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Deutscher Bundestag 5. Wahlperiode Drucksache V/2841

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<strong>Drucksache</strong> V/<strong>2841</strong><br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — <strong>5.</strong> <strong>Wahlperiode</strong><br />

Ergebnis geführt: Alle bedeutenden Mineralölgesellschaften<br />

haben in den letzten Jahren Kraftfahrzeugpflegemittel<br />

in ihr Vertriebsprogramm aufgenommen;<br />

der Verkauf erfolgt bei allen Tankstellennetzen<br />

in der Weise, daß der Tankstellenpartner nicht<br />

— wie bei Treib- und Schmierstoffen — im Namen<br />

und für Rechnung der Mineralölgesellschaften, sondern<br />

als Eigenhändler tätig wird. Während die<br />

Gesellschaften zunächst allgemein damit einverstanden<br />

waren, daß ihre Tankstellenpartner auch Pflegemittel<br />

anderer Herkunft beziehen, verwerten und<br />

verkaufen, haben sie in den letzten Monaten den<br />

Absatz ihres eigenen Pflegemittelprogramms verstärkt.<br />

Unter Berufung auf die in den Tankstellenverträgen<br />

niedergelegten Verpflichtungen wurde<br />

— von wenigen Ausnahmen abgesehen — konsequent<br />

darauf geachtet, daß die Lagerung und der<br />

Vertrieb von Fremdprodukten entweder ganz unterblieb<br />

oder doch das einheitliche Markenbild nicht<br />

störte. Die Klagen häuften sich, daß in Fällen, in<br />

denen eine rechtliche Ausschließlichkeitsbindung<br />

nicht vorliegt, wirtschaftlicher Druck angewandt<br />

wird, um dieses Ziel zu erreichen. Diese Bindungen<br />

und Verhaltensweisen erfüllen die Voraussetzungen<br />

des § 18 Abs. 1 Nr. 2 und 4 und beschränken für die<br />

übrigen Anbieter von Kraftfahrzeugpflegemitteln<br />

den Zugang zum Markt in unbilliger Weise. Bei<br />

der Prüfung dieser Frage wurden die Bindungssysteme<br />

der einzelnen Mineralölgesellschaften nicht<br />

isoliert, sondern in ihrer Gesamtheit gewürdigt. Da<br />

ein wesentlicher Teil des Absatzes von Kraftfahrzeugpflegemitteln<br />

über Tankstellen abgewickelt<br />

wird — eine Organisation des Einzelhandels schätzt<br />

den Anteil auf 70 bis 75 v. H. — , bieten die Angebotsmöglichkeiten,<br />

die den Kraftfahrzeugpflegemittellieferanten<br />

nach dem weitgehenden Ausscheiden<br />

der Tankstellen noch offenstehen, nur noch<br />

geringe Aussichten zur Erzielung größerer Umsätze.<br />

Sie sind außerdem mit solchen betriebswirtschaftlichen<br />

Nachteilen und Risiken verbunden, daß sie<br />

als nicht mehr zumutbar bezeichnet werden müssen.<br />

Die entgegenstehenden Interessen der Mineralölgesellschaften,<br />

insbesondere der Umstand, daß sie<br />

die Verfügungsmacht über die Tankstellen haben<br />

oder erhebliche Darlehen beim Aufbau der — partnereigenen<br />

— Tankstellen gewährt haben, erschienen<br />

dem Bundeskartellamt ausreichend dadurch gewahrt,<br />

daß sie Ausschließlichkeitsbindungen für den<br />

Absatz von Treibstoffen vereinbart haben. Die Mineralölgesellschaften<br />

sind aufgefordert worden, die<br />

für die Lagerung sowie für den Verkauf und Einkauf<br />

von Kraftfahrzeugpflegemitteln bestehenden<br />

Bindungen zu beseitigen und ihren Tankstellenpartnern<br />

insoweit freie Hand zu lassen.<br />

Mineralölgesellschaften empfehlen ihren Tankstellenverwaltern,<br />

den Tankstellenkunden einen<br />

Rabatt von 1,5 Pf/1 für Vergaserkraftstoffe zu geben.<br />

Zu diesem Zweck stellen die Gesellschaften ihren<br />

Tankstellen einheitliche Rabattmarken zur Verfügung,<br />

die nur an den Tankstellen eingelöst werden<br />

können, an denen sie ausgegeben worden sind. Im<br />

Gegensatz zur sonstigen Tätigkeit der Tankstellenverwalter<br />

erfolgt die Rabattgewährung in ihrem<br />

Namen und auf ihre Rechnung. Diese teilweise mit<br />

Nachdruck ausgesprochene Empfehlung der Gesell<br />

schaften ist auf heftigen Widerstand der Tankstellenhalter<br />

und ihrer Verbände gestoßen, weil die<br />

Rabattgewährung ohne nachhaltigen Umsatzzuwachs<br />

die Tankstellenverwalterprovision empfindlich<br />

kürze. Zudem seien die Tankstellenhalter in der<br />

Rabattgewährung faktisch nicht frei, da auf widerstrebende<br />

Tankstellenhalter die Gesellschaften<br />

Druck ausübten, um die Einführung der Barrabatte<br />

zu erzwingen. Dieser Vorwurf wird von den Gesellschaften<br />

mit dem Hinweis zurückgewiesen, daß die<br />

Rabattgewährung nur empfohlen und in das Ermessen<br />

der Tankstellenverwalter gestellt werde. Mehrere<br />

Fälle, in denen der Verdacht bestand, daß der<br />

Barrabatt von den Gesellschaften erzwungen wurde,<br />

gaben dem Bundeskartellamt Anlaß, den Sachverhalt<br />

zu prüfen. Nach § 25 Abs. 1 ist es Unternehmen<br />

verboten, anderen Unternehmen, also hier den Tankstellenverwaltern,<br />

Nachteile anzudrohen oder zuzufügen,<br />

um sie zu einem Verhalten zu veranlassen,<br />

das nach dem GWB nicht zum Gegenstand einer<br />

vertraglichen Bindung gemacht werden darf. Eine<br />

durch Ausüben von Druck angestrebte Gewährung<br />

eines Rabattes durch die Tankstellenverwalter darf<br />

nicht zum Gegenstand einer vertraglichen Bindung<br />

gemacht werden. Ein Vertrag hierüber wäre nach<br />

§ 15 nichtig. Vergaserkraftstoffe werden im allgemeinen<br />

von Tankstellenverwaltern im Namen<br />

und für Rechnung ihrer Gesellschaften verkauft, die<br />

Festlegung der Vergaserkraftstoffpreise an den<br />

Tankstellen durch die Mineralölgesellschaften steht<br />

daher nicht in Widerspruch zu § 1<strong>5.</strong> Indessen tritt<br />

mit der Rabattgewährung, die der Tankstellenverwalter<br />

zu seinen Lasten übernimmt, zum Verkaufsgeschäft<br />

ein weiteres Rechtsgeschäft hinzu, das nunmehr<br />

unmittelbar zwischen dem Kunden und dem<br />

Tankstellenverwalter zustande kommt. Insoweit<br />

handelt der Tankstellenverwalter nicht mehr als<br />

Agent der Mineralölgesellschaft, sondern mit ausdrücklicher<br />

Ermächtigung seiner Gesellschaft nach<br />

eigenem unternehmerischen Ermessen. Eine Einschränkung<br />

dieser Freiheit in der Weise, daß der<br />

Tankstellenverwalter verpflichtet wird, Rabatte in<br />

Höhe von 1,5 Pf/1 Vergaserkraftstoff zu geben,<br />

verstieße gegen § 1<strong>5.</strong> Nach dieser Vorschrift sind<br />

Verträge zwischen Unternehmen über Waren oder<br />

gewerbliche Leistungen nichtig, soweit sie einen<br />

Vertragsbeteiligten in der Freiheit der Gestaltung<br />

von Preisen oder Geschäftsbedingungen bei solchen<br />

Verträgen beschränken, die er mit Dritten über die<br />

gelieferten Waren, über andere Waren oder über<br />

gewerbliche Leistungen schließt. Vertragsgegenstand<br />

ist der Rabatt, den der Tankstellenverwalter eigenunternehmerisch<br />

gestaltet. Durch eine Verpflichtung<br />

des Tankstellenverwalters seitens seiner Gesellschaft<br />

(Erstvertrag), beim Verkauf von Vergaserkraftstoffen<br />

Rabatte in bestimmter Höhe zu gewähren,<br />

würde der Tankstellenverwalter in seiner Freiheit<br />

zur Gestaltung der Zweitverträge, also der<br />

Rabattvereinbarungen mit dem Kunden, beschränkt.<br />

Diese Rabattgeschäfte wären dann nicht als Verträge<br />

„über die gelieferten Waren oder andere Waren"<br />

anzusehen, wenn § 15 voraussetzen würde, daß der<br />

Tankstellenverwalter selbst Käufer oder Verkäufer<br />

-<br />

des gelieferten Kraftstoffes sein müßte. Dazu zwingt<br />

der Wortlaut des Gesetzes jedoch nicht. Die gelieferte<br />

Ware kann auch eine Ware sein, an deren

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