27.02.2014 Aufrufe

Deutscher Bundestag 5. Wahlperiode Drucksache V/2841

Deutscher Bundestag 5. Wahlperiode Drucksache V/2841

Deutscher Bundestag 5. Wahlperiode Drucksache V/2841

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Drucksache</strong> V/<strong>2841</strong><br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — <strong>5.</strong> <strong>Wahlperiode</strong><br />

ausreichendem Maße — verfügbar sind, gibt es nur die Mißbrauchsaufsicht<br />

der Kartellbehörden über solche Unternehmen,<br />

die nicht oder nicht mehr in wesentlichem Wettbewerb stehen.<br />

Die „unsichtbare Hand" des Wettbewerbs wird dabei durch die<br />

„sichtbare Hand" der Staatsaufsicht ersetzt.<br />

Wirksamkeit<br />

der Mißbrauchs -<br />

aufsicht<br />

Die Mißbrauchsverfahren gegen Unternehmen der Mineralölindustrie<br />

haben allerdings auch die Grenzen einer wirksamen<br />

Mißbrauchsaufsicht gezeigt. Befriedigende Ergebnisse sind zu<br />

erwarten, wenn der zu beurteilende Sachverhalt einfach liegt.<br />

Ist das Bundeskartellamt dagegen wegen der Kompliziertheit<br />

der Marktverhältnisse oder wegen des Verhaltens der von der<br />

Mißbrauchsaufsicht betroffenen Unternehmen auf eingehende<br />

Ermittlungen angewiesen, so begegnet der Nachweis des Mißbrauchs<br />

erheblichen Schwierigkeiten, die im Bereich der Tatsachenfeststellung<br />

liegen.<br />

Der im Mißbrauchsverfahren notwendige Vergleich zwischen<br />

dem tatsächlichen Marktverhalten eines Unternehmens und dein<br />

Verhalten unter Wettbewerbsbedingungen erfordert häufig<br />

die Feststellung eines hypothetischen Sachverhalts, der nur<br />

mittelbar mit Hilfe von wirtschaftlichen Erfahrungssätzen oder<br />

von abstrakt gewonnenen Erkenntnissen der nationalökonomischen<br />

Theorie festgestellt werden kann. Die Wirtschaftswissenschaften<br />

kennen zur Zeit keine Methode, die eine exakte<br />

Berechnung der hypothetischen Vergleichswerte, z. B. des Alsob-Wettbewerbspreises,<br />

zuläßt. Diesen begrenzten Erkenntnismöglichkeiten<br />

stehen die strengen Beweisanforderungen im<br />

gerichtlichen Beschwerdeverfahren gegenüber. Rechtsstaatliche<br />

Verfahrensgrundsätze erfordern, daß die tatsächlichen Voraussetzungen<br />

für belastende Verwaltungsakte mit an Sicherheit<br />

grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Bei den<br />

Anforderungen, die dabei im Rahmen der Beweiswürdigung an<br />

den Nachweis von Tatsachen zu stellen sind, muß aber auch die<br />

Eigenart der anzuwendenden materiellen gesetzlichen Normen<br />

berücksichtigt werden. Das gilt besonders, wenn es wie hier im<br />

Mißbrauchsverfahren — bei der Anwendung einer Rechtsnorm<br />

auf den Vergleich eines gegebenen mit einem künftigen oder<br />

einem hypothetischen Sachverhalt oder Geschehensablauf ankommt.<br />

Die Beweisanforderungen dürfen die Grenze der allgemein<br />

erreichbaren Erkenntnismöglichkeiten nicht überschreiten.<br />

Schlüssige, auf festgestellte oder bekannte Tatsachen und auf<br />

wirtschaftliche Erfahrungssätze gestützte Erwägungen und<br />

Schätzungen müssen hier bei der Beweiswürdigung ausreichen.<br />

Bei der Auslegung des § 70 Abs. 1 Satz 1 wird auch der der Vorschrift<br />

des § 287 ZPO zugrunde liegende Gedanke berücksichtigt<br />

werden können: Auch bei der Feststellung eines Schadens handelt<br />

es sich darum, einen gegebenen mit einem hypothetischen<br />

Sachverhalt zu vergleichen.<br />

Dabei darf nicht übersehen werden, daß die Normen der Mißbrauchsaufsicht<br />

hinsichtlich der Feststellung künftiger und hypothetischer<br />

Sachverhalte auch eine Würdigung der gesamtwirtschaftlichen<br />

Lage und Entwicklung erfordern und damit den<br />

Kartellbehörden einen Beurteilungsspielraum einräumen, dem-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!