1933-Erinnerungen von Schwester Cassilda Joos - Burgenverein ...
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Frauen auf ihn. Wir assen alle miteinander, am gleichen Tische, der Herr<br />
Pfarrer, die Köchinnen u. ich. Der Herr Pfarrer war ein guter Erzähler u.<br />
eifriger Politiker, wo<strong>von</strong> ich sehr wenig verstand. Er passte sich aber<br />
geduldig meiner schwachen Fassungskraft an u. lehrte mich über manches.<br />
So ging alles vortrefflich. Nur eines tadelte er, ich stand des morgens zu früh<br />
auf, wie er meinte. Ich war vom Mutterhause her gewohnt um 4 Uhr<br />
aufzustehen u. das wollte er nicht, er fürchtete, ich würde krank. Ich aber<br />
hielt tapfer stand, dank meines Novizeneifers u. erhob mich jeden Morgen<br />
ganz leise, leise zur vorgeschriebenen Zeit. Dass ich nur Novizin war, hat<br />
der Herr Pfarrer nie vernommen. Es war mir v. Sr. Concordia verboten<br />
worden zu sagen u. er hat auch nie darnach gefragt.<br />
Seite 63:<br />
Sobald die liebe Frau Mutter <strong>von</strong> ihrer Reise heimgekehrt war, schrieb sie<br />
mir ein liebes, aufmunterndes Briefchen u. im Laufe des folgenden Sommers<br />
beauftragte sie die liebe <strong>Schwester</strong> Cornelia, Oberin in Gruyeres (Hospitz),<br />
nach mir zu sehen. Sie zeigte ihre Ankunft an und ich ging ihr eine Strecke<br />
entgegen. Auf der Wiese welche zum Schloss Guibert gehört, war der<br />
Eigentümer samt seiner Familie mit heuen beschäftigt. Seine Kinder spielten<br />
am Wege. Das Schloss samt Liegenschaft gehörte damals einem<br />
protestantischen Bernerbauer, namens Spicher aus Bümplitz. Da rief eines<br />
seiner Kinder, ein 8-9 jähriges Mädchen: "Muetti, Chum lug, d’Frau Pfarrer<br />
geht do ahi, d’katolische Pfarreri. Muetti, chum gleitig, de gsäschi da".<br />
Offenbar hielt mich das protestantische Kind meiner Kleidung wegen für<br />
etwas vornehmeres u. das war ihm die Pfarrersfrau.<br />
Der lb. Schw. Concordia gefiel es gut in Ueberstorf u. sie blieb einen Tag u.<br />
eine Nacht bei uns. Der Herr Pfarrer u. sie verstanden sich bald sehr gut. Er<br />
erzählte ihr<br />
Seite 64:<br />
manches u. klagte ihr auch, dass es ihm viel Herzleid mache, dass in seiner<br />
Grenzpfarrei viele Berner hereinkommen u. sich Landgüter ankaufen.<br />
Besonders bedaure er auch, dass das Schloss Guibert in protestantische<br />
Hände übergegangen sei. Es sei aber jetzt wieder zum Verkaufe angeboten.<br />
Sie verstand ihn wohl u. versprach ihm, wo es gelegentlich geschehen<br />
könne, auf einen Käufer einzuwirken. Die liebe <strong>Schwester</strong> Cornelia ahnte<br />
wohl nicht, dass sie gerade in Uebersdorf ihre letzte Ruhestätte finden sollte.