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102<br />
ANTON CZETTL.ER<br />
Im Laufe der folgenden Monate wurden die Verhandlungen mit dem<br />
Kaiser weitergeführt. Die nach Prag entsandte siebenbürgische Delegation<br />
wurde von Stefan Bocskay geleitet. Das Bündnis wurde erst im<br />
Januar 1595 abgeschlossen. Die Meinungen der Parteien über die Souveränitätsrechte<br />
Sigismunds wichen voneinander so ab, daß Rudolf gezwungen<br />
war, den Entscheid ohne Befragung des ungarischen Reichstages<br />
zu treffen. Die Souveränität Sigismunds wurde anerkannt. Nur wenn er<br />
ohne männlichen Erben bliebe, sollte Siebenbürgen wieder dem ungarischen<br />
Königreich eingegliedert werden. Zudem billigte Rudolf die Eheschließung<br />
Sigismunds mit seiner Nichte, der Erzherzogin Maria Christierna.<br />
Die Trauung fand im Herbst 1595 in Siebenbürgen statt. Dieser<br />
am 28. Januar 1595 abgeschlossene Vertrag ist für die Geschichte der<br />
Außenpolitik Siebenbürgens deswegen bedeutend, weil hier die Souveränität<br />
des Fürstentums — wenn auch mit Vorbehalten — das erste Mal<br />
anerkannt wurde 41 .<br />
Große außenpolitische Erfolge verzeichnete Sigismund auch im<br />
Verhältnis zu den zwei rumänischen Woiwodschaften. Als der Woiwode<br />
der Walachei, Michael der Tapfere von den Truppen des Großwesirs,<br />
Sinan, angegriffen wurde, ersuchte er den siebenbürgischen Fürsten um<br />
Hilfe. Michael leistete dem Fürsten als Untertan den Treueschwur. Noch<br />
wichtiger war das Abkommen der walachischen Bojaren mit Sigismund,<br />
indem vereinbart wurde, daß in Zukunft der Woiwode nur mit der<br />
Beiziehung eines 12-köpfigen Bojaren-Rates regieren kann, dessen Mitglieder<br />
gleichzeitig auch Mitglieder des siebenbürgischen Landtages werden<br />
42 . Die Konturen einer vom Fürsten Siebenbürgens geführten Donau-<br />
Konföderation zeichneten sich ab insbesondere als Báthorys Truppen in<br />
die Moldau eindrangen, den Woiwoden Aaron absetzten und einen einheimischen<br />
Bojaren zum Woiwoden erhoben. Wahrscheinlich hat Makkai<br />
recht, wenn er behauptet, daß, hätte sich diese Konföderation stabilisieren<br />
können, auch in den zwei rumänischen Wojewodschaften eine ständische<br />
Entwicklung nach polnisch-ungarischem Muster eingesetzt hätte 43 .<br />
Der im Herbst 1595 eingeleitete Feldzug gegen die Türken führte zu<br />
großen Erfolgen. Die von Bocskay, Albert Király und Michael dem Tapferen<br />
geführten siebenbürgischen und walachischen Truppen übersetzten<br />
die Donau und drangen tief in Bulgarien ein. Das christliche Europa war<br />
begeistert vom siegreichen Vormarsch der Truppen des jungen Fürsten,<br />
der für eine kurze Zeit der Held des Christentums wurde 44 .<br />
Hofhistoriker, versuchte Bocskay reinzuwaschen, heute neigen wir aber zur<br />
Auffassung, daß die Militärführer des Fürsten, Bocskay und Geszty mindestens<br />
mitschuldig waren (So auch Szilágyi und Hóman/Szekfű).<br />
41 Der Wortlaut des Vertrages ist abgedruckt in G o o ß : Österreichs Staatsverträge,<br />
Siebenbürgen (1526—1690) Wien, 1911.<br />
42 Makkai, L.: Román-magyar közös múlt, Budapest 1948, S. 88/89.<br />
43 Ebenda.<br />
44 Laut Zeitgenossen sah das christliche Europa seit Jahrzehnten keine so begeisterte,<br />
vom Sieg über die Muselmanen beseelte Armee wie die des Fürsten<br />
Sigismund (Hóman/Szekfű, Band 3. S. 319).