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BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag

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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 98 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />

6.1.4 Kommunikation im Netz: Akklamation<br />

statt Partizipation<br />

Dieser Beitrag wurde von Gesine von Prittwitz am<br />

27. November 2012 eingereicht (http://steglitzmind.<br />

wordpress.com/2012/11/27/kommunikation-im-netz-akkla<br />

mation-statt-partizipation):<br />

„Fast hat es den Anschein, als setze die öffentliche Wahrnehmung<br />

die digitale Kommunikation mit Bashing und<br />

Shitstorm gleich. Wie oft hören wir, dass im Netz die<br />

Hemmschwellen gering seien und die Kommunikationsstile<br />

entsprechend rau. Da werde mit harten Bandagen gekämpft<br />

und Andersdenkende im Schutz der Anonymität<br />

gemobbt – woraus Konsequenzen in Form von anhaltenden<br />

Diskussionen um Netiquette, Fairness und Zivilcourage<br />

im Netz gezogen werden.<br />

Natürlich gibt es das dort auch: Schmähreden, Hasstiraden,<br />

Verunglimpfungen Andersdenkender. Mein Eindruck<br />

ist allerdings, dass es im Netz eher sittsam zugeht.<br />

Bisweilen vielleicht sogar zu sittsam!? Hitzige Debatten,<br />

bei denen sich die Gemüter erregen und die Stimmen laut<br />

erheben, erlebe ich bei Facebook und anderen Communitys<br />

oder Blogs so gut wie nie. Man geht sich nicht an den<br />

Kragen. Im Gegenteil: angesagt ist Wohlfühlen. Und deshalb<br />

passt man sich lieber an. Da man weder auffallen,<br />

noch anecken und zudem mit seiner Meinung nicht alleine<br />

bleiben mag, richtet man seine Statusmeldungen<br />

nach dem Massengeschmack. Mainstream galore! Mit<br />

populärer Musik, niedlichen Katzenbildern, rotglühenden<br />

Sonnenuntergängen, einem Instagrambild vom leckeren<br />

Mittagessen, Sinnsprüchen und Albernheiten oder<br />

Schmeicheleien hält man seine Claqueure bei der Stange.<br />

Und wer Themen postet, die ein gewisses Geschmäckle<br />

haben oder problematisch sind, der versucht sie zu entschärfen.<br />

Zur verpatzten Abschlussarbeit passt der Gloria<br />

Gaynor-Song „I will survive“, zum Refugee-Camp am<br />

Brandenburger Tor ein Sinnspruch. Und für den Darmvirus,<br />

an dem man laboriert, hält ein Markenzwieback<br />

her, den man mittels Fotoapp gekonnt ins Licht gesetzt<br />

hat. Zum schönen heilen Kosmos, den Netzwelten suggerieren,<br />

gehören auch Selbst-Inszenierungen mit dem<br />

Zweck, sich möglichst vorteilhaft in Szene zu setzen. Wir<br />

Helden, die wir keine Ängste noch Sorgen kennen! Ohne<br />

Fehl und Tadel und zudem mit allem ausstaffiert, was die<br />

Konsum- und Warenwelten hergeben.<br />

Ich frage mich, warum die eindimensionale Sicht, die das<br />

Netz vielfach abbildet, und die Heile-Welt-Mentalität, die<br />

dadurch befördert wird, nicht weiter verstören. Problematisch<br />

sind nicht allein die „schönen“ Bilder und Texte, die<br />

vermittelt werden, sondern besonders auch die Art und<br />

Weise, wie mit ihnen umgegangen beziehungsweise nicht<br />

umgegangen wird. Partizipation im Netz, allemal bei Facebook,<br />

erschöpft sich mehrheitlich in Akklamation.<br />

Symbolkräftig ist der „Gefällt-mir“-Button, der vielfach<br />

eine arglose und inflationäre Verwendung findet. Problematisch<br />

sind Empfehlungsbuttons auch, weil sie per se<br />

eine kritische oder differenzierte Stellungnahme obsolet<br />

machen. Man mogelt sich quasi mit einem Klick drum<br />

herum. Und weil der „Gefällt-mir“-Button so massenhaft<br />

in Gebrauch ist, wäre natürlich auch darüber nachzudenken,<br />

ob die äußerst bequeme Art, Affirmation zu bekunden,<br />

nicht Auswirkungen auf Diskurse haben könnte, die<br />

sich in der realen Welt vollziehen.<br />

Wollen wir Claqueure haben, die den Mund halten? Natürlich<br />

nicht. Deshalb wünsche ich mir bei den Diskussionen<br />

um Netiquette, Fairness und Zivilcourage im Netz<br />

gelegentlich ein wenig mehr Weitsicht. Lediglich eine<br />

Minderheit dürfte in Abrede stellen, dass ein respektvoller<br />

Umgang bei der digitalen Kommunikation keine Notwendigkeit<br />

ist. Was es neben einem Knigge auch braucht,<br />

ist ein Coach, der aufzeigt, wie man sich im Netz differenziert<br />

einbringt oder dort konstruktiv-kritisch Stellung<br />

bezieht. Pluralismus braucht Reibung und kritische Partizipation,<br />

keine Lobhudelei und Schönfärberei.<br />

An die Adresse der Projektgruppe Medien, Kultur, Öffentlichkeit<br />

der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft<br />

gerichtet: Wer die Frage stellt „Was geht (gar<br />

nicht) im Netz?“ sollte auch darauf Obacht haben …“<br />

6.1.5 Drei Denkanstöße für Kommunikation <br />

im Netz<br />

Dieser Beitrag wurde von Patrick Breitenbach am 27. November<br />

2012 eingereicht (http://blog.karlshochschule.de/<br />

2012/11/27/was-geht-gar-nicht-im-netz-3-ideen-fur-kom<br />

munikation-im-netz):<br />

„Prolog<br />

Dies ist ein Beitrag zur Blogparade der Enquete-Kommission<br />

des <strong>Bundestag</strong>es mit der Fragestellung: Was geht<br />

(gar nicht) im Netz? Was sind Ihre Top 3-Regeln für<br />

Kommunikation im Netz? Die Grundlagen meiner folgenden<br />

Überlegungen basieren auf dem Kommunikationsmodell<br />

von Paul Watzlawick und deren verdichteten<br />

fünf Axiomen. Ich bin davon überzeugt, dass man Kommunikation<br />

im Internet nicht von zwischenmenschlicher<br />

Kommunikation im Ganzen trennen kann.<br />

1. Kommunikation ist immer auch Ursache und<br />

Wirkung<br />

Ein gewünschter rationaler Austausch von Gedanken und<br />

schlüssigen Argumenten im Sinne einer Diskurstheorie<br />

von Habermas oder Kant ist sicherlich erstrebenswert,<br />

aber leider nur selten wirklich alltagstauglich. Mit dieser<br />

stark idealisierten Haltung gibt man zwar wichtige gesellschaftliche<br />

Leitlinien vor, verpasst dabei jedoch gleichzeitig<br />

die Chance, die aktuelle, alltägliche zwischenmenschliche<br />

Kommunikation und deren wahrgenommene<br />

Störungen und Paradoxien zu verstehen und entsprechend<br />

darauf zu reagieren.<br />

Das Internet ist nach wie vor ein Zerrspiegel der Gesellschaft.<br />

Wieso verzerrt? Nun, einerseits kann das Netz immer<br />

nur einen Bruchteil menschlicher Kommunikation<br />

abbilden und wiederum anderen zugänglich machen. So<br />

wie es keinen eindeutigen objektiven Meta-Blick auf alles<br />

gibt, so gibt es auch nicht einen Blick auf DAS Internet<br />

und DIE Menschen im Internet. Wir nehmen immer nur

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