1933-Erinnerungen von Schwester Cassilda Joos - Burgenverein ...
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Recht bald kommt das Alter des Erwachens für Freude u. Schmerz. Eine<br />
meiner ersten <strong>Erinnerungen</strong> ist mein grosser Schmerz beim Tode unserer<br />
geliebten, alten Amme u. Wärterin Meya. (Ihr richtiger Name war Maria<br />
Mafiew.). Sie war nach ganz kurzer Krankheit selig im Herrn gestorben. Ich<br />
weinte bitterlich, als man sie hinaustrug u. fing an das Wort Sterben, Tod, in<br />
seiner Bedeutung in etwas zu begreifen u. zu fürchten. Ich fühlte mich einige<br />
Zeit recht traurig und verlassen. Ich zählte damals 4 - 5 Jahre.<br />
Auch meine erste Freude, deren ich mich erinnere, prägte sich mir tief ein.<br />
Meine <strong>Schwester</strong> war etwas mehr als zwei Jahre älter als ich. Mit dem 7.ten<br />
Jahre wurde sie schulpflichtig u. besuchte daheim die erste Primarklasse.<br />
(Damals wie auch heute noch wurde bei uns nur im Winter Schule gehalten,<br />
d.h. 6 Monate. Während der guten Jahreszeit müssen die Kinder den Eltern<br />
bei der Arbeit helfen, die Knaben hauptsächlich bei dem Vieh auf den<br />
Bergen u. Alpen)<br />
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An den Winterabenden lernte sie ihre Lektion aus der Fibel. Gleichsam<br />
spielend u. zur Kurzweil lernte ich mit ihr aus dem gleichen Büchlein,<br />
während die Mutter in der Küche beschäftigt war u. bis nächsten Frühling<br />
konnten wir beide lesen. Eines Abends kam ein benachbarter<br />
protestantischer Mann in Geschäften beim Vater zu Besuch. Mein Vater<br />
lobte mich bei ihm u. hiess mich ihm aus einem Blatte vorzulesen. Es gelang<br />
mir ganz geläufig. Der freundliche Mann staunte u. freute sich u. schenkte<br />
mir einen glitzernden Zwanziger. Diese Scene ist mir treu im Gedächnis<br />
geblieben, während ich mich an das Lesen lernen u. die Vorgänge des<br />
Winters nicht im Geringsten erinnere. Das zwanzig Centimstück freute<br />
mich, (Siehe S. 45 Nachtrag.). besonders aber das Lob meines lb. Vaters, der<br />
sowohl im Lob als im Tadel stets sehr sparsam war. Ich glaube, es war<br />
vielfach deswegen, dass wir Kinder alle vor unserm Vater stets grossen<br />
Respekt hatten u. zwar bis zu seinem Tode in hohem Alter. (Siehe S. 49, 50<br />
Nachtrag.).<br />
Ich hoffte nun bald zur Schule gehen zu dürfen. Als aber nächsten Herbst die<br />
Schule angekündet wurde, war ich nicht auf der Liste, weil ich noch ein Jahr<br />
zu jung war. Meine <strong>Schwester</strong> musste also allein gehen. Nach ein paar<br />
Tagen aber lockte sie mich mit u. als der Lehrer mich zurückweisen wollte,<br />
machte sie den Fürsprecher u, erzählte ihm, ich könne lesen. Der Lehrer gab