BT-Drs 17/12542 - DIP21 Login Seite - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode – 95 – Drucksache <strong>17</strong>/<strong>12542</strong><br />
Viele Moderatoren arbeiten heute schon so. Doch sie<br />
müssen sich leider noch viel zu oft dafür rechtfertigen.<br />
Für eine funktionierende Beteiligungskultur brauchen wir<br />
eine Art digitales Hausrecht. Jeder Anbieter legt fest, was<br />
in seinem Forum gestattet ist und was nicht. Dazu braucht<br />
es kein Gesetz. Es braucht ein Klima der gegenseitigen<br />
Achtung und die Bereitschaft, sich auf einen Konsens<br />
einzulassen.“<br />
6.1.2 Blogparade: Was geht (gar nicht) <br />
im Netz?<br />
Dieser Beitrag wurde von Romy Mlinzk am 24. November<br />
2012 eingereicht (http://snoopsmaus.de/2012/11/blog<br />
parade-was-geht-gar-nicht-im-netz):<br />
„Vor kurzem wurde ich Dank @hildwin auf die Blogparade<br />
der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft<br />
zum Thema „Was geht (gar nicht) im Netz?“<br />
aufmerksam. Die grundsätzliche Frage, die die Kommission<br />
stellt, ist, ob schlechtes Online-Benehmen gute Diskussionen<br />
im Netz verhindert. Ist es nur ein gefühlter Zustand<br />
oder muss sich etwas ändern? Pragmatisch sollten<br />
die drei für mich wichtigsten Regeln für Kommunikation<br />
im Netz formuliert werden. Versuchen kann ich es ja mal.<br />
Als Erstes bin ich der Frage auf den Grund gegangen, ob<br />
es wirklich so viel schlechtes Online-Benehmen im Internet<br />
gibt. Es ist natürlich, dass an Orten, an denen viele<br />
verschiedene Meinungen aufeinander prallen, es um emotionale<br />
Involvierung von Personen zu einem Thema geht,<br />
immer ein Konfliktpotenzial besteht. Je weiter die Meinungen<br />
auseinander driften, desto größer werden dann<br />
auch gern einmal die Spannungen. Dies ist unabhängig<br />
vom Ort etwas, was nun einmal bei verschiedenen Persönlichkeiten<br />
und Meinungen auftritt. Die Emotionen kochen<br />
hoch und schnell ist ein Wort gesagt beziehungsweise<br />
im Netz geschrieben, was man vielleicht hinterher<br />
bereut. Doch anders als der Mensch, vergisst das Internet<br />
nicht. Was geschrieben steht, ist nicht so leicht zu tilgen.<br />
Es ist immer wieder aufrufbar, nachlesbar – und so kann<br />
leicht ein Eindruck entstehen, dass im Netz andere Sitten<br />
herrschen.<br />
Meine erste Regel lautet dementsprechend: „Behandle<br />
andere Menschen so, wie auch du behandelt werden<br />
möchtest!“<br />
Respektvoller Umgang miteinander ist das A und O und<br />
dies ist nicht abhängig vom Ort. Ob nun das reale Leben<br />
oder die virtuelle Welt, beides ändert nicht, wer wir sind<br />
und wie wir mit anderen umgehen. Nur, weil einige Menschen<br />
der Meinung sind, man müsste in der weltumspannenden<br />
Errungenschaft Internet wieder Grenzen ziehen,<br />
gibt man seine Persönlichkeit nicht an dieser Grenze ab.<br />
Für mich persönlich existiert überhaupt erst gar keine<br />
Grenze. Ich „gehe“ nicht ins Internet, das Internet ist allgegenwärtig.<br />
Mit dem Siegeszug von Smartphones und<br />
Tablets sind sie integraler Bestandteil meines täglichen<br />
Lebens geworden und damit auch meiner Kommunikation<br />
mit anderen. Online und Offline ist für mich einfach<br />
nicht mehr zu trennen. Der weltweite, grenzenlose (Wissens-)<br />
Austausch, den das CERN mit der Erfindung des<br />
Webs in den 1980er Jahren anstrebte, ist nun möglich und<br />
Teil meiner und unser aller Wirklichkeit.<br />
Hier muss ich leider etwas ausschweifen, denn in der Fragestellung<br />
der Blogparade kam auch die Frage auf, ob der<br />
Gesetzgeber etwas ändern sollte oder gar müsste. An dieser<br />
Stelle möchte ich einmal anmerken, dass das Ziehen<br />
von Landesgrenzen bis hin zur Ebene der Bundesländergrenzen<br />
– Föderalismus und 16 Datenschützer der<br />
Bundesländer seien da erwähnt – im virtuellen Raum Unsicherheiten<br />
schafft, die nicht nötig wären. Warum wird<br />
das Internet nicht als große Chance gesehen? Sind wir<br />
Deutschen solche Schwarzseher? Warum versuchen wir<br />
zu regulieren, wo so viele Gesetze schon greifen? Das Internet<br />
ist kein – und war es auch nie – rechtsfreier Raum<br />
(eine Floskel, die mir übrigens die Galle überkochen<br />
lässt, weil sie nur zeigt, wie eine ganze Generation durch<br />
die Interpretation der Ewiggestrigen missverstanden<br />
wird). Lediglich müssten einige Gesetze der neuen Lebensrealität<br />
angepasst werden, um auch Rechtssicherheit<br />
im Umgang mit dem Internet zu schaffen. Gerade diese<br />
Unsicherheiten aufgrund veralteter Gesetze schaffen Diskussionspotenzial<br />
und das, was früher an Stammtischen<br />
diskutiert wurde, findet heute in der breiten Öffentlichkeit<br />
im Netz an den verschiedensten Stellen statt. Die Aufmerksamkeit<br />
steigt und es tritt schneller zu Tage, was die<br />
Allgemeinheit bewegt (beziehungsweise 75 Prozent der<br />
Deutschen, die angeblich zumindest im Besitz eines Internetanschlusses<br />
sind) – dann aber mit allen Facetten,<br />
wenn verschiedene Persönlichkeiten und Meinungen aufeinander<br />
treffen.<br />
Würde der Gesetzgeber hier die Daumenschrauben in<br />
Form von neuen Regularien ansetzen, hätte das einen einfachen<br />
physikalischen Effekt. Das System, auf das Druck<br />
ausgeübt wird, versucht auf anderem Wege, diesen Druck<br />
zu mindern. Dies bedeutet, es weicht ab, umgeht den<br />
Druck. Das würde für den Gesetzgeber bedeuten, dass<br />
eine jetzt schon vorhandene Unzufriedenheit wachsen<br />
würde, was kein erklärtes Ziel sein kann. Aber beim Gesetzgeber<br />
allein die Schuld an der Misere „Digitale vs.<br />
analoge Gesellschaft“ zu suchen, wäre zu kurz gedacht.<br />
Der Irrsinn sitzt auch in schwarzen Roben in den Gerichtssälen<br />
des Landes. Dort gibt es selten technisches<br />
Verständnis für diese (seit nun 30plus Jahren existierenden)<br />
„Neuen Medien“. Da werden Facebook-<strong>Seite</strong>n kurzerhand<br />
Websites gleichgesetzt und der Abmahnindustrie<br />
Haus und Hof geöffnet, weil aufgrund dieser Tatsache<br />
mal eben Impressums- und Anbieterkennzeichnungspflicht<br />
besteht. Auch für Privatpersonen, die als Markenbotschafter<br />
agieren, gilt dies. Dann soll das Ganze auch<br />
noch immer und überall erkenntlich sichtbar sein, was<br />
technisch zumindest bei Privatprofilen auf Facebook<br />
nicht so einfach zu leisten ist. Generell finde ich es<br />
abstrus, einem global agierenden Unternehmen deutsche<br />
Regeln überstülpen zu wollen und es so zu zwingen, Anpassungen<br />
vorzunehmen, die bei genauer Betrachtung sogar<br />
wettbewerbsnachteilig sein können. Mit solchen Regularien<br />
sehe ich einen ganzen Wirtschaftszweig, der<br />
gerade noch im Entstehen ist, schon bedroht (inklusive<br />
meines Jobs). Kann das wirklich gewollt sein?