BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag
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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong> – 96 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />
Okay, genug abgeschweift, vielleicht zu kurz gedacht –<br />
dann bitte ich um eine freundliche Korrektur in den Kommentaren.<br />
Zweite Regel: „Verstecke dich nicht hinter einem Pseudonym,<br />
wenn du etwas zu sagen hast!“<br />
Ehrliche und glaubhafte Kommunikation findet im freiheitsstaatlichen<br />
Kontext selten mit Pseudonymen statt.<br />
Sich in Deutschland hinter der Anonymität zu verstecken,<br />
empfinde ich als feige. Warum sollte man sich verstecken,<br />
wenn man eine Meinung hat? Kann man nicht zu<br />
seiner Meinung offen und ehrlich stehen? Meist versteckt<br />
man sich hinter einem Pseudonym, um zu Trollen, zu<br />
Haten, zu Ranten, zu Mobben, zu Dissen. Ausnahmen bilden<br />
Pseudonyme, bei denen die Akteure dahinter bekannt<br />
sind und das Pseudonym zur Profilbildung, zum sogenannten<br />
Personal Branding, dazu gehört. So bin auch ich<br />
als snoopsmaus im Netz, dabei aber immer als Romy<br />
Mlinzk identifizierbar. Klarname und Pseudonym sind<br />
eindeutig verknüpft.<br />
Anders liegt natürlich der Fall, wenn wir uns außerhalb<br />
von freiheitlichen Staaten bewegen. So erwartet aber<br />
auch niemand von einem regimekritischen Blogger im<br />
Iran, dass er unter seinem Klarnamen über die Zustände<br />
in seinem Land bloggt. Die Folgen, die das haben kann,<br />
haben wir jüngst erst erlebt. Da starb ein iranischer Blogger<br />
im Gefängnis durch die Hand des Regimes, über das<br />
er die Welt mit den Mitteln, die das Internet ihm zur Verfügung<br />
stellte, aufklären und informieren wollte.<br />
Es gibt sicherlich auch andere Gründe für Pseudonyme<br />
und Anonymität im Netz – aber es ist auffällig, dass in einem<br />
Portal wie YouTube, wo eher aufgrund der Entstehungsgeschichte<br />
ein Pseudonym im Vordergrund steht,<br />
die Kommentare oft „Kindergartenniveau“ haben und auf<br />
das Härteste vom Leder gezogen wird. Ehrliche, sachliche<br />
und auch fachlich tiefgreifende Diskussionen finden<br />
sich eher auf Plattformen mit Klarnamenphilosophie, die<br />
hauptsächlich von den sogenannten Influencern und Early<br />
Adoptern genutzt werden, wie zum Beispiel Google+.<br />
Damit spreche ich mich aber in keinster Weise für eine<br />
Klarnamenpflicht im Internet aus! Es gibt immer Gründe,<br />
nicht auffindbar sein zu wollen – und das Recht auf Anonymität<br />
möchte ich niemandem absprechen wollen! Doch<br />
in der Kommunikation ist es schon auffällig, wie unterschiedlich<br />
es auf den diversen Plattformen von Google<br />
zugeht. Bei Facebook (übrigens auch laut AGB mit Klarnamenverpflichtung)<br />
sieht das Ganze schon anders aus.<br />
Die breite Masse hat diese Plattform in all ihren Ausmaßen<br />
für sich entdeckt – und so finden sich dort auch alle<br />
Ausprägungen von Kommunikation. Da ist es vielen<br />
schon egal, dass sie mit ihrem realen Namen auf eine Person<br />
oder Firma (hinter der letztendlich auch immer nur<br />
eine Person steckt, die das liest) verbal einprügeln und<br />
sich vergessen. Denen empfehle ich: Zurück zu Regel 1!<br />
Nur, weil man es in eine Maschine schreibt, heißt es<br />
nicht, dass es auch nur eine Maschine liest.<br />
Aber manche Persönlichkeiten lassen sich nicht ändern<br />
und sind, wie sie sind. Es gab schon immer den grantigen<br />
Rentner, der den Krückstock schwingend den Nachbarskindern<br />
hinterher rannte. Es wird auch immer die politisch<br />
Extremen geben, die ewig nervenden Streber, die<br />
Nachgeber, die Selbstdarsteller – das alles ändert sich im<br />
Netz nicht. Man kann eine Rolle spielen, sich anders versuchen<br />
darzustellen, doch letztendlich wird die Wahrheit<br />
immer ans Licht kommen. Da bin ich einfach optimistisch.<br />
Damit komme ich zur Regel Drei: „Habe keine Angst vor<br />
Veränderungen und sei offen dafür!“<br />
Kommunikation im Netz ist nichts anderes als herkömmliche<br />
Kommunikation, die man schon immer im zwischenmenschlichen<br />
Bereich betrieben hat – Dialog. Es ist<br />
nur eine Umstellung für Geschäftsmodelle, die auf One-<br />
Way-Kommunikation gesetzt haben, nur diese kennen<br />
und leb(t)en – und für Menschen mit Sendungsbewusstsein,<br />
die aber nie gelernt haben, auch zu empfangen. Es<br />
ist also „alter Wein in neuen Schläuchen“, in einer Form<br />
von Technologie, die im ersten Moment vielleicht unverständlich<br />
und damit abschreckend ist. Aber Veränderungen<br />
sind gut, sie halten uns jung, sie halten den Geist<br />
wach. Evolution war immer schon ein großer Fortschritt<br />
und diesem sollte man sich nicht verschließen.<br />
Sich auf Neues einlassen, erfordert aber Mut. Den wollen<br />
manche nicht haben, weil sie Angst haben, zu scheitern,<br />
was sie ihre Reputation kostet. Aber wir beweisen ständig<br />
Mut zu Neuem! Allein, wenn wir neue Menschen kennenlernen<br />
und sie in unser Leben lassen. Man lässt sich<br />
auf neue Menschen und Situationen ein, gibt eine scheinbare<br />
Kontrolle auf, weil man nicht weiß, was einen erwartet.<br />
Betrachtet man Online-Kommunikation mal als eine<br />
neue Liebe, dann kann man sie lieben und sie liebt einen<br />
vielleicht auch zurück. Aber man muss sich auf das Risiko<br />
einlassen, sie erkunden und kennenlernen. Und hat<br />
man den Mut einmal aufgebracht und ist sich näher gekommen,<br />
dann fällt einem die große Last, das Gefühl des<br />
Risikos, nach und nach von den Schultern. Man fühlt sich<br />
in der entstehenden Beziehung irgendwann zu Hause,<br />
blüht in ihr auf. Es kann dabei auch von Zeit zu Zeit zu<br />
Unstimmigkeiten und Verstimmungen kommen – aber<br />
auch das gehört zu einer guten Beziehung einfach dazu!<br />
Wie in jeder Beziehung geht man dann auch Kompromisse<br />
ein, denn jeder hat Rechte und Pflichten (zum Beispiel<br />
das Urheberrecht, aber bitte in einer modernen, der<br />
Zeit angepassten Version).<br />
Wird man wider Erwarten doch nicht warm mit dieser<br />
neuen Liebe, dieser Art von Kommunikation, dann hat<br />
man es zumindest einmal probiert. Man hat Mut bewiesen.<br />
Letztendlich ist man dann vielleicht gescheitert, kann<br />
aber wenigstens mitreden und seine Learnings daraus ziehen.<br />
Scheitern ist kein Fehler! Scheitern ist eine Kunst<br />
und gehört zum Entwicklungsprozess eines jeden Individuums<br />
dazu.<br />
Viva la Evolution!“<br />
6.1.3 Kant und die Netiquette<br />
Dieser Beitrag wurde von Frank Bergmann am 26. November<br />
2012 eingereicht (http://blog.hildwin.de/2012/11/<br />
26/blogparade-eidg-kant-netiquette):