln ist, welche Anforderungen hierbei an den Sachvortrag<br />

sowie die Darlegungs- und Beweislast <strong>des</strong> Anspruchstellers zu stellen sind und<br />

welche Beweise hierzu erforderlich und vom Gericht zu erheben sein sollen.<br />

<strong>Die</strong> der Durchsetzungssperre unterlegte Intention, die Abrechnung durch das Vermeiden<br />

von Hin- und Herzahlungen zu erleichtern, unterstellt die Annahme, es könne überhaupt<br />

zu Hin- und Herzahlungen im Rahmen <strong>des</strong> Gesellschaftsverhältnisses kommen, die im<br />

Zuge der Abwicklung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu vermeiden seien. Geht<br />

man <strong>nach</strong> der hier vorgeschlagenen <strong>Auseinandersetzung</strong>smethode vor, so besteht die<br />

von der herrschenden Meinung befürchtete Gefahr der Hin- und Herzahlung nicht bzw.<br />

nur noch in einem so eingeschränkten Umfang, dass demgegenüber die Beschränkung<br />

der Klagbarkeit der einzelnen Ansprüche zu Lasten der Gesellschafter nicht gerechtfertigt<br />

erscheint. Durch die Saldierung der Gesellschafterkonten werden alle Abwicklungsschritte,<br />

die die einzelnen Gesellschafter betreffen, rechnerisch zusammengefasst und in<br />

eine einzige Zahlungsrichtung kanalisiert.<br />

Der Gesellschafter kann vor Saldierung seiner Gesellschafterkonten seine Einzelansprüche<br />

gegen die Gesellschaft schon <strong>des</strong>wegen nicht isoliert durchsetzen, weil deren Bestehen<br />

bzw. Höhe vor Bildung <strong>des</strong> Gesamtsaldos gar nicht abschließend ermittelt werden<br />

kann, da durch die Verrechnung die entsprechenden Forderungen teilweise wieder zum<br />

Erlöschen gebracht werden. Solange der Saldo also nicht abschließend feststeht, besteht<br />

immer die Möglichkeit, dass der betreffende Teilanspruch entweder bereits durch Verrechnung<br />

erloschen ist oder ihm die Einrede <strong>des</strong> § 242 BGB (dolo agit) entgegengehalten<br />

werden kann. Dass der Gesellschafter Einzelposten, die ihm in jedem Fall als Min<strong>des</strong>tbetrag<br />

seines <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens zustehen, bereits vor Abschluss der<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong> fordern kann, ergibt sich bereits aus der analogen Anwendung <strong>des</strong><br />

§ 155 Abs. 2 Satz 1 HGB auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts 515 . Dass solche Min<strong>des</strong>tbeträge<br />

selbstverständlich stets nur als anrechnungspflichtige Abschlagszahlungen<br />

auf den Endbetrag verstanden werden können, versteht sich von selbst 516 . Einer darüber<br />

514 BGHZ 37, 299, 305 = NJW 1962, 1863; BGH NJW-RR 1988, 1249, 1249.<br />

515 So auch K. Schmidt ZHR 153 (1989), 270, 293 - hierzu ausführlich oben S. 135 ff.<br />

516 Ähnlich MünchKomm HGB/K. Schmidt § 131 Rn. 131 für die insoweit vergleichbare Konstellation<br />

<strong>des</strong> Ausscheidens aus der fortbestehenden Gesellschaft.<br />

189


hinaus gehenden besonderen Begründung als Ausnahme zum Grundsatz der Durchsetzungssperre<br />

bedarf es daher nicht mehr. Eine solche Vorwegausschüttung an die Gesellschafter<br />

ist dabei Teil der planmäßigen Vermögensabwicklung 517 : Der Gesellschafter<br />

kann stets die Saldierung seiner Gesellschafter(kapital)konten und ggf. die Auszahlung<br />

<strong>des</strong> sich daraus ergebenden positiven Saldobetrags <strong>nach</strong> § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB analog<br />

verlangen, wenn und soweit sich verteilbares Gesellschaftsvermögen in der Kasse<br />

befindet, das nicht mehr anderweitig für die <strong>Auseinandersetzung</strong> benötigt wird.<br />

Für den umgekehrten Fall, dass der Gesellschafter Nachschussleistung <strong>nach</strong> § 735 BGB<br />

schuldet, bedarf es schon <strong>des</strong>wegen keiner Durchsetzungssperre oder Ausnahmen von<br />

ihr, da Nachschüsse <strong>nach</strong> § 735 BGB schon aus Gründen der mitgliedschaftlichen<br />

Treuepflicht stets ohne Rücksicht auf den Fortgang der <strong>Auseinandersetzung</strong> geltend<br />

gemacht werden dürfen. Damit zusammenhängende Hin- und Herzahlungen zwischen<br />

Gesellschafter und Gesellschaft sind hinzunehmen und dürfen daher nicht durch entsprechende<br />

Klagebeschränkungen verhindert werden. Letztendlich ist der Grundsatz der<br />

Durchsetzungssperre nichts Anderes als die Frage der Berechenbarkeit bzw. Beweisbarkeit<br />

eines vom Anspruchsteller geltend gemachten positiven Guthabensaldos 518 . Eine<br />

darüber hinausgehende Klageerschwerung durch Verweis auf den Abschluss der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

oder die Feststellung einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz ist weder gerechtfertigt<br />

noch notwendig.<br />

3. Eigene Lösung: Unbeschränkte Klagbarkeit im <strong>Auseinandersetzung</strong>sstadium<br />

Unter Zugrundelegung <strong>des</strong> hier vorgeschlagenen <strong>Auseinandersetzung</strong>sverfahrens erscheinen<br />

vielmehr folgende Grundsätze für die Klage auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

sachgerecht: Es bleibt jedem Gesellschafter jederzeit ungeachtet <strong>des</strong><br />

Fortgangs der Abwicklung unbenommen, Einzelansprüche oder Beträge als (Min<strong>des</strong>t)betrag<br />

für die insoweit vergleichbare Konstellation <strong>des</strong> Ausscheidens aus der fortbestehenden<br />

Gesellschaft seines <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens gegenüber der Gesell-<br />

517 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 52 IV 1. c), S. 1521.<br />

518 In diese Richtung auch Hadding/Häuser WM 1988, 1585, 1592.<br />

190


schaft oder seinen Mitgesellschaftern einzuklagen 519 . Eine solche Zahlungsklage ist ohne<br />

weiteres zulässig und kann bereits im Zeitpunkt der Auflösung erhoben werden.<br />

Eine davon zu trennende Frage ist, ob eine solche Klage auch in vollem Umfang begründet<br />

ist: Wie jeder andere Kläger auch muss der anspruchsstellende Gesellschafter<br />

substantiiert darlegen und beweisen, dass ihm die eingeklagten Beträge im geltend gemachten<br />

Umfang tatsächlich zustehen. Dazu muss er <strong>nach</strong>weisen, dass der jeweilige<br />

Einzelanspruch auch unter Berücksichtigung sämtlicher Verbindlichkeiten der Gesellschaft<br />

nicht durch Verrechnung im Rahmen der Saldierung seines Gesellschafterkontos<br />

erloschen ist, sondern <strong>nach</strong> wie vor jedenfalls in Höhe <strong>des</strong> eingeklagten Betrags <strong>nach</strong><br />

§ 155 HGB analog besteht. Er ist nicht gehindert, das ihm zustehende <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

zu diesem Zweck selbst zu berechnen. Aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter<br />

der Liquidationsgesellschaft kann er sich jederzeit ungehindert Einblick in<br />

die Geschäftsbücher und die Vermögenslage der Gesellschaft verschaffen (§ 716 Abs. 1<br />

BGB). Er kann sich hierzu auch eines Sachverständigen bedienen, der für ihn das Einsichts-<br />

und Prüfungsrecht ausübt 520 . Ist der Kläger nicht in der Lage, den eingeklagten<br />

Betrag als ihm zustehen<strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben zweifelsfrei <strong>nach</strong>zuweisen,<br />

so ist die Zahlungsklage als (derzeit) unbegründet abzuweisen.<br />

Ist geklärt, unter welchen Voraussetzungen der Anspruch auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

im Allgemeinen durchsetzbar ist, so ist anschließend zu fragen, welche Anforderungen<br />

im Besonderen an die Prozessführung, an die Erhebung der Klage, die<br />

Schlüssigkeit <strong>des</strong> Vorbringens und an die Beweisführung zu stellen sind und welche<br />

prozessualen Probleme sich stellen, wenn die Gesellschaft während <strong>des</strong> Prozesses erlöschen<br />

sollte.<br />

519 So wohl auch BGH NJW-RR 1987, 1386, 1387; MünchKomm HGB/K. Schmidt § 131 Rn. 136 für<br />

die insoweit vergleichbare Konstellation <strong>des</strong> Ausscheidens aus der fortbestehenden Gesellschaft.<br />

520 <strong>Die</strong> hierfür anfallenden Kosten fallen der Gesellschaft unabhängig davon zur Last, ob die Heranziehung<br />

<strong>des</strong> Sachverständigen z.B. wegen mangelnder Buchführung objektiv gerechtfertigt war, sondern<br />

stets unabhängig davon, ob der Gesellschaftsvertrag ein Verbot der persönlichen Ausübung <strong>des</strong> Einsichts-<br />

und Prüfungsrechts enthält: <strong>Die</strong> mit der Hinzuziehung eines Sachverständigen verbundene Kostenlast<br />

würde sonst immer die dem Gesellschafter gesetzlich garantierten Informationsrechte faktisch<br />

beschränken. Hierzu Hirte BB 1985, 2208 ff.<br />

191


§ 22 <strong>Die</strong> Klage auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

I. Passivlegitimation<br />

Richtige Beklagte für die Klage auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens ist<br />

<strong>nach</strong> der heute geltenden Auffassung die Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst 521 ,<br />

wobei der Anspruch <strong>nach</strong> der Umsetzung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> in Geld und Berichtigung<br />

der Schulden aus dem verbleibenden Vermögen zu befriedigen ist 522 . Da aber<br />

andererseits § 736 ZPO für die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einen<br />

Titel gegen alle Gesellschafter verlangt, soll sowohl aus einem Titel gegen die Gesellschaft<br />

523 als auch aus einem Titel gegen alle Gesellschafter vollstreckt werden können<br />

524 . Wenn kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist, so kann der Berechtigte<br />

seinen Anspruch <strong>nach</strong> herrschender Meinung auch unmittelbar gegen einen ausgleichspflichtigen<br />

Mitgesellschafter geltend machen 525 .<br />

<strong>Die</strong> Definition <strong>des</strong> richtigen Schuldners da<strong>nach</strong>, ob Gesellschaftsvermögen vorhanden<br />

ist oder nicht, wirft weitere Fragen auf, die von der herrschenden Meinung, soweit ersichtlich,<br />

nicht beantwortet werden. Wenn ohne liquidierungsfähiges Gesellschaftsvermögen<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sansprüche gegen die ausgleichspflichtigen Gesellschafter<br />

zu richten sind, ist dann die Klage gegen die vermögenslose Gesellschaft unbegründet?<br />

Was passiert, wenn die Gesellschaft im Laufe <strong>des</strong> Prozesses vermögenslos wird oder die<br />

zunächst vermögenslose Gesellschaft im Laufe <strong>des</strong> Prozesses Vermögen erwirbt? Wie<br />

vermögenslos muss die Gesellschaft sein, gänzlich oder nur insoweit das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

<strong>des</strong> Klägers das Vermögen der Gesellschaft übersteigt? Wie muss der<br />

Kläger die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft <strong>nach</strong>weisen, durch erfolglose Pfändung<br />

oder genügt schlichter Parteivortrag? Kann sich der ausgleichspflichtige Gesellschafter<br />

gegen seine Inanspruchnahme mit dem Einwand verteidigen, die Gesellschaft hätte<br />

521 Erman/Westermann BGB § 730 Rn. 15.<br />

522 MünchKomm BGB/Schäfer § 730 Rn. 62.<br />

523 BGH NJW 2001, 1056, 1059: Ein gegen die Gesamtheit der gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter<br />

als Partei ergangenes Urteil ist ein Urteil „gegen alle Gesellschafter” im Sinne <strong>des</strong> § 736<br />

ZPO. <strong>Die</strong> Vorschrift verlangt weder <strong>nach</strong> Wortlaut noch Zweck ein Urteil gegen jeden einzelnen Gesellschafter.<br />

524 BGH NJW 2004, 3632, 3634.<br />

525 BGH NJW-RR 2007, 245, 246 (Rn. 10).<br />

192


doch noch Vermögen? Wäre dies auch möglich, wenn das liquide Restvermögen der<br />

Gesellschaft zwar zur Befriedigung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens <strong>des</strong> Klägers,<br />

aber nicht mehr zu Befriedigung der <strong>Auseinandersetzung</strong>sansprüche weiterer, nicht klagender<br />

Gesellschafter ausreicht?<br />

<strong>Die</strong> aufgeworfenen Fragen belegen, dass die Auswahl <strong>des</strong> richtigen Beklagten da<strong>nach</strong>,<br />

ob die Gesellschaft noch über Vermögen verfügt oder nicht, nicht zielführend ist. Statt<br />

<strong>des</strong>sen empfiehlt sich folgende Vorgehensweise: Nach der hier dargestellten Lösung ist<br />

es dem klagenden Gesellschafter verwehrt, seinen <strong>Auseinandersetzung</strong>sanspruch vorrangig<br />

aus vorhandener Liquidität zu bedienen, ohne auf die Ausgleichsansprüche seiner<br />

Mitgesellschafter Rücksicht zu nehmen 526 . Daraus ist zu folgern, dass die Klage auf<br />

Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens grundsätzlich unabhängig von der<br />

Vermögenslage gegen die Gesellschaft und die Mitgesellschafter gemeinsam zu richten<br />

ist und letztere wegen der notwendig einheitlichen Sachentscheidung mit der Gesellschaft<br />

eine notwendige Streitgenossenschaft im Sinne <strong>des</strong> § 62 ZPO bilden.<br />

Dass der BGH in seiner Grundsatzentscheidung vom 29.01.2001 527 die notwendige<br />

Streitgenossenschaft zwischen den Gesellschaftern als Alternativmodell zur Rechtsfähigkeit<br />

der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausdrücklich abgelehnt und die Rechtsund<br />

Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sogar mit den Unzulänglichkeiten<br />

einer Klage gegen die in notwendiger Streitgenossenschaft verbundenen Gesellschafter<br />

begründet hat 528 , kann insoweit kein Gegenargument sein: <strong>Die</strong> Klage <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens im Innenverhältnis ist<br />

nicht mit der eines außenstehenden Gläubigers im Außenverhältnis vergleichbar. <strong>Die</strong><br />

notwendig einheitliche Sachentscheidung erweist sich im <strong>Auseinandersetzung</strong>sprozess<br />

vielmehr als unverzichtbare Klammer zwischen den Gesellschaftern und der eigenständigen,<br />

rechtsfähigen Gesellschaft im Innenverhältnis: <strong>Die</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong> einer<br />

Gesellschaft lässt sich nicht ohne Beteiligung aller Gesellschafter umsetzen. Selbst im<br />

Idealfall, dass die Gesellschafterkonten aller Gesellschafter einen positiven Saldo aufweisen,<br />

liqui<strong>des</strong> Gesellschaftsvermögen vorhanden ist und keine Nachschussleistungen<br />

geschuldet sind, gilt der Grundsatz, dass nur tatsächlich vorhandenes Geld verteilt wer-<br />

526 Siehe hierzu bereits oben unter § 15, I., 2 c), S. 104 ff.<br />

527 BGHZ 146, 341 ff. = NJW 2001, 1056 ff.<br />

528 BGH NJW 2001, 1056, 1058.<br />

193


den kann und damit die Einzelansprüche der Gesellschafter insoweit in einem gegenseitigen<br />

Abhängigkeitsverhältnis stehen, als das, was dem einen zufließt, den anderen<br />

fehlt. Eine Entscheidung, die nur im Verhältnis <strong>des</strong> klagenden Gesellschafters zur Gesellschaft<br />

selbst erginge, hätte daher notwendigerweise Auswirkungen auf die übrigen<br />

Gesellschafter, auch wenn diese nicht am Prozess beteiligt sind.<br />

Selbst bei einer vermögenslosen Gesellschaft haben die Abstimmung der Gesellschafterkonten<br />

und die gemeinsame Ermittlung <strong>des</strong> Restvermögens auf der Basis <strong>des</strong> Gesamtbetrages<br />

aller Gesellschafterkontensalden zu erfolgen. Erst recht gilt dies bei negativen<br />

Gesellschafterkontenständen und bei Fehlbeträgen im Gesellschaftsvermögen.<br />

Eine isolierte Betrachtung der Rechtsbeziehungen <strong>des</strong> klagenden Gesellschafters zur<br />

Gesellschaft, ohne Berücksichtigung <strong>des</strong> für die Gesellschaft typischen Gewebes von<br />

rechtlichen Verflechtungen im Innen- wie Außenverhältnis, bleibt bruchstückhaft und<br />

unzureichend.<br />

II.<br />

Erlöschen der Gesellschaft während <strong>des</strong> Prozesses<br />

Erlischt die Gesellschaft während eines schwebenden Prozesses, so richten sich die prozessualen<br />

Folgen da<strong>nach</strong>, ob es sich um einen Aktivprozess oder einen Passivprozess<br />

der Gesellschaft handelt. Aktivprozesse der Gesellschaft gegen Dritte müssen grundsätzlich<br />

zu Ende geführt werden 529 , und zwar unabhängig davon, ob damit Vermögensrechte<br />

oder sonstige Rechte der Gesellschaft geltend gemacht werden. Nicht nur die<br />

Existenz von liquidationspflichtigem Gesellschaftsvermögen, sondern generell die Existenz<br />

von Rechten und Pflichten der Gesellschaft gegenüber Dritten oder gegenüber<br />

ihren Gesellschaftern verhindert <strong>nach</strong> der hier vertretenen Auffassung 530 die Vollbeendigung<br />

der Gesellschaft, da die Gesellschaft so lange als Träger von Rechten und<br />

Pflichten fortbesteht, wie sie tatsächlich noch Rechte und Pflichten innehat.<br />

Handelt es sich um einen Passivprozess, d.h. fällt die Gesellschaft als Beklagte während<br />

<strong>des</strong> Prozesses weg, so ist umstritten, ob damit die Klage unzulässig geworden ist 531 oder<br />

529 E/B/J/S/Hillmann HGB § 124 Rn. 27.<br />

530 Siehe dazu ausführlich oben S. 144 ff.<br />

531 So BGHZ 74, 212 ff. = NJW 1979, 1592.<br />

194


sich in der Hauptsache erledigt hat 532 oder ob die Gesellschaft bis zur Prozessbeendigung<br />

als fortbestehend zu behandeln ist 533 . Im Ergebnis ist der letztgenannten Ansicht zu<br />

folgen: Der Beklagte kann sich nicht durch „Nichtexistent werden“ aus dem Prozess<br />

davonstehlen, da erst <strong>nach</strong> Abschluss <strong>des</strong> Prozesses die Existenz einer potentiellen Gesellschaftsverbindlichkeit<br />

geklärt ist 534 und außerdem noch Aktiva in Form von Kostenerstattungsansprüchen<br />

im Raum stehen. <strong>Die</strong> Gesellschaft bleibt damit auch während<br />

eines laufenden Passivrechtsstreits parteifähig 535 , eine Vollbeendigung tritt nicht vor<br />

Abschluss aller Prozesse ein.<br />

III.<br />

<strong>Die</strong> Vertretung der Gesellschaft im Prozess<br />

<strong>Die</strong> Frage <strong>nach</strong> der Vertretung der Gesellschaft im Prozess mit dem Gesellschafter erscheint<br />

nur auf den ersten Blick unproblematisch. Dass die aufgelöste Gesellschaft bei<br />

einer Klage <strong>des</strong> Gesellschafters trotz § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB nur von den übrigen Gesellschaftern<br />

vertreten werden kann, dürfte unbestritten sein. Allerdings lassen sich bei<br />

Prozessen im Innenverhältnis der Gesellschaft, die <strong>nach</strong> deren Eintritt in das Auflösungsstadium<br />

durchgeführt werden, Überschneidungen zwischen den Interessen der<br />

Gesellschaft und den Eigeninteressen der zur Prozessvertretung berufenen Mitgesellschafter<br />

nicht vermeiden.<br />

<strong>Die</strong>s gilt unabhängig davon, ob die prozessführenden Gesellschafter selbst <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

von der Gesellschaft beanspruchen können oder ob sie Nachschusszahlungen<br />

leisten müssen: Wie bereits dargelegt, stehen einerseits die Ansprüche<br />

der Gesellschafter untereinander in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis zueinander,<br />

andererseits ist die Höhe der einzelnen Ansprüche auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

durch den Umfang <strong>des</strong> verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> insgesamt bedingt:<br />

Je höher das verteilbare Gesellschaftsvermögen, <strong>des</strong>to höher das <strong>nach</strong> Schuldenbefriedigung<br />

verbleibende Restvermögen, das den Gesellschaftern anteilig zugewiesen<br />

wird. <strong>Die</strong>se Interessenskonflikte beschwören vielfach die Gefahr von Insichgeschäften<br />

532 BGH NJW 1982, 238, 238.<br />

533 BAG NJW 1982, 1831, 1831.<br />

534 Waclawik, Prozessführung, S. 145.<br />

535 Theil JZ 1979, 567, 567 f.; Saenger GmbHR 1994, 300, 304 f.<br />

195


im Sinne <strong>des</strong> § 181 BGB herauf. Selbst wenn § 181 BGB auf die Prozessvollmacht<br />

nicht unmittelbar anzuwenden ist, gilt der Grundsatz, dass niemand in einem Prozess<br />

auf beiden Seiten Partei oder Parteivertreter sein darf 536 . Es empfiehlt sich daher, im<br />

Prozess um gesellschaftsinterne Ansprüche grundsätzlich einen Prozesspfleger gemäß<br />

§ 57 ZPO zu bestellen.<br />

IV.<br />

Schlüssigkeit, Darlegungs- und Beweislast<br />

1. <strong>Die</strong> herrschende Meinung<br />

Bei der Klage auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens stellt sich insbesondere<br />

die Frage, welche Anforderungen an Schlüssigkeit und Beweisführung zu stellen<br />

sind. <strong>Die</strong> Ansicht, die eine <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz für erforderlich hält, gewährt<br />

dem Berechtigten zusätzlich einen einklagbaren Anspruch auf Zustimmung seiner Mitgesellschafter<br />

zur <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz 537 : Der Berechtigte, der nicht selbst Zugang<br />

zu den dafür erforderlichen Informationen habe, könne zunächst von den die Geschäfte<br />

führenden Gesellschaftern die Erstellung einer Bilanz verlangen, soweit diese<br />

dazu ohne weiteres in der Lage sind 538 . Sei er mit der erstellten Bilanz nicht einverstanden,<br />

könne er jedoch nicht auf gerichtliche Feststellung einer zutreffenden Bilanz klagen,<br />

sondern müsse entweder seinen <strong>Auseinandersetzung</strong>sanspruch in zahlenmäßig bestimmter<br />

Höhe einklagen oder vom Prozessgericht die Feststellung begehren, dass einzelne<br />

Posten in der Bilanz mit berücksichtigt werden oder außer Ansatz bleiben müssen<br />

539 .<br />

Da der Berechtigte da<strong>nach</strong> de facto eine eigene Bilanz aufstellen und auf dieser rechnerischen<br />

Grundlage seinen Anspruch ermitteln und einklagen muss, d.h. zugleich das<br />

Kostenrisiko einer auf der mangelhaften Information beruhenden Fehleinschätzung<br />

536 Statt vieler Palandt/Ellenberger BGB § 181 Rn. 5.<br />

537 Palandt/Sprau BGB § 730 Rn. 4.<br />

538 Eckardt NZG 1999, 938, 938.<br />

539 BGHZ 26, 25, 28 ff. = NJW 1958, 57 für den aus einer Gesellschaft ausgeschiedenen Gesellschafter,<br />

<strong>des</strong>sen Interessenslage hier vergleichbar ist.<br />

196


trägt, soll hier die sogenannte sekundäre Behauptungslast 540 Abhilfe schaffen. Da<strong>nach</strong><br />

kann vom Prozessgegner ausnahmsweise ein substantiiertes Bestreiten gefordert werden,<br />

wenn der beweisbelasteten Partei eine nähere Darlegung <strong>des</strong> Sachverhalts nicht<br />

möglich oder nicht zumutbar ist, weil nur dem Gegner die Einzelheiten bekannt sind<br />

und diesem deren Vortrag zumutbar ist 541 . In diesem Fall braucht die beweisbelastete<br />

Partei ihr Vorbringen erst unter Beweis zu stellen, wenn der Gegner eine substantiierte<br />

Sachdarstellung gegeben hat; äußert er sich nicht, so tritt die Wirkung <strong>des</strong> § 138 Abs. 3<br />

ZPO ein, das Klägervorbringen gilt dann als zugestanden 542 . Dafür wird allerdings ein<br />

besonderer Anknüpfungspunkt in Gestalt eines vorhergegangenen Tuns der nicht beweisbelasteten<br />

Partei oder besonderer persönlicher Beziehungen der Parteien zueinander<br />

gefordert 543 . <strong>Die</strong> sekundäre Behauptungslast hat ihren Ursprung in einer bei § 138<br />

Abs. 2 ZPO angesiedelten und mit der Sanktion <strong>des</strong> § 138 Abs. 3 ZPO behafteten Last<br />

zum substantiierten Bestreiten 544 , verlangt aber allein eine substantiierte Gegendarstellung<br />

<strong>des</strong> Gegners und lässt die objektive Beweislast unberührt 545 .<br />

2. Stellungnahme<br />

a) Keine gesetzliche Pflicht zur Einführung von Abzugsposten in den Prozess<br />

<strong>Die</strong> Ansicht, die dem Berechtigten seinen Anspruch auf Auszahlung seines <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

erst mit Feststellung einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz zugesteht<br />

546 , stellt dem Kläger in der Praxis nahezu unüberwindliche Hindernisse in den<br />

Weg. Insbesondere gibt sie keine Antwort auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen<br />

der Kläger einen Anspruch auf Zustimmung zu seinem Bilanzentwurf gegen<br />

seine Mitgesellschafter hat bzw. welchen Grad an Vollständigkeit und Richtigkeit die<br />

Bilanz haben muss, damit die übrigen Gesellschafter zur Zustimmung verurteilt werden<br />

können.<br />

540 Eckardt NZG 1999, 938, 938.<br />

541 Ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH NZG 1999, 937, 937 mit Anmerkung Eckardt NZG 1999,<br />

938 ff.<br />

542 BGH NJW 1990, 3151, 3152; BGHZ 121, 357, 365 = NJW 1993, 2168; BGH NZG 1999, 937, 937.<br />

543 Eckardt NZG 1999, 938, 938.<br />

544 Eckardt NZG 1999, 938, 939.<br />

545 Eckardt NZG 1999, 938, 939.<br />

546 Schwung BB 1985, 1374, 1375.<br />

197


Das Gesetz enthält keine Anhaltspunkte, dass der Gesellschafter zu einer vollständigen<br />

Auflistung auch der zu seinen Lasten wirkenden Abzugsposten verpflichtet ist. Zwar<br />

stellt ihm § 716 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Einsicht in die Geschäftsunterlagen<br />

zur Seite, den er im Weigerungsfalle gegen die übrigen Liquidatoren geltend machen<br />

kann. Daraus lässt sich aber noch lange keine Verpflichtung ableiten, diesen Anspruch<br />

auch tatsächlich geltend zu machen. § 716 Abs. 1 BGB stellt es dem Gesellschafter frei,<br />

ob er diese Möglichkeit wahrnimmt („kann“); er zwingt den Gesellschafter gerade nicht<br />

dazu, sich zunächst mittels Herausgabeklage die Geschäftsbücher der Gesellschaft zu<br />

verschaffen, um anschließend mit Hilfe der daraus gewonnenen Informationen eine<br />

vollständige Abrechnung über das Gesellschaftsvermögen zu erstellen. Auch der Wortlaut<br />

<strong>des</strong> § 259 Abs. 1 BGB („oder“) lässt vermuten, dass die Angabe der Einnahmen<br />

oder der Ausgaben alleine ausreichend ist, der Anspruchsteller also nicht verpflichtet<br />

ist, eine vollständige Einnahmen-Ausgaben-Kalkulation zu erstellen.<br />

<strong>Die</strong> Vorschriften <strong>des</strong> HGB zur Vorlage von Geschäftsbüchern vor Gericht (§§ 258 ff.<br />

HGB) führen hier zu keinem anderen Ergebnis, da sie nur ein Recht <strong>des</strong> Gerichts, nicht<br />

aber eine Pflicht der Partei statuieren. Auch die §§ 358 ff. HGB verpflichten das Gericht<br />

nicht, aufgrund der herangezogenen Geschäftsbücher selbst die <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

zu erstellen; sie dienen lediglich der gerichtlichen Kontrolle <strong>des</strong> von den Parteien<br />

in den Prozess eingeführten Vortrags.<br />

b) Geltung allgemeiner Beweisgrundsätze<br />

Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen <strong>des</strong> Zivilrechts hat grundsätzlich jede Partei die<br />

Voraussetzungen <strong>des</strong> Rechtssatzes zu beweisen, <strong>des</strong>sen Rechtsfolge sie geltend macht:<br />

Den Anspruchsteller trifft die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatsachen, der<br />

Gegner muss Beweis für rechtshemmende, rechtshindernde oder rechtsvernichtende<br />

Tatsachen erbringen 547 . Es ist nicht ersichtlich, warum dies bei der Gesellschaftsauflösung<br />

anders sein sollte. Das Postulat, der Gesellschafter habe auch die zu seinen Lasten<br />

wirkenden Passivposten seiner <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung darzulegen und zu beweisen,<br />

ist weder interessengerecht noch berücksichtigt es in angemessener Weise die<br />

wechselseitigen Prozesspflichten. Würde man ihm folgen, müsste der Anspruchsberechtigte<br />

erst in mühsamer Kleinarbeit auf eigene Kosten jeden einzelnen zu seinen Lasten<br />

547 BGH NJW 1991, 1052, 1053.<br />

198


existierenden Abzugsposten in genauer Höhe (gerichtlich) ermitteln, diesen anschließend<br />

in seine Saldoberechnung einstellen und anschließend ggf. gerichtlich feststellen<br />

lassen. Er wäre so der Willkür jener Mitgesellschafter ausgeliefert, die mit der Vermögensverwaltung<br />

der Gesellschaft betraut waren. <strong>Die</strong>se hätten es aufgrund ihrer Nähe zur<br />

Information allein in der Hand, die betreffenden Zahlen entweder zeitig und korrekt<br />

herauszugeben oder den klagenden Gesellschafter durch gezielte Informationsverweigerung<br />

und Verzögerungstaktiken so lange in einem gerichtlichen Informationsbeschaffungs-<br />

und Informationsverwertungsprozess festzuhalten, bis das noch vorhandene Gesellschaftsvermögen<br />

entweder durch anderweitige Maßnahmen vollständig aufgebraucht<br />

oder unter den beklagten Mitgesellschaftern verteilt worden ist. Demgegenüber liegt die<br />

Verwertung der Informationen zu den Abzugsposten allein im Interesse der beklagten<br />

Gesellschaft bzw. Mitgesellschafter.<br />

c) Ineffizienz der Stufenklage<br />

Es erscheint insbesondere verfehlt, den Kläger auf das prozessuale Instrument der Stufenklage<br />

zu verweisen, um seine Forderung geltend zu machen und zu vollstrecken. <strong>Die</strong><br />

Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Rechenschaftslegung <strong>nach</strong> §§ 259, 260 BGB<br />

gilt <strong>nach</strong> herrschender Meinung als grundsätzlich unvertretbare Handlung 548 und müsste<br />

daher an sich gemäß § 888 ZPO durch Androhung bzw. Vollziehung von Zwangsgeld<br />

oder Zwangshaft vollstreckt werden. Etwas Anderes soll aber gelten, wenn die Auskunft<br />

und Rechenschaftslegung gemäß §§ 259, 260 BGB durch Erstellung und Vorlage einer<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung erfolgen kann 549 : Soweit es um die Auswertung von<br />

Buchhaltungsdaten und Belegen geht, kann die Leistung auch von sachkundigen Dritten<br />

(Buchhaltern, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern) erbracht werden. Wollte man <strong>des</strong>halb<br />

die Aufstellung einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung als vertretbare Handlung gemäß<br />

§ 887 ZPO durch Ermächtigung zur Ersatzvornahme auf Kosten <strong>des</strong> Schuldners vollstrecken<br />

550 , so würde sich das Problem auf die Frage verlagern, wie der zur Ersatzvornahme<br />

vorgesehene Wirtschaftsprüfer sich den Zugang zu den erforderlichen Buchhal-<br />

548 BGH NJW 2006, 2706, 2707 (Rn. 13) für die Betriebskostenabrechnung einer Mietwohnung; BGH<br />

NJW 2008, 917, 917 (Rn. 13); BayObLG NJW-RR 2002, 1381, 1382 für die Rechnungslegung im Innenverhältnis<br />

zwischen dem Verwalter einer Wohnungsanlage und den Wohnungseigentümern; Palandt/Grüneberg<br />

BGB § 259 Rn. 15; Musielak/Lackmann ZPO § 887 Rn. 9 und 15.<br />

549 Musielak/Lackmann ZPO § 887 Rn. 9 und 15 unter Verweis auf OLG Köln NJW-RR 1992, 633, 634;<br />

KG NJW 1972, 2093 ff.<br />

550 Musielak/Lackmann ZPO § 887 Rn. 9 und 15.<br />

199


tungsunterlagen und Belegen verschaffen soll, wenn die übrigen Gesellschafter nicht<br />

kooperieren. In diesem Fall müsste entweder im Rahmen eines Zwischenstreites auf<br />

Herausgabe der Belege geklagt werden, bevor der Gerichtsvollzieher die Unterlagen<br />

<strong>nach</strong> § 883 ZPO wegnehmen könnte, oder die Wegnahme müsste vom Prozessgericht<br />

als Zwangsvollstreckungsmaßnahme gemäß § 888 ZPO angeordnet werden, was wiederum<br />

in der Schleife der Zwangsgeld- oder Zwangshaftandrohungen enden würde.<br />

Außerdem erlischt der Auskunfts- wie Rechnungslegungsanspruch <strong>nach</strong> herrschender<br />

Meinung mit Erteilung einer formal korrekten Auskunft bzw. Abrechnung 551 , und zwar<br />

unabhängig davon, ob die erteilte Auskunft inhaltlich richtig ist oder nicht 552 . Sachliche<br />

Mängel begründen keinen Anspruch auf Nacherfüllung, nur bei Unvollständigkeit kann<br />

Ergänzung verlangt werden 553 . Zweifel an der Richtigkeit sind dann im Verfahren über<br />

die Abgabe einer ei<strong>des</strong>stattlichen Versicherung gemäß §§ 259 Abs. 2, 261 BGB zu klären<br />

554 , letztlich also mit Hilfe der Strafverfolgungsbehörden. Es liegt auf der Hand, dass<br />

dies dem Interesse aller Gesellschafter widerspricht, die <strong>Auseinandersetzung</strong> der Gesellschaft<br />

möglichst schnell zu bewerkstelligen.<br />

3. Eigene Lösung: <strong>Die</strong> Rechenschaftspflicht der Gesellschaft im Prozess<br />

a) Anwendung der Grundsätze zum Kontokorrent (§ 355 HGB)<br />

Statt <strong>des</strong>sen erweist sich auch für die Frage <strong>nach</strong> Schlüssigkeit und Beweisumfang der<br />

Klage auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben ein Blick auf die für das Kontokorrent<br />

(§ 355 HGB) geltenden Grundsätze als hilfreich. Kommt es beim Kontokorrent nicht zu<br />

einem Anerkenntnis <strong>des</strong> Saldos oder wird ein solches nicht bewiesen, so muss derjenige,<br />

der für sich einen Aktivsaldo behauptet, die aus seiner Sicht angefallenen gegenseitigen<br />

Ansprüche und Leistungen substantiiert darlegen und seine Aktivposten beweisen<br />

555 . Dazu genügt es mangels Bestreitens, wenn ein anerkannter, kausaler oder rechnerischer<br />

Saldo zu einem bestimmten Zeitpunkt in bestimmter Höhe sowie die da<strong>nach</strong><br />

551 RGZ 100, 150, 152; MünchKomm BGB/Krüger § 259 Rn. 24.<br />

552 MünchKomm BGB/Krüger § 259 Rn. 24: „Auch mit einer falschen Rechnungslegung erfüllt der<br />

Schuldner den Anspruch“.<br />

553 Bamberger/Roth/Unberath BGB § 259 Rn. 12; Palandt/Grüneberg BGB § 260 Rn. 16.<br />

554 MünchKomm BGB/Krüger § 259 Rn. 24.<br />

555 BGH NJW-RR 2002, 986, 986 f.; Koller/Roth/Morck/Koller HGB § 355 Rn. 9.<br />

200


eingetretenen Aktiv- und Passivänderungen behauptet werden 556 . Belastende Passivposten<br />

muss der Kläger da<strong>nach</strong> nur darlegen, soweit sie unstreitig sind 557 , während es Aufgabe<br />

<strong>des</strong> Beklagten ist, die ihm zugute kommenden Posten darzulegen und zu beweisen,<br />

soweit sie nicht zugestanden sind 558 .<br />

<strong>Die</strong>se Grundsätze können auch für den prozessualen Nachweis <strong>des</strong> positiven <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters herangezogen werden 559 : Ob der Gesellschafter<br />

verpflichtet ist, eine Saldoberechnung aufzustellen, in der auch die zu seinen Lasten<br />

zu berücksichtigenden Abzugsposten aufgelistet sind oder ob es ausreicht, wenn er einen<br />

bestimmten Betrag einklagt und es der beklagten Gesellschaft überlässt, die entsprechenden<br />

Abzugsposten einredeweise geltend zu machen und zu beweisen, richtet<br />

sich da<strong>nach</strong>, ob der Kläger von den betreffenden Abzugsposten Kenntnis hat oder haben<br />

müsste oder nicht.<br />

Hat der Gesellschafter positive Kenntnis von Abzugsposten seines Gesellschafterkontos,<br />

die sein <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben schmälern, weil er sie selbst herbeigeführt<br />

hat (z.B. durch Überentnahmen oder von ihm pflichtwidrig nicht gezahlte Beitragsleistungen)<br />

oder kann er sich ohne frem<strong>des</strong> Zutun Zugang zu den zur Berechnung dieser<br />

Abzugsposten erforderlichen Informationen verschaffen, weil er mit der Vermögensverwaltung<br />

oder Buchführung der Gesellschaft betraut ist oder war, so gebietet es bereits<br />

die prozessuale Wahrheitspflicht, dass der Gesellschafter diese Posten von sich aus<br />

in den Prozess einführt bzw. den von ihm eingeklagten Anspruch um diese Posten kürzt.<br />

Etwas Anderes muss jedoch gelten, wenn der Gesellschafter von den sein <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

schmälernden Posten keine Kenntnis hat und auch keine Möglichkeit<br />

hat, sich die entsprechenden Informationen ohne fremde Mithilfe selbst zu beschaffen,<br />

beispielsweise weil er mit der Vermögensverwaltung der Gesellschaft nicht betraut war.<br />

<strong>Die</strong> Klage eines Gesellschafters auf Auszahlung seines Guthabens darf nicht <strong>des</strong>wegen<br />

als unbegründet abgewiesen werden, weil ihm die Informationen für die Erstellung ei-<br />

556 BGH NJW 2001, 2908, 2908; Koller/Roth/Morck/Koller HGB § 355 Rn. 9.<br />

557 BGHZ 105, 263, 265 = NJW 1989, 300; BGH NJW 2001, 1486, 1487.<br />

558 BGH NJW 2001, 1486, 1487; Koller/Roth/Morck/Koller HGB § 355 Rn. 9.<br />

559 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass diese These in<br />

dieser Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden ist. Daher gehe ich davon aus,<br />

dass hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

201


ner abschließenden, vollständigen und umfassenden <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

nicht zur Verfügung gestellt werden oder die beklagte Gesellschaft die Unrichtigkeit <strong>des</strong><br />

Klägervortrages zur Höhe <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens bestreitet, ohne selbst<br />

umfassend Rechnung zu legen.<br />

b) Rechnungslegungspflicht <strong>nach</strong> § 259 Abs. 1 BGB<br />

Wegen der <strong>nach</strong> materiellem Recht bestehenden Rechenschaftspflicht der beklagten<br />

Gesellschaft kann der klagende Gesellschafter es vielmehr ohne weiteres der Gesellschaft<br />

überlassen, Abzugsposten, von denen er keine Kenntnis hat, geltend zu machen<br />

und zu beweisen. Wenn man die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts ernst nimmt, muss man auch fordern, dass sie selbst in der Abwicklung dem<br />

berechtigten Gesellschafter gegenüber gemäß § 259 Abs. 1 BGB verpflichtet ist, eine<br />

die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthaltende Rechnung<br />

einschließlich der Belege, mithin eine <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung vorzulegen 560 .<br />

Es wäre daher verfehlt, als Voraussetzung für die Klage auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

vom Kläger die Leistung zu verlangen, die ihm die Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts schuldet, nämlich die <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung zu erstellen.<br />

Noch belastender wäre die Forderung, Einzelpositionen der Abrechnung durch Feststellungsklagen<br />

zu klären. Nicht nur die Geschäftsführer, die rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts selbst schuldet ihren Gesellschaftern Auskunft und Rechenschaft gemäß<br />

§§ 713, 666 BGB und Belegvorlage gemäß §§ 259, 716, 810 BGB. Alles was der<br />

Gesellschafter benötigt, um seinen <strong>Auseinandersetzung</strong>sanspruch einzuklagen, muss die<br />

beklagte Gesellschaft bürgerlichen Rechts ihm liefern.<br />

<strong>Die</strong> Pflicht aus § 259 BGB geht sogar noch weiter, die Gesellschaft ist sogar verpflichtet,<br />

dieses Material aufzubereiten, also nicht nur Zahlen und Daten zu liefern, sondern<br />

diese auch noch geordnet zusammenzustellen 561 , also letztendlich, ihrem Gesellschafter<br />

umfassend, vollständig und wahrheitsgemäß sämtliche Informationen, Unterlage und<br />

Belege zur Verfügung zu stellen, die dieser benötigt, um seinen Anspruch durchzuset-<br />

560 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass die Rechenschaftsverpflichtung<br />

der Gesellschaft <strong>nach</strong> § 259 ff. BGB zugunsten <strong>des</strong> berechtigten Gesellschafters<br />

in dieser Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden ist. Daher gehe ich davon<br />

aus, dass hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

561 MünchKomm BGB/Krüger § 259 Rn. 23.<br />

202


zen bzw. die Abrechnung zu liefern, die der Kläger braucht. <strong>Die</strong> Pflichten der beklagten<br />

Gesellschaft bürgerlichen Rechts erschöpfen sich hierbei keineswegs mit der prozessualen<br />

Wahrheitspflicht; sie ist <strong>nach</strong> materiellem Recht gemäß § 259 BGB umfassend<br />

zu vollständigen, wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet.<br />

<strong>Die</strong> Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst ist damit <strong>nach</strong> materiellem Recht verpflichtet,<br />

in Person ihrer geschäftsführenden Gesellschafter 562 die <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

aufzustellen und deren Richtigkeit unter den Voraussetzungen <strong>des</strong> § 259<br />

Abs. 2 BGB an Ei<strong>des</strong> statt zu versichern. Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />

selbst liegt <strong>nach</strong> materiellem Recht daher nicht nur die Darlegungs-, sondern auch die<br />

Beweislast für Bestand und Höhe <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sanspruches, sie kann sich<br />

daher im Prozess nicht umkehren. An diese materiellrechtliche Handlungspflicht knüpfen<br />

sich somit auch sämtliche Sanktionen, die das materielle Recht bei Pflichtverletzungen<br />

vorsieht, insbesondere Schadensersatzpflichten bei Verzug oder Pflichtverstößen<br />

gemäß § 280 BGB. Es ist daher verfehlt, in diesem Zusammenhang zu argumentieren,<br />

niemand sei verpflichtet, dem Gegner das Material für <strong>des</strong>sen Prozesssieg zu verschaffen<br />

563 . <strong>Die</strong>se Auffassung verkennt, dass das Gesetz die Liquidatoren der aufgelösten<br />

Gesellschaft bürgerlichen Rechts materiellrechtlich hierzu explizit verpflichtet.<br />

<strong>Die</strong> Rechtsstellung <strong>des</strong> anspruchsberechtigten Gesellschafters ist damit <strong>nach</strong> dem BGB<br />

viel stärker als es die Diskussion über die prozessuale Wahrheitspflicht, die sekundäre<br />

Darlegungslast und über die Pflicht zur Vorlage einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung<br />

564 suggeriert: Das Risiko unzureichender Aufklärung, fehlender oder unvollständiger<br />

Belege, widersprüchlicher oder unplausibler Zahlen 565 liegt ausschließlich bei der<br />

Gesellschaft. Je weiter der klagende Gesellschafter vom Informationsfluss entfernt war,<br />

umso stärker fällt die Aufklärungspflicht der Gesellschaft ins Gewicht und umso weniger<br />

kann dem Kläger eine unzureichende Darlegung ihm unbekannter Informationen<br />

zum Nachteil gereichen.<br />

562 Bamberger/Roth/Unberath BGB § 259 Rn. 23.<br />

563 BGH NJW 1958, 1491, 1492; BGH NJW 1990, 3151 ff.<br />

564 Siehe hierzu im Einzelnen Eckardt NZG 1999, 938 f.<br />

565 Schon fehlende Plausibilität hat dem BGH in NZG 1999, 937 ff. ausgereicht, um das Berufungsurteil<br />

aufzuheben. Allerdings argumentierte der BGH dort mit der „sekundären Darlegungslast“, anstatt mit<br />

einer Verletzung der Rechenschaftspflicht aus § 259 BGB.<br />

203


c) Anforderungen an die Schlüssigkeit der Klage<br />

<strong>Die</strong> Klage <strong>des</strong> Gesellschafters ist also immer schon dann schlüssig, wenn er vorträgt,<br />

dass ihm ein bestimmter Betrag, ggf. als Vorabentnahme (§ 155 Abs. 2 Satz 1 HGB<br />

analog), seines <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens zusteht und verteilbares Gesellschaftsvermögen<br />

in der notwendigen Höhe vorhanden ist, das nicht zur Ausschüttung an<br />

Nichtgesellschafter oder andere Gesellschafter zu verwenden ist. Bestreitet die beklagte<br />

Gesellschaft Grund und Höhe <strong>des</strong> Anspruchs, so ist entgegen der herrschenden Meinung<br />

nicht der klagende Gesellschafter darlegungs- und beweispflichtig, sondern die<br />

gemäß § 259 BGB zur umfassenden Rechnungslegung verpflichtete Gesellschaft. Daher<br />

muss es genügen, wenn der klagende Gesellschafter mit den ihm zur Verfügung stehenden<br />

Informationen einen bezifferten Anspruch einklagt und für die Darlegung und den<br />

Nachweis seines <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens auf die Verpflichtung der Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts zur Abrechnung und Belegvorlage verweist. <strong>Die</strong> Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts als Beklagte kann sich, da bereits <strong>nach</strong> materiellem Recht aufklärungsund<br />

beweispflichtig, nie auf schlichtes Bestreiten beschränken, sondern muss immer<br />

substantiiert, detailliert und unter Vorlage von Urkunden vortragen.<br />

Im Ergebnis ist also der Gesellschafter, der keine Kenntnis von zu seinen Lasten wirkenden<br />

Abzugsposten im Rahmen der <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung hat und auch<br />

nicht haben muss, nicht verpflichtet, solche Passivposten zu ermitteln, in seiner Anspruchsbegründung<br />

darzulegen und zu beweisen. Vielmehr reicht es aus, wenn er die<br />

ihm bekannten Tatsachen darlegt und beweist. Es ist dann Sache der Gesellschaft, die<br />

entsprechenden Abzugsposten in den Prozess einzuführen 566 . Gelingt ihr das nicht oder<br />

versuchen die maßgeblichen Mitgesellschafter, den Klageanspruch mit unzureichenden<br />

Informationen zu vereiteln, so muss das Risiko <strong>des</strong> „non liquet“ ausschließlich zu Lasten<br />

der Beklagten gehen.<br />

566 Ähnlich Esskandari GmbHR 2007, 137, 141.<br />

204


§ 23 Der Anspruch auf Vorabausschüttung<br />

Der Anspruch auf Vorabausschüttung von Teilbeträgen <strong>nach</strong> § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB<br />

analog stellt gleichsam das Minus zum Anspruch auf den Gesamtsaldo <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

dar. Er entsteht unabhängig von der Kenntnis oder korrekten<br />

Nachvollziehung in einer Anspruchsberechnung durch die Gesellschafter in dem Augenblick,<br />

in dem das vorhandene verteilbare Gesellschaftsvermögen sämtliche Verbindlichkeiten<br />

und Rückstellungen der Gesellschaft gegenüber Nichtgesellschaftern übersteigt,<br />

d.h. in dem Augenblick, in dem der Saldo <strong>des</strong> Liquiditätskontos positiv wird.<br />

Nach den gleichen Grundsätzen richtet sich auch die Fälligkeit <strong>des</strong> Anspruchs.<br />

<strong>Die</strong> für den Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens dargestellten<br />

Grundsätze gelten auch bei einer Klage auf Vorabausschüttung. Der Anspruch auf<br />

Vorabausschüttung <strong>nach</strong> § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB analog ist nur ein Teilanspruch <strong>des</strong><br />

Anspruchs auf den Gesamtsaldo <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens. Es ist daher für die<br />

Schlüssigkeit der Klage ohne Bedeutung, ob die Klage auf Auszahlung entbehrlichen<br />

Gel<strong>des</strong> oder eines endgültigen Guthabens gerichtet wird. Vielmehr kommt es daher nur<br />

darauf an, dass der Gesellschafter vorträgt und ggf. beweist, dass ihm ein entsprechen<strong>des</strong><br />

Guthaben als Anteil am verteilbaren Vermögen der Gesellschaft zusteht. Es bleibt<br />

dem Gesellschafter ungeachtet <strong>des</strong> Fortgangs der Abwicklung unbenommen, jederzeit<br />

den ihm zustehenden Vorabausschüttungsbetrag gegenüber der Gesellschaft oder seinen<br />

Mitgesellschaftern einzuklagen. Eine solche Zahlungsklage ist ohne weiteres zulässig<br />

und kann bereits im Zeitpunkt der Auflösung erhoben werden. Der Berechtigte ist nicht<br />

verpflichtet, mit der Geltendmachung der ihm zustehenden Ansprüche zuzuwarten, bis<br />

eine vollständige Liquidation <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> stattgefunden hat. Entscheidend<br />

ist vielmehr lediglich, dass die Gesellschaft über entbehrliches Geld verfügt.<br />

Damit können die im Rahmen dieser Untersuchung gefundenen Ergebnisse wie folgt<br />

zusammengefasst werden:<br />

205


8. Kapitel Zusammenfassung <strong>des</strong> Zweiten Teils<br />

I. <strong>Die</strong> Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters im Abwicklungsstadium<br />

Nach Auflösung der Gesellschaft kann jeder Gesellschafter neben den Ansprüchen auf<br />

Rückgabe von Gegenständen (§ 732 BGB), Umsetzung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> in<br />

Geld (§ 733 Abs. 2 BGB) bzw. Aussonderung <strong>des</strong> für die Schuldenbefriedigung benötigten<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB einen Anspruch auf<br />

sein <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben geltend machen.<br />

Der Anspruch auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben vereinigt alle Zahlungsansprüche<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters, die ihm aufgrund <strong>des</strong> Gesellschaftsverhältnisses gegen die Gesellschaft<br />

und seine Mitgesellschafter aus den §§ 733, 734 BGB zustehen einschließlich <strong>des</strong><br />

Anspruchs auf Begleichung der gegenüber dem Gesellschafter bestehenden Verbindlichkeiten<br />

aus Sozialverpflichtungen und Drittrechtsgeschäften, und verrechnet sie mit<br />

den vom Gesellschafter geschuldeten Drittgläubigerverbindlichkeiten, Entnahmen und<br />

sonstigen Verbindlichkeiten.<br />

Mit dem Zeitpunkt der Auflösung kann die Gesellschaft weder rückständige Einlageleistungen<br />

der Gesellschafter noch sonstige Forderungen gegen ihre Gesellschafter einziehen;<br />

die prozessuale Durchsetzung dieser Forderungseinziehung mit Hilfe der actio pro<br />

socio wird hinfällig. Statt <strong>des</strong>sen findet nur noch eine Verteilung <strong>des</strong> bereits vorhandenen<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> einschließlich der aus der Vermögensversilberung sowie<br />

aus der Einziehung von Forderungen gegen Nichtgesellschafter generierten Erträge<br />

statt. Dabei werden einem Gesellschafter alle Leistungen, die er aus seinem Privatvermögen<br />

an die Gesellschaft getätigt hat unabhängig von Anlass und Rechtsgrundlage als<br />

Einlage im Sinne <strong>des</strong> § 733 Abs. 2 BGB zugeschrieben und verwandeln sich in einen<br />

entsprechenden Erstattungsanspruch. <strong>Die</strong>s gilt auch für Leistungen eines Gesellschafters<br />

an Gläubiger zur Befriedigung von Schulden der Gesellschaft.<br />

II.<br />

<strong>Die</strong> Berechnung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

Das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben je<strong>des</strong> Gesellschafters setzt sich letztlich aus zwei<br />

Bestandteilen zusammen, die miteinander zu verrechnen sind, d.h. einerseits aus seinen<br />

geleisteten Einlagen (§ 733 Abs. 2 BGB) und sonstigen Ansprüchen <strong>nach</strong> § 733 Abs. 1<br />

206


BGB, andererseits aus dem rechnerisch auf ihn entfallenden Anteil am (verteilbaren)<br />

Gesellschaftsvermögen (§§ 734, 735 BGB). Der Gesamtsaldo <strong>des</strong> Gesellschafterkontos<br />

ergibt, verrechnet mit dem quotalen Anteil <strong>des</strong> Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen,<br />

das aufgrund der Vermögensversilberung tatsächlich erwirtschaftet werden konnte,<br />

das jeweilige <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben bzw. die jeweilige Nachschusspflicht.<br />

Zur Berechnung der <strong>nach</strong> § 733 Abs. 2 BGB zurückzuerstattenden Einlagen erweisen<br />

sich insbesondere in einer über mehrere Jahre geschäftlich tätigen Gesellschaft die einheitlichen<br />

Gesellschafter(kapital)konten, die spätestens im Zeitpunkt der Auflösung<br />

erstmals zu erstellen sind, als die praktisch einfachste Möglichkeit, um die vielfältigen<br />

und zahlreichen wechselseitigen Ansprüche und Verbindlichkeiten zwischen der Gesellschaft<br />

und den Gesellschaftern zu erfassen und auszugleichen. Im Saldo <strong>des</strong> einheitlichen<br />

Gesellschafterkontos (§ 733 Abs. 2 BGB) sind alle auf den jeweiligen Gesellschafter<br />

entfallenden tatsächlich geleisteten Einlagen und Entnahmen während <strong>des</strong> gesamten<br />

Zeitraums seiner Mitgliedschaft in der Gesellschaft einschließlich der Abwicklungsphase<br />

zu verbuchen und <strong>nach</strong> dem Vorbild <strong>des</strong> handelsrechtlichen Kontokorrents gegeneinander<br />

zu verrechnen. Bestandteil <strong>des</strong> Gesellschafterkontos und <strong>des</strong> daraus gewonnenen<br />

Saldos sind auch Ansprüche und Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Gesellschafters aus Rechtsgeschäften<br />

mit der Gesellschaft, bei denen sich die Parteien wie Dritte gegenüberstehen<br />

(§ 733 Abs. 1 BGB): Auch diese sind <strong>nach</strong> dem Prinzip der Gesamtabrechnung mit den<br />

übrigen Ansprüchen und Verbindlichkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis zu verrechnen.<br />

Daneben steht jedem Gesellschafter der je <strong>nach</strong> seiner Gewinn- bzw. Verlustquote auf<br />

ihn entfallende Anteil am verteilbaren Gesellschaftsvermögen zu, das <strong>nach</strong> Befriedigung<br />

aller Verbindlichkeiten im Außenverhältnis gegenüber Dritten sowie im Innenverhältnis<br />

gegenüber den Mitgesellschaftern verbleibt. Wesentlich für das Abwicklungsverfahren<br />

ist, dass an Gläubiger und Gesellschafter zu jeder Zeit nur tatsächlich verteilbares,<br />

d.h. in Form von Bargeld auf den Gesellschafterkonten vorhandenes Gesellschaftsvermögen<br />

ausgeschüttet werden kann. Nach Auflösung kommt es zu einer tatsächlichen<br />

Versilberung und Verteilung <strong>des</strong> gesamten <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>. Daher<br />

kann Grundlage einer <strong>Auseinandersetzung</strong> der Gesellschafter untereinander auch nur<br />

das sein, was infolge <strong>des</strong> tatsächlichen Versilberungsvorgangs faktisch in der Gesellschaftskasse<br />

vorhanden ist; der Anspruchsbestandteil „Anteil am Gesellschaftsvermögen“<br />

<strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens ist durch eine günstige Vermögenslage der<br />

Gesellschaft bedingt.<br />

207


<strong>Die</strong> von der herrschenden Meinung geforderte <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz, die das gesamte<br />

Gesellschaftsvermögen auf der Basis von geschätzten Verkehrs- oder Veräußerungswerten<br />

der Vermögensgegenstände bezogen auf einen bestimmten Stichtag abbildet,<br />

wird dem Charakter <strong>des</strong> Abwicklungsverfahrens nicht gerecht, sondern verfälscht<br />

das Ergebnis der Abwicklung. Das verteilbare Gesellschaftsvermögen wird dabei nicht<br />

mit Hilfe einer <strong>Auseinandersetzung</strong>s- oder Liquidationsbilanz ermittelt, sondern mit<br />

Hilfe eines Vermögenskontos (Liquiditätskonto), das <strong>nach</strong> Vorbild eines Gesellschafterkontos<br />

erstellt und saldiert wird. Darin tauchen zu jedem Zeitpunkt nur solche Vermögenswerte<br />

der Gesellschaft als Guthabensposten auf, die tatsächlich liquide in Form<br />

von Bargeld vorhanden sind. Der Kassenbestand <strong>des</strong> Liquiditätskontos bezeichnet dabei<br />

das zu einem gegebenen Zeitpunkt insgesamt im Zuge der <strong>Auseinandersetzung</strong> verteilbare<br />

Gesellschaftsvermögen, sein <strong>nach</strong> Abzug der Gesellschaftsverbindlichkeiten gegenüber<br />

Dritten verbleibender Saldo die Teilmenge <strong>des</strong> verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>,<br />

das zu keinem anderen Zweck als zur Ausschüttung an die Gesellschafter mehr<br />

zu verwenden ist.<br />

Ist der Saldo <strong>des</strong> Liquiditätskontos bereits vor Abschluss der Vermögensversilberung<br />

positiv, so können die Gesellschafter, die ein positives <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

aufweisen, die anteilige Auszahlung <strong>des</strong> Überschusses <strong>nach</strong> § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB<br />

analog verlangen. <strong>Die</strong> Höhe der jeweils vorab entnehmbaren Beträge bemisst sich <strong>nach</strong><br />

dem Verhältnis der positiven <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben zueinander. Eine<br />

Vorabausschüttung ist als Entnahme im Gesellschafterkonto zu buchen und wird damit<br />

durch Verrechnung auf das Endguthaben <strong>des</strong> Zahlungsempfängers angerechnet. Sie<br />

unterliegt dem Vorbehalt der Rückführung, sofern sich sein Endguthaben aufgrund bislang<br />

noch nicht bekannter Verbindlichkeiten als geringer herausstellt als im Zeitpunkt<br />

der Vorabausschüttung.<br />

Das Liquiditätskonto ist mit jedem neuen Zahlungseingang eines Verwertungserlöses<br />

bzw. mit jeder Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen an Gläubiger und Gesellschafter,<br />

das Gesellschafterkonto mit jeder an den Gesellschafter ausgeschütteten Vorabentnahme<br />

oder vom Gesellschafter geleisteten Nachschusspflicht zu aktualisieren und<br />

neu zu saldieren. <strong>Die</strong> endgültige Höhe <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens bzw. der<br />

Nachschusspflicht je<strong>des</strong> Gesellschafters steht damit erst dann fest, wenn alle Zurückbehalte<br />

für noch nicht fällige oder streitige Verbindlichkeiten aufgelöst und das gesamte<br />

Gesellschaftsvermögen durch Verwertung <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB in verteilbares Vermögen<br />

umgewandelt worden ist. Daher ist auch erst in diesem Zeitpunkt sicher, ob eine<br />

anfänglich bestehende Nachschusspflicht <strong>nach</strong> § 735 BGB tatsächlich eine Nachschusspflicht<br />

bleibt oder ob der Gesamtsaldo <strong>des</strong> Gesellschafters mit fortschreitender Vermö-<br />

208


gensversilberung positiv und somit aus der Nachschusspflicht ein Anspruch auf Auszahlung<br />

eines <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens wird. <strong>Die</strong> Abwicklung ist beendet, wenn<br />

alle Konten, d.h. sowohl das Liquiditätskonto als auch alle Gesellschafterkonten ausgeglichen<br />

sind, d.h. den Saldo Null aufweisen. Tauchen <strong>nach</strong> Beendigung der Abwicklung<br />

weitere Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten auf, so ist eine Nachtragsliquidation<br />

durchzuführen, indem die betreffenden Beträge an der für sie vorgesehenen Stelle in die<br />

Konten eingebucht und <strong>nach</strong> dem dargestellten Schema verteilt werden.<br />

III.<br />

Prozessuale Durchsetzung<br />

Der Vorschlag der herrschenden Meinung, die Durchführung der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

mit Hilfe einer Klage auf Erstellung oder Zustimmung zu einem <strong>Auseinandersetzung</strong>splan<br />

zu erzwingen, bringt dem Liquidationsgesellschafter in der Praxis keinen Nutzen,<br />

da die Durchführung der einzelnen <strong>Auseinandersetzung</strong>shandlung mit den Mitteln <strong>des</strong><br />

Prozess- und Vollstreckungsrechts nicht möglich ist. Statt <strong>des</strong>sen bleibt dem einzelnen<br />

Liquidationsgesellschafter sinnvollerweise nur die Möglichkeit, sich selbst oder einen<br />

Dritten gerichtlich zum allein geschäfts- und vertretungsberechtigten Treuhänder <strong>des</strong><br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> bestimmen zu lassen. Auch der von der herrschenden Meinung<br />

ins Feld geführte Grundsatz der Durchsetzungssperre, der Hin- und Herzahlungen der<br />

Gesellschafter untereinander vermeiden soll, ist überflüssig und eine nicht gerechtfertigte<br />

Klageerschwerung für den Gesellschafter. Aufgrund der fortlaufenden Einstellung<br />

aller Ansprüche und Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Gesellschafters in das Gesellschafterkonto<br />

und deren laufender Saldierung gehen alle Einzelposten durch Novation unter, der Anspruch<br />

bzw. die Verbindlichkeit <strong>des</strong> Gesellschafters reduziert sich stets nur noch auf<br />

den Saldo. Aufgrund dieser fortlaufenden Saldierung und Verrechnung aller Ansprüche<br />

und Verbindlichkeiten, die alle zu Gunsten oder zu Lasten <strong>des</strong> Gesellschafters anzusetzenden<br />

Posten in einem Gesamtsaldo zusammenfassen, besteht kein Bedürfnis mehr für<br />

darüber hinausgehende Beschränkungen der Klagbarkeit dieser Einzelansprüche. Alle<br />

Grundsätze für die Einklagbarkeit <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens, die die herrschende<br />

Meinung aus der Durchsetzungssperre und ihren vielfältigen Ausnahmen herleitet,<br />

ergeben sich bereits ohne weiteres aus dem Grundsatz der Saldierung aller Ansprüche<br />

und Verbindlichkeiten im Verhältnis der Gesellschaft zum Gesellschafter sowie<br />

der Möglichkeit der Vorabausschüttung <strong>des</strong> verteilbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> <strong>nach</strong><br />

§ 155 Abs. 2 Satz 1 HGB analog. Im Klageverfahren kann der Gesellschafter sich darüber<br />

hinaus der Mittel <strong>des</strong> § 259 ff. BGB bedienen, um seinen Anspruch auf Vorlage<br />

einer <strong>Auseinandersetzung</strong>srechnung geltend zu machen.<br />

209


Letztlich ist die Frage, ob der Gesellschafter den ihm zustehenden Saldo vollumfänglich<br />

von der Gesellschaft verlangen kann, eine Frage der prozessualen Beweisbarkeit. Hierbei<br />

kommt dem auch und insbesondere im Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />

geltenden Grundsatz der Finanzierungsverantwortung <strong>des</strong> Gesellschafters eine besondere<br />

Bedeutung zu. <strong>Die</strong>ser führt bei der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung dazu, dass<br />

der einzelne Gesellschafter seine Ansprüche gegen die Gesellschaft, insbesondere Ansprüche,<br />

die nicht auf dem Gesellschaftsverhältnis, sondern auf davon zu unterscheidenden<br />

Drittrechtsgeschäften mit der Gesellschaft beruhen, nicht einfach wie ein Nichtgesellschafter<br />

ohne Rücksicht auf den Gang der <strong>Auseinandersetzung</strong> im Übrigen geltend<br />

machen kann. Statt <strong>des</strong>sen muss er auch diese Ansprüche in sein Gesellschafterkonto<br />

einstellen und mit seinen übrigen Ansprüchen und Verbindlichkeiten gegenüber<br />

der Gesellschaft zu einem einheitlichen Saldo verrechnen lassen.<br />

210


Dritter Teil<br />

Das Ausscheiden <strong>des</strong> Gesellschafters aus der fortbestehenden<br />

Gesellschaft, §§ 736 ff. BGB<br />

Nachdem die Vermögensverteilung <strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft ausführlich erörtert<br />

worden ist, soll nun im Dritten Teil dieser Arbeit vergleichend auf die Situation<br />

<strong>nach</strong> Ausscheiden eines Gesellschafters aus der fortbestehenden Gesellschaft untersucht<br />

werden. Dabei orientiert sich die Gliederung der nun folgenden Untersuchung am Vorbild<br />

<strong>des</strong> Zweiten Teils (<strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung), um den Vergleich zwischen<br />

beiden Konstellationen zu erleichtern.<br />

Demgemäß wird zunächst allgemein auf Voraussetzungen <strong>des</strong> Ausscheidens eines Gesellschafters<br />

aus der fortbestehenden Gesellschaft und <strong>des</strong>sen Rechtsfolgen im Außensowie<br />

im Innenverhältnis einzugehen sein. Anschließend widmet sich die Untersuchung<br />

den einzelnen Ansprüchen <strong>des</strong> Ausgeschiedenen gegenüber der Gesellschaft bzw. seinen<br />

Mitgesellschaftern. Schwerpunkt dieser Abhandlung bildet die Diskussion <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen. Einige methodische Vorüberlegungen zeigen,<br />

dass der Abfindungsanspruch in weitgehend gleicher Weise zu berechnen ist wie der<br />

bereits behandelte Anspruch auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben. Daher kann für die<br />

Zwecke der <strong>nach</strong>folgenden Untersuchung teilweise auf die Ergebnisse verwiesen werden,<br />

die im Zweiten Teil für die Ermittlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens gewonnen<br />

wurden. <strong>Die</strong> genaue Berechnungsmethode sowie der Fortgang der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

<strong>nach</strong> dem Ausscheidensstichtag werden sodann anhand eines Beispielsfalls verdeutlicht.<br />

Zuletzt geht die Untersuchung auf Entstehung und Fälligkeit der Ansprüche <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

ein und beleuchtet die prozessualen Probleme, die sich bei deren gerichtlicher<br />

Durchsetzung stellen können.<br />

211


9. Kapitel Grundlagen<br />

§ 24 <strong>Die</strong> Fortsetzungsklausel<br />

<strong>Die</strong> Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist personell geprägt: <strong>Die</strong> Mitgliedschaft der einzelnen<br />

Gesellschafter ist eine wesentliche Grundlage für den Bestand der Gesellschaft,<br />

ihr Fortbestand hängt daher von einer unveränderten personellen Zusammensetzung<br />

ab 567 . Nach der gesetzlichen Regel führt der Eintritt eines Auflösungsgrun<strong>des</strong>, der den<br />

ersatzlosen Wegfall eines Gesellschafters und damit eine Änderung <strong>des</strong> Mitgliederbestands<br />

der Gesellschaft zur Folge hat, grundsätzlich zur Auflösung und Abwicklung der<br />

Gesellschaft.<br />

<strong>Die</strong> gesetzgeberische Entscheidung für die Auflösung der Gesellschaft wird jedoch den<br />

berechtigten Interessen der Gesellschafter am Erhalt der Gesellschaft vielfach nicht gerecht;<br />

§ 736 BGB weist sie daher auf die Möglichkeit hin, auf Grund ihrer gesellschaftsvertraglichen<br />

Regelungskompetenz den von § 131 Abs. 3 HGB als Regelfall<br />

vorgesehenen Fortbestand der Gesellschaft auch bei einem Mitgliederwechsel durch<br />

entsprechende Vereinbarung sicherzustellen 568 . Praktisch wichtigster Fall 569 einer solchen<br />

Vereinbarung ist die sog. Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag, wo<strong>nach</strong> die<br />

Gesellschaft bei Eintritt eines Auflösungsgrun<strong>des</strong> ohne den Gesellschafter, der einen<br />

Auflösungsgrund in seiner Person verwirklicht hat, als werbende Gesellschaft fortgesetzt<br />

werden soll (§ 736 BGB) 570 . Tritt ein vom Wortlaut der Fortsetzungsklausel umfasster<br />

Auflösungsgrund ein, so scheidet der betroffene Gesellschafter ohne weiteres und<br />

mit sofortiger Wirkung aus der Gesellschaft aus, die unter den übrigen Gesellschaftern<br />

567 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 736 Rn. 1.<br />

568 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 736 Rn. 1.<br />

569 Alternativ kann der Gesellschaftsvertrag ein sog. Fortsetzungsrecht der verbleibenden Gesellschafter<br />

unter Ausschluss <strong>des</strong> betroffenen Gesellschafters vorsehen. Enthält der Gesellschaftsvertrag weder eine<br />

Fortsetzungsklausel noch ein Fortsetzungsrecht, so kann die aufgelöste Gesellschaft durch einen ad<br />

hoc-Beschluss der Gesellschafter in eine werbende Gesellschaft zurückverwandelt werden, an der der<br />

betroffene Gesellschafter nicht mehr beteiligt ist (Bamberger/Roth/Schöne BGB § 736 Rn. 4).<br />

570 Bei unternehmenstragenden BGB-Gesellschaften sollen <strong>nach</strong> Staudinger/Habermeier BGB (2003)<br />

§ 736 Rn. 1 die handelsrechtlichen Vorschriften dahingehend angewendet werden, dass die Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts auch ohne Fortsetzungsklausel bei Eintritt eines Auflösungsgrunds weiterbesteht<br />

(Prinzip der Unternehmenskontinuität), hierzu im Einzelnen MünchHdb<br />

GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 35.<br />

212


fortgesetzt wird 571 . <strong>Die</strong> Gesellschafter sind in den Grenzen <strong>des</strong> § 138 BGB frei, neben<br />

den in § 736 BGB Genannten auch andere Auflösungsgründe in den Anwendungsbereich<br />

der Fortsetzungsklausel aufzunehmen 572 ; § 736 BGB hat bloße Hinweisfunktion 573 .<br />

Scheidet ein Gesellschafter aus der fortbestehenden Gesellschaft aus, so ist das Gesellschaftsverhältnis<br />

im Gegensatz zur <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung nicht insgesamt,<br />

sondern nur in Bezug auf den Ausgeschiedenen - gleichsam in Form einer Teilliquidation<br />

574 - <strong>nach</strong> §§ 738 bis 740 BGB abzuwickeln.<br />

§ 25 Rechtsfolgen <strong>des</strong> Ausscheidens<br />

I. Das Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander<br />

1. <strong>Die</strong> Anwachsung <strong>des</strong> Gesellschaftsanteils<br />

a) Dispositivität der Anwachsung?<br />

Der Gesellschaftsanteil <strong>des</strong> Ausgeschiedenen wächst den übrigen Gesellschaftern im<br />

Augenblick <strong>des</strong> Ausscheidens kraft Gesetzes zu, § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB. Fraglich ist,<br />

inwieweit die §§ 736 ff. BGB durch eine abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag<br />

abbedungen werden können. § 731 BGB beschränkt die Regelungsbefugnis der<br />

Gesellschafter lediglich auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sverfahren, nicht aber auf das bei<br />

Ausscheiden geltende Verfahren. Dennoch unterliegen die §§ 736 ff. BGB <strong>nach</strong> herrschende<br />

Meinung der Disposition der Gesellschafter 575 .<br />

Davon ausgenommen ist jedoch das Anwachsungsprinzip <strong>des</strong> § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB<br />

als solches: Der Ausgeschiedene kann seinen Anteil an der Gesellschaft nicht mitneh-<br />

571 MünchKomm BGB/Schäfer, § 736 Rn. 8.<br />

572 MünchKomm BGB/Schäfer, § 736 Rn. 15.<br />

573 MünchKomm BGB/Schäfer, § 736 Rn. 6.<br />

574 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 738 Rn. 3.<br />

575 MünchKomm BGB/Schäfer § 736 Rn. 1 f.<br />

213


men, dieser muss zwingend bei den übrigen Gesellschaftern verbleiben 576 . <strong>Die</strong> gesellschaftsvertragliche<br />

Gestaltung findet ihre Grenze daher in der vollkommenen Ausschließung<br />

der Anwachsung 577 . <strong>Die</strong> Anteilshöhe der Anwachsung auf jeden einzelnen<br />

Gesellschafter kann jedoch durch Gesellschaftsvertrag geregelt, z.B. die Anwachsung<br />

nur auf bestimmte Gesellschafter begrenzt werden 578 , ohne dass der Ausgeschiedene<br />

oder die leer ausgehenden Gesellschafter hieraus schuld- oder gesellschaftsrechtliche<br />

Sekundäransprüche herleiten könnten 579 . Sofern nichts Anderes vereinbart worden ist,<br />

erfolgt die Anwachsung auf alle verbleibenden Gesellschafter entsprechend ihrer bisherigen<br />

Anteile an der Gesellschaft 580 .<br />

b) <strong>Die</strong> Anwachsung <strong>nach</strong> Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts<br />

Nach traditioneller Auffassung war das Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftern in<br />

gesamthänderischer Verbundenheit zugewiesen, die Gesellschafter waren dinglich am<br />

Gesellschaftsvermögen beteiligt 581 . Mit Ausscheiden verlor der Gesellschafter seine<br />

dingliche Mitberechtigung an den einzelnen Gegenständen <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

582 ; die Anwachsung <strong>nach</strong> § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB stellte einen dinglichen Rechtsübergang<br />

auf die verbleibenden Gesellschafter dar.<br />

576 Früchtl NZG 2007, 368, 370; Bamberger/Roth/Schöne BGB § 738 Rn. 5.<br />

577 Früchtl NZG 2007, 368, 371.<br />

578 Herrschende Meinung: MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 75; Früchtl NZG 2007, 368, 371.<br />

Anderer Ansicht OLG Hamm RPfleger 1985, 289, 289. <strong>Die</strong> herrschende Meinung geht dabei nicht<br />

darauf ein, ob die Begrenzung der Anwachsung auf einige Gesellschafter ein gemäß § 518 Abs. 1<br />

Satz 1 BGB formbedürftiges Schenkungsversprechen seitens der leer ausgehenden übrigen Gesellschafter<br />

darstellen könnte: <strong>Die</strong>se verzichten im Gesellschaftsvertrag auf den ihnen <strong>nach</strong> der gesetzlichen<br />

Regelung („wächst [...] den übrigen Gesellschaftern zu“, § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB ist im Sinne<br />

von allen übrigen Gesellschaftern zu verstehen) an sich zustehenden Anteil an dem angewachsenen<br />

Gesellschaftsanteil. In diesem Falle könnte der Gesellschaftsvertrag notariell zu beurkunden sein,<br />

§ 518 Abs. 1 BGB. Jedoch dürfte ein etwaiger Formmangel regelmäßig gemäß § 518 Abs. 2 BGB geheilt<br />

werden.<br />

579 Früchtl NZG 2007, 368, 370 ff.<br />

580 Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 131 Rn. 40.<br />

581 Zur Rechtsentwicklung überblickshaft K. Schmidt NJW 2001, 993, 994 f.<br />

582 BGH NJW 1997, 860. Zur Anwachsung kommt es nicht nur bei der reinen Fortsetzungsklausel, d.h.<br />

wenn die Gesellschaft ohne den Ausgeschiedenen bzw. <strong>des</strong>sen Erben unter den verbliebenen Gesellschaftern.<br />

fortgesetzt wird, sondern auch bei Vorliegen einer rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel<br />

zugunsten eines Mitgesellschafters oder einer Eintrittsklausel, qua derer ein Mitgesellschafter oder<br />

Dritter das Recht erhält, durch Erklärung in die Gesellschafterstellung <strong>des</strong> Ausgeschiedenen einzurükken.<br />

Hierzu näher Schiefer DStR 1996, 788 f.<br />

214


Mit Anerkennung der BGB-Außengesellschaft als eigenständiges Rechtssubjekt 583 hat<br />

sich auch die Zuordnung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> verändert. Das Gesellschaftsvermögen<br />

steht nunmehr ungeteilt und ausschließlich im Eigentum der Gesellschaft als<br />

eigenständiges Rechtssubjekt 584 , der einzelne Gesellschafter hat weder einen Anteil am<br />

Gesellschaftsvermögen insgesamt noch an einzelnen dazu gehörenden Gegenständen im<br />

Sinne der §§ 719 Abs. 1 BGB, 859 Abs. 1 Satz 1 ZPO 585 . Der Gesellschaftsanteil hat<br />

keine dingliche Berechtigung, sondern nur einen Wertanteil zum Inhalt 586 und verkörpert<br />

letztlich nichts Anderes als die Mitgliedschaft in dem mit Rechtsfähigkeit ausgestatteten<br />

Verband Personengesellschaft 587 . Das Ausscheiden eines Gesellschafters verändert<br />

daher nicht die dingliche Zuordnung der Vermögensgegenstände zur Gesellschaft,<br />

sondern erhöht lediglich den Wertanteil je<strong>des</strong> verbleibenden Gesellschafters am<br />

Gesellschaftsvermögen 588 . Es findet kein Rechtsübergang statt 589 , die Anwachsung vollzieht<br />

sich ipso iure ohne gesonderte Übertragungsakte 590 , gleichsam als virtueller Vorgang<br />

außerhalb <strong>des</strong> Grundbuchs und sonstiger Publizitätsmedien. Damit ist § 738<br />

Abs. 1 Satz 1 BGB, der von der Anwachsung eines Anteils am Gesellschaftsvermögen<br />

spricht, nicht deklaratorischer Natur 591 , sondern nur so zu verstehen, dass durch das<br />

Ausscheiden eines Gesellschafters die Vermögenszuordnung der Gegenstände zur Gesellschaft<br />

nicht verändert wird, sondern sich lediglich der Wert der Beteiligungen der in<br />

der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter erhöht 592 .<br />

583 BGHZ 146, 341 ff. = NJW 2001, 1056 ff.<br />

584 K. Schmidt NJW 2003, 1897 ff.<br />

585 K. Schmidt NJW 2001, 993, 998.<br />

586 Huber, Vermögensanteil, S. 61 ff., S. 145.<br />

587 Huber, FS Lutter 2000, S. 126.<br />

588 Früchtl NZG 2007, 368, 369; Bamberger/Roth/Schöne BGB § 738 Rn. 6.<br />

589 Vor Anerkennung der Grundbuchfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch die Neueinfügung<br />

<strong>des</strong> § 899a BGB war ein Grundbucheintrag über Liegenschaftsrechte der Gesellschaft im Falle<br />

<strong>des</strong> Ausscheidens nicht zu berichtigen (OLG Stuttgart NJW 1990, 2757, 2757). Das hat der Gesetzgeber<br />

durch die Neuregelung der §§ 899a BGB, 47 Abs. 2 GBO wieder eingeschränkt, ein Gesellschafterwechsel<br />

ist nunmehr gemäß § 82 GBO durch Berichtigung <strong>nach</strong>zuvollziehen.<br />

590 BGH NJW-RR 1993, 1443, 1444.<br />

591 Früchtl NZG 2007, 368, 369.<br />

592 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 738 Rn. 6.<br />

215


2. Der Verlust der Gesellschafterrechte<br />

Mit dem Wirksamwerden <strong>des</strong> Ausscheidens verliert der Ausgeschiedene seine Gesellschafterstellung<br />

mit allen Rechten und Pflichten, soweit sie sich nicht bereits zu selbständigen,<br />

vom Gesellschaftsanteil losgelösten vermögensrechtlichen Ansprüchen und<br />

Verbindlichkeiten entwickelt haben 593 . Insbesondere erlöschen seine Mitsprache-, Geschäftsführungs-<br />

und Kontrollrechte mit dem Tag <strong>des</strong> Ausscheidens 594 . Er bleibt jedoch<br />

weiterhin zur Auskunft über die für die Gesellschaft getätigten Geschäfte verpflichtet<br />

und unterliegt der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht <strong>nach</strong> Maßgabe der allgemein für<br />

<strong>nach</strong>vertragliche Pflichten im Dauerschuldverhältnis geltenden Grundsätze 595 .<br />

II.<br />

Das Außenverhältnis: Nachhaftung <strong>nach</strong> §§ 736 Abs. 2 BGB, 159 f. HGB<br />

1. Der Beginn der Nachhaftungsfrist<br />

<strong>Die</strong> Haftung <strong>des</strong> Gesellschafters gegenüber Gläubigern im Außenverhältnis verändert<br />

sich infolge <strong>des</strong> Ausscheidens nicht: Soweit ein Gesellschafter für Verbindlichkeiten<br />

der Gesellschaft im Außenverhältnis persönlich haftet, besteht diese Haftung <strong>nach</strong> seinem<br />

Ausscheiden grundsätzlich fort, soweit der Rechtsgrund dafür bereits im Zeitpunkt<br />

seines Ausscheidens gelegt war 596 . Der Ausgeschiedene kann sich jedoch unverändert<br />

auf die der Gesellschaft zustehenden Einreden und Einwendungen <strong>nach</strong> § 129 HGB<br />

analog berufen 597 . Seine persönliche Haftung erlischt gemäß §§ 736 Abs. 2 BGB, 160<br />

HGB grds. <strong>nach</strong> Ablauf einer Nachhaftungsfrist von fünf Jahren 598 , soweit die Ansprüche<br />

nicht <strong>nach</strong> Maßgabe <strong>des</strong> § 160 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 HGB bis Fristablauf fällig geworden<br />

und anerkannt oder geltend gemacht worden sind 599 . Bei der OHG beginnt die<br />

593 Zur dennoch fortbestehenden Geschäftsführungsbefugnis bei Ausscheiden <strong>des</strong> Geschäftsführers (analoge<br />

Anwendung <strong>des</strong> § 729 BGB auf das Ausscheiden) Staudinger/Habermeier BGB (2003) § 736<br />

Rn. 11 sowie § 729 Rn. 6.<br />

594 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 738 Rn. 4 (allgemeine Ansicht).<br />

595 Palandt/Sprau BGB § 738 Rn. 2.<br />

596 Palandt/Sprau BGB § 736 Rn. 10.<br />

597 Hofmeister NZG 2002, 851, 853.<br />

598 Erman/Westermann BGB § 736 Rn. 6; hierzu ausführlich K. Schmidt DB 1990, 2357 ff.<br />

599 Erman/Westermann BGB § 736 Rn. 6.<br />

216


fünfjährige Enthaftungsfrist <strong>des</strong> § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB mit dem Ende <strong>des</strong> Tages, an<br />

dem das Ausscheiden <strong>des</strong> Gesellschafters in das Handelsregister eingetragen worden ist,<br />

§ 160 Abs. 1 Satz 2 HGB 600 .<br />

Es fragt sich, welche Grundsätze insoweit für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gelten.<br />

Da bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Gesellschaftsregister nicht existiert,<br />

geht die Verweisung <strong>des</strong> § 736 Abs. 2 BGB auf § 160 HGB insoweit ins Leere. Sie<br />

kann nur so verstanden werden, dass die Frist für die Enthaftung eines ausgeschiedenen<br />

BGB-Gesellschafters mit der Kenntnis <strong>des</strong> Gläubigers vom Ausscheiden beginnt 601 . Da<br />

das Gesetz jedoch keine entsprechende Publizitätspflicht vorsieht, ist der Ausgeschiedene<br />

darauf angewiesen, dass die Gesellschaft durch entsprechende Information der<br />

Gläubiger, z.B. durch ein Rundschreiben an alle Geschäftspartner 602 , für den Beginn der<br />

Enthaftungsfrist Sorge trägt 603 , Verzögerungen gehen hierbei zu seinen Lasten. Er muss<br />

daher einen entsprechenden Mitwirkungsanspruch gegen die Gesellschaft auf unverzügliche<br />

Information der Gesellschaftsgläubiger 604 aus § 143 Abs. 2 iVm Abs. 1 Satz 1<br />

HGB analog haben, der im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden<br />

kann 605 . Eine Vorwegnahme der Hauptsache liegt nicht vor, da der eigentliche Anspruch<br />

auf Vermeidung einer persönlichen Inanspruchnahme <strong>des</strong> Ausgeschiedenen durch einen<br />

Gesellschaftsgläubiger und damit letztlich auf Freistellung von den gemeinschaftlichen<br />

Schulden gerichtet ist 606 : <strong>Die</strong> Information der Gläubiger dient auch der Sicherung <strong>des</strong><br />

Freistellungsanspruchs.<br />

600 Dabei ist im Einzelnen umstritten, ob die Eintragung <strong>des</strong> Ausscheidens ins Handelsregister konstitutiv<br />

ist (so Hofmeister NJW 2003, 93 ff.) oder lediglich deklaratorisch, so dass die Kenntnis <strong>des</strong> Gläubigers<br />

vom Ausscheiden genügt (so Altmeppen NJW 2000, 2529 ff. unter Berufung auf historische<br />

Quellen). <strong>Die</strong>se Streitfrage stellt sich bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mangels Eintragung in<br />

ein Register nicht, so dass eine Entscheidung unterbleiben kann.<br />

601 BGHZ 117, 168, 178 f. = NJW 1992, 1615; BGHZ 174, 7 = NJW 2007, 3784 ff. (Rn. 17 ff.); herrschende<br />

Meinung in der Literatur, vgl. statt vieler MünchKomm BGB/Schäfer § 736 Rn. 27.<br />

602 MünchKomm BGB/Schäfer § 736 Rn. 27.<br />

603 Wertenbruch NZG 2008, 216, 216.<br />

604 Wertenbruch NZG 2008, 216, 218.<br />

605 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 143 Rn. 14.<br />

606 Staudinger/Habermeier BGB (2003) § 738 Rn. 1.<br />

217


2. Das Verhältnis der Nachhaftungsfrist zur Regelverjährungsfrist <strong>nach</strong> der<br />

Schuldrechtsreform<br />

Nach Herabsetzung der Regelverjährungsfrist von 30 auf drei Jahre durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz<br />

607 zum 01.01.2002 stellt sich die Frage <strong>nach</strong> einer eigenständigen<br />

Bedeutung der Fünfjahresfrist der §§ 159 f. HGB: Da wegen § 195 BGB n.F.<br />

eine Vielzahl von Ansprüchen gegen die Gesellschaft bereits <strong>nach</strong> drei Jahren verjähren,<br />

kommt eine Inanspruchnahme der Gesellschafter <strong>nach</strong> § 129 HGB analog nicht mehr in<br />

Frage 608 , ohne dass daneben 609 die persönliche Einwendung <strong>des</strong> Fristablaufs (§§ 159 f.<br />

HGB) erhoben werden müsste. Da aber die Gesellschaftsschuld und die Gesellschafterschuld<br />

jeweils einer eigenständigen Verjährung unterliegen 610 , kommt die Berufung auf<br />

den Ablauf der Nachhaftungsfrist dann zum Tragen, wenn die Gesellschaftsschuld aufgrund<br />

eines Neubeginns der Verjährung nicht verjährt ist bzw. wenn die Verjährung der<br />

Gesellschaftsschuld den in § 199 Abs. 2 bis 4 BGB normierten Maximalfristen unterliegt<br />

611 . Der praktische Anwendungsbereich der Sonderverjährung der §§ 159 f. HGB ist<br />

damit auf wenige Ausnahmefälle begrenzt. So entfaltet sie eine eigenständige Wirkung<br />

bei kündbaren Dauerschuldverhältnissen, z.B. Miet-, Pacht- und Arbeitsverhältnissen 612 ,<br />

die noch zu Zeiten der Mitgliedschaft <strong>des</strong> Ausgeschiedenen in der Gesellschaft geschlossen<br />

wurden 613 .<br />

Sind Voraussetzungen und Rechtsfolgen <strong>des</strong> Ausscheidens aus einer fortbestehenden<br />

Gesellschaft geklärt, so kann der Blick nun auf die Ansprüche und Verbindlichkeiten<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen gerichtet werden. Dabei sind - wie schon bei der Auseinanderset-<br />

607 Gesetz zur Modernisierung <strong>des</strong> Schuldrechts vom 26.11.2001, BGBl. I, 3138.<br />

608 <strong>Die</strong> neue dreijährige Frist gilt wegen der Übergangsvorschriften <strong>des</strong> Art. 229 § 6 IV EGBGB auch für<br />

Altverbindlichkeiten, also Verbindlichkeiten, die vor dem 01.01.2002 begründet wurden. Hierzu Leenen<br />

DStR 2002, 34, 42.<br />

609 Daher kommt es im Ergebnis auch nicht auf eine Entscheidung der Streitfrage an, ob ein Gleichlauf<br />

zwischen Verjährung der Gesellschafts- und der Gesellschafterschuld dergestalt besteht, dass sich die<br />

fünfjährige Ausschlussfrist <strong>des</strong> § 159 HGB im Fall einer kürzeren Verjährung der Gesellschaftsschuld<br />

entsprechend verkürzt (so die herrschende Meinung, vgl. statt vieler Baumbach/Hopt/Hopt HGB<br />

§ 159 Rn. 5; zur Gegenansicht ausführlich Hofmeister NZG 2002, 851 ff. Fn. 18): Der Ausgeschiedene<br />

kann sich entweder auf § 129 HGB oder auf § 159 HGB berufen, wenn die Gesellschaftsschuld vor<br />

dem Ablauf der Nachhaftungsfrist verjährt ist.<br />

610 Hofmeister NZG 2002, 851, 854.<br />

611 Hofmeister NZG 2002, 851, 853 f.<br />

612 BGHZ 142, 324, 331 = NJW 2000, 208 ff.; BGH NJW 2002, 2170, 2171.<br />

613 Siehe hierzu ausführlich Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 18 Rn. 39 ff.<br />

218


zung der Gesellschaft <strong>nach</strong> Auflösung - zunächst einige methodische Überlegungen<br />

veranlasst.<br />

§ 26 <strong>Die</strong> Systematik der §§ 738 ff. BGB<br />

I. Überblick über die Ansprüche und Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

Der Ausgeschiedene kann <strong>nach</strong> dem Gesetzeswortlaut folgende Ansprüche <strong>nach</strong> seinem<br />

Ausscheiden geltend machen:<br />

§ Anspruch auf Rückgabe der zur Benutzung überlassenen Gegenstände; § 738<br />

Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB iVm § 732 Satz 1 BGB;<br />

§ Anspruch auf Befreiung von den gemeinschaftlichen Schulden <strong>nach</strong> § 738<br />

Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB iVm § 733 Abs. 1 Satz 1 BGB;<br />

§<br />

Anspruch auf Sicherheitsleistung für noch nicht fällige gemeinschaftliche<br />

Schulden, § 738 Abs. 1 Satz 3 BGB;<br />

§<br />

Anspruch auf Zahlung <strong>des</strong>jenigen, was der Ausgeschiedene bei der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens<br />

aufgelöst worden wäre, § 733 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB (sog. Abfindungsanspruch);<br />

§ Anspruch auf Beteiligung am Ergebnis schwebender Geschäfte, § 740 Abs. 2<br />

iVm Abs. 1 BGB.<br />

<strong>Die</strong> Formulierung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs in § 733 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB, dass<br />

dem Ausgeschiedenen dasjenige zu zahlen sei, was er erhalten hätte, wenn die Gesellschaft<br />

im Zeitpunkt seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre, enthält eine umfassende<br />

Verweisung auf die Vorschriften der §§ 733 ff. BGB. Welche Konsequenzen sich<br />

aus dieser Erkenntnis im Einzelnen ergeben, wird noch ausführlich zu untersuchen sein.<br />

Bereits an dieser Stelle kann jedoch festgehalten werden, dass sich der Abfindungsanspruch<br />

in gleicher Weise zusammensetzt wie das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben eines<br />

219


Gesellschafters bei der Abwicklung <strong>nach</strong> Auflösung 614 . Im Abfindungsanspruch gehen<br />

daher<br />

§<br />

der Anspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen auf Berichtigung der ihm gegenüber bestehenden<br />

Verbindlichkeiten aus Drittrechtsgeschäften, § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3<br />

iVm § 733 Abs. 1 BGB;<br />

§ der Anspruch auf Rückerstattung seiner Einlagen, § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3<br />

BGB iVm § 733 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB sowie<br />

§ der Anspruch auf Ausschüttung <strong>des</strong> anteiligen Überschusses, § 738 Abs. 1<br />

Satz 2 Alt. 3 BGB iVm § 734 BGB<br />

auf 615 : <strong>Die</strong>s zeigt sich schon daran, dass § 739 BGB auch für die Ausscheidenskonstellation<br />

davon ausgeht, dass gemeinschaftliche Schulden zu befriedigen und Einlagen zurückzuerstatten<br />

sind. Wie auch bei der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung festgestellt,<br />

können den oben genannten Ansprüchen als ungeschriebene Gegenstücke jeweils Verbindlichkeiten<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen gegenüber der Gesellschaft und seinen Mitgesellschaftern<br />

gegenüberstehen. Ausdrücklich gesetzlich geregelt ist nur die<br />

§<br />

Pflicht zur Haftung für den Fehlbetrag <strong>nach</strong> § 739 BGB,<br />

die für die Konstellation <strong>des</strong> Ausscheidens das Äquivalent zur Nachschusspflicht <strong>nach</strong><br />

§ 735 BGB bei Auflösung der Gesellschaft darstellt.<br />

614 Erman/Westermann BGB § 738 Rn. 6.<br />

615 Ähnlich Bamberger/Roth/Schöne BGB § 738 Rn. 13, der jedoch den Anspruch <strong>des</strong> Gesellschafters auf<br />

Schuldenberichtigung <strong>nach</strong> § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB iVm § 733 Abs. 1 BGB außer Acht lässt.<br />

220


II.<br />

Der Anspruch auf Zahlung einer Abfindung – Methodische Überlegungen<br />

1. Keine isolierte Anteilsbewertung<br />

Der wirtschaftlich wichtigste Anspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen ist der Abfindungsanspruch,<br />

§ 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB. Der Ausgeschiedene hat Anspruch auf Zahlung<br />

<strong>des</strong>jenigen, was er erhalten hätte, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt seines Ausscheidens<br />

aufgelöst worden wäre. Der Abfindungsanspruch ist der durch das Ausscheiden<br />

zum Abfindungsanspruch umgestaltete künftige Anspruch auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

(§ 717 Satz 2 BGB) 616 und stellt die wirtschaftliche Kompensation für<br />

den Verlust der Mitgliedsposition samt zugehöriger Rechte und Pflichten dar 617 . Bevor<br />

im Einzelnen auf die Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs eingegangen werden kann,<br />

sind einige methodische Überlegungen zur Systematik <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs veranlasst,<br />

die sich - wie noch zu zeigen sein wird - auf <strong>des</strong>sen Berechnung auswirken.<br />

Zur Ermittlung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs ist zunächst in einem ersten Schritt der Wert<br />

<strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> insgesamt, ggf. durch Schätzung <strong>nach</strong> § 738 Abs. 2 BGB<br />

unter Hinzuziehung von Sachverständigen 618 , festzustellen und daraus in einem zweiten<br />

Schritt der Anteil <strong>des</strong> Ausgeschiedenen abzuleiten (sog. indirekte Methode) 619 . <strong>Die</strong> isolierte<br />

Bewertung <strong>des</strong> Gesellschaftsanteils <strong>des</strong> Ausgeschiedenen ohne Bewertung <strong>des</strong><br />

Gesamtunternehmens scheidet hingegen aus, weil der Wortlaut <strong>des</strong> § 738 Abs. 1<br />

Satz 2 BGB den Ausgeschiedenen wie bei Auflösung der Gesellschaft stellen will: Im<br />

Abwicklungsstadium hätte der einzelne Gesellschafter wegen der fortgeltenden Zuweisung<br />

<strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> zur Gesellschaft seinen Beteiligungsanteil daran nicht<br />

isoliert veräußern können 620 . Zudem spricht § 738 Abs. 2 BGB von einer Schätzung <strong>des</strong><br />

Werts <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>, nicht <strong>des</strong> Werts <strong>des</strong> einzelnen Anteils daran 621 . Es<br />

616 MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 16.<br />

617 Früchtl NZG 2007, 368, 369.<br />

618 Staudinger/Kessler BGB (1991) § 738 Rn. 8.<br />

619 Ganz herrschende Meinung, siehe nur Bamberger/Roth/Schöne BGB § 738 Rn. 22; Baumbach/Hopt/Hopt<br />

HGB § 131 Rn. 49.<br />

620 Großfeld ZGR 1982, 141, 141 ff.<br />

621 Schulze-Osterloh ZGR 1986, 545, 556; anderer Ansicht Wagner/Nonnenmacher ZGR 1981, 674, 677.<br />

221


muss daher immer der Anteil <strong>des</strong> Ausgeschiedenen am Unternehmen insgesamt berechnet<br />

werden 622 .<br />

2. Rechnerische Bewertung statt tatsächlicher Versilberung<br />

Bei der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Ausscheiden ist die Gesellschaft insgesamt und vollständig<br />

abzuwickeln. Dabei wird der Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> und dementsprechend<br />

auch die Höhe der wirtschaftlichen Beteiligung <strong>des</strong> einzelnen Gesellschafters<br />

als Bestandteil seines <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens (gleichsam empirisch) durch tatsächliche<br />

Verwertung der Vermögensgegenstände <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3 BGB bestimmt.<br />

Dabei können stets nur solche Vermögensgegenstände in Form ihres Erlöses an der Berechnung<br />

<strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens teilnehmen, für die im Zuge der Versilberung<br />

auch tatsächlich ein Erlös erzielt werden konnte: Der Umfang <strong>des</strong> an den einzelnen<br />

Liquidationsgesellschafter auszahlbaren Betrags hängt damit maßgeblich vom Erfolg<br />

<strong>des</strong> Versilberungsvorgangs im Einzelfall ab.<br />

Im Gegensatz dazu ist bei Ausscheiden <strong>nach</strong> § 736 ff. BGB die Gesellschaft nur in Bezug<br />

auf die zwischen dem Ausgeschiedenen und der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnisse<br />

abzuwickeln. Das Ausscheiden wird vom Gesetz wie eine Teilabwicklung<br />

der Gesellschaft behandelt 623 , lässt jedoch den Bestand und die Zusammensetzung ihres<br />

Vermögens im Übrigen unberührt. Da die Gesellschaft nicht tatsächlich liquidiert wird,<br />

ermittelt sich der Wert der wirtschaftlichen Beteiligung <strong>des</strong> Ausgeschiedenen am Gesellschaftsvermögen<br />

nicht aufgrund der tatsächlich durch die Versilberung erzielten<br />

Einnahmen, sondern fiktiv auf der Grundlage von geschätzten Vermögenswerten (§ 738<br />

Abs. 2 BGB) durch entsprechende Berechnung auf dem Papier. Der entscheidende Unterschied<br />

zwischen der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung und dem Ausscheiden <strong>des</strong><br />

Gesellschafters aus der fortbestehenden Gesellschaft besteht damit im Umfang der Abwicklung<br />

der Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und - als Konsequenz daraus - in der<br />

622 Ständige Rechtsprechung, vgl. BGHZ 17, 130, 136 = NJW 1955, 1025; BGHZ 116, 359, 370 f. =<br />

NJW 1992, 892 für die GmbH, sowie wohl herrschende Meinung in der Literatur, vgl. statt vieler<br />

MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 33. Für Bewertungsabschlag gegenüber anteiligem Unternehmenswert<br />

wegen geringerer Fungibilität der Anteile Sigle ZGR 1999, 669. Hierzu auch BVerfG DB<br />

1962, 1073 ff. Anderer Ansicht Wagner/Nonnenmacher ZGR 1981, 674, 677.<br />

623 MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 1; Bamberger/Roth/Schöne BGB § 738 Rn. 3.<br />

222


Art und Weise, wie der Wert <strong>des</strong> dem einzelnen Gesellschafter zustehenden Anteils am<br />

Gesellschaftsvermögen zu ermitteln ist.<br />

3. Das Stichtagsprinzip<br />

Stichtag für die Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> ist der Tag <strong>des</strong> Ausscheidens<br />

(§ 738 Abs. 1 Satz 2 BGB) 624 ; maßgebend ist also stets die Vermögenslage der Gesellschaft<br />

im Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens 625 . <strong>Die</strong>s gilt unabhängig davon, auf welche Weise<br />

der Unternehmenswert im Einzelnen ermittelt wird. Bis zu diesem Zeitpunkt nimmt der<br />

Ausgeschiedene an den konkreten Erträgen aus der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft<br />

teil; an künftigen Erträgen ist er nur noch im Rahmen <strong>des</strong> immateriellen Unternehmenswertes<br />

626 bzw. <strong>nach</strong> Maßgabe <strong>des</strong> § 740 BGB beteiligt.<br />

Entwicklungen, die erst <strong>nach</strong> dem Stichtag eintreten, aber schon in den am Stichtag bestehenden<br />

Verhältnissen in der Wurzel angelegt sind, sind bei der Anspruchsermittlung<br />

zu berücksichtigen (sog. Wurzeltheorie) 627 . Auch für die Kenntnis wertbildender Faktoren<br />

ist grundsätzlich auf den Stichtag abzustellen: Erkenntnisse <strong>nach</strong> dem Stichtag dürfen<br />

nur verwertet werden, wenn sie den Sachstand am Stichtag aufhellen (sog. Prinzip<br />

der Wertaufhellung), nicht dagegen, wenn sie sich auf Ereignisse beziehen, die <strong>nach</strong><br />

dem Stichtag eingetreten sind 628 .<br />

4. Grundsatz: Wirtschaftlicher Gleichlauf der Anspruchsberechnung <strong>nach</strong><br />

Auflösung und Ausscheiden<br />

Das Gesetz fordert den wirtschaftlichen Gleichlauf zwischen der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

der gesamten Gesellschaft und dem Ausscheiden eines Einzelgesellschafters: Der Ausgeschiedene<br />

ist wirtschaftlich so zu stellen, wie wenn die Gesellschaft im Augenblick<br />

624 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 75 Rn. 27; K. Schmidt DB 1983, 2401, 2401.<br />

625 Vgl. § 658 I BGB-E I zur Änderung <strong>des</strong> § 738 BGB, K. Schmidt DB 1983, 2401, 2403. Der Sonderfall<br />

<strong>des</strong> § 140 Abs. 2 HGB ist auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht anwendbar, K. Schmidt,<br />

Gesellschaftsrecht, § 50 IV 1. d), S. 1477 f.<br />

626 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 1. d) S. 1477.<br />

627 BGH NZG 1998, 379, 380; MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 75 Rn. 27.<br />

628 E/B/J/S/Lorz HGB § 131 Rn. 74; MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 75 Rn. 27.<br />

223


seines Ausscheidens liquidiert worden wäre, § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB. Daraus kann ein<br />

Rechtsgedanke hergeleitet werden, der für die Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsguthabens<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen Geltung entfaltet 629 : Das Vermögensverteilungsverfahren <strong>nach</strong><br />

Ausscheiden ist die auf die Rechtsverhältnisse <strong>des</strong> Ausgeschiedenen bezogene Teilabwicklung<br />

der Gesellschaft. Das bedeutet, dass der Ausgeschiedene nicht besser und<br />

nicht schlechter gestellt werden darf als er es als Liquidationsgesellschafter gewesen<br />

wäre. Es ist daher möglich und zulässig, den Ausgeschiedenen insbesondere im Hinblick<br />

auf seinen Abfindungsanspruch und <strong>des</strong>sen prozessuale Geltendmachung Einschränkungen<br />

zu unterwerfen, die auch den Liquidationsgesellschafter treffen. Welche<br />

dies im Einzelnen sind, wird noch genauer zu analysieren sein 630 .<br />

5. Ausnahme: Fortführungswert statt Liquidationswert<br />

Andererseits ist die Abfindung als Gegenleistung für die Beteiligungsrechte an der Gesellschaft<br />

zu sehen, die den in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschaftern infolge<br />

<strong>des</strong> Ausscheidens anwachsen 631 . Der Abfindungsanspruch soll daher dem wahren Wert<br />

der Gesellschaftsbeteiligung <strong>des</strong> ausgeschiedenen Gesellschafters entsprechen; der<br />

Ausgeschiedene soll durch sein Ausscheiden vermögensmäßig nicht schlechter und die<br />

übrigen Gesellschafter hierdurch nicht besser gestellt werden 632 .<br />

Trotz <strong>des</strong> gesetzlichen Verweises in § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB auf das Abwicklungsverfahren<br />

ist der Abfindungsanspruch <strong>nach</strong> allgemeiner Ansichtnicht auf Grundlage<br />

<strong>des</strong> Liquidationswerts <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> 633 , sondern auf der Basis <strong>des</strong> Fortführungswerts<br />

<strong>des</strong> lebenden, d.h. fortgesetzten Unternehmens (going concern) zu berechnen<br />

634 : Infolge <strong>des</strong> Ausscheidens geht die Beteiligung an einer lebenden Gesellschaft<br />

auf die übrigen Gesellschafter über. Daher können auch nur die Fortführungswer-<br />

629 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass diese These in<br />

dieser Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden ist. Daher gehe ich davon aus,<br />

dass hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

630 Siehe dazu unten § 30, S. 258 ff.<br />

631 Staudinger/Kessler BGB (1991) § 738 Rn. 7.<br />

632 Staudinger/Habermeier BGB (2003) Rn. 1.<br />

633 Für einen Ansatz lediglich der Liquidationswerte in der Abschichtungsbilanz Schönle DB 1959, 1427,<br />

1428.<br />

634 Ganz herrschende Meinung, vgl. nur BGHZ 17, 130, 136 = NJW 1955, 1025; BGHZ 116, 359, 370 f.<br />

= NJW 1992, 892; Erman/Westermann BGB § 738 Rn. 5; Schulze-Osterloh ZGR 1986, 545, 547 f.<br />

224


te <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> für die Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs ausschlaggebend<br />

sein, die sämtliche stillen Reserven und immateriellen Geschäftswerte<br />

einschließen 635 . Der Liquidationswert <strong>des</strong> Anteils <strong>des</strong> Ausgeschiedenen hat damit lediglich<br />

die Bedeutung eines Min<strong>des</strong>twerts im Sinne einer Risikountergrenze 636 .<br />

Bei einem von der Gesellschaft betriebenen Unternehmen ist daher <strong>nach</strong> diesen Grundsätzen<br />

der sog. wahre Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> 637 maßgeblich, d.h. der Wert,<br />

der sich bei einem Verkauf <strong>des</strong> weitergeführten Unternehmens als Einheit einschließlich<br />

aller stillen Reserven und <strong>des</strong> immateriellen Geschäftswertes (good will) ergeben würde<br />

638 . Es kommt also nicht darauf an, was das Unternehmen dem Ausgeschiedenen oder<br />

den verbleibenden Gesellschaftern subjektiv wert gewesen ist, sondern es ist der objektive<br />

marktübliche Verkehrswert für das Unternehmen einschließlich aller stiller Reserven<br />

und <strong>des</strong> good will zu ermitteln 639 .<br />

6. Das Erfordernis einer Abschichtungsrechnung und das Prinzip der Gesamtabrechnung<br />

Beim Ausscheiden eines Gesellschafters bedarf es stets einer schriftlichen Abrechnung,<br />

um die Ansprüche <strong>des</strong> Ausgeschiedenen im Verhältnis zur Gesellschaft ermitteln zu<br />

können. <strong>Die</strong>s ergibt sich schon daraus, dass das Gesellschaftsvermögen nicht tatsächlich<br />

versilbert wird, sondern sein Wert gemäß § 738 Abs. 2 BGB geschätzt und auf Grundlage<br />

dieser Schätzung der Abfindungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen rechnerisch ermittelt<br />

wird.<br />

Bei der Erstellung dieses Rechenwerks gilt, wie schon bei der <strong>Auseinandersetzung</strong>, das<br />

sog. Prinzip der Gesamtabrechnung 640 : <strong>Die</strong> einzelnen Forderungen und Verbindlichkei-<br />

635 Vgl. nur MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte, § 75 Rn. 26.<br />

636 Göllert/Ringling DB 1999, 516, 516; Hüttemann ZHR 162 (1998), 563, 584f.<br />

637 Hüttemann ZHR 162 (1998), 563, 563.<br />

638 Ständige Rechtsprechung seit BGHZ 17, 130, 136 = NJW 1955, 1025; BGH NJW 1974, 312, 312;<br />

BGH NJW 1985, 192, 193; vgl. auch Hüttemann ZHR 162 (1998), 563, 577; kritisch hierzu Sigle<br />

ZGR 1999, 659, 669.<br />

639 BGHZ 75, 195, 199 = NJW 1980, 229; Hüttemann ZHR 162 (1998), 563, 575; Hülsmann NZG 2001,<br />

625, 626.<br />

640 E/B/J/S/Lorz HGB § 131 Rn. 99.<br />

225


ten <strong>des</strong> Gesellschafters im Verhältnis zur Gesellschaft sind in einer einheitlichen Abrechnung<br />

zu ermitteln und einander gegenüberzustellen. Nur bei Gesamtabrechnung<br />

aller Ansprüche zeigt sich, ob und in ggf. welcher Höhe der Ausgeschiedene Anspruch<br />

auf Abfindung hat oder seinerseits Ausgleich schuldet 641 . In der Praxis erfolgt diese Gesamtbewertung<br />

<strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> üblicherweise mit Hilfe einer Bilanz (Abfindungs-<br />

oder Abschichtungsbilanz) oder unter Anwendung von betriebswirtschaftlichen<br />

Bewertungsmethoden. Prozessual wird das Prinzip der Gesamtabrechnung - wie<br />

schon bei Auflösung der Gesellschaft - mit Hilfe der sog. Durchsetzungssperre umgesetzt:<br />

Da<strong>nach</strong> sollen die bis zum Abrechnungsstichtag entstandenen, dem Abfindungsguthaben<br />

zugrunde liegenden Einzelansprüche mit Ausscheiden nicht mehr selbständig<br />

im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden können, sondern als unselbständige<br />

Rechnungsposten in die Gesamtabrechnung eingehen 642 .<br />

7. <strong>Die</strong> zwei Komponenten <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs und die Funktion der<br />

Gesellschafterkonten<br />

Ungeachtet <strong>des</strong>sen, welche Methode zur Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> angewendet<br />

wird, kann sich aus einer Bilanz oder einer sonstigen Abrechnung über die<br />

Vermögensverhältnisse der Gesellschaft immer nur der Teilbetrag <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

ergeben, der aus dem Anteil <strong>des</strong> Ausgeschiedenen am <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

(§ 738 Abs. 2 BGB) gebildet wird. Aufgrund <strong>des</strong> umfassenden Verweises <strong>des</strong> § 738<br />

Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB in das Verfahren bei der <strong>Auseinandersetzung</strong> bei Auflösung<br />

besteht auch der Abfindungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen ebenso wie das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

<strong>des</strong> Liquidationsgesellschafters aus zwei miteinander zu verrechnenden<br />

Komponenten.<br />

Der Umfang der Ansprüche, die dem Ausgeschiedenen neben seinem Anteil am Gesellschaftsvermögen<br />

im Übrigen zustehen, beispielsweise sein Anspruch auf Einlagenrückerstattung<br />

gemäß § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 iVm § 733 Abs. 2 BGB, ergibt sich jedoch<br />

nicht bzw. nur mittelbar aus der Abfindungsbilanz, sondern aus einem für den Ausge-<br />

641 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 83.<br />

642 Ständige Rechtsprechung und ganz herrschende Meinung, vgl. zuletzt BGH NZG 2000, 832, 833; für<br />

die Literatur statt vieler E/B/J/S/Lorz HGB § 131 Rn. 99.<br />

226


schiedenen geführten Gesellschafterkonto 643 . In dem zum Stichtag <strong>des</strong> Ausscheidens<br />

errechneten Saldo dieses Gesellschafterkontos gehen alle „persönlichen“ Forderungen<br />

und Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Ausgeschiedenen im Verhältnis zur Gesellschaft auf 644 .<br />

Gesellschafterkonto und Abfindungsbilanz sind streng voneinander zu unterscheiden<br />

und getrennt zu führen und stehen nur derart in Beziehung zueinander, dass das aus der<br />

Bilanz ersichtliche Kapital, d.h. der Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> im Ausscheidenszeitpunkt,<br />

<strong>nach</strong> Maßgabe der Gewinn- bzw. Verlustquoten der Gesellschafter zueinander<br />

auf die Gesellschafter zu verteilen und mit dem Saldo <strong>des</strong> Gesellschafterkontos<br />

zu verrechnen ist 645 . Daraus ergibt sich, dass die Abschichtungsbilanz nur dazu dienen<br />

kann, die <strong>nach</strong> § 738 Abs. 2 BGB vorzunehmende Schätzung <strong>des</strong> Wertes <strong>des</strong> gesamten<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> vorzunehmen. <strong>Die</strong> Abfindungsbilanz kann hingegen keine<br />

Auskunft darüber geben, welche Ansprüche der Ausgeschiedene im Übrigen, z.B. auf<br />

Rückerstattung seiner Einlagen, gegen die Gesellschaft im Augenblick seines Ausscheidens<br />

geltend machen kann. Hier hilft nur das Gesellschafterkonto <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

weiter. <strong>Die</strong>s wird von der herrschenden Meinung nicht ausreichend genug klargestellt,<br />

die - insoweit terminologisch unklar - davon spricht, dass sich die Höhe <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

aus der auf den Abfindungsstichtag erstellten Abfindungsbilanz ergebe<br />

646 , ohne in diesem Zusammenhang auf die Funktion der Gesellschafterkonten einzugehen.<br />

Daher sind die Äußerungen der herrschenden Meinung zur Abschichtungsbilanz<br />

korrigierend dahingehend auszulegen, dass diese nur zur Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

<strong>nach</strong> § 738 Abs. 2 BGB dienen kann und im Übrigen der Saldo <strong>des</strong> Gesellschafterkontos<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen berücksichtigt werden muss.<br />

10. Kapitel <strong>Die</strong> Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

Nach diesen methodische Grundüberlegungen zur Systematik <strong>des</strong> § 738 BGB kann damit<br />

nun detaillierter auf die einzelnen Ansprüche <strong>des</strong> Ausgeschiedenen eingegangen<br />

643 So auch Freund ZIP 2009, 941, 942.<br />

644 Stötter BB 1974, 676, 677.<br />

645 So wohl auch MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 25, der von der Aufteilung <strong>des</strong> (fiktiven) <strong>Auseinandersetzung</strong>sgewinns<br />

auf die jeweiligen Gesellschafterkonten spricht.<br />

646 Vgl. statt vieler MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 37.<br />

227


werden. Gemäß § 738 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. BGB steht dem ausgeschiedenen Gesellschafter<br />

derselbe Rückgabeanspruch zu, den er bei <strong>Auseinandersetzung</strong> der gesamten<br />

Gesellschaft gehabt hätte (§ 732 BGB). Insofern kann auf die Ausführungen im Rahmen<br />

der <strong>Auseinandersetzung</strong> verwiesen werden 647 . Auch hier bezieht sich der Rückgabeanspruch<br />

nur auf die zur Benutzung überlassenen Gegenstände, nicht auf solche, die im<br />

Wege der Sacheinlage in die Gesellschaft eingebracht wurden und bei dieser verbleiben<br />

648 . Der Ausgeschiedene hat ferner gemäß § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB Anspruch auf<br />

Befreiung von den gemeinschaftlichen Schulden.<br />

§ 27 Der Anspruch auf Schuldbefreiung (§§ 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 und 2 BGB)<br />

I. Entstehung, Fälligkeit und Durchsetzung <strong>des</strong> Schuldbefreiungsanspruchs;<br />

Anspruch auf Sicherheitsleistung (§ 738 Abs. 1 Satz 3 BGB)<br />

Der Anspruch auf Freistellung von den Gesellschaftsverbindlichkeiten entsteht und wird<br />

fällig mit Ausscheiden. Er besteht auch dann, wenn der Ausgeschiedene keine Abfindung<br />

verlangen kann, sondern seinerseits <strong>nach</strong> § 739 BGB den Fehlbetrag schuldet 649 . In<br />

diesem Fall kann die Gesellschaft ein Zurückbehaltungsrecht <strong>nach</strong> § 273 BGB geltend<br />

machen und die Schuldbefreiung bis zur Zahlung <strong>des</strong> Fehlbetrags verweigern 650 .<br />

Der Anspruch richtet sich entgegen dem Wortlaut <strong>des</strong> § 738 BGB gegen die Gesellschaft,<br />

nicht gegen die Gesellschafter 651 ; den Gesellschaftsgläubigern kann er nicht entgegengesetzt<br />

werden 652 . Für seine Erfüllung haften aber auch die Gesellschafter 653 . Auf<br />

welche Weise die Gesellschaft die Schuldbefreiung bewirkt, bleibt grundsätzlich ihrem<br />

647 Siehe hierzu ausführlich oben § 5, S. 33 ff.<br />

648 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 1. a), S. 1475.<br />

649 MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 77.<br />

650 BGH NJW 1974, 899, 900; Bamberger/Roth/Schöne BGB § 738 Rn. 8.<br />

651 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 51 III 2. a), S. 1505; Erman/Westermann BGB § 738 Rn. 9.<br />

652 MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 77.<br />

653 MünchHdb GesR I/ Piehler/Schulte § 10 Rn. 78.<br />

228


Ermessen überlassen 654 . So kann die Gesellschaft z.B. die bestehende Verbindlichkeit<br />

gegenüber dem Gläubiger erfüllen (§ 267 BGB), gegenüber dem Gläubiger aufrechnen<br />

oder mit ihm die Entlassung <strong>des</strong> früheren Gesellschafters aus der Verbindlichkeit vereinbaren<br />

655 . Zahlung an den Ausgeschiedenen als Berechtigten ist nur dann geschuldet,<br />

wenn die Inanspruchnahme <strong>des</strong> Gesellschafters feststeht 656 oder er bereits selbst an den<br />

Gläubiger gezahlt hat, also ersatzfähige Aufwendungen gemacht hat 657 .<br />

Für noch nicht fällige Gesellschaftsverbindlichkeiten einschließlich derer aus schwebenden<br />

Geschäften 658 , für die der Ausgeschiedene im Rahmen seiner Nachhaftung einstehen<br />

muss, kann die Gesellschaft dem Ausgeschiedenen anstelle der Schuldbefreiung<br />

Sicherheitsleistung gemäß § 738 Abs. 1 Satz 3 BGB anbieten. Der Ausgeschiedene<br />

selbst kann nur Schuldbefreiung verlangen, die Sicherheitsleistung stellt eine Ersetzungsbefugnis<br />

der Gesellschaft dar 659 , die den Befreiungsanspruch aber nicht zum Erlöschen<br />

bringt: Wird die Verbindlichkeit später fällig, so kann der Ausgeschiedene trotz<br />

erfolgter Sicherheitsleistung wieder Befreiung verlangen 660 .<br />

II.<br />

Umwandlung in einen Zahlungsanspruch <strong>nach</strong> Fristsetzung, § 250 BGB<br />

Der Freistellungsberechtigte kann den Herstellungsanspruch in einen Geldersatzanspruch<br />

umwandeln, um nicht unangemessen lange auf die Bewirkung der Naturalrestitution<br />

warten zu müssen 661 . Hierzu kann er der Gesellschaft eine Frist <strong>nach</strong> § 250 BGB zur<br />

Freistellung mit der Erklärung setzen, dass er die Freistellung <strong>nach</strong> Ablauf der Frist ablehne<br />

662 . Mit Fristablauf wandelt sich der Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit<br />

in einen Schadensersatzanspruch auf Zahlung <strong>des</strong> zur Tilgung der Verbindlich-<br />

654 E/B/J/S/Lorz HGB § 131 Rn. 62.<br />

655 Erman/Westermann BGB § 738 Rn. 9; MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 78.<br />

656 RGZ 78, 26, 34.<br />

657 RGZ 78, 26, 34; zur dogmatischen Begründung eines solchen Zahlungsanspruchs vgl. MünchKomm<br />

BGB/Krüger § 257 Rn. 5.<br />

658 Erman/Westermann BGB § 738 Rn. 10.<br />

659 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 738 Rn. 12; Staudinger/Kessler BGB (1991) § 738 Rn. 5.<br />

660 RGZ 59, 10, 12 f.; MünchKomm BGB/Krüger § 257 Rn. 14.<br />

661 MünchKomm BGB/Oetker § 250 Rn. 1.<br />

662 BGH NJW-RR 1987, 43, 44; zur Angemessenheit bzw. Entbehrlichkeit der Frist sowie Formerfordernissen<br />

der Fristsetzung Erman/Ebert BGB § 250 Rn. 2 ff.<br />

229


keit erforderlichen Geldbetrags um 663 , §§ 738, 250 BGB: Entgegen dem Wortlaut <strong>des</strong><br />

§ 250 Satz 2, 1. Hs. BGB („kann“) geht mit Fristablauf der Anspruch auf Freistellung<br />

(Naturalrestitution) unter 664 und das bis zum Fristablauf bestehende Wahlrecht <strong>des</strong> Freistellungsverpflichteten,<br />

auf welche Weise er seine Freistellungsverbindlichkeit erfüllen<br />

will, entfällt. <strong>Die</strong> der Gesellschaft <strong>nach</strong> Fristablauf einzig mögliche Erfüllungsvariante<br />

ist die Zahlung <strong>des</strong> zur Begleichung der Verbindlichkeit erforderlichen Geldbetrags 665 .<br />

<strong>Die</strong> Zahlung der Gesellschaft an den Ausgeschiedenen wirkt jedoch gegenüber dem<br />

Drittgläubiger nicht schuldbefreiend: <strong>Die</strong> Gesellschaft haftet gegenüber dem Gläubiger<br />

unverändert weiter und kann sich nicht diesem gegenüber exkulpieren, indem sie dem<br />

Ausgeschiedenen den zur Befriedigung <strong>des</strong> Gläubigers erforderlichen Geldbetrag auszahlt<br />

666 . Scheitert die Erfüllung der Gläubigerverbindlichkeit durch den Ausgeschiedenen<br />

z.B. aufgrund <strong>des</strong>sen Zahlungsunfähigkeit, so besteht die Gefahr der Doppelzahlung.<br />

Umgekehrt soll der Ausgeschiedene nicht das Risiko tragen, dass es infolge <strong>des</strong><br />

Zugriffs eines Gläubigers oder wegen Schwierigkeiten bei der Erfüllung nicht zur vollständigen<br />

Befreiung von der Verbindlichkeit kommt 667 . § 250 BGB ist daher für die<br />

Konstellation <strong>des</strong> § 738 BGB dergestalt korrigierend auszulegen, dass der ausgeschiedene<br />

Gesellschafter <strong>nach</strong> Fristablauf nicht mehr Zahlung an sich selbst verlangen kann,<br />

sondern nur noch Zahlung an den Drittgläubiger 668 . Nur so werden die Interessen der<br />

Gesellschaft gewahrt, nicht doppelt in Anspruch genommen zu werden. Der Ausgeschiedene<br />

wird dadurch nicht be<strong>nach</strong>teiligt, da er von vornherein nur Freistellung von<br />

einer bestehenden Verbindlichkeit verlangen durfte; nichts Anderes wird aber durch<br />

Zahlung direkt an den Drittgläubiger bewirkt.<br />

663 BGH NJW 1992, 2221, 2222; BGH NJW 1993, 2232, 2233.<br />

664 MünchKomm BGB/Oetker § 250 Rn. 10.<br />

665 BGH NJW 1993, 2232, 2233.<br />

666 MünchKomm BGB/Krüger § 257 Rn. 4.<br />

667 MünchKomm BGB/Krüger § 257 Rn. 4.<br />

668 Etwas anderes gilt selbstverständlich, wenn der Ausgeschiedene die Verbindlichkeit <strong>des</strong> Gläubigers<br />

bereits aus eigener Tasche erfüllt hat; in diesem Fall kann er Ersatz von der Gesellschaft im Wege <strong>des</strong><br />

Regresses verlangen. <strong>Die</strong>s ist aber gerade kein Fall <strong>des</strong> Freistellungsanspruchs <strong>nach</strong> § 738 BGB, sondern<br />

der allgemeine Aufwendungsersatzanspruch je<strong>des</strong> Gesellschafters (vgl. MünchKomm<br />

BGB/Krüger § 257 Rn. 5). Der in § 738 BGB angesprochene Befreiungsanspruch zeichnet sich gerade<br />

dadurch aus, dass der Ausgeschiedene selbst noch nicht an den Gläubiger gezahlt hat, sondern nur<br />

seine Inanspruchnahme droht bzw. bevorsteht.<br />

230


III.<br />

Der Umfang <strong>des</strong> Schuldbefreiungsanspruchs<br />

1. Herrschende Meinung: Schuldbefreiung auch für noch nicht fällige und<br />

streitige Forderungen<br />

Der Begriff der gemeinschaftlichen Schulden ist <strong>nach</strong> Anerkennung der Rechtsfähigkeit<br />

der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht mehr treffend. Gemeint sind die Gesellschaftsschulden,<br />

für die der Ausgeschiedene im Rahmen seiner Haftung für Altverbindlichkeiten<br />

im Außenverhältnis persönlich weiterhaftet 669 : Gesetzliche Grundlage und<br />

Voraussetzung für den Anspruch auf Schuldbefreiung ist die persönliche, gesamtschuldnerische,<br />

zeitlich begrenzte Haftung <strong>des</strong> Ausgeschiedenen gemäß § 736 Abs. 2<br />

BGB iVm §§ 159 f. HGB 670 . Er ist seiner Rechtsnatur <strong>nach</strong> ein Freistellungsanspruch im<br />

Sinne <strong>des</strong> § 257 BGB 671 .<br />

Der Wortlaut <strong>des</strong> § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB, wo<strong>nach</strong> die verbleibenden Gesellschafter<br />

dem Ausgeschiedenen für noch nicht fällige Forderungen anstelle einer Schuldbefreiung<br />

Sicherheit leisten können, besagt, dass auch für nicht fällige Forderungen eine Schuldbefreiung<br />

grundsätzlich in Betracht kommt. Fraglich ist, ob diese Vorschrift korrigierend<br />

auszulegen ist, um die Interessen aller Beteiligten ausreichend zu wahren. Zudem<br />

fragt sich, ob auch streitige Forderungen Gegenstand <strong>des</strong> Freistellungsanspruchs sein<br />

dürfen bzw. müssen. Nach wohl herrschender Meinung umfasst der Anspruch auf Freistellung<br />

von den Gesellschaftsverbindlichkeiten sämtliche Verbindlichkeiten, d.h. auch<br />

solche, die zum Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens noch nicht fällig sind 672 und für die derzeit<br />

keine Inanspruchnahme <strong>des</strong> Ausgeschiedenen droht 673 . Hat der Ausgeschiedene beispielsweise<br />

einem Gläubiger der Gesellschaft für eine Gesellschaftsschuld aus seinem<br />

Privatvermögen Sicherheit geleistet, z.B. durch Stellung einer Bürgschaft, so kann er<br />

von der Gesellschaft deren sofortige Rückgabe bzw. Ablösung analog § 738 Abs. 1<br />

Satz 2 BGB verlangen, ohne die Fälligkeit der Schuld abwarten zu müssen 674 . Damit soll<br />

669 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 1. b), S. 1475.<br />

670 MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 77.<br />

671 Palandt/Sprau BGB § 738 Rn. 3; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 51 III 2. a), S. 1505.<br />

672 Palandt/Grüneberg BGB § 257 Rn. 1.<br />

673 Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 131 Rn. 42.<br />

674 BGH NJW 1974, 899, 900; MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 78.<br />

231


der Ausgeschiedene im Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens sofortige Befreiung auch von betagten<br />

Gesellschaftsverbindlichkeiten verlangen können 675 , wobei jedoch die Belastung<br />

mit dem Haftungsrisiko bei der Abfindung außer Ansatz bleibt 676 . Für streitige Forderungen<br />

soll hingegen eine Schuldbefreiung nicht in Betracht kommen 677 . Statt <strong>des</strong>sen<br />

liegt die Beweislast für das Bestehen und die Fälligkeit einer Schuld, von der zu befreien<br />

ist, beim Ausgeschiedenen als Gläubiger <strong>des</strong> Befreiungsanspruchs 678 .<br />

2. Stellungnahme: Schuldbefreiung nur für fällige Verbindlichkeiten, für die<br />

Inanspruchnahme droht<br />

Gewährt man dem Ausgeschiedenen Freistellung auch von nicht fälligen Forderungen,<br />

für die keine Inanspruchnahme droht, so privilegiert man den Ausgeschiedenen in nicht<br />

gerechtfertigter Weise im Vergleich zu seiner Stellung als Gesellschafter. Konnte er zur<br />

Zeit seiner Mitgliedschaft Freistellung bzw. Zahlung im Rahmen <strong>des</strong> Aufwendungsersatzes<br />

<strong>nach</strong> erfolgter Befriedigung eines Gläubigers stets nur für solche Verbindlichkeiten<br />

verlangen, deren Befriedigung er für erforderlich halten durfte (§§ 713 iVm 670<br />

BGB), so tragen <strong>nach</strong> Ausscheiden und Freistellung <strong>des</strong> Ausgeschiedenen die Gesellschaft<br />

bzw. die in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter alleine das Risiko der<br />

Inanspruchnahme aus der Forderung. <strong>Die</strong>s widerspricht dem Grundsatz, dass der Ausgeschiedene<br />

durch sein Ausscheiden vermögensmäßig nicht schlechter gestellt werden<br />

soll 679 , im Gegenzug aber auch nicht besser gestellt werden darf als die übrigen Gesellschafter.<br />

Nach dem hier vorgeschlagenen Verfahren für die Abwicklung einer aufgelösten Gesellschaft<br />

findet eine Verteilung und Ausschüttung nur derjenigen Geldmittel statt, die<br />

zum jeweiligen Zeitpunkt liquide in der Gesellschaftskasse vorhanden sind: Da<strong>nach</strong><br />

dürfen noch nicht eingezogene Forderungen der Gesellschaft gegen Dritte selbst dann<br />

nicht in die Vermögensverteilung unter den Gesellschaftern einfließen, wenn sie bereits<br />

675 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 51 III, 2. a), S. 1505.<br />

676 So schon K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 51 III, 2. a), S. 1505, der aber keine Lösung für dieses<br />

Problem anbietet.<br />

677 RGZ 60, 155, 158.<br />

678 RGZ 60, 155, 159; Erman/Westermann BGB § 738 Rn. 9; Bamberger/Roth/Schöne BGB § 738 Rn. 8.<br />

679 Staudinger/Habermeier BGB (2003) § 738 Rn. 1.<br />

232


fällig und durchsetzbar sind. Es nehmen vielmehr nur erfolgreich eingetriebene Forderungen<br />

am Verteilungsprozess teil.<br />

<strong>Die</strong>ser Gedanke ist auch auf den Schuldbefreiungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen übertragbar.<br />

Gewährt man dem Ausgeschiedenen nur Befreiung von den im Ausscheidenszeitpunkt<br />

unstreitig bestehenden und fälligen Verbindlichkeiten, für die eine Inanspruchnahme<br />

droht und verweist man den Ausgeschiedenen für alle noch nicht fälligen<br />

Forderung ausschließlich auf die Sicherheitsleistung <strong>nach</strong> § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB, so<br />

wird ein gerechter Interessensausgleich zwischen dem Ausgeschiedenen und den verbleibenden<br />

Gesellschaftern erzielt: Der Ausgeschiedene kann sich sicher sein, zumin<strong>des</strong>t<br />

von den fälligen und unstreitigen Schulden freigestellt zu werden, für die eine Inanspruchnahme<br />

droht, und wird in Bezug auf alle anderen Verbindlichkeiten nicht<br />

schlechter gestellt als noch zu Zeiten seiner Mitgliedschaft in der Gesellschaft. <strong>Die</strong> verbliebenen<br />

Gesellschafter müssen ihrerseits nicht befürchten, dem Ausgeschiedenen <strong>nach</strong><br />

Fristsetzung (§ 250 BGB) einen möglicherweise überhöhten Betrag auch für solche<br />

Verbindlichkeiten bezahlen zu müssen, die im Nachhinein erfolgreich abgewehrt werden<br />

konnten, um anschließend mit der Rückforderungen gegen den Ausgeschiedenen<br />

wegen <strong>des</strong>sen Zahlungsunfähigkeit auszufallen. Der Schuldbefreiungsanspruch darf<br />

also nicht den Soll-Bestand aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft umfassen, für die<br />

der Ausgeschiedene aufgrund seiner Nachhaftung potentiell einzustehen haben könnte,<br />

sondern nur den Ist-Bestand der zum Ausscheidensstichtag bzw. zum jeweils <strong>nach</strong>folgenden<br />

Zeitpunkt bestehenden und fälligen Verbindlichkeiten, für die eine Inanspruchnahme<br />

droht 680 .<br />

680 Ebenso beschränkend auf Ansprüche, aus denen eine Inanspruchnahme droht, MünchKomm HGB/K.<br />

Schmidt § 131 Rn. 111, jedoch ohne Begründung.<br />

233


§ 28 Der Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong> Abfindungsguthabens (§ 738 Abs. 1<br />

Satz 2 Alt. 3 BGB)<br />

I. Gleichlauf der Berechnung von <strong>Auseinandersetzung</strong>s- und Abfindungsguthaben<br />

Der Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong> Abfindungsguthabens ist der wirtschaftlich wichtigste<br />

Anspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen 681 . Nach § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB erhält der<br />

Ausgeschiedene als Abfindungsanspruch das, was er im Rahmen der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

erhalten hätte, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden<br />

wäre. <strong>Die</strong>ser umfassende Verweis auf das bei der <strong>Auseinandersetzung</strong> anzuwendende<br />

Vermögensverteilungsverfahren hat zur Folge, dass der Abfindungsanspruch <strong>des</strong><br />

Ausgeschiedenen grundsätzlich <strong>nach</strong> den gleichen Grundsätzen zu ermitteln ist wie der<br />

Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens. Wie im Rahmen der<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong> bereits ausführlich erörtert wurde, besteht das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

<strong>des</strong> Liquidationsgesellschafters aus zwei miteinander zu verrechnenden<br />

Komponenten: Er kann zum Einen den Saldo seines einheitlichen Gesellschafterkontos<br />

geltend machen, in dem sämtliche Zahlungsansprüche und Verbindlichkeiten aus den<br />

§§ 732, 733 Abs. 1 und 2 BGB aufgehen, zum Anderen den seiner Gewinn- bzw. Verlustquote<br />

entsprechenden Anteil an dem <strong>nach</strong> Befriedigung aller tatsächlich (§ 733<br />

Abs. 1 Satz 1 BGB) oder potentiell (§ 733 Abs. 1 Satz 2 BGB) bestehenden Verbindlichkeiten<br />

verbleibenden verteilbaren Gesellschaftsvermögen.<br />

Nichts Anderes kann aufgrund der Verweisung <strong>des</strong> § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB in<br />

das Abwicklungsverfahren für das Ausscheiden gelten: Der Abfindungsanspruch besteht<br />

einerseits aus allen Zahlungsansprüchen aus den §§ 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 iVm<br />

732, 733 Abs. 1 und 2 BGB, die der Gesellschafter auch im Rahmen der Abwicklung<br />

hätte geltend machen können, andererseits aus dem wirtschaftlichen Gegenwert seines<br />

durch Anwachsung auf die verbleibenden Gesellschafter übergegangenen Gesellschaftsanteils<br />

682 . Der von § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB implizierte wirtschaftliche<br />

Gleichlauf von <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben und Abfindungsguthaben hat zur Folge,<br />

681 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 80.<br />

682 So wohl auch Palandt/Sprau BGB § 738 Rn. 4.<br />

234


dass auch die jeweilige Anspruchsberechnung <strong>nach</strong> denselben Grundsätzen erfolgen<br />

kann, soweit das Gesetz nichts Anderes vorsieht. Das BGB bestimmt lediglich in § 738<br />

Abs. 2 BGB, dass der Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>, soweit erforderlich, im Wege<br />

der Schätzung zu ermitteln sei. Damit werden nur Vorgaben für die Komponente <strong>des</strong><br />

Abfindungsanspruchs gemacht, die vom wirtschaftlichen Gegenwert <strong>des</strong> Gesellschaftsanteils<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen gebildet wird, im Übrigen können die bereits für das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

gewonnenen Erkenntnisse über die Berechnung der Ansprüche<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters herangezogen werden. Damit ist der Saldo <strong>des</strong> einheitlichen<br />

Gesellschafterkontos auch im Rahmen der Ermittlung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs <strong>des</strong><br />

Ausgeschiedenen von Bedeutung. Daher ist im Folgenden zu untersuchen, wie das Gesellschafterkonto<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen zu erstellen und zu saldieren ist.<br />

II.<br />

Der Inhalt <strong>des</strong> Gesellschafterkontos <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

1. <strong>Die</strong> Behandlung von Drittgläubigeransprüchen <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

Aufgrund <strong>des</strong> von § 738 Abs. 1 BGB geforderten wirtschaftlichen Gleichlaufs von <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

und Ausscheiden muss das Gesellschafterkonto <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

die gleichen Elemente wie bei <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft<br />

enthalten. Es ist daher <strong>nach</strong> den gleichen Grundsätzen wie im Rahmen der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

<strong>nach</strong> Auflösung dargestellt auf den Ausscheidensstichtag bezogen zu erstellen<br />

und <strong>nach</strong> Vorbild <strong>des</strong> Kontokorrents zu verrechnen. Hierzu kann umfassend auf das<br />

bereits Dargestellte verwiesen werden 683 . Fraglich erscheint lediglich, ob Drittgläubigeransprüche<br />

und -verbindlichkeiten <strong>des</strong> Ausgeschiedenen <strong>nach</strong> Ausscheiden ohne Rücksicht<br />

auf den Stand der Abschichtung eingefordert werden können oder ob sich auch<br />

hier Beschränkungen aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht ergeben.<br />

Während im Rahmen der <strong>Auseinandersetzung</strong> der Gesellschaft umstritten ist, ob ein<br />

Gesellschafter die ihm gegen die Gesellschaft zustehenden Drittgläubigerforderungen<br />

unabhängig vom Fortgang der Abwicklung geltend machen kann oder mit der Durch-<br />

683 Siehe ausführlich oben § 14, III., S. 87 ff.<br />

235


setzung zuwarten muss, bis die <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung erstellt ist 684 , ist sich<br />

die herrschende Meinung 685 bei Ausscheiden <strong>des</strong> Gesellschafters - soweit ersichtlich -<br />

einig, dass der Ausgeschiedene seine Drittgläubigerforderungen mit Ausscheiden einklagen<br />

kann, ohne eine Abrechnung über seine Forderungen abwarten zu müssen oder<br />

durch eine mitgliedschaftliche Treuepflicht daran gehindert zu sein. Grund hierfür soll<br />

sein, dass er <strong>nach</strong> seinem Ausscheiden seinen Gesellschafterstatus mit allen dazugehörigen<br />

Rechten und Pflichten verliert und der Gesellschaft wie ein Dritter gegenübersteht<br />

686 .<br />

Dagegen ist einzuwenden, dass auch im Rahmen der Abschichtung <strong>nach</strong> Ausscheiden<br />

das sog. Prinzip der Gesamtabrechnung Anwendung findet 687 . <strong>Die</strong>ses besagt, dass der<br />

Ausgeschiedene einzelne Rechte und Forderungen mit Ausscheiden nicht mehr selbständig<br />

geltend machen kann, sondern mit der Durchsetzung seiner Ansprüche zuwarten<br />

muss, bis eine Gesamtabrechnung über seine Ansprüche erstellt worden ist 688 . Erst wenn<br />

diese Gesamtabrechnung vorliegt, steht fest, ob der Ausgeschiedene seine Drittgläubigerforderung<br />

im Ergebnis überhaupt geltend machen kann oder ob sie aufgrund Verrechnung<br />

und daraus folgender Novation <strong>des</strong>wegen untergegangen ist, weil der Ausgeschiedene<br />

<strong>nach</strong> Berücksichtigung aller seiner Guthabens- und Abzugsposten selbst <strong>nach</strong><br />

§ 739 BGB für Fehlbeträge im Gesellschaftsvermögen aufkommen muss. Der Ausgeschiedene<br />

muss es sich daher ebenso wie der Liquidationsgesellschafter gefallen lassen,<br />

dass seine Drittgläubigeransprüche und -verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft<br />

in sein Gesellschafterkonto eingestellt und mit seinen übrigen Ansprüchen und Verbindlichkeiten<br />

verrechnet werden. Auch im Gesellschafterkonto <strong>des</strong> Ausgeschiedenen sind<br />

daher <strong>des</strong>sen Drittgläubigeransprüche und -verbindlichkeiten <strong>nach</strong> der bereits für die<br />

Auflösungskonstellation beschriebenen Vorgehensweise 689 zu saldieren.<br />

684 Siehe hierzu ausführlich oben § 15, I., S. 97 ff.<br />

685 Büscher/Klusmann ZIP 1992, 11, 17; MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 18 iVm § 730 Rn. 53.<br />

686 Büscher/Klusmann ZIP 1992, 11, 17.<br />

687 Früchtl NZG 2007, 368, 370; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 1 S. 1475.<br />

688 Herrschende Meinung, vgl. nur BGH NJW 1999, 3557, 3557; MünchHdb GesR I/Piehler/ Schulte<br />

§ 10 Rn. 83; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 1 S. 1475.<br />

689 Siehe hierzu ausführlich oben § 15 I. 3., S. 110 ff.<br />

236


2. <strong>Die</strong> Behandlung von Regressansprüchen wegen Befriedigung eines Gläubigers<br />

Der Ausgeschiedene ist mit seinem Ausscheiden von allen Gesellschaftsverbindlichkeiten<br />

in vollem Umfang freizustellen, § 738 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 BGB. Wird er wegen<br />

einer Gesellschaftsschuld <strong>nach</strong> § 128 HGB analog <strong>nach</strong> seinem Ausscheiden in Anspruch<br />

genommen und zahlt er vor erreichter Schuldbefreiung an den Gesellschaftsgläubiger,<br />

so verwandelt sich sein Freistellungsanspruch aus § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB<br />

in einen entsprechenden Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft 690 . Der Rückgriffsanspruch<br />

gegen die Gesellschaft besteht dabei in voller Höhe 691 , d.h. der Ausgeschiedene<br />

muss sich einen Abzug seiner Verlustbeteiligung grundsätzlich nicht gefallen lassen<br />

692 .<br />

Wie bereits für die Auflösungskonstellation gilt auch bei Ausscheiden, dass Zahlungen<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters auf eine Verbindlichkeit der Gesellschaft Einlageleistungen darstellen,<br />

die ihm <strong>nach</strong> § 738 Abs. 1 iVm § 733 Abs. 2 BGB zu erstatten sind. <strong>Die</strong> an den<br />

Gläubiger geleistete Zahlung entspricht einer Einlage <strong>des</strong> Ausgeschiedenen in das Gesellschaftsvermögen,<br />

da sie für Rechnung der Gesellschaft aus dem Privatvermögen <strong>des</strong><br />

Ausgeschiedenen erfolgte. Sie ist ihm also ebenso wie eine geleistete Einlage in voller<br />

690 BGHZ 27, 51, 57 = NJW 1958, 787; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 51 III 2. b), S. 1507; Hadding/Häuser<br />

WM 1988, 1585, 1589.<br />

691 Hadding/Häuser WM 1988, 1585, 1589; Kühne ZHR 133 (1969), 149, 182. <strong>Die</strong> Anspruchsgrundlage<br />

für diesen Regressanspruch wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt. Zum Teil<br />

beruft man sich auf eine entsprechende Auslegung <strong>des</strong> § 738 BGB (Hadding, FS Fleck 1988, S. 81),<br />

die Anwendung der Surrogationsgrundsätze (Habersack AcP 198 (1998), 152, 164) oder § 638 BGB<br />

(Büscher/Klusmann ZIP 1992, 16 f.; Preuß ZHR 160 (1996), 163, 164 f.). Andere (Hadding, FS Stimpel<br />

1985, S. 154 f.; Hadding, FS Fleck 1988, S. 81; davor bereits Schumann JZ 1958, 427, 427) bemühen<br />

einen Schadensersatzanspruch wegen zu vertretender Nichterfüllung der Schuldbefreiungspflicht<br />

<strong>nach</strong> § 280 Abs. 1 BGB, wahlweise §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 818 Abs. 2 BGB wegen Befreiung<br />

der Gesellschaft von einer Verbindlichkeit bzw. eine analoge Anwendung der §§ 738 Abs. 1<br />

Satz 2 Alt 2 iVm 670, 683, 677 BGB (BGHZ 39, 319, 323 f. = NJW 1963, 1873; Büscher/Klusmann<br />

ZIP 1992, 11, 17; Kubis, Regress, S. 35; Preuß ZHR 160 (1996), 163, 165). Der BGH wiederum stützt<br />

den Regressanspruch auf § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB (BGHZ 39, 319, 324 f. = NJW 1963, 1873; Büscher/Klusmann<br />

ZIP 1992, 16 f.). Dem BGH ist entgegenzuhalten, dass zwischen Gesellschaft und<br />

Ausgeschiedenem weder vor noch <strong>nach</strong> Ausscheiden ein Gesamtschuldverhältnis besteht (BGHZ 39,<br />

319, 323 f. = NJW 1963, 1873; Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 128 Rn. 25). Vielmehr haftet der zahlende<br />

Ausgeschiedene gegenüber dem Gläubiger lediglich akzessorisch <strong>nach</strong> § 128 HGB analog und<br />

ist daher der Gesellschaft nicht gleichgestellt (BGHZ 73, 217, 224 = NJW 1979, 1361; BGHZ 74,<br />

240, 242 f. = NJW 1979, 1821; Beuthien DB 1975, 725, 727; Büscher/Klusmann ZIP 1992, 11, 15).<br />

692 Erman/Westermann BGB § 714 Rn. 25. Anderes gilt jedoch im Verhältnis zu anderen, ebenfalls bereits<br />

ausgeschiedenen Gesellschaftern (Hadding, FS Stimpel 1985, S. 162).<br />

237


Höhe zurückzuerstatten, §§ 738 Abs. 1 Satz 2 Hs. 3, 733 Abs. 2 BGB 693 , und wird zum<br />

Bestandteil seines Gesellschafterkontos und <strong>des</strong> daraus gewonnenen Saldos. Der Abzug<br />

der Verlustbeteiligung <strong>des</strong> Ausgeschiedenen vollzieht sich dabei qua Saldo von selbst,<br />

da die Auszahlung <strong>des</strong> Abfindungsguthabens das an den Ausgeschiedenen ausschüttungsfähige<br />

Gesellschaftsvermögen vermindert. Es ergibt sich insoweit keine Änderung<br />

gegenüber der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Ausscheiden. Der Ausgeschiedene, der den<br />

Gläubiger befriedigt, kann aus übergegangenem Recht gemäß § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB<br />

analog den Anspruch <strong>des</strong> Gläubigers gegen die Gesellschaft geltend machen 694 . Aufgrund<br />

der bürgenähnlichen Haftung <strong>des</strong> Gesellschafters für die Schulden der Gesellschaft<br />

tritt ein gesetzlicher Forderungsübergang ein 695 . <strong>Die</strong> cessio legis der Haftungsansprüche<br />

gegen seine ehemaligen Mitgesellschafter ergibt sich bis zum Ablauf der Nachhaftungsfrist<br />

aus § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB. <strong>Die</strong>se Ansprüche werden ebenfalls zu einem<br />

Bestandteil seines Gesellschafterkontos.<br />

693 Zur Haftung der verbleibenden Gesellschafter für den Regressanspruch wird vertreten, das Ausscheiden<br />

ändere nichts daran, dass der Ausgeschiedene im Verhältnis zu den anderen Gesellschaftern als<br />

Gesamtschuldner <strong>nach</strong> § 128 HGB analog vom Gläubiger in Anspruch genommen worden sei (Hadding/Häuser<br />

WM 1988, 1585, 1588.). Dem<strong>nach</strong> hafte jeder der in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter<br />

dem Ausgeschiedenen lediglich anteilig pro rata in Höhe seines jeweiligen Verlustanteils<br />

(Wiedemann, WM-Beilage 7/1992, S. 37). Anderer Ansicht Haftung als Gesamtschuldner (Kornblum,<br />

Haftung der Gesellschafter, S. 193; Hadding/Häuser WM 1988, 1585, 1590) <strong>nach</strong> § 426 Abs. 1 Satz 1<br />

BGB, nicht <strong>nach</strong> § 128 HGB analog: Ungeachtet <strong>des</strong> Ausscheidens sei nicht das Außenverhältnis,<br />

sondern das Innenverhältnis unter den Gesellschaftern betroffen, da während der Nachhaftungsfrist<br />

zwischen dem Ausgeschiedenen und den verbliebenen Gesellschaftern <strong>nach</strong> wie vor ein Gesamtschuldverhältnis<br />

bestehe, das durch das Ausscheiden keine inhaltliche Änderung erfahre (Kubis, Regress‚<br />

S. 35; Preuß ZHR 160 (1996), 163, 165). Erst <strong>nach</strong> Ablauf der Nachhaftungsfrist, d.h. <strong>nach</strong> Erlöschen<br />

<strong>des</strong> Gesamtschuldverhältnisses zwischen Gesellschaftern und Ausgeschiedenem, soll gegenüber<br />

einem Ausgeschiedenen der Haftungsmaßstab <strong>des</strong> § 128 HGB analog gelten: Ab diesem Zeitpunkt<br />

müsse sich auch die endgültige Verteilung der gesamtschuldnerischen Haftung für Gesellschaftsschulden<br />

auf die verbliebenen Gesellschafter verlagern, dies sei dann nicht mehr Sache <strong>des</strong><br />

Ausgeschiedenen (Hadding/Häuser WM 1988, 1585, 1590).<br />

694 Str., vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 51 III 2. b), S. 1507; ebenso Preuß ZHR 160 (1996), 163,<br />

173 f. für den Ausgeschiedenen, die jedoch die analoge Anwendung <strong>des</strong> § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB<br />

während der Mitgliedschaft <strong>des</strong> Gesellschafters mit der Begründung ablehnt, im Gegensatz zum Gesellschafter<br />

hafte der Bürge für eine fremde Schuld. <strong>Die</strong>s ist insbesondere <strong>nach</strong> Anerkennung der<br />

Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht mehr haltbar: Auch der Gesellschafter einer<br />

BGB-Gesellschaft haftet <strong>nach</strong> § 128 HGB analog für fremde Schulden, nämlich für solche der Gesellschaft,<br />

eines eigenständigen Rechtssubjekts. Anderer Ansicht Hadding/Häuser WM 1988, 1585,<br />

1589.<br />

695 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 51 III 2. b), S. 1507. <strong>Die</strong>ser Forderungsübergang kann mangels<br />

Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses nicht auf § 426 Abs. 2 BGB gestützt werden, es liegt somit<br />

eine planwidrige Regelungslücke vor.<br />

238


III.<br />

Saldierung der Gesellschafterkonten auch der verbleibenden Gesellschafter<br />

Neben dem Gesellschafterkonto <strong>des</strong> Ausgeschiedenen müssen auch die Gesellschafterkonten<br />

aller in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter bezogen auf den Ausscheidensstichtag<br />

erstellt und saldiert werden. Alle positiven Gesellschafterkontensalden<br />

bezeichnen letztlich Einlagen und damit Verbindlichkeiten der Gesellschaft gemäß<br />

§§ 738 Abs. 1 Satz 2, 732, 733 Abs. 1, 733 Abs. 2 BGB gegenüber ihren Gesellschaftern,<br />

die <strong>nach</strong> dem Rechtsgedanken <strong>des</strong> § 739 BGB zumin<strong>des</strong>t rechnerisch aus dem Gesellschaftsvermögen<br />

zu befriedigen sind. Sie schmälern daher das Gesellschaftsvermögen,<br />

das zur Ausschüttung an den Ausgeschiedenen zur Verfügung steht. Umgekehrt<br />

bezeichnen negative Gesellschafterkontensalden Ansprüche der Gesellschaft gegen ihre<br />

Gesellschafter, die Bestandteile <strong>des</strong> letztlich an den Ausgeschiedenen auszuschüttenden<br />

Vermögens sind.<br />

IV.<br />

Berechnung von Abfindungsanspruch und Fehlbetrag<br />

Ist auf die soeben beschriebene Weise das Gesellschafterkonto sowohl <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

als auch der in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter erstellt und saldiert<br />

worden, so kann der Betrag <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs <strong>des</strong> Ausgeschiedenen berechnet<br />

werden: Vom Gesamtwert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> (§ 738 Abs. 2 BGB) sind alle<br />

tatsächlich oder potentiell bestehenden (§ 728 Abs. 1 Satz 2 iVm § 733 Abs. 1 BGB)<br />

Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber Nichtgesellschaftern abzuziehen 696 . Bereits<br />

§ 739 BGB besagt, dass der Abfindungsanspruch nur unter Berücksichtigung der<br />

gemeinschaftlichen Schulden ausgezahlt werden kann. Wie bei der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

<strong>nach</strong> Auflösung ist bei der Feststellung, welche tatsächlich oder potentiell bestehenden<br />

Verbindlichkeiten vom Schätzwert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> in Abzug zu bringen<br />

sind, <strong>nach</strong> dem Vorsichtsprinzip vorzugehen. <strong>Die</strong> so entstehende Differenz ergibt den<br />

Betrag <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>, das ausschließlich zur Verteilung an den Ausgeschiedenen<br />

verwendet werden kann 697 . Von diesem Betrag sind nun - analog der Vorgehensweise<br />

bei <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung - die Salden der Gesellschafterkon-<br />

696 Soergel/Hadding/Kießling BGB § 738 Rn. 13. <strong>Die</strong>s erfolgt üblicherweise in Form einer Bilanz.<br />

697 Das Gegenstück hierzu im Rahmen der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung ist der Saldo <strong>des</strong> bei<br />

Liquidation zu erstellenden Vermögenskontos der Gesellschaft (Liquiditätskonto). Siehe zum Liquiditätskonto<br />

ausführlich unter § 12, S. 75 ff.<br />

239


ten sämtlicher in der Gesellschaft verbleibender Gesellschafter einschließlich <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

in Abzug zu bringen 698 . Der so verbleibende Differenzbetrag bezeichnet<br />

den Stand <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> <strong>nach</strong> Abzug aller im Innen- und Außenverhältnis<br />

möglicherweise bestehenden Verbindlichkeiten (Restvermögen) und ist dem Ausgeschiedenen<br />

anteilig <strong>nach</strong> Maßgabe seiner Beteiligungsquote zuzuschreiben 699 . Dabei<br />

kommt - je <strong>nach</strong>dem, ob das Restvermögen positiv oder negativ ist - die gesellschaftsvertraglich<br />

festgelegte Gewinn- bzw. Verlustquote zur Anwendung (§ 738 Abs. 1 Satz 2<br />

Alt. 3 iVm § 734 BGB bzw. § 739 BGB). Das auf den Ausgeschiedenen entfallende<br />

anteilige Restvermögen verrechnet sich sodann mit dem Saldo seines Gesellschafterkontos<br />

zu seinem Abfindungsguthaben 700 . Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie<br />

bei der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung.<br />

Reicht der Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> zur Deckung der gemeinschaftlichen<br />

Schulden und der Einlagen nicht aus, so hat der Ausscheidende den übrigen Gesellschaftern<br />

für den Fehlbetrag <strong>nach</strong> dem Verhältnis seines Anteils am Verlust aufzukommen<br />

(§ 739 BGB). <strong>Die</strong> Fehlbetragshaftung bei unzureichendem Gesellschaftsvermögen<br />

<strong>nach</strong> § 739 BGB entspricht der in § 735 BGB vorgesehenen Nachschusspflicht bei <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

<strong>nach</strong> Auflösung 701 . § 707 BGB steht der Zahlung <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

nicht entgegen, da der Ausgeschiedene kein Gesellschafter im Sinne <strong>des</strong> § 707 BGB<br />

mehr ist 702 .<br />

698 Soergel/Hadding/Kießling BGB § 738 Rn. 13.<br />

699 Soergel/Hadding/Kießling BGB § 738 Rn. 13. Ähnlich Budde/Förschle/Winkeljohann, Sonderbilanzen,<br />

S. 604; Sudhoff DB 1964, 1324, 1326. Unklar Koller/Roth/Morck/Koller HGB § 131 Rn. 12.<br />

700 Ähnlich Sudhoff DB 1964, 1324, 1326.<br />

701 MünchKomm BGB/Schäfer § 739 Rn. 1.<br />

702 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 1. b), S. 1475.<br />

240


11. Kapitel <strong>Die</strong> Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> (§ 738 Abs. 2 BGB)<br />

§ 29 <strong>Die</strong> Vorgehensweise <strong>nach</strong> herrschender Meinung<br />

I. <strong>Die</strong> Abfindungsbilanz<br />

1. Ansatz- und Bewertungsgrundsätze bei der Abfindungsbilanz<br />

Der schwierigste Schritt zur Ermittlung <strong>des</strong> Abfindungsguthabens <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

ist die Bewertung <strong>des</strong> Gesamtwertes <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>. § 738 Abs. 2 BGB<br />

trifft hierzu lediglich die Aussage, dass der Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>, soweit<br />

erforderlich, zu schätzen ist. Wie und anhand welcher Kriterien und auf der Grundlage<br />

welcher Prämissen diese Bewertung bzw. Schätzung jedoch im Einzelnen vorzunehmen<br />

ist, erläutert das Gesetz nicht. Auch die herrschende Meinung ist unklar in ihren Vorgaben<br />

zur genauen Vorgehensweise zur Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> 703 . Soweit<br />

ersichtlich, wird überwiegend zwischen zwei Methoden zur Ermittlung <strong>des</strong> Wertes <strong>des</strong><br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> unterschieden, einerseits der Erstellung einer Abfindungsbilanz,<br />

andererseits der Anwendung von betriebswirtschaftlichen Bewertungsmethoden.<br />

Zum Teil wird auch eine Kombination aus beiden Vorgehensweisen vorgeschlagen 704 .<br />

Nach einer Ansicht bedarf es zur Ermittlung <strong>des</strong> Wertes <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

der Erstellung einer Abschichtungs- oder Abfindungsbilanz, in der die einzelnen Gegenstände<br />

<strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> sowie die Verbindlichkeiten der Gesellschaft<br />

einander gegenübergestellt werden 705 . Dabei soll die Erstellung einer Bilanz nicht zwingend,<br />

sondern bei einfach gelagerten Sachverhalten entbehrlich sein, z.B. bei Vorhan-<br />

703 Beispielhaft MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 23 f., wo einerseits die Erstellung einer Abfindungsbilanz<br />

angesichts der heutigen Maßgeblichkeit <strong>des</strong> sog. Ertragswertverfahrens zur Unternehmensbewertung<br />

als „überholt“ bezeichnet, anschließend aber wiederum eine Bilanz für erforderlich<br />

gehalten wird, „um aus dem (Ertrags-)Wert <strong>des</strong> Unternehmens die Höhe <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

abzuleiten“ (MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 25).<br />

704 So offenbar Bamberger/Roth/Schöne BGB § 738 Rn. 24, wo<strong>nach</strong> die Abfindungsbilanz anhand der<br />

betriebswirtschaftlich ermittelten Wertansätze aufzustellen sei.<br />

705 MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 26.<br />

241


densein einer Buchwertabfindungsklausel 706 oder bei Anwendung der Ertragswertberechnung<br />

707 .<br />

<strong>Die</strong> Abfindungsbilanz ist eine reine Vermögensermittlung 708 und dient <strong>nach</strong> allgemeiner<br />

Ansichtder Feststellung der wahren Vermögenslage der Gesellschaft zum Stichtag <strong>des</strong><br />

Ausscheidens 709 , der Abbildung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs sowie der Darstellung der<br />

Vermögensverteilung zwischen der Gesellschaft und dem Ausgeschiedenen 710 . Sie ist<br />

Vermögens-, nicht Erfolgsbilanz und wird somit <strong>nach</strong> wesentlich anderen Grundsätzen<br />

aufgestellt als eine Jahresbilanz der Gesellschaft 711 . Für die Abfindungsbilanz gelten<br />

insbesondere nicht die vom HGB für die Handelsbilanz <strong>des</strong> Kaufmanns aufgestellten<br />

Bilanzierungsgrundsätze der §§ 252 ff. HGB 712 . Lediglich die allgemeinen Grundsätze<br />

der Bilanzwahrheit, Bilanzklarheit sowie der Einzelbewertung sind zu beachten 713 . In<br />

der Abfindungsbilanz sind <strong>nach</strong> allgemeiner Ansichtalle Wirtschaftsgüter (Aktiva und<br />

Passiva), die zum Stichtag <strong>des</strong> Ausscheidens zum Gesellschaftsvermögen gehören, vollständig<br />

und mit ihren Verkehrswerten, d.h. den für die Wiederbeschaffung für das lebende<br />

Unternehmen geltenden Teilwerten anzusetzen 714 . Offene und stille Reserven sind<br />

aufzulösen, überbewertete Aktiva auf ihren wahren Wert zurückzuführen 715 . Der Wiederbeschaffungswert<br />

von Geldmitteln und Forderungen ist gleich dem Nominalwert, bei<br />

Forderungen ist ein Delkredereabschlag in Ansatz zu bringen 716 . Verbindlichkeiten sind<br />

ebenfalls mit ihrem wahren Wert anzusetzen, für ungewisse Verbindlichkeiten sind<br />

Rückstellungen zu bilden 717 . Dauerschulden sind mit einzubeziehen 718 , uneinbringliche<br />

706 BGH NJW-RR 1987, 1386 ff.<br />

707 Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 131 Rn. 50.<br />

708 K. Schmidt DB 1983, 2401, 2401.<br />

709 Vgl. statt vieler K. Schmidt DB 1983, 2401, 2401.<br />

710 Budde/Förschle/Winkeljohann, Sonderbilanzen, S. 604.<br />

711 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 84.<br />

712 Baumbach/Hopt/Merkt HGB § 252 Rn. 4.<br />

713 Budde/Förschle/Winkeljohann, Sonderbilanzen, S. 605.<br />

714 BGHZ 17, 130, 136 = NJW 1955, 1025; Sudhoff DB 1964, 1324, 1324; Budde/Förschle/Winkeljohann,<br />

Sonderbilanzen, S. 605.<br />

715 Schwung BB 1985, 1374, 1374.<br />

716 Sudhoff DB 1964, 1324, 1324.<br />

717 K. Schmidt DB 1983, 2401, 2404.<br />

718 Budde/Förschle/Winkeljohann, Sonderbilanzen, S. 605.<br />

242


oder zweifelhafte Forderungen sind ganz oder teilweise abzuschreiben 719 . Auch immaterielle<br />

Werte wie z.B. ein Geschäftswert sind in der Abfindungsbilanz aufzuführen 720 .<br />

2. Bindungswirkung, Feststellung und <strong>nach</strong>trägliche Korrektur der Bilanz<br />

<strong>Die</strong> Parteien können die aufgestellte Bilanz stillschweigend anerkennen oder sich durch<br />

ausdrückliche Feststellung auf alle oder einzelne Bilanzwerte ausdrücklich einigen. Ein<br />

solches Einvernehmen stellt <strong>nach</strong> herrschender Meinung ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis<br />

dar, <strong>des</strong>sen Wirkungen sich wegen seiner vergleichsähnlichen Natur <strong>nach</strong><br />

§ 779 BGB richten 721 . Es legt den von der Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> abhängigen<br />

Teil <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs vertraglich fest und beziffert eine bereits bestehende<br />

Verbindlichkeit 722 . <strong>Die</strong> Annahme eines abstrakten Schuldanerkenntnisses wird<br />

überwiegend abgelehnt, da die Bilanz oder deren Feststellung nie konstitutiv für den<br />

Abfindungsanspruch sein kann, sondern ihn lediglich der Höhe <strong>nach</strong> darstellt 723 . Können<br />

sich die Beteiligten nicht einigen, so ist der Streit im Prozess auszutragen; angreifbar<br />

soll aber immer nur der jeweils unrichtige Wertansatz sein, während die übrigen Bilanzansätze<br />

keiner Überprüfung mehr unterliegen 724 . Lässt sich aus den Vereinbarungen<br />

der Parteien ableiten, dass eine endgültige Abwicklung der Ansprüche <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

beabsichtigt ist, so liegt in der Bilanzfeststellung zugleich ein Verzicht auf etwaige<br />

spätere Ansprüche im Zusammenhang mit den durchgeführten Schätzungen 725 .<br />

Das Gleiche soll gelten, wenn der Ausgeschiedene der Abschichtungsbilanz als solcher<br />

zwar nicht zustimmt, sich jedoch mit dem ihm mitgeteilten Abfindungsguthaben zufrieden<br />

gibt oder eine Nachschussforderung vorbehaltlos erfüllt 726 . In diesem Fall bleiben<br />

die anerkannten Bilanzwerte maßgeblich, selbst wenn sich im Nachhinein die Bewer-<br />

719 Budde/Förschle/Winkeljohann, Sonderbilanzen, S. 605.<br />

720 Schwung BB 1985, 1374, 1374; MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 23.<br />

721 Zunft NJW 1959, 1945, 1945 f.; MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 29; Schwung BB 1985, 1374,<br />

1374; Graf von Westphalen BB 1982, 1894, 1896.<br />

722 Stötter BB 1977, 1219, 1220.<br />

723 Zunft NJW 1959, 1945, 1946.<br />

724 BGH NJW 1957, 1834, 1834.<br />

725 Schwung BB 1985, 1374, 1375.<br />

726 Schwung BB 1985, 1374, 1375.<br />

243


tung als nicht (mehr) zutreffend erweisen sollte 727 : Alle Einwendungen und Einreden<br />

tatsächlicher oder rechtlicher Natur, die der Schuldner bei der Abgabe kannte oder mit<br />

denen er min<strong>des</strong>tens rechnete, sind für die Zukunft ausgeschlossen 728 , der Abfindungsanspruch<br />

wäre in einem Prozess ohne Weiteres begründet 729 . Möglich ist nur die Bilanzanfechtung<br />

wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung, wenn z.B. wesentliche Vermögenswerte<br />

oder bestehende Schulden nicht berücksichtigt worden sind 730 . Mittels<br />

Bilanzanfechtung können jedoch nur Bilanzfehler korrigiert werden, nicht aber Bewertungsfehler,<br />

die sich im Ermessensrahmen bewegen 731 .<br />

II.<br />

Alternativ: <strong>Die</strong> Unternehmensbewertung <strong>nach</strong> betriebswirtschaftlichen<br />

Grundsätzen<br />

Eine neuere Ansicht hält die Erstellung einer Abfindungsbilanz für entbehrlich, wenn<br />

der Wert <strong>des</strong> Unternehmens auf andere Weise festgestellt werden kann 732 , z.B. durch<br />

eine der in der Betriebswirtschaftslehre entwickelten zahlreichen Bewertungsmethoden.<br />

<strong>Die</strong>se unterscheiden sich insbesondere da<strong>nach</strong>, ob sie mehr auf den Substanzwert oder<br />

727 Sudhoff DB 1964, 1324, 1326.<br />

728 Palandt/Sprau BGB § 781 Rn. 4.<br />

729 Schwung BB 1985, 1374, 1375.<br />

730 Sudhoff DB 1964, 1324, 1326. So ist die Bilanzfeststellung nicht bindend, wenn sich <strong>nach</strong>träglich<br />

herausstellt, dass beide Seiten von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sind und dass die<br />

zum Vergleich führende Ungewissheit bei Kenntnis <strong>des</strong> wahren Sachverhalts nicht bestanden hätte<br />

oder soweit bilanzrelevante Faktoren überhaupt keine Berücksichtigung gefunden haben, da sie zum<br />

Zeitpunkt der Bilanzerstellung nicht bekannt waren und daher nicht in die Vergleichsregelung miteinbezogen<br />

werden konnten (Schwung BB 1985, 1374, 1374 f.). Ein ungewisser Sachverhalt soll jedoch<br />

nicht vorliegen, soweit es darum geht, ob Rückstellungen ausreichend und angemessen dotiert wurden:<br />

Es ist gerade Sinn und Zweck einer Rückstellung, den ungewissen Sachverhalt <strong>des</strong> Ausmaßes einer<br />

drohenden Verbindlichkeit zu regeln (Graf von Westphalen BB 1982, 1894, 1897).<br />

731 Sudhoff DB 1964, 1324, 1326.<br />

732 Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 131 Rn. 50; Schulze-Osterloh ZGR 1986, 545, 552; E/B/J/S/Lorz HGB<br />

§ 131 Rn. 102.<br />

244


auf den Ertragswert der Unternehmung abstellen 733 . Das Ertragswertverfahren, bei dem<br />

sich der Wert <strong>des</strong> Unternehmens <strong>nach</strong> den zukünftigen Erträgen 734 anhand der Summe<br />

der auf den Ausscheidensstichtag abgezinsten voraussichtlichen Einnahmeüberschüsse<br />

bestimmt, ist in der Praxis wohl die vorherrschende Methode 735 : <strong>Die</strong> herrschende Meinung<br />

736 will den Unternehmenswert auch dann ausschließlich <strong>nach</strong> dem Ertragswert<br />

bestimmen, wenn der Ertragswert der Gesellschaft unter dem Substanzwert, aber über<br />

dem Liquidationswert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> liegt. Erst wenn der Ertragswert den<br />

Substanzwert übersteige, sei der Substanzwert in die Berechnung mit einzubeziehen 737 .<br />

Zur Begründung wird überwiegend pauschal auf die gängige betriebswirtschaftliche<br />

Praxis verwiesen.<br />

<strong>Die</strong> herrschende Meinung betont dabei, dass das Gesetz keine allgemeingültige Bewertungsmethode<br />

vorschreibe 738 , sondern dem Tatrichter die Entscheidung über die Aus-<br />

733 Hülsmann ZIP 2001, 450, 450. Zu den einzelnen Bewertungsmethoden ausführlich MünchHdb GesR<br />

I/Piehler/Schulte § 75 Rn. 32 ff. sowie Bamberger/Roth/Schöne BGB § 738 Rn. 23; Schulze-Osterloh<br />

ZGR 1986, 545, 550 ff.; Großfeld ZGR 1982, 141 ff.; Wagner/Nonnenmacher ZGR 1981, 674 ff.;<br />

Behringer DStR 2001, 719 ff.; Csik DB 1985, 1901 ff.; Hosterbach DB 1987, 897 ff.; Maul DB 1992,<br />

1253 ff.; Peemöller DStR 1993, 409 ff.; Wollny, BB-Beilage 1991, S. 1 ff.; Zehner DB 1981, 2109 ff.<br />

sowie die betriebswirtschaftliche Spezialliteratur (siehe hierzu Nachweise bei MünchHdb GesR<br />

I/Piehler/Schulte § 75 Rn. 32). Das sog. Stuttgarter Verfahren, das den Substanzwert <strong>des</strong> Unternehmens<br />

im Wege einer „Übergewinnmethode” um einen die Ertragsaussichten <strong>des</strong> Unternehmens ausdrückenden<br />

Ertragshundertsatz korrigiert, wird <strong>nach</strong> §§ 12 Abs. 2 ErbStG, 11 Abs. 2 Satz 2 BewG<br />

angewendet, wenn Anteile einer nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft durch Schenkung oder Erbschaft<br />

übergehen und sich deren Wert nicht aus Anteilsverkäufen ergibt, die weniger als ein Jahr zurückliegen.<br />

Es ist in R 96 ff. der Erbschaftssteuer-Richtlinien (ErbStR 2003) geregelt, wird aber nicht<br />

nur bei der Erbschaftsteuer angewendet, sondern vielfach in Gesellschaftsverträgen als Bewertungsmethode<br />

gewählt. Da es von der Finanzverwaltung für deren Bedürfnisse entwickelt wurde, führt es in<br />

der Regel zu krassen Fehlbewertungen: Es soll durch typisierende Berechnung eine Gleichmäßigkeit<br />

in der Besteuerung und damit den Rechtsfrieden sicherstellen, nicht eine möglichst adäquate Wertermittlung<br />

im Einzelfall. Es kann abhängig vom Einzelfall sowohl den Ausscheidenden als auch die<br />

verbleibenden Gesellschafter in zum Teil eklatanter Weise be<strong>nach</strong>teiligen (hierzu ausführlich Göllert/Ringling<br />

DB 1999, 516 ff.). Nach der Entscheidung <strong>des</strong> BVerfG vom 07.11.2006 (BVerfG NJW<br />

2007, 573 ff.) ist die Anwendung <strong>des</strong> Stuttgarter Verfahrens im Kontext der Erbschaftsteuer mit dem<br />

Grundgesetz nicht vereinbar. Daher wurde das Stuttgarter Verfahren durch das Erbschaftsteuerreformgesetz<br />

zum 01.01.2009 abgeschafft und durch ein neues Bewertungsverfahren ersetzt. Es dürfte<br />

daher auch für den Bereich der Unternehmensbewertung generell an Bedeutung verlieren.<br />

734 Statt vieler Hülsmann ZIP 2001, 450, 451 f.; Schulze-Osterloh ZGR 1986, 545, 550.<br />

735 Erman/Westermann BGB § 738 Rn. 5a; MünchHdb GesR I/Piehler/ Schulte § 10 Rn. 81. Das Ertragswertverfahren<br />

ist auch verfassungsrechtlich gebilligt worden, BVerfG NZG 1999, 931 ff.<br />

736 BGHZ 71, 41, 52 = NJW 1978, 1316; Zehner DB 1981, 2109, 2110.<br />

737 BGHZ 71, 41, 52 = NJW 1978, 1316.<br />

738 Palandt/Sprau BGB § 738 Rn. 5; MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 82.<br />

245


wahl <strong>des</strong> anzuwendenden Verfahrens zustehe 739 . Dabei sei der Tatrichter nicht an eine<br />

bestimmte Wertermittlungsmethode gebunden 740 , vielmehr sei diejenige Methode auszuwählen,<br />

die den spezifischen Besonderheiten der von der Gesellschaft betriebenen<br />

Unternehmung im Einzelfall am besten gerecht werde 741 . <strong>Die</strong> Unternehmensbewertung<br />

erfolgt in der Praxis zumeist mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens 742 . Unklar<br />

bleibt dabei, inwieweit der <strong>nach</strong> dem Ertragswertverfahren geschätzte Unternehmenswert<br />

den Sachwert <strong>des</strong> nicht betriebsnotwendigen <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> mit einschließen<br />

soll 743 oder ob der Ertragswert ausschließlich der Bewertung <strong>des</strong> immateriellen<br />

Geschäftswertes (good will) dient und daher die übrigen materiellen und immateriellen<br />

Vermögensgegenstände mit Hilfe anderer Verfahren bewertet werden müssen 744 .<br />

Vorherrschend dürfte die Ansicht sein, die von der Ertragswertermittlung nur diejenigen<br />

Vermögensgegenstände umfasst sieht, die auch der Erwerbserzeugung dienen (betriebsnotwendiges<br />

Gesellschaftsvermögen), während die nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände<br />

gesondert mit ihrem Liquidations- oder Zerschlagungswert angesetzt<br />

und dem festgestellten Ertragswert hinzuaddiert werden 745 .<br />

739 BGH NJW 1992, 892, 893.<br />

740 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 81.<br />

741 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 82.<br />

742 BGHZ 116, 359, 371 = NJW 1992, 892 für die GmbH; BGH NJW 1985, 192, 193; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht,<br />

§ 50 IV 1. d), S. 1477.<br />

743 Wangler/<strong>Die</strong>rkes DS 2007, 94, 96.<br />

744 So wohl Hüttemann ZHR 162 (1998), 563, 567; ähnlich MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10<br />

Rn. 85.<br />

745 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 75 Rn. 35.<br />

246


III.<br />

Stellungnahme<br />

1. Das Problem der Aktivierung noch nicht eingezogener Forderungen in der<br />

Abfindungsbilanz<br />

a) Wechsel der Gewinnermittlungsart von der Einnahmen-Überschuss-<br />

Rechnung zur Bilanz<br />

Ermittelt man den Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> mit Hilfe einer Bilanz, so fragt<br />

sich, ob nicht zur Wahrung der gegenseitigen Interessen <strong>des</strong> Ausgeschiedenen und der<br />

verbleibenden Gesellschafter Modifikationen der gängigen Bilanzierungspraxis erforderlich<br />

sind. <strong>Die</strong>s gilt insbesondere im Hinblick auf die Aktivierung von Forderungen<br />

der Gesellschaft als Vermögensbestandteile in der Abfindungsbilanz.<br />

Im Gegensatz zu den Personengesellschaften <strong>des</strong> Handelsrechts unterliegt die Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts nicht der Buchführungspflicht <strong>nach</strong> §§ 141, 140 AO iVm<br />

§§ 238 ff. HGB. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, insbesondere eine Freiberuflergesellschaft,<br />

kann statt <strong>des</strong>sen ihren Jahresgewinn mittels Einnahmen-Überschuss-<br />

Rechnung feststellen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 EStG). <strong>Die</strong> Einnahmen-Überschuss-Rechnung<br />

ist dadurch gekennzeichnet, dass sie nur den Ist-Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> abbildet<br />

746 . Sie ist eine Gegenüberstellung von tatsächlich erhaltenen Betriebseinnahmen<br />

und tatsächlich geleisteten Betriebsausgaben <strong>nach</strong> dem Zu- bzw. Abflussprinzip <strong>des</strong><br />

§ 11 EStG 747 , wobei der Gewinn als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben<br />

erfasst wird (§ 4 Abs. 3 Satz 1 EStG). Durch das Zu- und Abflussprinzip<br />

werden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben erst in dem Zeitpunkt erfasst, in dem<br />

sie tatsächlich zu- bzw. abfließen (§ 4 Abs. 3 Satz 4 und 5 EStG). Das bedeutet, dass<br />

z.B. Erlöse aus der Einziehung von Forderungen erst dann als Gewinne in den Geschäftsbüchern<br />

der Gesellschaft verzeichnet werden, wenn sie tatsächlich Eingang in<br />

das Gesellschaftsvermögen gefunden haben 748 .<br />

746 Schmidt/Heinicke EStG § 4 Rn. 4.<br />

747 Schmidt/Heinicke EStG § 4 Rn. 4.<br />

748 Schmidt/Heinicke EStG § 4 Rn. 400 für Forderungen, Rn. 404 für Verbindlichkeiten; Blümich/Wied<br />

EStG § 4 Rn. 154, 157 f.<br />

247


Im Gegensatz dazu erfordert die Erstellung einer Abfindungsbilanz eine Gewinnermittlung<br />

<strong>nach</strong> § 4 Abs. 1 EStG. <strong>Die</strong> Bilanz wird in Form einer Bestandsrechnung <strong>nach</strong> Sollzahlen<br />

erstellt 749 : Das Gesellschaftsvermögen wird mit dem Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens<br />

zumin<strong>des</strong>t für die Zwecke der Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs nicht mehr auf der<br />

Grundlage <strong>des</strong> Ist-Stan<strong>des</strong>, sondern auf der Grundlage <strong>des</strong> Soll-Zustan<strong>des</strong> ermittelt.<br />

<strong>Die</strong>s hat zur Folge, dass auch Forderungen in die Bewertung miteinbezogen werden, die<br />

zum Bilanzstichtag noch gar nicht tatsächlich im Gesellschaftsvermögen vorhanden<br />

sind. Konsequenz der Erstellung einer Abfindungsbilanz ist für eine Gesellschaft, die<br />

ihren Gewinn bislang mittels einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt hat, der<br />

Wechsel der Gewinnermittlungsart von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung hin zur<br />

Bilanzierung 750 und die dadurch notwendig werdende Aktivierung auch noch nicht eingezogener<br />

Forderungen in Höhe <strong>des</strong> Buchwertes 751 in der Abfindungsbilanz.<br />

<strong>Die</strong>ser Wechsel der Gewinnermittlungsart hat üblicherweise eine schlagartige Erhöhung<br />

<strong>des</strong> (fiktiven) <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> zur Folge, dem keine Entsprechung im vorhandenen<br />

Geld- oder Sachvermögen gegenübersteht. Übersteigen die so erhöhten Aktivposten<br />

der Abfindungsbilanz deren Passivposten, so entsteht ein Übergangsgewinn, der<br />

grundsätzlich im Jahr <strong>des</strong> Ausscheidens zu versteuern ist 752 . Zwar können die in der Gesellschaft<br />

verbliebenen Gesellschafter in der Folge zur Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung<br />

mit der Rechtsfolge eines entsprechenden Übergangsverlusts<br />

zurückkehren 753 . <strong>Die</strong> durch den ersten Wechsel verursachten Folgen können<br />

dadurch jedoch nur mit einem z.T. erheblichen zeitlichen Abstand kompensiert werden,<br />

so dass die Steuerbelastung im Jahr <strong>des</strong> Ausscheidens erheblich bleibt 754 . Hinzu kommt<br />

ein erheblicher Aufwand wegen <strong>des</strong> notwendigen Wechsels der Gewinnermittlungsart,<br />

wenn – wie im Regelfall – der Gewinn im Vorfeld der <strong>Auseinandersetzung</strong> im Rahmen<br />

einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt worden ist 755 .<br />

749 Schmidt/Heinicke EStG § 4 Rn. 3.<br />

750 Sterzinger NJW 2011, 3057, 3058.<br />

751 Schmidt/Heinicke EStG § 4 Rn. 659.<br />

752 Schmidt/Heinicke EStG § 4 Rn. 663; Sterzinger NJW 2011, 3057, 3058 f. Siehe auch Otto NJW 2010,<br />

3601, 3603 f.<br />

753 Otto NJW 2010, 3601, 3604.<br />

754 Sterzinger NJW 2011, 3057, 3061.<br />

755 Sterzinger NJW 2011, 3057, 3061.<br />

248


) Vorfinanzierung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs: <strong>Die</strong> Gesellschafterhaftung <strong>nach</strong><br />

§ 128 HGB analog<br />

i. Der Abfindungsanspruch als Gesellschaftsverbindlichkeit im Sinne <strong>des</strong><br />

§ 128 HGB analog<br />

Der Ansatz noch nicht eingezogener Gesellschaftsforderungen als Aktivposten in der<br />

Abfindungsbilanz ist auch <strong>des</strong>halb problematisch, weil der Abfindungsanspruch <strong>des</strong><br />

Ausgeschiedenen eine Verbindlichkeit der Gesellschaft darstellt, für die die verbleibenden<br />

Gesellschafter dem Ausgeschiedenen <strong>nach</strong> allgemeinen Grundsätzen als Gesamtschuldner<br />

gemäß § 128 HGB analog mit ihrem Privatvermögen haften. Der Wortlaut<br />

der §§ 738 bis 740 BGB identifiziert als Schuldner der Ansprüche <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

und Gläubiger der Ansprüche gegen den Ausgeschiedenen die übrigen Gesellschafter,<br />

eine dem § 124 HGB vergleichbare Vorschrift für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />

fehlt 756 . Nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts 757 besteht jedoch weitgehende Einigkeit, dass Schuldnerin und Gläubigerin der<br />

sich aus den §§ 738 ff. BGB ergebenden Ansprüche und Verbindlichkeiten die Gesellschaft<br />

selbst ist 758 . Für die Erfüllung der Ansprüche aus §§ 738 ff. BGB haftet somit das<br />

Gesellschaftsvermögen.<br />

<strong>Die</strong> korrespondierende Haftung der in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter für<br />

die Ansprüche <strong>des</strong> Ausgeschiedenen, insbesondere für den Abfindungsanspruch, war<br />

früher umstritten 759 . Teilweise wird sie unter Berufung auf die Rechtsnatur <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

als Sozialverbindlichkeit <strong>nach</strong> wie vor abgelehnt 760 . Nach der Übertragung<br />

der akzessorischen Gesellschafterhaftung <strong>des</strong> § 128 HGB auf die Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts 761 ist diesem Einwand jedoch der Boden entzogen. Soweit keine<br />

Haftungsbeschränkung vereinbart worden ist, haften daher auch die verbliebenen Gesellschafter<br />

für die Ansprüche <strong>des</strong> Ausgeschiedenen mit ihrem Privatvermögen <strong>nach</strong><br />

756 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 76.<br />

757 BGHZ 146, 341 ff. = NJW 2001, 1056 ff.<br />

758 Vgl. nur MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 16; MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 76;<br />

anderer Ansicht Clemm BB 1992, 1959, 1961.<br />

759 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 76.<br />

760 Soergel/Hadding/Kießling BGB § 738 Rn. 14 und Rn. 40; hierzu auch MünchKomm BGB/Schäfer<br />

§ 738 Rn. 17.<br />

761 Grundlegend BGHZ 148, 201, 207 = NJW 2001, 2718 ff.<br />

249


§ 128 HGB analog 762 , der Abfindungsanspruch gehört insoweit zu den Verbindlichkeiten<br />

der Gesellschaft im Sinne <strong>des</strong> § 128 HGB 763 . Der Ausgeschiedene hat damit die<br />

Wahl zwischen der Gesamtschuld- und der Gesamthandschuldklage 764 .<br />

Zwar gilt § 128 HGB grds. nicht für Ansprüche gegen die Gesellschaft aus dem Gesellschaftsverhältnis<br />

765 , weil die übrigen Gesellschafter sonst entgegen § 707 BGB zu Nachschüssen<br />

in die Gesellschaft genötigt würden 766 . Das kann jedoch gegenüber einem ausgeschiedenen<br />

Gesellschafter nicht mehr eingewendet werden. § 707 BGB gilt <strong>nach</strong> allgemeiner<br />

Ansicht 767 nur für das Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander während<br />

der Mitgliedschaft in der Gesellschaft, während die Gesellschafter im Außenverhältnis<br />

gegenüber außenstehenden Gesellschaftsgläubigern gemäß § 128 HGB analog<br />

auch über ihren Beitrag hinaus zur persönlichen Haftung verpflichtet sind 768 . Der Ausgeschiedene<br />

ist ab dem Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens nicht mehr Gesellschafter, so dass<br />

die Einforderung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs nicht mehr das Innen-, sondern das Außenverhältnis<br />

der Gesellschafterhaftung berührt. Der Innenausgleich der Gesellschafter<br />

untereinander ist nicht mehr Sache <strong>des</strong> Ausgeschiedenen 769 , ihn trifft daher auch keine<br />

Verpflichtung, ein Regresskarussell der Gesellschafter untereinander zu vermeiden. <strong>Die</strong><br />

Rechtsstellung <strong>des</strong> Ausgeschiedenen gegenüber der Gesellschaft und seinen ehemaligen<br />

Mitgesellschaftern ist grundsätzlich nicht anders als die je<strong>des</strong> anderen Gläubigers zu<br />

beurteilen, der wegen einer Forderung gegen die Gesellschaft gemäß § 128 HGB auch<br />

die Gesellschafter unmittelbar in Anspruch nehmen darf 770 . Allenfalls ergeben sich Einschränkungen<br />

insoweit, als dem Ausgeschiedenen aufgrund einer <strong>nach</strong>wirkenden mitgliedschaftlichen<br />

Treuepflicht die Inanspruchnahme seiner ehemaligen Mitgesellschafter<br />

nur insoweit gestattet ist, solange seine Ansprüche nicht aus dem vorhandenen Ge-<br />

762 BGHZ 146, 341, 358 = NJW 2001, 1056 ff.; BGH NJW 1980, 339, 340; BGH NZG 2001, 936, 937;<br />

Ulmer ZIP 2003, 1113, 1120; Büscher/Klusmann ZIP 1992, 11, 18; Freund ZIP 2009, 941, 946; anderer<br />

Ansicht Michalski NZG 2000, 355.<br />

763 Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 131 Rn. 48; Stötter BB 1974, 676, 677.<br />

764 BGH WM 1979, 1064, 1065.<br />

765 BGHZ 37, 299, 301 f. = NJW 1962, 1863, 1864; Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 128 Rn. 22;<br />

E/B/J/S/Hillmann HGB § 128 Rn. 11.<br />

766 BGH NJW-RR 1989, 866, 866; MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 76.<br />

767 Vgl. nur Bamberger/Roth/Schöne BGB § 707 Rn. 2.<br />

768 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 707 Rn. 2.<br />

769 Hadding/Häuser WM 1988, 1585, 1590.<br />

770 Stötter BB 1974, 676, 766; Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § 10 Rn. 21.<br />

250


sellschaftsvermögen befriedigt werden können 771 . <strong>Die</strong> persönliche Inanspruchnahme der<br />

verbliebenen Gesellschafter beginnt aber jedenfalls dann zu greifen, wenn die Gesellschaft<br />

zahlungsunfähig ist 772 . Auch wird sich der Ausgeschiedene als ehemaliger Mitgesellschafter<br />

interne Haftungsbeschränkungen aus dem Gesellschaftsvertrag entgegenhalten<br />

lassen müssen 773 .<br />

ii.<br />

Unbegrenzte Gesellschafterhaftung als ungerechtfertigte Besserstellung <strong>des</strong><br />

Ausgeschiedenen<br />

Wird der Abfindungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen auf der Grundlage von Werten<br />

berechnet, die zum Ausscheidensstichtag noch nicht realisiert, in der Abfindungsbilanz<br />

aber dennoch als Aktivposten <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> angesetzt worden sind, so<br />

wird der Ausgeschiedene faktisch an Vermögenswerten beteiligt, die zum Zeitpunkt<br />

seines Ausscheidens nicht tatsächlich, sondern allenfalls potentiell bzw. rechnerisch im<br />

Gesellschaftsvermögen vorhanden sind. <strong>Die</strong>s hat zur Folge, dass die Gesellschaft bzw.<br />

der vom Ausgeschiedenen <strong>nach</strong> § 128 HGB analog persönlich in Anspruch genommene<br />

Gesellschafter den gesamten Abfindungsbetrag <strong>des</strong> Ausgeschiedenen aus seinem Privatvermögen<br />

vorfinanzieren muss, soweit das zum Ausscheidensstichtag vorhandene<br />

Gesellschaftsvermögen nicht ausreicht, um den Abfindungsanspruch zu befriedigen.<br />

Verschärft wird die Problematik dadurch, dass <strong>nach</strong> wohl herrschender Meinung der<br />

Abfindungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen sofort mit Ausscheiden in voller Höhe fällig<br />

wird 774 : <strong>Die</strong> der Höhe <strong>nach</strong> sowie zeitlich uneingeschränkte Geltendmachung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

mit dem Ausscheiden dürfte in der Praxis oftmals die eigentlich vom<br />

Gesetzgeber mit § 736 BGB beabsichtigte Sicherung der Unternehmenskontinuität gefährden<br />

775 , da die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschaft in diesem Zusam-<br />

771 Str., dafür MünchKomm HGB/K. Schmidt § 131 Rn. 128; MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 17;<br />

dagegen Büscher/Klusmann ZIP 1992, 11, 18; Hadding/Häuser WM 1988, 1585, 1590; MünchHdb<br />

Ges I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 76.<br />

772 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 131 Rn. 128.<br />

773 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 76; Ulmer ZIP 2003, 1113, 1120.<br />

774 Sudhoff/Jäger, GmbH & Co. KG, § 31 Rn. 2. Zur Fälligkeit <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs ausführlich<br />

unter § 35, S. 297 ff.<br />

775 Sudhoff/Jäger, GmbH & Co. KG, § 31 Rn. 4; Ammon DStR 1998, 1474, 1477; Gustavus GmbHR<br />

1998, 17, 20; jeweils zu den Regelungen <strong>des</strong> § 131 HGB.<br />

251


menhang nicht berücksichtigt wird 776 . Durch sofort und in voller Höhe fällig werdende<br />

Abfindungszahlungen wird das Überleben der betroffenen Gesellschaft entgegen der<br />

Zielsetzung <strong>des</strong> § 736 BGB in Frage gestellt, wenn die zur Erfüllung <strong>des</strong> ausscheidenden<br />

Gesellschafters notwendigen Mittel nicht aus dem Gesellschaftsvermögen aufgebracht<br />

werden können 777 .<br />

iii.<br />

Ungleiche Verteilung <strong>des</strong> Inkassorisikos<br />

Zugleich kommt es zu einer Verlagerung <strong>des</strong> Inkassorisikos auf die verbleibenden Gesellschafter.<br />

<strong>Die</strong>se müssen dem Ausgeschiedenen im Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens sein<br />

auf Basis der noch nicht realisierten Forderungen der Gesellschaft berechnetes Abfindungsguthaben<br />

notfalls aus ihrem Privatvermögen (§ 128 HGB analog) auszahlen und<br />

anschließend darauf hoffen, diese Forderungen im weiteren Verlauf tatsächlich realisieren<br />

zu können. Sie tragen damit alleine das Risiko, dass die der Anspruchsberechnung<br />

zugrunde gelegten, aber noch nicht eingezogenen Forderungen sich später als werthaltig<br />

erweisen bzw. dass der an den Ausgeschiedenen gezahlte Abfindungsbetrag im Rahmen<br />

der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft später wieder erwirtschaftet werden kann. Der<br />

Ausgeschiedene hingegen kann sich aus der Verantwortung ziehen, indem er im Augenblick<br />

seines Ausscheidens seinen Abfindungsanspruch in vollem Umfang einklagt<br />

und vollstreckt. Dabei kommt ihm zusätzlich zugute, dass <strong>nach</strong> wohl herrschender Meinung<br />

der Abfindungsanspruch im Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens in voller Höhe fällig und<br />

verzinslich wird 778 .<br />

<strong>Die</strong>s ist mit dem in § 738 BGB gesetzlich geforderten wirtschaftlichen Gleichlauf von<br />

Abwicklung und <strong>Auseinandersetzung</strong> nicht zu vereinbaren und privilegiert den Ausgeschiedenen<br />

auf nicht gerechtfertigte Weise. Der Ausgeschiedene wird durch sein Ausscheiden<br />

wirtschaftlich besser gestellt als er es jemals während seiner Mitgliedschaft in<br />

einer werbenden oder in einer Gesellschaft in Liquidation gewesen wäre. Daran ändert<br />

sich im Grundsatz auch dann nichts, wenn Forderungen, die aller Wahrscheinlichkeit<br />

<strong>nach</strong> nicht oder nicht vollständig realisiert werden können, mit einem Abschlag in Höhe<br />

<strong>des</strong> geschätzten Verwertungsrisikos auf den Forderungsnennwert in der Bilanz ange-<br />

776 Sudhoff/Jäger, GmbH & Co. KG, § 31 Rn. 4; Gustavus GmbHR 1998, 17, 20; Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht,<br />

§ 10 Rn. 23.<br />

777 Sudhoff/Jäger, GmbH & Co. KG, § 31 Rn. 4.<br />

778 Zur Fälligkeit <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs ausführlich unter § 35, S. 297 ff.<br />

252


setzt werden 779 , da hier stets das Risiko der Fehlbewertung besteht. Sowohl in einer<br />

werbenden als auch in einer Abwicklungsgesellschaft hätte der Ausgeschiedene die tatsächlich,<br />

nicht nur potentiell, anfallenden Forderungsausfälle in Höhe seiner Verlustquote<br />

anteilig tragen müssen 780 .<br />

c) „Wettlauf der Kündigenden“<br />

<strong>Die</strong> Folge der Anspruchsberechnung auf Buchwertbasis ist ein „Wettlauf der Kündigenden“:<br />

Der Gesellschafter, der zuerst durch Kündigung aus der Gesellschaft ausscheidet,<br />

kann seinen gesamten Abfindungsanspruch gegen die Gesellschafter bzw. seine<br />

Mitgesellschafter in voller Höhe geltend machen und den verbleibenden Gesellschaftern<br />

das Risiko zuweisen, ob die darin rechnerisch enthaltenen, noch nicht realisierten<br />

Forderungen vollumfänglich von den Schuldnern der Gesellschaft eingetrieben werden<br />

können.<br />

Besonders drastisch manifestiert sich die Problematik bei Freiberuflergesellschaften, bei<br />

denen das Gesellschaftsvermögen hauptsächlich aus immateriellen Geschäftswerten<br />

besteht, die aufgrund der besonderen Sachkompetenz und Erfahrung <strong>des</strong> Berufsträgers<br />

stark an eine bestimmte Einzelperson gebunden sind. Scheidet beispielsweise der Altsozius<br />

einer Rechtsanwaltsgesellschaft, der mit einer Quote von 80% an der Gesellschaft<br />

beteiligt ist, aus der Gesellschaft aus, so wird es den in der Gesellschaft verbleibenden,<br />

zu je 10% beteiligten Jungsozien, die dem Ausscheidenden bislang zugearbeitet, aber<br />

keine eigenen Mandate akquiriert haben, in der Regel kaum möglich sein, dem Ausgeschiedenen<br />

seinen Abfindungsanspruch von 80% <strong>des</strong> Gesellschaftswertes nebst etwaiger<br />

ihm darüber hinaus zustehenden Beträge sofort auszuzahlen, wenn sich infolge <strong>des</strong><br />

Ausscheidens <strong>des</strong> Seniorpartners die Großzahl der Mandantschaft dazu entschließt, die<br />

Kanzlei zu wechseln.<br />

779 Graf von Westphalen BB 1982, 1894, 1896.<br />

780 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass diese These in<br />

dieser Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden ist. Daher gehe ich davon aus,<br />

dass hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

253


2. Anwendung betriebswirtschaftlicher Bewertungsmethoden<br />

a) Maßgeblichkeit der Abfindungsbilanz<br />

Auch die Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> mit Hilfe betriebswirtschaftlicher<br />

Bewertungsmethoden führt nicht immer zu einem interessengerechten Ergebnis. Zunächst<br />

bleibt bei ausschließlicher Anwendung einer betriebswirtschaftlichen Bewertungsmethode<br />

unklar, wie die sonstigen, in die Gesamtabrechnung eingehenden Ansprüche<br />

und Verbindlichkeiten der Gesellschaft sowie <strong>des</strong> Ausgeschiedenen berücksichtigt<br />

werden sollen - die Vertreter der Ertragswertmethode halten ja in der Regel die Erstellung<br />

einer vollständigen Abfindungsbilanz für entbehrlich 781 . Im Ergebnis dürfte<br />

man auch bei Anwendung einer betriebswirtschaftlichen Bewertungsmethode nicht umhin<br />

kommen, eine vollständige Vermögensbilanz aufzustellen, um auch die Verbindlichkeiten<br />

der Gesellschaft sowie die nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände<br />

und die Verteilung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> auf die einzelnen Gesellschafter geordnet<br />

darzustellen 782 - dies muss auch die herrschende Meinung zugeben, wenn sie zur<br />

Durchsetzung unstreitiger Teilbeträge <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs entgegen der Durchsetzungssperre<br />

783 eine vorläufige <strong>Auseinandersetzung</strong>srechnung fordert 784 .<br />

Inwieweit zur Aufstellung der Abfindungsbilanz eine vollständige Neubewertung sämtlicher<br />

Aktiva und Passiva vorgenommen werden muss 785 , dürfte maßgeblich davon abhängen,<br />

ob und wie die Gesellschaft bereits vor dem Ausscheidensstichtag bilanziert hat<br />

und mit welchen Werten die einzelnen Aktiva und Passiva dort angesetzt worden sind.<br />

Das Argument, die Aufstellung einer korrekten, auf den Ausscheidensstichtag bezogenen<br />

Vermögensbilanz sei zu aufwändig 786 , greift jedenfalls nicht durch, solange keine<br />

gleichwertige Alternative zur Abfindungsbilanz aufgezeigt wird. Inwieweit die statt<br />

<strong>des</strong>sen vorgeschlagene sog. vereinfachte Abfindungsrechnung als Alternative in diesem<br />

781 So z.B. MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 85; E/B/J/S/Lorz HGB § 131 Rn. 99.<br />

782 So auch MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 25.<br />

783 Dazu ausführlich unten § 36, S. 300 ff.<br />

784 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 75 Rn. 40.<br />

785 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 85.<br />

786 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 85.<br />

254


Sinne gelten kann 787 , bleibt offen, da Inhalt und Form der vereinfachten Abfindungsabrechnung<br />

im Vergleich zu einer herkömmlichen Abfindungsbilanz - soweit ersichtlich -<br />

nirgendwo dargestellt werden.<br />

b) Unternehmensbewertung als Rechtsproblem<br />

<strong>Die</strong> Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> ist im Übrigen nicht lediglich eine wirtschaftliche,<br />

sondern eine rechtliche Aufgabe, für deren Lösung im Streitfall die Gerichte<br />

zuständig sind 788 . <strong>Die</strong> Bewertung darf nicht vollständig auf den Sachverständigen verlagert<br />

werden; das Gericht darf sich nicht von vornherein der Entscheidung über die mit<br />

der Bewertung verbundenen Fragen mit der Begründung entziehen, es handele sich um<br />

Tatsachenfragen 789 . Soweit sich aus dem Gesetz Bewertungsmaßstäbe ergeben, sind<br />

diese als Rechtsgrundsätze zu beachten 790 . Nicht je<strong>des</strong> Verfahren, das zur Bewertung<br />

von Unternehmen entwickelt wurde, ist allein <strong>des</strong>wegen, weil es in der Betriebswirtschaftslehre<br />

als herrschend gilt, auch vor Gericht als Bewertungsverfahren geeignet,<br />

vielmehr ist zu fragen, ob ein bestimmtes Verfahren rechtlichen Min<strong>des</strong>tanforderungen<br />

genügt, um vor Gericht überhaupt akzeptabel zu sein 791 . Das angewendete Bewertungsverfahren<br />

muss zum einen auf einer ausreichenden Tatsachenbasis beruhen, um dem<br />

Gericht nötigenfalls als Grundlage zur Schätzung <strong>des</strong> Unternehmenswerts im Sinne der<br />

§§ 738 Abs. 2 BGB, 287 ZPO dienen zu können, zum anderen muss es in der Lage sein,<br />

den wahren Wert, d.h. den objektiven Verkehrswert eines Unternehmens so exakt wie<br />

möglich zu bestimmen 792 .<br />

Eine Bewertung allein zum Ertragswert wird den Anforderungen der §§ 738 Abs. 2<br />

BGB, 287 ZPO an eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage für die Schätzung<br />

bzw. Bewertung nicht gerecht, da die Ermittlung der zukünftig erzielbaren Einnahmeüberschüsse<br />

mit vielfältigen Unsicherheiten belastet ist, die sich u.a. aus der Prognose<br />

künftiger Entwicklungen <strong>des</strong> Unternehmens und seiner wirtschaftlichen Rahmenbedin-<br />

787 E/B/J/Lorz § 131 Rn. 99; Neuhaus, Unternehmensbewertung, S. 147; MünchHdb GesR I/ Piehler/Schulte<br />

§ 10 Rn. 85.<br />

788 Hüttemann ZHR 162 (1998), 563 ff.; Zehner DB 1981, 2109, 2111 ff.<br />

789 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 75 Rn. 23.<br />

790 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 75 Rn. 23.<br />

791 Zehner DB 1981, 2019, 2111.<br />

792 Zehner DB 1981, 2109, 2112.<br />

255


gungen ergeben 793 . Zudem müssen die Substanzwerte <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> in die<br />

Unternehmensbewertung einbezogen werden 794 . Es ist kein Grund ersichtlich, warum es<br />

bei der Vermögensermittlung nicht auch darauf ankommen soll, was vor dem Bewertungsstichtag<br />

<strong>des</strong> Ausscheidens an Substanz von den Gesellschaftern aufgebaut worden<br />

ist 795 . Bis zu seinem Ausscheiden hat der Ausgeschiedene ebenso an der Substanz der<br />

Gesellschaft partizipiert wie die verbleibenden Gesellschafter. Es ist nicht <strong>nach</strong>vollziehbar,<br />

warum sich dies mit seinem Ausscheiden ändern sollte. Der Substanzwert, d.h. die<br />

Summe der tatsächlichen Zeit- oder Teilwerte (Wiederbeschaffungswerte) aller Vermögensgegenstände,<br />

muss daher der Min<strong>des</strong>twert für die Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

sein 796 .<br />

Auch das Substanzwertverfahren, d.h. die Einzelbewertung aller im Unternehmen vorhandenen<br />

Sachgüter mit ihrem Teilwert unter Aufdeckung stiller Reserven, kann den<br />

Wert <strong>des</strong> Unternehmens nicht ausreichend widerspiegeln, sofern dabei der immaterielle<br />

Geschäftswert (good will) außer Acht gelassen wird 797 . Gerade der immaterielle Geschäftswert,<br />

der letztendlich auch die Fähigkeit <strong>des</strong> Unternehmens bestimmt, in Zukunft<br />

Erträge zu erwirtschaften, ist in der Praxis ein besonders wichtiger Vermögensgegenstand<br />

unternehmenstragender Gesellschaften. Der Ausgeschiedene muss daher auch<br />

wirtschaftlich am immateriellen Geschäftswert beteiligt werden.<br />

Im Ergebnis muss jede Methode zur Ermittlung <strong>des</strong> Wertes <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

zum gleichen Ergebnis führen, ungeachtet <strong>des</strong>sen, ob nun die Substanzwerte aller materiellen<br />

und immateriellen Vermögensgegenstände einschließlich <strong>des</strong> good will addiert<br />

werden oder ob die geschätzten Ertragswerte durch die Substanzwerte <strong>des</strong> nicht betriebsnotwendigen<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> erhöht werden 798 : Endergebnis aller Bewertungsmethoden<br />

muss stets der Fortführungswert <strong>des</strong> gesamten <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

sein, d.h. der wirkliche Wert <strong>des</strong> lebenden Unternehmens einschließlich aller stiller Re-<br />

793 Hülsmann ZIP 2001, 450, 452; Hosterbach DB 1987, 897, 897; Barthel DB 1990, 1145, 1145.<br />

794 So wohl im Ergebnis auch Erman/Westermann BGB § 738 Rn. 5a.<br />

795 Hosterbach DB 1987, 897, 902; anderer Ansicht Zehner DB 1981, 2109, 2113 ohne Begründung.<br />

796 BGHZ 17, 130, 136 = NJW 1956, 907.<br />

797 Reinicke/Tiedtke DB 1984, 703, 703; Erman/Westermann BGB § 738 Rn. 5a.<br />

798 So wohl auch Schulze-Osterloh ZGR 1986, 545, 553; Erman/Westermann BGB § 738 Rn. 5a a.E.<br />

256


serven sowie <strong>des</strong> good will, der sich im Allgemeinen aus dem Preis ergibt, der bei einem<br />

Verkauf <strong>des</strong> Unternehmens als Einheit erzielt werden könnte 799 .<br />

c) Auswahl der Wertermittlungsmethode durch den Kläger<br />

Bedenklich erscheint zudem, dass der BGH die Frage <strong>nach</strong> der anzuwendenden Wertermittlungsmethode<br />

in die Entscheidungskompetenz <strong>des</strong> Tatrichters stellt 800 : Im Rahmen<br />

der zivilprozessualen Dispositionsmaxime muss es grundsätzlich dem Kläger überlassen<br />

bleiben, wie er seinen Anspruch berechnet. Wenn es um die Ermittlung <strong>des</strong> Abfindungsguthabens<br />

geht, muss der Anspruchsteller die Möglichkeit haben, ein Wahlrecht<br />

801 für die günstigste Berechnungsmethode ausüben zu können, ähnlich der Position<br />

<strong>des</strong> Geschädigten bei der Wahl zwischen der abstrakten oder der konkreten Schadensberechnung<br />

bei Verletzung von Immaterialgüterrechten 802 . Dabei muss ihm sogar ein<br />

Wechsel der Bewertungsmethode im Laufe der <strong>Auseinandersetzung</strong> möglich sein, z.B.<br />

dann, wenn ihm <strong>nach</strong>träglich Informationen zugehen, die eine andere Bewertung erfordern.<br />

Inwieweit die jeweilige Berechnungsmethode den Anteilswert tatsächlich widerspiegelt,<br />

mag dann einem Sachverständigenbeweis zugänglich sein.<br />

799 BGHZ 17, 130, 136 = NJW 1955, 1025; BGH NJW 1985, 192, 193; Sudhoff/Jäger, GmbH & Co. KG,<br />

§ 31 Rn. 3. Kritisch hierzu Sigle ZGR 1999, 659, 669.<br />

800 BGH NJW 1993, 2101, 2103.<br />

801 Es erscheint insgesamt praktikabler und interessengerechter, dem Ausgeschiedenen das Wahlrecht<br />

anstelle der verbleibenden Gesellschafter einzuräumen: Der Ausgeschiedene wird mit Ausscheiden<br />

sämtlicher Gesellschafterrechte verlustig und hat damit außer im Klagewege keine Möglichkeit mehr,<br />

auf seine ehemaligen Mitgesellschafter einzuwirken und sie zur ordnungsgemäßen Ermittlung seiner<br />

Ansprüche anzuhalten. Räumt man ihm das Wahlrecht ein, wie der Wert <strong>des</strong> Gesellschaftsvermögen<br />

zu ermitteln sei, so kann er dies selbst ggf. unter Hinzuziehung eines Sachverständigen tun und gerichtlich<br />

einklagen, ohne auf die Mitwirkung und das Wohlwollen der verbleibenden Gesellschafter<br />

angewiesen zu sein.<br />

802 Hierzu ausführlich MünchKomm BGB/Oetker § 252 Rn. 53 ff.<br />

257


§ 30 Eigene Lösung: Bewertung auf Grundlage <strong>des</strong> Ist-Stan<strong>des</strong> <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

I. Bewertungsmodalitäten<br />

1. Schätzung nur möglich, soweit erforderlich (§ 738 Abs. 2 BGB)<br />

Wie bereits dargestellt, ist entgegen dem Wortlaut <strong>des</strong> § 738 BGB nicht der Liquidationswert,<br />

sondern der Fortführungswert, d.h. der objektive Verkehrswert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

maßgebend. Der zu schätzende Gesamtwert <strong>des</strong> Unternehmens muss<br />

seinem objektiven Marktwert bei Verkauf entsprechen 803 . Wie dieses Ergebnis im Einzelnen<br />

erzielt wird, d.h. ob eine Gesamtbewertung <strong>des</strong> Unternehmens 804 oder - sofern<br />

dies im Einzelfall praktikabler ist - eine Einzelbewertung und Addition aller Teilvermögenswerte<br />

805 erfolgt, ist zweitrangig. Entscheidend ist lediglich, dass bei der Ermittlung<br />

<strong>des</strong> Werts <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> bestimmte Kriterien beachtet werden, die sich<br />

aus der gesetzlichen Regelung, ihrer Zielsetzung sowie der wechselseitigen Interessenslage<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen und der Gesellschaft bzw. den verbleibenden Gesellschaftern<br />

ergeben. Auf diese soll im Folgenden genauer eingegangen werden.<br />

Bei der Bemessung <strong>des</strong> Werts <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> ist zu berücksichtigen, dass<br />

der Gesetzeswortlaut <strong>des</strong> § 738 Abs. 2 BGB eine Schätzung <strong>des</strong> Wertes <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

generell nur erlaubt, soweit dies erforderlich ist. Da beim Ausscheiden<br />

der Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> mangels tatsächlicher Versilberung stets im<br />

Rahmen einer Abrechnung auf dem Papier auf der Grundlage von rechnerisch oder<br />

schätzungsweise ermittelten Werten bemessen werden muss 806 , hat die Einschränkung<br />

„soweit erforderlich“ in § 738 Abs. 2 BGB nur dann einen eigenständigen Anwendungsbereich,<br />

wenn man ihr das Postulat entnimmt, den Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

so weit wie möglich auf der Grundlage von objektiv <strong>nach</strong>prüfbaren, ggf. <strong>nach</strong>träg-<br />

803 Statt vieler MünchKomm HGB/K. Schmidt § 131 Rn. 142.<br />

804 So die herrschende Meinung, statt vieler MünchKomm HGB/K. Schmidt § 131 Rn. 141.<br />

805 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 131 Rn. 134 bezeichnet dies als „traditionelle Methode“.<br />

806 Davon zeugt bereits der im Konditional gehaltene Wortlaut <strong>des</strong> § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB („was<br />

er [...] erhalten würde, wenn [...] aufgelöst worden wäre“).<br />

258


lich eingetretenen Tatsachen zu ermitteln und nur insoweit eine Schätzung vorzunehmen,<br />

als eine tatsächliche Wertbemessung nicht möglich ist. Das bedeutet, dass aus dem<br />

zu bewertenden Gesellschaftsvermögen alle Gegenstände, die einen festgelegten oder<br />

eindeutig feststellbaren Wert haben oder aufgrund gesetzlicher Vorschriften einer separaten<br />

Berechnung zuzuführen sind, aus dem Bestand <strong>des</strong> einer Schätzung <strong>nach</strong> § 738<br />

Abs. 2 BGB zugrunde zu legenden <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> ausgeklammert werden<br />

müssen. <strong>Die</strong>s wird insbesondere relevant für die Ergebnisse aus schwebenden Geschäften<br />

im Sinne <strong>des</strong> § 740 BGB 807 .<br />

2. Der Ist-Stand <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> als Grundlage der Anspruchsberechnung<br />

Das Gesetz fordert den wirtschaftlichen Gleichlauf zwischen der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

der gesamten Gesellschaft und dem Ausscheiden eines Einzelgesellschafters: Der Ausgeschiedene<br />

ist so zu stellen, wie wenn die Gesellschaft im Augenblick seines Ausscheidens<br />

liquidiert worden wäre, § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB. Im Auflösungsfall geht der<br />

Erlös aus Forderungen der Gesellschaft erst in dem Augenblick und nur in dem Umfang<br />

in das verteilbare Gesellschaftsvermögen ein, in dem die Forderung durch Einziehung,<br />

Verkauf oder in sonstiger Weise zu Geld gemacht worden ist 808 . Auch der Ausgeschiedene<br />

muss sich daher solange gedulden, bis die Forderung entweder ganz oder teilweise<br />

realisiert oder als nicht einbringlich aus den Büchern der Gesellschaft gelöscht worden<br />

ist. Er hat zwar ein Recht auf Ausgleich der Vermögens<strong>nach</strong>teile, die ihm durch den<br />

Verlust seiner Gesellschafterstellung sowie seines durch Anwachsung auf die verbleibenden<br />

Gesellschafter übergehenden Gesellschaftsanteils entstehen 809 , er soll durch sein<br />

Ausscheiden jedoch wirtschaftlich nicht schlechter und die übrigen Gesellschafter nicht<br />

besser gestellt werden 810 . Er muss daher denselben Einschränkungen unterworfen werden,<br />

die auch den Liquidationsgesellschafter treffen.<br />

807 Hierauf wird noch ausführlich einzugehen sein, siehe unten § 32, S. 284 ff.<br />

808 <strong>Die</strong>s gilt zumin<strong>des</strong>t dann, wenn man der hier vertretenen Ansicht folgt, dass das verteilbare Gesellschaftsvermögen<br />

nur das sein kann, was tatsächlich im Rahmen der Versilberung als Erlös erzielt<br />

werden konnte und geschätzte Veräußerungs- oder Buchwerte insoweit außer Betracht bleiben müssen.<br />

Siehe dazu ausführlich oben unter § 11, S. 71 ff.<br />

809 Göllert/Ringling DB 1999, 516, 516.<br />

810 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 738 Rn. 13.<br />

259


<strong>Die</strong> Lösung für die bereits angesprochenen Probleme bei der Einbeziehung noch nicht<br />

realisierter Forderungen in den Abfindungsanspruch liegt daher darin, die Berechnung<br />

<strong>des</strong> Abfindungsguthabens <strong>des</strong> Ausgeschiedenen ausschließlich auf Grundlage <strong>des</strong> zum<br />

Ausscheidensstichtag vorhandenen Ist-Stands <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> vorzunehmen<br />

811 . Der Ist-Stand <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> umfasst <strong>nach</strong> dem Vorbild der Einnahmen-Überschuss-Rechnung<br />

nur solche Gegenstände, die zum jeweiligen Zeitpunkt<br />

tatsächlich als Sach- oder immaterielle Werte tatsächlich im Gesellschaftsvermögen<br />

vorhanden sind. <strong>Die</strong>se sind mit ihrem objektiven Verkehrswert in der Anspruchsberechnung<br />

anzusetzen. <strong>Die</strong> geschätzten Erlöse aus noch nicht eingezogenen Forderungen 812<br />

dürfen hingegen als Soll-Vermögen nicht in das Aktivvermögen der Gesellschaft einbezogen<br />

werden, sondern werden, sofern ihr Rechtsgrund zu einem Zeitpunkt vor dem<br />

Ausscheiden gelegt worden ist, erst berücksichtigt, wenn und soweit sie tatsächlich realisiert<br />

worden sind. Der Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>, der dem Abfindungsanspruch<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen zugrunde gelegt werden kann, ergibt sich damit aus einer<br />

Zusammenschau der objektiven Verkehrswerte sämtlicher materiellen und immateriellen<br />

Vermögensgegenstände einschließlich <strong>des</strong> good will, die im Augenblick <strong>des</strong> Ausscheidens<br />

tatsächlich vorhanden sind, abzüglich der Schulden der Gesellschaft. Im<br />

Rahmen der Bemessung <strong>des</strong> good will sind die zukünftigen Ertragsaussichten der Gesellschaft<br />

zu berücksichtigen, die sich zum Ausscheidensstichtag bereits abzeichnen.<br />

Auf diese Weise können alle mit der Aktivierung und Bewertung von Forderungen verbundenen<br />

Streitfragen umgangen werden. Nachträgliche Korrekturen einer einmal getätigten<br />

Bewertung entfallen ebenso wie Hin- und Herzahlungen zwischen dem Ausgeschiedenen<br />

und der Gesellschaft zur Rückerstattung zu viel erhaltener Beträge. Das Risiko<br />

der Uneinbringlichkeit der Forderung wird gleichmäßig auf alle Gesellschafter ein-<br />

811 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass diese Möglichkeit<br />

und die daraus folgenden Vorteile und Konsequenzen, die sogleich dargestellt werden, in dieser<br />

Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden sind. Daher gehe ich davon aus, dass<br />

hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

812 Mit dem Begriff „noch nicht realisierte Forderungen“ sind nicht die zukünftigen Erlöse aus schwebenden<br />

Geschäften gemeint; letztere sind bereits <strong>nach</strong> § 740 BGB gesondert abzurechnen. Der maßgebliche<br />

Unterschied zwischen den Erlösen aus schwebenden Geschäften und solchen aus noch nicht<br />

eingezogenen Forderungen liegt in der Vollständigkeit der Leistungserbringung durch die Gesellschaft.<br />

Ein schweben<strong>des</strong> Geschäft ist dadurch gekennzeichnet, dass die Gesellschaft ihre Leistung<br />

noch nicht oder noch nicht vollständig erbracht hat (siehe dazu ausführlich unten § 32 II., S. 285 ff.).<br />

Eine noch nicht realisierte Forderung im hier angesprochenen Sinne liegt hingegen vor, wenn die Gesellschaft<br />

ihre Leistung vollständig erbracht hat und ein entsprechender Anspruch auf Gegenleistung<br />

entstanden ist, der in einer Bilanz zu aktivieren wäre.<br />

260


schließlich <strong>des</strong> Ausgeschiedenen verteilt. Zwar hat die Ausklammerung der noch nicht<br />

realisierten Forderungen aus dem verteilungsfähigen Gesellschaftsvermögen den Nachteil,<br />

dass sich die Einziehung der Forderungen und die Auszahlung der anteiligen Erlöse<br />

an den Ausgeschiedenen über Jahre <strong>nach</strong> dem Ausscheidensstichtag hinziehen kann.<br />

<strong>Die</strong>s ist aber vom Gesetzgeber so gewollt, wie schon die Regelung über die schwebenden<br />

Geschäfte (§ 740 BGB) zeigt. Es bleibt den Gesellschaftern im Übrigen jederzeit<br />

unbenommen, sich einvernehmlich auf eine vom Gesetzeswortlaut abweichende Abgeltung<br />

der noch nicht eingezogenen Forderungen zu einigen, wenn ihnen das gesetzlich<br />

vorgesehene Verfahren zu lange dauert. Kommt es aber nicht zu einer Einigung oder ist<br />

diese unwirksam, so gilt die gesetzliche Regelung.<br />

II.<br />

<strong>Die</strong> Bestandteile <strong>des</strong> zu bewertenden <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

1. Einlagen quoad usum und quoad sortem<br />

Außerdem ist zu fragen, was überhaupt als Bestandteil <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> im<br />

Rahmen der Bewertung berücksichtigt werden darf. Bestandteil <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>,<br />

das im Rahmen <strong>des</strong> § 738 Abs. 2 BGB zu bewerten ist, sind jedenfalls diejenigen<br />

Gegenstände, die zum Ausscheidenszeitpunkt im Eigentum der Gesellschaft stehen,<br />

z.B. weil sie von ihr im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit erwirtschaftet wurden. Dazu<br />

gehören auch die von den verbleibenden Gesellschaftern sowie vom Ausgeschiedenen<br />

zu Eigentum der Gesellschaft eingebrachten Gegenstände (Einlage quoad dominum).<br />

Sie sind in die Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> einzubeziehen, das anteilig an<br />

den Ausgeschiedenen auszuschütten ist. <strong>Die</strong> Gefahr einer Doppelberücksichtigung besteht<br />

wie schon bei Auflösung der Gesellschaft nicht.<br />

Fraglich ist die Behandlung von Gegenständen, die der Gesellschaft von anderen Gesellschaftern<br />

als dem Ausgeschiedenen zur Benutzung (Einlage quoad usum) oder dem<br />

Wert <strong>nach</strong> (Einlage quoad sortem) überlassen wurden. Bei der Einlage quoad usum<br />

stellt sich die Frage, ob die eingebrachten Gegenstände Bestandteil <strong>des</strong> zu Gunsten <strong>des</strong><br />

Ausgeschiedenen bewertbaren <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> sein können. Der Ausgeschiedene<br />

- aber auch nur dieser - kann <strong>nach</strong> § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB Rückgabe der<br />

von ihm überlassenen Gegenstände verlangen. Einlagen, die von einem in der Gesellschaft<br />

verbleibenden Gesellschafter zur Benutzung (quoad usum) eingebracht wurden,<br />

verbleiben hingegen bei der Gesellschaft und mit ihnen bleibt daher auch das an ihnen<br />

bestehende Nutzungsrecht grds. Teil <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>. Da der Ausgeschie-<br />

261


dene aufgrund der Verweisung in § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB auf das Verfahren bei<br />

Auflösung der Gesellschaft wirtschaftlich genauso zu stellen ist, wie wenn die Gesellschaft<br />

im Zeitpunkt seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre, darf er wirtschaftlich<br />

an diesen Gegenständen nicht beteiligt werden: Im Fall der Auflösung wären alle Gegenstände,<br />

die der Gesellschaft von den Gesellschaftern lediglich zur Benutzung überlassenen<br />

worden sind, <strong>nach</strong> § 732 BGB an die jeweiligen Eigentümer zurückzugeben<br />

gewesen und daher nicht Bestandteil der Liquidationsmasse geworden. <strong>Die</strong>se Vorgabe<br />

<strong>des</strong> Gesetzes ist beim Ausscheiden fiktiv, d.h. rechnerisch zu verwirklichen, indem die<br />

Einlagen quoad usum, die von den in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschaftern<br />

eingebracht worden sind, weder mit ihrem Sach- noch mit ihrem Nutzungswert in das<br />

Gesellschaftsvermögen einbezogen werden, auf <strong>des</strong>sen Grundlage der Abfindungsanspruch<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen berechnet wird. Der Ausgeschiedene darf am Wert dieser<br />

Gegenstände wirtschaftlich nicht beteiligt werden 813 .<br />

Handelt es sich hingegen um eine Einlage quoad sortem, so ist für die Einbeziehung in<br />

den Abfindungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen zu differenzieren: Ist die Einlage quoad<br />

sortem von dem Ausgeschiedenen selbst eingebracht worden, so kann er sie <strong>nach</strong> § 732<br />

BGB heraus verlangen, ihr Wert ist ihm jedoch auf seinen Abfindungsanspruch anzurechnen<br />

814 . Wurde sie hingegen von einem in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter<br />

eingebracht, so bleibt ihr Wert auch noch <strong>nach</strong> dem Ausscheidensstichtag Bestandteil<br />

<strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> und ist daher auch dem Ausgeschiedenen anteilig<br />

zuzuschreiben. Sie ist dabei nicht in Form einer Forderung, d.h. als Anspruch auf Bereitstellung<br />

<strong>des</strong> Gegenstands und Wertausgleich bei Ausscheiden in der Bilanz auszuweisen<br />

815 , sondern der Wert <strong>des</strong> quoad sortem eingebrachten Gegenstands selbst ist zu<br />

aktivieren 816 .<br />

813 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass diese These in<br />

dieser Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden ist. Daher gehe ich davon aus,<br />

dass hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

814 Ulrich NJW 1974, 1486, 1489; Reinhardt DStR 1991, 588, 589.<br />

815 Huber, Vermögensanteil, S. 196, 197; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 71.<br />

816 Ganz herrschende Meinung in der Literatur (bislang offengelassen von der Rechtsprechung): Sudhoff<br />

NJW 1978, 1401, 1402; Ulrich NJW 1974, 1486, 1489; Reinhardt DStR 1991, 588, 589.<br />

262


2. Berücksichtigung auch nicht betriebsnotwendiger Vermögensgegenstände<br />

<strong>Die</strong> gewählte Bewertungsmethode muss den wahren Wert <strong>des</strong> gesamten <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

so genau wie möglich treffen und dabei sowohl die Substanzwerte als auch<br />

die zukünftigen Ertragswerte der Gesellschaft gleichermaßen berücksichtigen 817 . Daher<br />

sind in die Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs alle Vermögensgegenstände der Gesellschaft<br />

einzubeziehen, und zwar nicht nur das betriebsnotwendige Gesellschaftsvermögen,<br />

mit dem der Ertrag erwirtschaftet wird und das als rechnerische Grundlage für<br />

die künftige Ertragswertberechnung dient 818 , sondern auch das betriebsneutrale Vermögen<br />

819 .<br />

<strong>Die</strong> Unterscheidung von betriebsnotwendigem und nicht betriebsnotwendigem Gesellschaftsvermögen<br />

findet im Wortlaut <strong>des</strong> § 738 Abs. 2 BGB keine Stütze; § 738 Abs. 2<br />

BGB spricht von einer Schätzung „<strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>“. Es ergeben sich keine<br />

Anhaltspunkte, dass damit nur eine Teilmenge <strong>des</strong> gesamten <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

gemeint sein könnte. Im Übrigen ist die Unterteilung in betriebsnotwendige und nicht<br />

betriebsnotwendige Vermögensgegenstände schon wegen der hiermit verbundenen Abgrenzungsschwierigkeiten<br />

820 unpraktikabel. Nur durch Berücksichtigung auch der nicht<br />

betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände kann der gesetzlich geforderte wirtschaftliche<br />

Gleichlauf zwischen Abfindungs- und <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben verwirklicht<br />

werden. Wird die Gesellschaft aufgelöst, so müssen alle Vermögensgegenstände, unabhängig<br />

davon, ob sie notwendiges oder nicht notwendiges Betriebsvermögen sind, versilbert<br />

und an Gläubiger und Gesellschafter ausgekehrt werden. Daher werden auch die<br />

Erlöse aus der Verwertung nicht betriebsnotwendiger Vermögensgegenstände Bestandteile<br />

<strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens je<strong>des</strong> Liquidationsgesellschafters.<br />

Dasselbe muss wegen <strong>des</strong> Verweises <strong>des</strong> § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB auch für die<br />

Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs gelten. Es ist nicht einzusehen, warum der Ausgeschiedene<br />

z.B. an dem Wert eines für die Büroräume der Gesellschaft angeschafften<br />

Kunstwerks wirtschaftlich nicht partizipieren sollte, obwohl auch er <strong>des</strong>sen Anschaffung<br />

mit Gesellschaftsmitteln wirtschaftlich mitgetragen hat. Der Kaufpreis für das<br />

817 Barthel DB 1990, 1145, 1148.<br />

818 Csik DB 1985, 1901 ff., Hosterbach DB 1987, 897 ff.<br />

819 Ebenso wohl Erman/Westermann BGB § 738 Rn. 5a.<br />

820 Dazu Hüttemann ZHR 162 (1998), 563, 568; Hülsmann ZIP 2001, 450, 451.<br />

263


Kunstwerk hat, sofern er aus Gesellschaftsmitteln bezahlt wurde, letztlich zu einer Minderung<br />

<strong>des</strong> an alle Gesellschafter und damit auch an den Ausgeschiedenen ausschüttungsfähigen<br />

Gewinnes der Gesellschaft geführt. Es ist auch nicht einsichtig, warum<br />

nicht betriebsnotwendige Gegenstände lediglich mit ihrem Liquidationswert angesetzt<br />

werden sollten. Statt <strong>des</strong>sen sind auch sie mit ihrem objektiven Verkehrswert anzusetzen.<br />

<strong>Die</strong> verbleibenden Gesellschafter hätten es andernfalls in der Hand, durch rechtzeitige<br />

Umwidmung von betriebsnotwendigem zu nicht betriebsnotwendigem Gesellschaftsvermögen<br />

den Abfindungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen zu manipulieren.<br />

3. Immaterieller Geschäftswert (good will)<br />

Zum Gesellschaftsvermögen gehört auch der immaterielle Geschäftswert, der durch den<br />

Ansatz eines zusätzlichen Geschäftswertpostens berücksichtigt werden kann. Ob ein<br />

solcher Geschäftswert vorhanden ist, beurteilt sich <strong>nach</strong> den Umständen <strong>des</strong> Einzelfalls<br />

821 . Da z.B. bei freiberuflichen Praxen der Geschäftserfolg in höherem Maß als bei<br />

gewerblichen Unternehmen von der Person <strong>des</strong> Inhabers abhängt, kann im Einzelfall ein<br />

transferierbarer Geschäftswert überhaupt fehlen 822 .<br />

Für die Bewertung <strong>des</strong> good will existieren zahlreiche Verfahren, die im Folgenden<br />

nicht weiter erörtert werden können 823 . Welches dieser Verfahren im Einzelfall zur Anwendung<br />

kommt und welche Besonderheiten dabei zu beachten sind, z.B. der Abzug<br />

eines Unternehmerlohns, richtet sich u.a. <strong>nach</strong> der jeweiligen Branche <strong>des</strong> Unternehmens<br />

824 . Entscheidend ist jedoch, dass bei der Bewertung <strong>des</strong> good will auch die zukünftigen<br />

Ertragsaussichten <strong>des</strong> Unternehmens zu berücksichtigen sind. Nur so kann ein<br />

angemessener Ausgleich dafür geschaffen werden, dass der Ausgeschiedene ein leben<strong>des</strong><br />

Unternehmen verlässt. <strong>Die</strong> Prognose der Zukunftsaussichten erfolgt dabei so weit<br />

821 Nach BGH MDR 1960, 387 f. soll ein good will z.B. nicht vorhanden sein, wenn der Inhaber einer<br />

Rechtsanwaltskanzlei aus ihr nur Einnahmen in Höhe <strong>des</strong> üblichen Unternehmerlohns erzielt.<br />

822 MünchKomm BGB/Koch § 1376 Rn. 23 - so z.B. im Fall einer erst seit kurzem bestehenden Anwaltskanzlei<br />

mit geringem Jahresumsatz und weithin personengebundener Klientel (OLG Celle AnwBl<br />

1977, 216 ff.) oder im Fall eines Architekturbüros, bei dem der unternehmerische Erfolg allein vom<br />

individuellen Können <strong>des</strong> Inhabers abhängt (OLG München FamRZ 1984, 1096 ff.).<br />

823 Beispielhaft genannt sei das sog. Umsatzwertverfahren. Dabei wird der good will mithilfe eines branchentypischen<br />

Multiplikators als ein Vielfaches vom <strong>nach</strong>haltigen Bruttojahresumsatz <strong>des</strong> Unternehmens<br />

ermittelt. Hierzu Englert BB 1997, 142 ff.<br />

824 Hierzu ausführlich Barthel DB 1990, 1145 ff.<br />

264


wie möglich aufgrund einer objektiv <strong>nach</strong>prüfbaren Tatsachengrundlage (§§ 738 Abs. 2<br />

BGB, 287 ZPO). Das bedeutet zum Einen, dass bei der Ertragsprognose von bereinigten<br />

Vergangenheitsergebnissen auszugehen ist 825 , die aus Sicht <strong>des</strong> Bewertungsstichtags,<br />

d.h. <strong>des</strong> Ausscheidenstags, zu prognostizieren und in die Zukunft bewertend fortzuschreiben<br />

sind 826 . Nach dem Stichtag eintretende Entwicklungen dürfen nur berücksichtigt<br />

werden, sofern sie in ihren Ursprüngen bereits am Stichtag angelegt und wirtschaftlich<br />

fassbar waren (sog. Wurzeltheorie) 827 . Andererseits muss bei einem Ansatz <strong>des</strong> Unternehmenswertes<br />

wie auch anderer nicht bilanzierungsfähiger immaterieller Werte stets<br />

berücksichtigt werden, inwieweit der betreffende Wert dem Ausgeschiedenen zuzurechnen<br />

ist 828 . Der Ansatz eines Ertragswertes kann nicht losgelöst von der Frage erfolgen,<br />

wer für den Ertrag verantwortlich war.<br />

Selbstverständlich kommt eine Berücksichtigung <strong>des</strong> good will nur in Betracht, wenn<br />

und soweit der Gesellschaft <strong>nach</strong> dem Ausscheiden <strong>des</strong> Abfindungsberechtigten tatsächlich<br />

ein Unternehmenswert verbleibt, der auch ohne die Mitwirkung <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

umgesetzt werden kann 829 und der nicht durch anderweitige Maßnahmen wie z.B.<br />

durch die Mitnahme von Mandaten 830 durch einen ausgeschiedenen Freiberufler abgegolten<br />

wird 831 . Ist ein good will gegenwärtig vorhanden und selbständig veräußerbar, so<br />

ist er originär zu bewerten 832 .<br />

825 Hülsmann ZIP 2001, 450, 452; für die Vergangenheitsbezogenheit im Ergebnis auch Zehner DB<br />

1981, 2109, 2109.<br />

826 Zu den hiermit verbundenen Schwierigkeiten Hülsmann ZIP 2001, 450, 452.<br />

827 BGH NJW 1973, 509, 511; OLG Celle AG 1999, 128, 129.<br />

828 So wohl auch OLG Celle NJOZ 2007, 3455, 3455: „ [...] angemessene Kompensation der Ausscheidenden<br />

für den von ihnen mit erarbeiteten und den Wert ihrer Beteiligungen prägenden immateriellen<br />

Wert der Partnerschaft“.<br />

829 Saarländisches OLG DStRE 2010, 1282, 1283 f.<br />

830 Zu Problemen der Mandatsmitnahme ausführlich Wolff NJW 2009, 1302, 1303 ff.; Westermann AnwBl<br />

2007, 103, 106 ff.<br />

831 Römermann NJW 2007, 2209, 2209. Hierzu BGH NJW 2000, 2584 f. (Abfindung für good will einer<br />

Kanzlei bei Mandantenschutzklausel - wegen der eingeschränkten Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit<br />

solcher Klauseln höchst problematisch); ebenso BGH NJW 1994, 796 f. für die Aufteilung einer ärztlichen<br />

Gemeinschaftspraxis.<br />

832 Barthel DB 1990, 1145, 1149. Zur Bewertung <strong>des</strong> good will von Freiberuflersozietäten eingehend<br />

Bunk, Vermögenszuordnung, S. 30 ff.; Freund ZIP 2009, 941, 944.<br />

265


III.<br />

Rechnerische Umsetzung<br />

1. Anwendbarkeit der Abfindungsbilanz<br />

Abschließend bleibt die Frage zu beantworten, wie die soeben gefundenen Ergebnisse<br />

rechnerisch umgesetzt werden können. Wie auch bei Auflösung der Gesellschaft besteht<br />

der Abfindungsanspruch nur unter Berücksichtigung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft<br />

(§ 739 BGB). Daher sind die Vermögenswerte der Gesellschaft rechnerisch mit<br />

den Verbindlichkeiten der Gesellschaft ins Verhältnis zu setzen, um daraus das letztlich<br />

für die Verteilung an den Ausgeschiedenen zur Verfügung stehende Gesellschaftsvermögen<br />

ermitteln zu können.<br />

Der Ansicht, die eine Abfindungsbilanz bei Anwendung eines betriebswirtschaftlichen<br />

Verfahrens zur Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> für entbehrlich erachtet 833 , ist<br />

entgegenzuhalten, dass die Abfindungsrechnung nicht als eine den allgemeinen Grundsätzen<br />

der Rechnungslegung unterliegende kaufmännische Jahres- oder Zwischenbilanz<br />

anzusehen ist, sondern als ein bloßer Vermögensstatus zur Abschichtung, der mit einer<br />

periodischen Erfolgsrechnung nichts zu tun hat 834 . Eine Abfindungsberechnung behält<br />

damit auch bei Anwendung eines betriebswirtschaftlichen Bewertungsverfahrens grundsätzlich<br />

ihre Berechtigung. Soll eine Abfindungsbilanz erstellt werden, so sind auf der<br />

Grundlage der hier gefundenen Ergebnisse einige im Folgenden darzustellende Besonderheiten<br />

zu beachten, um die hier aufgestellten Grundsätze der Vermögensbewertung<br />

verwirklichen zu können.<br />

2. Aktivposten der Abfindungsrechnung<br />

In die Aktivposten der Abfindungsrechnung sind nur solche Vermögensgegenstände<br />

einzubeziehen, die zum Ausscheidensstichtag im Eigentum der Gesellschaft stehen und<br />

ihr nicht von den in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschaftern oder dem Ausgeschiedenen<br />

zur Benutzung überlassen worden sind (§ 732 BGB). Hierzu gehören alle<br />

Bar-, Sach- und immateriellen Geschäftswerte der Gesellschaft einschließlich <strong>des</strong> good<br />

833 Vgl. nur Schulze-Osterloh ZGR 1986, 545, 550 ff.; E/B/J/S/Lorz HGB § 131 Rn. 102.<br />

834 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 131 Rn. 135.<br />

266


will, ungeachtet <strong>des</strong>sen, ob es sich um betriebsnotwendiges oder nicht betriebsnotwendiges<br />

Gesellschaftsvermögen handelt. Alle Vermögensgegenstände sind jeweils mit<br />

ihrem objektiven Verkehrswert in der Bilanz anzusetzen, Bilanzierungsverbote gelten<br />

nicht. <strong>Die</strong> hier vertretene Vermögensverteilung auf Basis <strong>des</strong> Ist-Vermögens der Gesellschaft<br />

erfordert allerdings eine Herausrechnung der noch nicht realisierten Forderungen<br />

aus dem Gesellschaftsvermögen bis zum Zeitpunkt ihrer Realisierung. Fraglich ist, wie<br />

dies rechnerisch umgesetzt werden kann.<br />

Denkbar wäre es, diese Forderungen vollständig aus der Abrechnung herauszuhalten<br />

und die realisierten Erlöse erst dann in die Abrechnung einzubuchen, wenn und soweit<br />

sie in die Gesellschaftskasse eingegangen sind. Da der Ausgeschiedene jedoch mit dem<br />

Zeitpunkt seines Ausscheidens alle Rechte und Pflichten eines Gesellschafters, insbesondere<br />

seine gesellschaftlichen Kontrollrechte <strong>nach</strong> § 716 BGB verliert 835 , kann er sich<br />

<strong>nach</strong> seinem Ausscheiden nicht mehr wie ein Gesellschafter einer werbenden Gesellschaft<br />

oder einer Liquidationsgesellschaft über die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft,<br />

insbesondere über den Stand der Forderungseinziehung, unterrichten. Statt <strong>des</strong>sen ist er<br />

auf eine korrekte Information durch seine ehemaligen Mitgesellschafter angewiesen, die<br />

er mit Hilfe eines entsprechenden Auskunftsanspruchs <strong>nach</strong> § 810 BGB 836 bzw. abgeleitet<br />

aus §§ 242, 259, 260 BGB bzw. §§ 716, 721, 740 Abs. 2 BGB 837 einfordern muss.<br />

<strong>Die</strong>ser erhöhten Schutzbedürftigkeit <strong>des</strong> Ausgeschiedenen kann dadurch Rechnung getragen<br />

werden, dass die Gesellschaftsforderungen, an deren Erlös er in Höhe seiner<br />

Quote wirtschaftlich teilhaben wird, in Form eines Erinnerungswertes in der Abfindungsrechnung<br />

ersichtlich gemacht werden. Hierzu können die noch nicht realisierten<br />

Forderungen in Form eines Merkpostens in Höhe ihres Nennwerts 838 auf der Aktivseite<br />

der Bilanz berücksichtigt werden. Um die Vermögensverteilung zum Ausscheidenszeitpunkt<br />

auf Basis <strong>des</strong> Ist-Vermögens vornehmen zu können, muss dieser Merkposten<br />

835 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 738 Rn. 4; MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 6.<br />

836 MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 6.<br />

837 BGH NJW 1959, 1963, 1963 f.; Stötter BB 1974, 676, 677; Stötter BB 1977, 1219, 1220.<br />

838 Der Ansatz eines Merkpostens in Höhe von Null wäre hingegen für die Ausscheidenskonstellation<br />

nicht zielführend. Wie bereits ausgeführt, hat der Liquidationsgesellschafter anders als der Ausgeschiedene<br />

zu jeder Zeit die Möglichkeit, sich über den Stand der Vermögensversilberung zu informieren.<br />

Der Ausgeschiedene hingegen muss wissen, welcher Maximalbetrag an noch ausstehenden Forderungen<br />

im Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens zum Gesellschaftsvermögen gehört, um seinen zukünftigen<br />

Anteil daran abschätzen zu können.<br />

267


echnerisch wieder neutralisiert werden. Es ist daher eine Ausgleichsbuchung auf der<br />

Passivseite der Abfindungsbilanz in gleicher Höhe erforderlich: Jede Forderung enthält<br />

neben der Aussicht auf einen Zahlungseingang in Höhe ihres Nennwerts zugleich das<br />

Risiko, bis zur Höhe ihres Nennwerts nicht verwirklicht werden zu können. Ein solches<br />

Einbringungsrisiko kann in der Abfindungsrechnung in Form einer rückstellungsähnlichen<br />

Ausgleichsbuchung passiviert werden, d.h. es wird sowohl die Forderung selbst als<br />

auch das ihr innewohnende Realisierungsrisiko angesetzt 839 . Auf diese Weise heben sich<br />

Aktiv- und Passivseite rechnerisch auf, so dass die noch nicht realisierte Forderung im<br />

Ergebnis nicht an der Verteilung <strong>des</strong> Aktivvermögens teilnimmt. Der numerus clausus<br />

der Rückstellungen für die Handelsbilanz in § 249 HGB 840 steht dem nicht entgegen, da<br />

die handelsrechtlichen Bilanzierungsverbote für die Abfindungsbilanz als Vermögensbilanz<br />

keine Anwendung finden 841 .<br />

3. Passivposten der Abfindungsbilanz<br />

Auf der Passivseite der Abfindungsbilanz erscheinen <strong>nach</strong> dem Vorbild der <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

<strong>nach</strong> Auflösung der Gesellschaft zum Einen die tatsächlich bestehenden<br />

Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber Nichtgesellschaftern, zum Anderen die<br />

<strong>nach</strong> dem Rechtsgedanken <strong>des</strong> § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3, 733 Abs. 1 Satz 2 BGB zu<br />

bildenden Rückstellungen für noch nicht fällige oder streitige Verbindlichkeiten gegenüber<br />

Nichtgesellschaftern.<br />

Sie sind - analog zur Auflösungskonstellation - jeweils mit ihrem Nennwert ohne Abzüge<br />

<strong>nach</strong> dem bilanziellen Vorsichtsprinzip anzusetzen. Drittgläubigerverbindlichkeiten<br />

gegenüber Gesellschaftern sind hingegen - wie schon für die <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong><br />

Auflösung ausführlich dargelegt - ausschließlich auf den Gesellschafterkonten <strong>des</strong> Anspruchsinhabers<br />

zu buchen und mit seinen übrigen Forderungen und Verbindlichkeiten<br />

zu verrechnen. Vom Saldo der so erstellten Abfindungsrechnung (Differenz zwischen<br />

den Vermögenswerten der Gesellschaft und deren Verbindlichkeiten) bzw. vom Betrag<br />

<strong>des</strong> aus der Abfindungsrechnung ersichtlichen Bilanzkapitals sind nun die Salden der<br />

839 Ich konnte trotz intensiver Recherche keinen Nachweis dafür ausfindig machen, dass diese These in<br />

dieser Form bereits in Rechtsprechung oder Literatur vertreten worden ist. Daher gehe ich davon aus,<br />

dass hierfür, soweit ersichtlich, keine zitierfähige Fundstelle existiert.<br />

840 Hierzu ausführlich Baumbach/Hopt/Merkt HGB § 249 Rn. 1 ff.<br />

841 Baumbach/Hopt/Merkt HGB § 252 Rn. 4.<br />

268


einheitlichen Gesellschafterkonten aller in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter<br />

sowie <strong>des</strong> Ausgeschiedenen in Abzug zu bringen. Das verbleibende Restvermögen<br />

ist dem Ausgeschiedenen gemäß seiner Gewinn- bzw. Verlustquote anteilig zuzuschlagen<br />

und mit dem Saldo seines Gesellschafterkontos zu verrechnen. Insoweit ergeben<br />

sich keine Unterschiede zur Vorgehensweise bei Auflösung.<br />

4. Beispiel<br />

<strong>Die</strong> beschriebene Vorgehensweise soll an folgendem Beispielsfall demonstriert werden:<br />

Fall 16:<br />

Im Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens von Gesellschafter A (Gewinn- und Verlustquote<br />

50%) aus der vormals aus A, B und C bestehenden Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts verfügt die Gesellschaft über ein Anlagevermögen von<br />

40.000 (materielles und immaterielles Vermögen) sowie über einen ausstehenden<br />

Forderungsbestand in Höhe von 80.000 (Nennwert der noch nicht<br />

eingezogenen Forderungen). <strong>Die</strong> Verbindlichkeiten betragen im Zeitpunkt<br />

<strong>des</strong> Ausscheidens 30.000, Rückstellungen sind nicht zu bilden. Der Gesellschafterkontensaldo<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen A weist im Ausscheidenszeitpunkt<br />

einen Saldo von 50.000 auf, verrechnet mit den Gesellschafterkontensalden<br />

der übrigen Gesellschafter B und C ergibt sich eine Gesamtsumme<br />

aller Gesellschafterkontensalden von 60.000. Wie hoch ist der Abfindungsanspruch<br />

<strong>des</strong> A, wenn die noch nicht eingezogenen Forderungen in<br />

der Abfindungsberechnung ohne Ausgleichsbuchung aktiviert werden (Varianten<br />

a) bzw. wenn eine Ausgleichsbuchung <strong>nach</strong> der hier vertretenen<br />

Vorgehensweise erfolgt (Variante b)?<br />

a) Variante 1: Aktivierung der noch nicht eingezogenen Forderungen ohne<br />

Ausgleichsbuchung<br />

Aktiviert man die noch nicht eingezogenen Forderungen, so stellt sich die Abfindungsbilanz<br />

wie folgt dar 842 :<br />

842 Der Übersichtlichkeit halber wird das in § 266 HGB vorgegebene Schema für die Gliederung der<br />

Bilanz stark verkürzt dargestellt.<br />

269


AKTIVA<br />

PASSIVA<br />

Anlagevermögen 40.000 Kapital<br />

Verbindlichkeiten<br />

90.000<br />

30.000<br />

Forderungen 80.000<br />

Summe 120.000 Summe 120.000<br />

Bei einer vollständigen Aktivierung der ausstehenden Forderungen ergibt sich ein bilanzielles<br />

Kapital von 90.000. Das bilanzielle Kapital entspricht dem Gesellschaftsvermögen,<br />

das <strong>nach</strong> Abzug aller Verbindlichkeiten gegenüber Dritten ausschließlich zur<br />

Verteilung an die Gesellschafter zu verwenden ist und der Anspruchsberechnung <strong>des</strong><br />

Ausgeschiedenen zu Grunde gelegt wird. Darin enthalten sind Unsicherheiten in Höhe<br />

von 80.000, da unklar ist, ob die ausstehenden Forderungen tatsächlich in Höhe ihres<br />

Nennwertes eingezogen werden können.<br />

Von diesem Kapital sind nun <strong>nach</strong> der beschriebenen Vorgehensweise die Gesellschafterkontensalden<br />

aller Gesellschafter einschließlich <strong>des</strong> A in Abzug zu bringen:<br />

Kapital laut Abfindungsbilanz 90.000<br />

./. Saldo Gesellschafterforderungen A, B, C 60.000<br />

Differenz 30.000<br />

<strong>Die</strong> entstehende Differenz von 30.000 entspricht dem Restvermögen, das <strong>nach</strong> Abzug<br />

aller Verbindlichkeiten im Innen- und Außenverhältnis verbleibt. Daran kann A einen<br />

seiner Gewinnquote entsprechenden Anteil geltend machen (§ 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3<br />

BGB iVm § 734 BGB), der sich mit seinem Gesellschafterkontensaldo zu seinem Abfindungsguthaben<br />

verrechnet:<br />

270


Abfindungsanspruch A:<br />

Anteil A am Restvermögen 50% 15.000<br />

Gesellschafterkontensaldo A 50.000<br />

Summe 65.000<br />

Das Abfindungsguthaben <strong>des</strong> A beträgt da<strong>nach</strong> zum Ausscheidenszeitpunkt 65.000. Da<br />

zum selben Zeitpunkt nur ein Gesellschaftsvermögen von 40.000 in Form von materiellen<br />

oder immateriellen Vermögenswerten vorhanden ist, das kurzfristig zu Geld gemacht<br />

werden könnte, bedeutet dies, dass die in der Gesellschaft verbliebenen B und C<br />

den fehlenden Betrag von 25.000 aus ihrem Privatvermögen vorfinanzieren müssen, um<br />

den Abfindungsanspruch <strong>des</strong> A zu befriedigen. Zwar haben sie die Option, ausstehende<br />

Forderungen in Höhe von 80.000 einzuziehen. Sie tragen zugleich aber auch alleine das<br />

Risiko, sich aus dem Betrag dieser Forderungserlöse vollständig refinanzieren zu können.<br />

b) Variante 2: Passivierung einer rückstellungsähnlichen Ausgleichsbuchung<br />

Bucht man hingegen in die Bilanz <strong>nach</strong> der hier vertretenen Vorgehensweise einen<br />

Ausgleichsposten in Höhe <strong>des</strong> Nennwerts der aktivierten Forderungen ein, so ergibt sich<br />

folgen<strong>des</strong> Abrechnungsbild:<br />

271


AKTIVA<br />

PASSIVA<br />

Anlagevermögen 40.000 Kapital 10.000<br />

Forderungen 80.000 Forderungsausfall 843 80.000<br />

Verbindlichkeiten 30.000<br />

Summe 120.000 Summe 120.000<br />

Neutralisiert man die noch nicht eingezogenen Forderungen durch eine Ausgleichsbuchung<br />

in Höhe <strong>des</strong> Forderungsnennwerts auf der Passivseite der Bilanz, so hebt sich die<br />

Aktivierung der Forderungen rechnerisch wieder auf. Das bilanzielle Kapital, d.h. der<br />

Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>, das der Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs <strong>des</strong><br />

Ausgeschiedenen zugrunde gelegt wird, vermindert sich um den Nennwert der ausstehenden<br />

Forderungen. Damit nimmt der Betrag der noch nicht eingezogenen Forderungen<br />

nicht an der Anspruchsberechnung zugunsten <strong>des</strong> Ausgeschiedenen teil, das Inkassorisiko<br />

in Bezug auf diese Forderungen wird gleichmäßig auf alle Gesellschafter einschließlich<br />

den Ausgeschiedenen verteilt.<br />

Auf der Grundlage dieses verminderten Kapitals von 10.000 berechnet sich der Abfindungsanspruch<br />

<strong>des</strong> A wie folgt:<br />

843 Im Grundsatz ist die Ausgleichsbuchung „Forderungsausfall“ nichts anderes als eine bilanzielle Rückstellung<br />

für den Fall, dass aus den aktivierten Forderungen keinerlei Erlöse mehr erzielt werden können,<br />

d.h. ein Forderungsausfall von 100% eintritt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit soll aber diese<br />

Ausgleichsbuchung im Folgenden nicht als „Rückstellung“ bezeichnet oder mit dem Bilanzposten<br />

„Rückstellungen“ zusammengefasst werden, sondern wird als gesonderter Bilanzposten „Forderungsausfall“<br />

erfasst, um eine Abgrenzung zum Zurückbehalt für noch nicht fällige oder streitige Verbindlichkeiten<br />

im Sinne von § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB iVm § 733 Abs. 1 Satz 2 BGB zu ermöglichen.<br />

272


Kapital laut Abfindungsbilanz 10.000<br />

./. Saldo Gesellschafterforderungen A, B, C 60.000<br />

Differenz -50.000<br />

Das negative Restvermögen (d.h. der Fehlbetrag im Sinne <strong>des</strong> § 739 BGB) von -50.000<br />

ist von A <strong>nach</strong> Maßgabe seiner Verlustquote von 50% zu tragen. Verrechnet mit dem<br />

Gesellschafterkontensaldo <strong>des</strong> A ergibt sich daraus folgender Abfindungsbetrag:<br />

Abfindungsanspruch A:<br />

Anteil A am Restvermögen 50% -25.000<br />

Gesellschafterkontensaldo A 50.000<br />

Summe 25.000<br />

B und C können den (vorläufigen) Abfindungsbetrag <strong>des</strong> A von 25.000 aus dem bestehenden<br />

Anlagevermögen der Gesellschaft von 40.000 finanzieren und sind nicht gezwungen,<br />

diesen aus ihrem Privatvermögen vorzufinanzieren 844 .<br />

Dem A ist die vorläufige Minderung seines Abfindungsanspruchs aufgrund der vorgenommenen<br />

Ausgleichsbuchung auch zuzumuten, da er in Bezug auf das Inkassorisiko<br />

dieser Forderungen nicht anders behandelt wird als zu Zeiten seiner Mitgliedschaft in<br />

der Gesellschaft oder im Falle einer Liquidation der Gesellschaft (§ 738 Abs. 1 Satz 2<br />

Alt. 3 BGB): In diesem Falle hätte er an dem Ergebnis noch nicht eingezogener Forde-<br />

844 Zwar kann es auch <strong>nach</strong> der hier vertretenen Vorgehensweise im Einzelfall je <strong>nach</strong> Sachverhaltskonstellation<br />

dazu kommen, dass der berechnete Abfindungsanspruch das zum Ausscheidensstichtag vorhandene<br />

Gesellschaftsvermögen übersteigt bzw. der zur Befriedigung erforderliche Betrag nur durch<br />

Veräußerung von Teilen <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> liquide gemacht werden kann. Jedoch hat die<br />

Ausklammerung derjenigen Vermögensgegenstände, die zum Ausscheidenszeitpunkt noch nicht tatsächlich<br />

im Gesellschaftsvermögen vorhanden sind, für die in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter<br />

in jedem Fall eine z.T. gewaltige Reduktion der Zahlungslast zum Ausscheidenszeitpunkt zur<br />

Folge. <strong>Die</strong> Problematik der Vorfinanzierung wird dadurch zumin<strong>des</strong>t entschärft.<br />

273


ungen ebenfalls nicht wirtschaftlich partizipieren dürfen. Sobald diese Forderungen<br />

jedoch eingezogen worden sind, ist A selbstverständlich an den daraus generierten Erlösen<br />

wirtschaftlich zu beteiligen. Wie dies bilanziell umzusetzen sein wird, wird noch zu<br />

erläutern sein 845 .<br />

IV.<br />

Veräußerung von Vermögenswerten zur Befriedigung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs?<br />

Im Unterschied zu den noch nicht eingezogenen Forderungen ist der Ist-Bestand <strong>des</strong><br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> bereits im Ausscheidenszeitpunkt tatsächlich vorhanden und<br />

kann notfalls versilbert werden, um den Abfindungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen zu<br />

befriedigen. <strong>Die</strong> verbliebenen Gesellschafter können daher die Vorfinanzierung bzw.<br />

die persönliche Haftung für den Abfindungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen aus ihrem<br />

Privatvermögen <strong>nach</strong> § 128 HGB analog dadurch umgehen, dass sie den Ist-Bestand <strong>des</strong><br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> verwerten. Jedenfalls können sie sich nicht darauf berufen,<br />

dass der zur Befriedigung <strong>des</strong> Ausgeschiedenen erforderliche Betrag zum Ausscheidensstichtag<br />

nicht tatsächlich im Gesellschaftsvermögen vorhanden sei.<br />

Eine Verwertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>, um den auf Grundlage <strong>des</strong> Ist-Bestands<br />

berechneten Betrag <strong>des</strong> Abfindungsguthabens <strong>des</strong> Ausgeschiedenen zu finanzieren, wäre<br />

den verbliebenen Gesellschaftern auch zumutbar: Der Ist-Bestand <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

unterliegt infolge der Anwachsung <strong>des</strong> Anteils <strong>des</strong> Ausgeschiedenen der<br />

alleinigen Verfügungsmacht der in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter, ohne<br />

dass der Ausgeschiedene auf <strong>des</strong>sen Verwendung durch Vetorechte o.ä. Einfluss nehmen<br />

könnte. <strong>Die</strong> verbleibenden Gesellschafter können darüber unter Ausschluss <strong>des</strong><br />

Ausgeschiedenen im Ausscheidenszeitpunkt alleine verfügen und dieses nutzbringend<br />

verwenden und müssen nicht - wie bei noch nicht eingezogenen Forderungen - damit<br />

rechnen, dass die Erträge aus diesem Gesellschaftsvermögen nicht realisiert werden<br />

können. Daher haben sie aber im Gegenzug auch das Risiko der optimalen Nutzung<br />

bzw. optimalen Verwertung dieser Sachwerte alleine zu tragen. Für den Fall, dass die<br />

Gesellschaft nicht über ausreichend liquide Mittel verfügt, um dem Ausgeschiedenen<br />

seinen auf Grundlage <strong>des</strong> Ist-Bestands <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> errechneten Abfin-<br />

845 Siehe dazu sogleich unter § 31 I., S. 279 ff.<br />

274


dungsanspruch auszuzahlen, ist es den verbleibenden Gesellschaftern zuzumuten, das<br />

Gesellschaftsvermögen zum Zweck der Befriedigung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs in Geld<br />

umzusetzen.<br />

V. Be<strong>nach</strong>teiligung <strong>des</strong> Ausgeschiedenen im Hinblick auf die Sicherung seines<br />

Abfindungsanspruchs?<br />

Der hier vertretenen Ansicht, den Abfindungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen stets nur<br />

auf Grundlage <strong>des</strong> zum Ausscheidenszeitpunkt tatsächlich vorhandenen <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

zu berechnen, kann auf den ersten Blick entgegen gehalten werden, dass sie<br />

die ohnehin schwache Rechtsposition <strong>des</strong> Ausgeschiedenen im Hinblick auf die Sicherung<br />

seines Abfindungsanspruchs noch weiter verschlechtert, da sie ihn auch in Bezug<br />

auf die Anteile an Forderungserlösen, die ihm aus <strong>nach</strong> seinem Ausscheiden eingezogenen<br />

Forderungen rechnerisch zustehen, auf die Nachtragsabrechnung und schlimmstenfalls<br />

auf die gerichtliche Geltendmachung seiner Auskunfts- und Einsichtsrechte verweist.<br />

Tatsächlich zeigt sich hier eine gewisse systemisch bedingte Ungleichbehandlung <strong>des</strong><br />

Ausgeschiedenen im Vergleich zum Liquidationsgesellschafter. <strong>Die</strong> Auflösung einer<br />

Gesellschaft hat auf die Mitwirkungs- und Einwirkungsrechte <strong>des</strong> einzelnen Gesellschafters<br />

keinen Einfluss. Da gemäß § 730 Abs. 2 Satz 2, 2. Hs. BGB mit Auflösung<br />

etwaige Einzelvertretungsbefugnisse erlöschen und die Geschäftsführung wieder allen<br />

Geschäftsführern gemeinschaftlich zusteht, kann der einzelne Liquidator auf die Verwendung<br />

der Gesellschaftsmittel Einfluss nehmen und dafür sorgen, dass die ihm zustehenden<br />

Ansprüche ordnungsgemäß erfüllt werden (§ 733 BGB). Im Gegensatz dazu<br />

verliert der Ausgeschiedene im Augenblick seines Ausscheidens seine Gesellschafterstellung<br />

mit allen damit verbundenen Mitwirkungs- und Kontrollrechten. Er kann damit<br />

auf die Verwendung der Gesellschaftsmittel <strong>nach</strong> seinem Ausscheiden keinen aktiven<br />

Einfluss mehr nehmen. Im Gegenzug erhält er einen lediglich schuldrechtlichen Abfindungsanspruch,<br />

den er ggf. erst <strong>nach</strong> langwierigem Prozessieren gegen die verbleibenden<br />

Gesellschafter durchsetzen kann. Er wäre damit eigentlich noch mehr als ein Liquidationsgesellschafter<br />

auf eine Möglichkeit angewiesen, um auch <strong>nach</strong> seinem Ausscheiden<br />

seine ehemaligen Mitgesellschafter zur ordnungsgemäßen Einziehung der Forderungen<br />

der Gesellschaft und zur Auszahlung der ihm daran rechnerisch zustehenden<br />

Beträge anhalten zu können.<br />

275


Um eine Sicherung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs zu gewährleisten, wurde z.T. vertreten,<br />

die Vermögensgemeinschaft zwischen dem Ausgeschiedenen und den verbleibenden<br />

Gesellschaftern erst mit Befriedigung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs enden zu lassen 846 . Bei<br />

der Abwicklung dauere die Vermögensgemeinschaft bis zur Teilung <strong>des</strong> Vermögens<br />

fort, weshalb auch beim Ausscheiden als hierzu analogem Vorgang eine Mitherrschaft<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen bis zur vollständigen Befriedigung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs anzunehmen<br />

sei 847 . <strong>Die</strong>se Ansicht widerspricht dem Gesetzeswortlaut der § 736 BGB, wo<strong>nach</strong><br />

die Mitgliedschaft <strong>des</strong> Ausgeschiedenen in der Gesellschaft mit seinem Ausscheiden<br />

endet, und kann jedenfalls <strong>nach</strong> Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts 848 nicht mehr aufrechterhalten werden, da das gesamte Gesellschaftsvermögen<br />

Eigentum der Gesellschaft selbst ist und daher keine Vermögensgemeinschaft<br />

der Gesellschafter mehr besteht.<br />

Da die Anwachsung <strong>des</strong> Gesellschaftsanteils kraft Gesetzes unabhängig vom Willen <strong>des</strong><br />

Ausgeschiedenen erfolgt, kann er insoweit grundsätzlich auch keine Zurückbehaltungsrechte<br />

<strong>nach</strong> § 273 BGB ins Feld führen. Zwar hat der BGH 849 ein Zurückbehaltungsrecht<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen, der noch gemäß § 47 Abs. 2 GBO in Bezug auf ein im Gesellschaftsvermögen<br />

befindliches Grundstück im Grundbuch eingetragen ist, gegenüber<br />

dem Grundbuchberichtigungsanspruch (§ 894 BGB) der verbleibenden Gesellschafter<br />

zugelassen. <strong>Die</strong>ses Zurückbehaltungsrecht geht jedoch ins Leere, wenn sich keine<br />

Grundstücke im Gesellschaftsvermögen befinden und kann im Übrigen auch nicht darüber<br />

hinwegtäuschen, dass das Grundstück von Anfang an im Eigentum der Gesellschaft<br />

stand und der Ausgeschiedene daher zu keiner Zeit materielle Rechte kraft seiner<br />

Gesellschafterstellung daran innehatte. Weder gibt es bei der Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts eine den §§ 107, 125 Abs. 4 HGB vergleichbare Anmeldungspflicht, noch greift<br />

bei Ausscheiden eines Gesellschafters die Pflicht, einen Berichtigungsantrag <strong>nach</strong> § 82<br />

GBO wegen Rechtsübergangs außerhalb <strong>des</strong> Grundbuchs zu stellen, da die Anwachsung<br />

(§ 738 BGB) die Eigentümerstellung der Gesellschaft unberührt lässt 850 .<br />

846 Schönle DB 1959, 1427, 1427.<br />

847 Schönle DB 1959, 1427, 1427.<br />

848 BGHZ 146, 341 ff. = NJW 2001, 1056 ff.<br />

849 BGH NJW 1990, 1171, 1172.<br />

850 Ulmer/Steffek NJW 2002, 330, 336.<br />

276


Ungeachtet <strong>des</strong>sen, dass eine (dingliche) Sicherung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs <strong>nach</strong> dem<br />

oben Gesagten de lege lata nicht zu begründen ist, erscheint es dennoch gerechtfertigt,<br />

den Ausgeschiedenen <strong>nach</strong> der hier vertretenen Auffassung auf ein Abfindungsguthaben<br />

zu verweisen, das sich zum Ausscheidensstichtag allein auf Grundlage <strong>des</strong> Ist-<br />

Bestan<strong>des</strong> <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> errechnet. Abgesehen davon, dass durch die<br />

Zugrundelegung <strong>des</strong> Ist-Vermögens für den Abfindungsanspruch der gesetzlich geforderte<br />

wirtschaftliche Gleichlauf von <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung und Ausscheiden<br />

bestmöglich umgesetzt werden kann, zeigt § 740 Abs. 2 BGB, dass der Gesetzgeber<br />

bereits für die Abwicklung der schwebenden Geschäfte die Notwendigkeit<br />

einer auch <strong>nach</strong> dem Ausscheiden fortzuführenden Vermögensauseinandersetzung gesehen<br />

und zu Lasten <strong>des</strong> Ausgeschiedenen in Kauf genommen hat. Lässt man § 740<br />

BGB zur Anwendung kommen, so dürfte es für den Ausgeschiedenen eine vertretbare<br />

Erschwerung bedeuten, zusammen mit den ihm zustehenden Erträgen aus schwebenden<br />

Geschäften auch die ihm zustehenden Erträge aus eingezogenen Forderungen <strong>nach</strong><br />

§ 740 Abs. 2 BGB einzufordern.<br />

Weiterhin dürfte es in aller Regel auch den Vermögensinteressen <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

entsprechen, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der fortbestehenden Gesellschaft zu<br />

erhalten, indem das Abfindungsguthaben zum Ausscheidenszeitpunkt auf einer eher<br />

defensiv gehaltenen Bemessungsgrundlage zu berechnen. Wie bereits dargestellt, kann<br />

eine sofort und in voller Höhe fällige Abfindungszahlung <strong>des</strong> Ausgeschiedenen das<br />

(wirtschaftliche) Überleben der Gesellschaft und die finanzielle Leistungsfähigkeit der<br />

für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich haftenden (§ 128 HGB analog)<br />

Gesellschafter in Frage stellen. Auch dem Ausgeschiedenen wird nicht daran gelegen<br />

sein, mit der Einforderung seines Abfindungsanspruchs in voller Höhe die sofortige<br />

Insolvenz der Gesellschaft und einen damit zwangsläufig einhergehenden (teilweisen)<br />

Zahlungsausfall mit seiner Abfindungsforderung zu riskieren. Statt <strong>des</strong>sen dürfte es<br />

auch in seinem Interesse sein, den wirtschaftlichen Fortbestand der Gesellschaft zu erhalten<br />

und sich damit die Möglichkeit offen zu halten, auch in Zukunft auf einen solventen<br />

Schuldner zugreifen zu können.<br />

VI.<br />

Zusammenfassung: <strong>Die</strong> Formel zur Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

Analog dem Verfahren zur Berechnung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens ermittelt<br />

sich der Abfindungsanspruch damit zusammenfassend in folgenden Schritten:<br />

277


§ Ermittlung <strong>des</strong> objektiven Verkehrswertes <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> (§ 738<br />

Abs. 2 BGB) zum Stichtag <strong>des</strong> Ausscheidens, Abzug aller Schulden und Rückstellungen<br />

für Schulden gegenüber Nichtgesellschaftern (§ 738 Abs. 1 Satz 2<br />

Alt. 3 BGB iVm § 733 Abs. 1 BGB); dies ergibt das verteilbare Gesellschaftsvermögen;<br />

§<br />

Erstellung und Saldierung der einheitlichen Gesellschafterkonten aller Gesellschafter<br />

bezogen auf den Ausscheidensstichtag;<br />

§<br />

Subtraktion der Summe aller Gesellschafterkontensalden vom Wert <strong>des</strong> verteilbaren<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong>; dies ergibt das Restvermögen;<br />

§<br />

Verteilung <strong>des</strong> positiven Restvermögens <strong>nach</strong> Gewinn- und <strong>des</strong> negativen Restvermögens<br />

<strong>nach</strong> Verlustquoten auf alle Gesellschafter einschließlich <strong>des</strong> Ausgeschiedenen;<br />

§<br />

Addition <strong>des</strong> quotalen Anteils <strong>des</strong> Ausgeschiedenen am Restvermögen mit dem<br />

Gesellschafterkontensaldo <strong>des</strong> Ausgeschiedenen; dies ergibt das Abfindungsguthaben<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen.<br />

Aus diesen Rechenschritten ergibt sich zusammenfassend folgende Formel:<br />

Der Abfindungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen ist die Summe aus dem Saldo<br />

seines einheitlichen Gesellschafterkontos und dem ihm gemäß seiner<br />

Gewinn- bzw. Verlustbeteiligungsquote zustehenden Anteil an dem <strong>nach</strong><br />

Abzug der Gesellschafterkontensalden aller Gesellschafter verbleibenden<br />

Ist-Bestand <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> (Restvermögen).<br />

Der Ist-Bestand <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> ist das zu einem gegebenen<br />

Zeitpunkt tatsächlich vorhandene Gesellschaftsvermögen unter Außerachtlassung<br />

der noch nicht realisierten Forderungen und der zukünftigen Erträge<br />

aus schwebenden Geschäften, abzüglich der tatsächlich oder potentiell bestehenden<br />

Verbindlichkeiten gegenüber Nichtgesellschaftern.<br />

278


In Zahlenform ausgedrückt berechnet sich der Abfindungsanspruch eines Gesellschafters<br />

A wie folgt:<br />

Abfindungsanspruch = Δ Konto A + (Ist-Vermögen abzgl. Δ Konto A abzgl.<br />

Δ Konto aller übrigen Gesellschafter) x Quote A.<br />

12. Kapitel Fortführung der Abschichtung <strong>nach</strong> dem Ausscheidensstichtag<br />

§ 31 <strong>Die</strong> Abrechnung über <strong>nach</strong> dem Ausscheidensstichtag erzielte Einnahmen<br />

I. Aktualisierung der Abfindungsbilanz: Nachtragsbilanz<br />

Zwar ist die Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsguthabens grundsätzlich bezogen auf den<br />

Stichtag <strong>des</strong> Ausscheidens vorzunehmen. Da <strong>nach</strong> der hier vertretenen Auffassung jedoch<br />

das Gesellschaftsvermögen, das dem Ausgeschiedenen rechnerisch zugeteilt wird,<br />

stets auf der Basis <strong>des</strong> Ist-Wertes, d.h. ohne Berücksichtigung der noch nicht eingezogenen<br />

Forderungswerte, zu berechnen ist, muss <strong>nach</strong> dem Ausscheidensstichtag die Abschichtung<br />

insoweit fortgeführt werden, als der Ausgeschiedene an den <strong>nach</strong> seinem<br />

Ausscheiden eingezogenen Forderungen wirtschaftlich partizipieren muss. Daneben<br />

sind auch Veränderungen im Stand der Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu berücksichtigen:<br />

Wurden im Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens noch Rückstellungen für einzelne<br />

Verbindlichkeiten gebildet, weil das Bestehen dieser Verbindlichkeiten unklar erschien,<br />

so muss der entsprechende Posten umgebucht werden, sobald sich die zuvor bestehende<br />

Unklarheit in Sicherheit verwandelt. Wie dies erfolgen kann, soll <strong>nach</strong>folgend dargestellt<br />

werden.<br />

Berechnet man den Abfindungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen <strong>nach</strong> der hier vertretenen<br />

Vorgehensweise auf Grundlage <strong>des</strong> zum Zeitpunkt seines Ausscheidens bestehenden<br />

Ist-Stand <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> unter Ausklammerung der noch nicht eingezogenen<br />

Forderungen, so ist der Ausgeschiedene <strong>nach</strong> seinem Ausscheiden am wirtschaftlichen<br />

Ergebnis der Einziehung dieser Forderungen zu beteiligen: Zusätzlich zu dem Betrag,<br />

der ihm bereits zum Stichtag seines Ausscheidens auf Grundlage <strong>des</strong> Ist-<br />

Vermögens der Gesellschaft rechnerisch zusteht, hat der Ausgeschiedene Anspruch auf<br />

279


Auszahlung eines seiner Gewinnquote entsprechenden Anteils an den <strong>nach</strong> seinem Ausscheiden<br />

realisierten Erlösen aus Forderungen der Gesellschaft, die zum Gesellschaftsvermögen<br />

gehören und deren Rechtsgrund noch vor dem Stichtag seines Ausscheidens<br />

gelegt worden ist.<br />

<strong>Die</strong> Abfindungsrechnung ist insoweit mit jedem Zahlungseingang in das Gesellschaftsvermögen,<br />

der <strong>nach</strong> dem Stichtag <strong>des</strong> Ausscheidens erfolgt, entsprechend zu aktualisieren<br />

und der Anspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen auf Grundlage <strong>des</strong> neuen Vermögensstan<strong>des</strong><br />

der Gesellschaft neu zu berechnen.<br />

Kann <strong>nach</strong> dem Ausscheidensstichtag eine Forderung (teilweise) eingezogen werden, so<br />

findet in Höhe der erzielten Einnahme ein Aktiventausch in der Bilanz statt; der Posten<br />

„Forderung“ wandelt sich um in einen Posten „Kasse“ oder „Bankguthaben“ in gleicher<br />

Höhe. Im Umfang der erzielten Einnahme ist auch die korrespondierende Ausgleichsbuchung<br />

aus der Bilanz auszubuchen. Ist gesichert, dass keine weitere Zahlung auf den<br />

Forderungsbestand mehr erfolgen wird, z.B. weil diese sich wegen Zahlungsunfähigkeit<br />

<strong>des</strong> Schuldners als teilweise uneinbringlich erwiesen hat, so sind im Umfang <strong>des</strong> Ausfalls<br />

sowohl der Forderungsrestbetrag auf der Aktivseite der Bilanz als auch die korrespondierende<br />

Ausgleichsbuchung auf der Passivseite auszubuchen. <strong>Die</strong>s stellt keinen<br />

bilanziellen Verlust dar, weil der Aktivposten „Forderung“ das bewertungsfähige und<br />

letztlich an den Ausgeschiedenen anteilig ausschüttungsfähige Gesellschaftsvermögen<br />

durch die rückstellungsähnliche Ausgleichsbuchung „Forderungsausfall“ qua Saldo von<br />

vornherein gemindert hat. Im Augenblick <strong>des</strong> Eingangs <strong>des</strong> Forderungserlöses auf den<br />

Gesellschaftskonten entsteht jeweils ein fälliger Auszahlungsanspruch in Höhe <strong>des</strong><br />

rechnerisch zu ermittelnden Anteils <strong>des</strong> Ausgeschiedenen.<br />

Gleiches gilt in Bezug auf aufgelöste Rückstellungen. Sind in der Abfindungsbilanz im<br />

Ausscheidenszeitpunkt Rückstellungen gebildet worden, weil zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung<br />

streitig war, ob Verbindlichkeiten in dieser Höhe bestehen oder diese Verbindlichkeiten<br />

noch nicht fällig waren, so sind die Rückstellungen aufzulösen, sobald<br />

sich herausstellt, dass die Rückstellungen zu Recht oder zu Unrecht angesetzt worden<br />

sind. Wird eine vormals streitige oder nicht fällige Verbindlichkeit fällig, unstreitig oder<br />

wird ihr Bestehen rechtskräftig festgestellt, so muss der entsprechende Betrag dem Posten<br />

„Verbindlichkeiten“ zugeschlagen werden. Insoweit findet ein bilanzieller Passiventausch<br />

„Rückstellungen an Verbindlichkeiten“ statt. Stellt sich <strong>nach</strong> dem Ausscheidensstichtag<br />

hingegen heraus, dass die Verbindlichkeit, für die eine Rückstellung gebildet<br />

wurde, in Wirklichkeit überhaupt nicht oder nicht in dieser Höhe besteht, so ist die<br />

Rückstellung in der entsprechenden Höhe ersatzlos auszubuchen. <strong>Die</strong>se Ausbuchung<br />

280


führt, da ein bilanzieller Abzugsposten auf der Passivseite ersatzlos wegfällt, zu einem<br />

bilanziellen Gewinn im entsprechenden Umfang, d.h. einer Erhöhung <strong>des</strong> bilanziellen<br />

Kapitals, an der der Ausgeschiedene rechnerisch <strong>nach</strong> Maßgabe seines Gewinnanteils<br />

zu beteiligen ist.<br />

Beispiel:<br />

Fall 17:<br />

Im Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens von Gesellschafter A verfügt die Gesellschaft<br />

über ein Anlagevermögen von 70.000 (materielles und immaterielles<br />

Vermögen) sowie über Forderungen im Nennwert von 60.000. <strong>Die</strong> Verbindlichkeiten<br />

der Gesellschaft betragen im Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens 50.000,<br />

die Rückstellungen für streitige Verbindlichkeiten 40.000. Nach dem Ausscheiden<br />

<strong>des</strong> A können die ausstehenden Forderungen in Höhe von 30.000<br />

eingezogen werden, in Höhe <strong>des</strong> Restbetrags erleidet die Gesellschaft wegen<br />

Insolvenz <strong>des</strong> Schuldners einen Zahlungsausfall. Später stellt sich durch<br />

rechtskräftiges Urteil heraus, dass von den insgesamt gebildeten Rückstellungen<br />

für streitige Verbindlichkeiten nur Verbindlichkeiten in Höhe von<br />

20.000 tatsächlich bestehen, während die Ansprüche der Gläubiger im Übrigen<br />

erfolgreich abgewehrt werden konnten.<br />

Nach der hier vorgeschlagenen Vorgehensweise, <strong>nach</strong> der der Abfindungsanspruch zum<br />

Ausscheidensstichtag lediglich auf Grundlage <strong>des</strong> Ist-Bestands <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

zu berechnen ist, stellt sich die Abfindungsbilanz im Ausscheidenszeitpunkt wie<br />

folgt dar:<br />

281


AKTIVA<br />

PASSIVA<br />

Anlagevermögen 70.000 Kapital -20.000<br />

Rückstellungen 40.000<br />

Verbindlichkeiten 50.000<br />

Forderungen 60.000 Forderungsausfall 60.000<br />

Summe 130.000 Summe 130.000<br />

<strong>Die</strong> aktualisierte Bilanz (Nachtragsbilanz) sieht im Zeitpunkt <strong>des</strong> Forderungseingangs<br />

sowie <strong>des</strong> Zeitpunkts der Auflösung der Rückstellungen damit wie folgt aus 851 :<br />

851 Ausführlich geschrieben:<br />

AKTIVA<br />

PASSIVA<br />

Anlagevermögen 70.000 Kapital 30.000<br />

Rückstellungen 40.000<br />

Forderungen 60.000 Verbindlichkeiten 70.000<br />

Kasse (Erlöse aus Forderungen) 30.000 Forderungsausfall 60.000<br />

Summe 100.000 Summe 100.000<br />

<strong>Die</strong> Forderungen im Nennwert von 60.000 konnten laut Sachverhalt nur im Umfang von 30.000 eingezogen<br />

werden, im Übrigen war von einem Zahlungsausfall auszugehen. Wäre mit einer späteren Realisierung<br />

der verbleibenden Forderungen von 30.000 zu rechnen gewesen, mit denen die Gesellschaft laut<br />

Sachverhalt ausfällt, so hätten sowohl der Posten „Forderungen“ als auch die korrespondierende Ausgleichsbuchung<br />

„Forderungsausfall“ in dieser Höhe weiter bestehen bleiben müssen. <strong>Die</strong> Bilanz hätte in<br />

diesem Fall wie folgt ausgesehen:<br />

AKTIVA<br />

PASSIVA<br />

Anlagevermögen 70.000 Kapital 30.000<br />

Rückstellungen 40.000<br />

Forderungen 30.000 Verbindlichkeiten 70.000<br />

Kasse (Erlöse aus Forderungen) 30.000 Forderungsausfall 30.000<br />

Summe 130.000 Summe 130.000<br />

282


AKTIVA<br />

PASSIVA<br />

Anlagevermögen 70.000 Kapital 30.000<br />

Bankguthaben 30.000 Verbindlichkeiten 70.000<br />

Summe 100.000 Summe 100.000<br />

Der Ausgeschiedene kann am Schluss je<strong>des</strong> Geschäftsjahres <strong>nach</strong> § 740 Abs. 2 BGB<br />

Rechenschaft über die inzwischen beendeten Geschäfte und den Stand der noch schwebenden<br />

Geschäfte verlangen. Dasselbe Recht muss ihm auch für sonstige Forderungen<br />

zustehen, die nicht aus schwebenden Geschäften herrühren: Der Ausgeschiedene kann<br />

von den verbleibenden Gesellschaftern stets Auskunft über den Stand der Forderungseinziehung<br />

und Rückstellungsauflösung verlangen und in periodischen Abständen seinen<br />

rechnerischen Anteil daran einklagen.<br />

II.<br />

Positives Abfindungsguthaben im Ausscheidenszeitpunkt als Min<strong>des</strong>tbetrag<br />

Errechnet sich anhand <strong>des</strong> beschriebenen Verfahrens bereits im Ausscheidenszeitpunkt<br />

ein positiver Abfindungsbetrag zugunsten <strong>des</strong> Ausgeschiedenen auf Grundlage <strong>des</strong> Ist-<br />

Bestan<strong>des</strong> <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>, so ist klar, dass der Ausgeschiedene sich diesen<br />

Betrag auszahlen lassen und diesen auch in jedem Fall ungeachtet <strong>des</strong> weiteren Fortgangs<br />

<strong>des</strong> Forderungseinzugs <strong>nach</strong> seinem Ausscheiden behalten kann. Durch die Herausrechnung<br />

der noch nicht eingezogenen Forderungen aus dem zur Verteilung herangezogenen<br />

Gesellschaftsvermögen werden alle mit dem Forderungseinzug in Zusammenhang<br />

stehenden Unsicherheiten von vornherein ausgeklammert. Analog der Vorgehensweise<br />

bei Auflösung der Gesellschaft ist damit der Betrag <strong>des</strong> Abfindungsguthabens<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen im Ausscheidenszeitpunkt lediglich vorläufig und verändert<br />

sich mit jedem weiteren Forderungseinzug bzw. jeder weiteren Ausbuchung von Rückstellungen<br />

<strong>nach</strong> dem Ausscheidenszeitpunkt.<br />

<strong>Die</strong> Einbuchung eines hundertprozentigen Forderungsausfalls hat zur Folge, dass sich<br />

das Abfindungsguthaben <strong>des</strong> Ausgeschiedenen ungeachtet der <strong>nach</strong> Ausscheiden eintretenden<br />

Ereignisse nur erhöhen, schlimmstenfalls gleich bleiben, aber nicht verringern<br />

kann: Vielmehr ist der Abfindungsanspruch bereits zum Ausscheidensstichtag auf der<br />

Basis <strong>des</strong> geringstmöglichen Stands <strong>des</strong> Ist-Vermögens unter Ausklammerung aller Unsicherheiten<br />

berechnet worden. Der Ausgeschiedene kann daher den bei Ausscheiden<br />

errechneten Betrag auch dann in jedem Fall als sein Abfindungsguthaben behalten,<br />

283


wenn aus den zum Ausscheidenszeitpunkt noch nicht eingezogenen Forderungen keinerlei<br />

weitere Einnahmen mehr erzielt werden sollten.<br />

§ 32 <strong>Die</strong> Abrechnung über die Erträge aus schwebenden Geschäften<br />

I. <strong>Die</strong> gesetzliche Systematik der §§ 738, 740 BGB<br />

Nach der Systematik der §§ 738 Abs. 1 Satz 2, 740 BGB kann der Ausgeschiedene zusätzlich<br />

zu seinem Abfindungsanspruch einen Anspruch auf rechnerische Beteiligung an<br />

den Erlösen aus schwebenden Geschäften geltend machen (§ 740 BGB). Gemäß § 740<br />

BGB nimmt der ausgeschiedene Gesellschafter am Gewinn bzw. Verlust teil, der sich<br />

aus den zum Zeitpunkt seines Ausscheidens schwebenden Geschäften ergibt. <strong>Die</strong> übrigen<br />

Gesellschafter sind berechtigt, diese Geschäfte so zu beenden, wie es ihnen am vorteilhaftesten<br />

erscheint (§ 740 Abs. 1 Satz 2 BGB), d.h. sie sind berechtigt und verpflichtet,<br />

über die Geschäftsabwicklung mit eigenüblicher Sorgfalt (§ 708 BGB) gemäß ihren<br />

eigenen Interessen, aber unter Wahrung der <strong>nach</strong>wirkenden Treuepflicht gegenüber dem<br />

Ausgeschiedenen zu entscheiden 852 . Der Ausgeschiedene hat auf die Art der Abwicklung<br />

der schwebenden Geschäfte keinen Einfluss und wird auch aus der Abwicklung<br />

dieser Geschäfte gegenüber Dritten weder berechtigt noch verpflichtet 853 .<br />

Sinn und Zweck <strong>des</strong> § 740 BGB ist es, die Ergebnisverteilung auch auf solche Gewinne<br />

und Verluste aus der Verfolgung <strong>des</strong> gemeinsamen Gesellschaftszwecks zu erstrecken,<br />

die sich erst <strong>nach</strong> dem Ausscheidensstichtag realisieren 854 , aber dennoch gemeinsame<br />

Angelegenheiten aller Gesellschafter einschließlich <strong>des</strong> Ausgeschiedenen sind 855 . Das<br />

Gesetz betrachtet die Erträge aus schwebenden Geschäften nicht als Teil <strong>des</strong> Unternehmenswertes<br />

im Sinne <strong>des</strong> § 738 Abs. 2 BGB und will sie daher sowohl aus dem für die<br />

Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs geltenden Stichtagsprinzip als auch aus dem<br />

Prinzip der Gesamtabrechnung über alle Ansprüche <strong>des</strong> Ausgeschiedenen herausneh-<br />

852 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 131 Rn. 122.<br />

853 Schönle DB 1959, 1427, 1431.<br />

854 K. Schmidt DB 1983, 2401, 2404.<br />

855 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 2. e), S. 1478.<br />

284


men 856 . Der Anspruch auf Beteiligung an den schwebenden Geschäften ist damit in Bestand<br />

und Geltendmachung unabhängig von den sonstigen, im Zuge <strong>des</strong> Ausscheidens<br />

begründeten Ansprüchen <strong>des</strong> Ausgeschiedenen 857 . <strong>Die</strong> gesonderte Abrechnung der<br />

schwebenden Geschäfte kommt damit einer partiellen Fortsetzung der Gesellschaft mit<br />

dem Ausgeschiedenen in vermögensrechtlicher Hinsicht gleich 858 .<br />

II.<br />

Der Begriff der schwebenden Geschäfte<br />

Ein schweben<strong>des</strong> Geschäft ist <strong>nach</strong> herrschender Meinung ein die Gesellschaft binden<strong>des</strong>,<br />

aber von beiden Vertragspartnern bis zum Ausscheidensstichtag noch nicht voll<br />

erfülltes Geschäft 859 , das dem Gesellschaftsverhältnis entspringt, aber <strong>nach</strong> der Systematik<br />

der §§ 738, 740 BGB nicht in die Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs miteinbezogen<br />

werden soll 860 . Hierzu gehören nur rechtsgeschäftliche Handlungen, die Teil unternehmensbezogener<br />

Umsatzgeschäfte sind, d.h. unmittelbar auf Erwerb gerichtet<br />

sind 861 ; Hilfsgeschäfte wie der Erwerb oder die Veräußerung von Gegenständen <strong>des</strong><br />

Anlagevermögens sind daher keine schwebenden Geschäfte im Sinne <strong>des</strong> § 740 BGB 862 .<br />

<strong>Die</strong> Gesellschaft muss zur Ausführung <strong>des</strong> Geschäfts bereits berechtigt bzw. verpflichtet<br />

sein 863 , z.B. aufgrund eines bindenden Vorvertrags. Es sind also nur solche Geschäfte<br />

als schwebend anzusehen, die ihrer Art <strong>nach</strong> bereits zum Abfindungsstichtag Zug um<br />

Zug hätten abgewickelt werden können, tatsächlich aber noch von keiner Partei erfüllt<br />

worden sind 864 .<br />

Mitgliedschaftliche Rechtsverhältnisse und sonstige Dauerschuldverhältnisse fallen<br />

<strong>nach</strong> dem Willen <strong>des</strong> Gesetzgebers nicht unter § 740 BGB 865 : Der Ausgeschiedene soll<br />

856 Vgl. nur BGH NJW 1993, 1194, 1194 f.<br />

857 Roolf/Vahl DB 1983, 1964, 1965.<br />

858 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 73.<br />

859 Statt vieler vgl. nur BGH NJW-RR 1986, 454, 455; Staudinger/Habermeier BGB (2003) § 740 Rn. 1.<br />

860 K. Schmidt DB 1983, 2401, 2404.<br />

861 K. Schmidt DB 1983, 2401, 2404.<br />

862 MünchKomm BGB/Schäfer § 740 Rn. 4.<br />

863 Bamberger/Roth/Schöne BGB § 740 Rn. 4.<br />

864 OLG Naumburg OLGE 28, 367, 368; Roolf/Vahl DB 1983, 1964 ff. Zur Umsetzung bei Rechtsanwaltssozietäten<br />

Freund ZIP 2009, 941, 942 f.<br />

865 K. Schmidt DB 1983, 2401, 2405.<br />

285


nicht weiterhin am allgemeinen Erfolg oder Misserfolg der Gesellschaft beteiligt bleiben<br />

und als Außenstehender ohne Mitwirkungsrechte der Willkür der verbleibenden<br />

Gesellschafter ausgeliefert sein 866 . Statt <strong>des</strong>sen finden solche Geschäfte mit dem Wert,<br />

den sie zum Stichtag <strong>des</strong> Ausscheidens haben, Eingang in den Abfindungsanspruch <strong>des</strong><br />

Gesellschafters 867 . Von den schwebenden Geschäften zu unterscheiden sind solche Erwerbsgeschäfte,<br />

die im Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens bereits von einer Vertragspartei<br />

einseitig erfüllt worden sind: <strong>Die</strong> hieraus generierten Erträge können als Teil <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

in der Abfindungsbilanz berücksichtigt werden, so dass eine Sonderabrechnung<br />

<strong>nach</strong> § 740 BGB nicht mehr erforderlich ist 868 . Ebenfalls nicht <strong>nach</strong><br />

§ 740 BGB zu berücksichtigen sind ungewisse oder aus zum Ausscheidensstichtag lediglich<br />

geplanten Geschäften herrührende Erträge 869 , also Gewinnerwartungen aus unternehmerischen<br />

Aktivitäten, die noch nicht in konkrete Vertragsverhältnisse gemündet<br />

sind.<br />

III.<br />

Anwendbarkeit <strong>des</strong> § 740 BGB?<br />

Fraglich erscheint, ob § 740 BGB angesichts der heute üblichen Praxis der Unternehmensbewertung<br />

mit Hilfe betriebswirtschaftlicher Methoden überhaupt noch anwendbar<br />

ist. <strong>Die</strong> vollständige wirtschaftliche Kompensation <strong>des</strong> Ausgeschiedenen für den Verlust<br />

seines Gesellschaftsanteils beinhaltet, dass ihm der Wert seiner wirtschaftlichen<br />

Beteiligung am Gesellschaftsvermögen in Geld vergütet wird. Ermittelt man den Wert<br />

<strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> auf Basis der Ertragswertmethode, so sollen die schwebenden<br />

Geschäfte <strong>nach</strong> herrschender Meinung als Teil <strong>des</strong> Unternehmenswertes mitberücksichtigt<br />

und abgegolten werden 870 : Da die Erträge aus schwebenden Geschäften in die<br />

Ermittlung <strong>des</strong> künftigen Ertrags als Grundlage der Abfindung eingehen, soll für ihre<br />

866 So schon die Motive zum Entwurf eines Handelsgesetzbuches für die Preußischen Staaten von 1857,<br />

S. 69 f.<br />

867 Im Urteil BGH NJW-RR 1986, 454 ff. ging es um Verträge, die die Gesellschaft berechtigten, über<br />

viele Jahre ihren Bedarf an Sand aus bestimmten Sandvorkommen zu decken. Der BGH entschied,<br />

Geschäfte dieser Art seien keine schwebenden Geschäfte im Sinne <strong>des</strong> § 740 BGB und <strong>des</strong>halb mit<br />

dem Wert, den sie am Bilanzstichtag hatten, im Rahmen <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs zu berücksichtigen<br />

(NJW-RR 1986, 454, 455).<br />

868 MünchKomm BGB/Schäfer § 740 Rn. 4.<br />

869 K. Schmidt DB 1983, 2401, 2404.<br />

870 Budde/Förschle/Winkeljohann, Sonderbilanzen, S. 604; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 2. e),<br />

S. 1478.<br />

286


erneute Berücksichtigung <strong>nach</strong> jeweiliger Beendigung kein Raum mehr bleiben 871 . Im<br />

Ergebnis sieht die herrschende Meinung § 740 BGB bei Anwendung der Ertragswertmethode<br />

als obsolet an 872 und zwar ungeachtet <strong>des</strong>sen, ob die Vorschrift ausdrücklich<br />

oder konkludent im Gesellschaftsvertrag abbedungen worden ist 873 .<br />

Richtig ist, dass eine Doppelberücksichtigung <strong>des</strong> Ergebnisses schwebender Geschäfte<br />

zugunsten <strong>des</strong> Ausgeschiedenen keinesfalls in Betracht kommt 874 . In Bezug auf die<br />

Nichtanwendbarkeit <strong>des</strong> § 740 BGB im Anwendungsbereich der Ertragswertmethode<br />

kann der herrschenden Meinung jedoch nicht zugestimmt werden. Es wurde bereits ausführlich<br />

erläutert, dass <strong>nach</strong> dem Gesetzeswortlaut <strong>des</strong> § 738 Abs. 2 BGB eine Schätzung<br />

<strong>des</strong> Wertes <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> nur möglich ist, soweit dies erforderlich<br />

ist. § 738 Abs. 2 BGB verpflichtet daher die Gesellschaft, den Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

so weit wie möglich auf der Grundlage von objektiv <strong>nach</strong>prüfbaren, ggf. im<br />

Nachhinein zu berichtigenden, Tatsachen zu ermitteln und erlaubt nur insoweit eine<br />

Schätzung, als eine tatsächliche Wertbemessung nicht möglich ist. § 740 BGB dient<br />

jedoch gerade der Abrechnung von tatsächlich erzielten, wenn auch erst <strong>nach</strong> dem Ausscheidenszeitpunkt<br />

eingezogenen Ergebnissen aus Rechtsgeschäften, die im Ausscheidenszeitpunkt<br />

zwar noch nicht beiderseits abgewickelt worden sind, jedoch ihrer Art<br />

<strong>nach</strong> bereits zum Ausscheidenszeitpunkt hätten abgewickelt werden können. In diesem<br />

Umfang lässt das Gesetz den Ausgeschiedenen an den tatsächlich erzielten Erträgen aus<br />

schwebenden Geschäften teilhaben 875 .<br />

Gegen die Abgeltung der tatsächlich erzielbaren Erträge aus schwebenden Geschäften<br />

durch den Ansatz eines Unternehmenswertes oder immateriellen Geschäftswertes bei<br />

Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs kann <strong>des</strong> Weiteren eingewendet werden, dass die<br />

Erträge aus schwebenden Geschäften und die Ermittlung <strong>des</strong> immateriellen Geschäftswerts<br />

eines Unternehmens zwei verschiedene Dinge sind, die eine unterschiedliche Zielrichtung<br />

haben. <strong>Die</strong> Abrechnung über schwebende Geschäfte <strong>nach</strong> § 740 BGB ist ein<br />

871 MünchKomm BGB/Schäfer § 740 Rn. 3.<br />

872 Vgl. statt vieler MünchKomm BGB/Schäfer § 740 Rn. 3.<br />

873 Erman/Westermann BGB § 740 Rn. 1. Für Nichtanwendung kraft teleologischer Reduktion OLG<br />

Hamm NZG 2005, 175, 176; MünchKomm BGB/Schäfer § 740 Rn. 3; Schulze-Osterloh ZGR 1986,<br />

545, 559 f. Speziell aus Sicht der Freiberuflersozietäten Westermann AnwBl 2007, 103, 106.<br />

874 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 75 Rn. 54; MünchKomm HGB/K. Schmidt § 131 Rn. 115.<br />

875 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 1. e), S. 1479; Zunft NJW 1959, 1945, 1948; Graf von Westphalen<br />

BB 1982, 1894, 1896.<br />

287


auf die Vergangenheit, d.h. auf die Zeit vor dem Ausscheiden bezogener, gleichsam<br />

retrospektiver Vorgang, der der ordnungsgemäßen Verteilung von im Ausscheidenszeitpunkt<br />

schuldrechtlich bereits geschaffenen Vermögenswerten der Gesellschaft dient,<br />

die lediglich bislang noch nicht dinglich erfüllt worden sind.<br />

<strong>Die</strong> Ermittlung <strong>des</strong> immateriellen Geschäfts- oder Unternehmenswertes der Gesellschaft<br />

hat demgegenüber eine völlig andere Zielrichtung, da sie stets auch eine prospektiv, d.h.<br />

auch für die Zeit <strong>nach</strong> dem Ausscheiden vorzunehmende Einschätzung verlangt, inwieweit<br />

die Gesellschaft auch in Zukunft in der Lage sein wird, <strong>nach</strong>haltig wirtschaftlich<br />

tätig zu sein und dabei neue Rechtsgeschäfte abzuschließen und neue Kunden zu akquirieren,<br />

um so neue, bislang noch nicht vorhandene Vermögenswerte, Ansprüche und<br />

Rechte zu schaffen. Daher muss die Abrechnung <strong>nach</strong> § 740 BGB auch dann möglich<br />

bleiben, wenn ein immaterieller Geschäftswert im Rahmen <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

angesetzt werden soll.<br />

Bei der Anwendbarkeit <strong>des</strong> § 740 BGB hat es jedenfalls dann zu bewenden, wenn die<br />

Gesellschafter keine vom Gesetzeswortlaut abweichende Regelung zur Abgeltung<br />

schwebender Geschäfte getroffen haben und daher das gesetzliche Verfahren Anwendung<br />

findet. Es bleibt den Gesellschaftern jederzeit unbenommen, eine andere Vereinbarung<br />

über die Behandlung schwebender Geschäfte zu treffen, die Beteiligung an ihren<br />

Erträgen ganz auszuschließen 876 oder sie pauschal abzugelten 877 . Kommt jedoch keine<br />

abweichende Vereinbarung zustande, so muss es bei der Anwendbarkeit <strong>des</strong> § 740 BGB<br />

bleiben: Bloße Praktikabilitätserwägungen alleine rechtfertigen nicht die Nichtachtung<br />

<strong>des</strong> Gesetzeswortlauts 878 , § 740 BGB ist trotz aller Schwierigkeiten bei der Abrechnung<br />

über schwebende Geschäfte <strong>nach</strong> wie vor gelten<strong>des</strong> Recht 879 .<br />

876 Hierzu aber kritisch K. Schmidt DB 1983, 2401, 2404.<br />

877 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 1. e), S. 1480.<br />

878 So aber MünchKomm BGB/Schäfer § 740 Rn. 3 a.E.<br />

879 So wohl auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV. 1. e), S. 1480; MünchKomm HGB/K. Schmidt<br />

§ 131 Rn. 115.<br />

288


IV.<br />

<strong>Die</strong> Behandlung schwebender Geschäfte im Rahmen der Abschichtung<br />

In Rechtsprechung und Literatur ist, in Anknüpfung an die Problematik, ob § 740 BGB<br />

neben der Anwendung der Ertragswertmethode gesonderte Berücksichtigung findet,<br />

umstritten, ob schwebende Geschäfte Gegenstand der Abschichtungsbilanz sein sollen<br />

oder nicht. Hierzu wird vertreten, dass schwebende Geschäfte, soweit sich <strong>nach</strong> den<br />

Verhältnissen zum Ausscheidensstichtag Leistung und Gegenleistung ausgleichen, in<br />

der Abschichtungsbilanz unberücksichtigt bleiben müssen 880 . Drohe aus der Abwicklung<br />

schwebender Geschäfte ein Verlust, so sei dieser <strong>nach</strong> den Grundsätzen ordnungsgemäßer<br />

Bilanzierung in der Abschichtungsbilanz als Rückstellung zu passivieren 881 . Sei jedoch<br />

<strong>nach</strong> den Verhältnissen <strong>des</strong> Stichtags mit einem Gewinn zu rechnen, so müsse<br />

dieser aufgrund der Pflicht zur vollständigen Erfassung aller Vermögenswerte in die<br />

Abschichtungsbilanz als Aktivposten einsetzt werden 882 . Nicht zu berücksichtigen seien<br />

jedenfalls Geschäfte, die bis zum Stichtag <strong>des</strong> Ausscheidens <strong>des</strong> Gesellschafters noch<br />

nicht vollständig abgewickelt worden sind, wobei die Meinungen auseinandergehen, ob<br />

vollständige Abwicklung die schuldrechtliche (Teil)Erfüllung im Sinne <strong>des</strong> § 362 BGB<br />

meint 883 oder einen wie auch immer gearteten rechtskräftigen Abschluss 884 .<br />

Richtigerweise muss über schwebende Geschäfte außerhalb <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs 885<br />

in einer gesonderten Erfassung und Abrechnung jeweils zum Ende <strong>des</strong> Geschäftsjahres<br />

auf Basis ihres tatsächlichen Ergebnisses abgerechnet werden 886 . Schwebende Geschäfte<br />

sind nicht Bestandteil <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs, das potentielle Ergebnis schwebender<br />

Geschäfte darf daher weder in eine Abfindungsbilanz 887 noch in eine diese ersetzende<br />

Unternehmensbewertung Eingang finden; beide dienen allein der Berechnung <strong>des</strong> vom<br />

Anspruch aus § 740 BGB zu unterscheidenden Abfindungsanspruchs 888 . Das Gleiche<br />

gilt für Rückstellungen wegen voraussichtlicher Verluste aus schwebenden Geschäften<br />

880 Roolf/Vahl DB 1983, 1964, 1966.<br />

881 Döllerer BB 1974, 1541, 1548; Roolf/Vahl DB 1983, 1964, 1966.<br />

882 Roolf/Vahl DB 1983, 1964, 1966.<br />

883 So Döllerer BB 1974, 1541, 1543 ff.<br />

884 Roolf/Vahl DB 1983, 1964, 1966.<br />

885 K. Schmidt DB 1983, 2401, 2401.<br />

886 K. Schmidt DB 1983, 2401, 2401; Budde/Förschle/Winkeljohann, Sonderbilanzen, S. 606.<br />

887 Budde/Förschle/Winkeljohann, Sonderbilanzen, S. 605; Zunft NJW 1959, 1945, 1948.<br />

888 BGH NJW 1959, 1963, 1963; Graf von Westphalen BB 1962, 1894, 1896; Zunft NJW 1959, 1945,<br />

1948.<br />

289


sowie für Zahlungen <strong>nach</strong> dem Ausscheidensstichtag, die im Zusammenhang mit<br />

schwebenden Geschäften stehen 889 . Für die Abgrenzung der Schätzung <strong>nach</strong> § 738<br />

Abs. 2 BGB mit Hilfe der Ertragswertmethode zur tatsächlichen Abrechnung <strong>nach</strong><br />

§ 740 BGB bedeutet dies, dass die Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> mit Hilfe der<br />

Ertragswertmethode die tatsächlich erzielten oder potentiell erzielbaren Erträge aus im<br />

Ausscheidenszeitpunkt schwebenden Geschäften nicht mit einschließen darf.<br />

Dabei reicht es nicht aus, den als Ertragswert ermittelten Unternehmenswert um das<br />

abgezinste, geschätzte Ergebnis der schwebenden Geschäfte zu kürzen 890 . Das konkret<br />

erwirtschaftete Ergebnis aus schwebenden Geschäften muss vielmehr im Rahmen einer<br />

Sonderabrechnung getrennt von der Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs festgestellt<br />

und verteilt werden 891 , und zwar auch dann, wenn die Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

mit Hilfe der Ertragswertmethode erfolgt: Im Ausscheidenszeitpunkt schwebende<br />

Geschäfte sind daher sowohl bei der Ermittlung <strong>des</strong> Abfindungsguthabens als<br />

auch bei der Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> gänzlich außer Acht zu lassen und<br />

dürfen auch nicht als Merkmal der Ertragsfähigkeit <strong>des</strong> Unternehmens in die Ertragswertberechnung<br />

einfließen 892 . <strong>Die</strong> Gewinne und Verluste aus schwebenden Geschäften<br />

sind statt <strong>des</strong>sen im Zeitpunkt ihrer Realisierung in einer gesonderten Abrechnung unter<br />

Abzug der auf die Verwirklichung <strong>des</strong> betreffenden Geschäftes bezogenen Aufwendungen<br />

zu erfassen, da § 740 BGB eine Bestimmung und Aufgliederung der auf die einzelnen<br />

Geschäfte entfallenden Kosten der Gesellschaft, einschließlich der anteiligen Gemeinkosten,<br />

erforderlich macht 893 . <strong>Die</strong> gesonderte Abrechnung über die schwebenden<br />

Geschäfte muss dabei den Anforderungen der §§ 259, 260 BGB genügen 894 und ist jeweils<br />

am Schluss je<strong>des</strong> Geschäftsjahres durchzuführen (§ 740 Abs. 2 BGB). Der Ausgeschiedene<br />

kann seinen Anteil am Gewinn aus einem schwebenden Geschäft erst dann<br />

geltend machen, wenn ein solcher tatsächlich erzielt worden ist 895 .<br />

889 BGH NJW 1993, 1194, 1195; Budde/Förschle/Winkeljohann, Sonderbilanzen, S. 605.<br />

890 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 75 Rn. 55.<br />

891 Riegger, Ausscheiden, S. 140; ihm folgend K. Schmidt DB 1983, 2401, 2403.<br />

892 Ebenso wohl MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 75 Rn. 55.<br />

893 MünchKomm BGB/Schäfer § 740 Rn. 3.<br />

894 Herrschende Meinung: BGH NJW 1959, 1963, 1964; E/B/J/S/Lorz HGB § 131 Rn. 107; Schönle DB<br />

1959, 1427, 1431.<br />

895 BGH NJW 1993, 1194, 1195.<br />

290


§ 33 Beendigung der Abschichtung<br />

<strong>Die</strong> Erstellung einer Bilanz zur Darstellung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> (§ 738 Abs. 2<br />

BGB) suggeriert, dass die Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs sowie die Vermögensverteilung<br />

<strong>nach</strong> Ausscheiden auf der Grundlage einer einmaligen, im Zeitpunkt <strong>des</strong><br />

Ausscheidens erstellten Momentaufnahme der Vermögensverhältnisse zu erfolgen hat,<br />

die eine endgültige und für alle Beteiligten bindende Festschreibung das <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

herbeiführen und damit spätere Veränderungen oder Entwicklungen ausschließen<br />

soll.<br />

<strong>Die</strong> Vermögensabschichtung <strong>nach</strong> dem Ausscheiden aus einer Gesellschaft ist jedoch<br />

ein dynamischer Prozess, für den das Gesetz auch keinen bestimmten Schlusspunkt<br />

setzt. Zwar ist der Abfindungsanspruch - und damit auch der Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

- bezogen auf den Stichtag <strong>des</strong> Ausscheidens zu ermitteln 896 . <strong>Die</strong>se Stichtagsbezogenheit<br />

schließt jedoch nicht aus, dass die Bewertung von Vermögenswerten<br />

der Gesellschaft bezogen auf diesen Stichtag im Einzelfall <strong>nach</strong>träglich angepasst werden<br />

kann oder <strong>nach</strong> dem Aufhellungsprinzip sogar muss, wenn sich die <strong>nach</strong>träglich<br />

gewonnenen Erkenntnisse auf Ereignisse beziehen, die vor dem Ausscheidensstichtag<br />

liegen 897 . Eine solche <strong>nach</strong>trägliche Korrektur der Werthaltigkeit <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

zum Ausscheidensstichtag ist grundsätzlich zeitlich unbegrenzt möglich.<br />

<strong>Die</strong>s entspricht der gesetzlichen Vorgehensweise bei § 740 BGB: Für die Abrechnung<br />

über die Ergebnisse aus schwebenden Geschäften geht § 740 Abs. 2 BGB davon aus,<br />

dass sich diese über Jahre <strong>nach</strong> dem Ausscheiden <strong>des</strong> Gesellschafters hinziehen kann.<br />

Der Verifikationsprozess <strong>des</strong> im Ausscheidenszeitpunkt vorhandenen <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

dauert damit grundsätzlich solange an, bis die letzte Unsicherheit durch einen<br />

Tatsachenbefund abgelöst und die Anspruchsberechnung <strong>des</strong> Ausgeschiedenen entsprechend<br />

korrigiert worden ist. Den finanziellen Interessen <strong>des</strong> Ausgeschiedenen wird<br />

dadurch Rechnung getragen, dass der Ausgeschiedene ungeachtet <strong>des</strong> Fortgangs der<br />

Werterhellung immer zumin<strong>des</strong>t das fordern kann, was er auf keinen Fall zurückzahlen<br />

muss 898 . <strong>Die</strong>ser für die <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung in § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB<br />

896 Erman/Westermann BGB § 738 Rn. 4.<br />

897 BGH DB 1973, 563, 565; E/B/J/S/Lorz HGB § 131 Rn. 74; MünchKomm HGB/K. Schmidt § 131<br />

Rn. 146.<br />

898 Vgl. nur BGHZ 37, 299, 305 = NJW 1962, 1863; BGH NJW 1998, 376, 376.<br />

291


kodifizierte Grundsatz 899 stellt den Berechtigten von Nachteilen frei, die ihm daraus erwachsen<br />

könnten, dass die abschließende und endgültige Berechnung seines Abfindungsanspruches<br />

erst möglich ist, wenn alle Unklarheiten im Bestand der Forderungen<br />

und Verbindlichkeiten der Gesellschaft beseitigt worden sind. Da die Bewertung <strong>des</strong> zu<br />

verteilenden <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> damit grundsätzlich kein festgelegtes Ende hat, ist<br />

es auch nicht erforderlich, diesen Verifikationsvorgang, d.h. das Ausschalten aller Unsicherheitsfaktoren<br />

bei der Vermögensverwertung, zu einem bestimmten Zeitpunkt förmlich<br />

abzuschließen. Entgegen der Ansicht der herrschenden Meinung 900 ist daher weder<br />

zum Ausscheidensstichtag noch zu einem späteren Zeitpunkt eine förmliche Anerkennung<br />

oder Feststellung der Abfindungsbilanz durch die Gesellschafter erforderlich 901 .<br />

Nachdem die Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsguthabens ausführlich dargestellt worden ist,<br />

ist nun im Folgenden zu untersuchen, wann der Anspruch auf seine Auszahlung entsteht<br />

und fällig wird. Außerdem ist das Augenmerk auf die Verzinsung <strong>des</strong> Anspruchs zu<br />

richten.<br />

13. Kapitel Entstehung, Fälligkeit und Durchsetzung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

§ 34 Entstehung und Fälligkeit <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

I. Entstehung<br />

Nach herrschender Meinung stellt der Abfindungsanspruch als Gegenstück zur Anwachsung<br />

im Innenverhältnis die wirtschaftliche Kompensation für den Verlust der<br />

Mitgliedsposition samt zugehöriger Rechte und Pflichten dar 902 . Da das Mitgliedschaftsverhältnis<br />

im Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens endet und sich im gleichen Augenblick auch<br />

899 Zur Vorabausschüttung <strong>nach</strong> § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB ausführlich oben § 18, S. 135 ff.<br />

900 Vgl. nur Erman/Westermann § 738 Rn. 4; Soergel/Hadding/Kießling § 738 Rn. 37.<br />

901 So wohl MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 20.<br />

902 Statt vieler Früchtl NZG 2007, 368, 369.<br />

292


die Anwachsung vollzieht, entsteht auch der Abfindungsanspruch konsequenterweise<br />

mit Ausscheiden <strong>des</strong> Gesellschafters 903 . Vor dem Ausscheidensstichtag soll er aber bereits<br />

in seinem Kern vorhanden sein 904 : Sein Rechtsgrund wird bereits mit Abschluss <strong>des</strong><br />

Gesellschaftsvertrags gelegt und verschafft dem Gesellschafter eine gesicherte Position<br />

in Form einer bestimmten Erwerbsaussicht sowie einen gegenwärtigen abtretbaren<br />

Vermögenswert 905 . Nach einer Mindermeinung entsteht der Anspruch mit Abschluss <strong>des</strong><br />

Gesellschaftsvertrages bzw. mit dem Beitritt zur Gesellschaft nicht lediglich als künftiger,<br />

sondern als vollwertiger Anspruch. Da<strong>nach</strong> soll es sich um einen aus dem Gesellschaftsverhältnis<br />

folgenden gesetzlichen Anspruch handeln, der durch das Ausscheiden<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters aufschiebend bedingt und der Höhe <strong>nach</strong> zunächst unbestimmt ist,<br />

aber bereits mit Abschluss <strong>des</strong> Gesellschaftsvertrags voll existent wird 906 .<br />

Zu folgen ist der herrschenden Meinung. Der Abfindungsanspruch ist das wirtschaftliche<br />

Surrogat für den durch Anwachsung auf die verbleibenden Gesellschafter übergegangenen<br />

Gesellschaftsanteil. Er verkörpert die Entschädigung, die dem Ausgeschiedenen<br />

als Gegenleistung für die Aufgabe seiner Gesellschaftsrechte gewährt wird 907 . Der<br />

Anspruchsberechtigte wird erst mit dem Stichtag <strong>des</strong> Austritts aus der Gesellschaft zum<br />

„Ausscheidenden“ im Sinne <strong>des</strong> § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB, so dass auch erst im Zeitpunkt<br />

<strong>des</strong> Ausscheidens alle gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

erfüllt sind. Jedenfalls kommt es für die Entstehung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

nicht auf die Feststellung einer Abschichtungsabrechnung an 908 . Eine solche<br />

macht den Anspruch lediglich berechenbar, begründet ihn aber nicht konstitutiv 909 . Andernfalls<br />

hätten es die verbleibenden Gesellschafter in der Hand, jeweils durch Verweigerung<br />

ihrer Zustimmung zur erstellten Abfindungsbilanz die Entstehung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

in der berechneten Höhe zu verhindern und das Abschichtungsverfahren<br />

willkürlich zu blockieren.<br />

903 BGHZ 88, 205, 206 f. = NJW 1984, 492; BGH NJW 1989, 453; Staudinger/Habermeier BGB (2003)<br />

§ 738 Rn. 9; Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 131 Rn. 48.<br />

904 Erman/Westermann BGB § 738 Rn. 4.<br />

905 BGH NJW 1989, 453, 453; Wiedemann, Übertragung und Vererbung, S. 268.<br />

906 RGZ 60, 126 ff.; Heckelmann, Abfindungsklauseln, S. 25 f.<br />

907 Schönle DB 1959, 1427, 1427.<br />

908 Ebenso MünchKomm HGB/K. Schmidt § 131 Rn. 137.<br />

909 Schwung BB 1985, 1374, 1375.<br />

293


II.<br />

Fälligkeit<br />

1. Der aktuelle Meinungsstand<br />

In Rechtsprechung und Literatur sehr umstritten ist die Frage, wann der Abfindungsanspruch<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen fällig wird. Das Meinungsspektrum reicht von Fälligkeit<br />

im Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens (§ 271 BGB) 910 über Fälligkeit mit Aufstellung der Abschichtungsbilanz<br />

911 oder deren Feststellung 912 bis hin zu Fälligkeit im Zeitpunkt der<br />

Zustimmung zur Abschichtungsbilanz durch förmlichen Gesellschafterbeschluss 913 . Eine<br />

weitere Ansicht in der Literatur spricht sich für eine Verschiebung <strong>des</strong> Fälligkeitszeitpunkts<br />

um die für die Erstellung der Abfindungsbilanz voraussichtlich benötigte Zeitdauer<br />

914 aus, während eine andere den Anspruch nicht fällig werden lässt, solange die<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong> noch nicht durchgeführt ist 915 .<br />

<strong>Die</strong> Meinung, die darauf abstellt, wann die <strong>Auseinandersetzung</strong> durchgeführt ist, lässt<br />

offen, in welchem genauen Zeitpunkt diese als beendet gelten kann. Auch die Verschiebung<br />

<strong>des</strong> Fälligkeitszeitpunktes um die voraussichtlich zur Erstellung der Abfindungsbilanz<br />

benötigte Zeitdauer führt in der Praxis zu Schwierigkeiten. Ist diese Zeitdauer <strong>nach</strong><br />

objektiven Erfahrungswerten oder bezogen auf den konkreten Einzelfall zu berechnen?<br />

Wie wirkt es sich auf die Fälligkeit <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs aus, wenn sich die Erstellung<br />

der Abfindungsbilanz im Nachhinein als schwieriger und langwieriger erweist als<br />

aus der ex ante-Perspektive absehbar war?<br />

Für den Eintritt der Fälligkeit kommt es auch nicht darauf an, ob der Abfindungsanspruch<br />

bereits genau beziffert worden ist. Der BGH 916 hat in einer neueren Entscheidung<br />

judiziert, dass das Fehlen einer Abfindungsbilanz den Eintritt der Fälligkeit <strong>des</strong> Verlustausgleichsanspruchs<br />

aus § 739 BGB nicht verhindere. Um eine Forderung mit Klage<br />

910 Stötter BB 1977, 1219, 1220; Hülsmann NZG 2001, 625, 628.<br />

911 So offenbar Hörstel NJW 1994, 2268, 2271, der aber nicht genau zwischen Aufstellung und Feststellung<br />

der Bilanz differenziert.<br />

912 Sudhoff DB 1964, 1324, 1326.<br />

913 Hörstel NJW 1994, 2268, 2271 für den Beginn der Verzinsung.<br />

914 MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 20.<br />

915 MünchKomm BGB/Schlüter § 387 Rn. 37.<br />

916 BGH NZG 2010, 1020, 1020 (Rn. 8).<br />

294


geltend machen zu können, soll es ausreichen, dass eine Feststellungsklage erhoben<br />

werden kann, der Eintritt der Fälligkeit hänge nicht davon ab, dass eine Forderung auch<br />

beziffert werden könne 917 . <strong>Die</strong>selben Grundsätze dürften da<strong>nach</strong> für den Abfindungsanspruch<br />

als Gegenstück <strong>des</strong> Verlustausgleichsanspruchs gelten. Auch die Existenz der<br />

Stufenklage stützt diese Argumentation, denn die Stufenklage ist trotz <strong>des</strong> Vorbehalts<br />

der bestimmten Angabe <strong>des</strong> Leistungsbegehrens eine Klage auf fällige Leistung 918 . So<br />

wird eine Stufenklage <strong>des</strong> ausgeschiedenen Gesellschafters auf Rechnungslegung und<br />

Zahlung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs allgemein für zulässig erachtet 919 .<br />

Sämtlichen Ansichten, die für den Fälligkeitszeitpunkt auf die verschiedenen Stadien<br />

der Genesis einer Abschichtungsbilanz abstellen, ist entgegenzuhalten, dass diese das<br />

Abfindungsguthaben lediglich rechnerisch darstellt, ihre Aufstellung oder Feststellung<br />

aber keine Auswirkungen auf die Entstehung <strong>des</strong> korrespondierenden Auszahlungsanspruchs<br />

haben. <strong>Die</strong> Berechnung und Abbildung, die je <strong>nach</strong> Schwierigkeit der zugrundeliegenden<br />

Sachverhaltskonstellation im Einzelfall besonders lange dauern kann, darf<br />

auf die Fälligkeit <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs schon <strong>des</strong>wegen keinen Einfluss haben,<br />

weil sonst der Gesellschafter be<strong>nach</strong>teiligt würde, der aus einer Gesellschaft mit besonders<br />

komplexen Vermögensverhältnissen und besonders schwierig zu bewertendem<br />

Gesellschaftsvermögen ausscheidet. Auch muss die Fälligkeit <strong>des</strong> Anspruchs unabhängig<br />

von einer Feststellung (auch) durch die in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter<br />

bleiben, da diese es sonst in der Hand hätten, durch treuwidrige Verweigerung<br />

der Feststellung Fälligkeit und Zinslauf zu Lasten <strong>des</strong> Ausgeschiedenen zu beeinflussen.<br />

Vielmehr muss es dem Ausgeschiedenen möglich sein, seinen Abfindungsanspruch<br />

selbst zu berechnen und auf Zahlung zu klagen, ohne dass eine (förmlich festgestellte)<br />

Abfindungsbilanz vorliegt 920 .<br />

917 BGHZ 181, 310 (Rn. 19) = NJW 2010, 60 ff.<br />

918 Stötter BB 1977, 1219, 1219.<br />

919 MünchKomm BGB (5. Auflage, München 2009)/Ulmer/Schäfer § 738 Rn. 30.<br />

920 MünchKomm HGB/K. Schmidt § 131 Rn. 129.<br />

295


2. Eigene Lösung: Sofortige Fälligkeit auf Grundlage <strong>des</strong> jeweiligen Ist-Stands<br />

<strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

Richtigerweise wird der Abfindungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschieden ohne Rücksicht auf<br />

die für seine betragsmäßige Darstellung in einer Abfindungsbilanz benötigte Zeit sofort<br />

mit Ausscheiden fällig 921 , und zwar in dem Umfang, in dem er bezogen auf diesen Zeitpunkt<br />

bestimm- und berechenbar ist 922 . Nach der hier vertretenen Auffassung wird bei<br />

<strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung der gesamten Gesellschaft der Anspruch <strong>des</strong> einzelnen<br />

Gesellschafters auf Auszahlung seines <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens nicht sofort<br />

in vollem Umfang fällig, sondern die Fälligkeit ist gleichsam <strong>nach</strong> dem Fortgang<br />

der Versilberung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> gestaffelt 923 . Wegen <strong>des</strong> gesetzlich geforderten<br />

wirtschaftlichen Gleichlaufs von Abwicklung und Ausscheiden muss Gleiches<br />

auch für den Abfindungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen gelten. Folgt man der hier vertretenen<br />

Auffassung, wo<strong>nach</strong> der Abfindungsanspruch lediglich auf Grundlage <strong>des</strong> jeweiligen<br />

Ist-Stands <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> zu berechnen ist, so kann konsequenterweise<br />

zum Stichtag <strong>des</strong> Ausscheidens sowie zu jedem <strong>nach</strong>folgenden Zeitpunkt <strong>nach</strong><br />

Ausscheiden nur der Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong>jenigen Teilbetrags <strong>des</strong> Abfindungsguthabens<br />

fällig werden, der sich auf Grundlage <strong>des</strong> zum jeweiligen Stichtag vorhandenen<br />

Ist-Vermögens ergibt.<br />

Zum Ausscheidensstichtag wird also nur der Anspruch auf Auszahlung <strong>des</strong>jenigen<br />

(Teil-)Betrags <strong>des</strong> Abfindungsguthabens fällig und verzinslich, der sich auf Grundlage<br />

<strong>des</strong> Ist-Stan<strong>des</strong> <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> im Ausscheidenszeitpunkt, d.h. unter Außerachtlassung<br />

der im Ausscheidenszeitpunkt noch nicht realisierten Forderungen der<br />

Gesellschaft errechnet. Können diese Forderungen <strong>nach</strong>träglich eingezogen werden, so<br />

wird der anteilige Mehrbetrag, der dem Ausgeschiedenen an den Forderungserlösen<br />

<strong>nach</strong> Maßgabe seiner Gewinnquote zusteht, in dem Augenblick fällig, in dem diese<br />

Forderungserlöse in das Gesellschaftsvermögen eingehen. Für die Fälligkeit dieses neuen<br />

Teilbetrags ist wiederum unerheblich, in welchen Zeitpunkt der Ausgeschiedene oder<br />

die in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter diesen neuen Teilbetrag korrekt in<br />

einer aktualisierten Abfindungs- oder Nachtragsbilanz abbilden. Entscheidend für die<br />

921 E/B/J/S/Lorz HGB § 131 Rn. 67; MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 75 Rn. 46.<br />

922 So wohl auch Baumbach/Hopt/Hopt HGB § 131 Rn. 54.<br />

923 Siehe hierzu ausführlich oben § 21, I., S. 179 ff.<br />

296


Fälligkeit <strong>des</strong> (Teil)Anspruchs ist damit sowohl mit Ausscheiden als auch zu einem<br />

<strong>nach</strong>folgenden Zeitpunkt die Berechenbarkeit <strong>des</strong> Anspruchs 924 , nicht jedoch die Berechnung<br />

selbst. <strong>Die</strong>se Berechenbarkeit ist stets in dem Augenblick gegeben, in dem der<br />

jeweilige Anspruch auf Auszahlung auch entstanden ist.<br />

§ 35 Verzinsung und Verjährung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

I. Verzinsung<br />

Grundsätzlich ist für den Eintritt <strong>des</strong> Schuldnerverzugs <strong>nach</strong> § 286 Abs. 1 BGB eine<br />

Mahnung erforderlich 925 . Bei Ausscheiden eines Gesellschafters bedarf es aber entgegen<br />

der wohl herrschenden Meinung 926 keiner Mahnung, um den Schuldnerverzug herbeizuführen:<br />

Dem Tag <strong>des</strong> Ausscheidens geht denknotwendig das in der Fortsetzungsklausel<br />

<strong>nach</strong> § 736 BGB bestimmte Ereignis, das <strong>nach</strong> der Klausel zum Ausscheiden <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

führen soll (z.B. Kündigung) voraus. Zudem dürfte sich im Gesellschaftsvertrag<br />

zumeist eine entsprechende Regelung zur Kündigungsfrist (z.B. drei Monate ab<br />

Zugang der Kündigung) finden, aufgrund der der Zeitpunkt <strong>des</strong> Ausscheidens aus der<br />

Gesellschaft und damit auch die Leistungszeit für die Auszahlung <strong>des</strong> Abfindungsguthabens<br />

<strong>nach</strong> dem Kalender bestimmt werden kann (§ 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB): § 286<br />

Abs. 2 Nr. 2 BGB erfasst auch den Fall, dass der Leistung eine Kündigung vorauszugehen<br />

hat und die Leistungszeit sich von der Kündigung ab <strong>nach</strong> dem Kalender berechnen<br />

lässt 927 . Mit dem Stichtag <strong>des</strong> Ausscheidens als Endpunkt der vertraglich bestimmten<br />

Kündigungsfrist ist damit grundsätzlich sowohl der Abfindungsanspruch entstanden und<br />

fällig geworden als auch Schuldnerverzug eingetreten, § 286 Abs. 1 BGB. Etwas Anderes<br />

gilt allenfalls dann, wenn die Kündigung <strong>des</strong> Gesellschafters fristlos erfolgt oder aus<br />

einem sonstigen Grund der Zeitpunkt der Kündigung mit dem <strong>des</strong> Ausscheidens zusammenfällt:<br />

Da die Frist <strong>nach</strong> § 286 Abs. 2 Satz 2 BGB angemessen sein muss, kommt<br />

924 Ebenso im Ergebnis wohl auch MünchKomm HGB/K. Schmidt § 131 Rn. 129.<br />

925 Zur Mahnung bei Schuldnerverzug ausführlich MünchKomm BGB/Ernst § 286 Rn. 46 ff.<br />

926 Vgl. nur Erman/Westermann BGB § 738 Rn. 6; Hörstel NJW 1994, 2268, 2268.<br />

927 Bamberger/Roth/Unberath BGB § 286 Rn. 34; MünchKomm BGB/Ernst § 286 Rn. 63.<br />

297


eine Verkürzung auf Null nicht in Betracht 928 . In diesem Fall träte Verzug erst mit Mahnung<br />

ein.<br />

Im Übrigen erscheint der sofortige Eintritt <strong>des</strong> Verzugs mit dem Ausscheiden schon aus<br />

besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gemäß § 286 Abs. 2<br />

Nr. 4 BGB gerechtfertigt. <strong>Die</strong> in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter arbeiten<br />

ab Ausscheiden wirtschaftlich gesehen mit dem Kapital <strong>des</strong> ausgeschiedenen Gesellschafters,<br />

das ihnen in Form seines Gesellschaftsanteils angewachsen ist (§ 738 Abs. 1<br />

Satz 1 BGB) und erzielen damit bei normalem Geschäftsgang einen Gewinn 929 . An diesem<br />

Gewinn nimmt aber der Ausgeschiedene jedoch nur noch insoweit teil, als es sich<br />

um schwebende Geschäfte (§ 740 BGB) bzw. - sofern man mit der hier vertretenen Ansicht<br />

Forderungen erst mit ihrer Realisierung zum Gesellschaftsvermögen rechnet - um<br />

Forderungen handelt, deren Rechtsgrund noch vor dem Zeitpunkt seines Ausscheidens<br />

gelegt wurde 930 . Würde man dem Ausgeschiedenen eine Verzinsung seines Anspruchs<br />

erst in dem Augenblick zugestehen, in dem sein Anspruch berechnet worden wäre, so<br />

hätten es die verbleibenden Gesellschafter in der Hand, die Verzinsung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

durch bewusstes Hinauszögern der Abrechnung oder durch Vorenthalten<br />

von zur Abrechnung benötigten Informationen zu Lasten <strong>des</strong> Ausgeschiedenen zu<br />

verzögern und so möglichst lange unentgeltlich frem<strong>des</strong> Geld für sich zu nutzen 931 . Der<br />

Ausgeschiedene, der nicht mehr am Gewinn der Gesellschaft beteiligt ist, ist jedoch<br />

nicht verpflichtet, der Gesellschaft sein Kapital <strong>nach</strong> seinem Ausscheiden auf längere<br />

Zeit unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen 932 . Es entspricht vielmehr der Billigkeit,<br />

dass die verbliebenen Gesellschafter dem Ausgeschiedenen Zinsen bereits für den zur<br />

Errechnung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs benötigten Zeitraum bezahlen, während <strong>des</strong>sen<br />

sie die ihm geschuldete Abfindungssumme zur eigenen Gewinnmaximierung nutzen<br />

können 933 . Der Ausgeschiedene kann jedenfalls den Schuldnerverzug durch eine unbezifferte<br />

Mahnung herbeiführen, mit der er zugleich wie bei einer Stufenklage Auskunft<br />

über die wirtschaftlichen Verhältnisse <strong>des</strong> Schuldners und Zahlung <strong>des</strong> sich daraus er-<br />

928 MünchKomm BGB/Ernst § 286 Rn. 62 f.<br />

929 Stötter BB 1977, 1219, 1220.<br />

930 Stötter BB 1977, 1219, 1220.<br />

931 Stötter BB 1977, 1219, 1220.<br />

932 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 87; E/B/J/S/Lorz HGB § 131 Rn. 67; Neuhaus, Unternehmensbewertung,<br />

S. 149 f.<br />

933 Stötter BB 1977, 1219, 1220.<br />

298


gebenen Betrags verlangt 934 . Es wäre unsinnig, den Ausgeschiedenen zur Erhebung einer<br />

Stufenklage gemäß § 253 ZPO zu zwingen, die den Schuldner auch ohne bezifferten<br />

Leistungsantrag in Verzug setzen würde, wenn er dieses Ergebnis auch durch eine außerprozessuale<br />

Mahnung gleichen Inhalts erreichen kann 935 . Dem sofortigen Eintritt <strong>des</strong><br />

Verzuges kann damit allenfalls entgegenstehen, dass Verzögerungen um den Zeitraum,<br />

der zur Wertermittlung und zur Bezifferung <strong>des</strong> Abfindungsbetrages erforderlich ist,<br />

vom Schuldner nicht zu vertreten sind 936 .<br />

<strong>Die</strong> Abfindungsforderung ist mit dem in § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelten Satz zu<br />

verzinsen 937 . Da die Abfindung keine Gegenleistung der Gesellschaft an den ehemaligen<br />

Gesellschafter für die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von <strong>Die</strong>nstleistungen<br />

darstellt, sondern an die Stelle seines Kapitalanteils tritt, handelt es sich auch nicht um<br />

eine Entgeltforderung im Sinne <strong>des</strong> § 288 Abs. 2 BGB 938 .<br />

II.<br />

Verjährung<br />

Während es für die Entstehung oder Fälligkeit <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs nicht darauf<br />

ankommt, wann der Ausgeschiedene Kenntnis von der Höhe seines Abfindungsanspruchs<br />

erhält, ist diese Kenntnis für den Beginn der Verjährung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

relevant.<br />

Analog zu den bereits für die Verjährung <strong>des</strong> Anspruchs auf Auszahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

gewonnenen Erkenntnissen kann auch für die Ausscheidenskonstellation<br />

festgehalten werden, dass die Verjährungsfrist für den Abfindungsanspruch<br />

erst mit dem Schluss <strong>des</strong> Jahres zu laufen beginnt, in dem der Ausgeschiedene Kenntnis<br />

nicht nur von der Existenz, sondern auch vom genauen Betrag aller Einzelposten erhalten<br />

hat, die zur Berechnung seines Abfindungsguthabens erforderlich sind, § 199 Abs. 1<br />

934 MünchKomm BGB (5. Auflage, München 2007)/Ernst § 286 Rn. 51 unter Verweis auf BGH NJW-<br />

RR 1990, 323, 325 für die sachlich ähnlich gelagerte Konstellation der familienrechtlichen Unterhaltsschuld.<br />

935 BGH NJW 1981, 1729, 1731.<br />

936 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 75 Rn. 47.<br />

937 E/B/J/S/Lorz HGB § 131 Rn. 68.<br />

938 OLG Karlsruhe NZG 2005, 627, 628.<br />

299


BGB. <strong>Die</strong>s ist dann der Fall, wenn alle Rückstellungen und Forderungen in der Abfindungsbilanz,<br />

an denen der Ausgeschiedene wirtschaftlich partizipiert, weil ihre Rechtsgründe<br />

bereits vor seinem Ausscheiden gelegt worden sind, endgültig aufgelöst bzw.<br />

eingezogen worden sind.<br />

§ 36 Prozessuale Durchsetzung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

I. <strong>Die</strong> herrschende Meinung: Der Grundsatz der Durchsetzungssperre<br />

Abschließend ist der Blick auf die prozessuale Durchsetzung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs<br />

zu richten. <strong>Die</strong> Vermögensabschichtung <strong>nach</strong> dem Ausscheiden wird vom Gesetz wie<br />

eine partielle <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung in Bezug auf den Ausgeschiedenen<br />

behandelt 939 . Dementsprechend wendet die ganz herrschende Meinung wie auch bei der<br />

Auflösung der Gesellschaft auf den Abfindungsanspruch das Prinzip der Gesamtabrechnung<br />

an, wo<strong>nach</strong> die einzelnen wechselseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten<br />

zu unselbständigen Rechnungsposten der Abfindungsrechnung werden und nicht mehr<br />

selbständig geltend gemacht werden können 940 . <strong>Die</strong>ser von zahlreichen Ausnahmen<br />

durchbrochene 941 Grundsatz der Durchsetzungssperre gilt <strong>nach</strong> Rechtsprechung und<br />

Literatur auch für Ansprüche und Verbindlichkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis<br />

gegenüber den Mitgesellschaftern 942 , nicht jedoch für Drittgläubigerforderungen <strong>des</strong><br />

Ausgeschiedenen 943 . Grund für das Verbot der isolierten Durchsetzung von Einzelansprüchen<br />

ist auch hier, Hin- und Herzahlungen zwischen Gesellschaft und Ausgeschiedenem<br />

zu vermeiden, da nur bei Gesamtabrechnung aller Ansprüche zu ermitteln ist, ob<br />

939 MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 18.<br />

940 Herrschende Meinung: BGHZ 37, 299, 305 = NJW 1962, 1863; BGH NJW 1999, 3557, 3557;<br />

MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 83.<br />

941 Beispielsweise wenn im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände feststeht, dass der Ausgeschiedene<br />

den geforderten Betrag keinesfalls zurückzahlen muss (BGHZ 37, 299, 305 = NJW 1962, 1863).<br />

942 BGHZ 37, 299, 305 = NJW 1962, 1863; BGH WM 1984, 1605, 1606.<br />

943 Str., für isolierte Klagbarkeit die Literatur, vgl. MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 18 iVm § 730<br />

Rn. 52 f. sowie mittlerweile auch die Rechtsprechung, vgl. BGH NJW-RR 2006, 1268, 1270 (Rn. 18)<br />

unter ausdrücklicher Aufgabe von BGH WM 1978, 89, 90 und BGH WM 1971, 931, 932; anderer<br />

Ansicht noch OLG Karlsruhe NZG 2001, 748, 749 im Anschluss an die ältere Rechtsprechung <strong>des</strong><br />

BGH; Messer, FS Stimpel 1985, S. 205.<br />

300


und ggf. in welcher Höhe der Ausgeschiedene Anspruch auf Abfindung hat oder seinerseits<br />

Ausgleich schuldet 944 . Ausnahmen sollen nur dann gelten, wenn im Einzelfall aufgrund<br />

besonderer Umstände feststehe, dass der Ausgeschiedene den geforderten Betrag<br />

keinesfalls zurückzahlen müsse 945 . Eine weitere Ausnahme stelle die Abrechnung<br />

schwebender Geschäfte <strong>nach</strong> § 740 BGB dar, da über diese gesondert abzurechnen<br />

sei 946 .<br />

Um den Anspruch auf Auszahlung seines <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens berechnen<br />

und durchsetzen zu können, räumt die herrschende Meinung dem Ausgeschiedenen diverse<br />

Hilfsansprüche ein, die er klageweise durchsetzen kann. So gewährt sie ihm einen<br />

Anspruch aus § 738 BGB in Verbindung mit §§ 242, 259 f. BGB gegen die als Schuldnerin<br />

<strong>des</strong> Abfindungsanspruchs auch insoweit verpflichtete 947 Gesellschaft auf Aufstellung<br />

und Vorlage einer Abschichtungsbilanz, um aus dieser Bilanz seinen Abfindungsanspruch<br />

berechnen zu können 948 . Ein entsprechen<strong>des</strong> Urteil wird <strong>nach</strong> § 887 ZPO vollstreckt<br />

949 . Erstellt wird die Abrechnung von den geschäftsführenden Gesellschaftern 950 ,<br />

die Mitwirkungspflicht <strong>des</strong> Ausgeschiedenen richtet sich dabei da<strong>nach</strong>, wer aus dem<br />

Kreise der Beteiligten <strong>nach</strong> den Umständen <strong>des</strong> Einzelfalls 951 am ehesten zur Aufstellung<br />

einer solchen Abschichtungsbilanz in der Lage ist 952 . In jedem Fall hat der Ausgeschiedene<br />

das Recht, an der Bilanzaufstellung mitzuwirken und Sachverständige hinzuzuziehen<br />

953 .<br />

Hält der Ausgeschiedene eine von der Gesellschaft vorgelegte Abfindungsberechnung<br />

ganz oder in Teilen für unrichtig, so kann er nicht etwa im Wege einer Feststellungsoder<br />

Gestaltungsklage die Aufstellung einer neuen Bilanz durch das Gericht verlangen<br />

954 . Statt <strong>des</strong>sen muss er auf Einwilligung in die Entfernung bzw. Einsetzung einzel-<br />

944 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 83.<br />

945 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 83.<br />

946 MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 83.<br />

947 MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 27.<br />

948 Stötter DB 1972, 271, 271; MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 88.<br />

949 Str., zum Streitstand ausführlich MünchHdb GesR I/Piehler/Schulte § 10 Rn. 88.<br />

950 BGH NJW 1959, 1491, 1491.<br />

951 Stötter DB 1972, 271, 271.<br />

952 BGH NJW 1959, 1491, 1491.<br />

953 Sudhoff DB 1964, 1324, 1326.<br />

954 Schönle DB 1959, 1427, 1427.<br />

301


ner Gewinn- oder Verlustposten 955 oder auf Feststellung einzelner Bilanzposten <strong>nach</strong><br />

§ 256 ZPO klagen 956 und dabei substantiiert darlegen, in welchen Punkten und aus welchen<br />

Gründen die von den verbliebenen Gesellschaftern erstellte Bilanz bzw. Abfindungsberechnung<br />

falsch ist 957 . Dabei sollen jedoch nur Erkenntnisse berücksichtigt werden<br />

können, die bezogen auf den Stichtag der Bilanzerrichtung maßgeblich sind 958 .<br />

Alternativ kann der Ausgeschiedene, wenn er selbst zur Aufstellung einer Abschichtungsabrechnung<br />

in der Lage ist, selbst eine solche Abrechnung erstellen und die Zustimmung<br />

der übrigen Gesellschafter zu seiner Abschichtungsabrechnung gerichtlich<br />

durchsetzen 959 . Zu diesem Zweck kann er sich klageweise Einsicht in die Geschäftsbücher<br />

der Gesellschaft verschaffen, um aus diesen Unterlagen sein Abfindungsguthaben<br />

selbst berechnen und dieses anschließend einklagen zu können: Er ist nicht verpflichtet,<br />

eine von den übrigen Gesellschaftern errichtete Abfindungsbilanz ohne Weiteres hinzunehmen,<br />

sondern kann einen Anspruch auf Vorlage der Geschäftsbücher aus §§ 242,<br />

810 BGB geltend machen 960 . <strong>Die</strong> Vollstreckung eines obsiegenden Urteils erfolgt <strong>nach</strong><br />

§ 883 ZPO 961 bzw. §§ 422 ff. ZPO, sofern die herauszugebenden Unterlagen sich im<br />

Besitz der Gesellschaft als Prozessgegner befinden 962 . <strong>Die</strong> Hilfsansprüche auf Rechenschaftslegung,<br />

Auskunft und Erstellung einer Abfindungsrechnung können <strong>nach</strong> herrschender<br />

Meinung in einer Stufenklage miteinander verbunden werden 963 .<br />

955 Zunft NJW 1959, 1945, 1949.<br />

956 Graf von Westphalen BB 1982, 1894, 1897; Stötter DB 1972, 271, 272.<br />

957 BGHZ 26, 25, 28 = NJW 1958, 57 ff.<br />

958 BGH WM 1981, 452, 453.<br />

959 Zunft NJW 1959, 1945, 1948.<br />

960 Graf von Westphalen BB 1982, 1894, 1896; Sudhoff DB 1964, 1324, 1326.<br />

961 Herrschende Meinung: OLG Hamm NJW 1974, 653, 653; OLG Köln NJW-RR 1996, 382, 382; Palandt/Sprau<br />

BGB § 809 Rn. 13; Bamberger/Roth/Gehrlein § 809 Rn. 7; anderer Ansicht MünchKomm<br />

BGB/Habersack § 809 Rn. 17.<br />

962 OLG Frankfurt WM 1980, 1246; Palandt/Sprau BGB § 809 Rn. 13.<br />

963 BGH BB 1977, 1219, 1221 unter ausdrücklicher Aufgabe seiner gegenteiligen Ansicht in BGH DB<br />

1972, 272 ff.<br />

302


II.<br />

Stellungnahme: <strong>Die</strong> Entbehrlichkeit der Durchsetzungssperre<br />

Ebenso wie schon bei Abwicklung der Gesellschaft <strong>nach</strong> Auflösung bedarf es auch für<br />

die Vermögensverteilung <strong>nach</strong> Ausscheiden keiner Durchsetzungssperre. Dass der Ausgeschiedene<br />

gehindert ist, Einzelansprüche ungeachtet <strong>des</strong> Fortgangs der Abschichtung<br />

isoliert geltend zu machen, ergibt sich auch für die Ausscheidenskonstellation bereits<br />

aus der Einstellung und Saldierung aller wechselseitigen Ansprüche und Verbindlichkeiten<br />

in das Gesellschafterkonto <strong>des</strong> Ausgeschiedenen. Jedoch muss der Ausgeschiedene<br />

seinen Abfindungsanspruch bereits im Augenblick <strong>des</strong> Ausscheidens ungehindert<br />

in zahlenmäßig bestimmter Höhe geltend machen können 964 . Ob eine solche Klage begründet<br />

ist, ist allein eine Frage der Schlüssigkeit und der Beweisbarkeit <strong>des</strong> klägerischen<br />

Vorbringens und darf keiner zusätzlichen Klageerschwerung unterworfen werden<br />

965 . Letztendlich konzentriert sich die prozessuale Problematik damit auf die Frage,<br />

wie der Ausgeschiedene das Bestehen und die Höhe seines Abfindungsguthabens beweisen<br />

kann.<br />

Hierzu helfen ihm die von der herrschenden Meinung ins Feld geführten Hilfsansprüche<br />

zur Berechnung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs jedoch nicht weiter. <strong>Die</strong> Klage auf Einwilligung<br />

in die Berichtigung der Bilanz ist prozessökonomisch problematisch, da ein stattgeben<strong>des</strong><br />

Urteil lediglich die Einwilligung fingiert, nicht aber die Berichtigung selbst.<br />

<strong>Die</strong> klageweise Feststellung einzelner Bilanzposten <strong>nach</strong> § 256 ZPO ist ebenfalls nicht<br />

zielführend. Der obsiegende Kläger kann mit dem auf Grund der Feststellungsklage<br />

erwirkten Titel selbst dann nicht die <strong>nach</strong> herrschender Meinung erforderliche Zustimmung<br />

<strong>des</strong> Gegners zu einer Abschichtungsabrechnung erzwingen, wenn die Abrechnung<br />

im Übrigen unstreitig richtig sein sollte, noch weniger kann er damit die Zahlung<br />

<strong>des</strong> mit Hilfe dieser Bilanz errechneten Abfindungsguthabens durchsetzen 966 . <strong>Die</strong><br />

Feststellung der Richtigkeit einzelner Bilanzposten führt daher nur zu einer Verzögerung<br />

<strong>des</strong> Abschichtungsverfahrens 967 . <strong>Die</strong> Klage auf Zustimmung zur vorgelegten Abschichtungsabrechnung<br />

ist letztlich überflüssig, wenn man mit der hier vertretenen Ansicht<br />

der Zustimmung für die Entstehung oder Fälligkeit <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs kei-<br />

964 BGH NJW-RR 1987, 1386, 1387.<br />

965 BGH NJW-RR 1987, 1386, 1387.<br />

966 Stötter DB 1972, 271, 272.<br />

967 Stötter DB 1972, 271, 272.<br />

303


ne konstitutive Wirkung beimisst 968 , auch die Durchsetzbarkeit der Abfindungsforderung<br />

hängt nicht von der vorherigen Feststellung der Abfindungsbilanz durch die Gesellschafter<br />

ab 969 .<br />

<strong>Die</strong> Stufenklage auf Auskunftserteilung und anschließende Auszahlung eines mit Hilfe<br />

der erteilten Auskunft errechneten <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens hilft dem Ausgeschiedenen<br />

ebenfalls nur eingeschränkt weiter. Zum einen kranken materielle Auskunftsansprüche<br />

daran, dass sie <strong>nach</strong> ganz herrschender Meinung schon dann erfüllt<br />

sind, wenn eine den formalen Anforderungen <strong>des</strong> § 259 BGB genügende Auskunft gegeben<br />

wird, und zwar unabhängig davon, ob diese inhaltlich falsch oder richtig ist 970 .<br />

<strong>Die</strong> Lösung kann in diesem Fall auch nicht darin liegen, den Auskunftsverpflichteten<br />

zur Erteilung einer richtigen Auskunft durch ei<strong>des</strong>stattliche Versicherung anzuhalten<br />

(§ 259 BGB), da der Ausgeschiedene die Richtigkeit der ei<strong>des</strong>stattlich versicherten<br />

Auskunft mangels entsprechender Nachforschungsmöglichkeiten bzw. -befugnisse nicht<br />

verifizieren kann. Zum anderen ist es dem Ausgeschiedenen kaum zumutbar, sich zunächst<br />

in jahrelangen Prozessen die ihm unbekannten, zur Ermittlung seines Abfindungsguthabens<br />

erforderlichen Informationen klageweise zu beschaffen, um anschließend<br />

aus diesen möglicherweise unvollständigen und unrichtigen Daten auf eigene Kosten<br />

eine vollständige Abschichtungsbilanz der Gesellschaft zu erstellen und daraus<br />

seinen Abfindungsanspruch zu berechnen.<br />

III.<br />

Statt<strong>des</strong>sen: Klage auf sofortige Auszahlung und auf künftige Leistung<br />

Vielmehr muss der Ausgeschiedene seinen Abfindungsanspruch dadurch verwirklichen<br />

können, dass er unmittelbar mit Ausscheiden auf Auszahlung <strong>des</strong> ihm seiner Meinung<br />

<strong>nach</strong> zustehenden Abfindungsguthabens einschließlich <strong>des</strong> quotalen Anteils am Ist-<br />

Vermögen der Gesellschaft klagt. In diesem Fall erübrigen sich sämtliche Hilfsansprüche,<br />

das Gericht stellt als rechtliche Vorfrage inzidenter fest, welche Werte für das Gesellschaftsvermögen<br />

maßgeblich sind und hat zu den gewählten Bewertungsansätzen in<br />

968 BGHZ 26, 126, 133 = NJW 1958, 299; MünchKomm BGB/Schäfer § 738 Rn. 28; Staudinger/Habermeier<br />

BGB (2003) § 730 Rn. 26.<br />

969 BGH NJW-RR 2006, 468, 469 (Rn. 11).<br />

970 MünchKomm BGB/Krüger § 259 Rn. 24.<br />

304


den Urteilsgründen Stellung zu nehmen 971 . Dabei muss es wie schon für die <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

<strong>nach</strong> Auflösung für die Schlüssigkeit der Klage genügen, wenn der Ausgeschiedene<br />

alle zu seinen Gunsten in die Berechnung einzustellenden Aktivposten sowie<br />

die ihm bekannten Abzugsposten darlegt. War der Ausgeschiedene nicht mit der Geschäftsführung<br />

der Gesellschaft betraut, so ist es ihm in der Regel nicht zumutbar, erst<br />

umständliche Ermittlungen über die ihm nicht bekannten Passivposten der Abschichtungsbilanz<br />

anzustellen. Er darf daher nicht verpflichtet sein, Abzugsposten zu seinen<br />

Lasten in den Prozess einzuführen, soweit ihm diese nicht bekannt sind. <strong>Die</strong>se Informationen<br />

sind vielmehr <strong>nach</strong> allgemeinen Beweislastgrundsätzen von der Gesellschaft<br />

bzw. den verbleibenden Gesellschaftern vorzubringen, soweit die vom Ausgeschiedenen<br />

vorgebrachten Zahlen bestritten werden. Eine solche Aufteilung der Beweislast belastet<br />

die Gesellschaft auch nicht über Gebühr, da sie zum Nachweis der von ihr zu begleichenden<br />

Verbindlichkeiten durch Vorlage ihrer Buchhaltungsunterlagen und Geschäftsbücher<br />

ohne Weiteres in der Lage ist. Es gelten insoweit die gleichen Grundsätze wie<br />

im Rahmen der Abwicklung.<br />

Zugleich kann der Ausgeschiedene im Augenblick <strong>des</strong> Ausscheidens durch Klage auf<br />

zukünftige Leistung <strong>nach</strong> § 257 ZPO Zahlung der Beträge verlangen, die ihm aufgrund<br />

der <strong>nach</strong> seinem Ausscheiden eingezogenen Forderungen sowie aufgrund der erfolgreichen<br />

Beendigung schwebender Geschäfte zustehen. In Bezug auf diese Beträge ist die<br />

Klage auf Auszahlung <strong>nach</strong> der hier vertretenen Ansicht, die für die Berechnung <strong>des</strong><br />

Abfindungsguthabens auf den jeweiligen Ist-Stand <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> abzielt,<br />

vor deren Einziehung derzeit unbegründet. Den verbleibenden Gesellschaftern obliegt<br />

insoweit die Beweislast, dass die Forderung noch nicht eingezogen oder sonst erfüllt<br />

worden ist.<br />

14. Kapitel Zusammenfassung <strong>des</strong> Dritten Teils<br />

Nach seinem Ausscheiden kann der Ausgeschiedene einen Anspruch auf Rückgabe von<br />

Gegenständen (§ 732 BGB), einen Anspruch auf Schuldbefreiung sowie einen Anspruch<br />

auf Auszahlung seines Abfindungsguthabens geltend machen. Der Abfindungs-<br />

971 BGHZ 26, 25, 29 = NJW 1958, 57.<br />

305


anspruch ist aufgrund der umfassenden Verweisung <strong>des</strong> § 738 BGB in das bei Auflösung<br />

der Gesellschaft anzuwendende Verfahren in gleicher Weise zu berechnen wie der<br />

Anspruch auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben. Wie das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

vereinigt auch der Abfindungsanspruch alle Zahlungsansprüche <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

gegen die Gesellschaft aus den §§ 738 iVm 733 f. BGB einschließlich der Drittgläubigeransprüche<br />

<strong>des</strong> Ausgeschiedenen gegen die Gesellschaft in sich. Er unterteilt<br />

sich ebenso wie das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben bei Abwicklung in den Saldo <strong>des</strong><br />

einheitlichen Gesellschafterkontos <strong>des</strong> Ausgeschiedenen sowie den ihm <strong>nach</strong> Maßgabe<br />

seiner Gewinn- bzw. Verlustquote zustehenden Anteil am Abschichtungserlös. Ungeachtet<br />

der Verweisung in die §§ 732 ff. BGB ist der mit Hilfe der Abfindungsbilanz<br />

oder einer betriebswirtschaftlichen Bewertungsmethode ermittelte Wert <strong>des</strong> Gesellschaftsvermögen<br />

für den Abfindungsanspruch jedoch nicht auf Basis der Liquidationswerte,<br />

sondern auf Grundlage der Fortführungswerte <strong>des</strong> Unternehmens zu berechnen.<br />

Der Wert <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> muss dabei stets dem objektiven Marktpreis entsprechen,<br />

der bei einem Verkauf <strong>des</strong> Unternehmens (going concern) erzielt werden<br />

würde.<br />

Bei der Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> <strong>nach</strong> § 738 Abs. 2 BGB ist stets nur<br />

sein jeweiliger Ist-Bestand unter Herausrechnung noch nicht eingezogener Forderungen<br />

zu berücksichtigen. Nur so können Schwierigkeiten bei der Forderungsbewertung vermieden<br />

und das Inkassorisiko für den Forderungseinzug gerecht zwischen dem Ausgeschiedenen<br />

und den verbleibenden Gesellschaftern verteilt werden. Der Ausschüttung<br />

an den Ausgeschiedenen unterliegt also zu jedem Zeitpunkt nur Gesellschaftsvermögen,<br />

das aus Sachwerten und sonstigen immateriellen Vermögenswerten besteht und tatsächlich<br />

im Gesellschaftsvermögen vorhanden ist. Über die noch nicht eingezogenen Forderungen<br />

wird ebenso wie über die Erträge aus schwebenden Geschäften <strong>nach</strong> § 740 BGB<br />

gesondert mit dem jeweiligen Zahlungseingang abgerechnet.<br />

306


Vierter Teil<br />

Ergebnis<br />

I. Fazit<br />

<strong>Die</strong> vorliegende Untersuchung hat gezeigt, dass sich sowohl bei der Auflösung einer<br />

Gesellschaft als auch beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer fortbestehenden<br />

Gesellschaft vielfältige Probleme stellen, zu deren Lösung in Rechtsprechung und Literatur<br />

z.T. nicht ohne weiteres umsetzbare Vorschläge gemacht werden. Eine Rückbesinnung<br />

auf den Wortlaut und die dahinter stehende Intention <strong>des</strong> Gesetzes, auf Zweck<br />

und Rechtsnatur der <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung bzw. der Abschichtung <strong>nach</strong><br />

Ausscheiden sowie ein ergänzender Rückgriff auf das handelsrechtliche Kontokorrent<br />

(§ 355 HGB) sowie das gesetzlich vorgesehene Verfahren bei der OHG helfen jedoch<br />

dabei, sowohl für die Auflösungs- als auch die Ausscheidenskonstellation ein einfaches<br />

und einheitlich auf alle Sachverhaltskonstellationen gleichermaßen gut anwendbares<br />

Modell zu entwickeln, wie die Ansprüche <strong>des</strong> einzelnen Gesellschafters dem Grunde<br />

<strong>nach</strong> ermittelt, der Höhe <strong>nach</strong> berechnet und prozessual durchgesetzt werden können.<br />

Wesentliche Erkenntnis für das Vermögensverteilungsverfahren <strong>nach</strong> Auflösung der<br />

Gesellschaft ist, dass das Gesetz eine Vermögensverteilung <strong>nach</strong> dem Prinzip <strong>des</strong> „Kassensturzes“<br />

vorsieht, d.h. nur Einnahmen, die tatsächlich im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen<br />

Vermögensversilberung erzielt werden konnten, zur Grundlage der Verteilung<br />

unter den Gesellschaftern gemacht werden können. Eine Verteilung auf der<br />

Grundlage bilanzieller Berechnungen und geschätzter Verkehrswerte findet nicht statt.<br />

<strong>Die</strong>s hat zur Folge, dass für die Berechnung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens der<br />

Liquidationsgesellschafter stets nur das Gesellschaftsvermögen herangezogen werden<br />

kann, das <strong>nach</strong> Versilberung aller Vermögensgegenstände der Gesellschaft sowie <strong>nach</strong><br />

Befriedigung aller Schulden im Innen- und Außenverhältnis tatsächlich verbleibt. Dem<br />

Interesse der Liquidationsgesellschafter, bereits vor Abschluss der Versilberung Abschlagszahlungen<br />

auf ihr <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben zu erhalten, wird durch die<br />

Möglichkeit zur Vorabausschüttung analog § 155 Abs. 2 Satz 1 HGB Rechnung getragen.<br />

Maßgebliches Medium zur Ermittlung und Berechnung <strong>des</strong> jeweils vorhandenen<br />

<strong>Gesellschaftsvermögens</strong> bei Auflösung der Gesellschaft ist ein Verrechnungskonto (Liquiditätskonto),<br />

auf dem das jeweils vorhandene, versilberte und damit verteilbare Gesellschaftsvermögen<br />

aufgezeichnet und mit den noch zu befriedigenden Schulden der<br />

307


Gesellschaft verrechnet wird. Der Stand der jeweiligen <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

ist mit fortschreitender Vermögensverwertung zu aktualisieren, eine abschließende Berechnung<br />

erfolgt erst <strong>nach</strong> Verwertung <strong>des</strong> gesamten <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>.<br />

Im Gegensatz zur Auflösungskonstellation findet die Vermögensverteilung mit einem<br />

ausgeschiedenen Gesellschafter auf der Grundlage einer zum Stichtag <strong>des</strong> Ausscheidens<br />

erstellten Abrechnung auf dem Papier statt, die - vergleichbar einer fiktiven Vermögensversilberung<br />

- das Abfindungsguthaben <strong>des</strong> Ausgeschiedenen auf der Basis der<br />

geschätzten Veräußerungswerte (going concern) <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> ermittelt<br />

(Abfindungsbilanz). Allerdings sieht § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB eine wirtschaftliche<br />

Angleichung von Liquidation und Ausscheiden vor. <strong>Die</strong>se hat zur Folge, dass der<br />

Ausgeschiedene nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt werden darf, als er es<br />

als Liquidationsgesellschafter bzw. zu Zeiten seiner Mitgliedschaft in der Gesellschaft<br />

gewesen wäre. <strong>Die</strong> Forderung <strong>nach</strong> einem wirtschaftlichen Gleichlauf rechtfertigt es<br />

daher, den Abfindungsanspruch <strong>des</strong> Ausgeschiedenen ausschließlich auf Grundlage <strong>des</strong><br />

jeweiligen Ist-Stan<strong>des</strong> <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> zu ermitteln, das zum Ausscheidensstichtag<br />

tatsächlich vorhanden ist, während noch nicht realisierte Forderungen der Gesellschaft<br />

vergleichbar den Erlösen aus schwebenden Geschäften erst in dem Augenblick<br />

der Abrechnung mit dem Ausgeschiedenen zugrunde gelegt werden, in dem sie<br />

realisiert werden konnten. Auf diese Weise werden unzumutbare Vorfinanzierungspflichten<br />

der in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter unterbunden.<br />

Sowohl für die <strong>Auseinandersetzung</strong> <strong>nach</strong> Auflösung als auch für die Abschichtung <strong>nach</strong><br />

Ausscheiden erweisen sich die für jeden einzelnen Gesellschafter zu erstellenden, einheitlichen<br />

Gesellschafterkonten als unverzichtbares Mittel, um die Ansprüche und Verbindlichkeiten<br />

<strong>des</strong> einzelnen Liquidationsgesellschafters bzw. <strong>des</strong> Ausgeschiedenen im<br />

Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern sowie zur Gesellschaft darzustellen und mittels<br />

einer kontokorrentartigen Verrechnung in einen Gesamtsaldo zu überführen. <strong>Die</strong>ser<br />

Gesamtsaldo <strong>des</strong> Gesellschafterkontos ergibt, verrechnet mit dem quotalen Anteil <strong>des</strong><br />

Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen, das <strong>nach</strong> Abzug aller Verbindlichkeiten der<br />

Gesellschaft für die Verteilung zur Verfügung steht, den jeweiligen Anspruch <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

auf Auszahlung seines <strong>Auseinandersetzung</strong>s- bzw. Abfindungsguthabens.<br />

Für die Konstellation der Auflösung der Gesellschaft - und damit aufgrund der Verweisung<br />

<strong>des</strong> § 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB auch für das Ausscheiden - kommt dem<br />

Grundsatz der Finanzierungsverantwortung <strong>des</strong> Gesellschafters eine besondere Bedeutung<br />

zu. <strong>Die</strong>ser führt dazu, dass der einzelne Gesellschafter seine Ansprüche gegen die<br />

Gesellschaft, insbesondere aus nicht auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden Dritt-<br />

308


echtsgeschäften mit der Gesellschaft, nicht einfach wie ein außenstehender Dritter ohne<br />

Rücksicht auf den Gang der <strong>Auseinandersetzung</strong> geltend machen kann. Statt <strong>des</strong>sen<br />

sind diese Beträge wie andere Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft<br />

zu behandeln und mit den übrigen Ansprüchen und Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

gegenüber der Gesellschaft zu einem einheitlichen Saldo zu verrechnen.<br />

Aufgrund der fortlaufenden Einstellung aller Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters in das Gesellschafterkonto<br />

und deren laufender Saldierung gehen alle Einzelposten durch Novation<br />

unter, der Anspruch bzw. die Verbindlichkeit <strong>des</strong> Gesellschafters reduziert sich stets<br />

nur noch auf den Saldo. Daher besteht kein Bedürfnis mehr für die Anwendung darüber<br />

hinausgehender Beschränkungen der Klagbarkeit dieser Einzelansprüche, wie insbesondere<br />

den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz der Durchsetzungssperre.<br />

Letztlich ist die Frage, ob der Gesellschafter den ihm zustehenden Saldo vollumfänglich<br />

von der Gesellschaft verlangen kann, eine Frage der prozessualen Beweisbarkeit. Damit<br />

können die wichtigsten Ergebnisse dieser Untersuchungen in folgenden Thesen zusammengefasst<br />

werden:<br />

II.<br />

Thesen<br />

1. Auflösung der Gesellschaft<br />

§<br />

Forderungen der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter sind Bestandteil <strong>des</strong> zu<br />

liquidierenden <strong>Gesellschaftsvermögens</strong>. Ebenso ist der Innenausgleich der Gesellschafter<br />

untereinander notwendiger Bestandteil <strong>des</strong> Abwicklungsverfahrens<br />

und unterliegt dem Schutz der §§ 732 ff. BGB.<br />

§<br />

Das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben <strong>des</strong> Abwicklungsgesellschafters besteht aus<br />

zwei miteinander zu verrechnenden Komponenten, nämlich erstens dem Saldo<br />

seines Gesellschafterkontos, in dem alle seine Ansprüche und Verbindlichkeiten<br />

im Verhältnis zur Gesellschaft aus den §§ 732 bis 733 BGB saldiert werden,<br />

zweitens aus seiner Beteiligung am (positiven oder negativen) Gesellschaftsvermögen<br />

<strong>nach</strong> §§ 734 bzw. 735 BGB.<br />

§<br />

<strong>Die</strong> Saldierung aller Ansprüche und Verbindlichkeiten <strong>des</strong> Gesellschafters im<br />

Verhältnis zur Gesellschaft <strong>nach</strong> Vorbild <strong>des</strong> Kontokorrents hat zur Folge, dass<br />

sich der Anspruch bzw. die Verbindlichkeit <strong>des</strong> Gesellschafters nur noch auf den<br />

309


so gewonnenen Saldo richtet und alle Einzelansprüche, die in das Gesellschafterkonto<br />

eingestellt und verrechnet worden sind, durch Novation untergegangen<br />

sind.<br />

§<br />

Ab dem Auflösungszeitpunkt können rückständige Einlageleistungen der Gesellschafter,<br />

die in Geld zu leisten sind, nicht mehr eingefordert werden, da wegen<br />

§ 733 Abs. 2 BGB jeder Einlageforderung die Einwendung <strong>des</strong> § 242 BGB<br />

(dolo agit) entgegensteht.<br />

§<br />

Der Begriff der Einlage <strong>des</strong> § 733 Abs. 2 BGB ist weit auszulegen und umfasst<br />

alle Vermögensverschiebungen aus dem Privatvermögen <strong>des</strong> Gesellschafters in<br />

das Gesellschaftsvermögen.<br />

§<br />

<strong>Die</strong> actio pro socio ist mit Auflösung der Gesellschaft obsolet, soweit sie der<br />

Einziehung von auf Geldzahlung gerichteten Forderungen gegenüber Mitgesellschaftern<br />

dient, die nicht Nachschussleistungen im Sinne <strong>des</strong> § 735 BGB sind.<br />

§<br />

<strong>Die</strong> Ermittlung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> auf der Grundlage einer <strong>Auseinandersetzung</strong>sbilanz,<br />

die auf der Basis von geschätzten Verkehrswerten <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong><br />

erstellt wird, ist abzulehnen. Statt <strong>des</strong>sen ist die Vermögensverteilung<br />

anhand <strong>des</strong> tatsächlich aus der Versilberung <strong>nach</strong> § 733 Abs. 3<br />

BGB erzielten Verwertungserlöses vorzunehmen. Über den Stand <strong>des</strong> je <strong>nach</strong><br />

Stand der Vermögensversilberung tatsächlich in der Gesellschaftskasse befindlichen<br />

Vermögens der Gesellschaft gibt ein Verrechnungskonto (Liquiditätskonto)<br />

Auskunft.<br />

§<br />

<strong>Die</strong> Vermögensverteilung auf Basis der tatsächlichen Vermögenswerte wird dadurch<br />

realisiert, dass zu jeder Zeit nur das jeweils vorhandene verteilbare Gesellschaftsvermögen,<br />

d.h. das Bankguthaben der Gesellschaft, als Guthabensposten<br />

auf das Liquiditätskonto gebucht wird. <strong>Die</strong> aus der Verwertung <strong>nach</strong> § 733<br />

Abs. 3 BGB erzielten Erlöse erscheinen erst im dem Zeitpunkt und Umfang auf<br />

dem Liquiditätskonto, in dem ein Verwertungserlös tatsächlich in der Gesellschaftskasse<br />

eingegangen ist.<br />

§<br />

Nach Auflösung kommt der Unterscheidung der Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters<br />

in solche aus Sozialverbindlichkeiten und Drittgläubigerrechtsgeschäften keine<br />

praktische Bedeutung mehr zu. Alle Ansprüche <strong>des</strong> Gesellschafters sind ungeachtet<br />

<strong>des</strong>sen, ob sie ihre Rechtsgrundlage im Gesellschaftsvertrag oder einem<br />

310


Drittrechtsgeschäft haben, gleichermaßen in sein Gesellschafterkonto einzubuchen.<br />

§<br />

Auch in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gilt der Grundsatz der Finanzierungsverantwortung<br />

<strong>des</strong> Gesellschafters. Jeder Gesellschafter ist grundsätzlich<br />

nur insoweit zur Einforderung eigener Ansprüche gegen die Gesellschaft berechtigt,<br />

als dadurch eine Unterkapitalisierung der Gesellschaft ausgeschlossen ist<br />

und muss sich bei der Durchsetzung seiner Privatforderungen gegen die Gesellschaft<br />

den Grundsatz der fortlaufenden Saldierung seines Gesellschafterkontos<br />

entgegenhalten lassen. Er kann auch für seine Drittgläubigerforderungen gegenüber<br />

der Gesellschaft nur Befriedigung aus dem Gesellschaftsvermögen verlangen,<br />

das nicht für die vorrangige Befriedigung von Schulden gegenüber gesellschaftsfremden<br />

Dritten zu verwenden ist.<br />

§<br />

Mit Eintritt der Auflösung ist eine Klage auf Zahlung von Nachschussleistungen<br />

<strong>nach</strong> § 735 BGB in das Gesellschaftsvermögen nicht nur dann entbehrlich, wenn<br />

es nur noch um den Innenausgleich unter den Gesellschaftern geht, sondern<br />

schon dann, wenn die Gesellschaftsschulden gegenüber außenstehenden Dritten<br />

noch nicht vollständig befriedigt worden sind. Jeder Gesellschafter kann vielmehr<br />

gegen einen <strong>nach</strong>schussverpflichteten Mitgesellschafter im Wege der actio<br />

pro socio auf Leistung direkt an den Gläubiger für Rechnung der Gesellschaft<br />

klagen.<br />

§<br />

Nachschussverpflichtungen <strong>nach</strong> § 735 BGB können jederzeit und nicht erst<br />

<strong>nach</strong> vollständiger Versilberung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> und Berechnung<br />

der <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben aller Gesellschafter zum Zwecke der Schuldenberichtigung<br />

gegenüber Drittgläubigern oder zur Einlagenrückerstattung eingefordert<br />

werden. Sie sind in das Gesellschafterkonto <strong>des</strong> leistenden Gesellschafters<br />

wie eine Einlage einzubuchen und mindern <strong>des</strong>sen Gesamt-<br />

Nachschussbetrag bzw. erhöhen <strong>des</strong>sen <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben.<br />

§<br />

Ist der Saldo <strong>des</strong> Liquiditätskontos zu einem gegebenen Zeitpunkt vor Abschluss<br />

der Vermögensversilberung positiv, so kann der Überschussbetrag gemäß § 155<br />

Abs. 2 Satz 1 HGB analog bis auf den Betrag „Null“ von denjenigen Gesellschaftern<br />

entnommen werden, die zum selben Zeitpunkt ein positives <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben<br />

aufweisen. Maßgeblich für die Verteilung ist dabei das<br />

Verhältnis ihrer positiven <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabensbeträge zueinander.<br />

311


§<br />

<strong>Die</strong> Gesellschaft ist einerseits ein eigenständiges Rechtssubjekt, andererseits<br />

aber <strong>nach</strong> wie vor ein zwischen den Gesellschaftern bestehen<strong>des</strong> (Dauer)Schuldverhältnis.<br />

<strong>Die</strong> Abwicklung kann daher erst dann abgeschlossen und<br />

die Gesellschaft vollbeendet sein, wenn einerseits alle Rechte und Pflichten <strong>des</strong><br />

Rechtssubjekts „Gesellschaft“, andererseits aber auch alle Rechte und Pflichten<br />

sämtlicher Gesellschafter aus diesem Schuldverhältnis abgewickelt worden sind.<br />

<strong>Die</strong>s ist der Fall, wenn alle Gesellschafterkonten „auf Null gestellt“ worden sind,<br />

d.h. sowohl im Innenverhältnis als auch im Außenverhältnis sämtliche Ansprüche<br />

und Verbindlichkeiten sowohl im Verhältnis <strong>des</strong> Gesellschafters zur Gesellschaft<br />

als auch im Verhältnis der Gesellschafter untereinander, soweit sie sich<br />

aus dem Gesellschaftsverhältnis entstanden sind, befriedigt worden sind.<br />

§<br />

Der Anspruch auf das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben entsteht erst dann und wird<br />

auch erst dann fällig, wenn alle darin aufgehenden Posten ihrer Existenz und<br />

Höhe <strong>nach</strong> endgültig und rechtskräftig feststehen. <strong>Die</strong> Erstellung oder einvernehmliche<br />

Feststellung der <strong>Auseinandersetzung</strong>sabrechnung ist hierfür ohne Belang.<br />

§<br />

Zur Durchführung der <strong>Auseinandersetzung</strong> kann jeder Gesellschafter jederzeit<br />

auf Zustimmung zur Erteilung einer umfassenden Alleinvertretungs- bzw. Alleingeschäftsführungsbefugnis<br />

einschließlich aller für die <strong>Auseinandersetzung</strong><br />

erforderlichen Handlungsvollmachten an sich oder an einen gesellschaftsfremden<br />

Dritten als Treuhänder klagen.<br />

§<br />

Der Grundsatz der Durchsetzungssperre ist entbehrlich. Das Verbot, Einzelansprüche<br />

aus dem Gesellschaftsverhältnis geltend zu machen, ergibt sich bereits<br />

aus dem Prinzip der fortlaufenden Saldierung. <strong>Die</strong> von der Rechtsprechung gemachte<br />

Ausnahme von der Durchsetzungssperre, unstreitig feststehende Min<strong>des</strong>tbeträge<br />

<strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens vorab entnehmen zu können,<br />

ergibt sich aus dem analog auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts anwendbaren<br />

§ 155 Abs. 2 Satz 1 HGB.<br />

§<br />

Klagt ein Gesellschafter auf Auszahlung seines <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

gegen die Gesellschafter, so besteht zwischen der Gesellschaft und den übrigen<br />

Gesellschaftern eine notwendige Streitgenossenschaft.<br />

§<br />

Klagt ein Gesellschafter auf Auszahlung seines <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens,<br />

so ist er nicht verpflichtet, eine Saldoberechnung aufzustellen, in der auch die zu<br />

312


seinen Lasten zu berücksichtigenden Abzugsposten wie die Verbindlichkeiten<br />

und Rückstellungen der Gesellschaft und die <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben seiner<br />

Mitgesellschafter aufgelistet sind, sofern ihm diese nicht bekannt sind. Statt<br />

<strong>des</strong>sen reicht es aus, wenn er einen bestimmten Betrag einklagt und es der beklagten<br />

Gesellschaft überlässt, die entsprechenden Abzugsposten einredeweise<br />

geltend zu machen und zu beweisen.<br />

§<br />

<strong>Die</strong> Klage <strong>des</strong> Gesellschafters ist schlüssig, wenn er vorträgt, dass ihm ein bestimmter<br />

Betrag seines <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens zusteht und verteilbares<br />

Gesellschaftsvermögen in der notwendigen Höhe vorhanden ist, das nicht zur<br />

Ausschüttung an Nichtgesellschafter zu verwenden ist. Bestreitet die beklagte<br />

Gesellschaft Grund und Höhe <strong>des</strong> Anspruchs, so ist sie gemäß § 259 BGB zur<br />

umfassenden Rechnungslegung verpflichtet.<br />

§<br />

Das Prinzip der fortlaufenden Saldierung aller Ansprüche und Verbindlichkeiten<br />

zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ist ein dem Gesellschaftsverhältnis als<br />

wirtschaftlich geprägtem Dauerschuldverhältnis wesenstypisch immanentes<br />

Grundprinzip. Es ist bereits in der Ermittlung <strong>des</strong> Gewinns und der Gewinnanteile<br />

der Gesellschafter zwingend angelegt und setzt sich <strong>nach</strong> Auflösung der<br />

Gesellschaft unverändert bei der Ermittlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

der Gesellschafter fort.<br />

2. Ausscheiden aus der fortbestehenden Gesellschaft<br />

§<br />

§ 250 BGB ist im Rahmen <strong>des</strong> Schuldbefreiungsanspruchs <strong>des</strong> § 738 BGB dergestalt<br />

korrigierend auszulegen, dass der ausgeschiedene Gesellschafter <strong>nach</strong><br />

Fristablauf nicht mehr Zahlung an sich selbst verlangen kann, sondern nur noch<br />

Zahlung an den Drittgläubiger.<br />

§<br />

Der Schuldbefreiungsanspruch umfasst nur den Ist-Bestand der jeweils bestehenden<br />

und fälligen Verbindlichkeiten, aus denen eine Inanspruchnahme droht.<br />

§<br />

§ 738 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BGB stellt den Grundsatz auf, dass der Ausgeschiedene<br />

grundsätzlich nicht besser oder schlechter gestellt werden darf, als er es im<br />

Fall der Auflösung der Gesellschaft gewesen wäre. <strong>Die</strong>ser Grundsatz der wirtschaftlichen<br />

Gleichbehandlung hat zur Folge, dass der Abfindungsanspruch <strong>des</strong><br />

313


Ausgeschiedenen in gleicher Weise berechnet wird wie der Anspruch auf Auszahlung<br />

<strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens.<br />

§<br />

Bei der Bewertung <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> <strong>nach</strong> § 738 Abs. 2 BGB ist aufgrund<br />

<strong>des</strong> Gebots der wirtschaftlichen Gleichbehandlung von Auflösung und<br />

Ausscheiden stets nur der jeweilige Ist-Stand <strong>des</strong> <strong>Gesellschaftsvermögens</strong> heranzuziehen.<br />

Zum Ausscheidensstichtag noch nicht eingezogene Forderungen der<br />

Gesellschaft nehmen an der Bewertung daher zunächst nicht teil. Über sie wird -<br />

ebenso wie über die Erträge aus schwebenden Geschäften <strong>nach</strong> § 740 BGB - gesondert<br />

mit dem jeweiligen Zahlungseingang abgerechnet.<br />

§<br />

Zum Ausscheidensstichtag wird nur der Betrag <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs fällig<br />

und verzinslich, der sich unter Außerachtlassung der noch nicht realisierten Forderungen<br />

der Gesellschaft zu Gunsten <strong>des</strong> Ausgeschiedenen errechnet. Können<br />

diese Forderungen <strong>nach</strong>träglich eingezogen werden, so wird der anteilige Mehrbetrag,<br />

der dem Ausgeschiedenen an den Forderungserlösen rechnerisch zusteht,<br />

in dem Augenblick fällig, in dem diese Forderungserlöse auf den Gesellschaftskonten<br />

eingehen.<br />

§<br />

Auch für die prozessuale Durchsetzung <strong>des</strong> Abfindungsanspruchs bedarf es<br />

nicht <strong>des</strong> Grundsatzes der Durchsetzungssperre. Ebenso wie bei der Vermögensverteilung<br />

<strong>nach</strong> Auflösung werden Hin- und Herzahlungen bereits durch die<br />

fortlaufende Saldierung aller Ansprüche in den Gesellschafterkonten und die<br />

daraus resultierende Novation ausgeschlossen. Auch die Ansprüche <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

richten sich daher stets nur auf den Saldo seines Gesellschafterkontos.<br />

Darüber hinausgehende Klageerschwerungen zu Lasten <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

sind nicht gerechtfertigt.<br />

314


Literaturverzeichnis<br />

Altmeppen, Holger<br />

Rechtsentwicklung der GbR trotz § 899a BGB nicht<br />

aufzuhalten<br />

NJW 2011, S. 1905 ff.<br />

Altmeppen, Holger<br />

<strong>Die</strong> akzessorische Haftung der Gesellschafter einer<br />

Personengesellschaft für einen „Drittanspruch” ihres<br />

Mitgesellschafters<br />

NJW 2009, S. 2241 ff.<br />

Altmeppen, Holger<br />

Verfassungswidrigkeit der akzessorischen Haftung in<br />

der GbR?<br />

NJW 2004, S. 1563 ff.<br />

Altmeppen, Holger<br />

Zur Enthaftung <strong>des</strong> ausscheidenden Personengesellschafters<br />

NJW 2000, S. 2529 ff.<br />

Ammon, Ludwig<br />

Gesellschaftsrechtliche und sonstige Neuerungen im<br />

Handelsrechtsreformgesetz - Ein Überblick<br />

DStR 1998, S. 1474 ff.<br />

Bamberger, Heinz Georg /<br />

Roth, Herbert<br />

Beck´scher Online-Kommentar BGB<br />

Aktualisierung über Beck Online (Stand:<br />

01.05.2013)<br />

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Zitiert: Bamberger/Roth/Bearbeiter BGB § ... Rn. ...<br />

Barthel, Carl<br />

Unternehmenswert: Der Markt bestimmt die Bewertungsmethode<br />

DB 1990, S. 1145 ff.<br />

Baumbach, Adolf / Hopt,<br />

Klaus / Merkt, Hanno / Roth,<br />

Markus<br />

Handelsgesetzbuch mit GmbH & Co., Handelsklauseln,<br />

Bank- und Börsenrecht, Transportrecht (ohne<br />

Seerecht)<br />

35. Auflage, München 2012<br />

Zitiert: Baumbach/Hopt/Bearbeiter HGB § ... Rn. ...


Behringer, Stefan<br />

Das Ertragswertverfahren zur Bewertung von kleinen<br />

Unternehmen<br />

DStR 2001, S. 719 ff.<br />

Bengel, Manfred<br />

<strong>Die</strong> Notgeschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts und bei der Erbengemeinschaft<br />

ZEV 2002, S. 484 ff.<br />

Bergmann, Andreas<br />

<strong>Die</strong> fremdorganschaftlich verfasste offene Handelsgesellschaft,<br />

Kommanditgesellschaft und BGB-<br />

Gesellschaft als Problem <strong>des</strong> allgemeinen Verbandsrechts<br />

- Ein Beitrag zur Überwindung <strong>des</strong> Dualismus<br />

von Personengesellschaften und Körperschaften<br />

Dissertation, Berlin 2002<br />

Zitiert: Bergmann, Verbandsrecht, S. ...<br />

Beuthien, Volker<br />

Was hat die „rechtsfähige Personengesellschaft“<br />

Neues gebracht? Zur Entzauberung der Gruppenlehre<br />

NZG 2011, S. 481 ff.<br />

Beuthien, Volker<br />

<strong>Die</strong> Haftung von Personengesellschaftern (Geltungsgrenzen<br />

der §§ 278, 31, 831 BGB im Gesellschaftsrecht)<br />

DB 1975, S. 725 ff. sowie S. 773 ff.<br />

Blaurock, Uwe<br />

Das Anerkenntnis beim Kontokorrent<br />

NJW 1971, S. 2206 ff.<br />

Blümich, Walter Einkommensteuergesetz - Körperschaftsteuergesetz -<br />

Gewerbesteuergesetz - Nebengesetze<br />

Loseblatt, Stand Mai 2011 (111. Ergänzungslieferung),<br />

München 2011<br />

Zitiert: Blümich/Bearbeiter EStG § ... Rn. ...<br />

Bork Reinhard / Oepen,<br />

Klaus<br />

Einzelklagebefugnisse <strong>des</strong> Personengesellschafters<br />

ZGR 2001, S. 515 ff.<br />

316


Budde, Wolfgang <strong>Die</strong>ter /<br />

Förschle, Gerhart / Winkeljohann,<br />

Norbert<br />

Sonderbilanzen - Von der Gründungsbilanz bis zur<br />

Liquidationsbilanz<br />

4. Auflage, München 2008<br />

Zitiert: Budde/Förschle/Winkeljohann, Sonderbilanzen,<br />

S. ...<br />

Bunk, Sarah<br />

Vermögenszuordnung, <strong>Auseinandersetzung</strong> und<br />

Ausscheiden in Sozietät und Gemeinschaftspraxis<br />

Dissertation, Bonn 2007<br />

Zitiert: Bunk, Vermögenszuordnung, S. ...<br />

Büscher, Michael / Klusmann,<br />

Martin<br />

Forthaftung und Regress ausgeschiedener Personengesellschafter<br />

ZIP 1992, S. 11 ff.<br />

Canaris, Claus-Wilhelm <strong>Die</strong> Übertragung <strong>des</strong> Regelungsmodells der §§ 125 -<br />

130 HGB auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />

als unzulässige Rechtsfortbildung contra legem<br />

ZGR 2004, S. 69 ff.<br />

Canaris, Claus-Wilhelm<br />

<strong>Die</strong> Verrechnung beim Kontokorrent<br />

DB 1972, S. 421 ff. (Teil I) sowie S. 469 ff. (Teil II)<br />

Clemm, Raphael<br />

Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Personengesellschaft<br />

BB 1992, S. 1959 ff.<br />

Csik, Andreas<br />

Substanzwert als Funktion der Ertragserwartungen<br />

DB 1985, S. 1901 ff.<br />

Dauner-Lieb, Barbara<br />

Ein neues Fundament für die BGB-Gesellschaft<br />

DStR 2001, S. 356 ff.<br />

Dauner-Lieb, Barbara <strong>Die</strong> BGB-Gesellschaft mit beschränkter Haftung -<br />

Phantom oder zulässige Spielart der GbR?<br />

DStR 1998, S. 2014 ff.<br />

Döllerer, Georg<br />

Zur Bilanzierung <strong>des</strong> schwebenden Vertrags<br />

BB 1974, S. 1541 ff.<br />

317


Ebenroth, Carsten<br />

Thomas / Boujong, Karlheinz<br />

/ Joost, Detlev<br />

/ Strohn, Lutz<br />

Handelsgesetzbuch<br />

Band 1: §§ 1 - 342e<br />

2. Auflage, München 2008<br />

Zitiert: E/B/J/S/Bearbeiter HGB § ... Rn. ...<br />

Eckardt, <strong>Die</strong>derich Anmerkung zu BGH NZG 1999, S. 937<br />

NZG 1999, S. 938 ff.<br />

Engel, Christoph<br />

Abfindungsklauseln – eine systematische Übersicht<br />

NJW 1986, S. 345 ff.<br />

Englert, Joachim<br />

<strong>Die</strong> Bewertung von freiberuflichen Praxen mit Hilfe<br />

branchentypischer Wertfindungsmethoden<br />

BB 1997, S. 142 ff.<br />

Erman, Walter<br />

Bürgerliches Gesetzbuch - Handkommentar mit<br />

AGG, EGBGB (Auszug), ErbbauRG, LPartG,<br />

ProdHaftG,<br />

UKlaG, VBVG, VersAusglG und WEG<br />

13. Auflage, Köln 2011<br />

Zitiert: Erman/Bearbeiter BGB § ... Rn. ...<br />

Esskandari, Manzur<br />

Abfindungs- und <strong>Auseinandersetzung</strong>sansprüche bei<br />

Ausscheiden aus GmbH und GmbH & Co. KG sowie<br />

deren Geltendmachung<br />

GmbHR 2007, S. 137 ff.<br />

Flume, Werner<br />

Allgemeiner Teil <strong>des</strong> Bürgerlichen Rechts - Erster<br />

Band - Erster Teil: <strong>Die</strong> Personengesellschaft<br />

Berlin u.a. 1977<br />

Zitiert: Flume, BGB AT, § ...<br />

Flume, Werner<br />

Gesellschaft und Gesamthand<br />

ZHR 136 (1972), S. 177 ff.<br />

Freund, Stefan<br />

Abfindungsrechtliche Aspekte in der Sozietät<br />

ZIP 2009, S. 941 ff.<br />

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Früchtl, Bernd<br />

<strong>Die</strong> Anwachsung gem. § 738 I 1 BGB - Unbeachteter<br />

Eckpfeiler und gestaltbares Instrument <strong>des</strong> Personengesellschaftsrechts<br />

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Göllert, Kurt / Ringling, Wilfried<br />

<strong>Die</strong> Eignung <strong>des</strong> Stuttgarter Verfahrens für die Unternehmens-<br />

bzw. Anteilsbewertung im Abfindungsfall<br />

DB 1999, S. 516 ff.<br />

Großfeld, Bernhard<br />

<strong>Die</strong> Abfindung bei der Ausschließung aus einer Personengesellschaft<br />

ZGR 1982, S. 141 ff.<br />

Grziwotz, Herbert<br />

<strong>Die</strong> Liquidation von Personengesellschaften<br />

DStR 1992, S. 1365 ff.<br />

Grziwotz, Herbert<br />

Sonderfälle der Liquidation von Gesellschaften<br />

DStR 1992, S. 1813 ff.<br />

Gummert, Hans /<br />

Weipert, Lutz<br />

Münchener Handbuch <strong>des</strong> Gesellschaftsrechts<br />

Band 1: BGB-Gesellschaft, Offene Handelsgesellschaft,<br />

Partnerschaftsgesellschaft, Partenreederei,<br />

EWIV<br />

3. Auflage, München 2009<br />

Zitiert: MünchHdb GesR I/Bearbeiter § ... Rn. ...<br />

Gustavus, Eckhart<br />

<strong>Die</strong> Neuregelungen im Gesellschaftsrecht <strong>nach</strong> dem<br />

Regierungsentwurf eines Handelsrechtsreformgesetzes<br />

GmbHR 1998, S. 17 ff.<br />

Haack, Hansjörg<br />

Renaissance der Abfindung zum Buchwert? <strong>Die</strong><br />

neue Rechtsprechung <strong>des</strong> BGH zur Buchwertklausel<br />

GmbHR 1994, S. 437 ff.<br />

319


Habersack, Mathias<br />

Der Regress bei akzessorischer Haftung - Gemeinsamkeiten<br />

zwischen Bürgschafts- und Gesellschaftsrecht<br />

AcP 198 (1998), S. 152 ff.<br />

Hadding, Walther<br />

Zum Rückgriff <strong>des</strong> haftenden Treuhandkommanditisten<br />

In: Festschrift für Hans-Joachim Fleck zum 70. Geburtstag<br />

am 30. Januar 1988, herausgegeben von<br />

Reinhard Goerdeler u.a.<br />

Berlin u.a. 1988, S. 71 ff.<br />

Hadding, Walther<br />

Zum Rückgriff <strong>des</strong> ausgeschiedenen haftenden Gesellschafters<br />

einer OHG oder KG<br />

In: Festschrift für Walter Stimpel zum 68. Geburtstag<br />

am 29. November 1985, herausgegeben von<br />

Marcus Lutter u.a.<br />

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Hadding, Walther / Häuser,<br />

Franz<br />

Zum Rückgriff <strong>des</strong> haftenden Gesellschafters einer<br />

Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />

WM 1988, S. 1585 ff.<br />

Heckelmann, <strong>Die</strong>ter<br />

Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen - Eine<br />

Studie über die Grenzen der Gestaltungsfreiheit beim<br />

Ausscheiden aus der Offenen Handelsgesellschaft<br />

München 1973<br />

Zitiert: Heckelmann, Abfindungsklauseln, S. ...<br />

Heidner, Hans-Hermann<br />

Probleme der liquidierten Gesellschaft im Verfahren<br />

DStR 1992, S. 201 ff.<br />

Heß, Johannes<br />

<strong>Die</strong> Nichtigkeit von Abfindungsklauseln betreffend<br />

den Geschäftsanteil ausgeschiedener Gesellschafter<br />

<strong>nach</strong> § 138 BGB<br />

NZG 2001, S. 648 ff.<br />

Hillers, Klaus<br />

Personengesellschaft und Liquidation - <strong>Die</strong> Auswirkung<br />

der Liquidation auf die vermögensrechtliche<br />

320


Stellung der Gesellschafter<br />

Dissertation, Köln u.a. 1989<br />

Zitiert: Hillers, Personengesellschaft und Liquidation,<br />

S. ...<br />

Hirte, Heribert<br />

<strong>Die</strong> Ausübung der Informationsrechte von Gesellschaftern<br />

durch Sachverständige<br />

BB 1985, S. 2208 ff.<br />

Hörstel, Reinhard<br />

Der <strong>Auseinandersetzung</strong>sanspruch bei Ausscheiden<br />

einzelner Gesellschafter sowie der Liquidation von<br />

Gesellschaften und gesellschaftsähnlichen Rechtsverhältnissen<br />

NJW 1994, S. 2268 ff.<br />

Hofmeister, Jörg<br />

Beginn der Enthaftung <strong>des</strong> ausscheidenden Personengesellschafters<br />

<strong>nach</strong> § 160 I 2 HGB<br />

NJW 2003, S. 93 ff.<br />

Hosterbach, Ernst<br />

Unternehmensbewertung: Renaissance <strong>des</strong> Substanzwertes<br />

DB 1987, S. 897 ff.<br />

Huber, Ulrich<br />

Rechtsfähigkeit, juristische Person und Gesamthand<br />

In: Deutsches und Europäisches Gesellschafts-, Konzern-<br />

und Kapitalmarktrecht - Festschrift für Marcus<br />

Lutter zum 70. Geburtstag, herausgegeben von Uwe<br />

Schneider u.a. Köln 2000, S. 107 ff.<br />

Huber, Ulrich<br />

Gesellschafterkonten in der Personengesellschaft<br />

ZGR 1988, S. 1 ff.<br />

Huber, Ulrich<br />

Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil<br />

an Personengesellschaften <strong>des</strong> Handelsrechts<br />

Heidelberg, 1970<br />

Zitiert: Huber, Vermögensanteil, S. ...<br />

321


Hüffer, Uwe / Koch, Jens<br />

Gesellschaftsrecht<br />

8. Auflage, München 2011<br />

Zitiert: Hüffer/Koch, Gesellschaftsrecht, § ... Rn. ...<br />

Hülsmann, Christoph<br />

Anwaltssozietät: Rechtsprechungsreport zu Austrittsfolgen<br />

NZG 2001, S. 625 ff.<br />

Hülsmann, Christoph<br />

Gesellschafterabfindung und Unternehmensbewertung<br />

<strong>nach</strong> der Ertragswertmethode im Lichte der<br />

Rechtsprechung<br />

ZIP 2001, S. 450 ff.<br />

Hüttemann, Rainer<br />

Unternehmensbewertung als Rechtsproblem<br />

ZHR 162 (1998), S. 563 ff.<br />

Knobbe-Keuk, Brigitte<br />

Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht<br />

9. Auflage, Köln 1993<br />

Zitiert: Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht,<br />

S. ...<br />

Koller, Ingo / Roth, Wulf-<br />

Henning / Morck, Winfried<br />

Handelsgesetzbuch<br />

Kommentar<br />

7. Auflage, München 2011<br />

Zitiert: Koller/Roth/Morck/Bearbeiter HGB § ...<br />

Rn. ...<br />

Kornblum, Udo<br />

<strong>Die</strong> Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten<br />

von Personengesellschaften<br />

Frankfurt, 1972<br />

Zitiert: Kornblum, Haftung der Gesellschafter, S. ...<br />

Kort, Michael<br />

Actio pro socio auch bei Klagen gegen Nicht-<br />

Gesellschafter<br />

DStR 2001, S. 2162 ff.<br />

Kort, Michael<br />

<strong>Die</strong> neuere Entwicklung im Recht der Abfindungsklauseln<br />

DStR 1995, S. 1961 ff.<br />

322


Krönig, Ernst<br />

<strong>Die</strong> Beweislast-Probleme der §§ 752 bis 754 BGB<br />

MDR 1951, S. 602 ff.<br />

Kubis, <strong>Die</strong>tmar<br />

Der Regress <strong>des</strong> Personenhandelsgesellschafters aus<br />

materiellrechtlicher und verfahrensrechtlicher Sicht<br />

Dissertation, Hamburg 1988<br />

Zitiert: Kubis, Regress, S. ...<br />

Kühne, Gunter<br />

Gläubigersicherung und Gesellschafterschutz im<br />

Rahmen der §§ 128, 129 HGB<br />

ZHR 133 (1969), S. 149 ff.<br />

Leenen, Detlef<br />

<strong>Die</strong> Neugestaltung <strong>des</strong> Verjährungsrechts durch das<br />

Schuldrechtsmodernisierungsgesetz<br />

DStR 2002, S. 34 ff.<br />

Maul, Karl-Heinz<br />

Offene Probleme der Bewertung von Unternehmen<br />

durch Wirtschaftsprüfer<br />

DB 1992, S. 1253 ff.<br />

Meilicke, Wienand / Graf<br />

von Westphalen, Friedrich /<br />

Hoffmann, Jürgen / Lenz,<br />

Tobias / Wolff, Reinmar<br />

Partnerschaftsgesellschaftsgesetz - Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften<br />

Angehöriger Freier Berufe<br />

2. Auflage, München 2006<br />

Zitiert: Meilicke/Graf von Westphalen/Bearbeiter<br />

PartGG § ... Rn. ...<br />

Messer, Herbert<br />

Gesellschaftsbezogene Forderungen als unselbständige<br />

Rechnungsposten in der <strong>Auseinandersetzung</strong>srechnung<br />

der Gesellschaft<br />

In: Festschrift für Walter Stimpel zum 68. Geburtstag<br />

am 29. November 1985, herausgegeben von<br />

Marcus Lutter u.a.<br />

Berlin u.a. 1985, S. 205 ff.<br />

Michalski, Lutz <strong>Die</strong> Haftung für Sozialverpflichtungen in der GbR -<br />

Kommentar zu LG Saarbrücken, NZG 2000, 369<br />

NZG 2000, S. 355 ff.<br />

323


Michalski, Lutz / Römermann,<br />

Volker<br />

Verkauf einer Anwaltskanzlei<br />

NJW 1996, S. 1305 ff.<br />

Münch, Christof<br />

<strong>Die</strong> Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Grundbuch<br />

und Register<br />

DNotZ 2001, S. 535 ff.<br />

Musielak, Hans-Joachim<br />

Kommentar zur Zivilprozessordnung: ZPO mit Gerichtsverfassungsgesetz<br />

10. Auflage, München 2013<br />

Zitiert: Musielak/Bearbeiter ZPO § ... Rn. ...<br />

Neuhaus, Christoph<br />

Unternehmensbewertung und Abfindung bei freiwilligem<br />

Ausscheiden aus der Personengesellschaft<br />

Heidelberg, 1990<br />

Zitiert: Neuhaus, Unternehmensbewertung, S. ...<br />

Nitschke, Manfred<br />

<strong>Die</strong> Geltendmachung von Gesellschaftsforderungen<br />

durch den einzelnen Gesellschafter einer Personengesellschaft<br />

(Gesamthänderklage)<br />

ZHR 128 (1966), S. 49 ff.<br />

Notthoff, Martin<br />

Abfindungsregelungen in Personengesellschaftsverträgen<br />

DStR 1998, S. 210 ff.<br />

Otto, Klaus<br />

Übergangsgewinn bei Rechtsanwälten - Wann muss<br />

von der Einnahmen-Überschussrechnung zum Vermögensvergleich<br />

gewechselt werden?<br />

NJW 2010, S. 3601 ff.<br />

Palandt, Otto<br />

Bürgerliches Gesetzbuch mit Nebengesetzen, insbesondere<br />

mit Einführungsgesetz (Auszug) einschließlich<br />

Rom I-, Rom II- und Rom III-Verordnungen<br />

sowie dem Haager Unterhaltsprotokoll, Allgemeines<br />

Gleichbehandlungsgesetz (Auszug), Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz,<br />

BGB-Informationspflichten-<br />

Verordnung, Unterlassungsklagengesetz, Produkt-<br />

324


haftungsgesetz, Erbbaurechtsgesetz, Wohnungseigentumsgesetz,<br />

Versorgungsausgleichsgesetz, Lebenspartnerschaftsgesetz,<br />

Gewaltschutzgesetz<br />

§ 67. Auflage, München 2008<br />

§ 68. Auflage, München 2009<br />

§ 72. Auflage, München 2013<br />

Zitiert: Palandt/Bearbeiter BGB § ... Rn. ...<br />

(soweit nicht anders angegeben 72. Auflage)<br />

Peemöller, Volker<br />

Stand und Entwicklung der Unternehmensbewertung<br />

- Eine kritische Bestandsaufnahme<br />

DStR 1993, S. 409 ff.<br />

Peifer, Karl-Nikolaus<br />

Rechtsfähigkeit und Rechtssubjektivität der Gesamthand<br />

- die GbR als oHG?<br />

NZG 2001, S. 296 ff.<br />

Piltz, Detlev<br />

Stichwort: Gesellschafterbeträge (Einlagen) quoad<br />

dominum, quoad usum, quoad sortem<br />

DStR 1991, S. 251 ff.<br />

Prediger, Bernhard<br />

Der Gesamtschuldenausgleich unter den Gesellschaftern<br />

einer Offenen Handelsgesellschaft während <strong>des</strong><br />

Bestehens der Gesellschaft<br />

BB 1970, S. 868 ff.<br />

Prediger, Bernhard<br />

<strong>Die</strong> Inanspruchnahme der OHG und der Mitgesellschafter<br />

aus „Drittverhältnissen“ von Seiten eines<br />

Gesellschafters<br />

BB 1971, S. 245 ff.<br />

Preuß, Nicola<br />

Regressansprüche <strong>des</strong> ausgeschiedenen Gesellschafters<br />

einer Personenhandelsgesellschaft gegen die<br />

Gesellschaft<br />

ZHR 160 (1996), S. 163 ff.<br />

Reinhardt, Bärbel<br />

<strong>Die</strong> Einlage quoad sortem und ihre Darstellung in<br />

der Handelsbilanz<br />

DStR 1991, S. 588 ff.<br />

325


Rebmann, Kurt / Säcker,<br />

Franz Jürgen / Rixecker,<br />

Roland<br />

Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch<br />

§ Band 1: Allgemeiner Teil, §§ 1 - 240, ProstG,<br />

AGG<br />

Bandredakteur: Franz Jürgen Säcker<br />

6. Auflage, München 2012<br />

§ Band 2: Schuldrecht, Allgemeiner Teil, §§ 241 -<br />

432<br />

Bandredakteur: Wolfgang Krüger<br />

6. Auflage, München 2012 (soweit nicht anders<br />

angegeben)<br />

§ Band 5: Schuldrecht, Besonderer Teil III, §§ 705<br />

- 853, Partnerschaftsgesellschaftsgesetz, Produkthaftungsgesetz<br />

Bandredakteur: Mathias Habersack<br />

6. Auflage, München 2013 (soweit nicht anders<br />

angegeben)<br />

§ Band 7: Familienrecht I, §§ 1297 - 1588, Versorgungsausgleichsgesetz,<br />

Gewaltschutzgesetz,<br />

Lebenspartnerschaftsgesetz<br />

Bandredakteurin: Elisabeth Koch<br />

6. Auflage 2013<br />

Zitiert: MünchKomm BGB (ggf. Auflage, Ort,<br />

Jahr)/Bearbeiter § ... Rn. ...<br />

Reiff, Peter<br />

<strong>Die</strong> Haftungsverfassung der GbR <strong>nach</strong> dem Urteil<br />

<strong>des</strong> BGH vom 27. 9. 1999 (II ZR 371/98)<br />

NZG 2000, S. 281 ff.<br />

Reinicke, <strong>Die</strong>trich / Tiedtke,<br />

Klaus<br />

<strong>Die</strong> Ausschließung der Ertragswert-Methode bei der<br />

Berechnung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens eines<br />

ausscheidenden Gesellschafters<br />

DB 1984, S. 703 ff.<br />

326


Riegger, Bodo<br />

<strong>Die</strong> Rechtsfolgen <strong>des</strong> Ausscheidens eines Gesellschafters<br />

aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft<br />

Karlsruhe, 1969<br />

Zitiert: Riegger, Ausscheiden, S. ...<br />

Roolf, Willy / Vahl, Günter<br />

<strong>Die</strong> Beteiligung eines ausgeschiedenen Gesellschafters<br />

am Ergebnis schwebender Geschäfte<br />

DB 1983, S. 1964 ff.<br />

Römermann, Volker<br />

Auflösung und Abspaltung bei Anwaltssozietäten<br />

NJW 2007, S. 2209 ff.<br />

Roth, Günter / Altmeppen,<br />

Holger<br />

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter<br />

Haftung (GmbHG)<br />

7. Auflage, München 2012<br />

Zitiert: Roth/Altmeppen GmbHG § ... Rn. ...<br />

Saenger, Ingo<br />

<strong>Die</strong> im Handelsregister gelöschte GmbH im Prozess<br />

GmbHR 1994, S. 300 ff.<br />

Schiefer, Christina<br />

<strong>Die</strong> Anwachsung bei der Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts<br />

DStR 1996, S. 788 ff.<br />

Schmidt, Karsten<br />

Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch<br />

Band 2 - Zweites Buch. Handelsgesellschaften und<br />

stille Gesellschaft - Erster Abschnitt. Offene Handelsgesellschaft<br />

- §§ 105 - 160<br />

Bandredakteur: Karsten Schmidt<br />

3. Auflage, München 2011<br />

Zitiert: MünchKomm HGB/Bearbeiter § ... Rn. ...<br />

Schmidt, Karsten<br />

<strong>Die</strong> Gesellschafterhaftung bei der Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts als gesetzliches Schuldverhältnis<br />

NJW 2003, S. 1897 ff.<br />

327


Schmidt, Karsten<br />

Gesellschaftsrecht<br />

4. Auflage, Köln u.a. 2002<br />

Zitiert: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § ... S. ...<br />

Schmidt, Karsten <strong>Die</strong> Außengesellschaft: rechts- und parteifähig –<br />

Besprechung <strong>des</strong> Grundlagenurteils II R 331/00 vom<br />

29.01.2001<br />

NJW 2001, S. 993 ff.<br />

Schmidt, Karsten<br />

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen eines Nachhaftungsbegrenzungsgesetzes<br />

DB 1990, S. 2357 ff.<br />

Schmidt, Karsten<br />

<strong>Die</strong> Handels-Personengesellschaft in der Liquidation<br />

– Ein neues Bild <strong>des</strong> Liquidationsrechts der Gesamthandsgesellschaften<br />

ZHR 153 (1989), S. 270 ff.<br />

Schmidt, Karsten<br />

Gesellschaft bürgerlichen Rechts - welche Änderungen<br />

und Ergänzungen sind im Recht der BGB-<br />

Gesellschaft geboten?<br />

In: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung <strong>des</strong><br />

Schuldrechts, herausgegeben vom Bun<strong>des</strong>minister<br />

der Justiz, Band 3, 1983, S. 413 ff.<br />

Zitiert: K. Schmidt, Gutachten, S. ...<br />

Schmidt, Karsten<br />

Abfindung, Unternehmensbewertung und schwebende<br />

Geschäfte<br />

DB 1983, S. 2401 ff.<br />

Schmidt, Ludwig<br />

Einkommensteuergesetz<br />

Kommentar<br />

30. Auflage, München 2011<br />

Zitiert: Schmidt/Bearbeiter EStG § ... Rn. ...<br />

Schneider, Stephan<br />

BGH unternimmt Abgrenzung zu „Sanieren oder<br />

Ausscheiden“<br />

NZG 2011, S. 575 ff.<br />

328


Schönle, Herbert<br />

Der Abfindungsanspruch <strong>des</strong> ausscheidenden OHG-<br />

Gesellschafters<br />

DB 1959, S. 1427 ff.<br />

Schopp, Heinrich<br />

Kapitalkonten und Gesellschafterdarlehen in den<br />

Abschlüssen von Personenhandelsgesellschaften<br />

BB 1987, S. 581 ff.<br />

Schulze-Osterloh, Joachim<br />

Das <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthaben <strong>des</strong> ausscheidenden<br />

Gesellschafters einer Personengesellschaft <strong>nach</strong><br />

§ 738 Abs. 1 Satz 2 BGB<br />

ZGR 1986, S. 545 ff.<br />

Schumann, Hans<br />

Zur konkursrechtlichen Stellung <strong>des</strong> zahlenden und<br />

rückgriffsberechtigten Kommanditisten<br />

JZ 1958, S. 427 ff.<br />

Schwung, Siegfried<br />

<strong>Die</strong> Bindungswirkung der Abschichtungsbilanz<br />

BB 1985, S. 1374 ff.<br />

Sigle, Walter<br />

Gedanken zur Wirksamkeit von Abfindungsklauseln<br />

in Gesellschaftsverträgen<br />

ZGR 1999, S. 659 ff.<br />

Soergel, Theodor<br />

Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und<br />

Nebengesetzen<br />

13. Auflage, Stuttgart, 1999 - 2011<br />

Band 11/1: Schuldrecht 9/1 (§§ 705 - 758 BGB)<br />

Zitiert: Soergel/Bearbeiter BGB § ... Rn. ...<br />

von Staudinger, Julius<br />

Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz<br />

und Nebengesetzen<br />

§ 12. Bearbeitung 1991<br />

§§ 652 - 740, Berlin 1991<br />

Bearbeiter: Ernst Kessler, <strong>Die</strong>ter Reuter, Olaf<br />

Werner, Roland Wittmann<br />

Redakteur: <strong>Die</strong>ter Reuter<br />

329


§ 13. Bearbeitung 2003<br />

§§ 705 - 740 (Gesellschaftsrecht), Berlin 2003<br />

Bearbeiter: Stefan Habermeier<br />

Redakteur: <strong>Die</strong>ter Reuter<br />

§ 13. Bearbeitung 2008<br />

§§ 741 - 746 (Gemeinschaftsrecht, Leibrente,<br />

Spiel), Berlin 2008<br />

Redakteur: Jörg Mayer<br />

Zitiert: Staudinger/Bearbeiter BGB (Jahr) § ... Rn. ...<br />

Steffek, Felix<br />

<strong>Die</strong> Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Grundbuch<br />

ZIP 2009, S. 1445 ff.<br />

Sterzinger, Christian<br />

Steuerliche Folgen der <strong>Auseinandersetzung</strong> freiberuflich<br />

tätiger Personengesellschaften<br />

NJW 2010, S. 3057 ff.<br />

Stötter, Viktor<br />

Zulässigkeit einer Stufenklage <strong>des</strong> Ausgeschiedenen<br />

OHG-/ BGB-Gesellschafters auf Rechnungslegung<br />

und Zahlung <strong>des</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong>sguthabens<br />

BB 1977, S. 1219 ff.<br />

Stötter, Viktor<br />

Der <strong>Auseinandersetzung</strong>sanspruch <strong>des</strong> ausscheidenden<br />

Gesellschafters einer Personengesellschaft<br />

BB 1974, S. 676 ff.<br />

Stötter, Viktor<br />

<strong>Die</strong> Abschichtungsbilanz <strong>nach</strong> dem Ausscheiden<br />

eines Gesellschafters<br />

DB 1972, S. 271 ff.<br />

Sudhoff, Heinrich<br />

GmbH & Co. KG<br />

6. überarbeitete Auflage, München 2005<br />

Zitiert: Sudhoff/Bearbeiter, GmbH & Co. KG, § ...<br />

Rn. ...<br />

Sudhoff, Heinrich<br />

Eigener Grundbesitz der Gesellschafter in der Bilanz<br />

der Personengesellschaft<br />

NJW 1978, S. 1401 ff.<br />

330


Sudhoff, Heinrich<br />

<strong>Die</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong> zwischen Gesellschaftern<br />

einer Personengesellschaft<br />

DB 1964, S. 1324 ff.<br />

Theil, Clemens Anmerkung zum Urteil <strong>des</strong> BGH, JZ 1979 566 f.<br />

JZ 1979, S. 567 f.<br />

Timm, Wolfram<br />

<strong>Die</strong> Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts und ihre Haftungsverfassung<br />

NJW 1995, S. 3209 ff.<br />

Ulmer, Peter<br />

<strong>Die</strong> Haftungsverfassung der BGB-Gesellschaft<br />

ZIP 2003, S. 1113 ff.<br />

Ulmer, Peter<br />

Rückbesinnung als Fortschritt? Bemerkung zu Karsten<br />

Schmidts Vorschlag einer Reform der Gesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts<br />

ZGR 1984, S. 313 ff.<br />

Ulmer, Peter / Steffek, Felix<br />

Grundbuchfähigkeit einer rechts- und parteifähigen<br />

GbR<br />

NJW 2002, S. 330 ff.<br />

Ulrich, Klaus<br />

Grundstücke im Gesellschafts- und im Betriebsvermögen<br />

einer KG<br />

NJW 1974, S. 1486 ff.<br />

Vorwerk, Volkert / Wolf,<br />

Christian<br />

Beck´scher Online-Kommentar ZPO<br />

Aktualisierung über Beck Online (Stand:<br />

01.04.2013)<br />

Edition 9, München<br />

Zitiert: Vorwerk/Wolf/Bearbeiter ZPO § ... Rn. ...<br />

Waclawik, Erich<br />

Prozessführung im Gesellschaftsrecht - Corporate<br />

Litigation<br />

München, 2008<br />

Zitiert: Waclawik, Prozessführung, S. ...<br />

331


Wagner, Klaus<br />

Notleidende geschlossene Fonds: Sanieren oder Ausscheiden<br />

NZG 2009, S. 1378 ff.<br />

Wagner, Klaus<br />

Nachschusspflichten bei notleidenden geschlossenen<br />

GbR-Immobilienfonds<br />

WM 2006, S. 1273 ff.<br />

Wagner, Franz / Nonnenmacher,<br />

Rolf<br />

<strong>Die</strong> Abfindung bei der Ausschließung aus einer Personengesellschaft<br />

– Besprechung der Entscheidung<br />

<strong>des</strong> BGH vom 12. 2. 1979<br />

ZGR 1981, S. 674 ff.<br />

Walter, Gerhard<br />

Anmerkung zu BGH Urteil vom 01.12.1982 – VIII<br />

ZR 206/81<br />

JZ 1983, S. 260 ff.<br />

Walter, Gerhard<br />

Der Gesellschafter als Gläubiger seiner Gesellschaft<br />

JuS 1982, S. 81 ff.<br />

Wangler, Clemens / <strong>Die</strong>rkes,<br />

Raphael<br />

Gesellschaftsvertragliche Abfindungsregelungen:<br />

Rechtsprechung und Vertragspraxis<br />

DS 2007, S. 94 ff.<br />

Weber, Christoph<br />

Sanieren oder Ausscheiden – Treuebindungen bei<br />

der Sanierung von Personengesellschaften - Zugleich<br />

Besprechung <strong>des</strong> BGH-Urteils vom 19. 10. 2009, II<br />

ZR 240/08, DStR 2009, 2495<br />

DStR 2010, S. 702 ff.<br />

Wertenbruch, Johannes<br />

Beginn der Enthaftungsfrist bei Ausscheiden aus<br />

einer Personengesellschaft<br />

NZG 2008, S. 216 ff.<br />

Wertenbruch, Johannes<br />

<strong>Die</strong> Parteifähigkeit der GBR – die Änderungen für<br />

die Gerichts- und Vollstreckungspraxis<br />

NJW 2002, S. 324 ff.<br />

332


Westermann, Harm Peter<br />

<strong>Die</strong> Sanierung geschlossener Immobilienfonds<br />

NZG 2010, S. 321 ff.<br />

Westermann, Harm Peter<br />

Rechtsfolgen <strong>des</strong> Ausscheidens aus einer Freiberufler-Sozietät<br />

AnwBl 2007, S. 103 ff.<br />

Westermann, Harm Peter<br />

Erste Folgerungen aus der Anerkennung der Rechtsfähigkeit<br />

der BGB-Gesellschaft<br />

NZG 2001, S. 289 ff.<br />

Graf von Westphalen, Friedrich<br />

<strong>Die</strong> Abschichtungsbilanz bei Ausscheiden eines Gesellschafters<br />

aus einer BGB-Gesellschaft<br />

BB 1982, S. 1894 ff.<br />

Wiedemann, Herbert<br />

Rechte und Pflichten <strong>des</strong> Personengesellschafters<br />

WM-Sonderbeilage Nr. 7/1992<br />

Zitiert: Wiedemann, WM-Beilage 7/1992, S. ...<br />

Wiedemann, Herbert<br />

<strong>Die</strong> Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten<br />

bei Handelsgesellschaften<br />

München, 1965<br />

Zitiert: Wiedemann, Übertragung und Vererbung,<br />

S. ...<br />

Wilhelm, Jan<br />

<strong>Die</strong> Grundbuchfähigkeit der Gesamthandsgesellschaft<br />

bürgerlichen Rechts<br />

NZG 2011, S. 801 ff<br />

Wolff, Reinmar<br />

<strong>Die</strong> <strong>Auseinandersetzung</strong> von Freiberuflersozietäten<br />

und ihre prozessuale Bewältigung<br />

NJW 2009, S. 1302 ff.<br />

Wollny, Paul<br />

Rechtsprechung zum „Streit um den Wert von Unternehmen“<br />

Beilage 17 zu BB 1991, Heft 25<br />

Zitiert: Wollny, BB-Beilage 1991, S. ...<br />

333


Zehner, Klaus<br />

Unternehmensbewertung im Rechtsstreit<br />

DB 1981, S. 2109 ff.<br />

Zunft, Fritz<br />

Materiellrechtliche und prozessrechtliche Fragen zur<br />

Bilanz der OHG und KG<br />

NJW 1959, S. 1945 ff.<br />

334

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