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Diakonie 4/2013 als PDF downloaden - networx.at

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thema<br />

<strong>Diakonie</strong>-Dialoge<br />

Menschen im Alter<br />

haben ein Recht<br />

darauf in ihrer<br />

Selbstbestimmung<br />

unterstützt und<br />

gefördert zu werden.<br />

selbst, ob er mitmachen möchte. Es<br />

ist auch in Ordnung, wenn jemand<br />

mal nachdenklich ist und einfach<br />

mal eine Stunde alleine bleiben<br />

und nur aus dem Fenster schauen<br />

möchte. Wenn die Sprache durch<br />

eine Demenz erkrankung fehlt, ist<br />

es eine Kunst den Willen des Gastes<br />

zu deuten. Als Mitarbeiter h<strong>at</strong> man<br />

dann oft das Bedürfnis den Gast in<br />

die Gruppe hineinzuholen. Solche<br />

Situ<strong>at</strong>ionen reflektiere ich dann in<br />

den Teamsitzungen.“<br />

Auch im Team von Willi Obermeir<br />

müssen sich MitarbeiterInnen bei<br />

BewohnerInnen, die aufgrund einer<br />

Demenzerkrankung sich verbal nicht<br />

mehr ausdrücken können, bei jeder<br />

Handlung fragen: Will sie/er das<br />

so? Meint sie/er das so? „Dies heißt<br />

auch nicht hinter dem Rücken von<br />

Bewohnerinnen und Bewohnern zu<br />

sprechen“, so Obermeir. Er leitet in<br />

der Region Innviertel neben Einrichtungen<br />

der Behindertenhilfe auch das<br />

Haus für Senioren Mauerkirchen. „Wir<br />

begleiten die Selbstbestimmung der<br />

Bewohner. Dies bedeutet im Zusammenleben<br />

aber oft eine Gradwanderung.<br />

Wenn das Essen mit Fingern<br />

für einen Bewohner mit Demenz<br />

Selbstbestimmung bedeutet, weil<br />

er das Besteck nicht mehr erkennt,<br />

für seinen Tischnachbarn dies aber<br />

eine Einschränkung ist, dann nehmen<br />

die Mitarbeiter ihn verbal und auch<br />

körperlich bei der Hand und begleiten<br />

ihn aus dieser Situ<strong>at</strong>ion heraus.“<br />

Prof. Sedmak sprach in seinem Vortrag<br />

von einer „Sprache der Liebe“, wo<br />

Feingefühl, Präsenz, Experimentieren<br />

und genau Hinschauen wichtige Vokabeln<br />

sind, die wir lernen sollten, um<br />

Menschen im Alter bei ihrer Selbstbestimmung<br />

zu unterstützen. Obermeir<br />

formuliert dies so: „Bei uns im Haus<br />

leben nicht 80 Bewohnerinnen und Bewohner,<br />

sondern 80 Persönlichkeiten.<br />

Denn auch wenn das Wissen durch die<br />

Demenz gelöscht wird, die Persönlichkeit<br />

bleibt.“<br />

Quartiersarbeit fördert<br />

Selbstbestimmung<br />

Auch für ältere zuhause lebende<br />

Menschen muss Selbstbestimmung<br />

wesentlich stärker gefördert werden.<br />

Adäqu<strong>at</strong>e Ber<strong>at</strong>ungs- und Inform<strong>at</strong>ionsmöglichkeiten<br />

vergrößern die<br />

Wahlmöglichkeiten und erhöhen<br />

damit die Entscheidungsspielräume.<br />

Auch der Aufbau von sozialen Netzen<br />

wie z.B. Nachbarschaftshilfe bietet<br />

mehr Chancen zur sozialen Teilhabe<br />

und stützt die selbstbestimmte Lebensführung<br />

der älteren Bevölkerung.<br />

So kann Quartiersarbeit beispielsweise<br />

Menschen mit Demenz eine Stimme<br />

geben durch das Respektieren dieser<br />

<strong>als</strong> Experten ihrer Lebenswelt und der<br />

Orientierung an den Bedürfnissen.<br />

Fachkräfte unterstützen gemeinsam<br />

mit Bürgeriniti<strong>at</strong>iven die Betroffenen<br />

und ermöglichen so ein „normales<br />

Weiterleben“ in der gewohnten Umgebung.<br />

Das alte Paradigma der Fürsorge<br />

muss abgelöst werden durch das neue<br />

Paradigma Selbstbestimmung. In<br />

ihrem Vortrag bei den <strong>Diakonie</strong>-Dialogen<br />

betonte die Demenz-Betroffene<br />

und Aktivistin Helga Rohra: „Das Ich<br />

geht nicht verloren, auch wenn meine<br />

Sprache schwindet. Ich habe Demenz,<br />

aber ich bin viel mehr – Mutter, Dolmetscherin,<br />

ich habe Interessen und<br />

Fähigkeiten, trotz meiner Krankheit!“<br />

Die Angst vor dem Verlust der Selbstbestimmung<br />

und der Autonomie belastet<br />

Menschen im Alter. Deshalb sind<br />

Gespräche und umfassende Inform<strong>at</strong>ionen<br />

im Vorfeld eines Umzugs in eine<br />

st<strong>at</strong>ionäre Einrichtung oder vor der<br />

Inanspruchnahme eines ambulanten<br />

Dienstes besonders wichtig. Denn<br />

Zufriedenheit und Geborgenheit werden<br />

durch erlebte Selbstbestimmung<br />

ermöglicht. „Selbstbestimmt leben<br />

und entscheiden, was ich glaube, was<br />

für mich gut ist, das wünschen wir<br />

uns alle. Es kommt nicht plötzlich das<br />

Bedürfnis nach Selbstbestimmung<br />

abhanden, nur weil wir ins Alter kommen“,<br />

so Rektorin Christa Schrauf.<br />

Die Refer<strong>at</strong>e der 19. <strong>Diakonie</strong>-Dialoge<br />

stehen unter www.diakoniewerk.<strong>at</strong>/<br />

de/612/IDnews=17927<br />

zum Download bereit.<br />

diakonie ∙ Oktober <strong>2013</strong> 8

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